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1.

Es war jetzt schon 20 Jahre her seitdem Aksan mit seiner Frau Zümra nach Deutschland gekommen war. In der Türkei hatte es Krieg gegeben und er konnte sich und seine Familie dort nicht mehr ernähren. Trotzdem war das Leben hier in Deutschland nicht unbedingt leichter für die beiden geworden. Sie lebten zu fünft in einem kleinem Zimmer in Hannover im Stadteil Linden. Die Toiletten waren auf dem Gang und wurden auch von den andren Bewohnern mitbenutzt. Für ihn , seine Frau Zümra und die Kinderwar es nicht leicht. Seine beiden Söhne Ahmet und Sezal und seine kleine Tochter Melek die gerade mal vier Jahre alt war hatten nie viel Platz gehabt und noch nie ein eigenes Zimmer. Die beiden Jungen waren 10 und 12  Jahre alt aber sie beklagten sich nie

 

Der Anfang war für die Familie nicht leicht gewesen, Aksan war als Flüchtling nach Deutschland gekommen und hatte sich zuerst mit illegalen Jobs über Wasser gehalten bis er die Deutsche Staatsbürgerschaft beantragen konnte und seinen ersten Festen Job in einer Baufirma bekam. Mit der Zeit hatte er es geschafft auch den Rest seiner Familie nach Deutschland zu schleusen. Aksan hatte ein kleines Zimmer bekommen in einem Hochhaus am Rande der Stadt. Das gleiche in dem die Familie immer noch drin wohnte. Er hatte schon längst ein besseres mieten wollen aber dafür reichte das Geld nicht. Mittlerweile hatte Aksan auch geschafft für seine familie die Deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Am Anfang hatte Aksan in einer Fabrik für Bausteine und Hausbaumateriealien gearbeitet aber er war Jahre später gefeuert worden. Akim erinnerte sich noch genau an seinen Chef, ein grobschlächtiger mürrischer Bauunternehmer, der sich gerne als Chef aufspielte. Alle hatten ihm zu gehorchen.

 

Aksan war kein fauler Arbeiter gewesen. Er war herzensgut, half seinen Kameraden und machte nicht länger Mittagspause als er sollte. Und trotzdem hatte man ihn entlassen. Akim konnte es bis heute noch nicht ganz verstehen. Manchmal dachte er es wäre vielleicht aufgrund seines Ausländischen Aussehens. Der Chef mochte keine Ausländer, aber Aksan fühlte sich als Deutscher. Jahre waren vergangen und Aksan war lange arbeitslos gewesen und auf sich alleine gestellt. Er hatte Arbeitslosengelt bekommen, aber es war nicht viel und nachdem er einen“ Ein Euro Job“ angenommen hatte, bekam er auch kein Arbeitslosengeld mehr. Eine Weile lang wollte man ihn sogar abschieben, aber Aksan hatte mit seiner Familie darum gekämpft in Deutschland bleiben zu können. Er hatte es schließlich auch irgendwie geschafft nicht abgeschoben zu werden aber Geld bekam er trotzdem nicht. Er würde für die Deutschen immer ein fremder bleiben, ein Ausländer, der nicht in ihre Reihen gehörte. Das spürte er oft. Es machte ihn traurig aber er konnte nichts dagegen tun. Seine Familie hatte sich damit abgefunden und versucht irgendwie damit zu leben.

 

Aksan hatte angefangen sich mehrere "Ein Euro Jobs“ zu nehmen. Aber es hatte noch nicht mal für das nötigste gereicht. Seine Familie und er kauften nur das Lebenswichtigste und nie wurde etwas weggeschmissen.

 

Anfang September hatte Aksan endlich eine Stelle bei Mc Donalds bekommen. Er hatte versucht sich auch bei hochwertigeren Arbeitsstellen vorzustellen aber er hatte nie Glück gehabt. Es schien fast so, als hätten viele Leute Vorbehalte gegen ihn, ohne ihn auch nur zu kennen.

 

Der Wecker riss ihn aus seinen Gedanken Drii!! Drii! Erschrocken erwachte Aksan aus seinem Schlaf . In einer halben Stunde musste er bei Mc Donalds sein, dann fing seine Schicht an. Seine Kinder waren schon wach, sie waren bereits angezogen und saßen am Frühstückstisch der aus einem Umgestülpten Umzugskarton bestand. Zümra bereitete bereits ein Fladenbrot zu für das Mittagessen. Zum Glück hatten sie eine kleine Kochniesche in der Ecke.

Um Punkt sechs Uhr war Aksan fertig angezogen und auf dem Weg zu Mc Donald‘s. Sein Kollege und gleichzeitig sein bester Freund Hüseyn begrüßte ihn freundlich: „Peki iyi uyudum? Das heißt soviel wie “Na hast du gut geschlafen?" “Ja habe ich, danke” sagte Aksan und ging in den Abstellraum indem alle die Handfeger und Besen untergebracht waren. Er nahm sich einen Besen und begann seine erste Ecke zu fegen. Bereits um acht Uhr kamen die ersten Besucher, die sich gleich schon mal zum Frühstück Rührei mit panierten Pancakes und einem Big Mac einverleiben wollten. Akim konnte nicht verstehen wie sie das schon zum Frühstück hinunterwürgen konnten. Ihm wurde bereits beim Geruch eines Burgers schlecht. Aksan beobachtete bei seiner Arbeit gerne die Leute, die bei Mc Donalds essen gingen. Die Mehrheit war fett und hatte eine grobe Ausdrucksweise. Und essen konnten sie alle viel. Unter zwei Burgern lief da fast nichts. Aber es kamen auch solche Leute die warscheinlich sehr selten bei Mc Donalds waren wie er vermutete. Sie waren dünn und wurden schon von einem Burger satt und schauten sich mit einem Blick um, als wären sie in dieses Lokal gezwungen worden und das wäre eigentlich alles viel zu unfein für sie. Und dann noch die kichernden Schulmädchen die nach dem Shopping bei Primark hier verschnauften, Burger mit Pommes in sich reinstopften und kichernd über Klassenkameraden oder Jungs lästerten. Akim kannte sie alle und er fand es lustig sich die Leute anzuschauen und zu überlegen, wer in welches Raster passte. Es kam nur selten vor, dass jemanden nicht einordnen konnte. Dann legte er ein weiteres Raster an und schaute, ob es noch mehr von diesen Leuten gäbe. Das gestaltete ihm seine Arbeit irgendwie unterhaltsamer. Die Menschen waren alle hektisch und laut und fast keiner hatte auch nur einen Blick übrig für Aksan. Am Ende des Tages war er geschafft und seine Kleider rochen nach dem Gestank der frittierten Pommes und Schweiß. Er zog seine Arbeitskleidung aus: schön in braun gehalten mit der typischen Aufschrift Mc Donalts:” I’m loving it!” Und dem gelben M. Er zog seine Arbeitskleidung aus und warf sie in eine dafür bereitgestellte Box. Noch am .Abend würde sie von der Wäscherei Abgeholt werden, Noch ein schöner Vorteil: Er konnte hier duschen. Als er endlich den Nachhauseweg antrat, konnte er kaum noch stehen, so müde war er.

 

Langsam, den Blick zu Boden gerichtet, ging Aksan am Kröpke vorbei. Eigentlich fand er diesen Platz sehr schön und wenn er Zeit hatte blieb er kurz stehen, um sich die schöne Uhr zu betrachten die dort stand. Aber jetzt war er sogar zu müde um die Augen zu heben und sich umzuschauen. Er war noch ganz in Gedanken versunken, als ihn eine grobe, und wütende Stimme hochfahren ließ:”

Hey Alter, was machst du in unserem Land!!!  Verpiss dich nach Afrika, da wo du hergekommen bist!!” Der junge Mann von dem die Worte stammten hatte ihn gewalttätig am Arm gepackt und schaute ihn mit einem aggressiven Gesichtsausdruck direkt in die Augen. Er trug eine Lederjacke, zerissene Boots und ein Militärshirt. Seine Haare waren kurzgeschoren znd er sah nicht so aus, als wäre er ein Typ der gerne scherzte. “Sag endlich was du Neger!” Brüllte er.” Ich mag hier keine Ausländer, die sind scheiße!! Nehmen uns nur die Arbeitsplätze weg!! Wenn du dich nicht sofort aus unserm Land verpisst und deine Türkenschweine mitnimmst, hol ich meine Freunde und dann wirst du sehen was mit deiner ganzen Sippe passiert !!!” Seine Stimme lallte ein wenig und er stank nach Alkohol. Aber das verminderte nicht seine bedrohliche Wirkung. Im Gegenteil, Akim bekam es langsam mit der Angst zu tun. Der Kerl sah stark und gewalttätig aus , was konnte er ein zutiefst friedlicher Mensch der jede Formen von Gewalt verabscheute schon tun.?! Deswegen stotterte er verwirrt das erste was ihm einfiel:” Bitte so lassen sie mich doch los!! Was gibt ihnen das Recht zu behaupten das ich nicht hierher gehöre, ich wohne hier!! Fast mein ganzes Leben habe ich hier verbracht. In der Türkei würde ich gar nicht mehr zurechtkommen, ich bin ein Deutscher!! Wie Sie auch, also lassen sie mich bitte in Frieden hier leben!

 

“Mir egal ob du dich hier wohl fühlst oder nicht!! Ich kann keine Ausländerschweine ertragen. Also sieh zu, dass du wieder in dein scheiß – Land gehst wo du hergekommen bist!!” Der Mann hob die Faust zum Schlag aus...

 

“ Bitte, Bitte!!! Lassen Sie mich!”, rief Aksan voller Panik, ich habe Kinder die mich brauchen und Familie!” Aber der Mann gröhlte nur vor Lachen:” Ach so Familie hast du also!? Weißt du wie egal mir das ist:Scheißegal also hör auf zu flennen!!”

 

“Hallo, Hallo!! hört mich den keiner! helft mir helft mir !!”schrie Aksan in wilder Panik und fuchtelte mit den Armen. Aber die Leute taten so als würden sie nichts hören. Zwei Frauen mit Karstadttaschen flüchteten mit ängstlichem Blick in die entgegengesetzte Richtung und ein Mann mit Kopfhörern und Aktentasche, wackelte mit dem Kopf zur Musik aus seinem Handy und schaute mit dem Blick zu Boden, während er schnell vorbeiging.

Keiner kümmerte sich um Aksan.

 

Der wusste nun wirklich nicht mehr was er machen sollte panisch überlegte Aksan was für ein Ausweg ihm blieb, er hasste Gewalt aber die Situation ließ keine andere Reaktion zu: Mit aller Kraft die er aufwenden konnte trat er den Mann erst gegen das Schienenbein und dann auf den Fuß. Als der Mann ihn nicht loslossen wollte biss er ihn. Kräftig in den Arm!

"Ahhhhhhhhhhhhh!!!" Der Mann schrie auf und ließ los: Aksan nutzte den Moment und lief so schnell er konnte davon." Nur noch nach Hause!"

 

So etwas war ihm schon öfter passiert und es kam immer häufiger vor. Bloß hatte noch niemand versucht ihn zu verprügeln.

 

Als er Zuhause angekommen war, war er endgültig geschafft und wollte nur noch ins Bett. Seine Kinder waren schon schlafengegangen, nur seine Frau wartete wie immer auf ihn: “ Na wie war die Arbeit?” Ist alles gut gelaufen? “Ja schon, aber ich wurde schon wieder von einem Natzi beleidigt und angegriffen!!"

 

”Allah! Das muss aufhören! Ich habe genug von diesen bösen Männenr die uns hassen!!!"

 

“Ich auch Zümra! Ich auch! Mehr als genug, aber was sollen wir machen?! Wir müssen uns damit abfinden, etwas anderes geht nicht! In die Türkei können wir nicht zurück wir würden dort genauso fremd sein wie hier. Außerdem haben wir inzwischen mehr deutsche Gebräuche als türkische!! Ich fühle mich als Deutscher und du doch auch! Wir sollten unsere Heimat nicht aufgeben, nur weil ein paar Menschen etwas gegen uns haben! Das wäre doch krank!!”

 

“Ja du hast recht! Es wäre nicht gut”!

 

“Wir fühlen uns hier wohl, wir fühlen uns als Deutsche, daran kann niemand etwas ändern!!”

Nach diesem Gespräch fühlte sich Akim schon wieder besser. Es war gut jemanden an seiner Seite zu haben der ihn Verstand!

Auf leisen Sohlen schlich er in das Zimmer seiner Tochter! Gute Nacht" benim çiçek" flüsterte er leise und deckte sie zu. Es wird alles gut werden. Hier hast du eine Schulbildung und Sicherheit. Das ist alles was zählt! Deine Sicherheit! Und für die werde ich kämpfen. Wir lassen uns nicht von unserm Zuhause vertreiben denn wir gehören hierher, so wie alle andern auch. Ich hoffe eines Tages wird man anerkennen, das auch wir deutsche sind und ein Recht auf Leben haben. Ich hoffe es! Aber du musst dir keine Sorgen machen, denn ich bin immer für dich und deine Brüder da!! Melek seine kleine Tochter gähnte leise und drehte sich auf die andere Seite.

 

Leise schloss Akim die Zimmertür. Es gab immer noch Hoffnung!!

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.06.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
an meine Familie und alle die unverstanden sind in ihrem Land

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