Sämtliche in diesem Buch enthaltene Personen und Ereignisse sind frei erfunden.
Eventuelle Ähnlichkeiten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
15 Uhr 30. Flughafen Teneriffa Süd. Die Frisur sitzt nicht. Das Haar hängt schlaff herunter und weht mir ständig ins Gesicht. Wäre ich vor der Reise doch bloß noch zum Friseur gegangen ...
Es ist ungewöhnlich heiß und grell. Ich schwitze in meiner Regenjacke, ziehe sie aus und stopfe sie in meine Umhängetasche. Wir warten auf einen Shuttlebus, der uns zu dem romantisch klingenden Ort „Los Christianos“ bringen soll. Wir, das sind Iris, Hannah und ich. Frauenurlaub. So lange habe ich so etwas vermisst! Wir sind alle um die Vierzig und haben uns vor einiger Zeit im Spanischkurs für Anfänger in der Volkshochschule kennen gelernt. Dann hatte ich die Idee mit dem Sprachkurs auf Gomera und die beiden waren auch gleich ganz begeistert.
Unterschiedliche Gründe hatten uns zu dieser Reise geführt: Iris unterrichtete Englisch und Kunst an einer Gesamtschule im sozialen Brennpunkt und hatte einen Urlaub bitter nötig, Hannah war gerade von ihrem Ehemann sitzen gelassen worden und ich brauchte eine Auszeit von meiner Familie. Nach dem unendlich langen Winter überfiel uns jeden Dienstagabend im Spanischkurs eine unbeschreibliche Sehnsucht nach Sommer und Sonne und wir konnten es kaum abwarten, den düsteren Räumen der Volkshochschule den Rücken zuzukehren und endlich wieder Leben in uns zu spüren. Drei Wochen im Aussteigerparadies kamen uns da gerade recht.
„Mami, warum dürfen wir nicht mit?“, fragte meine siebenjährige Tochter. „Weil ich einmal wieder ganz alleine verreisen will. Bald bin ich ja wieder da!“, sagte ich fröhlich und packte das letzte T – Shirt in meinen Koffer. Das war vor ungefähr drei Tagen. Dann ging alles ganz schnell. Schon saßen wir im Flieger und lehnten uns entspannt zurück. Hannah, Iris und ich. Meine Auszeit hatte begonnen.
Bisher läuft alles nach Plan. Endlich kommt der Shuttlebus. Leider ist es ein sehr baufälliger Bus, bei dem auch noch die Klimaanlage ausgefallen ist. Wir schwitzen vor uns hin und blicken auf die karge Landschaft um uns herum. Hässliche Bauten, verwaiste Baustellen und dann diese holprige Straße durch die braune Einöde. Mir wird fast schlecht und ich lächele Hannah zaghaft zu. Vielleicht hätten wir doch lieber Mallorca buchen sollen? Hannah lächelt zurück und sagt: „Das wird ein toller Urlaub, ich spüre es. Die Anreise ist immer ätzend!“ Auch Iris nickt mir aufmunternd zu. „Toll, dass du die Reise organisiert hast!“, sagt sie. Das tut gut, denn ich fühle mich irgendwie verantwortlich für diesen Trip und möchte, dass er allen gefällt.
Endlich sind wir da und der Bus kommt mit einer Vollbremsung unerwartet zum Stehen. Er qualmt ungewöhnlich und ich bin froh, dass die Fahrt zu Ende ist. „Los Christianos“ entpuppt sich als hässliche Hafenstadt und wir sind froh, dass wir hier nur durchreisen. Hoffentlich sehen nicht alle Orte so aus. Am Fähranleger wimmelt es von Menschen. Plötzlich ist Hannah verschwunden. Ist sie wieder auf der Suche nach einem Zigarettenautomaten? Seit der Trennung von ihrem Mann raucht sie drei Schachteln am Tag. Wir suchen sie überall. Irgendwann kommt sie angerannt.
„Ich war auf Toilette!“, erklärt sie uns. Kein Wunder, Hannah hat während der Busfahrt zwei Flaschen Wasser getrunken. Wir steuern zum Schalter vom Garajonay – Express, denn diese Fähre fährt direkt ins Valle Gran Rey – ins Tal des großen Königs. Das hört sich gut an. Im Valle liegt nämlich unsere Sprachschule – genauer gesagt liegt sie in La Calera, einem malerischen Dorf hoch oben im Tal. Auf dem Prospekt sieht das alles ganz verlockend aus und ich freue mich schon auf das Appartement, von dem man bestimmt einen wunderbaren Blick über das Tal hat.
Ich schaue mich um. Es ist windig, aber der Wind ist warm. Genauso hatte ich mir das vorgestellt: Zu Hause ist es jetzt im April noch ziemlich kalt und wir laufen hier in T – Shirts herum. Es tut gut, einige Tage von der Familie weg zu sein. Ich fühle mich frei und unbeschwert, muss nur auf mich selber aufpassen und nicht drei Kinder und einen Ehemann umsorgen.
Die Leute um uns herum haben ganz andere Tickets, seltsam. „Das sind bestimmt die Tickets für die Einheimischen!“, meint Hannah, der das auch schon aufgefallen ist. Wir reihen uns in eine Schlange ein. Jeder Schritt bringt uns näher zu unserem Ziel. Ich bin ganz aufgeregt. Endlich sind wir an der Reihe. Ich zeige mein Ticket, doch der Kontrolleur weist mich schroff zurück. „No, no! You need a different ticket. You need a boarding pass. This…!”, sagt er und hält mein Ticket in die Luft. „...this is NOTHING!” Ich drehe mich verzweifelt zu meinen Freundinnen um. Er kann doch mein Ticket nicht so schlecht machen! Schließlich habe
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Dörte Müller
Bildmaterialien: Dörte Müller
Cover: Dörte Müller
Tag der Veröffentlichung: 29.02.2016
ISBN: 978-3-7396-4032-7
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Diese Geschichte ist allen gewidmet, die La Gomera, Frauenurlaube und Geckos lieben.