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Sina und der Regenbogenstaub

Säbelzahn

 

„Ich werde die Welt beherrschen!“, sagte Säbelzahn und lachte schaurig durch seine Eisenmaske. Der junge Zauberer würde nicht von seinem Plan abweichen die Welt in Angst und schrecken zu versetzten, Jahre lang hatte er diesen Moment geplant und jetzt sollte sich die Mühe endlich bezahlt machen.

„James!“, schrie Säbelzahn durch den Salon seines Anwesens.

Ein zierlicher Junge trippelte hinter einem dicken Stoffvorhang hervor auf den Zauberer zu. „Was kann ich für sie tun?“, fragte der Junge mit gesenktem Blick. Säbelzahn drehte sich um und ging zum Fenster. Den Jungen lies er stehen und sagte auch zuerst nichts. Doch dann rief er James wieder zu sich. Die beiden, einer groß und herrisch und einer klein und eingeschüchtert, schauten durch das Fenster und Säbelzahn zeigte mit seinem Finger auf die kleinen Dörfer rund um den Palast in dem er wohnte.

„Das alles“, sagte er ohne James anzugucken, „Das alles und noch mehr wird uns gehören, wenn mein Plan aufgeht. Ich brauche nur noch eine Gabe und dann bin ich unbesiegbar.“ „Uns?“, fragte James mit großen Augen. „Aber natürlich mein Junge. Du bist doch schließlich mein bester Berater und fast wie ein Sohn für mich. Wir werden beide das land regieren. Säbelzahn und…Gut wir brauchen noch einen cooleren Namen für dich, aber dann werden wir herrschen.“ Säbelzahn lachte wieder gedämpft unter seiner Maske.

James lacht leise mit. Der große Zauberer drehte sich schockiert zum kleinen um: „Dein Lachen müssen wir auch noch üben,“

 

Sina

 

Sina saß in ihrem kleinen Zimmer und steckte Papierflügel in ein Marshmallow. Die alte Jasmin vom Ende der Straße hatte ein paar von ihnen von einem Ausflug in die Stadt mitgebracht, doch keiner konnte etwas mit ihnen anfangen. Jetzt bastelte sie kleine Püppchen und eben diesen Schmetterling.

„Fertig!“, rief sie laut aus, als die Flügel saßen. Niemand antwortete. Sie nahm den Schmetterling und lief die alte Treppe runter. Dabei sprang sie extra stark auf die vorletzte Stufe. Ihr Bruder Jonny hatte es immer mit ihr getan. Jetzt war er verschwunden, seit fast zwei Jahren. Aus dem Wohnzimmer drangen Stimmen.

„Wo ist sie?“, sagte eine dunkle Stimme.

„Ich weiß nicht wen du meinst. Name?“, antwortete die Stimme ihrer Mutter der dunklen.

„Redet ihr über mich?“, fragte Sina und lief zu ihrer Mutter.

„Nein!“ „Ja“, riefen beide gleichzeitig. Dann packte der starke Mann das kleine Kind und trug, nein zerrte sie grob nach draußen in einen kleinen Käfig. Der Wagen, auf dem der Käfig stand setzte sich in Bewegung und brachte Sina weg von ihrer Mutter.

 

Säbelzahn

 

„Wir haben eine.“ Sagte einer der Boten, verbeugte sich und stellte sich an die Tür.

„Gut, sehr gut. Alles läuft nach Plan.“, Säbelzahn und James standen am Fenster und sahen auf das Reich, das ihnen gehörte. Ein weiteres Zauberkind war gefangen. Die Magie verschwand langsam in seinen Besitz. Die Stadt schien daran zu leiden. Waren die Wiesen heute Morgen nicht noch viel bunter gewesen? Und die Bäume größer? Alles lief nach Plan, oh ja. Angst und Schrecken würden sich ganz von alleine verbreiten.

 

Sina

 

Nach der ewiglangen Fahrt in dem Käfig kam sie völlig durchnässt irgendwo an. Auf der Ladefläche des Wagens gab es kein Dach und es hatte angefangen zu regnen. Nun saß sie alleine bibbernd irgendwo, es war dunkel und sie weinte. Das einzige, das mit ihr dort war, war ihr Spielzeug. Der Schmetterling lag in ihrer Hand und immer wenn sie auf ihn pustete und er im Windstrom wegflog, sah es so aus als würde er wirklich Leben. Wieder pustete sie auf die Flügel und das unmögliche passierte: Der Marshmallow-Schmetterling erhob sich und flog durch die Luft.

„Wow“ , sagte sie begeistert und bewunderte ihr Werk. „Du fliegst ja.“

„Und sprechen kann ich auch“, sagte das fliegende Marshmallow. Sina lachte auf.

 

 

Ein paar Wochen später ist Sina noch immer eingesperrt. Säbelzahn hatte mittlerweile das Reich unter Kontrolle. Er hatte noch zwei weitere Kinder in seine Gefangenschaft genommen und ihnen ihre Gabe genommen. Nur das Mädchen wollte ihre nicht verraten. Auch das Wahrheitsritual brachte nichts. Die kleine hatte anscheinend wirklich noch keine Ahnung, welches Talent sie besaß. Aber Säbelzahn hatte Zeit. Er hatte alles unter Kontrolle.

Ein weiteres Mal lies er das Mädchen bringen.

 

Säbelzahn & Sina

 

„Was ist deine Gabe?“, fragte Säbelzahn erneut das Mädchen mit dem Namen Sina. Verunsichert schaute sie ihn an: „Ich habe keine Gabe.“, gab sie dem Mann mit der Maske dann zu verstehen. Er kam ihr bekannt vor.

„Dein Name, Sina, er beginnt mit S. Alle Menschen, dessen Namen mit einem S beginnen, haben eine Gabe. Also welche ist deine?“

„Welche Gabe haben sie denn, Säbelzahn? Oder heißen sie gar nicht in echt so?.“, entgegnete Sina ihm schnippisch. Ein Fehler wie sich herausstellte.

„Boten! Bringt sie mir aus den Augen und findet heraus welche ihre Gabe ist.“ Ihre Chance zur Flucht wurde von zwei starken Männern, die ihre Arme festhielten blockiert. Sie drehte ihren Kopf noch einmal um, um herauszufinden, wieso der Zauberer ihr so bekannt vorkam doch ihr Augen sehen nur eines: Ein Fenster. Und durch das Fenster ihre geliebte Stadt. Nichts ist mehr wie es einmal war. Das Gras, das einmal in allen Farben geleuchtet hat war braun! Die Häuser, grau! Und die wunderschönen Bäume, weg!. Ihr liefen Tränen über die Wange und sie wurde von den Männern durch den Flur gezerrt. Das letzte was sie hörte war James der: „Was ist denn eigentlich deine natürlich Gabe?“ fragte und ein missbilligendes schnauben Sie tat so als würde sie sich geschlagen geben und lief ohne Gegenwehr mit ihnen mit. Als sich ihre Griffe ein wenig lockerten riss sie sich los und rannte davon. Nach mehreren Gängen, die alle gleich aussahen, hatte sie das Gefühl ihre Lunge würde gleich platzen. Sie rettete sich in eine kleine Kammer und blockierte die Tür mit einem Stuhl. Sie wusste: Irgendwann würden die Männer die Tür aufbekommen. Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und lehnte sich an eines der gewaltigen Regale an den Wänden. Der Raum war nicht wirklich groß und hoffnungslos überfüllt. Zwischen den Regalreihen standen haufenweise Kartons und die Regale selbst platzten aus allen nähten. Sie ging zu einem und las die Etiketten von ein paar Fläschchen vor: „Froschshenkel yummy, Höllenwarzen aha, Regenbogenstaub.“

Regenbogenstaub. Hm. Hört sich doch gut an.“, dachte sie und genau in diesem Moment rüttelte jemand von außen an der Tür. Sina lies die Flasche mit dem bunten staub in ihrer Tasche versinken und schaute sich nach einem Versteck um. Nichts. Die Tür krachte und die Männer stürmten rein. Ein Schlag und alles wurde schwarz.

Später musste sie feststellen, dass man sie wieder in den dunklen Käfig gesteckt hatte. Einer der Männer saß mit dem Rücken gegen die Gitterstäbe gelehnt auf dem Boden. Sie stöhnte und der Mann drehte sich zu ihr um. Unter seinem wachsamen Blick fühlte sie sich alles andere als wohl.

„Was ist deine Gabe?!“, schrie der Mann sie an.

„Was wollt ihr alle von mir?“, schrie sie im gleichen missbilligenden Tonfall zurück.

Beinahe enttäuscht schüttelte er den Kopf und ein wenig mitleidig sagte er ihr: „Säbelzahn erwartet dich Morgen.“, dann stand er auf.

„Du musst das nicht tun!“, rief sie ihm verzweifelt hinterher.

Kurz vor der Tür blieb e stehen sah sie aber nicht an „Was?“

„Du musst Säbelzahn nicht dienen. Du kannst in einem Dorf leben, eine Familie gründen.“, sie hatte in seinen Augen diese Sehnsucht gesehen,

„Du verstehst das nicht.“, dann ging er raus und schloss die Tür hinter sich ab.

„Was soll ich jetzt nur tun?“, sagte sie zu sich selbst und steckte ihre Hände in ihre Taschen. Es war kalt. Ihre Finger stießen auf eine glatte Oberfläche.

„Die Antwort liegt in deinen Händen.“, Sina erschrak, doch als sie die Herkunft der Stimme hörte beruhigte sie sich. Ihr Marshmallow-Schmetterling.

„Du meinst den Regenbogenstaub?“, sie holte das Fläschchen aus ihrer Tasche und schraubte den Deckel ab. Dann lies sie ein wenig auf ihre Fingerspitzen fallen. Dort wo der Staub landete wurde ihre Haut von bunten Mustern verziert. Von irgendwoher hörte sie eine Maus quieken. Ihr kam eine Idee. Sie lächelte. Dann schmiedete sie mit ihrem Spielzeug einen Plan.

 

Am nächsten Morgen, zumindest glaubte sie es sei Morgens, sie hatte jedes Zeitgefühl verloren, kamen die beiden Männer wieder und brachten sie wie versprochen zu Säbelzahn. Der Schmetterling saß unbeweglich in ihren Haaren und tat so als wäre er eine Haarspange. Sina ging dieses Mal fast freiwillig mit den beiden Männern mit. Als sie wieder an der Oberfläche waren schwang das Marshmallow seine Flügel und erhob sich aus ihren Haaren. Im nächsten Moment war er auch schon um die Kurve verschwunden. Vorsichtig balancierte er den Regenbogenstaub auf seinen Flügeln um auch ja nichts zu verlieren. Eine doppelflügige Tür wurde geöffnet und sie wurde von ihren Wachen regelrecht hineingeschubst.

„Ah, mein Ehrengast. Weißt du: Alles läuft nach Plan. Ich habe dich erwartet.“, sagte die Maske auf Säbelzahns Gesicht.

„Erwartet? Sie haben mich in ihrem Keller eingesperrt.“, was sie ihm nicht sagte: Bei ihr lief auch alles genau nach Plan.

Unbeirrt redete der Zauberer weiter: „Ich habe dank Severus eine Methode gefunden dir deiner Magie zu entziehen ohne genau zu wissen welche es ist. Sie ist nur ein wenig…schmerzhafter.“, er lachte bitter, doch Sina hatte ihn schon öfters lachen hören. Dieses Mal war es anders. Trauriger. Als ob er bedauern würde Sina gleich umzubringen. Sie schaute zu Fenster. Nichts. Sie brauchte mehr Zeit. „Und jetzt werden sie mir bestimmt verraten, welche es ist, oder?“, ihre Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.

„Richtig. Voller Magie und auch noch schlau. Nur schade, dass die Magie gleich weg ist.“, auch er hatte einen komischen Unterton. „Ich werde deine Magie, wie soll man es sagen, aussaugen. Und dann werde ich die Welt beherrschen. Mir fehlt nur noch ein wenig davon. In etwa so viel wie du hast. Ich werde über alle regieren.“

Der Junge neben ihm, James wenn ich das richtig mitbekommen hatte, sog scharf die Luft ein.

„Was?“, schnauzte Säbelzahn ihn an.

„Also wenn jemand herrschen würde“, fing James an, „dann wir nicht du. Und…“, jetzt zeigte er auf das Panorama hinter den Fensterscheiben „da wird in der nächsten Zeit gar nichts draus.“

„Nein!“, schrie der größere Zauberer und im ersten Moment wusste man nicht ob er das Wir oder die Aussicht meinte. Letzteres war wahrscheinlich.

Mein Marshmallow hatte es geschafft. Es sah so aus als wäre das Land in zwei hälften geteilt. Links war das Gras bunt und flauschig, Die Wolken hatten lächelnde Gesichter und Bäume sprießten aus dem Boden. Rechts war alles grau und triste. In der Mitte waren unzählige Tiere und wirbelten bunten, glitzernden Staub auf. Überall, wo ihre Pfoten den Boden berührten wurde es lebendig. Ganz an der Spitze der Reihe flog Sinas Spielzeug und führte die Tiere an.

„Dein Plan ist gescheitert. Die Magie kehrt zurück“, Das Mädchen lief auf den Mann zu und riss ihm die Maske vom Gesicht. Erst wollte sie ihn Unbekannter nennen, doch ihr blieb das Wort in ihrer Kehle stecken „Jonny.“, krächzte sie stattdessen ungläubig. Dann fing sie sich wieder und schrie ihn an: „Jonny? Mein eigener Bruder. Wieso?“, Tränen rannen ihr über das Gesicht.

„Du bist nicht meine Schwester!“, schrie auch er zurück, „Meine Schwester heißt Selina und ich habe allen gesagt sie sollen sie in Ruhe lassen.“

„Aber ich bin deine Schwester. Nachdem du gegangen bist wollte ich von niemanden mehr Selina genannt werden. Es hat mich immer schmerzhaft an dich erinnert. Du hast mir gefehlt.“, sie schluchzte auf. „Und jetzt bist du für mich gestorben. Endgültig.“

„Hätte ich gewusst wer du bist hätte ich dir nie etwas getan.“, sagte er traurig zu Sina.

„Hast du so lange nicht an mich gedacht, dass du mich vergessen hast. Ich bin deine Schwester. Nein! Ich war deine Schwester.“, sie schaute zu Fenster raus. „Guck doch was du angerichtet hast!“

Sie zeigte auf die noch graue Seite. Eine Frau war kurz davor aus ihrem Fenster zu springen.

„Die Leute haben so viel Angst weiterzuleben, dass sie sich umbringen wollen. Sie hassen dich.“

Mitten im Sprung der Frau flog das Marshmallow über sie hinweg. Hinter sich zog es einen Regenbogen. Auch dort wurde alles wieder fröhlich. Die Frau landete nicht auf dem Boden, sondern in den Armen eines Bären mit bunten Tatzen. Sie streichelte ihm einmal über die Ohren, bevor er sie runter lies und weiter lief.

Die Boten und anderen Angestellten murmelten leise vor sich hin.

„Wir wollen das nicht!“, sagte der Mann, der gestern vor meinem Käfig gesessen hatte und nickte mir dankbar zu. „Wir wollen unser altes Leben zurück.“

Einstimmige Rufe ertönten hinter dem Mann. Ein weißbärtiger, alter Mann trat hervor: „Wenn ich mich Vorstellen darf.“, Er verbeugte sich vor Sina, „Ich hätte da einen Vorschlag.“

 

 

Ein Treffen wurde einberufen. Die Gesetze des Landes wurden erneuert und in einigen Punkten komplett verändert. Ein Rat aus elf Mitgliedern wurde gegründet, der jedes Jahr neu gewählt würde um zu verhindern, dass eine Person zu viel Macht besaß. Sina bekam einen Ehrentitel und lebte seit dem mit ihrer Familie der alten Jasmin und ihrem Schmetterling im Palast. Sie achtet steht’s darauf immer Regenbogenstaub parat zu haben. Jonny wurde seiner Magie beraubt und lebte nun in einer kleinen Hütte, streng bewacht, im Wald.

 

Sina

 

„Ich glaube ich weiß jetzt was meine Magie ist.“, sagte sie zu ihrem Spielzeug.

„Welche ist es denn?“, fragte dieses sie gespannt.

„Du.“

„Wie Du?“

„Du bist meine Gabe. Ich hab dich doch zum Leben erweckt.“, sie lächelte.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 15.11.2014

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