Zwei Spatzen saßen einst auf einem Zweig. Sie rührten sich nicht von der Stelle, denn sie hatten eine Wette abgeschlossen.
„Wer zuerst wegfliegt, hat verloren!“
So saßen sie dort. Tagelang, wochenlang.
Irgendwann kamen viele Vögel vorbei und schauten interessiert zu.
„Wie lange wollt ihr diese verrückte Wette noch machen?“, fragte eine Kohlmeise neugierig.
„Solange, bis einer von uns gewonnen hat!“, antwortete einer der Spatzen.
Bald hatten die anderen Vögel das Interesse an diesem Spiel verloren und gingen ihren Alltagsgeschäften nach.
Nur eine Eule war geblieben.
„Ihr seid ziemlich dumm. Den Frühling habt ihr verpasst. Seht euch doch um, es ist schon Winter!“
„Das ist uns egal!“, antwortete einer der Spatzen.
In der kommenden Nacht schlich ein Fuchs unter dem Baum entlang. Er sah die Spatzen auf dem Zweig sitzen und lachte.
„Sitzt ihr immer noch da oben? Wann merkt ihr endlich, dass das eine ziemlich blöde Wette war?“
Die Spatzen hüllten sich in Schweigen. Dann sagte einer von ihnen: „Du verstehst das nicht, lass uns in Ruhe. Wir wissen genau, was wir tun!“
Sogar ein kleiner Engel kam vom Himmel herab. Er wollte nachschauen, ob alles schon bereit ist für Weihnachten. Da sah er die kleinen Spatzen.
„Ihr müsst mit dem Unfug aufhören, ehe es zu spät ist. Später werdet ihr eure Sturheit bereuen!“
Die Spatzen sahen sich kurz an.
„Aber wir machen diese Wette jetzt schon sehr lange und es wäre schade, damit einfach so aufzuhören!“, sagte einer von ihnen. Der andere nickte heftig, so dass er fast heruntergefallen wäre. Verzweifelt flog der Engel wieder in den Himmel.
„Sie müssen es selber wollen, sonst sind sie verloren. Keiner kann ihnen helfen!“, dachte er bei sich und hoffte, dass die Spatzen irgendwann zur Vernunft kommen würden.
Doch das geschah leider nicht. Sie waren beide sehr stur und verbohrt. Da hatte der kleine Engel eine Idee. Er sprach mit Petrus und der schickte einen Wind.
Der Wind wehte die Spatzen von dem Ast und beide landeten im Schnee.
„Wer hat jetzt gewonnen?“, fragte der eine Spatz den anderen verzweifelt.
„Ich weiß es nicht, ich habe nicht gesehen, wer zuerst aufgekommen ist!“
Während sie überlegten, wer der Sieger war, kam eine Katze auf sie zu. Sie hatte furchtbaren Hunger, ihr Magen knurrte.
Gierig schnappte sie nach den kleinen Vögeln.
Im Rachen der Katze war es angenehm warm, doch die Spatzen fühlten, dass es das Ende war. Aber wie durch ein Wunder wurden sie im hohen Bogen wieder herausgeschleudert.
„Pfui, schmeckt ihr eklig! Nur Haut und Knochen! Davon soll ich satt werden?“, schimpfte die Katze. Die Spatzen sahen sich an. Sie waren auch sehr hungrig und durstig. Es war kalt und sie zitterten. Und doch waren sie froh, dass sie noch eine Chance bekommen hatten.
Am Himmel sahen sie hoch oben den Engel, der ihnen winkte. Da wurde ihnen ganz warm ums Herz und sie beschlossen, sich nie wieder auf so etwas Verrücktes einzulassen.
Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Cover: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 21.10.2017
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