Nach dem Tode
Ein Akt für Drei von Jens W. Kroker
Einzige Regieanweisung: Ihre Phantasie soll ihre Regieanweisung sein.
1.
MENSCH: Bin ich tot?
FREUND: Nein, du lebst, du wirst leben.
MENSCH: Wie ist das möglich. Ich weiß, dass ich im Begriff war zu sterben
FREUND: Wir haben dir ein Gift gegeben, das deine Glieder erschlaffen ließ.
MENSCH: Sie prüfen ob man tot ist!
FREUND: Der Prüfer war ein Freund.
MENSCH: Wie lange ist das her?
FREUND: Heute ist der dritte Tag. Wir müssen fort, der Morgen graut.
MENSCH: Ich will nicht.
FREUND: Sie kommen schon bald, wir müssen fort!
MENSCH: Ich war bereit.
FREUND: Wenn wir jetzt nicht gehen, war alles umsonst.
MENSCH: Diese Stille, sie war so schön.
FREUND: All warten auf dich.
MENSCH: Und die Dunkelheit...
FREUND: Sie wartet auch!
MENSCH: Geht es ihr gut?
FREUND: Nicht wenn wir jetzt nicht aufbrechen. Da sind die ersten Sonnenstrahlen.
MENSCH: Hat sie viele Tränen vergossen?
FREUND: So wie wir alle!
MENSCH: Ich dachte ich sehe sie nie wieder. Ich hatte das akzeptiert.
FREUND: Ich höre Schritte.
MENSCH: Ich war doch tot, welchen Sinn hat es denn; wenn ich lebe, welchen Sinn hatten dann eure Tränen?
FREUND: Welchen Sinn hat es, wenn sie dich jetzt fangen?
MENSCH: Dann eben leben ...
2.
KUNDE: Ja, das Grab war offen...
VERKÄUFER: Nicht zu fassen... hier bitte, darf es noch etwas sein?
KUNDE: Ja und leer, nur noch das Grabtuch lag in der Gruft. Von dem Lamm, von der Hüfte bitte:
VERKÄUFER: Gerne, wie viel darf es seinß
KUNDE: Ein gutes Stück.
VERKÄUFER: So?
KUNDE: Ruhig ein wenig mehr.
VERKÄUFER: Gab es denn keine Wachen?
KUNDE: Es geschah, während des Wechsels, heißt es.
VERKÄUFER: Unglaublich und wer hat Interesse an einem Leichnam?
KUNDE: Manche sagen, er ist es selbst gewesen.
VERKÄUFER: Wer?
KUNDE: Ja, er eben.
VERKÄUFER: Hier, bitte sehr. Zahlst du gleich?
KUNDE: Wenn es geht, würde ich anschreiben lassen.
VERKÄUFER: Kein Problem. Er?
KUNDE: Sie sagen, er sei auferstanden.
VERKÄUFER: Das ist doch Unsinn. Oder?
KUNDE: Möglich, aber wer sollte den Leichnam stehlen wollen?
VERKÄUFER: Na, vielleicht die Anhänger
KUNDE: Zu welchem Zweck.
VERKÄUFER: Was weiß ich. Wer versteht schon diese Verrückten.
KUNDE: Auch wieder wahr. Danke dir, ich zahle dann nächste Woche.
VERKÄUFER: Einen schönen Tag
Kunde: Dir auch.
3.
HERRSCHER. Was haben diese Leute vor?
SOLDAT: Wir wissen es nicht. Wir wissen nicht einmal, ob sie es überhaupt waren.
HERRSCHER: Wer solle es denn sonst gewesen sein?
SOLDAT: Vielleicht war es ein Scherz.
HERRSCHER: Leichenschändung, ein Scherz? Nicht bei diesem Volk. Nein, die wollen etwas. Aufruhr, wahrscheinlich. Was sagt der Pöbel?
SOLDAT: Dass er auferstanden ist.
HERRSCHER: Das passt.
Soldat: Aber nicht viele glauben es.
HERRSCHER: Noch nicht. Schickt Suchtrupps aus. Ein Kopfgeld soll auch ausgesetzt werden. Ich lasse mich nicht zum Narren halten. Findet die Leiche und bringt mir die Räuber.
4.
BLINDER: Er lebt, es heißt, dass er lebt!
KRÜPPEL: Ja, ich habe das gehört. Gott hat uns doch nicht verlassen.
BLINDER: Er muss ein Heiliger sein, wenn ihn nicht einmal der Tod etwas anhaben kann.
KRÜPPEL: Jetzt wird alles gut.
BLINDER: Er wird auch uns heilen, uns alle.
KRÜPPEL: Es lebe der Heiland
5.
MANN: Deine Lippen sind so weich.
FRAU: Dann küss sie.
MANN: Ich mache sonst nichts mehr, nie wieder.
FRAU: Deine Wunden...
MANN: Vergiss sie.
FRAU: Sie reißen auf, wenn du nicht auf dich achtest
MANN: Ich will nur noch auf dich achten.
FRAU: Der Hahn kräht.
MANN: Lass ihn krähen. Die schlimmen Dinge passieren erst beim dritten Mal.
FRAU: Das ist nicht lustig. Wir müssen aufstehen. Wir müssen weiter. Die anderen sie warten.
MANN Lass sie warten.
FRAU: Jetzt kräht er wieder
MANN: Ich dachte es ist nicht lustig.
FRAU: Wir müssen gehen. Sie haben alle so viel riskiert.
MANN: Ich etwa nicht. Ich habe genug gegeben. Du auch. Wir haben ein Recht auf Ruhe.
FRAU: Die Soldaten suchen im ganzen Land. Bald kommen sie hier her.
MANN: Lass sie kommen, solange ich dich bis dahin küssen kann.
FRAU: Es pocht.
MANN: Das sind nur die andren, sie werden warten.
FRAU: Der Hahn, er kräht.
SOLDAT: Ihr da, rührt euch nicht!
MANN: Hatte ich nicht vor.
SOLDAT: Wir suchen Flüchtlinge und ihr seid uns gemeldet worden.
MANN: Wir sind keine Flüchtlinge, wir sind hier zum Vergnügen, wie du siehst.
SOLDAT: Du siehst aber aus wie einer, dein Körper ist ganz geschunden. Und Sie passt auf die Beschreibung einer Verdächtigen. Wie ist dein Name? Maria, nicht wahr?
MANN: Ich bin Barabas, ihr habt mich vor kurzem frei gelassen. Und das ist Rachel, meine Hure.
SOLDAT: Barabas der Mörder? Ich glaube dir nicht, ich...
MANN: Ein Mörder bin ich.
FRAU: Wir müssen fort bevor Verstärkung kommt.
MANN: Ich... es war Notwehr
FRAU: Ja, das war es, wir müssen jetzt weg.
MANN: Er hat mir keine Wahl gelassen
FRAU: Sie kommen, los jetzt!
MANN: Das habe ich nicht gewollt!
6.
NACHBAR: Der Schädel war eingeschlagen. Aufgeknackt wie eine Nuss.
WIRTIN: Wie fürchterlich. Wer tut so etwas?
NACHBAR: Er sagte, er heiße Barabas, ich habe es den anderen Soldaten schon gesagt. Sie suchen ihn.
WIRTIN: Aber du hast es nur gehört, nicht gesehen?
NACHBAR: Die Wände sind dünn und löchrig. Natürlich habe ich es gehört. Und davor haben sie es die halbe Nacht wie die Tiere getrieben
WIRTIN: Wie die Tiere.
7.
MANN: Ich bin es nicht gewesen!
SOLDAT: Heißt du Barabas oder nicht?
MANN: Ich bin es nicht gewesen!
SOLDAT Du bist ein stadtbekannter Mörder. Unglaublich, dass sie dich überhaupt frei gelassen haben. Sie hätten dich kreuzigen sollen, du Schwein.
MANN: Ich war es nicht und eine Rachel kenne ich gar nicht.
SOLDAT: Du wirst es schon noch zugeben. Warte nur bis ich mit dir fertig bin.
8.
SOLDAT: Barabas hat gestanden
HERRSCHER: Und wie lange habt ihr auf ihn eingeschlagen, bis es so weit war?
SOLDAT: Folter ist üblich bei Verhören
HERRSCHER: Was bringt mir ein sinnloses Geständnis. Er war es nicht, dieser Wegelagerer. Warum sollte er einen Wächter erschlagen? Wir haben nicht nach ihm gesucht.
SOLDAT: Wir glauben er ist in Panik geraten, weil er fürchtete wieder eingesperrt zu werden.
HERRSCHER: Genug davon, hat die Suche etwas ergeben?
SOLDAT: Noch nicht; aber es gibt Hinweise auf die Mutter.
9.
MUTTER: Eine Schale Wasser?
INSPETOR: Nein, danke
MUTTER: Es ist heiß heute. Sie müssen auf sich achten.
INSPEKTOR: Nein, danke, ich bin nicht durstig.
MUTTER: Hatten sie eine beschwerliche Reise?
INNSPEKTOR: Nicht einfach, die Sandstürme.
MUTTER: Ja, das ist immer so in dieser Jahreszeit. Datteln?
INSPEKTOR: Nein danke. Wegen den Vorfällen der letzten Wochen, sie wissen sicher, dass es zu einem Zwischenfall kam.
MUTTER: Ich bekomme kaum Nachrichten hier. Es ist still in der Wüste.
INSPEKTOR: Dann wissen sie gar nicht...
MUTTER: Sie schwitzen, wollen sie wirklich nichts trinken?
INSPEKTOR: Es gibt da etwas, was ich sie fragen muss.
MUTTER: Mein Mann kommt bald heim. Er kann ihnen sicher alle Fragen beantworten.
INSPEKTOR: Ich bin angewiesen, sie zu fragen.
MUTTER: Mich?
INSPEKTOR: Es ist etwas vorgefallen und es gibt Grund zur Annahmen, dass sie …
MUTTER: Sie sind keiner von denen, oder?
INSPEKTOR: Wie bitte?
MUTTER: Wo kommen sie her, wo sind sie geboren?
INSPEKTOR Ich bin hier geboren
MUTTER: Hier...
INSPEKTOR: Es gibt Grund zur Annahme, dass er...
MUTTER: Waren sie da?
INSPEKTOR: Wie meinen sie?
MUTTER: An jenem Tag.
INSPEKTOR: Nein, ich war nicht in der Stadt.
MUTTER: Kannten sie ihn, aus Kindertagen vielleicht?
INSPEKTOR: Nein.
MUTTER: Und nun Arbeiten sie für Die!
INSPEKTOR: Ich... es gibt Grund zur Annahme das...
MUTTER: Glauben sie an Wunder?
INSPEKTOR: Ich? Nein, ich bin nicht religiös.
MUTTER: Dann gibt es auch keinen Grund zur Annahme.
10.
INSPEKTOR: Sie ist irritierend.
HERRSCHER: Was soll das schon wieder heißen?
INSPEKTOR: Es ist, als stünde sie mit einem Bein schon im Jenseits. Als interessiere sie die Welt gar nicht.
HERRSCHER: So ist diese Sekte eben. Hat sie etwas gesagt, weiß sie etwas?
INSPEKTOR: Ich bin nicht sicher. Die Gerüchte zumindest scheint sie zu kennen, aber wenn sie mehr weiß, verbirgt sie es gut.
HERRSCHER: Nicht ein kleinster Hinweis, nicht die geringste Spur. Es ist als wären die Täter wie vom Erdboden verschluckt.
INSPEKTOR: Herr, haben sie die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es wahr ist?
HERRSCHER: Was?
INSPEKTOR: Dass er auferstanden ist.
HERRSCHER: Ich vergaß, dass du einer von denen bist.
INSPEKTOR: Nein Herr, das ist nicht der Grund, aber wenn es keine Täter gibt und keine Spur, vielleicht...
HERRSCHER: Schluss damit, und genau genommen ist vollkommen gleich. Wenn man die Leiche geraubt hat, will ich sie und die Täter und wenn er tatsächlich auferstanden ist, dann wandelt er in meinem Land umher. Oder nicht?
INSPEKTOR: Ja schon, aber...
HERRSCHER: Fangt ihn. Wie sagt man so schön: Tod oder lebendig.
11.
HENKER: Du, Barabas, verurteilter Dieb, Wegelagerer und Mörder, hast dich nach einer Vollständigen Begnadigung, nach einer Amnestie des Herrschers selbst, erneut des Mordes schuldig gemacht. Und als wäre dies nicht genug gewesen; war es keiner deines Volkes; sondern ein Soldat des Kaisers, den du aus dem Leben gerissen hast. Dafür soll nun deine endgültige Strafe der Tod am Kreuz sein.
MANN: Ich war es nicht, ich bin es nicht gewesen.
HENKER: Schlagt ihn an!
MANN: Ich war es nicht, ihr müsst mir glauben, dieses Mal bin ich frei von Schuld.
12.
MENSCH: Ich hätte den Soldaten nicht töten sollen. Sie haben einen Unschuldigen dafür hingerichtet.
FREUND: Du hattest keine Wahl. Und es war kein Unschuldiger.
MENSCH: Aber diese Tat hat er nicht begangen
FREUND: Das erste Mal bist du für ihn, nun ist er für dich in den Tod gegangen. Das ist gerecht.
MENSCH: Was hat denn Gerechtigkeit mit meinem Mord zu tun. Es war falsch und ein anderer büßt nun. Ihr hättet mich nicht retten dürfen. Ich fühle, dass ich in diese Welt nicht mehr gehören. Alles was ich jetzt noch geben kann, ist nur Leid und Unglück
FREUND: Was redest du denn da? Ohne dich sind wir nichts. Die Menschen glauben an dich sie vertrauen dir. Sie brauchen deine Kraft deine Überzeugung, deine Visionen. Ohne dich wird unser Land niemals frei sein.
MENSCH: Ich habe es nicht gewollt, ich habe das alles nicht gewollt, aber man hat keine Wahl. Man wird hinein gerissen, man tut seine Pflicht und je mehr man tut umso schlimmer wird es. Und alles nur weil man sich kümmert.
13.
MUTTER: Er ist jetzt in einem Alter, da man sich heraus halten muss. Er lernt eigenständig zu denken. Er lernt Dinge zu hinterfragen, er lernt zu lieben und zu hassen. Aufrichtig zu hassen. Da kann ich mich nicht in den Weg stellen. Ich muss ihn Mensch werden lassen, weil ich so oder so nicht mehr kontrollieren kann, was für ein Mensch er wird. Seien sie nicht zu hart in ihrem Urteil. Er hat es nicht leicht.
LEHRER: Und doch muss man Grenzen setzen. Regeln die für alle gelten.
MUTTER: Für was?
14.
HERRSCHER:
Für den Frieden unseres Landes will ich, dass sie gefangen werden. Immer mehr Anhänger trommeln sie zusammen, auf den Straßen preisen sie laut ihren Heiland und nicht einmal die Angst vor Strafe oder gar dem Tod kann sie noch zurückschrecken. Wenn er auferstehen kann, sagen sie, dann ist Gott auf ihrer Seite. Sie sind sich seiner Hilfe gewiss, diese Narren. Wenn ich sie alle abschlachten muss, dann ist es nicht meine Schuld sondern die dieser Terroristen.
Ich weiß nicht was gefährlicher ist ein hoffnungsloses Volk das nichts zu verlieren hat oder eines mit falscher Hoffnung , das alles zu gewinnen glaubt.
15:
MENSCH: Warum habt ihr mich zurückgeholt?
LEHRER Wir wollten kein Blut an unseren Händen.
MENSCH: Ich war bereit. Ich war bereit mich zu opfern.
LEHRER: Dein Opfer nützt niemandem etwas. Die Erinnerung an dich alleine ist nicht genug! Die Menschen brauchen deine Führung.
MENSCH: Ich war einverstanden ein Märtyrer zu sein, aber ich bin kein Gott. Ich bin dem nicht gewachsen
MUTTER: Doch mein Junge, dass bist du.
MENSCH: Ihr hättet es mir sagen können.
LEHRER: Die Menschen mussten jemanden sehen, der bereitwillig in den Tod geht. Du selbst musstest es glauben. Jetzt werden sie auch glauben, dass du wieder gekommen bist.
MENSCH: Ich bin zu schwach. Ich bin nur ein Mensch
MUTTER: Ach mein Kind, du bist so viel mehr, für sie für mich, für die Welt bist du so viel mehr. Du bist die Freiheit.
MENSCH: Ich habe Angst
MUTTER: Das brauchst du nicht, ich bin bei dir.
16.
MENSCH: Ich bin zurückgekehrt um euch meine Liebe zu bringen, meine Liebe und Gottes Freiheit. Aber nicht seine Macht, nicht meine Taten sondern die Euren sind es die letztlich den Weg für unser aller Freiheit bereiten. Seht diesen Feigenbaum dort. Der Sommer naht und seine Äste schlagen aus. Grün wachsen sie bis zum Himmel empor. Auch euer Sommer naht und wie für die Bäume ist die Zeit für euch gekommen, auszuschlagen.
HÖRER: Aber ist es nicht Frieden, den du uns gepredigt hast?
MENSCH Ich will den Frieden auf Erden für alle Völker und ich will, dass ihr ihn euch nehmt.
Versammelt euch in der Stadt, bringt jeden Bruder, jede Frau und jeden Freund und wartet bis komme.
17.
MANN: Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich nicht aufrichtig bin:
FRAU: Du tust, was du musst, denke ich.
MANN: Und sie stört dich nicht, diese Täuschung?
FRAU: Doch, schon.
MANN: Aber?
FRAU Kein aber, muss es ein Aber geben? Küss mich.
MANN: Wie kannst du mich küssen, wenn du mich nicht für aufrichtig hältst?
FRAU: Ich halte dich für Aufrichtig. Mir gegenüber bist du es.
MANN: Und alles an was du denkst, bist nur du selbst?
FRAU: Wäre ich dann hier, hier bei dir?
MANN: Ich fühle nur Traurigkeit. Wir beginnen einen Krieg. Sie werden sterben diese Schafe und alles was ich fühle ist Traurigkeit
FRAU: Küss mich.
18.
SOLDAT: Bist du die Mutter des Aufwieglers?
MUTTER: Ich bin die Mutter aller Menschen, mein Junge
SOLDAT: Wie auch immer, du bist festgenommen. Der Herrscher will dich sehen.
19.
HERRSCHER: Weißt du, warum du hier bist, Frau?
MUTTER: Weil du Angst hast.
HERRSCHER: Du hast zumindest keine.
MUTTER: Wovor sollte ich schon Angst haben?
HERRSCHER: Vor dem Tod?
MUTTER: Ich kenne ihn, er bringt nur Seligkeit.
HERRSCHER: Dachte ich mir, dass du das sagst. Dann vor der Folter. Erst vor kurzem haben sie hier einen Mörder halb Tod geprügelt. Er lebte am Ende noch, wenn man das ein leben nennen kann. Aus Gnade habe ich ihn am Ende hinrichten lassen.
MUTTER: Schmerzen sind nur ein weitere Weg zur Erlösung.
HERRSCHER: Du bist gefährlich und wenn es das Volk nicht noch weiter erregen würde, hingst du längst am Kreuz.
MUTTER: Jedes weitere Kreuz bringt nur zwei weitere Latten für euren Scheiterhaufen.
HERRSCHER: Drohst du mir?
MUTTER: Dass muss ich nicht, du zitterst schon vor Angst
HERRSCHER: Wo ist dein Sohn?
MUTTER: Bei seinem Vater im Himmel
20.
SOLDAT 1: Hast du Claudius gestern gesehen?
SOLDAT 2: Nein ich konnte nicht. Meine Frau hat ein riesiges Theater veranstaltet. Sagte, ich verbringe nicht genug Zeit mit der Familie.
SOLDAT 1: Mann, ich kann nicht fassen, dass du es verpasst hast.
Er alleine gegen vier Mann. Es war sagenhaft.
SOLDAT 2: Denke ich mir und ich hatte mir extra die Karte einen Monat vorher gekauft.
SOLDAT 1: Und es heißt, dass er vielleicht zurücktritt. Ich meine, er ist ja auch schon alt
SOLDAT 2: Diese verdammte Schlampe, wenn das sein letzter Kampf war, dann kann sie was erleben.
SOLDAT1: Warum hast du sie nicht mitgenommen?
SOLDAT 2: Bist du bescheuert? In die Arena? Außerdem wäre Ester da gewesen.
SOLDAT1: Läuft das noch zwischen euch.
SOLDAT 2: Klar, die bläst wie ein Nilpferd.
SOLDAT 1: Was ist denn mit den Leuten heute los? Wo wollen die den alle hin?
SOLDAT 2: Frau, halt, was geht hier vor?
PASSANTIN: Es heißt er kommt. Er und seine Jünger, sie kommen aus der Wüste in die Stadt.
SOLDAT1: Wer kommt? Von was sprichst du überhaupt.
PASSANTIN: Der Heiland und Gott ist mit ihm. Jetzt geht es euch an den Kragen, euch Schweinen.
SOLDAT 2: Warte, bleib stehen, was meinst damit, bleib stehen habe ich gesagt. Verdammt.
SOLDAT 1: Was sollte denn das?
SOLDAT 2: Verrückte Weiber!
21.
MENSCH: Ich weiß nicht, ob den Mut habe es zu tun.
FREUND: Wir glauben an dich.
MENSCH: Ist es das wert?
FREUND: Wie meinst du das?
MENSCH: Die ganzen Opfer. Wäre es nicht besser, alles so zu belassen, wie es ist?
FREUND: Wie kommst du plötzlich auf so einen Gedanken?
MENSCH: Als ich am Kreuz hing und sie alle mich anstarrten; verzweifelt und voller Trauer, da dachte ich einen Augenblick: Jetzt halten sie es nicht mehr aus. Jetzt erhebt sich der Aufstand und sie befreien mich, koste es was wolle. Sie haben es nicht getan, sie stand nur da und haben gejammert. Und ich dachte mir. Wie kann ihr Leben so schrecklich sein, wenn sie diese Gräuel mit ansehen und schweigen können.
FREUND: Es war nicht der richtige Zeitpunkt, wir waren noch nicht genug. Zu viele haben gezweifelt, aber das ist jetzt anders.
MENSCH: Darum geht es doch gar nicht, das habe ich doch nicht gemeint.
FREUND: Wenn wir jetzt aufgeben sind unsere Bemühungen unser Schweiß unser Blut völlig umsonst gewesen. Wir haben uns entschieden, und jetzt gibt es kein Zurück.
MENSCH: Aber mit jedem Schritt vorwärts, gibt es nur noch mehr Schweiß und Blut.
FREUND: Glaubst wirklich es endet, wenn wir aufhören? Sie werden uns jagen und wenn wir sie nicht entthronen werden sie uns auch finden.
FRAU: Deine Mutter, ich habe es gerade gehört, sie haben deine Mutter. Sie halten sie gefangen.
FREUND: Siehst du, sie kennen auch keine Gnade, wir müssen es vollenden.
MENSCH: Ja...
22.
FRAU: Zweifel nicht mehr mein Liebster, unser Leben, unsere Liebe, all das steht auf Spiel. Wenn wir jetzt nicht zaudern, ist unser Glück nicht weit. Stell dir nur vor: Freiheit. Ein freies Land und Frieden für jeden Menschen: für uns für deine Eltern und für unser Kind.
MANN: Für unsere Kind?
FRAU : Ja
23.
MENSCH: Die Zeit des Zweifels hat ein Ende. Unser Leben, unsere Liebe zu unseren Eltern und unseren Kindern, alle das steht auf dem Spiel. Die Freiheit, meine Brüder und Schwestern, sie glänzt wie ein Stern am Firmament, aber sie ist kein Stern, denn sie ist greifbar für uns geworden.
Du sollst nicht töten, sagt Gott und er hat recht. Du sollst lieben sagt er und er hat recht. Doch um zu lieben, müssen wir verhindern, dass unsere Liebsten getötet werden.
Wir hassen nicht, wir zürnen nicht, wir wollen nichts als nur den Frieden. Nun meine Freunde holen wir ihn uns!
24.
INSPEKTOR: Sie stürmen aus allen Gassen zum Palast. Viele sind bewaffnet; andere schreien einfach nur wie die Verrückten. Es sind so viele, einige Männer wurden einfach nieder getrappelt. Die Wächter hatten keine Wahl, als sich zurück zu ziehen und die Tore zu schließen, aber jetzt hämmern diese Wahnsinnigen an die Pforten und schreien nach Gott, er soll die Mauern einreißen. Ein Paar der Männer glaubten, dass dies wirklich geschehen könnte und sind geflohen.
HERRSCHER: Ich habe eine Aufgabe für dich.
INSPEKTOR: Für mich?
HERRSCHER: Du wirst diesem Auferstandenen gehen und ihm sagen, dass ich ihn sprechen will.
INSPEKTOR: Herr, in deren Augen bin ich genau so ein Feind wie ihr. Selbst wenn ich, nein weil ich von ihrem Volk bin. Wenn ich da raus gehe, zerreißen die mich
HERRSCHER: Dann solltest du beten, dass euer Messias wirklich so gnädig, ist wie er behauptet.
25.
EIFERER: Freiheit für unser Volk,
EIFERER 2: Oh Herr alle Dinge, bring uns dein Licht.
EIFERER: Zerdrücke die Unterdrücker mit deiner göttlichen Faust
ALLE: Heil dir, Heiland, Heil dir Heiland, heil, heil, heil!
26.
INSPEKTOR: Ich komme, um dir zu sagen, dass der Herrscher dich sprechen will
MENSCH: Was kann er mir schon zusagen haben?
INSPEKTOR: Er will den Frieden verhandeln. Er sagte, er kenne einen Weg, wie dieser Streit ohne weiteres Blutvergießen enden kann.
MENSCH: Wirklich, dann weiß er mehr als ich.
INSPEKTOR: Er sagt, wenn ihr ihm traut, werdet ihr es nicht bereuen.
MENSCH: Wo will er mich treffen.
INSPEKTOR: Ihr sollt in den Palast kommen.
MENSCH: Ein guter Scherz, warum sollte ich mich dieser Gefahr aussetzten.
INSPEKTOR: Er sagt, wenn ihr wirklich der Heiland seid, dann gibt es für euch keine Gefahr, die ihr euch aussetzten könntet und er sagt auch, dass er Frieden will. Wenn er euch tötet, so weiß er, gibt es nur Mord und Totschlag.
27.
MANN: Ich werde gehen
FRAU: Das kann nicht dein Ernst sein.
MANN: Warum nicht, vielleicht meint er es ernst.
FRAU: Und wenn nicht? Er wird dich töten!
MANN: Und damit sein Schicksal besiegeln. Sie legen seinen Palast in Schutt und Asche, wenn ich sterbe.
FRAU: Bist du derartig versessen darauf zum Märtyrer zu werden?
MANN: …
FRAU: Bedeute ich dir nichts, sind wir dir völlig egal? Wir sind so kurz davor, ihn zu stürzen, wir gewinnen, siehst du das nicht? Wir gewinnen ohne deinen Tod
MANN: Willst du wirklich einen solchen Sieg?
FRAU: ...
MANN: Ich liebe dich1
FRAU: Komm mir nicht so!
MANN: Du weißt, dass ich gehen muss!
FRAU …. Dann verschwinde, verschwinde und komm nicht wieder!
MANN: Ich schwöre, dass ich wieder komme, ich schwöre es, meine Liebe.
FRAU: Schwör lieber nicht...
28.
HERRSCHER: Du bist wirklich gekommen.
HEILAND: Meine Jünger glauben, ich bin verrückt.
HERRSCHER: Damit könnten sie recht haben. Nun, es ist mir jedenfalls eine Freude, dich so munter wieder zu sehen. Das letzte Mal sahst du ein wenig abgekämpft aus.
HEILAND: Das könnten an deinen Foltermethoden gelegen haben.
HERRSCHER: Warum so bitter? Es sollte keine Bitterkeit zwischen uns herrschen, wo wir doch beide nur Frieden wollen. Im Übrigen sind es nicht meine Foltermethoden. Wenn es nach mir ginge, würden die Verdächtigen gleich zu Anfang gestehen und niemand müsste leiden.
HEILAND: Ich hatte nichts zu gestehen.
HERRSCHER: Wahr! In deinem Fall gab es gewissen Interessengruppen, die dich Leiden sehen wollten.
HEILAND: Und zu diesen, willst du nicht gezählt werden?
HERRSCHER: Mein einziges Interesse ist Macht und die habe ich schon.
HEILAND: Wir werden sehen, wie lange noch.
HERRSCHER: Richtig, um das zu klären, sind wir ja hier, nicht wahr? Aber zuvor musst du mir eine Frage beantworten, die mir seit Wochen den Schlaf raubt
HEILAND: Frage.
HERRSCHER: Bist du nun tot, oder nicht? Und wenn nein, wie habt ihr es angestellt?
HEILAND: Nervengift.
HERRSCHER: Nervengift. So einfach. Phantastisch. Es stimmt eben doch, die einfachsten Ideen sind oft die Besten.
HEILAND: Jetzt habe ich eine Frage.
HERRSCHER: Bitteschön.
HEILAND: Damals, als man mich gefangen nahm, hättest du mich einfach im Kerker töten können, statt in einem öffentlichen Prozess einen Aufruhr zu provozieren. Warum das Risiko eingehen?
HERRSCHER: Eine gute Frage. Es gibt zwei Antworten, suche dir eine Aus:
Erstens: Ich bin ein netter Kerl und ich töte niemanden heimlich. Ich gebe jedem meiner Untertanen eine faire Chance, selbst wenn er noch so eine Plage ist. Ich konnte es nicht verantworten, dich einfach so zu töten. Ich wollte es gerecht tun. Deswegen der öffentliche Prozess.
Oder zweitens: Ich war einfach neugierig.
HEILAND: Verstehe. Noch eine Frage: Warum hast du keine Angst
HERRSCHER: Genau die wollte ich dir eigentlich aus stellen. Ich bin dran mit fragen, also Antworte du zuerst.
HEILAND: Ich habe Angst. Angst, dass mein Volk für immer verdammt ist; in der Sklaverei andere zu leben.
HERRSCHER: Aber vor dem Tod hast du keine Angst!
Heiland: ...
HERRSCHER: Ja so habe ich dich eingeschätzt. Aber freue dich nicht zu früh, heute wird hier niemand sterben.
HEILAND: Richtig, wenn du dich ergibst muss niemand mehr sterben. Die Stadt ist in unserer Hand, der Palast ist umstellt, es gibt keinen Ausweg. Wenn du dich ergibst, stoppe ich die Kämpfe, niemand wird mehr getötet und du und dein Volk können das Land unversehrt verlassen.
HERRSCHER: Das ist es? Das ist dein Angebot? Das Land für mein Leben?
HEILAND: Für deines und das deines Volkes. Ja!
HERRSCHER: Gut, dann mache ich dir dasselbe Angebot: In der Wüste vor der Stadt sind fünf frische Legionen verborgen. Ich habe sie schon vor Wochen her beordert. Sie warten auf Feuerzeichen die Stadt zu stürmen und jeden zu Töten, der sich dort aufhält.
HEILAND: Was?
HERRSCHER: Hast du wirklich gedacht ich lasse euch gewähren: Eure kleine, sinnlose Revolution, sie war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Wenn ich dieses Volk nicht beherrschen kann, dann lösche ich es eben aus. Wir haben genug Siedler in unserem Land, die sich die Finger nach euren Äckern lecken würden.
HEILAND: Was? Aber? Soweit würdest du nicht gehen.
HERRSCHER: Unterschätze mich nicht. Niemals! Ich lasse mich von euch nicht erpressen. Ich diktiere euch euer Leben!
HEILAND: Das ist nicht wahr.
HERRSCHER: Du weißt, dass es war ist.
HEILAND: Wenn du das tust, gibt es einen blutigen Krieg, in dem auch deine Leute sterben werden und vielleicht sogar du selbst.
HERRSCHER. Dann werde ich am Ende auch noch ein Märtyrer. Wäre das nicht schön? Aber sei unbesorgt, es gibt einen einfachen Ausweg. Es liegt in deiner Macht, unseren Völkern eine guten Zukunft zu bringen.
HEILAND: Was soll ich tun?
HERRSCHER: Du gehst hinaus und predigst den Menschen von deinem Frieden. Du sagst ihnen, dass sie die Waffen niederlegen sollen, dass sie sich in Gottes Namen ergeben sollen. Sag ihnen, dass ein Leben in Knechtschaft besser, ist als ein freier Tod.
HEILAND: Und wenn ich mich weigere?
HERRSCHER: Du weißt, was dann passiert.
HEILAND: Ich werde mein Volk nicht in die Sklaverei verdammen:
HERRSCHER: Ist das dein letztes Wort?
Ende
Tag der Veröffentlichung: 18.09.2010
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