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Inhaltsverzeichnis

1. Die Elfe, die nicht lesen wollte

 

2. Mein Freund, das Einhorn

 

3. Isabellas Reise durch die Nacht

 

4. Wilma, die Waldfee

 

 

Die Elfe, die nicht lesen wollte

Elfriede war eine süße, kleine Elfe. Sie war mit allen Kreaturen des Zauberwaldes befreundet, jeder mochte sie sehr gerne, da sie immer hilfsbereit war und ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme der anderen hatte.

 

So fütterte sie hungrige Marienkäferbabys oder half den langsamen Schnecken, schneller über die Straße zu kommen. Sie spielte mit den Regenwurmkindern im Matsch und war sich für nichts zu fein. Außerdem ekelte sie sich nicht vor Nacktschnecken, die von allen anderen Wesen gemieden wurden. Elfriede begoss sie in den heißen Tagen des Sommers mit frischem Wasser, damit sie nicht ganz austrockneten.

Igelkinder brachte sie jede Nacht sicher über die Straße und die Igelmutter dankte es ihr.

 

 

Doch auch Elfen haben Probleme, die den Problemen unser Schulkinder nicht unähnlich sind.

 

Die kleine Elfe Elfriede saß am Nachmittag traurig unter ihrem Lieblingsbaum der alten Eiche und weinte leise vor sich hin. Schon wieder hatte sie so viele Hausaufgaben auf und schon wieder musste sie so viel lesen.

Sie war bereits in der zweiten Klasse und eigentlich ging sie sehr gerne in die Elfenschule am Rande des Waldes. Sie konnte gut rechnen und war im Laufen und im Fliegen die Schnellste. Sie sang im Elfenchor und besuchte mit Begeisterung die Arbeitsgemeinschaft Einhornreiten am Donnerstagnachmittag in der siebten und achten Stunde. Hier mussten die jungen Elfen auf ungezähmten Einhörnern reiten und über Hindernisse springen. Elfriede ritt immer auf Sternschnuppe, einem rosa Einhorn mit langer, roter Mähne und einem schwarzen Fleck zwischen den Augen. Mit Sternschnuppe hatte sich Elfriede gleich am ersten Schultag angefreundet und auch das Einhorn war begeistert von Elfriedes sanfter Art. Die beiden trafen sich oft in der Freizeit und hatten schon so manches Abenteuer zusammen erlebt.

 

 

Als Elfriede unter der Eiche saß und weinte, kam Sternschnuppe vorbei galoppiert. Es war fast so, als spürte das Einhorn den Kummer seiner kleinen Freundin – egal, wie weit es von ihr entfernt war.

„Was ist los, Elfriede?“, fragte das Einhorn und warf seine lange Mähne nach hinten. Dabei wurden immer unzählige kleine Sternchen umhergewirbelt und ein Duft nach lieblichem Lavendel verbreitete sich. „Ich dachte, wir reiten heute Nachmittag in den Wald der grünen Kobolde! Hast du das schon vergessen?“

 

Der Wald der grünen Kobolde war nur ein lustiger Name für das angrenzende Waldstück an den Elfenwald, in dem Elfriede und die anderen Elfen lebten. Noch nie hatte jemand auch nur einen grünen Kobold gesehen und doch warnten die älteren Elfen die jüngeren, sich nicht lange dort aufzuhalten. Denn man wusste schließlich nicht, was es mit dem Gerücht der grünen Kobolde auf sich hatte: Die einen munkelten, es wären gefräßige Ungeheuer, die anderen erzählten, es wären kleine grüne Männchen, die manchmal einen Streich ausheckten. Die jungen Elfen und die Einhörner hielten sich jedoch gerne im Wald der grünen Kobolde auf, denn er war geheimnisvoll und wunderschön zugleich. Ein breiter Fluss bahnte sich seinen Weg durch das grüne Tal und sein Wasser funkelte wie tausend Diamenten im Sonnenlich. Exotische Vögel hockten auf steinigen Felsen.Wer konnte diesem Abenteuer schon widerstehen?

 

 

Elfriede hatte die Verabredung mit Sternschnuppe schon ganz vergessen, so sehr war sie in ihre eigene Gedankenwelt versunken. „Entschuldige, Sternschnuppe, ich habe ganz vergessen, dass wir in den Wald der grünen Kobolde reiten wollten“ , sagte Elfriede aufgeregt. Schnell kletterte sie auf den Rücken des rosa Einhorns und sie ritten davon. „Ich war eben so traurig, weil ich so viel lesen muss!“, erzählte Elfriede ihrem Freund während des Ausrittes. „Aber Lesen ist doch etwas Wunderbares!“, sagte das Einhorn, das nicht verstehen konnte, warum Elfriede sich so schwer damit tat. „Das finde ich gar nicht!“, protestierte Elfriede. „Ich reihe die Buchstaben aneinander und verstehe überhaupt nicht, was ich lese! Dann ist es langweilig und sinnlos!“ „Das Verstehen kommt schon noch mit der Zeit!“, tröstete sie das kluge Einhorn. „Du musst nur eins tun: Üben, üben, üben!“ Elfriede seufzte. „Aber wozu muss ich denn überhaupt lesen?“, fragte sie. „Lesen muss man überall!“, erklärte das Einhorn, doch Elfriede war nicht sehr überzeugt. „Aber du kannst doch auch nicht lesen!“, bemerkte Elfriede. „Ich bin auch schließlich ein Einhorn und keine Elfe!“, verteidigte sich das hübsche Tier.

Die beiden waren schon ziemlich dicht an den Wald der grünen Kobolde herangeritten. Die Bäume standen enger zusammen, die Vogelstimmen wurden leiser. Ein sanftes Rauschen war von allen Seiten zu hören und Elfriede bekam eine Gänsehaut. Das mochte sie so sehr an diesem Wald: Die unglaubliche Stille und das wunderschöne Grün der hohen Bäume. Es roch nach Fichtennadeln und Baumrinde. Hohe Farne kitzelten Elfriede sanft an den Beinen. Eine bunte Libelle setzte sich auf die Mähne des Einhornes. Bald konnte man das Blau des Himmels nicht mehr sehen, da die großen Blätter und die dicken Zweige der Bäume es verdeckten. Hier schien die Zeit still zu stehen. Es gab nur das Hier und das Jetzt. Keine nervende Lehrerin, die einen dazu drängte, irgendwelche sinnlosen Buchstaben aneinander zu reihen!

„Viel weiter sollten wir lieber nicht reiten!“, schlug das Einhorn vor. „Dort hinten rauscht schon der Wasserfall und dann gibt es keinen richtigen Weg mehr!“ „Aber es ist gerade so aufregend – können wir nicht noch ein bisschen weiter reiten?“, fragte Elfriede mit glühenden Wangen. „Ich war noch nie hinter dem Wasserfall! Dort soll es herrliche Schmetterlinge geben und leckere Beeren!“

„Ich war auch noch nicht hinter dem Wasserfall!“, sagte das Einhorn. „Aber ich spüre, dass dort eine Gefahr auf uns lauert, wir sollten nichts riskieren! Auch wenn die Beeren noch so lecker sein

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Cover: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 07.06.2016
ISBN: 978-3-7396-7919-8

Alle Rechte vorbehalten

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