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Ein Häuschen im Grünen

 

 

„ ... und hier sehen Sie die herrliche Sonnenterrasse und einen wunderschönen Garten!“

 

Der Makler tat mir fast schon ein wenig Leid. Dies war nun schon das fünfte Haus, das er uns an diesem Tag zeigte. Doch Aaron und ich sahen uns nur kurz an. Wir wussten: Auch dieses Mal hatte der Makler unseren Geschmack nicht wirklich getroffen.

Der Garten war viel zu klein und die Sonnenterrasse viel zu groß. Außerdem gefiel uns die steile Wendeltreppe im Inneren des Hauses nicht. Die Badezimmerfliesen waren grau und hässlich und es gab nur eine Dusche. Wir liebten Badewannen.

„Ich weiß, wir sind keine einfachen Kunden ...!“, versuchte ich unser Verhalten zu entschuldigen, denn ich hatte gemerkt, wie der Makler unsere Blicke richtig gedeutet hatte. Verzweifelt wischte er sich über die Stirn. Schwitzflecken zeichneten sich unter seinem ansonsten sauberen Hemd ab.

„Aber ein Haus möchte ich Ihnen doch noch gerne zeigen. Ich habe das Gefühl, dass das etwas für Sie sein könnte. Das Anwesen liegt nur fünf Kilometer von hier entfernt“, erklärte uns der Makler.

Kurze Zeit später fuhr ich mit Aaron hinter dem kleinen Maklerauto her. Mein Haar flatterte im Wind, denn wir fuhren in unserem Cabrio. Über uns ein knallblauer Himmel – es könnte alles so herrlich sein, wenn wir nur endlich unser Häuschen im Grünen finden würden ...

 

Der Weg führte vorbei an unzähligen Rapsfeldern, weidenden Kühen und einigen Windrädern. Aaron war auf dem Beifahrersitz eingeschlafen. Na toll. Unser erstes gemeinsames Haus und er schlief einfach ein! Ich war sauer und sprach ihn von der Seite an. „Nur wegen dir ziehen wir aufs Land – zeig wenigstens ein bisschen Interesse! Du tust so, als ginge dich das alles hier gar nichts an! Dabei muss ich all die Abstriche hinnehmen – den längeren Arbeitsweg, die hohe Miete – du hälst dich aus allem fein raus...!“ Aaron döste weiter. Ich seufzte und trat abrupt auf die Bremse. Ein Trecker fuhr im Schritttempo vor uns her und ich wäre ihm fast hinten aufgefahren ... Aaron hatte von alle dem nichts mitbekommen und war nur ein wenig nach vorn gerutscht. Trotzdem schlief er tief und fest und gab dabei leise Schnarchtöne von sich. Süß! Eine Fliege hatte sich auf seine Nase gesetzt, doch auch die schien ihn nicht zu stören. Mein Herz wurde ganz weich. Ich konnte ihm einfach nicht böse sein ...

 

Endlich waren wir da. Von außen sah das Objekt wirklich gut aus: Ein alter Bauernhof mit großem Garten und vielen Obstbäumen. Der Makler war bereits aus seinem Auto gestiegen und schloss die Haustür auf. Ich folgte ihm mit meinem Fotoapparat und war sehr gespannt. Mein Herz klopfte heftig. Könnte dieses Haus unsere Wünsche erfüllen? Plötzlich sprang Aaron mit einem Satz aus dem Auto, lief auf ein kleines Bäumchen zu, hob sein Bein und pinkelte drauf los. Dann kratzte er mit seinen Hinterläufen und sah mich fröhlich bellend an. In diesem Moment wusste ich: Wir hatten unser Traumhaus gefunden.

Impressum

Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2016

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