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Ein belächeltes Leben


Hallo.

Mein Name ist Ilaina und ich bin 22 Jahre alt.
Ich werde Heute sterben und habe keine Angst. Ich möchte euch erzählen warum.

Vor 2 Jahren habe ich erfahren, dass ich Krebs habe. Natürlich habe ich die Chemotherapie gemacht, denn es gab ja noch Hoffnung.
Doch bald stellte sich heraus, dass egal was ich versuchen würde, mein Leben nur um ein bisschen Zeit verlängern konnte, aber der Tod würde bald kommen, darauf sollte ich mich gefasst machen.
Ihr könnt euch nicht ansatzweise vorstellen, was mir durch den Kopf ging.
Ich hatte gerade erst meinen 20. Geburtstag gefeiert, meine Ausbildung fast beendet, ich hatte einen festen Freund und einen großen Freundeskreis. Ich wollte nicht sterben, ich wollte leben.
Ich wollte alt werden und mit 80 Jahren neben meinen Mann liegen und mit faltigem Gesicht gemeinsam unser Leben belächeln.
Ich wollte Kinder, am besten einen ganzen Haufen. Und ich wollte noch viel mehr.
Aber ich würde das alles nicht bekommen.
Meine Welt brach zusammen, als wäre sie aus dünnem Glas, und die Scherben waren so klein, dass sie einfach durch meine schwachen Hände glitten. Ich konnte sie nicht festhalten.
Meinen Eltern ging es nicht besser, ich bin auch so etwas wie eine kleine Welt für sie.
Ich bin nicht ihr einziges Kind ich habe noch einen kleinen Bruder Noah.
Aber egal was passieren wird, mein Tod wird sie sehr verletzen und ich kann nicht einmal was dagegen tun.
Mein Freund war immer für mich da, doch ich merkte den Abstand den er zu mir hielt.
Er wurde immer schweigsamer und er lächelte nicht mehr. Sein Lächeln war immer so warm.
Es ging alles ziemlich schnell, wegen der Chemo verbrachte ich die meiste Zeit im Krankenhaus, meine Freunde kamen mich oft besuchen und die Zeit verging wie im Flug.
Dann war mein 22. Geburtstag und ich durfte nach Hause, nicht aus Nettigkeit, sondern, weil feststand, dass die Chemo nichts brachte.
An diesem Tag kam mein Freund erst sehr spät zu mir, als ich schon im Bett lag, ich hatte schon Angst er würde gar nicht mehr kommen, was ich ihm nicht verübelt hätte.
Ich sah einfach so schrecklich aus, keine Haare mehr, bleich, dunkle Augenränder und dürr wie ein Ast.
Doch er kam, und er entschuldigte sich auch für die Verspätung, aber er musste noch was besorgen. Es war mein Geburtstagsgeschenk.
Es war in blauem Geschenkpapier eingewickelt und hatte kleine Elefantenmotive.
Als ich es gespannt auspackte, stiegen mir die Tränen in die Augen und mein Freund nahm mich in den Arm und küsste mich sanft auf die Stirn.
Es war eine Urkunde, über einen Stern, der meinen Namen trug.
So wird für immer was von dir für die Ewigkeit da sein, sagte er.
Und er könnte immer in den Himmel schauen und mich sehen.
Ich hatte schon so viele Tränen geweint, ein unerschöpfbarer, glitzernder und nach Salz schmeckender Fluss. Doch an diesem Abend weinte ich nicht nur aus Trauer, sondern auch aus Freude.
Unter der Urkunde war noch ein kleines Büchlein, das ich fast übersehen hätte.
Er erklärte mir, dass es ein ganz besonderes Buch sei, denn alles was darin stand entspräche der Wahrheit.
Der Titel war „Einen Sternenhimmel für Liebende“.
Es war sehr klein gebunden und hatte 85 Seiten.
In dieser Nacht schliefen wir nicht, sondern lagen zusammen im Bett und er las mir aus dem Buch vor.
Es handelte ausschließlich von der unsterblichen Liebe, der Hoffnung und dem Leben nach dem Tod. Ich hasste dieses Wort Tod, es stand für das unwiderrufbare.
Es ging darum, dass die Liebe unsterblich wie die Sterne sei, denn selbst Sterne erlöschen und werden wieder neu geboren.
Das Liebespaar in dieser Geschichte verlor und fand sich immer wieder neu.
Es besagte, dass der Tod nichts Endgültiges war, denn danach würde man sich wieder sehen, man hatte die Chance sich neu zu finden, nicht nur die Liebenden, sondern auch alle anderen.
Und der Verstorbene konnte so lange im Paradies warten, bis die anderen kamen.
Es war kein dunkles Nichts, das auf ein wartete, sondern das warme Licht in dem Zeit keine Rolle spielte, sie verging so wie man es wollte. Und wenn auf der Erde die Zeit reif war und der Liebste einem folgte, konnte man so lange im Paradies bleiben, bis man wiedergeboren werden wollte und sich erneut fand.

Als die letzte Seite dieses Buches kam war meine Angst wie verflogen, denn ich glaubte daran und ich glaube es auch jetzt noch.
Ja ich werde sterben, aber ich werde nicht einfach gehen, sondern bleiben und warten.
Meine Familie, meine Freunde, meinen Liebsten werde ich wieder sehen.
Und selbst wenn wir uns in einem neuen Leben suchen und finden mussten, ich bin stark und ich schaffe das.
Auf der letzen Seite stand: Wenn die Zeit zum gehen kommt, nimmt ein Engel aus deiner Vergangenheit dich mit und führt dich ins Licht, du wirst nicht allein sein.
Ein Engel aus meiner Vergangenheit… vielleicht warten Oma und Opa auch auf uns und einer von ihnen kommt, um mich mit zu nehmen und ich werde dann mit ihnen auf die Anderen warten.
Es war alles in Ordnung, ja es war ok.
Mein Freund sah diesen zufriedenen Blick auf meinem Gesicht und er lächelte wieder, so warm und schön wie ich es in Erinnerung hatte. Ja dieses Lächeln werde ich in mein Herz schließen und mitnehmen.
Zusammen schliefen wir ein und es gab auch noch viele solcher Nächte und Morgen.

Am Schwersten fiel es mir aber doch meinem Bruder zu erklären, dass ich gehen würde, er war erst 8.
Er fragt oft, ob ich ok bin, weil ich so blass aussehe, wie die Geister im Fernsehen.
Ach er ist so süß.
Ich habe ihm erzählt, dass ich bald fortgehe, aber wir uns wieder sehen werden.
Er fing an zu weinen und ich tröstete ihn
Ich gehe zu Oma und Opa und wir warten dann auf dich und die anderen und so lange passen wir auf dich auf.
Dann fragte er wie die Engel?
Trotz meiner Stärke und der verlorenen Angst musste ich anfangen zu weinen, das war alles so ergreifend, dass die Tränen von ganz alleine in meine Augen schossen.
Ich sagte ihm, ja wie die Engel, und nahm ihn in die Arme.
Dann rannte er in sein Zimmer und kam mit einem bunt bemaltem Blatt Papier wieder. Unsere ganze Familie war drauf gemalt, sogar mein Freund.
Kannst du das Oma und Opa geben? Das hab ich für sie gemalt.
Ich nahm das Blatt und streichelte ihm über den Kopf.

Ja ich werde heute sterben, ich wollte nicht im Krankenhaus gehen, deswegen liege ich zu Hause in meinem Bett. Ich glaube nicht, dass die Anderen wissen, dass es Heute passiert, aber ich fühle es. Ich bin so müde, dass ich kaum mehr die Augen aufhalten kann.
Mein Freund liegt bei mir und liest mir wieder ein paar Stellen aus dem kleinen Buch vor, es ist so beruhigend.
Mein kleiner Bruder klopft an der Tür und bringt mir noch ein Bild, diesmal ist es für mich.
Ich als Engel, sehr hübsch muss ich sagen.
Er legt sich zu uns, umarmt mich und sagt, dass er mich vermissen wird.
Ob er es weiß?
Mein Freund macht für ihn den Fernseher an und schaltet auf seine Lieblings-Cartoon-Sendung, die habe ich auch immer gern geschaut.
Zu dritt liegen wir da, mein Bruder neben uns und ich im Arm meines Freundes, er drückt mir wieder einen Kuss auf die Stirn, als er bemerkt, dass ich ihn liebevoll ansehe und er sagt, dass er Morgen frei bekommt und mir Frühstück ans Bett bringt und auch Erdbeeren mitbringt.
Ich liebe Erdbeeren, sie sind so süß und von der Sonne erwärmt schmecken sie ganz besonders toll.
Gut, dass er morgen frei hat.
Ich freue mich und er sieht mich noch ein letztes Mal mit seinem warmen Lächeln an.
Dann sage ich ihm, dass ich müde bin und etwas schlafen werde.

Als ich wieder aufwache, liegen wir immer noch genauso wie vorher auf dem Bett, der Fernseher läuft, doch meine Männer schlafen, ich höre leise ihren Atem.
Vor dem Fenster leuchtet ein helles Licht, draußen ist es schon dunkel.
Ich stehe auf und öffne das Fenster, das Licht nimmt mich in die Arme und ich spüre die Wärme wie früher, als mich Oma immer umarmte.
So ist das also.
Ich bitte sie noch kurz zu warten und drehe mich um und sehe uns 3 da immer noch liegen, wir sehen alle glücklich und zufrieden aus. Selbst ich sehe aus, als würde ich fest an meinen Freund gekuschelt schlafen.
Ich gebe ihm einen letzten Kuss, streiche meinem kleinen Bruder über die Haare und nehme Abschied.
Ich warte auf euch.
Als ich schon gehen will, fallen mir die Bilder ein, ich nehme sie mit und belächle im Grunde doch mein Leben, es war so schön.
Das Licht nimmt mich wieder in die Arme und bringt mich davon.

Ja es war für sie alle sehr schwer. Meine Mutter brach weinend an meinem Bett zusammen, als sie bemerkten, dass ich… fort gegangen war.
Mein Bruder nahm sie in den Arm und erzählte ihr, was ich ihm erzählt habe.
Keine Sorge Mama sie hat mir erzählt, dass sie jetzt bei Oma und Opa ist, sie hat auch die Bilder mitgenommen, die ich für sie gemalt habe.
Sie ist jetzt ein Engel und passt auf uns auf.
Ich werde dieses Bild nie vergessen, wie sie sich alle um mich herum in den Armen hielten und zusammen um mich weinten.

Ja jetzt bin ich wirklich gestorben und es ist immer noch alles ok.
Ich werde euch nicht sagen, wie es hier ist, wo ich bin, aber ich sage euch, dass ihr keine Angst haben braucht. Ich bin nicht allein und ich kann meine Familie, meine Freunde und meinen Freund immer noch sehen. Sie sehen mich nicht, aber ich glaube manchmal spüren sie mich, wenn ich meine Blicke auf sie richte und ihnen in Gedanken einen Kuss zu hauche.
Mein Freund lächelt dann immer.
Mit meinem Bruder unterhalte ich mich sogar manchmal, in seinen Träumen spricht er mit mir.
Ich grüße ihn von Oma und Opa, das Bild hat ihnen gut gefallen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.01.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch allen, die Angst vorm Sterben haben.

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