1.Kapitel
"Vater, das kannst du nicht tun! Warum tust du mir das an? Ich will nich heiraten und schon gar nicht diesen Baron!"
Lord Brundum saß an seinem Schreibtisch und sah zu seiner Tochter auf.
"Rose, du bist in kürze siebzehn und du weißt das die Männer nur die jungen und schönen Mädchen wollen. Du bist beides, aber die Zeit geht schnell voran. Was hast du gegen den Baron? Er ist erst 23, sieht gut aus und hat Geld, alles was ein junges Mädchen also begehrt. Warum also willst du ihn nicht, sag mir das doch bitte?"
Rose starrte ihren Vater zornig an: "Ich bin nicht wie diese Miss Daroon oder wie Lady Kaleine, ich bin nicht so ein dummes Ding, Vater! Ich will ihn nicht, weil ich ihn nicht kenne, weil ich gehört habe das er ein Grobian sei und weil ich frei sein will und nicht in einem Bett liegen und ängstlich jede Nacht auf einen Mann warten möchte. Ist das Kommentar genug?"
"Red nicht so in diesem Ton mit mir, Rose. Du wirst ihn heiraten und das ist mein letztes Wort. Geh und bereite dich für die Hochzeit vor, sie findet in einer Woche statt, an deinem Geburtstag also."
"Vater, bitte..."
Nun wurde auch Lord Brundum zornig: "Schweig und geh, ich möchte nichts mehr hören! Du. Heiratest.In.Einer.Woche.Punkt."
Mit Tränen in den grünen Augen rannte Rose aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters und stürzte die Treppe in der Eingangshalle hinauf und in ihr Zimmer.
Warum zwangen sie alle nur, zu heiraten? Was war denn bitte an einer Heirat so großartiges?
Sie verstand es einfach nicht.
Gut, sie hatte auch einmal eine schöne Hochzeit erträumt mit einem Mann den sie liebte und der sie schätzen, vielleicht sogar verehren würde.
Aber das war, bevor sie die Freiheit zu lieben gelernt hatte,.
Bevor sie die schleimigen, Ekelpackete von Männer kennen gelernt hatte.
Bevor sie gehört hatte, dass das erste mal im Bett des Ehemannes weh tun würde.
Sie würde sicher nie freiwillig mit einem Mann im Bett liegen wenn es doch so sehr schmerzen würde.
Sie hasste Schmerzen.
Ob sie wohl wegrennen sollte?
Aber das würde ja bedeuten, dass sie ihren Stolz, ihren Mut und ihren Vater aufgeben müsste. Konnte sie das wirklich machen?
Nein!
Aber könnte sie einen Mann heiraten der wie Julian war? Herzlos, Skrupellos und Brutal?
Sie war so verzweifelt und wusste doch nicht was sie zu tun hatte.
So wie sie ihren Vater kannte, würde er sie von den guten Seiten einer Ehe überzeugen und sie würde sich in ihr Schicksal fügen müssen.
So war die Welt und das Leben.
Die Frauen durften keine Wünsche und keine Freiheit genießen, sie mussten sich auf eine ungewollte Ehe vorbereiten und damit basta.
Frauen waren nur dafür da um sich um den Haushalt zu kümmern, sich um die Bedürfnisse des Mannes zu sorgen und Kinder von diesem zu gebären und groß zu ziehen.
Das war doch alles ungerecht!
Warum sollten die Männer alles tun und lassen können was sie wollten und die Frauen, die sie doch sicher wichtiger waren, durften nichts, absolut nichts.
Keine Rechte, keine Freiheit, keine Liebe.
Das alles bedeutete für Rose: kein Leben
.
Irgendwie musste sie den Baron überzeugen sie nicht zu heiraten...
Gedankenverloren und nach der letzten Hoffnung greifend setzte Ro sich auf ihr Bett und wischte sich die Tränenspuren mit einem Taschentuch aus ihrer Rocktasche weg.
Dann endlich hatte sie einen Gedankenblitz und sie lächelte gerissen vor sich hin.
Welcher Mann wäre denn so verzweifelt und würde eine verrückte Frau ehelichen, eine, die immer voller Erde ist und nicht weiß, wer sie ist?
Das ist doch die perfekte Idee.
Und ihr Vater würde es ihr sicher irgendwann verzeihen, dass sie sich so gegen diese Ehe strebte.
*
Baron Julian Terill war schockiert.
Er würde doch nicht einfach jemanden heiraten den er noch gar nicht kannte!
Er musste diese Rose erst einmal auskundschaften um zu sehen, ob er sie klug und ansehnlich fand.
Als Gärtner oder Diener könnte er sich in ihren Hausstand einschleichen und sie beobachten, studieren.
Was er nicht verstand, warum er heiraten musste und dann ausgerechnet Rose Laikester?
Er hatte gehört, dass diese junge Dame eine etwas freche und Freiheit liebende Wilde war.
Sollte er sich das wirklich zumuten? Gut, sie würde sicher zu ihm passen, er war ja genauso, aber wollte er eine Frau die ihm immer wiedersprach?
Eine Frau mit der es sicher nie langweilig werden würde, das musste er zugeben.
Eine Rotzgöre hatte gewisse Vorzüge, das wusste er aus Erfahrung und er liebte es Frauen zu erobern, aber deswegen gleich zu heiraten dass war doch etwas zu viel verlangt, oder?
Gut, er würde sich diese Rose erst einmal ansehen und sie etwas kennen lernen.
Als was würde er wohl eher durchgehen? Diener, Stallbursche,Kammerdiener oder Gärtner?
Mit Pflanzen kannte er sich gut aus, er hatte ja seine geliebten preisgekrönten Rosen in seinem Gewächshaus. Er kannte sich mit jeder Pflanze aus, egal ob Unkraut oder Heilpflanze, Kräuter oder Zierpflanzen. Er wusste wirklich alles über jede Pflanze.
Also würde er sich als Gärtner bei den Laikesters einschleichen und das beste hoffen, dass Lord Laikester seine Gärtner nicht persönlich kannte.
Etwas erleichtert und aufatmend stieg er die Stufen zu seinem Arbeitszimmer hinunter und schloss dort hinter sich die schwere Eichenholztür.
Mit dem Brief von Lord Laikester in der Hand setzte er sich in den großen braunen Ohrensessel vor dem Kamien und las den Brief noch einmal.
Sehr geehrter Baron Julian Terill,
ich, Lord Mauris Laikester, möchte Sie darauf hinweisen,
dass sie meiner einzige Tochter Lady Rose vor etwa 14 Jahren begegneten sind
und Ihr Vater, Ruhe in Frieden, und ich haben eine Hochzeit mit Ihnen und
meiner Tochter vereinbart.
Wenn Sie also so gütig währen und mir den Termin Ihrer Hochzeit mitteilen
würden so wäre ich Ihnen sehr verbunden.
Meine Tochter wird in wenigen Tagen 17, noch streubt sie sich gegen diese Hochzeit aber das wird sich sicher bald legen.
Hochachtungsvoll, Lord Mauris Laikester
An das Mädchen konnte er sich einfach nicht erinnern, aber wie konnte sein Vater einen Ehevertrag ohne seine Zustimmung zulassen? Er hatte doch wohl das Recht selbst eine Braut aus zu suchen, oder?
Aber egal, er würde diese Rose beobachten und fertig.
Vielleicht war sie ja genau die Frau die er seit Jahren so verzweifelt suchte?
Eine Frau die ihm das Leben zur Hölle machte und ihn doch liebte und umsorgte.
Ein wildes Weibsstück eben, das wünschte er sich, etwas was ihn in seinem beschissenen Leben Spaß machen könnte.
*
Gut, Erde war zur Genüge unter ihrem Bett versteckt ohne dass ihr Vater davon erfahren hatte. Jetzt fehlten nur noch zerfetzte, alte Dienstmagtkleidung und der Verwirrten Blick, den sie täglich vor dem Spiegel übte konnte sie auch schon recht gut.
Ro zog zufrieden ihren Mantel um und schlich sich von ihrem Zimmer aus in die Küche und zur Hintertür hinaus.
Ihr Vater war zwar Geschäftlich weg, doch die Bediensteten mussten ja nicht alles mitbekommen. Ihre Kammerzofe und einzige Freundin Elly würde bei Fragen, warum die Lady nicht zum Tee erscheinen würde, einfach für sie lügen und behaupten, dass die junge Lady Kopfschmerzen bekommen habe.
So war Elly eben, sie beschützte sie so gut sie konnte und da sie wusste das ihre Herrin nicht heiraten wollte war sie eben bereit zu lügen wo sie konnte um diese falsche Situation zu retten.
Lächelnd ging Ro so gut es ging verborgen in den Schatten der Nebenstraßen und mit einer Kaputze tief ins Gesicht gezogen zu einem armen, halb verfallenen Häuschen das ihr Elly empfohlen hatte.
Sie weihte Elly immer in all ihren Plänen ein.
Rose sah sich noch schnell um und zog leise die verstaubte Glastür auf. Erstaunt sah sie sich um. Der Namenlose Laden für Bedienstete sah innen eigentlich sehr angenehm aus.
Viele Kleider, die man fast dem niederen Adelsstand verkaufen könnte, waren in sehr bunten Varianten an Kleiderhaken aufgehängt, neben der Kasse auf dem Kleinen Tresen war ein warmer gemütlicher Holzofen und die Frau im mittleren Alter, die gerade auf sie lächelnd zukam sah sehr nett aus.
"Ich bin die Leiterin dieses Ladens Miss Aura, hallo. Kann ich etwas für Sie tun?"
Rose sah die Frau genauer an und musste schmunzeln.
Miss Aura war eine etwas rundliche, rothaarige Frau mit Sommersprossen und intelligent wirkenden grauen Augen. Sie hatte genau das gleiche Gesicht wie ihre Puppe die sie vor etwa 9 Jahren verloren hatte.
"Ja, Miss Aura, ich suche ein Kleid das nicht zu ärmlich wirkt, dass aber eine Irre tragen würde und meine Freundin Miss Elly Rool hat sie mir empfohlen."
"Ach die liebe Elly, sie ist eine sehr gute, nicht war? Aber... entschuldige diese Frage Junge Dame, aber wieso ein Kleid dass eine Irre tragen würde?"
Da diese Miss Aura vertrauenswürdig wirkte und sie mit Elly befreundet war erzählte sie ihre Lage.
"Und nun muss ich die Hochzeit irgendwie platzen lassen und da ist mir die Idee gekommen, dass keiner eine Irre heiraten würde, also muss ich mich verrückt verhalten und das beste hoffen. Verstehen Sie, Miss Aura?"
Mitleidig sah diese sie an un seufzte: "Ich weiß genau was Sie meinen, ich musste eine unglückliche Ehe 30 Jahre ertragen. Ich helfe Ihnen gerne, Miss..."
Der Blick der Auras war fragen.
"Miss Ros...Mein Name ist Miss Ro."
"Gut, Ro, dann sehen wir mal ob ich dir helfen kann..., ich darf dich doch duzen, oder?"
"Ja, gerne." Erleichtert strahlte sie Aura an.
"Könntest du diesen Umhang bitte abnehmen?"
Als Rose den Mantel abnahm und ihre hüftlangen blonden Locken zum Vorschein kamen, holte Aura staunend Luft.
"Du siehst aus wie eine Göttin, wunderschön...Gott,... und diese katzengrünen Augen. Mal sehen ob ich etwas für dich da habe, Kind."
Rot von dem Kompliment folgte sie Aura durch den warmen kleinen Raum bis diese vor einem Kleiderständer stehen blieb.
Sie hielt ihr auffordernd ein grünes, etwas verknittertes Kleid hin.
"Dieses passt zu deinen Augen, es ist hübsch und doch würde es keine Dame tragen, da es einen kleinen Riss am Ausschnitt hat und verknittert ist, es ist schon gebraucht und kostet daher auch nicht sehr viel. Am besten ziehst du es mal an, dort drüben ist ein kleiner Nebenraum, dort kannst du dich umziehen."
Rose nahm das Kleid und zog sich in dem von Aura besagten Raum um.
Als sie sich in einem Spiegel betrachtete konnte sie es nicht fassen. Das Kleid war schön und doch sah es auf eine gewisse Art schmuddelig aus.
Sie zog sich wieder um und ging mit dem grünen Kleid zum Tresen wo Aura gerade beschäftigt war mit der Kasse und legte es dort ab.
"Danke, ich nehme es gern." Sie bezahlte etwas mehr als den eigentlichen Preis und bevor Aura ihr das Wechselgeld geben konnte hatte sie sich ihren grauen Umhang umgeworfen und verschwand wieder leise in den Schatten der Nebenstraßen.
Als sie um eine Ecke hastete, prallte sie gegen jemanden und landete mit ihrem Hintern auf dem Asphalt.
"Es tut mir sehr leid, ich habe nicht gesehen, dass jemand um die Ecke kommt."
Blinzelnd sah Rose den muskulösen und verboten gut aussehenden jungen Mann, der ihr seine Hand reicht an. Dankend nahm sie seine Hand und lies sich aufhelfend.
Und sah geradewegs in diese himmelblauen Augen die aus dem von wirren dunklen Locken umgebenen maskuline Gesicht strahlten.
"Ich müsste mich bei Ihnen entschuldigen, immerhin bin ich es ja gewesen die Sie umgerannt hat. Es war ein Ausversehen und wird mit Sicherheit nie wieder vorkommen, werter Herr. Haben Sie sich verletzt?"
"Das sollte ich dann wohl besser Sie fragen, nicht? Haben Sie sich denn verletzt?" brummte dieser Mann mit tiefer und doch wohlklingender Stimme.
"Nein, danke der Nachfrage, Sir. Gut, also... ich muss dann mal weiter, auf wiedersehen."
"Nein, warte," er hielt sie an ihrem Arm fest, damit sie nicht davon laufen konnte und sah ihr in die Augen.
"Darf ich denn nicht wissen, wer sich unter dieser Kapuze befindet? Ich möchte nur einmal kurz Ihr Gesicht sehen, würde das gehen?"
Mit Schock geweiteten Augen starrte sie den Mann an und stotterte:" Es tut mir wirklich leid, mein Herr, aber ich muss nun wirklich gehen..m... mein Vater... er kommt bald nach Hause...und...er darf nicht wissen, das...dass ich nicht in meinem Zimmer bin."
"Bitte, nur einmal, ich werde Sie erst loslassen, wenn Sie mir Ihr Gesicht enthüllen, junge Dame."
"Nein, es geht nicht, nie... niemand darf wissen, dass ich... auf den Straßen renne, oder wer ich bin."
"Dann tut mir das jetzt auch leid, aber ich muss Ihr Gesicht einfach sehen." Und noch ehe sie wusste wie ihr geschah, riss der Mann ihr ihre Kapuze vom Haupt und stutzte.
"Sehen Sie, eine schöne junge Frau wie Sie müsste sich nicht unter einem grauen Mantel verstecken."
Ärgerlich geworden zerrte Rose an ihrem Arm und machte sich los.
"Was fällt Ihnen denn ein? Lassen Sie mich in Ruhe."
Die junge Lady nutzte seine Überraschung über ihren Wutausbruch und rannte in die nächste Straße und dem Mann, der hinter ihr her rief davon. Außer Atem und um Luft ringend kam sie wieder an der Hintertür von ihrem Heim an und schlich sich leise wieder in ihr Zimmer.
Oben machte sie die Tür hinter sich zu und legte das Grasgrüne Kleid auf das Bett.
Gott, das war aber sehr knapp gewesen.
Wenn dieser junge, gut aussehende Mann ihren Vater oder sie kennen würde, wäre sie ruiniert.
Im Kopf lies sie die Szene von gerade eben durchlaufen und sie fiel seufzend auf ihr Bett, neben dem Kleid breitete sie sich aus und dachte an den Mann.
Seine Augen waren traumhaft gewesen und seine Lippen, sein ganzes Gesicht gefiel ihr.
Seine Stimme, seine Statur, alles an ihm war wunderschön, sündhaft und wie ein Meisterwerk Gottes erschaffen.
Warum konnte sie nicht einen Mann wie diesen heiraten? Warum einen Tyrannen?
Rose verstand es einfach nicht und schlief , träumend von den Unbekannten, schnell und lächelnd ein.
2.Kapitel
Er lies an der Tür klopfen, wurde eingelassen und vom Butler vorangekündigt.
Und als er den Salon betrat, riss er die Augen weit vor staunen auf.
Julian hätte nie gewagt zu glauben, dass er SIE genau hier treffen würde und dann auch noch SIE genau die Frau sein sollte, die er heiraten sollte.
"Ich bin der neue Gärtner, mein Herr." stellte er sich dann doch noch vor, als er wieder sprechen konnte.
Sie wollte spielen? Nun gut, er würde mitmachen und den Gärtner spielen.
Und so die junge Dame näher kennen lernen.
Lord Brundum musterte ihn durchgehend: "Sie sehen mir nicht gerade aus wie ein Gärtner, Mister...?"
"Mister Juls mein Name. Auch wenn ich nicht gerade so aussehe, mein Herr, bin ich doch sehr fähig einen Garten zu hegen und zu pflegen."
"Gut, wenn Sie ein Gärtner sind, werden Sie sicher meine Fragen beantworten können."
"Und die wären?" Julian sah dem misstrauischen Lord in die grünen Augen und hörte den Fragen gut zu.
"Was wissen Sie über die Rosen?"
Lange musste er nicht nachdenken, da er sich ja auskannte:"Die Rosen, Rosa, sind die namensgebende Pflanzengattung der Familie der Rosengewächse,Rosaceae. Die Gattung umfasst, je nach Artauffassung des Bearbeiters, zwischen 100 und 250 Arten. Diese bilden durch ihre typische Merkmalskombination von Stacheln, Hagebutten und unpaarig gefiederten Blättern eine sehr gut abgegrenzte Gattung. Es sind Sträucher mit meist auffälligen, fünfzähligen Blüten. Die meisten Arten sind nur in der Holarktis verbreitet und wachsen bevorzugt auf kalkhaltigen Böden. Die Wissenschaft von den Rosen wird als Rhodologie bezeichnet."
"Und was wissen Sie über Lilien?"
"Die Lilien, Lilium, bilden eine Gattung der Familie der Liliengewächse, Liliaceae, innerhalb der einkeimblättrigen Pflanzen mit rund 120 Arten. Ihre Hauptverbreitungsgebiete sind China und Nordamerika, einige wenige Arten finden sich auch in Europa.
Lilien wurden aufgrund ihres auffälligen Erscheinungsbilds in vielen Kulturen geschätzt. Einige Arten zählen zu den ältesten Zierpflanzen überhaupt und wurden zu kulturellen Symbolen, insbesondere in Asien finden sie bis heute auch Verwendung als Lebensmittel, seltener ist ein Gebrauch als Heilpflanze. Habe ich Sie überzeugt, oder wollen Sie noch etwas wissen?"
Respekt blitzte in den Augen des gerade mal 40 gewordenen Mannes auf.
"Ich hab noch eine Frage, wenn Sie die richtig beantworten, werde ich Sie einstellen."
"Gut, dann fragen Sie, ich weiß alles über Blumen, sogar über die, die kaum noch jemand kennt."
Der Lord sah kurz zu seiner Tochter hinüber, lächelte diese an und drehte sich wieder Julian zu. Die junge Dame blickte traurig und mit den Gedanken ganz wo anders aus dem Fenster. Warum sah sie so bedrückt aus?
Dachte sie an etwas oder an jemanden, denn sie nicht vergessen konnte? Dachte sie vielleicht gerade an ihn? Nein, sie sah zu traurig, hatte einen Gesichtsausdruck den nur Trauernde haben. Doch was hatte sie verloren? Am liebsten hätte er einen Witz gemacht oder sie in die Arme genommen, nur um sie zu trösten und ihr ein Lächeln in das wunderschöne Gesicht zu zaubern.
"Da Sie mich offensichtlich gerade nicht gehört haben weil Sie meine Tochter anstarren, stelle ich Ihnen noch einmal meine letzte Frage: Was würden Sie über meine Tochter sagen? Wie würden Sie sie beschreiben?"
"Ich würde sie wie eine Lilie im Sommer beschreiben, wunderschön, geheimnisvoll und unvergesslich. Ihre Haare haben die Farbe von Gold das in der Abendsonne glänzt, ihre Augen sind so grün, dass sogar die schönsten Smaragde neben ihr verblassen und ihre Wangen sind so rosa und schön wie eine gerade von Tautropfen geweckte Rose. Sie sieht sanft und doch zugleich wild aus, wie eine Nymphe aus dem tiefsten Wald. Auch wenn ich jetzt bestraft werde, ich habe die Wahrheit gesagt und bereuen werde ich sie nicht. So sehe ich ihre Tochter."
Der Lord starrte ihn verdutzt an und lachte plötzlich: "So etwas unverfrorenes hat noch keiner über meine Tochter geäußert und doch ist es wahr, mein kleiner Schatz ist ein wilder Engel. Sie haben gerade eine gut bezahlte Stelle bekommen, also achten Sie darauf. Meine Tochter wird nicht berührt oder gar geküsst, sie ist tabu für jeden, Sie müssen sich nur um ihre Blumen kümmern. Alles verstanden?"
"Ja, Sir. Ich werde die Blumen ihrer Tochter pflegen und hüten wie meine Eigenen."
"Gut, gut, dann gehen wir doch gleich mal in den Garten und ich unterweise Sie kurz Ihrer Aufgaben. Lady Rose wird uns begleite und mich berichtigen, falls ich etwas falsches über ihre Blumen sagen werde. Bitte geh doch vor uns Rose."
Die Angesprochene sah immer noch verdutzt auf Julian, schon seit seinem Kommentar über sie und nickte.
"Natürlich."
*
Rose ging voraus und überlegte, woher sie das Gesicht des Gärtners schon einmal gesehen hatte.
Als es ihr wieder einfiel, blieb sie kurz stehen und ihr Vater rannte beinahe in sie rein.
"Ist was, Liebes?"
"Nein nein, Vater, es ist nichts, mir ist nur gerade eingefallen, dass ich noch etwas zu erledigen habe." Etwas verstört ging sie weiter.
"Was musst du denn erledigen? Du willst doch nicht etwa später wieder auf den Straßen spazieren gehen alleine? Das lasse ich nicht mehr zu, es tut mir leid, meine Kleine, aber du wirst bald heiraten und ich habe Angst, dass dir etwas passieren könnte." , brummte ihr Vater.
"Nein, Vater, ich wollte nur...", schnell überlegte sie "... ich wollte nur ein Kleid kaufen gehen für meinen Geburtstag, da ja Baron Julian Terill kommen wird. Es sei denn, du willst, dass er, so bald er mich sieht, wieder geht."
"Sprich seinen Namen nicht so unwillig aus, er ist sicher nicht so schlecht wie du denkst. Kauf dir von mir aus auch zwei oder drei Kleider, je hübscher du bist, desto besser. Obwohl mit Sicherheit niemand nur an dir vorbei geht ohne deine Schönheit zu bewundern. Der Baron wird dich sicher heiraten wollen, wenn er dich sieht." tadelte der Lord.
"Aber eigentlich weißt du, dass ich den Baron doch gar nicht heiraten will." Verzweiflung lag in ihrer Stimme, denn sie wusste, das ihr Vater nicht umzustimmen war.
"Hörst du wohl jetzt endlich auf damit? Es reicht! Du heiratest ihn und du weißt, dass ich mich nicht von meinem Plan abbringen lassen werde." In seiner Stimme lag ein Klang von Zorn.
Schwer seufzend schloss sie die Tür zu Gewächshaus auf und flüsterte: "Von meinem Plan wird mich auch keiner abbringen."
Der Gärtner sah sie an als er an ihr vorbei ins Häuschen ging und lächelte: "Zugern würde ich wissen, was denn Ihr Plan wäre, aber es geht mich leider nichts an."
"Da habe Sie vollkommen recht, das geht Sie nichts an."
Im Stillen fluchte Rose weil sie sich nicht ändern konnte, sie sagte immer leise, was in ihrem Kopf vor ging und das würde sie irgendwann ins Verderben führen.
Sie ging ihrem Vater voraus und erklärte, was der Gärtner alles zu tun hatte, da ihr Vater nur stolz ihre Blumen betrachtete.
"Ach, und später gebe ich Ihnen noch einen Schlüssel für mein Gewächshaus, damit Sie immer Zugang haben."
Immer wieder sah sie in sein Gesicht und dachte, das er umgeben von Pflanzen besser aussah als auf der Straße.
Denn der Gärtner war der Fremde auf der Straße, der sie vor drei Tagen aufgehalten hatte und ihr Gesicht sehen wollte.
"Gut, Mister Juls, dann wissen Sie jetzt ja alles, haben Sie noch eine Frage?" wannte sich ihr Vater an ihn.
"Ja, Sir, ich... ähm... ich wollte fragen, wo ich denn schlafen könnte? Ich war lange auf Reisen und habe keine Verwandten hier. Ich habe keinen Schlafplatz." sagte Juls zögerlich.
"Gottchen, das hatte ich ja ganz vergessen, es tut mir leid, natürlich bekommen Sie ein Zimmer in meinem bescheidenen Heim. Meine Tochter wird Ihnen gerne Ihr Zimmer zeigen und dann können sie die Dienerschaft kennen lernen und sich den Rest des Tages freinehmen."
"Danke, mein Herr." fragend sah er nun sie an.
"Natürlich zeig ich Ihnen Ihr Zimmer. Wenn Sie mir bitte folgen würden."
Sie drehte sich um und ging mit dem Gärtner im Schlepptau Richtung Haus.
"Also,..." versuchte Mr Juls die Stille zu unterbrechen, "Die Blumen sind wunderschön, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Gewächshaus zu halten? Ich meine doch, mich zu erinnern, das nicht viele Frauen des Adels etwas für Blumen übrig haben, geschweige sie selber pflegen wollen. Warum wollen Sie überhaupt so plötzlich einen Gärtner, wo Sie doch dem Anschein nach perfekt auf ihre Blumen achten und wissen, was sie brauchen?"
"Ich... Den Grund, weswegen ich Blumen hüte und pflege sage ich Ihnen sicher nicht, da er sehr... ähm, persönlich ist. Aber ich kann Ihnen gerne sagen, warum ich plötzlich einen Gärtner für meine Blumen brauche. Ich muss leider demnächst heiraten, was ich aber irgendwie verhindern möchte, und mein Vater fand es unschicklich, das eine Dame meines Ranges kurz vor der Hochzeit noch eine Arbeit macht, die eher einer Dienstmagd würdig wäre. Er will nicht, das seine Tochter dreckig dem Mann in die Arme läuft den sie heiraten muss. Als hätte ich nicht schon genug Makel, das mich keiner nehmen würde, muss ich mich auch noch verstellen und jemanden ehelichen den ich nicht kenne und auch gar nicht kennen lernen möchte. Was Sie aber nichts angeht und ich hoffe, Sie vergessen es schnell wieder, was ich Ihnen gerade gesagt habe. Denn wenn das mein Vater hört... Er ist sowieso schon sauer auf mich, weil ich meine Freiheit nicht aufgeben möchte und auch nicht werde und mich weigere diesen Mann zu heiraten. Er weiß, das ich alles daran setzen werde, nicht zu heiraten und das will er verhindern."
Tag der Veröffentlichung: 29.08.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch nur meiner Nenena, da sie mich immer so gern mit meinen Liebesromanen im Zimmer aufziehen will:)
Ich hab dich sehr lieb.