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Inhaltsverzeichnis

 

 

Kleine Hexe Mimi

 

 

Mimi macht sich auf den Weg

 

 

Mimi trifft die Kinder

 

 

Mimi in der Schule

 

 

Mimi findet echte Freunde

 

 

Ein kleiner Zeichenkurs

Kleine Hexe Mimi

Liebe Kinder!

 

Dies ist die Geschichte der kleinen Hexe Mimi. Damit ihr etwas über sie erfahrt, bevor die eigentliche Geschichte beginnt, habe ich euch einen kleinen Steckbrief gestaltet.

 

 Mimi hat keine Angst vor Spinnen und Fröschen.

 

 

Auch Mäuse liebt sie sehr. Sie fürchtet sich nicht vor Gewitter und Erdbeben. Doch sie hat Angst davor, im  kalten Winter alleine zu sein und keine Freunde zu haben.

Das ist die kleine Hexe Mimi.

 

 

 

Viel Spaß beim Lesen!

 

 

 

 

 

 

Die kleine Hexe Mimi lebte in einem tiefen Wald in einem zerfallenen Hexenhaus. Sie hexte von morgens bis abends und war sehr fleißig. Mit ihr in diesem kleinen Haus wohnten viele Katzen, Vögel und Eulen, die sie alle gleichermaßen liebte.

 

 

Die kleine Hexe Mimi hatte sehr viel Talent. Sie konnte sich auf Anhieb in eine Fledermaus verwandeln und sich an die Decke hängen. Dann murmelte sie den Zauberspruch:

 

 

Zauberstab und Mäuschen klein

Fledermaus werd ich jetzt sein!

 

 

 

 

Das machte sie oft am Abend, wenn ihr langweilig war. Dann sah sie die Welt von der anderen Seite und alles stand plötzlich Kopf. Ein tolles Erlebnis.

Große Probleme waren auf einmal ganz klein und kleine Probleme waren ganz groß.

Wenn Mimi sich wieder zurückverwandelte, waren alle Probleme verschwunden.

 

 

Aber Mimi konnte nicht nur das. Wenn sie Lust hatte, verwandelte sie sich einfach in eine Schildkröte. Die Zauberformel dazu lautete:

 

Eins, zwei drei, es ist nicht schwer,

als Schildkröte komm ich daher!

 

 

Dann war sie ganz klein und konnte sich mit den Käfern und Schnecken unterhalten. Sie ging langsamer durchs Leben und fühlte sich nach der Verwandlung sehr erholt.

 

 

 

 

Wenn Mimi die Welt aus der Luft sehen wollte, war sie plötzlich ein Vogel. Sie schwebte einfach so dahin und fühlte sich ganz leicht. Diesen Zauberspruch mochte sie am liebsten:

 

 

 

Eins, zwei drei,

als Vogel fühle ich mich frei!

 

 

 

 

 

 

Wenn sie einmal ganz verrückt sein wollte, verwandelte sie sich in ein tanzendes Huhn und stellte das Radio auf volle Lautstärke. Dann tanzte sie die ganze Nacht durch. Das kam allerdings selten vor.

Auch hierzu war der Spruch nicht schwer zu merken.

 

 

 

Huhn, Huhn, komm herbei,

sonst ist die Nacht schon längst vorbei!

 

 

 

 

 

 

Wenn Mimi einmal ganz alleine sein wollte, verwandelte sie sich in einen Igel. Dann flüsterte sie leise:

 

 

Heute möcht ich ein Igel sein

stachlig, niedlich und ganz klein!

 

 

 

 

 

 

Mimis Zaubersprüche standen alle in einem dicken Buch, das sie in und auswendig konnte. Das Buch lag immer unter ihrem Kopfkissen und sie hatte lange daran gearbeitet.

 

 

Vor Mimis Hexenhaus stand ein wunderschöner Baum, der alle Jahreszeiten in sich trug. Der Baum stammte noch von ihrer Ururgroßmutter Mamina, die ihn für die Ewigkeit gehext hatte. Mimi freute sich immer, wenn sie ihn sah, denn er zeigte ihr, dass jede Jahreszeit ihre Besonderheiten und Schönheiten hat.

 

 

 

Doch Mimi hatte ein ganz großes Problem. Sie war sehr einsam, denn niemand verirrte sich im Wald und klopfte an ihre Tür. Zu gerne hätte sie Gäste bewirtet oder Kindern geholfen, die sich verlaufen hatten.

Ihr Lieblingsmärchen war natürlich Hänsel und Gretel. Mimi wäre auf jeden Fall sehr nett zu den beiden Kindern gewesen und nicht so gemein wie die schrullige Hexe in dem Märchen. Mimi hätte ihnen Lebkuchen gegeben und dann gemeinsam mit ihnen den Weg nach Hause gesucht. Oder sie hätte die beiden Kinder adoptiert, damit sie nicht mehr zu der grässlichen Stiefmutter zurück mussten.

 

Einmal hatte doch jemand an ihre zerfallene Hüttentür geklopft. Mimi hatte ihr Strickzeug in die Ecke geworfen und war so schnell aufgestanden, dass ihr Schaukelstuhl nach hinten gekippt war und auch noch eine Blumenvase umgerissen hatte. Sie war zur Tür gelaufen in der Hoffnung, einige Kinder zu sehen. Doch es war nur Fritzi, die kleine Maus, die sich ihr Abendbrot abholen wollte.

Mimi hatte Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen und eilte zum Kühlschrank, um eine große Käseecke zu holen, die sie immer für Fritzi aufbewahrte.

 

 

Mimi saß abends oft vor ihrer kleinen Hütte und schaute hinab ins Tal. Dann erfreute sie sich an dem Sonnenuntergang, der die Landschaft verzauberte. Oft fing sie an zu träumen und das war viel besser als Fernsehen zu gucken. In ihren Träumen konnten die Kürbisse sprechen und die Katzen hatten lustige Hüte auf.

 

 

  Manchmal kamen  Füchse oder Bären vorbei, die Hunger hatten. Mimi gab ihnen zu essen und freute sich über sie. Eine Bärenmama und ihr Kind hatte sie besonders in ihr Herz geschlossen.

 

 

Trotz allem: Sie vermisste Menschen und Gespräche, gemeinsames Lachen und Unternehmungen. Einladungen zu Geburtstagsfeiern und Menschen, die einfach da waren, wenn sie jemanden zum Reden brauchte.

 

Ihre Tante Augusta hatte es geschafft. Sie hatte sich mit den Menschen vor Ort angefreundet und half, wo sie nur konnte. Dafür war sie ein Teil der Gemeinschaft geworden und in jedem Haus gerne gesehen. Tante Augusta war Mimis großes Vorbild und sie hatte sogar ein Bild von ihr im Flur hängen.

 

 

Ihr wollt vielleicht wissen, warum Mimi alleine war. Das ist einfach zu erklären.

 

Mimis Freunde und Verwandte lebten alle in Rumänien. Mimi war vor langer Zeit von zu Hause fortgegangen, denn sie wollte die Welt sehen und ihre Hexenkünste verbessern. Das war ihr auch gelungen und irgendwie war sie in dieser kleinen Hütte im Wald hängengeblieben. Eigentlich wollte sie in dieser verlassenen Hütte damals nur eine Nacht schlafen, doch dann hatte sie festgestellt, dass diese Hütte sehr gut zu ihr passte. Die Größe war einfach ideal und der Blick ins Tal war einfach atemberaubend.

 

Mimi hatte irgendwie gefühlt, dass sie hier an diesem Ort bleiben sollte. Sie konnte sich selber nicht genau erklären, warum sie dieses Gefühl hatte.

 

 

Einmal im Jahr flog sie zu Besuch nach Rumänien, doch sie merkte, dass sie sich irgendwie verändert hatte und nicht mehr richtig in ihr altes Leben hineinpasste. Ihre älteste Schwester Amanda hatte das elterliche Hexenhaus geerbt und lebte dort mit ihrer schwarzen Zauberkatze Mrs Wiskerson.

 

 

Mrs Wiskerson schlief in Mimis altem Kinderbett und fauchte Mimi böse an. Außerdem lebten in dem Hexenhaus noch viel mehr Katzen und jedes Jahr kamen neue hinzu. Amanda hatte diesen verrückten Sammeltick und Katzen waren ihr Ein und Alles.

 

 

Für Mimi war kein Platz mehr und sie musste vor dem Haus unter einem knorrigen alten Baum schlafen. Morgens tat ihr der Rücken sehr weh und sie spürte ein Ziehen in der Schulter. Nein, das war kein guter Ort mehr für sie, so sehr sie das alte Haus und die Landschaft dort auch liebte.  

 

 

Als sie eines Abends wieder einmal traurig vor ihrer kleinen Hütte saß, kam die Maus Fritzi auf einen Sprung vorbei. Mimi wusste, dass die Maus wieder ein Stück Käse wollte. Mimi gab es ihr gerne. An diesem Abend verschwand die Maus nicht sofort wieder, sondern sie führte Mimi in den Wald zu einem Mauseloch unter der großen Linde. Neugierig folgte Mimi der Maus. Plötzlich kroch aus dem Loch ein anderes Mäuschen. Es war verkleidet und sah aus, wie eine Zaubermaus.

 

Die Maus sprach zu Mimi: "Ich weiß, dass du traurig bist. Mitzi hat mir alles erzählt. Wenn die Menschen nicht zu dir kommen, musst du zu den Menschen gehen!"

Kaum hatte die Maus diese Worte gesprochen, verschwand sie wieder in ihrem Loch.

Mimi dachte nach. Warum war sie nicht gleich auf diese Idee gekommen! Das war ein guter Plan.

 

 

Mimi packte sofort ihren alten Rucksack und legte als Dankeschön ganz viel Käse auf ihrem Tisch bereit. Fritzi würde den Käse sicher abholen und ihn mit der Zaubermaus teilen.

 

Gleich morgen bei Tagesanbruch wollte Mimi sich auf den Weg machen und in das nächste Dorf gehen. Dort wollte sie sich in ein kleines Mädchen verwandeln und sich Freunde suchen. Ja, das war ein guter Plan. Sie stellte den Tieren genug zu essen und zu trinken bereit und legte sich in ihr viel zu kleines Bett.

 

Ein voller Mond stand hoch am Himmel und kitzelte ihre Nase. Sie konnte lange nicht einschlafen und stellte sich vor, wie es in dem Dorf wäre. Im Traum feierte sie mit den Dorfbewohnern ein tolles Fest. Alle sangen: "Mimi lebe hoch!"

 

 

 

Mimi macht sich auf den Weg

 

Als die Sonne sie am nächsten Morgen an der Nasenspitze kitzelte, war es endlich so weit. Mimi verabschiedete sich von den Tieren.

 

„Ich komme bald wieder. Passt gut auf meine Hütte auf!“

 

 

 

Die Eule blickte ihr etwas traurig hinterher und rief:"Pass gut auf dich auf, liebe Mimi! In der großen Welt lauern viele Gefahren!"

"Eule, mach dir keine Sorgen. Ich bin schon viel gereist, ich kenne mich aus!", versuchte Mimi ihre treue Eule zu beruhigen.

 

  

Der Weg war sehr lang und Mimi musste öfter eine Pause machen.

„Hätte ich bloß meinen Besen mitgenommen!“, dachte sie wehmütig. Doch Mimi war sehr schusselig und packte immer viel zu schnell ihre Sachen. Der wertvolle Besen, auf dem sie hätte fliegen können, stand in der Abstellkammer im Flur.

„Ach, es ist nicht so schlimm. Ein bisschen Bewegung tut mir ganz gut!“, sagte sie sich und wanderte weiter.

Ein kleiner Fuchs kam ihr entgegen. Er wunderte sich, was eine Hexe zu Fuß in seinem Revier zu suchen hatte.

 

 

"Ich gehe ins Dorf und suche mir Freunde!", erklärte sie ihm freundlich.

"Hast du denn gar keine Hexenfreunde?", fragte der Fuchs verwundert.

"Nein, die wohnen alle in Rumänien. Ich bin damals von zu Hause ausgezogen, weil ich die Welt erkunden wollte. Jetzt stehe ich alleine da!", antwortete die Hexe Mimi.

 

 

"Das tut mir leid, dann wünsche ich dir viel Glück mit den Menschen. Hoffentlich passen sie zu dir!"

Nachdenklich marschierte die Hexe weiter. Wieso sollten die Menschen nicht zu ihr passen? Sie konnte sich doch verwandeln, das sollte kein Problem sein.

Am Wegesrand gab es viel zu entdecken. Eine kleine Schnecke saß auf einem Pilz und ein bunter Schmetterling flatterte davon.

 

 

 Mimi war froh, die Reise unternommen zu haben. 

"Es ist toll, was es alles zu entdecken gibt!", sagte sie sich und pfiff ein fröhliches Lied.

 

 

Endlich sah sie die ersten Häuser im Tal. Das musste das Dorf sein. Sie war ganz aufgeregt und ihr Herz klopfte wie wild.

Ob sie hier Freunde finden würde? Schnell stellte sie sich unter eine große Linde und sagte einen Zauberspruch.

 

Hexe bin ich nun nicht mehr,

kleines Mädchen komm jetzt her!

 

 

 

Schwupps, schon war sie ein kleines Mädchen mit einem lustigen Zopf. Mimi lief zu einem See, um ihr Spiegelbild zu betrachten. Sehr gut! Kein Mensch würde ahnen, dass sie in Wirklichkeit eine Hexe war.

 

 

 

Mimi trifft die Kinder

 

 Mimi erreichte das Dorf und wunderte sich, wo die Kinder waren. Es war ganz still und kein Mensch war zu sehen.

 

Ob sie alle auf dem Spielplatz spielten?

 

Mimi ging weiter. Da läuteten plötzlich die Kirchenglocken und alle Dorfbewohner strömten aus der Kirche. Unter ihnen waren auch viele Kinder, die gleich auf den Spielplatz am Bach liefen und schaukelten oder die große Rutsche hinuntersausten. Mimi lief zu ihnen. Neugierig kamen die Kinder näher.

 

 

„Wer bist du?“, fragte ein Junge mit einer großen Zahnlücke.

„Ich bin Mimi und wollte mit euch spielen!“, sagte Mimi und lächelte die Kinder freundlich an. Nach und nach lernte sie alle kennen. Da gab es die Rosi, den Hans, die Lise und den Max. Die Kinder freuten sich, dass Mimi mit ihnen spielen wollte und liefen mit ihr um die Wette. Dann kletterten sie auf Bäume und ließen Schiffchen im Bach schwimmen.

 

 

Leider mussten die Kinder bald nach Hause, denn es gab Mittagessen.

„Musst du nicht auch nach Hause?“, fragte die kleine Lise, als sie Mimi ganz alleine am Bach stehen sah.

„Ja, ich muss auch nach Hause!“, antwortete Mimi und winkte Lise zu.

Dann lief sie davon. Ach, war das schön gewesen!

Endlich konnte Mimi einmal spielen und musste nicht den ganzen Tag hexen!

Sie nahm sich vor, am nächsten Tag wieder in das Dorf zu gehen.

 

 

Am folgenden Tag war sie schlauer. Sie dachte an ihren Besen und flog ins Tal hinab. Das ging viel schneller.

 

 

Ihren Besen versteckte sie hinter der großen Linde und dann verwandelte sie sich wieder in das kleine Mädchen.

Die Linde wunderte sich und schien Mimi zu durchschauen. Sie schüttelte missbilligend ihre Zweige.

 

"Mimi, willst du wirklich die ganze Zeit Theater spielen? Echte Freundschaft kann nur entstehen, wenn man sich die Wahrheit erzählt!"

 

 

Mimi erschrak. Die Linde hatte recht, das wusste sie tief in ihrem Herzen.

"Linde, was soll ich tun? Die Kinder werden Angst vor mir haben, wenn sie erfahren, dass ich eine Hexe bin!"

Dann lief sie davon. Aufgeregt rannte sie zum Spielplatz.

 

Doch wo waren die Kinder?

 

Mimi suchte die Straßen ab und auch auf dem Spielplatz sah sie nach. Keine Kinder waren zu sehen.

 

 

 

Mimi in der Schule

 

Da hörte sie ein Bimmeln und Kindergeschrei. Die Kinder liefen aus einem großen Haus heraus auf den Hof. Mimi freute sich und eilte zu ihnen.

„Wieso spielt ihr nicht auf dem Spielplatz am Bach?“, wollte sie wissen.

„Heute ist Montag, wir müssen doch in die Schule!“, erklärte Max. Dann sah er Mimi an: „Warum musst du denn nicht in die Schule?“, fragte er verwundert.

Mimi wurde rot. „Ich muss auch in die Schule!“, antwortete sie schnell. Bevor sie fragen konnte, was es mit der Schule auf sich hat, bimmelte es schon wieder und die Kinder liefen in das große Haus hinein. Mimi lief hinter ihnen her.

Ein Platz war gerade noch frei und so setzte sie sich neben Lise und wartete einfach ab. Eine ältere Frau betrat das Klassenzimmer und es wurde plötzlich ganz leise.

„Ist das deine Mutter?“, fragte Mimi die Lise.

„Nein, wie kommst du denn da drauf? Das ist unsere Lehrerin!“, antwortete Lise entrüstet. In diesem Augenblick hatte die Lehrerin Mimi entdeckt.

 

 

„Eine neue Schülerin, davon weiß ich ja gar nichts!“, sagte sie im strengen Ton. Mimi wurde rot.

„Komm bitte nach vorne, ich muss deinen Namen aufschreiben!“

Mit zittrigen Knien ging Mimi nach vorne.

„Wie heißt du?“, fragte die Lehrerin und schaute Mimi streng an.

„Mimi!“, antwortete die kleine Hexe.

Die Lehrerin wurde ungeduldig.

„Und weiter?“

Mimi hatte keine Ahnung, was sie jetzt sagen sollte. Alle starrten sie an und einige unterdrückten ein Lachen.

„Du musst deinen Nachnamen sagen!“, flüsterte Lise. Mimi wusste nicht, was ein Nachname war, sie wusste aber, dass sie ein Wort sagen sollte. Angestrengt dachte sie nach. Was für ein Wort sollte sie jetzt sagen? Da fiel ihr ihr Besen ein, der unter einem Blätterhaufen neben der alten Linde lag und auf dem sie jetzt gerne fortgeritten wäre.

„Besen!“, platzte es aus ihr heraus. Jetzt lachten alle Kinder ganz laut. Die Lehrerin knallte das Klassenbuch auf den Tisch und rief:„Ruhe!“

„Mimi Besen, ich trage den Namen ein!“, sagte sie.

Mimi ging auf ihren Platz zurück und alle starrten sie an. Mimi Besen war wirklich ein seltsamer Name. In der Pause wurde sie mit Fragen bestürmt. Alle wollten wissen, wo Mimi wohnt und wann sie in das Dorf gezogen war. Mimi war überfordert mit den vielen Fragen und lehnte sich erschöpft gegen einen Baum.

In diesem Moment knallte ein Vogel gegen die Fensterscheibe des Klassenzimmers und fiel leblos zu Boden. Die Kinder schrien auf und Mimi eilte zu dem Vogel. Das passierte in dem Hexenhaus auch öfter und sie wusste, mit welchem Spruch sie den Vogel wiederbeleben konnte.

Behutsam nahm sie den Vogel in die Hände und flüsterte etwas Geheimnisvolles.

 

„Krambambula, sei wieder da!“

 

Kaum hatte sie die Worte gesprochen und den kleinen Vogel am Kopf berührt, schlug er seine Augen wieder auf und flatterte davon. Dann setzte er sich auf den nächsten Zweig und winkte den Kindern fröhlich mit seinem Flügel zu. Er war tatsächlich wieder ganz gesund.

 

 

Die Kinder staunten und jubelten vor Freude.

„Du kannst zaubern!“, rief der kleine Hannes und sah Mimi voller Bewunderung an.

„Nein, ich verstehe nur etwas von Vögeln!“, wehrte Mimi bescheiden ab, denn sie wollte auf keinen Fall, dass die Kinder herausbekamen, dass sie in Wirklichkeit eine Hexe war.

 

 

Mimi findet echte Freunde

 Ab diesem Tag ging Mimi regelmäßig in die Schule. Sie lernte schnell lesen und schreiben und konnte bald am schnellsten rechnen. Alle hatten sie bald in ihr Herz geschlossen, denn sie war liebenswert und half allen, wo sie nur konnte.

 

 

Eines Tages fragte Lise: „Kann ich dich einmal zu Hause besuchen?“

Mimi stockte der Atem.

„Das geht nicht, meine Mutter ist krank!“, erklärte sie.

 

Doch einige Tage später fragte Lise noch einmal.

 

„Geht es deiner Mutter wieder besser? Kann ich dich heute besuchen? Schau, ich habe extra diese Blümchen gepflückt!"

 

 

Mimi bekam wieder einen Schreck.

„Nein, jetzt ist meine Oma krank!“

Lise sah Mimi verwundert an. Sie ahnte, dass etwas nicht stimmte. Mimi musste auf der Hut sein und hatte Angst, dass die schlaue Lise hinter das große Geheimnis kommen würde.

Außerdem hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Lise angelogen und das war nicht gut. 

 

 

Der Sommer ging langsam vorbei und die Tage wurden wieder kürzer. Mimi freute sich nicht auf den Herbst, denn sie wusste, dann würde bald der kalte Winter kommen und die Kinder würden sicher nicht mehr so viel draußen am Bach spielen.

 

 

Eines Tages, nachdem Mimi wieder einen schönen Spielnachmittag am Bach verbracht hatte, wurde es allmählich dunkel und die Kinder verabschiedeten sich, um nach Hause zu gehen.

 

 

Mimi winkte allen und machte sich auf den Weg zu ihrem Besen unter der alten Linde. Sie war so in Gedanken, dass sie das Rascheln hinter sich nicht hörte. Jemand war ihr gefolgt. Es war die kleine Lise. Lise versteckte sich hinter einem Busch und sah, wie Mimi ihren Besen unter dem Blätterberg hervorholte und wenige Minuten später damit durch die Luft flog. Lise war sprachlos und starrte Mimi hinter, bis sie in den Wolken verschwunden war.

Das gab es doch gar nicht! Ihre Freundin Mimi war eine Hexe?

Die Nachricht war so ungeheuerlich, dass sie sie den anderen Kindern nicht erzählen konnte.

„Alle werden denken, dass ich spinne!“, dachte Lise. Sie konnte die ganze Nacht kein Auge zutun. Auch ein anderer Gedanke ging ihr nicht aus dem Kopf.

"Warum hat Mimi uns nicht die Wahrheit gesagt? Führt sie etwas Böses im Schilde? Will sie uns alle verhexen?"

 

 

Als Mimi am nächsten Tag zum Spielen kam, betrachtete sie sie mit einem skeptischen Blick. Alles machte plötzlich einen Sinn: Mimis roten Haare, die im Wind flatterten, ihr Funkeln in den Augen und die Tatsache, dass niemand wusste, wo sie eigentlich wohnt.

Die Kinder spielten ausgelassen am Bach wie jeden Tag. Doch am Horizont brauten sich schwarze Wolken zusammen.

 

 

Ein Unwetter war im Anmarsch. Die ersten Blitze zuckten und dicke Tropfen fielen vom Himmel. Keiner der Kinder merkte es, denn alle waren so in das Spielen vertieft.

 

Lise wollte der Sache mit Mimi endgültig auf den Grund gehen. Als sie Mimi beim Klettergerüst unter dem großen Baum allein erwischte, sah sie ihr in die Augen und fragte: „Kann es sein, dass du gestern auf einem Besen davon geflogen bist?“

 

Mimi erschrak zutiefst. Was sollte sie tun?

 

Die Wahrheit erzählen und damit riskieren, dass sie all ihre Freunde verlieren würde?

 

Sollte sie sich eine Lüge ausdenken und hoffen, wieder einmal mit einem blauen Auge davon zu kommen?

 

In diesem Moment schlug der Blitz in den Baum ein, unter dem Mimi und Lise standen. Ein Zweig wurde vom Baum abgetrennt und fiel Lise auf den Kopf. Sie sank zu Boden. Mimi hatte einen riesigen Schreck bekommen. Sie kniete sich nieder zu ihrer Freundin und flüsterte

 

„Krambambula, sei wieder da!“

 

Lise schlug die Augen auf und sah Mimi an. Alle anderen Kinder waren inzwischen am Unfallort angekommen und bildeten einen Halbkreis um Lise und Mimi.

„Du hast Lise gerettet!“, rief der kleine Hans aufgeregt. Die Kinder jubelten. Lise sah Mimi dankbar an. Es war ein langer Blick, der alles sagte.

Die Kinder liefen nach Hause, denn ein heftiger Regen hatte inzwischen eingesetzt. Mimi und Lise fanden Zuflucht in einem alten Bahnhofshäuschen. Sie saßen auf der kleinen Holzbank und schwiegen.

Lise fand zuerst die Worte.

„Du hast mich gerettet und ich kenne dein Geheimnis. Ich werde dich nicht verraten, keine Angst. Ich weiß, du bist eine gute Hexe. Wahrscheinlich die netteste Hexe auf der ganzen Welt!“

 

 

Mimi hatte Tränen in den Augen vor Rührung. Sie nahm Lise in den Arm.

„Danke, dass du mich nicht verrätst. Ich mag euch alle so gerne und ich habe Angst, dass ihr mich nicht mehr mögt, wenn ihr die Wahrheit erfahrt. Wahrscheinlich würden mich eure Eltern auch gar nicht mehr mit euch spielen lassen!“

Lise dachte an ihren strengen Vater und nickte.

„Das kann schon sein!“, sagte sie langsam.

 

Mimi dachte über die Worte der alten Linde nach.

 

"Echte Freundschaft kann nur entstehen, wenn man sich die Wahrheit sagt!"

 

"Lise, trotzdem möchte ich mein Geheimnis den anderen Kindern auch erzählen. Wenn der Winter vorbei ist und wir uns wieder alle zum Spielen am Bach treffen", sagte Mimi leise.

Lise nickte. "Ich werde dir dabei helfen. Alle mögen dich so sehr, sie werden auch weiterhin mit dir spielen, ganz bestimmt!"

 

 

Und als der lange dunkle Winter kam, hatte Mimi immer einen warmen Platz zum Spielen. Sie war ein willkommener Gast in Lises Haus, denn sie hatte eine echte Freundin gefunden.

Mimi wusste, dass Tante Augusta sicherlich sehr stolz auf sie gewesen wäre.

 

 

 

 

 

 

 

Ein kleiner Zeichenkurs

 

 

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Benutze das Gitternetz und zeichne die Hexe:

 

 

 

 

 

So malst du eine Freundschaftshand 

 

 

 

 

Weitere Bücher der Autorin:

 

 

 

 

Die kleine Hexe Amanda war sehr traurig. Sie lebte allein in ihrem Hexenhaus mitten im Walde und fühlte sich sehr einsam. Sie hatte vergessen, wie lange sie schon dort wohnte. Sie wusste nur, dass es schon sehr lange her war, seit sie eingezogen war. An die Zeit vor ihrem Leben im Hexenhaus konnte sie sich gar nicht mehr erinnern.

Amanda war eine sehr liebe Hexe. Doch alle Menschen fürchteten sich vor ihr, weil sie eine lange Nase mit einer dicken Warze hatte. Amanda hatte schon oft versucht, sich die Warze einfach wegzuzaubern und sich die Nase zu verkleinern, doch obwohl sie viele Zaubertricks beherrschte, hatte sie das bisher noch nicht geschafft.

 

   

Kennst du schon den Osterhasen Harry? Er ist sehr liebenswürdig und hilfsbereit und immer darum bemüht, rechtzeitig zum Osterfest alle Eier zu verstecken. Das ist manchmal gar nicht so einfach.

 

Was ihm alles passiert ist, kannst du hier lesen.

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Cover: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 23.07.2018

Alle Rechte vorbehalten

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