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Der Wind fegte eisig über das Deck des Trägers.Obwohl der Größe des Schiffes schwankte die U.S.S. Abraham Lincoln.Die Begleitzerstörer,die an Back- und Steuerbord fuhren,wurden wie Spielzeuge durch die hohen Wellen geworfen.
Dan Austin hatte den Kragen seiner Uniformjacke hochgeschlagen und blickte von der offenen Kommandobrücke aus auf die See hinaus.Die Nordsee war aufgepeitscht von heftigen Winterstürmen.
„Ein wirkliches Mistwetter heute,oder,Dan?“
Austin drehte sich herum und erblickte Lieutenant Pete Berenger,der sein Waffensystemoffizier an Bord seiner F-14-A Tomcat war.Der schlacksige,junge Offizier trug den Spitznamen Duke.
„Ja,du hast recht.“ nickte Austin knapp und wandte seinen Blick wieder auf die See.
Berenger lehnte sich an das Geländer der Brücke und folgte Austin´s Blick.
„Wann sind wir für die Patrouille eingeteilt,Dan?“ fragte sein Copilot.
Austin antwortete nicht sofort.Das war Berenger bereits gewöhnt.Sein Pilot war ein eher stiller,nachdenklicher Charakter.Trotz seines enormen Könnens war er bescheiden,aber er war sich seiner Fähigkeiten durchaus bewußt.Er hatte den Rang eines Lieutenant Commanders inne und war ein allseits respektierter Pilot und Anführer.
„In drei Stunden.Um 16.00 Uhr.“ gab er zur Antwort.
Berenger stöhnte:“Ich bin noch voll fertig von der Feier gestern.Oh Mann!“ Er stützte seinen Kopf auf seine Hände.
„Schlaf noch etwas,Pete.Du hast einen klaren Kopf nötig nachher.Bis dann.“ meinte Austin mit einem Seitenblick.Dann verließ er die Brücke.

Commander Frank „Hollywood“ Tanner war der „Commander of Air Group“,wie der Oberbefehlshaber der Geschwader an Bord eines Flugzeugträgers genannt wurde.In dieser Eigenschaft hatte sich Tanner eine ganz besondere Art angewöhnt,mit seinen Offizieren umzugehen.
„Hawkeye,Duke,sie übernehmen die Sicherungsstaffel Alpha.“ sagte Tanner während der Einsatzbesprechung,die eine halbe Stunde vor dem Start stattfand.
Er blickte mit einem hämischen Grinsen in seinem vernarbten Gesicht in die Runde der zwanzig Piloten,die vor ihm saßen.
„Wer will denn da mit?Es ist verdammt ungemütlich da draußen,meine Herren.“ sagte er.
Keiner der Anwesenden hob die Hand.
„Ah,so ist das!Eagle,Viper,sie fliegen mit.Aber Hawkeye führt,ist das klar?“ sagte er mit einer gehörigen Schärfe in seiner Stimme.
Die beiden angesprochenen Offiziere nickten sofort:“Ja,Sir!“
„Checkt die Kontrollpunkte ab.Ihr wisst,in sechs Tagen beginnt das große Manöver mit unseren europäischen Allierten.Dann wollen wir fit für die Tommys sein!“ ordnete Tanner an.
Austin antwortete stellvertretend für seine Kameraden.Immerhin war er der stellvertretende Geschwaderführer der VF-161,den „Fighting Tigers“.
„Wir regeln das,Sir.Kein Problem.“ sagte er ruhig.
Tanner nickte:“Das wäre alles,Gentlemen.Wegtreten.“

Das Jagdgflugzeug vom Typ F-14 A Tomcat,eine zweisitzige Maschine,stand startbereit auf dem Deck der Lincoln.Austin saß im vorderen Sitz des Jägers.Sein Bugfahrwerk war in das Startgerät eingerastet.Nur noch das Fehlen der Starterlaubnis hielt die Tomcat auf ihrem zubestimmten Platz.
„Check durchgeführt,Dan.“ bemerkte Berenger.Er saß direkt hinter Austin auf dem Sitz des Waffensystemoffiziers.
Austin nickte:“Verstanden.Warten wir eben noch etwas.“
Er wandte seinen Blick nach rechts.Dort stand sein Flügelmann startbereit auf dem Deck.Lieutenant Michael „Eagle“ Watt war der Pilot der zweiten Tomcat.Sein 2.Mann war Lieutenant Sam „Viper“ Barnes.Beide Offiziere waren vergleichsweise jung,aber dennoch vertraute Austin auf ihre Fähigkeiten.Sie waren schon des öfteren als Flügelmänner bei ihm gewesen,es gab bisher nie Probleme.
„Tiger 505,melden sie Startbereitschaft.“ erklang eine Durchsage vom Tower.
„Hier Tiger 505.Check abgeschlossen,wir sind startklar.“ bestätigte Austin.
Der Tower fragte weiter:“Tiger 506,sind sie startbereit?“
„Bereit,Tower.“ sagte Barnes sofort.
„Viel Glück da draußen,meine Herren.Sie haben Startfreigabe.“ sagte der Fluglotse.
Austin konzentrierte sich auf den Deckoffizier,der neben der Tomcat in ausreichendem Abstand stand.Er würde das Zeichen zum Start geben.
Dann war es soweit.Der Deckoffizier ging runter in die Knie,deutete mit seinem ausgestreckten rechten Arm in Richtung des Bugs der Lincoln.
Plötzlich spürte Austin den gewohnten Druck,der immer beim Start auftrat.Eine gewaltige Kraft riss die Tomcat nach vorne und schleuderte sie förmlich über das kurze Deck.
Dann war sie weg vom Träger.Austin beschleunigte seine Maschine und drehte nach rechts weg.Mit einem kurzen Handgriff fuhrt er das Fahrwerk ein.
„Tiger 505,hier ist euer Flügelmann.Sind direkt hinter euch.“ meldete sich Barnes.
Berenger drehte kurz den Kopf und sah die andere Tomcat.
„Roger.Geht an unsere linke Seite und haltet Kurs 230.Over.“ befahl Austin.
Er warf einen Blick auf seinen Monitor.Dieser zeigte seinen Flugplan,bei dem er vier Kontrollpunkte überprüfen mußte.
Es fiel Austin schwer,den Jäger auf Kurs zu halten.Natürlich hatte er sich ausführlich mit dem Wetterbericht auseinandergesetzt.Es waren schwere Stürme zu erwarten,Regen und auch Gewitter.Das Navigationssystem half ihm allerdings auch dabei.Mit zwei Fingern tippte er den gewünschten Kurs ein,den die Tomcat hielt.
„Das kann ja wirklich gemütlich werden,Dan.“ meinte Berenger.
Austin gab zurück:“Ich bin hier der Chauffeur,Pete.Lehn dich zurück und genieß die Aussicht.“

„Tiger 505,hier ist Strike.Wie sieht´s an Kontrollpunkt 4 aus?“
Austin horchte bei dem Funkspruch auf.Strike war der Rufname der Flugleitzentrale an Bord der Lincoln. „Hier Tiger 505.Kontrollpunkt 4 klar.“
„Roger.Kehren sie zum Träger zurück.Over.“ erwiderte der Fluglotse.
Austin bestätigte:“Habe verstanden.Over.“
„Also,zurück zur Mama.Endlich.“ meinte Berenger zustimmend.
Austin erwiderte nichts.Er richtete seinen Blick an seinen linke Seite,wo sein Flügelmann flog.
„Eagle,wir fliegen zurück.Ich habe die Führung.“ teilte er ihm mit.
Watt antwortete:“Habe verstanden,Hawkeye.Wir folgen euch.“
Austin zog die Tomcat in eine lange Kurve und ging auf einen Kurs,der sie zurück zum Flugzeugträger brachte.Watt hielt ausreichend Abstand und folgte.
Mit einer kurzen Handbewegung drückte Austin den Schubhebel nach vorne und beschleunigte die Maschine auf Überschallgeschwindigkeit.
„Ja,legen wir einen Zahn zu,Meister!Umso schneller komme ich in´s Bett!“ sagte Berenger.
Sein Freund erwiderte:“Du schreibst heute den Einsatzbericht,Pete.Nicht vergessen.“
„Ja natürlich,Sir.“ gab Berenger mit ironischer Stimme zurück.

Gelangweilt rührte Pete Berenger mit dem Löffel in seiner Kaffeetasse herum,als Austin den Offiziersklub betrat.Ohne ein Wort der Begrüßung setzte er sich zu seinem Copiloten.
„Weißt du eigentlich,daß du etwas mehr reden könntest,Dan?“ sagte Berenger plötzlich.
Austin lächelte:“Das überlasse ich dir,Pete.Du bringst das für uns beide hin.“
„An deiner Miene sehe ich,daß du schon ganz scharf auf den Bericht bist.Habe ich recht?“
„Sehr richtig.Nimm´s aber nicht persönlich.Besser ich stehe dir auf die Schlappen als wenn es der Chief tut.“ meinte Austin.
Ein weiterer Offizier trat durch die Türe.Es war Lieutenant Andrew „Shark“ Passoni,ein Pilot der VF-161 „Fighting Tigers“,zu der auch Austin und Berenger gehörten.Passoni war kein schlechter Pilot nach Austin´s Meinung,aber er konnte ihn nicht besonders leiden.Jedoch konnte er nichts Negatives über sein Verhalten im Einsatz sagen.
Passoni nickte den beiden kurz zu und holte sich eine Tasse Kaffee.Anschließend setzte er sich an einen Tisch,der einige Meter entfernt stand.
„Jetzt kommt gleich sein Daddy.“ bemerkte Berenger bissig.
Austin warf ihm einen warnenden Blick zu:“Sei lieber ruhig,Pete.Du weißt,daß ich das nicht gerne höre.Nicht über den Chief.“
Er wußte natürlich,was sein Kamerad meinte.Das ganze Geschwader war sich darüber im Klaren,daß Passoni stets vom Chief,Commander Frank „Hollywood“ Tanner,gefördert worden war.Er hatte ihn in das Geschwader geholt und seine Beförderungen befürwortet.
Aber als stellvertretender Geschwaderkommandant duldete Austin keinerlei Kritik an seinem vorgesetzten Offizier.Das kam nicht in Frage,in keiner Situation.
Die Tür öffnete sich und der Chief kam in den Raum.Tanner sah Austin und trat an den Tisch heran.Er blickte die beiden Piloten an.
„Hawkeye,ist der Einsatzbericht fertig?“ fragte er knapp.
Austin erwiderte:“Sie bekommen ihn in einer Viertelstunde,Sir.“
„Gut.Ich habe erfreuliche Nachrichten für sie beide.Sie können sich vier Tage freinehmen.Die britische Delegation an diesem Manöver hat einige Offiziere unseres Trägers nach Aberdeen eingeladen.Die wollen dort eine Party geben.Was meinen sie?“ fügte Tanner hinzu.
Austin nickte:“Eine gute Idee,Sir.“
„Das ist ja spitze,Commander!Das sind wir dabei!Denk mal Dan,was da...“
Berenger´s Stimme überschlug sich fast.
„Bleiben sie auf dem Teppich,Duke.Und blamieren sie uns nicht!“ ermahnte ihn Tanner.
„Natürlich,Sir.“ nickte Berenger sofort.
„Ach,ich und noch einige andere Piloten werden nachkommen.Sie können sofort aufbrechen,Hawkeye.Reservieren sie uns einen guten Platz.Und vergessen sie die Ausgehuniform nicht.In weiß,bitte.“ sagte Tanner weiterhin.
„In Ordnung,Sir.Ich werde mich kurz um die Startvorbereitungen kümmern.Wenn sie mich entschuldigen wollen?“
Der Chief nickte:“Natürlich.Und Duke: Sie schreiben diesen Einsatzbericht,und zwar pronto!“

Die anderen Piloten des Geschwaders wunderten sich teilweise über Austin´s akribische Arbeitsweise,wenn es um die Missionsvorbereitung ging.Er wählte selbst die Treibstoffzuladung,die Bewaffnung und die Route aus.Das war eine Angewohnheit von ihm,die er er seit vielen Jahren pflegte.Vor 6 Jahren war er zu einem fünfwöchigen Lehrgang in Miramar,Kalifornien,gewesen.Die dortige Navy-Ausbildungsstaffel, „Top Gun“ genannt,bildete nur die besten Marinejagdflieger aus.Seither hatte er sich diese Perfektion angewöhnt.
Seine F-14 stand auf dem Flugdeck.Er checkte die Bewaffnung durch.Auch wenn sich das Flugzeug auf einem harmlosen Routineflug befand,so führte es dennoch scharfe Raketen mit sich.Sechs Wärmerakten vom Typ AIM-9-Sidewinder und zwei Rakten vom Typ Phoenix,die Ziele in Entfernungen von bis zu 200 Kilometern treffen konnten.
Petty Officer Neal Tomlin kam auf ihn zu.Er war der verantwortliche Deckbootsmann dieser Schicht und für die Starts zuständig.
„Guten Tag,Commander.Alles bereit?“ fragte Tomlin gutgelaunt.
Austin hatte gerade den festen Sitz der zweiten Sidewinder überprüft und nickte:“Ja,Mister Tomlin.Geht der Start klar?“
„Selbstverständlich,Sir.In exakt zwanzig Minuten.Erst müssen noch zwei Rotten Intruder rauf.“
„Dann in zwanzig Minuten,Mister Tomlin.“ erwiderte Austin lächelnd.

„Aberdeen-Control,hier ist Tiger 505,eine F-14 von der U.S.S. Abraham Lincoln.Ich erbitte Einweisung für Anflug auf Devonshire-Airport.“
Austin war mit seinem Flugzeug einige Kilometer von der Küste entfernt in eine Warteschleife für den Anflug eingeschwenkt.Berenger hatte Funkkontakt zur zivlien Flugleitung aufgenommen,um Landeerlaubnis zu erhalten.
„Wie lange brauchen diese Tommies denn?“ fluchte Berenger entnervt.
Austin erwiderte mit einer ungeheuren Gelassenheit:“Es sind Schotten,Pete.Vergiss das bitte nicht,wenn du heute abend auf dem Empfang bist.“
„Ja,die legen ja enormen Wert darauf.Ich denke daran,Dan.“ erwiderte Berenger.
Die Stimme des Fluglotsen ertönte:“Hier Aberdeen-Control.Tiger 505,schwenken sie auf Kurs 225 und gehen sie auf Höhe 2500 Fuß.Geschwindigkeit 400 Knoten.“
„Roger.Danke.“ bestätigte Berenger.
Austin steuerte die Tomcat auf den vorgegebenen Kurs und verringerte die Höhe und die Geschwindigkeit.Langsam sank die Maschine auf 2500 Fuß.
„Ich freue mich schon auf die Party,Dan.Sie findet im Grand Central Hotel statt,oder?“
Austin nickte:“Richtig.Ein fünf-Sterne-Hotel,Junge.Wir werden es guthaben.“
„Tiger 505,neuer Kurs 285,sinken sie auf Flughöhe 1700 Fuß.“ ertönte es aus dem Funk.
Austin änderte den Kurs.In der Ferne erkannte er den Flughafen.Der Kurs führte sie auf den direkten Anflugweg.
„Beginnen sie Landeanflug,Tiger 505.Sinkrate 150 Fuß pro Minute.Geschwindigkeit reduzieren auf 300 Knoten.“ lauteten die weiteren Anweisungen des Fluglotsen.
„Ich fahre das Fahrwerk aus,Dan.“ teilte Berenger mit.Austin nickte wortlos.
Er konzentrierte sich auf den Anflug.Im Gegensatz zu der Trägerlandung,die er normalerweise durchführte,war dieses Anflugverfahren auf einen Großflughafen recht einfach.
Exakt hielt er die vorgegebenen Anweisungen ein und reduzierte weiter die Geschwindigkeit.
Die Landebahn kam immer näher,dann setzte die Maschine auf.Austin schaltete auf Gegenschub um und leitete das Bremsmanöver ein.Er verzögerte den Jäger bis auf Rollgeschwindigkeit und steuerte ihn auf das Vorfeld des Hauptterminals.Dort war eine sogenannte „Sicherheitszone“ für die Militärflugzeuge eingerichtet worden,die von britischen Soldaten bewacht wurde.Austin stoppte die Tomcat und gab Berenger das Zeichen,die Triebwerke abzuschalten.Er öffnete die Cockpithaube und löste die Sicherheitsgurte.
„Auch ganz schön kalt,Dan.Fast so wie auf See.“ meinte Berenger sofort.
Austin stemmte sich aus dem Cockpit und stieg die Stufen hinuter auf´s Rollfeld.Einer der Soldaten kam auf ihn zu.Er hatte sein Gewehr geschultert und salutierte vor Austin.
„Willkommen in Aberdeen,Sir.“ sagte er mit einem unverkennbaren schottischen Akzent.
Austin erwiderte den Gruß:“Danke,Sergeant.Könnten sie uns eine Fahrgelegenheit zum Grand Central Hotel besorgen?“
„Natürlich,Sir.Wenn sie ihre Maschine gesichert haben,bringe ich sie zum Ausgang.“ antwortete der Sergeant sofort.
Austin nickte und machte noch einen kurzen Kontrollgang um die Tomcat herum.Berenger hatte die Bremsklötze unter die Räder geschoben und das Fahrwerk sowie die Bremsen gesichert.
„Alles klar,Dan.Der Kater ist abgesichert.“ meinte er lächelnd.
Austin schnappte sich seine Fliegertasche. „Komm,wir gehen.“

Der große Saal des Hotels war bereits mit uniformierten Gästen gefüllt,als Austin und Berenger durch die Tür traten.Beide trugen ihre weißen Ausgehuniformen,wie sie für derartige Anlässe üblich waren.
„Stürzen wir uns in´s Vergnügen.“ sagte Austin kurzentschlossen und ging zum kalten Buffett.Er nahm sich einige kleine Häppchen und ein Glas Sekt.Berenger nahm sich ebenfalls etwas,dann nahmen sie an einem Tisch Platz.
Austin ließ seinen Blick etwas kreisen.Er erkannte unter anderem britsche,deutsche,französische und amerikanische Uniformen.
„Sehr bunt gemischte Truppe,Pete.Interessant.“ meinte Austin zu Berenger.
Sein Freund nickte und deutete diskret an einen der Nachbartische:“Sehr interessant sogar,Dan.Schau mal da rüber.Die Kleine.“
Austin richtete seinen Blick zu dem Tisch und erblickte eine junge Frau,die in ihrer Zivilkleidung förmlich aus der Masse der Uniformen herausragte.Sie hatte kurzes,schwarzes Haar und ein außerordentlich schmales Gesicht.Sie hatte sich die ganze Zeit mit einem britischen Commander unterhalten,aber plötzlich begegnete sie Austin´s Blick.Er bemühte sich,möglichst unbeteiligt auszusehen.Sie lächelte ihn kurz an,dann wandte sie ihren Blick wieder ab und setzte ihr Gespräch mit dem Briten fort.
„Was meinst du?“ fragte Berenger neugierig.
Austin lachte knapp:“Wirst du dich nie ändern,Pete?“ Er schwieg kurz. „Natürlich ist sie umwerfend,mein Freund.Möchtest du sie vielleicht anbaggern?“
„Schauen wir mal.“ erwiderte Berenger und trank sein Sektglas aus.
Er stand auf und kehrte zum kalten Buffett zurück.Dort nahm er abermals einige Häppchen,ließ die Frau am Nachbartisch jedoch nicht aus den Augen.Sie bemerkte den Blick nach einiger Zeit und wandte sich von Berenger ab.Er jedoch blickte sie weiterhin an.Auf einmal stand die junge Frau auf und ging zu Austin an den Tisch.
„Darf ich mich zu ihnen setzen,Commander?“ fragte sie Austin knapp.Dabei blickte sie ihn auf eine seltsam auffordernde Weise an.
Austin deutete auf den freien Stuhl und nickte:“Ja natürlich.Bitte.“
Mit einer gewissen Eleganz setzte sie sich und nahm eine Zigarettenpackung aus ihrer Handtasche.Sie trug ein schwarzes,nicht zu knappes Cocktailkleid.
„Haben sie vielleicht Feuer?“ fragte sie.
Austin schüttelte den Kopf:“Nein,Mam.“
„Entschuldigen sie,daß ich mich nicht vorgestellt habe.Ich bin Carolin McTalbot.“ sagte sie und streckte ihm ihre Hand entgegen.Austin ergriff sie.
„Freut mich,Miss Talbot.Ich bin Lieutenant Commander Dan Austin.“ sagte er.
Sie hob die Augenbrauen:“Von welchem Schiff sind sie,Commander?“
„Von der U.S.S. Abraham Lincoln.“ gab er zur Antwort. „Sie wollten doch Feuer,oder?“
Sie lächelte:“In der Tat,das wollte ich.“
Austin hatte Lieutenant Paul „Wolfman“ Willard gesehen.Er war ein Staffelkamerad von ihm.
„Wolfman!“ rief Austin.
Willard sah ihn und trat an den Tisch:“Hallo Hawkeye.Was brauchst du?“
„Dein Feuerzeug,Wolfman.Bitte.“ sagte Austin.
„Klar doch.Ich bin sowieso gerade dabei,mir das Rauchen abzugewöhnen.Bitte.“ sagte Willard und reichte ihm sein Feuerzeug.
„Danke.Bis dann.“ verabschiedete sich Austin von Willard,der weiterging.
Austin gab der jungen Frau Feuer und steckte das Feuerzeug danach in seine Tasche.
„Danke.“ nickte sie mit einem umwerfenden Lächeln.
„Störe ich?“
Berenger war an den Tisch getreten.
„Wie lange hatten sie noch vor,mich zu beobachten?“ fragte McTalbot.
Berenger zuckte mit den Schultern:“Das wäre darauf angekommen,Mam.“
„Darf ich vorstellen?Lieutenant Pete Berenger,Miss Carolin McTalbot.“ versuchte Austin,die Situation etwas zu entspannen.
„Angenehm,Miss McTalbot.“ sagte Berenger und reichte ihr die Hand.
Sie ergriff sie,aber ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen.
„Ich gehe jetzt besser,meine Herren.Hat mich gefreut,Commander.“ sagte sie und entfernte sich von dem Tisch.
Berenger setzte sich an ihrer Stelle und blickte unschuldig drein:“Hab ich was falsch gemacht,Dan?“
„Fast gar nichts,Pete.“ erwiderte Austin ironisch

Austin saß alleine am Tisch und beobachtete die Leute.Das Essen war vorbei.Die Leute,die noch da waren,standen vornehmlich in kleinen Gruppen beisammen.Auch Carolin McTalbot war noch da.Sie unterhielt sich noch mit dem britischen Commander.
„Wo zum Teufel bleibt nur Tim?“ dachte sich Austin.
Lieutenant Tim Russo war der Navigator der Lincoln und ein enger Freund von Austin.Eigentlich hätte er schon vor zwei Stunden nachkommen sollen.
Er stand auf und ging an die Theke.
„Möchten sie etwas trinken,Sir?“ fragte der Barkeeper.
Austin nickte:“Ein Ginger Ale,bitte.“
„Mir bitte einen Wodka-Lemon.“ sagte eine Stimme,die einen fremden Akzent hatte.
Austin drehte sich herum und sah einen Mann,der eine deutsche Marineuniform trug.Er kannte sich etwas mit den Abzeichen der Bundesmarine aus,daher sah er,daß der Mann den Rang eines Kapitänleutnants bekleidete,was in etwa dem Rang eines Lieutenant senior grade entsprach.
„Verzeihen sie,aber die Situation erschien mir passend.“ sagte der Mann.Sein Englisch war ausgezeichnet,wobei er einen gewissen Akzent nicht verstecken konnte.
„Kein Problem.“ erwiderte Austin sofort.
Der Deutsche stellte sich zu ihm.
„Sie nehmen auch an dem Manöver teil?“ fragte er Austin.
„Ja.Ich bin auf der Abraham Lincoln stationiert.“
Der Offizier deutete auf die Schwingen,die an Austin´s Uniform befestigt waren.
„Sie sind Pilot,nicht wahr?“ fragte er knapp.
„Jagdpilot.“ fügte Austin hinzu.
„Wenn sie erlauben,darf ich mich vorstellen?Kapitänleutnant Stefan Dreher.“
Austin reichte ihm die Hand:“Angenehm.Lieutenant Commander Dan Austin.“
„Von welchem Schiff sind sie?“
Dreher erwiderte:“Von der Fregatte Brandenburg.Sie liegt derzeit noch im Hafen.Technische Probleme mit dem Antrieb.“
„Sie kommen aber doch nach,oder?“ fragte Austin interessiert.
Der deutsche Offizier wiegte den Kopf:“Das ist noch nicht entschieden.Unser Kommandant entscheidet es vermutlich morgen.“ Er schwieg kurz. „Sie wohnen hier im Hotel?“
„Ja,richtig.Wir sind heute morgen auf dem Devonshire Airport gelandet.“
Austin erblickte kurz Commander Tanner.Dieser sah ihn und trat auf ihn zu.
„Amüsieren sie sich,Hawkeye?“ fragte der Commander.
Austin nickte:“Ja,Sir.“ Er deutete auf Dreher:“Das ist Kapitänleutnant Stefan Dreher.“
„Angenehm,Herr Kapitänleutnant.“ erwiderte Tanner und reichte ihm die Hand.
„Commander,haben sie Lieutenant Russo gesehen?Er sollte schon vor über zwei Stunden hier sein.“ fragte Austin.
Tanner schüttelte den Kopf:“Nein,tut mir leid.“
„Aber die Kuriermaschine ist doch um 19.00 Uhr gestartet,oder?“
„Natürlich.Es tut mir leid,aber ich kann ihnen nicht helfen.Wir sehen uns.“ antwortete Tanner und entfernte sich von den beiden.
„Vermissen sie jemand?“ fragte Dreher.
Austin nickte:“Lieutenant Tim Russo.Er ist Navigator der Lincoln und ein guter Freund von mir.“
„Setzen wir uns?“ Dreher deutete auf einen freien Tisch.
„Natürlich.“ meinte Austin.
Berenger hatte Austin und Dreher gesehen und kam hinzu.
„Dan,willst du mich nicht vorstellen?Oder bin ich dir peinlich?“ fragte er schnippisch.
Austin seufzte:“Manchmal ja,Pete.Mister Dreher,das ist mein Waffensystemoffizier,Lieutenant Pete „Duke“ Berenger.Pete,das ist Kapitänleutnant Stefan Dreher.“
Die beiden schüttelten sich die Hand.
„Man nennt sie Hawkeye,wie ich eben gehört habe?“ Dreher blickte Austin an.
„Ja.Amerikanische Tradition,Mister Dreher.Eigentlich ist es üblich,daß sich die Piloten mit den Rufnamen anreden.Sie können es aber handhaben wie sie wollen.“
Dreher nickte:“Wir können gerne bei den Vornamen bleiben.“
„Sehr gern.“ meinte Austin und trank sein Glas aus.
Plötzlich stürmten mehrere Navy-Offiziere in den Saal.Austin erkannte Lieutenant Marc Torben,der als 1.Steueroffizier auf der Lincoln diente.
„Marc,was ist los?“ fragte Austin sofort.
Torben antwortete mit aufgeregter Stimme:“Kommen sie,Dan!Es ist etwas Schreckliches passiert!Schnell!“

Austin ahnte schon etwas Schlimmes,als ihn Torben in die dunkle Seitengasse in der Nähe des Hotels führte.Es waren mehrere Polizisten und Navy-Offiziere da.Unter anderem Commander Frank Tanner.
„Sir,was ist hier passiert?“ fragte ihn Austin.
Tanner deutete nach hinten in die Gasse.Dort lag einen Decke,darunter war eine Gestalt zu erkennen. „Lieutenant Russo.“ sagte der Commander leise. „Er ist tot,ermordet.“
„Was?“ schrie Austin außer sich.
Langsam ging er zu der Decke hin und hob sie hoch.Es war wirklich Russo.In seiner Schläfe war ein Einschussloch zu erkennen.Seine Augen waren weit aufgerissen,es sah so aus,als sei er voller Angst gestorben.
„Bitte gehen sie zurück,Sir.“ forderte ihn ein Polizeibeamter auf.
Austin blickte ihn an:“Weiß man schon etwas,Officer?“
„Nein,leider nicht.Wir werden sie auf dem Laufenden halten.“ antwortete der Polizist.
Tanner trat zu Austin:“Tut mir leid,Hawkeye.Ich weiß,daß sie eng befreundet waren.Gehen sie besser in´s Hotel zurück.Wir können hier im Moment nichts tun.“
„Ja,Sir.“ nickte Austin traurig.

Die kalte Dusche an diesem Morgen konnte in Austin die Gedanken an seinen toten Freund auch nicht zur Ruhe bringen.Er war in den Speisesaal gegangen,um etwas zu frühstücken.Aber er brachte nichts von dem aufgetischten herunter.
„Wie geht es dir,Dan?“
Berenger´s Stimme klang um einiges ruhiger als sonst.
„Nicht besonders.Setz dich doch.“ erwiderte Austin leise.Dabei rührte er in seiner Kaffeetasse.
„Tim war ein guter Freund von dir,Dan.Es geht mir fast genauso wie dir.“
Austin hob seinen Kopf:“Ich werde nachher auf´s Polizeirevier fahren.Ich will unbedingt wissen,was hier Sache ist.“
„Wie du meinst,Dan.Sehen wir uns später?“ antwortete Berenger ermahnend.
Austin erhob sich und trank seine Tasse leer. „Sicher.Ich werde mir erstmal einen Wagen besorgen.Wir treffen uns dann in zwei Stunden hier.Klar?“
„Verstanden,Dan.Viel Glück.“

Von einem befreundeten britischen Offizier hatte sich Austin dessen Privatwagen,einen Mercedes E240 ausgeliehen.Das Polizeirevier in Aberdeen lag in der Innenstadt,in der Nähe des Bahnhofes.Die Entfernung zum Hotel betrug cirka fünf Kilometer.
Austin stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab und betrat das Gebäude.Am Empfang saß eine ältere Dame,die Austin sofort interessiert anschaute.Er trug seine Uniform,darüber einen Mantel,auf dem die Rangabzeichen ebenfalls zu sehen waren.
„Guten Tag.Ich bin Lieutenant Commander Dan Austin.“ sagte er.
Die Dame erwiderte:“Was kann ich für sie tun?“
„Ein Kamerad von mir wurde gestern erschossen.Wer bearbeitet diesen Fall?“
„Inspector Brown leitet die Untersuchungen,Commander.Diesen Gang entlang,die letzte Tür.“ gab sie zur Antwort und deutete einen Korridor entlang.
Schnellen Schrittes ging er zur bezeichneten Türe und klopfte an.
Im Büro saßen zwei Männer.Der eine hatte stark angegrautes Haar und einen Vollbart.Der zweite war jünger,hatte braunes Haar und eine Brille.
„Guten Tag.Was können wir für sie tun?“ fragte der ältere Mann.
Austin erwiderte:“Ich bin Lieutenant Commander Dan Austin.Tim Russo war ein Kamerad von mir.Man sagte,sie untersuchen den Fall.“
„Das ist richtig.Ich bin Inspector Paul Brown.Mein Kollege Ken Tracy.“ sagte der Mann und reichte Austin die Hand.Tracy nickte ihm knapp zu. „Nehmen sie doch Platz.“
Austin folgte der Aufforderung. „Können sie schon etwas sagen,Inspector?“
„Nicht viel,Commander.Ihr Freund wurde durch einen Kopfschuss getötet.Der Todeszeitpunkt liegt bei etwa 21.00 Uhr.Gefunden wurde er um 22.30 Uhr.“ sagte Brown.
„Keine weiteren Erkenntnisse?“ wollte Austin wissen.
Brown schüttelte den Kopf:“Leider nein.Wir vermuten,daß seine Ermordung nicht von langer Hand geplant war.“
„Wieso?“ fragte Austin.
Der Inspector zog eine Augenbraue hoch:“Der Schuss.Es sah so aus,als wäre er hastig ausgeführt worden.Der Einschusswinkel deutet darauf hin,daß es zuvor zum Streit gekommen ist.Die Spurensicherung hat das bestätigt.“
Austin fragte nach:“Weiß man,welche Waffe verwendet wurde?“
„Eine 9mm Automatik,Commander.Vermutlich eine Smith&Wesson Double Eagle.“
„Das ist die Standard-Offizierswaffe der U.S.Navy.“ dachte sich Austin.
„Haben sie irgendwelche Zeugen?“
„Es wurde kurz vor 20.00 Uhr zwei Männer gesehen,die vor dem Hotel aus einem Taxi stiegen.Sie gingen jedoch nicht hinein,sondern vom Hotel weg.Laut der Aussage des Zeugen trugen sie beide amerikanische Marine-Uniformen.“ sagte Tracy.
„Wir haben noch etwas am Tatort gefunden,Commander.Sehen sie sich das mal an.“ fügte Brown hinzu.Er holte ein goldenes Feuerzeug aus der Schublade heraus.
Austin sah es an:“Haben sie Fingerabdrücke gefunden?“
„Nein,keine.Können sie es identifizieren?“ fragte Brown.
Er nahm es und betrachtete es intensiv.Langsam nickte er.
„Ich kenne es.Hier ist das Wappen meines Geschwaders eingeprägt.Jedes Mitglied des Geschwaders besitzt so ein Feuerzeug.“
Brown fragte:“Wie viele Piloten ihres Geschwaders waren auf dem Empfang?“
„Mit mir waren es sechs.Mein Waffensystemoffizier Lieutenant Berenger,Lieutenant Willard,Lieutenant Anderson,Lieutenant Carlsson und Lieutenant Passoni.“ Er stockte kurz.
„Berenger,Willard und Anderson habe ich während der ganzen Zeit auf dem Empfang gesehen.Carlsson und Passoni jedoch nicht.“ fügte er hinzu.
Brown nickte:“Wir werden dem nachgehen,Commander.Wir halten sie auf dem Laufenden.“
„Danke.“ sagte Austin und erhob sich. „Ich höre von ihnen.Guten Tag.“

Berenger saß am exakt selben Tisch wie zuvor,als Austin den Speisesaal betrat.Sofort stand sein Kamerad auf.
„Hast du etwas erreicht,Dan?“ fragte er gleich.
Er nickte knapp:“Sie haben ein Feuerzeug unserer Staffel am Tatort gefunden.Außerdem wurde die Tat mit einer Offizierswaffe ausgeführt.Das ist was faul,Pete.“
„Hast du jemanden im Verdacht,Dan?“.Berenger´s Stimme klang befremdet.
Austin schüttelte den Kopf:“Nein.Aber es ist Fakt,daß Carlsson und Passoni nicht auf dem Empfang waren.Oder hast du sie gesehen?“
„Nein,ehrlich gesagt nicht.“ meinte er erwidernd.
„Ich will die Wahrheit herausfinden.Würdest du mir helfen?“ fragte Austin.
Berenger nickte,ohne zu zögern:“Klar doch.Wir haben noch drei Tage,Dan.Wo willst du anfangen?“
„Ich will mir Passoni genauer ansehen.Komm mit.“

Austin und Berenger hatten sich zivile Kleidung angezogen.Nun saßen sie schon seit über einer Stunde im Wagen,der etwas abseits vom Hotel geparkt war.Sie hatten von dieser Position einen guten Überblick auf den Eingang.
„Hast du sie?“ fragte Austin.
Berenger nickte und öffnete seine Jacke.Sie hatten beide ihre Pistolen mitgenommen. Offiziell war es einem Navy-Offizier nicht gestattet,außerhalb des Dienstes seine Waffe mitzunehmen.Aber Austin war das ehrlich gesagt jetzt egal.Und Berenger interessierten die Vorschriften in dieser Richtung sowieso nicht.
„Da!“ rief Berenger.
Austin blickte zum Eingang.Passoni verließ das Hotel und stieg in einen dunklen BMW,der vor dem Hotel hielt.Er fuhr davon.
„Wir schauen mal,wo der hin will.“ meinte Austin und startete den Motor.Mit ausreichendem Abstand fuhr er hinter dem BWM her.

Schlußendlich hielt der BMW vor einem Lagergebäude im Südteil von Aberdeen.Es lag in der Nähe des Industriehafens.Passoni und ein weiterer Mann stiegen aus.
Berenger hatte sich ein Fernglas zur Hand genommen und schaute den zweiten Mann intesiv an.
„Verdammt,diesen Burschen kenne ich!Der war doch auch auf dem Empfang.“
Austin griff sich das Fernglas.Dann nickte er.
„Ich kenne ihn nicht persönlich.Aber er ist ein britischer Marineoffizier.“ meinte Austin.
„Du hast recht.Aber was wollen die beiden in diesem Lagerhaus?“
Austin zuckte mit den Schultern:“Keine Ahnung,Pete.Warten wir noch etwas.“
„Ach,das ist noch etwas,Dan.Stefan Dreher war bei mir,als du auf dem Revier warst.Er bat mich,daß wir heute abend mal bei ihm vorbeisehen.Sein Schiff liegt im Marinehafen Milford Bay.“ sagte Berenger plötzlich.
„Wieso nicht.“ erwiderte Austin leise.Er wandte seinen Blick nicht von den zwei Männern ab,die kurz darauf das Lagergebäude betraten.

Es vergingen endlose zwei Stunden,in denen Austin und Berenger warteten.Dann verließen die Männer das Gebäude wieder.Sie verfolgten sie zurück zum Hotel.
Berenger blickte Austin an:“Sollen wir das Gebäude mal untersuchen?“
„Später,Pete.Später.“ erwiderte er und startete den Motor.

Aus den Augenwinkeln sah Austin,daß Carolin McTalbot den Speisesaal betrat.Er saß alleine an einem Zweiertisch und hatte ein Glas Mineralwasser vor sich stehen.
„Kann ich mich setzen,Commander?“ fragte sie knapp.
Er sah kaum vom Tisch auf. „Bitte.“
„Sie sind ja in Zivil.“ bemerkte sie.
Austin hob den Kopf und blickte sie an:“Was wollen sie,Miss McTalbot?“
„In Ordnung,ich komme zur Sache.Ich bin Reporterin bei der Aberdeen Today,der hiesigen Lokalzeitung.Uns interessiert der Tod von Lieutenant Russo.“ sagte sie ernst.
„Ich kann ihnen keine Informationen geben.Tut mir leid.“ antwortete Austin gelangweilt.
Sie hob die Augenbrauen:“Sie waren doch ein sehr guter Freund des Lieutenants.Und sie waren heute auf dem Polizeirevier und haben Erkundigungen angestellt.“
„Und wenn schon.“ zuckte er mit den Schultern.
„Wieso sind sie so ablehnend?“ Sie beugte sich vor und blickte ihn an.
Austin erwiderte den Blick. „Weil ich keine Reporter mag,Miss.“ sagte er kalt.
Dann erhob er sich. „Guten Tag.“

Der Liegeplatz der Fregatte Brandenburg war von starken Scheinwerfern erleuchtet.Überall patrouillierten bewaffnete britische Marinesoldaten.Am Steg,der auf das Schiff führte,wurden Austin und Berenger von einem deutschen Marineunteroffizier angehalten.
„Guten Abend.“ begrüßte er die beiden auf Englisch.Er hatte die U.S.-Navy-Uniformen erkannt.
Austin nickte und reichte dem Mann seinen Ausweis.Berenger tat es ihm gleich.
„Commander Austin,Lieutenant Berenger.Sie wurden bereits angekündigt.Folgen sie mir bitte.“
Der Bootsmann führte die beiden durch die Korridore des Schiffes.Schließlich gelangten sie zu einer Kajütentür.Die Buchstaben XO waren auf ihr angebracht.Das war der Hinweis,daß hier der 1.Offizier sein Quartier hatte.
Der Bootsmann klopfte an und öffnete die Türe.Dreher saß an einem Schreibtisch auf der linken Seite.Er blickte zur Türe und lächelte.
„Herr Kaleun,die beiden Herren sind für sie da.“ sagte der Bootsmann.
Dreher winkte:“Kommen sie rein.Danke,Karl.“
Austin und Berenger betraten die Kajüte und schlossen die Türe hinter sich.
„Setzen sie sich bitte.Kann ich ihnen etwas zu trinken anbieten?“ fragte Dreher.
Beide schüttelten den Kopf.
„Stefan,ist ihnen beim Empfang noch etwas aufgefallen?“ fragte Austin.
Dreher schüttelte leicht den Kopf:“Nein.Obwohl...“ Er stockte kurz,dann hob er die Hand.
„Ich erinnere mich,daß ein Navy-Offizier vorzeitig den Empfang verließ.Das war ungewöhnlich,finde ich.Es war immerhin ein sehr schöner Abend.“
Berenger fragte:“Erinnern sie sich,welcher Offizier das war?“
„Tut mir leid,nein.Es war jedoch einer der höheren Offiziere.Kein Lieutenant oder dergleichen.“
„Commander Tanner und ich waren die einzigen Offiziere,die dann in Frage kämen.“ sagte Austin mit leiser Stimme.
„Der Chief?“ fragte Berenger mit aufgerissenen Augen.
Austin hob die Hand:“Langsam,Pete.“
„Haben sie etwas herausgefunden?“ fragte Dreher.
Austin nickte:“Ja,das haben wir.Es wurde ein Feuerzeug am Tatort gefunden,welches eindeutig von einem Mitglied meines Geschwaders stammt.“
„Das engt den potentiellen Täterkreis ein.“ meinte Berenger.
Dreher beugte sich langsam vor:“Kann ich ihnen irgendwie helfen?“
„Sie laufen doch bald aus,oder etwa nicht?“ entgegnete Berenger.
Der Deutsche lachte knapp:“Wir haben schwerwiegende Maschinenprobleme.Der Kapitän hat heute nachmittag die Entscheidung getroffen,daß wir aus dem Manöver ausscheiden.Wir bleiben hier,bis die Maschinen wieder in Ordnung sind.Dann laufen wir zurück nach Wilhelmshafen,wo unser Flotillenstützpunkt liegt.“
„In diesem Falle sind sie uns willkommen.“ sagte Austin.
Berenger fügte hinzu:“Heute nacht wollen wir ein Lagerhaus inspizieren,in dem einige der Verdächtigen vorhin waren.Was meinen sie?“
Dreher nickte und griff sich seine Uniformjacke. „Gehen wir los,meine Herren.“

Austin hatte den Wagen um die Ecke des Lagergebäudes geparkt. Dreher hatte sich seinen dunkle Uniformjacke übergezogen. Auch er hatte seine Dienstwaffe dabei. Sicher ist sicher, dachte sich Austin, als sie über den Zaun stiegen. Vielleicht würden sie heute abend noch jemandem begegnen, der ebenso bewaffnet war.
„Kommst du mit dem Schloss klar,Pete?“.Austin deutete auf die Stahltüre,welche in das Gebäude führte.
Berenger sah sie sich kurz an und nickte knapp:“Kein Problem.“
„Sichern sie uns nach hinten ab,Stefan.“ sagte Austin mit einem kurzen Blick auf Dreher.
Dieser erwiderte nichts,sondern starrte fest auf das große Tor,über welches sie eingestiegen waren.Sie hatten keine Polizeistreifen bemerkt.Dennoch,als ausländische Marineoffiziere von britischen Polizisten wegen Einbruchs verhaftet zu werden,da konnte sich Austin was Besseres vorstellen.
Es dauerte keine zwei Minuten,dann hatte Berenger das Schloss offen.Austin schaute ihn skeptisch an. „Machst du das häufiger?“
Sein Freund lächelte scheinheilig:“Früher habe ich Kumpels von mir geholfen,den Schrank der Mädchen an meiner High-School zu öffnen,damit diese dann ein Heft rausnahmen.Später sind sie dann zu dem Mädel hin und sagten,daß sie es gefunden hätten.Das war immer eine gute Situation zum Flirten,Dan.“
„Keine schlechte Idee,mein Freund.Gehen wir rein.“ meinte Austin.
Langsam schlichen sie in das Lagergebäude.Berenger schaltete seine Taschenlampe ein.Das Gebäudeinnere war sehr übersichtlich.Es standen massenweise Metallkisten herum.
„Dan,sehen sie sich das an!“.Dreher´s Stimme hörte sich aufgeregt an.
Austin ging zu ihm.Er stand vor einigen der Metallkisten.Die Aufschrift darauf war noch zu lesen. „Property of the Royal Navy“ stand da zu lesen.
„Na,Konservendosen werden das wohl kaum sein,Dan.“ meinte Berenger sarkastisch.
Austin griff an den Verschluss und öffnete die Kiste.Was er sah,verschlug ihm beinahe den Atem.
„Das sind Exocet-Raketen!“ entfuhr es ihm.
Dreher schaute sich die Waffen genauer an:“Gehören vermutlich zu einem brtischen Zerstörer.“
„Der Royal-Navy-Offizier,den wir gesehen haben?“ fragte Berenger.
Austin nickte:“Durchaus möglich.Aber es fragt sich,wer ist er.“
„Das könnten wir heute abend herausfinden,Dan.Es gibt noch eine kurze Zusammenkunft im Hotel.Das wäre leicht zu bewerkstelligen.“ schlug Dreher vor.
Berenger war einige Schritte weggegangen.Plötzlich winkte er mit der Lampe.
„Sieh mal,Dan.“ sagte er und deutete auf einige weitere Kisten.Sie waren bereits geöffnet.
Austin erkannte Luft-Luft-Raketen,AIM-9-Sparrow.Solche Raketen verwendete unter anderem auch die F-14.
„Sollen wir die nicht mittnehmen?Immerhin gehören sie uns.“.Austin deutete auf die Beschriftung der Kiste. „U.S.S. Abraham Lincoln“
„Gehen wir besser,Pete.Kommt.“ entschied Austin.
Als sie das Lagerhaus verließen,hörte Austin,der als letzter ging,auf einmal ein Geräusch.Er tat so,als hätte er nichts bemerkt,zog jedoch seine Waffe aus dem Gürtelhalfter und entsicherte sie.Als sie um die Ecke zu dem geparkten Mercedes zurückgingen,drückte sich Austin hinter einen Mauervorsprung.Er hörte erneut ein Geräusch.Dann sah er,wie jemand Berenger und Dreher nachging.Leise,um nicht bemerkt zu werden.Derjenige war ihm schon sehr nahegekommen,da verließ Austin sein Versteck.Der Fremde war überrascht.Austin packte ihn und stieß ihn gegen die Wand.Ehe sich´s der Fremde versah,hielt ihm Austin seine Waffe vor die Brust.Als er seine Taschenlampe einschaltete,war er überrascht,wen er da erwischt hatte.
„Miss McTalbot!Gehen sie häufiger nachts in Industriegebieten spazieren?“ fragte er spöttisch.
Seine Begleiter hatten nun bemerkt,daß Austin ihnen nicht gefolgt war.Sie rannten zurück zu ihm.Auch sie waren einigermaßen überrascht.
Die junge Frau strich sich die schwarzen Haare aus dem Gesicht.Dann blickte sie Austin irgendwie frech an. „Ihre Nachtspaziergänge mit bewaffneter Eskorte finden ja wohl auch nicht gerade die Zustimmung in ihren Dienstvorschriften,oder?“
„Ich will wissen,warum sie mir nachstellen!Nur wegen einer Story würden sie wohl kaum ein derartig großes Risiko eingehen!“ herrschte Austin sie an.
Eingeschüchtert wich sie zurück.
Austin bemerkte,daß sie anscheinend vor ihm Angst hatte. „Stefan,Pete,geht bitte zum Wagen.Ich komm nach.“ bat er seine Begleiter.Diese nickten und gingen weiter.
Er steckte die Waffe in das Halfter zurück und schloss seine Uniformjacke.
„Bitte verzeihen sie mir,Miss McTalbot.“ sagte er leise.
Sie blickte ihn immer noch mit weit aufgerissenen Augen an.Dann fand sie die Worte wieder.
„Es geht um die Story,Commander.Um nichts anderes.Aber sie wollen die Aufklärung des Falles erreichen.Ich kann sie verstehen.“ erwiderte sie.
Austin lehnte sich an die Mauer.Irgendwie war er erschöpft.
„Gesetz dem Falle,ich lasse sie an der Untersuchung teilhaben.Was erhalte ich von ihnen?“
Sie lächelte knapp:“Einiges an Fakten habe ich auch zusammengetragen.Ich mache ihnen einen Vorschlag: Ich zeige sie ihnen,und wenn sie sie für wertvoll halten,bin ich dabei.Falls nicht,dann habe ich Pech gehabt.“
„In Ordnung.Wann können sie mir diese Fakten vorlegen?“ fragte Austin.
„Sofort,wenn sie möchten.Sie können mich in meine Wohnung begleiten.“ entgegnete sie.
Austin nickte ergeben:“Also dann,bringen wir es hinter uns.Ich sage nur kurz meinen Begleitern Bescheid.Dann können wir fahren.“

Die Wohnung der jungen Frau war in der Aberdeener Altstadt,in einem wunderschönen alten Fachwerkhaus gelegen.Sie war sehr stilvoll,aber auch teilweise modern eingerichtet.
„Bitte,setzen sie sich.“ bat sie und deutete auf ihre Wohnzimmergarnitur.
Austin war hundemüde und ließ sich das nicht zweimal sagen.Er setzte sich in einen der Ledersessel. „Also,Miss McTalbot?“
„Bitte nennen sie mich Carol.“ sagte sie mit einem entwaffnenden Lächeln.
Austin erwiderte es.So langsam fand er sie sympathisch,wenigstens etwas. „In Ordnung.Ich heiße Dan,wie sie ja noch wissen.Nun?“
Langsam ließ sie sich auf das Sofa gleiten und zündete sich eine Zigarette an.
„Geduld gehört nicht zu ihren Stärken,Dan.In Ordnung.“ sagte sie ernüchternd.
„Ich habe mich an dem Abend einige Zeit mit Commander Frank Tanner unterhalten.Ihrem Geschwaderchef.Plötzlich,um etwa 21.15 Uhr,kam ein weiterer Offizier dazu,flüsterte ihm etwas in´s Ohr.Danach entschuldigte sich Tanner und verließ den Empfang.Ich habe ihn erst in der Gasse wiedergesehen,in der Lieutenant Russo ermordet wurde.“
Sie stoppte ihre Ausführungen:“Möchten sie etwas trinken?“
„Jetzt ja.Einen Brandy,wenn sie haben.“ antwortete Austin.
Carol erhob sich und ging zum Schrank.In diesem stand eine große Auswahl an alkoholischen Getränken.Sie nahm sich eine Flasche,goss zwei Gläser ein und reichte Austin eins davon.
„Auf den Erfolg unsere Bemühungen.“ sagte sie lächelnd und stieß mit Austin an.
Er lachte knapp:“Sie sind sehr selbstsicher,Carol.Noch habe ich nicht ja gesagt.“
„Sie werden.Hören mir zu.“.Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette und setzte sich wieder.
„Über einen Freund habe ich herausgefunden,daß Lieutenant Passoni für morgen zwei LKW´s gemietet hat.Nur einen Tag.“
Austin nahm einen langen Schluck.Der Brandy wärmte ihn,was er auch brauchte.Es war November,die Nächte in Schottland kalt.
„Sie haben mich fast überzeugt,Carol.“
„Nun möchte ich aber schon wissen,was sie in dem Lagerhaus gefunden haben.“ sagte sie auffordern und blickte ihn dabei fest an.
Austin erwiderte:“Jede Menge Waffen.Britische Schiff-Schiff-Raketen,amerikanische Luft-Luft-Raketen und einiges mehr.Offenbar wird hier ein schwungvoller Handel betrieben.“
„Aber was wollen sie unternehmen?“.Carol´s Gesichtausdruck drückte ihre Ratlosigkeit aus.
„Passoni wird nicht so dumm gewesen sein,die Laster auf seinen Namen zu mieten.Einen Dursuchungsbefehl für das Lagerhaus kriegen wir auch nicht.Es muß ja erstmal jemand auf die Idee kommen,den Mord mit den Geschäften,die die treiben,in Verbindung zu bringen.“
Austin sah resignierend drein.
„Sie müssten ihn schon aus der Reserve locken,Dan.“ meinte sie.Dabei funkelten ihre Augen.
Austin hob die Augenbrauen:“Und wie,Carol?“
„Gehen sie doch zu Passoni und fragen sie ihn,wo sein Feuerzeug ist.“
Er lächelte:“Das wissen sie auch schon?Sieh einer an.Aber das könnte klappen.Erstmal will ich wissen,wer der britische Marineoffizier ist,den wir gesehen haben.Er verließ zusammen mit Passoni das Lagerhaus.“
„Wenn sie mich auf den Empfang morgen abend mitnehmen,kann ich ihnen vermutlich helfen.“
Carolin sprach diese Worte mit Nachdruck.
„In Ordnung.Ich hole sie gegen 19.00 Uhr ab.“ antwortete er.
Sie lächelte:“Dann wäre ja alles geklärt.Möchten sie noch einen Brandy?“

Langsam wachte Austin auf.Er schaute auf seine Armbanduhr.
„Vier Uhr morgens?“ fragte er sich selbst erschrocken.
Noch immer saß er im Sessel in Carol´s Wohnung.Eine Decke lag auf ihm.
„Na,sind sie aufgewacht?“
Carol kam aus der Küche und blickte ihn an.
„Ja.Danke,daß sie mir die Decke gebracht haben.“ erwiderte Austin.
Sie setzte sich und lächelte ihn an:“Keine Ursache,Dan.“
„Ich gehe wohl besser,Carol.“ sagte er und erhob sich.
„Bis nachher.“

Inspektor Brown hatte sich aufmerksam Austin´s Ausführungen angehört.Er hatte ihm alles erzählt,was er nun wußte.
„Was meinen sie,Inspector?“ fragte er ihn schließlich.
Brown strich sich über seinen Bart. „Interessant.Aber sie müssen mich verstehen,es handelt sich nur um Indizien.Außerdem fehlt die direkte Verbindung zwischen den beiden Fällen.“
„Ich habe festgestellt,daß Lieutenant Passoni und Lieutenant Carlsson nicht auf dem Emfang waren.Und Commander Tanner hat den Empfang verlassen,das war kurz bevor Russo gefunden wurde.“ bemerkte sein Assistent.
Austin deutete auf ihn:“Merken sie etwas?Es weist vieles darauf hin.“
„Aber mit diesem Material bekomme ich keinen Durchsuchungsbefehl für das Lagergebäude.So leid es mir tut.Wir können nur das Gebäude überwachen.Liefern sie mir konkrete Beweise.“
„Inspector,was kann ich noch tun?“ wollte Austin wissen.
Brown erwiderte:“Sie sagten doch,daß Mister Passoni ein relativ labiler Charakter ist.Gehen sie doch zu ihm und sprechen sie ihn auf das Feuerzeug an und das Lagergebäude an.Vielleicht rastet er aus und sie können etwas aus ihm herausbringen.“
„Aber ich möchte sie warnen:Es kann für sie gefährlich werden,Commander.“
Austin erhob sich und nickte überzeugt:“Ich weiß,Inspector.“

Die Stimmung auf dem Empfang war gut,obwohl die Navy-Offiziere doch sichtlich mitgenommen waren vom Tode Russo´s.Aber sie versuchten,ihre Gedanken beiseite zu schieben und die Stimmung nicht zu zerstören.
Austin saß zusammen mit Carol McTalbot,Pete Berenger und Stefan Dreher an einem zentral gelegenen Tisch.Von dort aus konnte man den ganzen Saal gut überblicken.Berenger stieß auf einmal Austin an der Schulter an.
„Dan!Sieh mal zum Eingang.“ flüsterte er.
Austin folgte der Aufforderung.Passoni,Tanner und der britische Marineoffizier betraten den Saal.Er blickte Carol an. „Das ist der Offizier,den ich gemeint habe.“
„Ich habe ihn bereits kennengelernt.Er heißt Commander David McNeil und kommandiert einen britischen Zerstörer.“ antwortete sie knapp.
„Da werden wir Passoni mal etwas schocken.Bis nachher.“ gab Austin an und erhob sich.
Langsam ging er zu den dreien hin.Er setzte sein gewinnenstes Lächeln auf.
„Guten Abend.“ sagte er knapp.
Tanner nickte ihm zu:“Hallo Dan.Wie geht es ihnen?“
„Es geht so,Sir.Es ist schwer,Tim´s Tod zu verkraften.“ gab er zur Antwort.
Passoni blickte ihn nicht an,sondern unterhielt sich mit McNeil.
„Shark,kann ich sie mal kurz sprechen?“ sprach Austin ihn an.
Der Offizier nickte überrascht:“Sicher,Hawkeye.“
„Gehen wir mal kurz raus.Entschuldigen sie,Sir.“

Die Nacht war kalt,es regnete in Strömen.Austin und Passoni stellten sich unter das Vordach.
„Nun,was haben sie?“ fragte Passoni.
Austin blickte ihn ernst an:“Shark,wo ist ihr Feuerzeug?“
Sein Gegenüber riss die Augen kurz ganz weit auf.
„Auf dem Träger,vermute ich.“ antwortete er.
„Ach ja.Sind sie sicher?“
Austin´s Stimme klang scharf,er war wütend auf Passoni.
„Was wollen sie?Was soll das mit dem Feuerzeug?“
„Ich glaube,sie haben Russo getötet.Ermordet.“
Passoni fragte:“Wie kommen sie denn darauf,Hawkeye?“
„Irgendwie hat er etwas herausgefunden über ihre Geschäfte.“
„Welche Geschäfte meinen sie?“
Austin erwiderte:“Na,immerhin haben sie hier ein Lagerhaus,voll mit den besten Waffen,die man sich vorstellen kann.Bringt sicherlich einiges ein.“
„Ich weiß nicht,wovon sie reden.“ Passoni setzte eine nichtswissende Miene auf.
Austin gab wütend zur Antwort:“Doch,das wissen sie!Mieten sie häufiger zwei Lastwagen,Shark?Wofür sollten sie die denn brauchen?“
„Ich habe die Nase voll von ihrer wirren Phantasie,Hawkeye!Lassen sie mich in Ruhe!“
Passoni drehte sich um und ging in das Hotel zurück.

Austin setzte sich wieder zu seinen Begleitern.Carol sah ihn neugierig an.
„Was hat er gesagt?“
Er lächelte zurück:“Wie sagt man so schön?Getroffene Hunde bellen.So war es auch bei ihm,Carol.Er hat den Nichtswissenden gespielt,aber es war deutlich zu sehen.Er weiß,um was es geht.Und er hat Angst.“
„Du mußt vorsichtig sein,Dan.Passoni wäre auch dazu fähig,dich zu töten.“ warnte Berenger.
Austin wiegte den Kopf:“Ich glaube eher nicht,Pete.Er hat Russo vermutlich im Affekt getötet.Von langer Hand einen Mord zu planen,das traue ich ihm nicht zu.“
„Aber der Commander,was ist mit ihm?“ fragte Berenger.
Austin schwieg.Er wußte genau,daß Frank Tanner tief in der Sache drinsteckte.Aber der Commander war ihm immer ein guter Freund gewesen.Es war nicht einfach,in ihm den Verbrecher zu sehen.
„Wir kehren morgen früh auf die Lincoln zurück.Heute abend können wir nichts mehr unternehmen.“ meinte Austin.

Am nächsten Morgen regnete es immer noch in Strömen.Der Himmel über Aberdeen war in Grau gehüllt.Austin stand zusammen mit Berenger im Flugsicherungsgebäude,welches direkt neben dem Stellplatz ihrer Tomcat lag.
„Brechen wir auf?“ fragte Berenger ungeduldig.
Austin nickte:“Ja,machen wir.“
Als sie vom Gebäude zu ihrem Flugzeug gingen,fiel Austin ein Mini-Cooper auf,der mit hoher Geschwindigkeit heranfuhr und neben dem Gebäude hielt.
„Das gibt´s nicht!“ entfuhr es Berenger.
Carol stieg zusammen mit Dreher aus und rannte zu den beiden hinüber.
„Ich wollte ihnen noch alles Gute wünschen,Dan.Seien sie vorsichtig.“ sagte sie.
Ihre Worte klangen sehr ernst.Austin freute sich sie wiederzusehen.
Dreher nickte den beiden zu:“Dem schließe ich mich an.Ich hoffe,wir sehen uns nochmals.Falls nicht,dann alles Gute.“
„Ich danke ihnen,Stefan.Sie waren uns eine große Hilfe.“ erwiderte Austin und schüttelte Dreher die Hand.Berenger tat es ihm gleich.
Berenger fragte Dreher:“Soll ich ihnen mal unseren Vogel zeigen?“
„Gerne,Pete.Also,bis irgendwann,Dan.“ meinte Dreher.
„Sicher.Leben sie wohl,Stefan.“ gab Austin zur Antwort.
Die Zwei schlenderten zu der Tomcat hinüber.Berenger erklärte Dreher beinahe das komplette Flugzeug.Austin mußte innerlich lachen.Es war nett von seinem Freund,ihn mit Carol allein zu lassen.
„Passen sie auch auf sich auf,Carol.Riskieren sie nicht zuviel.“ meinte Austin.
Sie nickte und lächelte.Es sah etwas gezwungen aus.
„Was haben sie?“ frage Austin besorgt.
Carol erwiderte:“Ich mache mir Sorgen um sie.Sie sind mit den beiden Drahtziehern der ganzen Sache an Bord ihres Trägers.Und sie fliegen mit ihnen heute ein Manöver.“
„Keine Sorge,ich werde wachsam sein.“ versprach Austin.
Auf einmal hörte er den vertrauten Klang der Triebwerke der Tomcat.Berenger hatte die Erklärung beendet und war eingestiegen.Dann hatte er die Maschine angelassen.
„Ich muß los.“ sagte Austin bedauernd.
Carol blickte ihn an.Urplötzlich beugte sie sich zu ihm hin und küsste ihn.
„Kommen sie zurück,Dan.“ flüsterte sie.Dann drehte sie sich herum und ging zu ihrem Wagen zurück.Austin blickte ihr irritiert nach.Das hatte er nicht erwartet.
Ganz langsam,so,als wolle er nicht gehen,schritt er zu seinem Flugzeug.Er kletterte zum Cockpit hinauf und schnallte sich im Sitz fest.Berenger schloss die Kanzel.
„Alles klar,Dan?“ fragte Berenger mit einem komischen Unterton.
Er nickte:“Sicher.Checks durchgeführt?“
„Aye.Wir sind startklar.“ erwiderte sein Waffensystemoffizier.
Austin bestätigte:“Dann los.“

Es kam Austin so anderst vor,wieder auf dem Träger zu sein.Er war vorsichtig geworden und rechnete damit,daß irgendeiner von Tanner´s Komplizen ihm auflauern würden.Aber den ganzen Tag über geschah nichts.Der Start des Manövers war für sechs Uhr morgens angesetzt.Die meisten Piloten hielten sich noch im Offiziersklub auf,der wie immer gut besucht war.Austin entschied sich ebenfalls,den Klub aufzusuchen.
Als er den Raum betrat sah er,daß Berenger mit Paul Willard an einem Ecktisch saß.Er gesellte sich hinzu.
„Und,Hawkeye?“ fragte Willard.
Austin erwiderte:“Alles in Ordnung.Bist du klar für morgen?“
„Sicher.Fragt sich nur,ob es mein Flügelmann ist.“ gab Willard zur Antwort.Dabei verzog er sein Gesicht deutlich.
Berenger fragte:“Wieso,wer ist es?“
„Passoni.“
„Mach dir nichts daraus,Wolfman.“ Austin nippte an seinem Drink. „Du hast es drauf.“
„Aber bisher war immer Snow mein Flügelmann.Ich verstehe das nicht.“
Berenger meinte:“Der Commander hat sicherlich Gründe,Passoni als deinen Flügelmann aufzustellen.“
Wie auf Kommando betrat Andrew Passoni den Offiziersklub.Er sah Austin und verließ den Raum umgehend wieder.
„Hast du das gesehen,Dan?“ fragte Berenger.
Er nickte:“Ja.“ Er trank sein Glas aus. „Ich hole mir noch einen.Will noch jemand etwas?“

Der Besprechungsraum der „Fighting Tigers“ quoll an diesem stürmischen Morgen von Piloten über.Das gesamte Geschwader war von Tanner zur Einsatzbesprechung gerufen worden.
Jedoch war der Commander noch nicht erschienen.
„Wo bleibt er nur?“ fragte Berenger Austin,der neben ihm saß.
Austin zuckte mit den Schultern:“Keine Ahnung,Pete.“
„ACHTUNG!“ brüllte jemand.
Die Piloten erhoben sich.Tanner betrat mit schnellen Schritten den Raum.Passoni folgte ihm.
„Weitermachen.“ sagte er schlicht.Er stellte sich an das Rednerpult.
„Gentlemen,wir haben eine große Aufgabe vor uns.Die vor uns liegende Operation ist mit Sicherheit das Größte,was wir je bewältigt haben.“ begann er.
„Unser Geschwader wird den Luftraumschutz um die Lincoln herum gewährleisten.Dafür müssen wir unser Bestes geben.Die Briten werden es uns nicht leicht machen.Dan.“
Austin erhob sich und führte die Besprechung fort.
„Die Briten operieren hier in der Nähe mit einigen größeren Kampfverbänden,zu denen unter anderem zwei Träger gehören.Das sollte uns jedoch keine Probleme bereiten.Viel gefährlicher sind die Bomber und Jagdbomber,die von Aberdeen aus operieren.Wir werden es mit dem Panavia Tornado und der Hawker Siddely Vulcan zu tun bekommen,die auf unseren Flottenverband angesetzt werden.Der Tornado ist als Jagdbomber konzipiert,verfügt aber über gute bis sehr gute Luftkampffähigkeiten.Die Vulcan wird als reiner Bomber von den Tornados Jagdschutz erhalten,die dann aber in ihrer Ausrüstungsvariante als Abfangjäger operieren werden.Das war´s.“
Er nahm wieder Platz und überließ Tanner wieder das Pult.
„Einteilung wie folgt: Rotte Alpha sind Wolfman und Shark.Die Flugroute wurde ihnen bereits übergeben.Dann kommen...“
Austin wunderte sich während der Einteilung immer mehr.Er wäre als 2.Geschwaderführer normalerweise in eine der vorderen Reihen eingeteilt worden,aber Tanner tat das nicht.
„Hawkeye,sie besetzen die Alarmrotte und halten sich einsatzbereit.“ befahl Tanner.
Austin hob die Hand:“Bei allem Respekt,Sir.Aber sollte ich nicht draußen sein?Bei dieser Mission brauchen wir erfahrene Piloten,zu denen ich mich zähle.“
„Sie haben ihre Befehle.Führen sie sie aus.“ unterbrach ihn Tanner barsch.
„Das ist alles.Wegtreten!“ schloss er die Besprechung.

Austin überprüfte wie immer vor einem Einsatz seine Tomcat.Er konnte sich nur denken,warum ihm Tanner zur Alarmrotte eingeteilt hatte.Diese blieb als letzte Eingreiftruppe an Bord,um bei einer Krisensituation schnell zur Stelle zu sein.Er würde als Alarmrotte alleine fliegen,ohne Flügelmann.
Berenger betrat den Hangar.Er hatte ein besorgtes Gesicht.
„Was ist,Pete?“ fragte ihn Austin,während er den festen Sitz der Sidewinder prüfte.
Sein Freund lehnte sich an die Maschine.Er runzelte die Stirn.
„Ich habe die Befürchtung,daß Passoni uns da draußen auflauern wird.Er will unseren Tod,Dan.Willst oder kannst du das nicht wahrhaben?“
Austin schaute ihm in die Augen:“Passoni ist ein labiler Charakter,das ist wahr.Aber daß er einen Mord plant?Nein,das glaube ich nicht.“
„Vielleicht hat er ja auch nur den Befehl dazu erhalten.“ Berenger zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht.In Ordnung,Pete.Wir werden sichergehen.“ erwiderte Austin mit einem Lächeln.

Chief Matt Clemens schüttelte zum dritten Male den Kopf.
„Commander,ich kann ihnen nicht einfach scharfe Sidewinders und Amraams mitgeben!“
Austin erwiderte:“Ich bitte sie um diesen Gefallen,Chief.Dieses eine Mal.“
„Sir,das kann mich meinen Kopf beim Skipper kosten.“ erwiderte der Chief.
„Chief,es liegt mir fern,sie zu erpressen.Aber sollten sie mir keine andere Wahl lassen,dann muß ich einen offiziellen Bericht über das Verschwinden von Ausrüstung aus dem Materiallager verfassen und den dem Skipper vorlegen.“ sagte Austin langsam und deutlich.
Clemens nickte:“In Ordnung,Sir.Sie haben gewonnen.“

Austin´s Tomcat wartete mit abgeschalteten Triebwerken am Rande des Flugdecks.Als Alarmrotte war es seine Aufgabe,bei der Notwendigkeit einer Unterstützung sofort einzugreifen.
„Was meinst du,Dan?Wird Passoni es tun?“ fragte Berenger mit leiser Stimme.
Austin runzelte die Stirn. „Ich glaube immer noch nicht,daß Passoni die Sache so durchzieht,wie du es dir denkst.Aber jemand anderes vielleicht.“
„Wer?“ Berenger war wie aufgeschreckt.
„Carlsson ist auch oben,Pete.Und er könnte derjenige sein,der uns jagt.“ erwiderte Austin.
Ein Knacken im Funkgerät war zu hören.
„Tiger 505,hier ist Strike.Starten sie umgehend und erwarten sie Befehle in der Luft.“
Austin bestätigte:“Tiger 505 hat verstanden.“
„Pete,Triebwerke starten.“ ordnete er an.

Die Tomcat flog auf einer Höhe von 10.000 Fuß.Austin hatte noch keine Einsatzorder erhalten und befand sich auf einer Warteschleife.
„Der Startoffizier hat ohne zu zögern die Raketen scharfgemacht.“ bemerkte Berenger.
„Ich weiß.Offenbar muß er von Clemens seine Anweisungen bekommen haben.“
Austin warf einen Blick auf den Radaranzeiger.Er konnte einige seiner eigenen Flugzeuge ausmachen sowie einige unidentifizierte Kontakte.
„Tiger 505,hier ist Strike.Rotte Alpha steht unter heftigen Angriffen von vier Tornados.Die zweite Tomcat von Wolfman wurde zerstört.Begeben sie sich unverzüglich zu ihnen.Kurs 298 Grad,Enfernung 240 Meilen.“ ertönte eine Durchsage.
„Bestätigt.Tiger 505 Over.“
Er zog die Tomcat in eine Kurve und ging auf Kurs 298.
„Also,dann nichts wie hin.“ sagte Austin und schob den Schubregler bis zu Anschlag nach vorne.Die Tomcat zündete die Nachbrenner ihrer beiden Triebwerke.
„Wir fliegen Überschallgeschwindigkeit,Pete.Laß uns sehen,was dort los ist.“

„Dan,ich habe hier sechs Kontakte.Zwei eigene und vier feindliche Kontakte.Peilung 304,Entfernung 10 Meilen.“ meldete Berenger knapp.
Austin schaltete die Zielerfassung ein. „Ich nehme mir den ersten Tornado vor,Pete.“
„Shark,hier ist Hawkeye.Wir kommen euch zu Hilfe.“ funkte er an die Führungsmaschine.
„Hier Shark.Vier Feindkontakte auf Peilung 304.Haben sie sie geortet?“ erwiderte Passoni.
Berenger bestätigte:“Ich habe die Tommies.“
„Wir greifen an,Shark.“ funkte Austin an Passoni.
Er deaktivierte den Autopiloten und zog die Tomcat in eine Kurve.Das Radar zeigte einen Feindkontakt direkt vor ihm an.
„Er kommt näher,Dan.Entfernung 7 Meilen.“ berichtete Berenger.
„Ich nehme die Sidewinders.“ kommentierte Austin und drückte den Waffenwahlschalter.
Die Zielerfassung suchte den Gegner und seinen Abgasstrahl.Dann war ein akustische Signal zu hören. „Ich feuere!“ rief Austin.
Der Computer an Bord,der alle Gefechtsaktivitäten simulierte,bestätigte den Abschuss der Rakete.Wenige Augenblicke später jubelte Berenger.
„Wir haben ihn,Dan!“
Austin drehte die Maschine zum zweiten Gegner.
„Achtung,uns hängt ein Tommy im Nacken!“ warnte Berenger.
„Shark,schaffen sie uns den Gegner vom Hals!“ forderte Austin seinen Flügelmann auf.
Er beobachtete Passoni.Er verhielt sich so,wie Austin es erwartete.Ohne Zögern griff er den britischen Tornado an,der sich hinter Austin´s Tomcat befand.
„Habe den Tommy erwischt,Hawkeye.“ berichtete Passoni kühl.
„Danke.“ antwortete Austin und ging tiefer.
„Ich habe den dritten Tornado auf Peilung 297,Entfernung 14 Meilen.“ meldete Berenger.
„Shark,wir kümmern uns um den dritten Tommy.Halten sie uns den Rücken frei.“
„Verlassen sie sich darauf,Hawkeye.“ gab Shark sofort zur Antwort.
Berenger schaltete kurz auf interne Kommunikation,so daß die Gespräche nicht über Funk zu hören waren. „Meinst du,er tut das,was er sagt.“
„Wenn du recht hast,dann will er ja,daß wir hier oben bleiben.“
Er warf einen Blick aus dem Cockpitfenster nach rechts.Die Wolkendecke war dicht,er konnte den Gegner nicht sehen.Und doch,sein Radar zeigte an,daß er sich ganz in der Nähe befand.
„Er wechselt die Richtung,Dan.Peilung jetzt 194.“ Berenger´s Stimme klang wieder kühl.
Austin wechselte die Waffen.Er schob den Waffenwahlschalter auf die Amraam,eine radargelenkte Rakete.Die Zielerfassung suchte sich das vorbestimmte Ziel,den dritten britischen Tornado.
„Ich habe Zielerfassung!Ich schieße!“ sagte Austin und drückte den Auslöser.
Eine kurze Zeit suchte die Rakete das Ziel.Der britsche Pilot versuchte mit einigen Ausweichmanövern,dem Geschoss zu entkommen.Schlußendlich traf sie es trotzdem.
„Wir haben den dritten Tommy zerstört.“ meldete Austin an Shark.
Er bestätigte:“Sehr gut.Ich bin noch am vierten dran.“
Austin beobachtete aufmerksam die Anzeige des Radars.Er erkannte,daß Shark hinter dem vierten britischen Tornado war.
Nur kurz dauerte die Verfolgungsjagd.Dann erwischte Passoni den Tornado.
„Vierter Tommy zerstört,Hawkeye.Ich schließe mich ihnen an.“ meldete er.
„Bestätigt.“ erwiderte Austin.
Passoni´s Maschine näherte sich langsam von achtern Austin´s Tomcat.Durch einen Blick zurück konnte sich Austin davon überzeugen,daß Passoni sehr nahe war.
„Das wird mir unheimlich,Dan.Sag ihm,er soll neben uns fliegen.“ bat Berenger.
Austin nickte:“Ja,in Ordnung.“
„Shark,schließen sie zu mir auf und fliegen sie Standard-Formation.“
„Aber wieso,Hawkeye?Eine ½-V-Formation ist doch hier ebenso gut.“ erwiderte Passoni.
„Weil ich es anordne,Shark.Los!“ sagte Austin scharf.
Pete wandte beinahe ängstlich seinen Kopf so,daß er Passoni´s Maschine sehen konnte.
"Er kommt nicht an unsere Seite,Dan!Tu was!" Seine Stimme klang sehr nervös.
"Was ist los,Shark?Bewegen sie sich!" fuhr Austin den anderen Piloten an.
Die Antwort kam mit einem deutlichen Unterton:"Das tue ich."
"Er geht in Angriffsposition!" schrie Berenger panisch.
Automatisch aktivierte Austin den Nachbrenner und riss die Maschine nach links weg.Er katapultierte die Tomcat förmlich aus dem Schussbereich Passoni´s.
"Er folgt uns,Dan." teilte Berenger mit.
"Simulationscomputer deaktivieren,Pete.Wir nehmen die Sidewinder."
Die Tomcat befand sich in dem Moment auf 12.500 Fuß.Keine andere Maschine war auf dem Radarschirm zu erkennen.Sie waren mit Passoni alleine.Und er wollte ihren Tod,nichts anderes.
"Er setzt einen Jammer ein,um Notrufe an den Träger zu verhindern!"
Berenger hatte das Störsignal analysiert.Somit waren sie nicht in der Lage,Hilfe zu rufen.
"Wir werden mit ihm fertig,Pete." beruhigte ihn Austin.Er beobachtete allein den Radarabtaster.Der Gegner befand sich vier Meilen entfernt,Richtung 233.
Langsam zog er seine Maschine in eine langezogene Kurve,um auf einen Kurs zum Ziel zu kommen.
"Ich habe ihn direkt voraus,Dan." meldete Berenger.
Austin nickte nur stumm.Die Sidewinder benötigte zur Zielerfassung eine Wärmequelle,in diesem Fall den Abgasstrahl des Gegners.
"Dan,du fliegst direkt auf ihn zu!" warnte Berenger seinen Piloten.
"Ich weiß." entgegnete Austin trocken.
Berenger beobachtete vom hinteren Sitz aus das Geschehen.Austin hielt den Kurs,direkt auf Passoni zu.Nur kurz war seine Maschine zu sehen,dann war er an ihnen vorbei.Im gleichen Moment zog Austin die Maschine hart nach rechts und drückte sie runter.Bei diesem Manöver traten G-Kräfte auf,die sehr stark waren.Berenger war das gewohnt,daß ihm das Blut in den Kopf schoss.
"Er ist vor uns,Pete." sagte Austin.Er legte den Daumen über den Waffenauslöser.
Das Fadenkreuz suchte sich sein Ziel.Ein langgezogener Pfeifton,dann wußte Austin,daß die Rakete das Ziel erfasst hatte.
"Ich schieße!" rief er.Die Sidewinder startete und verfolgte Passoni.Der brach hart nach links weg und ließ seinen Düppel ab.Die Täuschkörper verfehlten ihre Wirkung nicht.Die Rakete änderte den Kurs und verschwand in den Wolken unter ihnen.
"Verdammt!"
Austin checkte kurz die Position seines Gegners.Er war unter ihm.Ohne langes Überlegen drückte er seine Tomcat nach unten.Der Höhenmesser raste schnell zurück.11.000 Fuß,10.000 Fuß,9.000 Fuß.Dann war er auf einer Höhe mit Passoni.
"Siehst du ihn?" fragte er seinen WSO.
Berenger nickte:"Ja,in sechs Uhr!Hart links!"
Ohne auch nur die Worte seines Waffensystemoffiziers überprüft zu haben folgte Austin der Anweisung.Mit vollem Ruder riss er die Maschine nach links weg.Keine Sekunde zu früh,den Passoni feuerte im gleichen Moment mit seiner Bordkanone.Die Schüsse jagten nur knapp an Austin´s Maschine vorbei.
"Verdammter Kerl!" brüllte Berenger.
Austin wandte seinen Blick auf den Radarabtaster.Passoni war unachtsam gewesen,an ihm vorbeigerast.
"Peilung 033." berichtete Berenger knapp.
Austin wechselte auf diesen Kurs.Er hatte Passoni vor sich.
"Komisch,ich hielt ihn für schlechter."
"Niemals den Gegner unterschätzen,Pete." mahnte Austin.
Plötzlich brach Passoni hart nach links weg und beschleunigte.Man sah,daß er den Nachbrenner aktivierte.Austin folgte ihm,aber war über das Manöver zu sehr überrascht.Er verlor ihn aus den Augen.
"Wo ist er?" fragte sich Austin selbst.
Die Antwort kam sofort,und zwar in Form von einigen Salven aus der Bordkanone.Diesmal trafen sie Austin´s Maschine.Dutzende,metallisch klingende Geräusche ertönten.
"Schäden?" fragte Austin sofort.
Berenger erwiderte:"Ein Stabilisator ist beschädigt,Dan."
"Toll." bemerkte Austin.Er wußte,was das bedeutete.Die Tomcat war dadurch in ihrer Manövrierfähigkeit eingeschränkt.
"Jetzt schnappe ich mir den Hund." sagte Austin entschlossen.
Er drückte den Schubregler bis zum Anschlag nach vorne und zündete den Nachbrenner.Rasch nahm die Maschine Geschwindigkeit auf.Er wollte,daß Passoni ihm folgte.
"Was machst du denn?" wollte Berenger wissen.
"Er soll uns folgen."
"Und dann?"
Austin lächelte:"Dann ist er dran."
Passoni nahm die Verfolgung auf.Austin wechselte ständig Kurs und Höhe,um ihm möglichst kein Ziel zu bieten.Das klappte.
"Pass mal auf." warnte er seinen WSO.
Er nahm den Schub zurück und steuerte die Tomcat gleichzeitig nach links weg.
Passoni war auf dieses Manöver nicht vorbereitet und schoss an Austin vorbei.
"Jetzt!" schrie Austin.Er drückte den Schubregler wieder nach vorne und setzte sich hinter den Gegner.Der hatte ihn jetzt gesehen und probierte einige Ausweichmanöver.
"Sidewinder." ordnete Austin an.
Das Fadenkreuz suchte sein Ziel und fand es.Austin startete die Waffe.Passoni versuchte,mit Düppel die Rakete zu täuschen.Das klappte jedoch diesmal nicht.Die Sidewinder traf seine Tomcat genau am Heck und trennte es ab.Die Pilotenkanzel vorne war noch unbeschädigt.Die Maschine brannte und verlor schnell an Höhe.
"Komm raus da." flüsterte Austin.Er wollte nicht,daß Passoni und sein WSO sterben mussten.
Die Cockpithaube wurde abgesprengt.Dann schossen die beiden Schleudersitze heraus.Ordnungsgemäß öffneten sich die Fallschirme.
"Ihre Peilsender müssten nach der Landung im Wasser ein Signal an die Lincoln schicken." bemerkte Berenger sofort.
"Ja.Trotzdem,halte die Position fest." entgegnete Austin. "Können wir die Lincoln erreichen?"
Berenger nickte:"Kein Problem."
"Tiger 505 an Strike." rief er den Träger.
"Hier Strike." meldete sich die Flugleitzentrale.
"Strike,schicken sie einen SAR-Hubschrauber raus.Shark und sein WSO ist ausgestiegen."
Die Stimme des Flugleitoffiziers klang plötzlich richtig aufgeregt:"Was?"
"Ich erkläre das nach unserer Rückkehr."
Er gab Berenger ein Signal,die Koordinaten zu übermitteln.
"Bestätigt.Wir haben die Position.Over." beendete der Flugleitoffizier das Gespräch.
Austin ballte seine linke Hand zu einer Faust zusammen. "Wir haben´s geschafft."
"Ja,Dan.Gute Arbeit." erwiderte Berenger erleichtert.
Austin lächelte:"Das Kompliment geht zurück."
"Fliegen wir nach Hause,mein Freund." Er zog die Tomcat in eine Kurve und nahm einen Kurs auf,der sie zum Träger zurückführte.

Es war jedesmal ein gutes Gefühl,wenn Austin den Träger unter sich erkannte.Doch diesmal war er noch um einiges glücklicher,die Lincoln zu sehen.
"Tiger 505,schwenken sie auf Kurs 221." kam die Anweisung des Landeoffiziers.
Austin bestätigte und wechselte den Kurs.
"Fahre Fahrwerk und Landehaken aus." meldete Berenger knapp.
"Bestätigen sie,wenn sie das Landelicht sehen." ordnete der Landeoffizier weiter an.
Der "Meatball",wie das Landelicht genannt wurde,zeigte den Piloten an,ob er zu hoch oder zu niedrig war.Austin erkannte es.
"Ich sehe es." sagte er.Die Tomcat befand sich im genau richtigen Anflugwinkel.
Langsam drosselte er die Triebwerke auf die Landegeschwindigkeit.
Der Träger kam immer näher.Dies war der kritische Augenblick,den Austin aber schon hunderte von Mal erlebt hatte.Die Tomcat setzte auf und erwischte das dritte Fangseil.In Bruchteilen von Sekunden wurde sie abgebremst.Sie waren zu Hause.
"Räumen sie die Landebahn." lautete die Anweisung.
Mit geringer Triebwerkskraft steuerte Austin die Maschine zu den Abstellplätzen.Berenger schaltete die Maschinen ab und öffnete die Cockpithaube.
Austin warf einen kurzen Blick aus dem Fenster.Neben der Maschine stand bereits Chief Watson.Er war ein enger Vertrauter von Captain Gregory Potter,dem Kommandanten.Bei ihm waren zwei Sicherheitsleute,die Gewehre trugen.
Austin stieg die Leiter hinab auf das Deck.Watson salutierte.
"Willkommen zurück an Bord,Sir.Der Skipper will sie sprechen.Sie und Mister Berenger."
Watson war kein Leisetreter,aber die Worte fielen ihm merklich schwer.
Er nickte:"In Ordnung,Chief."

Watson führte die beiden zu Captain Potter.Er hielt sich im Bereitschaftsraum neben der Brücke auf.
"Sir,die beiden Gentlemen." sagte Watson knapp,als sie den Raum betraten.
Potter hob den Kopf.Er trug wie immer seine Nickelbrille und musterte die beiden scharf.
"Danke,Chief.Das wäre alles.Lassen sie uns allein." erwiderte er.
Watson nickte und schloss die Tür hinter sich.
"Stehen sie bequem,meine Herren." sagte er. "Commander Austin,ist es korrekt,daß sie vor 18 Minuten Lieutenant Passoni´s Maschine zerstört haben?"
Die letzten Worte klangen befremdet,das hörte Austin deutlich.
"Ja,Sir." nickte er.
Potter lehnte sich in seinem Sessel zurück. "Warum?"
"Captain,Lieutenant Passoni griff uns an.Seine Maschine trug scharfe Waffen,davon mussten wir ausgehen." antwortete Austin.
Potter´s Gesicht sah verwirrt aus. "Könnten sie das erläutern?"
"Sir,wir haben mehrere Indizien dafür,daß Lieutenant Passoni in den Mord an Lieutenant Russo verstrickt ist." Austin stockte kurz,sah aber,daß Potter mehr wissen wollte.
"Lieutenant Passoni verließ den Empfang im Hotel vorzeitig.Jemand sah,daß zwei Marineoffiziere in einen Wagen einstiegen,der dann das Hotel verließ.Die Polizei fand am Tatort ein Feuerzeug,welches das Wappen meines Geschwaders trug."
Berenger fügte hinzu:"Außerdem sind wir uns sicher,daß Commander Tanner ebenfalls in die Sache verstrickt ist.Wir haben uns erlaubt,selbst Nachforschungen anzustellen.Dabei sind wir auf ein Lagerhaus gestoßen,in dem es von Waffen nur so wimmelt.Unter anderem auch AIM-7 Amraam von der Lincoln,Sir."
"Haben sie stichhaltige Beweise für ihre Anschuldigungen?" fragte Potter scharf.
Austin schüttelte den Kopf:"Leider nein,Captain.Deswegen wollte ich Lieutenant Passoni testen.Ich habe ihn direkt auf die Sache angesprochen und ihm mitgeteilt,was ich weiß.Ich wollte ihn aus der Reserve locken."
"Das ist ihnen wohl gelungen,Commander.Wie dem auch sei: Sie haben ebenfalls einige Regeln übertreten.Sie haben bei einem Manöver scharfe Raketen an Bord gehabt.Offenbar hat ihnen Chief Clemens geholfen." Potter schüttelte den Kopf-
"Sir,der Chief hat keine Schuld an dem Vorfall.Wir haben ihn dazu gezwungen."
Potter riss die Augen weit auf:"Wie das?"
"Wir ziehen vor,das nicht zu sagen,Sir." erwiderte Austin.
Der Captain erhob sich und stellte sich direkt vor die beiden hin.Dann blickte er sich lange an.
"Es scheint,als ob sie recht hätten." Seine Miene verfinsterte sich. "Aber es sind nur Indizien.Das ist alles,was sie in der Hand haben."
Berenger schlug vor:"Sir,analysieren sie unseren Flugrecorder.Er wird ihnen zeigen,daß Passoni uns angegriffen hat."
"Das werde ich.Bis zum Zeitpunkt einer Klärung dieser Sache werden sie in ihrem Quartier bleiben.Ist das klar?" entschied er.
Austin und Berenger nickten.
"Sie können wegtreten."

Austin fragte sich,wie die Sache wohl ausgehen möge.Potter hatte ihn und Berenger in ihrem Quartier unter Arrest gestellt.Vor der Tür stand ein bewaffneter Matrose.
"Was denkst du,Dan?" fragte Berenger. "Wird der Skipper uns glauben?"
Austin zuckte mit den Schultern:"Ich weiß es nicht.Vielleicht."
"Auf jeden Fall hat er zumindest mal einige Andeutungen gemacht." fügte er hinzu.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach die beiden.Sie öffnete sich und Potter betrat zusammen mit Chief Watson die Kabine.Sofort nahmen Austin und Berenger Haltung an.
"Gentlemen,ihr Flugrecorder bestätigt ihre Behauptungen.Lieutenant Passoni wurde gerettet.Ich habe ihn sofort inhaftieren lassen." sagte Potter.
"Und Commander Tanner,Sir?" fragte Austin.
Potter lächelte knapp:"Passoni hat weiterhin Lieutenant Carlsson,Commander Tanner und Materialverwalter Stampton schwer belastet.Aufgrund dessen wurde in Aberdeen vor zwei Stunden das Lagerhaus durchsucht,welches sie beschrieben haben.Dabei wurden die Waffen entdeckt.Ich habe die Beteiligten unter Arrest genommen.Sie werden die Lincoln morgen früh verlassen und sich in Washington D.C. vor einem Militärgericht verantworten müssen.Außerdem hat die britische Marine Commander David McNeil verhaftet.Er war auch an der Sache beteiligt."
Berenger lachte:"Wir haben´s geschafft!"
"Das haben sie recht,Mister Berenger.Und ich will ihren Einsatz nicht vergessen." erwiderte Potter. "Ich werde übersehen,daß sie die Vorschriften etwas ausgedehnt haben.Außerdem erhalten sie nach dem Manöver noch weitere drei Tage Urlaub.Sie beide."
Austin nickte:"Vielen Dank,Sir."
"Nicht der Rede wert,Mister Austin." sagte Potter knapp und wandte sich zum Gehen.
"Ach ja,sie übernehmen erstmal den Posten des C.A.G.Das war´s." fügte er hinzu.

Austin hatte den geliehenen Wagen vor dem Haus geparkt,in dem Carol wohnte.Langsam und gemächlich öffnete er den Kofferraum und holte einen Rosenstrauß hervor.
Er versuchte sich ihre Reaktion vorzustellen,wenn er jetzt plötzlich wieder vor der Tür stand.
Die Haustüre war offen.Austin betrat das Gebäude und ging in den 2.Stock.Er stand vor Carol´s Wohnungstüre.
Dreimal mußte er klingeln,dann wurde die Tür geöffnet.Carol war nur mit einem Nachthemd bekleidet.
"Dan!" rief sie erfreut und fiel ihm um den Hals.
Austin umarmte sie fest.Es tat gut,Carol wiederzusehen.
Sie blickte ihn überrascht an. "Was ist passiert?"
"Darf ich reinkommen?" Austin lächelte breit und deutete in die Wohnung.
Sie nickte knapp und bat ihn herein.
"Und?" fragte sie nochmals,als Austin auf dem Sofa Platz genommen hatte.
"Passoni hat das getan,was wir vermutet haben.Er hat mich während der Manöverübung mit scharfen Raketen angegriffen."
Sie schüttelte fassungslos den Kopf:"Das hätte ich nicht gedacht."
"Wir konnten ihn abschießen.Er hat überlebt,Carol." erwiderte er.
Carol hatte sich neben ihn gesetzt und drückte ihm eine Tasse Tee in die Hand.
"Kann ich vielleicht noch etwas für sie tun?" fragte sie sanft.
Austin stellte die Tasse ab,schaute ihr tief in die Augen und küsste sie.
"Ja.Hör auf mich zu siezen." nickte er und küsste sie nochmals.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Lucky, der ab und an auch mal eine gute Idee bringt

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