Eine warme Sommernacht. In der Ferne Donnergrollen. Eine knisternde Spannung liegt in der Luft. Ich liebe diese Nächte, wenn die Luft zum Schneiden dick ist, wenn Blitze am Horizont einen verrückten Tanz aufführen und wenn du weißt, dass gleich ein Unwetter hereinbrechen wird.
Diese Nacht ist ganz besonders schön, denn ich bin bei ihr. Ganz nah. Sie weiß es bloß noch nicht. Oder doch?
Wie hübsch sie aussieht in ihrem rosa Nachthemd. Ob es neu ist? Das kenne ich noch gar nicht. Sonst hat sie immer den blauen Pyjama an oder das weiße T – Shirt. Ihre Eltern sind vorhin weggefahren. Sie ist jetzt ganz allein und gehört nur mir.
Nervös blickt sie sich um, das Lesezeichen rutscht aus ihrem Buch. Vielleicht denkt sie an letzte Nacht? Ich weiß es nicht. Suchend sieht sie sich im Zimmer um. Hoffentlich entdeckt sie mich nicht. Ich halte die Luft an, wage es kaum, zu atmen. Sekunden werden zu Minuten, Minuten zu einer gefühlten Ewigkeit.
Puh, die Gefahr ist gebannt. Endlich liest sie weiter in ihrem Buch. Es scheint nicht besonders gut zu sein. Sie muss gähnen.
Und das Beste ist: Sie macht das Licht aus.
Endlich.
Gerade will ich zustechen, da springt sie auf und läuft zum Fenster. Das macht sie schnell zu. Vielleicht hat sie Angst vor dem Gewitter. Im Dunkeln durchquert sie ihr Zimmer, stößt sich am Schreibtischstuhl.
Aua, das hat wehgetan. Sie humpelt den Rest der Strecke und lässt sich dann in ihr Bett fallen. Leider muss ich ihr jetzt auch wehtun, ich kann einfach nicht anders.
Sie springt auf, schlägt wie wild um sich, schreit, macht das Licht an und ruft voller Wut:
„Verpiss dich, du verdammte Mücke!“
Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 20.09.2016
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