'Im Kindergarten Alter von ungefähr 4 Jahren glaube ich fing alles an. Ich meine damals war es noch erträglich und normal, weil jeder Junge in diesem Alter irgendwas macht was nicht in das Konzept der Erwachsenen passt, aber es wurde eben immer schlimmer und der Druck der auf mich lastete immer mehr. Ich weis es noch als wäre es Gestern gewesen. Ich weis nicht mehr was ich angestellt hatte, aber ich kann mich erinnern, dass ich irgendwas getan habe was meine damalige Erzieherin im Kindergarten dazu brachte meine Mutter, die auch im Kindergarten arbeitete, umgehend davon zu informieren. Ihr einziges Problem war, das ich das mit mir nicht vereinbaren konnte. Ich wollte es meiner Mutter selber beichten, mir ein reines Gewissen schaffen. Also trat und schlug ich auf die Erzieherin ein. Doch sie lies mich solange nicht gehen, bis meine Mutter vor mir stand und mich weg zerrte. Als wir allein' waren fragte sie mich was ich mir dabei gedacht habe und warum ich das gemacht hab'. Du kannst dir denken, das die Frage für ein Kind im Kindergarten nicht zu beantworten ist, weil man gar nicht weis was man denkt wenn man irgendetwas tut. Also sagte ich, dass ich es nicht weis. Meine Mutter fand das natürlich nicht sehr toll, und wurde wütend. Sie schrie mich an wie dumm man doch sein muss um irgendwas grundlos zu tun. In mir staute sich alles auf was sich aufstauen kann. Schmerz, Trauer, Wut, Hass und das erste mal in meinem Leben wirklicher Selbsthass. Als wir zuhause ankamen kapselte ich mich vollkommen ab. Ich setzte mich in mein Zimmer, aß nichts und weinte Tag ein Tag aus. Ich war tagelang mit traurigen und verweinten Augen durch die Welt gelaufen. schon damals merkte mein Bruder, dass ich nicht war wie alle anderen. Die meisten in diesem Alter vergessen solche Vorfälle und gehen am nächsten Tag wieder spielen und stellen wieder etwas an. Bei mir jedoch war es nicht so. Ich war über mehrere Wochen in Grund und Boden erschüttert. Ich wusste nicht mehr wo Oben und Unten ist. Man könnte meinen, dass das die erste Depression war.
Ich fragte ihn, wie es denn im Alter zwischen 6 und 10 Jahren lief.
'Ah, Die Grundschulzeit. Ich muss sagen, am Tag meiner Einschulung war ich nervös und sehr beängstigt wegen den älteren Schülern, das hat sich aber im Laufe der Zeit gelegt. Ich war eigentlich immer ein guter Schüler, vor allem in Fächern wie Englisch und Deutsch. Doch je älter ich wurde, desto größer wurden natürlich auch die Probleme. Ich hatte zwar immer gute Noten, war jedoch halt sehr munter und redete sehr viel. Das führte natürlich dazu dass mich meine Leher immer ermahnen mussten, und ich damals schon oft aus dem Klassenraum geschickt wurde. Meine Eltern erfuhren logischer weise davon, und schrien immer und immer mehr. Das ging dann halt immer so weiter und im Alter von 8 Jahren fing mein Vater an mich zu schlagen. Erst nur mit der flachen Hand, aber später mit allem möglichen, wie einer Metallstange von einem Zelt. Er brachte mich immer runter in den Keller, damit mich niemand schreien hörte. Damals schlug er mir auf den Hintern, wie das jeder Vater irgendwann mal macht. Und in der Zeit der 4. Klasse, also im Alter von 10-11 Jahren, schlug er mir damit so lange in den Rücken und gezielt auf die Wirbelsäule bis ich zusammen sackte und auf dem Boden lag. Das passierte mir immer und immer wieder, solange bis ich so viel Wut und Hass in mir hatte, dass ich meinen Vater gegen die Beine trat und ihm als ich wieder stand in dem Magen schlug.
Danach bin ich nach Oben gerannt und hab' Schutz bei meinem großen Bruder gesucht, der mich dann verteidigte und unseren Vater beruhigt hat. Jedoch blieb mein Bruder nicht mehr lange zuhaus'. Als ich die 4. Klasse abgeschlossen hatte zog er aus, und ich stand allein und schutzlos da.
'2008 kam ich dann auf ein Gymnasium. Schon am ersten Tag, als wir uns unser Klassenzimmer ansahen, fing ich an mich mit einem Jungen aus meiner Klasse zu prügeln. Im Endeffekt musste ich am Ende der Schlange von Schülern neben unserer Klassenlehrerin laufen und der andere Junge am Anfang neben unserem Schulleiter. Meine Noten waren damals auch noch recht gut. In Geschichte zum Beispiel hatte ich zum ersten Halb eine 1 auf dem Zeugnis, was meine Eltern und vor allem auch mich glücklich machte. Ich dachte dass jetzt alles besser wird und ich diese Zeit des Schmerzes jetzt vorbei ist. Das Gegenteil bewies mir die Welt mit dem Anfang der 6. Klasse. Damals spielte ich mit meinem besten Freund für mein Leben gerne Hockey. Und ich weis es noch ganz genau. Wir saßen in der Halle auf einer Bank und warteten auf die Mädchen, die natürlich immer länger brauchten um sich um zu ziehen, und als erste von ihnen kam sie rein. Schon als ich sie durch die Tür gehen sah war ich hin und weg von ihr. Ich fragte Jonah ob er denn weis wer sie ist, aber er antworte nur mit einem leisen ne.
Trainieren konnte ich dann gar nicht mehr. Ich war viel zu geblendet von ihr, dass ich mich nicht mehr konzentrieren konnte. Es dauerte eine ganze Weile, aber bei einem Spiel von unsere Mannschaft erzählte mir eine der Mädchen, dass Celina in mich verliebt sei. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht was ich hätte tun sollen, weil ich nicht mal wusste ob das die Wahrheit war, oder nur ein schlechter Scherz. Aber ich entschloss mich mich ihr zu nähern, also redete ich ganz normal mit ihr. Über das Spiel, und wie schlecht unser Defensive doch ist. Schon in den ersten paar Minuten sprang irgendwie ein Funke über, und ich merkte dass sie etwas besonderes war. Als wir dann am nächsten Tag in der Schule waren wusste bereits jeder davon, und jeder wollte uns zusammen bringen. Jeder in meiner Klasse meinte dass ich zu ihr gehen soll und was für ein süßes Paar wir nicht wären. Ein paar Wochen später bat ich ein Mädchen aus meiner Klasse mir die Handynummer von ihr zu besorgen. 2 Stunden später hatte ich sie, und ich war nervös ohne Ende. Am Abend überwindete ich mich dann dazu ihr zu schreiben. Wir haben viel geschrieben. so viel, dass meine Handyrechnung unbezahlbar war. Das ärgerte meine Eltern natürlich, und mit denen lief es auch nicht viel besser. Sie kassierten mein Handy ein, gaben mir Hausarrest und schlugen mich immer weiter. Da ich kein Handy hatte musste ich mit Celina reden. Ich ging also zu ihr und erklärte ihr mit zitternden Beinen und verschwitzten Händen dass ich nicht mehr mit ihr schreiben konnte, weil meine Eltern mein Handy hatten. Im Endeffekt hab ich mich bei einem Schüler-Community-Center angemeldet und schrieb da weiter mit ihr. Wir schrieben über das Fernsehen und über Hockey. Als ich dann mein Handy hatte fing es damit an, dass wir telefonierten und schneller als ich gucken konnte waren wir ein paar. Ich war damals überglücklich. Ich war so erfüllt mit Glücksgefühlen und Liebe, dass ich alle Probleme um mich herum vergas. Aber der Schein trübte. Ich war mit meinem besten Freund über das Wochenende zum Motocross gefahren. Bis zum vorletzten Abend war alles schön und gut, doch dann versuchte ich sie, gegen 18 Uhr oder so, sie an zu rufen. Doch sie ging nicht an ihr Handy. Ich schrieb ihr und rief sie tausend mal an, doch es kam keine Antwort. Am nächsten Morgen rief mich ein Junge aus meiner Klasse an und machte mir klar, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben will und sie Schluss macht. Ich brach körperlich und seelisch vollkommen zusammen. Nachdem ich aufgelegt hatte viel ich sofort zu Boden und wachte 10 Minuten im Wohnwagen von Jonah's Eltern auf. Sie fragten mich alle völlig hektisch und hysterisch was passiert sei, aber ich war wie verstummt. Ich schüttelte nur meinen Kopf, stand auf und ging in den Wald. Ich versuchte immer und immer wieder sie an zu rufen. Ohne Erfolg. Ich sagte bis zum späten Abend nichts. Auch nicht auf der Rückfahrt mit Jonah's Eltern nicht. Als ich dann zuhause ankam fragte mich meine Mutter wie es denn war und ob alles okay ist. Ich nickte nur und ging in mein Zimmer. Ich machte als erstes meinen Computer an, um Celina im Internet an zu schreiben und mir eine Erklärung zu holen. Ich hörte die ganze Nacht Musik und schrieb ihr seitenlange Texte. Ich schrieb ihr wie sehr sie mich verletzt hat und das meine ganze Welt zusammen gebrochen war. Ich denke dieser Moment, diese Erfahrung hat mich geprägt und von Grund auf verändert. Mein Leben wurde dunkler, und ich fing an mir die Arme auf zu schneiden.'
'Am Ende der 6. Klasse kamen wir wieder zusammen, jedoch verstarb mein Onkel in der Zeit, und ich starb mit ihm. Ab dem Tag war ich innerlich tot. Und ab diesem Tag fing ich an Stimmen zu hören. Das einzige gute am Leben war Celina damals. Aber meine Problemen überragten und ich wusste nicht mehr wer ich bin und was ich tun sollte. Nach ungefähr einem Monat verließ ich Celina dann, wegen einer anderen. Doch nach circa einer Woche konnte ich nicht mehr, und wollte einfach nur zu ihr zurück. Ein paar Tage später stand ich im Konflikt mit mir selbst, und zwischen zwei Mädchen. Zwischen ihr und der für die ich sie verlassen hab'. Ich war so verzweifelt. Ich wusste nicht mehr was ich fühle oder denke, und im Endeffekt habe ich sie wieder verlassen. Diesmal hielt das alles für einen Monat, aber genau am 31. Tag meiner Beziehung mit Lisa merkte ich, dass ich einen schrecklichen Fehler begangen hatte, und kam wieder zu Celina zurück. Das alles addiert mit dieser Schizophrenie in mir ergab, dass ich total zusammen brach und Hilfe brauchte. Ich fand Hilfe, bei ihr. Zu meinem eigenem Erstaunen waren wir ein ganzes Jahr zusammen. Jedoch war das ein Jahr voller Streit, Angst, Hass, Eifersucht und Depressionen. Wir stritten andauernd, über völlig banale Dinge. Zum Beispiel schrieb ich mit einer Freundin von Celina, und sie fing an mich regelrecht zu stalken. Sie hackte sich in meine Internet Profile und las alle meine Nachrichten um zu sehen ob ich sie betrüge oder etwas in der Art. Und sie fand immer irgendwas worüber sie sich aufregen konnte.
Mich zerstörten diese ganzen Streitereien, und schnitt mir Nacht für Nacht die Arme auf, bis ich meine Haut vor lauter Narben nicht mehr sehen konnte. Schon als meine Eltern das zum ersten mal sahen fingen sie damit an, dass sie mich in eine Klinik stecken wollen. Fingen an mir zu sagen dass ich krank bin, dass ich weg gesperrt gehöre, dass man mich nicht auf die Menschheit loslassen könne. Und dann wechselte ich die Schule und traf sie.'
Er zündete sich eine Zigarette an und erzählte weiter.
'Ich hab sie zwar schon mal vorher gesehen, wegen ihrem Exfreund, aber erst als ich auf ihre Schule kam waren wir uns so nah. Wir freundeten uns schnell an und redeten oft mit einander. Das war natürlich wieder etwas über das sich Celina aufregte, und Patricia's Freund ebenso.
Ihr Freund hatte oft versucht mich zu verprügeln, schaffte es jedoch nie wirklich. Irgendwann waren Patricia und ich uns noch näher. Wir trafen uns in jeder Pause und redeten über Beziehungen und über Celina und die Probleme die wir hatten. An einem Wochenende, nicht viel später kam sie zu mir. Wir haben irgendeinen Horrorfilm geguckt, und wir waren beide single, weil Celina und ich zu viel Stress hatten und ihr Exfreund nur noch Stress gemacht hat.
Naja, wie das so läuft lag sie halt irgendwann in der Mitte des Filmes halb auf mir, und das Ende von dem Film haben wir gar nicht mehr mit bekommen, weil wir nur noch damit beschäftigt waren uns zu küssen und zu lachen. Ich war sehr glück zu dem Zeitpunkt. Sie ist irgendwann am Nachmittag eingeschlafen, weil sie schon morgens zu mir kam und sie den ganzen Vormittag müde war. Wir wollten eigentlich gegen halb 1 in die Stadt fahren, aber ich lies sie schlafen und wir fuhren 2 Stunden später. Als sie aufwachte fragte sie mich ob ich nicht schon längst hätte weg sein wollen, und ich weis nicht warum aber sie war von meiner Antwort, dass ich lieber bei ihr bleiben wollte und wir auch später weg fahren können, gerührt und fiel mir in die Arme. Doch das Leid lies nicht lange auf sich warten. Und natürlich platzte Celina dazwischen. Ich fing wieder an mit ihr zu schreiben und ich wollte wieder zurück zu ihr.
ich konnte sie einfach nicht loslassen, ich meine sie war meine ersten große Liebe, und die zu vergessen ist nie leicht. Es kam wie es kam und ich landete wieder bei ihr. Jedoch nicht lange, weil sie immer noch paranoid war und mich kontrolliert als wäre ich in Untersuchungshaft. Ich stand also wieder zwischen zwei Mädchen. Ihr und Patricia. Aufgrund der Erfahrungen mit Celina entschloss ich mich Patricia zu beten mir zu verzeihen. Sie tat es, und wir hatten eine wundervolle Zeit zusammen, für ungefähr 2 Monate. Und dann, was auch sonst, traf ich mich wieder mit meiner Exfreundin. Ich schrieb mit ihr, telefonierte mit ihr, schluf mit ihr. Als Patricia davon Wind bekam verließ sie mich, mit dem Satz dass sie keine Lust auf meine Lügen hat. Und von da an wurde alles nur noch mehr und immer mehr.'
Ich fragte ihn was denn immer mehr wurde.
'Tja. Meine Noten fielen in den Keller und ich stritt immer mehr mit meinen Eltern. Wir schrien uns Tag für Tag an. Die Stimmung zuhause war immer miserabel. Ich fing an immer mehr und mehr zu trinken und ging immer öfter mit Freunden die noch zu mir hielten feiern. An einem Dienstag glaube ich traf ich mich das erste mal mit Justine. Wir waren alle zusammen feiern und wir unterhielten uns. Wir lachten viel, weil wir auch gut betrunken waren. Wir kannten uns zwar schon lange vorher, mochten uns jedoch nie. Aber an diesem Abend wurde sie mir sympatisch und wir beschlossen am kommenden Samstag wieder zusammen feiern zu gehen.
Der Samstag kam, und gegen um 1 nach dem Essen kam Justine. Wir wollten vorerst noch ein wenig bei mir bleiben und einfach nur reden. Wir beide haben uns auch einen Film angesehen. Und das Ende haben wir beide auch nicht gesehen. Dann sind wir zu einer Freundin von mir gefahren wo die Party war. Wir lachten viel, und tranken noch mehr. Wir kamen uns immer und immer näher, und ich fühlte mich als hätte ich ein zuhause gefunden. Alle auf der Party lächelten uns an, weil jeder meinte was für ein tolles Paar wird doch nicht wären. Da wusste ich und die anderen auch noch nicht was sie mir antun würde. Die Dinge nahmen ihren Lauf, und irgendwann fuhren meine Eltern sie nach hause. Am nächsten Tag trafen wir uns wieder. Wir sahen uns einen Film an, redeten mit einander, schlufen mit einander. Und ich weis noch, ich dachte sie würde mich glücklich machen, und ich dachte sie würde mich lieben. Ich dachte wir wären für einander bestimmt, und das alles gut wären würde. Nachdem wir uns wieder getroffen hatten brach aus irgendeinem Grund der Kontakt zwischen uns ab. Meine Welt brach mal wieder zusammen, und noch mehr zerstörte mich ihr Anblick und zu wissen, dass sie glücklich ist und das es ihr gut geht. Zu wissen dass sie das alles gar nicht interessiert. Meine Eltern und ich fuhren in den Urlaub an die Ostsee. Ich schrieb wieder mit Justine, weil ich sie einfach nicht gehen lassen konnte, und stellte fest dass sie Sachen von mir hatte. Also trafen wir uns ,nachdem ich wieder zurück war, wieder und alles ging von vorne los. Wieder mal schlufen wir mit einander und wieder mal lies sie mich allein' da stehen. Sie lies mich allein' in einem Haufen voller Scherben sitzen. Bis heute kann ich sie nicht gehen lassen. Bis heute will ich nicht ohne sie Leben. Und bis heute weis ich nicht wer ich bin.'
Nico starb am 22.12.2012 an Suizid.
Seine Geschichte ist zu real um sie zu hassen.
Und seine Geschichte zeigt, dass die Probleme der Jugendlichen oft unterschätzt werden.
Sie zeigt, dass manche Menschen anders sind und Hilfe benötigen
Tag der Veröffentlichung: 15.12.2012
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