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Das Monster von Loch Ness

 

Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben, über die Sterne.

                                               (Jean Paul)

 

 

 

 

Darf ich mich vorstellen?

 

Ich bin Nessie. Ich lebe in Schottland in einem großen Loch. Loch ist unser Wort für See. Ich bin sehr berühmt, vielleicht hast du schon von mir gehört? Leute haben Angst vor mir und sie hoffen, dass sie mich einmal sehen und fotografieren können. Doch ich bin schneller als sie und verstecke mich tief unten in meinem Loch. So weit kann keiner tauchen. Manchmal, wenn mir langweilig ist, komme ich an die Oberfläche und gucke mich um. Dann sehe ich die vielen Leute, die mit ihren Kameras herumlaufen und mich erwischen wollen. Wie gerne würde ich mit ihnen spielen, doch ich weiß, dass dann eine richtige Jagd auf mich losgeht. Also verstecke ich mich lieber.

 

Vor vielen Jahren war ich zu leichtsinnig gewesen. Ein Forscherboot hatte mich entdeckt.

 

„Da ist das Monster!“, hatte einer der Männer gerufen. Das Boot war ziemlich schnell und ich tauchte ab. Irgendwie schluckte ich vor Schreck sehr viel Wasser, dann musste ich niesen. Eine riesige Welle war entstanden und das Forscherboot kippte um. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen und wollte einige Forscher retten. Also schwamm ich zurück. Meine Idee war, dass sich die Leute an meinem Schwanz festhalten konnten, damit sie nicht untergingen. Doch die Menschen bekamen Panik. Was sollte ich tun? Ich wollte doch nicht, dass sie meinetwegen untergingen! Also ging ich an Land und riss einige Bäume aus. Ich biss einfach in die Stämme und zog einmal kurz an dem Baum. Schon war er entwurzelt. Dann schmiss ich die Bäume ins Wasser. Doch was war das? Ein Bauer hatte mich gesehen und schlug Alarm.

 

„Das Monster reißt Bäume aus! Zur Hilfe!“, rief er. Ich bekam einen Schreck: Jetzt hatte ich meinen Ruf komplett ruiniert, die Menschen würden mich hassen. Ich tauchte ab in die Tiefe und musste weinen. Was sollte ich bloß tun, damit ich den Menschen zeigen konnte, dass ich ein gutes Herz habe?

Das einzig Gute an der Geschichte war, dass alle Forscher gerettet wurden. Das Schlechte war, dass man offenbar ein Bild von mir gemacht hatte. Doch man hatte das Bild verändert und ich sah darauf aus wie ein merkwürdiger Drache!

 

 

Das Bild war am nächsten Tag in allen Zeitungen. Woher ich das alles wusste? Nachts, wenn alle Menschen schliefen, schwamm ich zum Ufer und machte mich heimlich auf den Weg zu dem Kiosk. Damals war noch nicht ganz so viel Wirbel um mich gemacht worden, da konnte ich mir solche nächtlichen Ausflüge noch leisten. Heute wäre das undenkbar, denn Tag und Nacht sind Wachen aufgestellt, die meinen See genau beobachten. Es ist einfach schrecklich!

 

Einmal lernte ich aber doch einen Freund kennen. Es war eigentlich kein richtiger Freund, ehrlich gesagt war es ein Kuscheltier. Ein Vater war mit seinen Söhnen über den See gepaddelt.

 

 

„Wenn ihr leise seid, sehen wir vielleicht das Monster von Loch Ness!“ Die Söhne waren ganz gespannt und der Kleinste von ihnen lehnte sich zu weit nach vorn. Dabei fiel ihm sein Teddy aus der Hand. Der Teddy saugte sich augenblicklich voll mit Wasser und sank in die Tiefe. Ich hörte das Schreien des Kindes und dachte im ersten Moment, der Sohn wäre ins Wasser gefallen. Doch dann fiel mir der Teddy auf den Kopf. Das tat ganz schön weh, weil der Teddy schwer war wie Blei. Zuerst wollte ich den Teddy zurück geben, weil ich ein sehr großes Herz habe. Doch der Teddy blickte mich mit seinen großen Knopfaugen so treu an, dass ich ihn behalten musste. Du musst wissen, ich hatte noch nie einen Freund oder ein Stofftier. Ich weiß, ich hätte den Teddy zurückgeben sollen, doch ich war mir sicher, dass der Vater dem Jungen einen neuen Teddy kaufen würde. Das hörte ich sogar: „Sei nicht traurig, Kleiner, morgen kaufen wir dir einen neuen Teddy. Oder noch besser: Ich kaufe dir eine Stoff Nessie!“ Diese Tiere gab es nämlich damals schon in dem kleinen Andenken Laden neben dem Kiosk. Da war ich beruhigt und konnte mich richtig über den Teddy freuen. Ich habe ihn heute noch. Er heißt Sam und ich schlafe niemals ohne ihn ein. Wenn ich einmal ganz traurig und einsam bin, dann habe ich immer noch meinen Sam.

 

 

Dann ist vor einigen Jahren noch etwas passiert. Nachts, gerade, als ich wieder zum Kiosk wandern wollte, sah ich plötzlich ein Boot mit zwei dunklen Gestalten. Sie führten nichts gutes im Schilde, das merkte ich gleich. Also blieb ich unter der Wasseroberfläche und beobachtete die Kerle. Sie hatten Fässer an Bord ihres kleinen Schiffes. Ich vermutete gleich, dass in diesen Fässern nichts Gutes war. Sie wollten sie in meinen See kippen. Der große Mann sah sich um und sagte: „Die Luft ist rein, schmeiß das Fass über Bord!“ Ich bekam ein Schreck. „Lasst meinen See sauber!“, wollte ich rufen. Doch meine Sprache verstanden die Männer natürlich nicht. Was sie bemerkten war, dass eine große Flutwelle auf sie zugeschossen kam. Sie riefen um Hilfe und klammerten sich am Bootsrand fest. Ich reagierte blitzschnell, schnappte mir die Fässer mit meinem Schwanz und warf sie im hohen Bogen an Land. Das Boot ging unter und die Männer tauchten in die Tiefe. Sie waren gute Schwimmer und konnten sich schnell an Land retten. Dann liefen sie schreiend durch die Nacht davon. Ich frage mich, was

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Cover: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 20.03.2016
ISBN: 978-3-7396-7663-0

Alle Rechte vorbehalten

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