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Kapitel 1

 

Ann Mattson wuchs bei ihrer Oma Amelie auf. Mit gerade erst einmal acht Jahren erzählte ihre Oma ihr, dass ihre Eltern bei einem Verkehrsunfall starben. Ihr Vater verlor die Kontrolle über den Wagen und stürzte mit ihrer Mutter in einen tiefen Graben.

In dem Nachbarsjungen Jeremia Balz fand sie als Kind einen guten Freund. Als Kind war es schwierig so etwas zu verarbeiten. Jeremia versuchte Ann den Schmerz zu nehmen, in dem er ihr seine Tiere zeigte und mit weiteren Dingen ablenkte, was kleine Kinder in diesem Alter so taten. Auch heute sind sie immer noch füreinander da  und Freunde. Jeremia und Ann stritten sich nie. Eher hatten sie immer etwas zu lachen. Ann freute sich immer, wenn sie Jeremia sah. Schon als Kind hegte er den Wunsch Förster zu werden und das war er nun schon seit etlichen Jahren.

 

Ann jedoch wusste nicht was sie wollte. Sie machte nach der Schule eine Ausbildung zur Kellnerin im Restaurant ihrer Oma. Aber es erfüllte sie nicht mit Freude. Interesse fand sie in der Fotografie und in der Ölmalerei. Aber hier wollte niemand ihre Fotos verkaufen oder ihre Bilder in einer Galerie ausstellen. Das deprimierte Ann sehr. Sie kümmerte sich, um überhaupt etwas tun zu können, nun um die schriftlichen Angelegenheiten ihrer Oma bezüglich Steuererklärung ausfüllen ans Finanzamt, Telefonate entgegen nehmen, ob noch Zimmer frei seien im Hotel. Aber Ann machte diese Arbeiten auf Dauer nicht glücklich. Eigentlich wollte sie als Fotografin oder Malerin arbeiten. Aber hier in ihrer Heimat hätte sie dafür keine Zukunft also musste sie in ein anderes Land reisen. Ihr fiel letztendlich nur New York ein, denn dort war die Heimat ihrer Eltern gewesen. Sie könnte sich dann auch auf die Spurensuche ihrer Eltern begeben, wo sie einst gelebt haben und Ann zur Welt kam. Sie fragte sich nur, wie sie das ihrer Oma beibringen sollte, was sie vorhatte.

 

Da Ann nicht wusste wie sie das ihrer Oma beibringen sollte, dass sie Tirol verlassen wollte, würde sie erst einmal ein Bad im klaren hellgrünen See nehmen. Vom Wasser aus sah sie das Hotel und das Restaurant mit der Aufschrift "Zum Grünen See". Als Ann wieder aus dem See stieg, stand Jeremia am Steg mit Handtuch in der Hand, die er ihr reichte. Neben ihm machte sein kleiner Welpe Luna Platz. Die Hirtehündin Luna war gerade erst zehn Wochen alt und noch recht ängstlich. Jeremia hatte sie aus schlechten Zuständen zu sich geholt. Ann streichelte ihren Kopf, aber Luna zuckte immer noch zusammen. Das würde sich aber irgendwann geben. "Guten Morgen Ann." Er lächelte sie an. "Danke." Auch Ann lächelte. Die grüne Försterkleidung stand Jeremia gut. Der Beruf passte zu ihm, da er Sommer wie Winter von früh morgens bis spät abends draußen war. Seine Eltern bekamen ihn als Kind nie ins Haus. "Du siehst so bedrückt aus. Beschäftigt dich etwas?" fragte Jeremia Ann besorgt. Ann schaute Jeremia in seine blauen Augen, die so klar waren wie der See. "Kannst du heute Abend zu Oma und mir kommen, wenn das Restaurant geschlossen ist? Ich möchte Oma etwas mitteilen, habe jedoch Angst wie sie reagieren wird." Jeremia nickte, streichelte ihre Wange und antwortete: "Bis heute Abend. Mach dir nicht allzu viele Sorgen, ich werde immer für dich da sein, auch wenn Oma vielleicht dagegen sein sollte." Ann gab Jeremia einen Wangenkuss.

 

 

 

Kapitel 2

 

Kurz vor dem Abendessen stützte Ann ihre Ellbogen auf dem Schreibtisch ab, nachdem sie ihre Schreibtischarbeit im Büro erledigt hatte, schaute nach draußen auf die Berge und den See, in dem sie am Morgen noch schwamm. Ihre Oma klopfte an die Tür und fragte, ob sie mit der Arbeit fertig sei, da dass Essen auch fertig ist und Jeremia schon am Tisch sitzen würde. Anns Oma bemerkte, dass ihre Enkelin garnicht so fröhlich war wie sonst und noch vor dem Essen fragte sie welche Sorgen sie hatte. "Ich weiß nicht wo ich anfangen soll, weil ich dich so lieb habe." Ann senkte den Kopf und machte eine Pause. Jeremia rutschte von der Eckbank zu Ann und streichelte ihren Rücken, dass sie die richtigen Worte fand. "Ich möchte mich auf Spurensuche nach meinen Eltern begeben, wo sie wohnten, wo ich auf die Welt kam und hoffe, ich finde in New York einen Job als Fotografin. Hier möchte ja niemand meine Fotos haben. Ich habe letzte Woche eine Anzeige in der Zeitung gefunden, dass ein amerikanischer Fotograf internationale Fotografen sucht. Dort würde ich mich gerne bewerben. Was hältst du davon?" Stille herrschte im Raum, selbst Jeremia sagte keinen Ton, dann jedoch antwortete ihre Oma: "Das kommt sehr überraschend, aber ja probiere es aus ich werde dir nicht im Wege stehen. Außerdem bin ich nicht allein. Ich brauche nur eine Bürokraft, da du dann ja nicht mehr da bist, aber ich freue mich mit dir."

 

Ann war so erleichtert über die Reaktion ihrer Oma. Sie drehte sich um, aber Jeremia war nicht mehr da. Er verabschiedete sich nicht von den Frauen. Er aß auch kein Stück Lammbraten welches Oma mit viel Liebe zubereitet hatte. "Ich glaube du hattest mehr Angst was ich antworten könnte als dass Jeremia vielleicht dagegen sein könnte," bemerkte ihre Oma. Ann nickte. Ann hätte es wirklich nicht gedacht, dass Jeremia so reagieren würde und ihre Oma bat sie, dass Ann Jeremia suchen sollte. "Mein Kind, ich stehe hinter dir. Mach es." Ihre Oma drückte Anns Hand und sie gab ihr einen Wangenkuss. Nun musste sie Jeremia aufsuchen. Er hatte viele Lieblingsplätze, besonders wenn er Ruhe haben wollte oder früher als Kind, wenn er von seinen Eltern nicht gefunden werden wollte, wenn es wieder Streit gab wegen seinen schlechten Schulnoten. Und all diese Plätze kannte Ann.

 

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und Ann musste ihre Taschenlampe aus ihrer Jacke holen damit sie nicht über Steine oder dicke Äste stolperte. Ann sah in der Nähe einer Höhle ein Lagerfeuer brennen. Die Taschenlampe brauchte sie nicht mehr. Jeremia saß mit Luna seinem Welpen am Lagerfeuer und starrte hinein. Er erschrack, als ein Ast zerbrach. Ann ist auf ihn getreten und hatte ihn nicht gesehen. Jeremia wollte schon sein Gewehr zur Abwehr in die Hand nehmen, dann legte er es jedoch wieder weg als er Ann sah. "Darf ich mich zu dir setzen?" Jeremia zuckte mit den Schultern. Ann setzte sich neben ihn und tat es ihm gleich und zusammen starrten sie ins Lagerfeuer.

 

Nach einer Weile fragte Jeremia Ann: "Warum? Warum willst du von hier weg? Wegen der Karriere oder ist dir das Leben zu langweilig hier?" So tieftraurig hatte Ann ihren besten Freund noch nie erlebt. So traurig war er selbst bei der Beerdigung seiner Eltern nicht gewesen als diese Selbstmord begingen während er in der Berufsschule saß. Das tat ihr wirklich weh, aber was sollte sie tun? Weiter unglücklich Omas Briefe und Rechnungen sortieren und Briefe schreiben oder das tun was sie liebte: Fotografieren? Er wollte seit Kindheit an auch Förster werden. Ihm war es möglich diesem Beruf nach zu gehen, sie jedoch nicht. "Ich fliege nicht nur ins Ausland wegen meiner Karriere, sondern auch wegen meinen Eltern, das habe ich doch gerade erzählt. Bitte versuche mich zu verstehen. Versetz dich doch in meine Lage. Du lebst in einer Großstadt und möchtest Förster werden und alles andere macht dich auf Dauer nicht glücklich. Was würdest du tun? In ein anderes Land reisen oder weiter Beschäftigungen nachgehen, die dir nicht gefallen?" Jeremia schaute sie an und nickte, jedoch sagte er kein Wort. Ann wusste, dass Jeremia sie verstanden hatte. Sie stand auf, gab ihm einen Wangenkuss und ließ Jeremia alleine.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 3

 

Ann war traurig, dass Jeremia nicht zum Flughafen kam, um sie zu verabschieden. Sie waren doch beste Freunde, warum ließ er sie jetzt hängen und verfiel in Selbstmitleid. Sie verließ nicht ihn, sondern Tirol. Ihre Oma war zum Glück da und verabschiedete sie am Flughafen. "Ann, du wirst dort glücklich. Glaube mir. Amerika ist anders wie Tirol. Das ist eine Großstadt. Natürlich musst du dir nicht alles gefallen lassen. Lass die Zeit hinter dir. Ich habe dich aufgezogen und du bist eine liebenswerte hübsche Frau geworden. Ich habe meinen Teil getan. Ich liebe dich Ann und in meinem Herzen bist du ewig. Nun lauf'." Ann umarmte ihre Oma fest, dankte ihr für alles, auch dass sie sie sehr liebt. Gerade als sie einchecken wollte, rief Jeremia ihr hinterher. Ann blieb stehen. "Ich werde immer dein Freund sein. Wenn etwas ist, dann melde dich. Ich passe auf deine Oma auf. Tut mir leid wegen gestern." Die Freunde umarmten sich fest, dann musste sie gehen. Jeremia rief ihr noch hinterher, dass er sie liebte, aber er war sich nicht sicher, ob sie es noch hörte.

 

Ann fragte sich, warum die Menschen sie so anstarrten. Hatte sie vielleicht Pickel im Gesicht oder war sie schmutzig. Sie pfiff ein Taxi herbei und in fließendem Englisch bat sie den Herrn, sie in diese Straße zu bringen. Ann zeigte ihm den Zettel. Dieser nickte nur. Sie stieg aus, dankte und schaute nach oben. Hochhäuser wohin sie blickte. Dieses Haus stand in einer dunklen Sackgasse. Über Treppen gelang sie in die Wohnung in der sie demnächst wohnte. Vorerst hatte sie nicht genügend Geld, um eine eigene Wohnung zu beziehen also recherchierte sie zu Hause im Internet nach einer Wohngemeinschaft. Dank ihren Slippern war es nicht so schwierig die Treppen hochzusteigen.

Sie klopfte an die angegebene Tür und eine Frau öffnete ihr. Diese lehnte sich in den Türrahmen und grüßte Ann mit: "Heyyyy du musst Ann Mattson sein. Ich bin Emilie Harris." Emilie schaute sie genauso an wie die Menschen am Flughafen und der Taxifahrer. Ann schaute an sich herunter und fragte was denn sei.

 

"Was trägst du da? Was ist das denn?" Ann musste auflachen und antwortete: "Das ist ein Dirndl. Das trägt man in Tirol wo ich herkomme." Emilie kaute weiterhin an ihrem Kaugummi und war entzückt von dem Teil. "Aber du hast auch noch andere Sachen dabei als nur Drindke?" "Nicht Drindke, einfach Dirndl. Aber natürlich habe ich noch andere Kleidung dabei", und lächelte. "Ich zeige dir dein Zimmer. Und alles andere. Ann wusste gar nicht, ob sie in diesem Bett überhaupt übernachten konnte, da ihr ganzes Zimmer ein reinster Saustall war. An den Wänden fiel schon die Tapete ab. An der Decke schien es schon mehrfach hereingeregnet zu haben, der Teppich sah ungepflegt aus, das Fenster war undurchsichtig, als wäre es noch nie geputzt worden und die Bettwäsche sah auch nicht besser aus. Als hätte dort gerade erst jemand gelegen und der Bezug roch nach Rauch. Auch die Küche sah ungepflegt aus. Der Müll quoll schon über. Essensreste lagen auf der Spüle, das Geschirr stapelte sich. Dass das eine Frauenwohngemeinschaft sein sollte, war ihr ein Rätsel, denn allein das Bad und die Toilette sah so verunreinigt aus, als hätten hier zuvor Nomaden gehaust oder es war zuvor eine Männer-WG gewesen. Ann hoffte, dass sie ganz bald aus dieser Wohnung wieder draußen war, denn die Gerüche von Abfällen, Urin, Zigaretten, wahrscheinlich auch Schimmel waren kaum zu ertragen. In diesem Moment sehnte sie sich zurück in ihr gemütliches mit Holz vertäfeltes Zimmer mit Blick auf die Berge und den See. Hier hatte sie noch nicht einmal einen Ausblick. Nur in eine Sackgasse mit Mülltonnen und dort quoll auch bereits der Müll über. "Du bist sicherlich müde vom Jetlag, daher ruhe dich erst einmal aus und bis man sich an das neue Klima gewöhnt hat wie du, daher brauchst du auch erst übermorgen zur Arbeit kommen." Emilie sah Anns überraschenden Blick und antwortete prompt: "Ich bin auch Fotografin und arbeite für Dylan McLine seit acht Jahren. Guter Chef. Aber ziehe nicht dieses Kleid an", bat sie Ann. "Aber jetzt ruhe dich erst einmal aus und komme richtig an."

 

Emilie überzeugte kein Kleidungsstück, was Ann dabei hatte und nahm sie mit zum Shopping, dann konnte sie ihr bereits einige Bars zeigen in denen sie und Emilie demnächst verkehren würden. "Emilie, ich möchte nicht mehr weiter shoppen gehen, ich bin müde. Ich war noch nie in New York gewesen. Ich möchte mich mit der Mentalität vertraut machen und nicht sofort in einer Bar abhängen." "Das Nachtleben ist der erste Schritt um mit Menschen in Kontakt zu kommen besonders mit dem männlichen Geschlecht." Ann nervte es. Sie kannte Emilie gerade einmal zwei Tage und schon erzählte Emilie ihr von ihren bisherigen Männern. Da fragte sich Ann, warum Emilie überhaupt Fotografin wurde und nicht einem anderen Beruf nachging.

 

Vor einem Wolkenkratzer stellte Emilie Ann ab mit den Einkaufstaschen und rief noch schnell: "Bleib da stehen, du kennst dich ja noch nicht aus, ich muss nur jemanden besuchen." Paar Schritte entfernt stand ein Imbiss. Ein paar Dollar hatte sie ja dabei, denn sie hatte Hunger. Ann las und las und wusste nicht, was sie nehmen sollte. Ein Mann stand neben ihr und sagte: "Die Bagel sind hier ausgezeichnet. Sie sind wohl nicht von hier." Ann nickte, bezahlte und fragte, ob sie sich zu ihm stellen könne. Er nickte, da er am Kauen war. "Schmeckt gut. Die Tüten sind von meiner Freundin." Sie versuchte sich irgendwie zu rechtfertigen, jedoch gab es keinen Grund dazu, da hier alle Frauen im Shoppingrausch waren. Sie wollte noch sagen, dass sie aus Tirol käme, jedoch musste er gehen. Wäre jetzt ihre Oma da, würde sie sofort von diesem Mann erzählen. Ann gefiel dieser Mann in seinem maßgeschneiderten Anzug und sie schätzte ihn Anfang Vierzig und mit Sicherheit übte er einen Beruf mit Versicherungen aus, denn in Tirol trugen die Männer auch Anzüge, die bei der Versicherung arbeiteten.

 

Emilie schüttelte Ann und sie zuckte zusammen: "Wo warst du mit deinen Gedanken? Alles okay? Oder ist dir ein Prinz auf einem weißen Pferd begegnet?" Das konnte man fast so sagen, jedoch würde sie es Emilie nicht erzählen, sondern sie würde ihrer Oma davon schreiben, denn Skypen konnte sie nicht, davon hatte sie leider keine Ahnung.

In der Nacht vor ihrem Arbeitsantritt wäre Ann froh gewesen, sie hätte genug Geld gehabt, um im Hotel zu übernachten, denn Emilie brachte einen Mann nach Hause und es war nicht zu überhören wie sehr sie es miteinander trieben. Wenn Emilie wüsste, dass sie noch Jungfrau ist, was wahrscheinlich hier in den USA nicht üblich ist, wird sie wahrscheinlich einen Schock erleiden.

 

Am nächsten Morgen stand der Mann sogar nackt in der Küche. Ann wollte die Toilette aufsuchen, jedoch war diese besetzt von Emilie. Ohne sich dessen bewusst zu sein, lief der Mann genau in die Richtung in der Ann stand, nämlich vor der Toilette. Mit Zigarette im Mund vor der Toilettentür nackt grüßte dieser Ann: "Hey Lady. Bist du die neue Mitbewohnerin?" Ann nickte und huschte an ihm vorbei. Ann musste das verdauen, was da gerade vor ihren Augen geschehen war. Ein muskulöser tätowierter Typ läuft durch Emilies und ihre WG als wäre nichts gewesen und als wäre es das normalste der Welt grüßt er sie mit 'hey Lady' und Emilie macht es nichts aus.

 

Emilie stürmte in ihr Zimmer und sagte: "Der ist geil, richtig geil nicht wahr? Sag jetzt nicht, du bist nicht scharf auf ihn. Ich habe nichts dagegen, du kannst ihn auch haben zumindest für eine Stunde." Ann starrte Emilie an und schüttelte den Kopf: "Tut mir leid, aber dein Freund ist nicht mein Typ und ich würde jetzt gerne arbeiten gehen", antwortete sie genervt. "Okay. Dachte, du könntest bisschen Spaß vertragen. Ist ja nur Sex. Aber so willst du doch nicht los, oder?" "Doch und ich lass mich nicht umstylen, sonst bin ich nicht mehr Ich." Sie ging Emilie aus dem Weg, wartete bis sie fertig war mit Auftakeln und um ins Taxi steigen zu können. Ann wollte sich treu bleiben und ihre Oma sagte auch, gäbe es Grund sich zu wehren, dann sollte sie es tun. Ann wollte sich nicht übermäßig schminken, Röcke tragen, wo Männer ihr unter den Rock greifen konnten, High Heels tragen. Es musste kein Schnick Schnack sein. 

  

Sie stiegen aus und aufgetakelt ging Emilie vor. Ann verdrehte die Augen. Sie war geschockt wer ihr Chef war. Es war der Mann, der heute Morgen in der Küche und dann vor der Toilette stand und Emilie zuvor mit ihm schlief. Emilie schlief mit ihrem Chef? Ann war entsetzt. "Hey Ladys. Ann, Emilie. Eure Werke sind fantastisch. Vor allem deine Ann. New York ist groß, da wirst du sicherlich noch mehr Fotos zusammen bekommen wie diese hier. Ich möchte mich übrigens für meinen Auftritt heute Morgen entschuldigen. Ich wusste nicht, dass Emilie eine neue Mitbewohnerin hat. Ich stelle mich jetzt persönlich vor, sofern es Emilie noch nicht getan hat. Ich bin Dylan McLine. Willkommen in unserem Team. Darauf müssen wir heute Abend erst einmal anstoßen. Emilie, stellst du Ann die anderen Mitarbeiter vor, derweil kümmere ich mich darum, mit was ich Ann beauftragen kann." Emilie nickte und entschuldigte sich auch bei Ann, da sie die Zusammenarbeit mit ihr und das Zusammenwohnen nicht gefährden wollte.

 

"Hallo Leute! Das ist Ann Mattson, von der Dylan soviel gesprochen hatte. Ich stelle dir sie jetzt vor. Logan, Meghan, Evelyn, Matthew. Sie alle sind gelernte Fotografen, haben jetzt jedoch andere Aufgaben bei uns. Logan zum Beispiel ist dafür verantwortlich, ob die Fotos freigegeben werden können an die Öffentlichkeit, Meghan hat ein Auge dafür, ob das Bild unscharf oder scharf geworden ist, Evelyn und Matthew sind für das Zuschneiden und die richtigen Ausstellungsmöglichkeiten zuständig. Das heißt, jeden Tag konzentriertes Arbeiten und nicht nur Fotos machen wie die Leute, wenn sie im Urlaub sind. Sie müssen schon professionell sein!" Ann war am Staunen, so etwas kannte sie nicht und hoffte, dass ihre Fotos gut genug sein würden für den Fotoshop.

 

Dylan bat Ann, Emilie in den Central Park zu begleiten, da in den Abendstunden die Sonne einen besonderen Tiefpunkt erreicht, dass man wunderschöne Fotos von den Bäumen, Blumen und wenn die Spaziergänger damit einverstanden waren, auch von ihnen ein Foto machen konnte. Ann war gespannt darauf und sie stieg mit Emilie in ein Taxi. "Bist du bis jetzt zufrieden." "So schnell kann ich noch kein Urteil fällen, aber ich glaube schon, dass es mir gefallen wird und Dylan hat sich ja zum Glück noch entschuldigt." Emilie bezahlte und schon hielt Emilie einen Jogger an und erklärte, welches Anliegen sie und ihre neue Kollegin hätten. "Vielleicht ein anderes Mal, aber heute habe ich keine Zeit." Emilie fragte schon andere Fußgänger und Anns Augen klebten noch an dem Jogger. Sie überlegte. Ihr fiel es dann ein, es war der Mann vom Imbiss in dem Anzug und der ihr ein Bagel empfahl. Ann kannte ihn gar nicht und trotzdem hatte sie Herzklopfen und hoffte ihn wieder sehen zu dürfen.

 

Emilie klopfte auf ihre Schulter und fragte Ann ob alles gut sei. Ann würde es ihr nicht erzählen, niemals, stattdessen log sie und antwortete: "Mir ist es schwindelig. Ich glaube, ich habe immer noch etwas zu kämpfen mit dem Jetlag." "Ich kann dich aber auch zu einem Arzt bringen oder du ruhst dich bis zur Feier heute Abend zu Hause aus. Ich gebe Dylan Bescheid. Hier ist der Schlüssel." Ann dankte und fuhr zur Wohnung zurück mit dem Taxi.

 

Abends im Sunshine fragte jeder der Kollegen, die ihr vorgestellt wurden sie jedoch wieder die Namen vergessen hatte nachdem Emilie sie abgeholt hatte, ob es ihr wieder besser ginge. Sie nickte. Sie fragte sich, was es zu feiern gäbe oder war das so üblich hier? Damit Ann lockerer wurde, sollte sie ein besonderes Cocktail trinken, das würde Wunder bewirken. Eigentlich trank Ann kein Alkohol, aber sie wollte auch nicht unhöflich sein und trank dieses Cocktail. Nach einem halben Glas wurde es ihr schwindelig, sie sah alles nur noch verschwommen und ihr war es total schlecht. Sie hörte aus der Ferne irgendein Gerede oder Rufen, jedoch verstand sie nicht mehr was und sie hatte Schmerzen.

 

Wach wurde Ann auf einem harten Bett. Sie trug graue Kleidung mit einer Nummer von 441144. Neben ihr stand auch ein Bett. Dort schlief eine Frau oder Mann. Sie wusste es nicht, da der, die so komisch aussah. Sie setzte sich auf und ihr schmerzte der Kopf. Da wurde ihr erst bewusst, wo sie war. Ann war in einem Gefängnis. Aber wie kam sie hierher? Was war gestern Abend geschehen? Sie musste doch nur ein Cocktail trinken, eigentlich wollte sie gar keinen trinken, aber wie in Gottes Namen kam sie jetzt hinter Gitter? Ann brauchte dringend einen Anwalt, der sie hier herausholte, denn sie war keine drei Tage im Ausland, was sollte ihr vorgeworfen werden? Da ging eine laute Glocke, die tat ihr in den Ohren weh so laut war diese.

 

Ihre Bettnachbarin sprang auf, da die Türen automatisch geöffnet wurden. Sie erkannte jetzt, dass es eine Frau war, aber nur wegen ihrer Oberweite. Langsam stand auch Ann auf und stellte sich einfach mal neben sie. Diese schien sie zu bemerken, jedoch beachtete diese Ann nicht. Alle Gefangenen wurden aufgerufen. Als ihr Name fiel, kam ein leises 'Ja'. Der hochstämmige Riese von muskulöser Montur trat auf sie zu, packte sie fest am Arm und brüllte sie an, dass Ann zusammenzuckte: "Ich möchte ein deutliches lautes JA und Ihren vollständigen Namen hören, damit ich es verstehe und alle hier im Raum den Neuling kennen lernen." "Ja. Ann Mattson." Das musste der Vollzugsbeamte für diese Abteilung sein, dachte sie. Er trat zurück und schrie die Häftlinge an, dass das Leben hier kein Kinderspiel war. Ann zitterte am ganzen Leib und setzte sich zurück auf die harte Matratze.

 

"Du bist also die Neue. Was hast du angestellt?" Ann zuckte die Achseln. "Ich weiß es nicht. Ich war gestern mit meinen Mitarbeitern und meinem Chef etwas trinken und eigentlich trinke ich nichts, wollte aber kein Feigling sein und nach dem halben Cocktail klappte ich zusammen." "Das ist scheiße, denn du befindest dich im Sektor für Strafgefangene die Drogen verkaufen. Ich bin übrigens Lucy. Deinen Namen kenne ich ja schon. Du brauchst dringend einen Anwalt. Ich kann ihn dir beschaffen, wenn du etwas für mich tust." Ann starrte Lucy an und fragte, was das sei. "Das du für mich in die Küche arbeiten gehst, sonst kann ich nicht telefonieren." "Und ich kann nicht telefonieren?" fragte sie überraschend. Bevor Lucy antworten konnte, stand wieder der furchteinflößende Justizvollzugsbeamte vor der Tür und in einem rauen Ton sagte er: "Ann kommen Sie. Ihr Rechtsanwalt wartet auf Sie." Ein Stein fiel Ann vom Herzen. Jedoch fragte sie sich wie sie so schnell an einen Anwalt kam, denn Lucy wollte ihr doch erst einen beschaffen. Mit Handschellen wurde sie in den Besprechungsraum gebracht. "Nehmen Sie ihr die Handschellen ab", bat der Rechtsanwalt. "Sie können draußen warten." Widerwillig stellte sich der Vollzugsbeamte vor die Tür. Ihre Blicke trafen sich. "Setzen Sie sich. Sie müssen diese Vollmacht unterzeichnen, dass ich Ihre Verteidigung übernommen habe." Ihre Finger zitterten. Auf der Vollmacht stand Harvey Macht.

 

Jetzt bat er sie zu erzählen, was vorgefallen war und er machte sich Notizen. "Bei Ihnen wurden in der Handtasche Ecstasy gefunden und im Blut war welches." "Ich habe dieses Zeug noch nie eingenommen. Ich weiß nichts. Bitte helfen Sie mir." Harvey nickte und versprach mit all den anderen, die mit ihr zusammen waren einschließlich dem Ober im Sunshine zu sprechen. "Sie schaffen das. Halten Sie durch." Sie dankte und hatte einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass sie bald draußen war.

Kapitel 4

 

Harvey engagierte seinen Privatdetektiven David Wilson sich im Sunshine umzuhören, was an dem Abend geschah, als Frau Mattson festgenommen wurde. Spätabends erschien David noch in der Kanzlei und suchte Harvey auf. Dieser war überrascht, David wieder so schnell zu sehen. "Ich habe Informationen, die müssten reichen, um einen Antrag auf Freilassung zu stellen. Frau Mattson arbeitet seit einem Tag bei dem berüchtigten Fotografen Dylan McLine. Wie ich vom Ober, Alexander Miller erfahren durfte, wollte Frau Mattson gar kein Cocktail trinken, jedoch bat oder ermunterten er und ihre Kollegin sie, das Cocktail zu trinken, es würde wahre Wunder bewirken. Und während ihre Kollegin Frau Mattson überredete, sah er, wie ihr Chef etwas unter das Cocktail rührte. Herr Miller rief die Polizei heimlich, jedoch schienen die anderen Verdacht zu schöpfen und rannten davon, während Frau Mattson das Cocktail nicht vertrug, ihr es schlecht wurde und bewusstlos wurde. Wie jedoch die Drogen in ihre Tasche gelangen konnten, das konnte er nicht erkennen." Harvey dankte und er würde alles in die Wege leiten, vor allem dass die Schuldigen hinter Gitter kamen und nicht eine Unschuldige.

 

 

Währenddessen wünschte sich Ann, sie würde bei Oma sein können sowie bei Jeremia am See sitzen und mit ihm lachen können, in ihrem Bett schlafen und nicht von den anderen Häftlingen ausgelacht sowie geschlagen werden. Der Justizbeamte Jayden Green ließ auch noch die Häftlinge gewähren sie zu quälen, statt dass er sie beschützte, er der ja vorgab, wenn man nicht auf ihn hören würde, es eine Strafe gäbe. Aber für was wurde sie bestraft? Sie kauerte mitten im Aufenthaltsraum auf dem Boden und es kamen ihr wie Jahrzehnte vor, bis endlich ihr Anwalt wieder kam, dabei waren es nur zwei Wochen, da sich die Staatsanwaltschaft so lange Zeit ließ mit dem Antrag.

 

Als Ann unter den wachsamen Augen des Beamten Jayden Green die Gefängniszelle verließ, schauten die anderen Frauen ihr nach und schrien ihr nach, dass sie dafür noch büßen würde. Auch Jayden war davon überzeugt, dass das nicht der letzte Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt war. Er übergab ihr die Sachen, die sie bei sich trug, als sie hier benommen eingeliefert wurde und statt zu sagen, dass er ihr alles Gute wünschte, kam aus seinem Munde: "Bis auf unser baldiges Wiedersehen. Einmal Drogen, immer Drogen!" Dann ließ er sie frei und vor dem Gefängnis stand ihr Verteidiger und hielt ihr die Tür zur schwarzen Limousine auf. Ann dankte und ihre Blicke trafen sich.

 

Ann stöhnte beim Einsteigen kurz auf und erklärte, was vorgefallen war. "Das tut mir leid. Erholen Sie sich erst einmal, ich bringe Sie in eine kleine Pension, in der Sie sich ausruhen können." Ann dankte ihm und stieg aus. Sie fragte nicht, wie er es schaffte, bei ihrer Mitbewohnerin die Koffer heraus zu holen, denn sie ist immer recht neugierig was Männer betraf. Harvey hielt ihr die Tür auf und an der Rezeption erklärte er der recht jungen Frau, die er anscheinend kannte: "Gina, das ist Frau Mattson. Ich habe dir mitgeteilt, dass sie hier eine Weile übernachtet." "Aber natürlich. Ich bin Gina Pearson. Kommen Sie." Ann nickte, sah ihren Rechtsanwalt an und dankte ihm ein zweites Mal für seine Hilfe. "Das ist meine Aufgabe."

 

Ann bekam ein helles gelbgestrichenes Zimmer, Blick auf den Central Park. Sie hatte für heute, alles was sie brauchte. Ein Bad, ein Bett, Couch, Fernseher, Kühlschrank, sogar einen Tisch mit Stuhl. Vor allem aber alles sauber. Zuerst kam sie sich vor sie sei in einer Seniorenresidenz, aber es war eine Pension. "Das hier ist noch von Ihrem Anwalt, also Harvey. Er besorgte mir den Job hier. Er ist ein guter Mensch." Die rothaarige schlanke Frau mit ihren Sommersprossen schwärmte regelrecht von Harvey. Ann fand ihn auch sehr hübsch, jedoch war er ihr Anwalt gewesen.

Kapitel 5

Ann öffnete nach dem Duschen und Umziehen den Brief. Sie malte sich beim Öffnen schon aus, was darin vielleicht stehen könnte, dass er sie wieder sehen möchte, sie zu einem Essen einladen würde und mehr von ihr erfahren wollte. Stattdessen stand in dem Brief:

 

Liebe Frau Mattson, ich hoffe, dass es Ihnen in der Pension gefällt. Ich habe Ihnen, während Sie im Gefängnis waren, einige Adressen herausgesucht, dass Sie dort Ihr Glück einmal versuchen sollten, diese Fotoshops sind auf jeden Fall seriös. Alles Gute Harvey Macht

 

Ann öffnete jeweils die Webseiten mit den Namen. Es war ja nett von ihm, dass er sich soviel Mühe gegeben hatte, während sie im Gefängnis saß, jedoch was sollte sie in den anderen Bundesstaaten? Es konnte doch nicht sein, dass es nur dort seriöse Fotoshops gab. Ann lehnte sich im Stuhl zurück, dann gab sie Harvey Macht ein. Keine Suchergebnisse wurden ihr angezeigt. Nun formulierte sie es um in 'Rechtsanwalt New York Harvey Macht'. Nun spuckte das Internet etwas heraus, jedoch nicht viel, zumindest nichts Privates nur wie lange er in diesem Beruf tätig ist, welchen Abschluss er gemacht hatte und für welche Rechtsstreitigkeiten er verantwortlich ist.

 

Sie suchte die Rezeptionistin in der Pension auf, Gina Pearson und fragte: "Gibt es hier in der Nähe ein Maklerbüro?" Gina schaute Ann überraschend an und gab ihr ein Verzeichnis. "Fühlen Sie sich hier nicht wohl?" fragte Gina bedauernd. "Doch, aber ich möchte eine eigene Wohnung beziehen." Gina nickte nur, fragte jedoch nicht näher nach und überlegte, ob sie es Harvey berichten sollte. Aber sie wartete erst einmal ab.

 

Am nächsten Tag hatte Ann einen Termin mit einer Maklerin mitten in der City. Sie war um einiges größer wie Ann das kam sicherlich auch durch ihre High Heels die sie trug. Sie war sicherlich nicht von hier, Ann merkte es an ihrem Akzent, denn sie sprach gebrochenes Englisch. "Hey. Ich bin Anastasia Thies. Kommen Sie mit." Ann stieg mit Frau Thies in den Fahrstuhl. Es ging in das letzte Stockwerk. "Diese Wohnung hat drei Zimmer und ist möbliert. Sie haben einen großen Balkon über ganz New York und in jedem Zimmer große Fenster." Anastasia führte Ann durch jedes Zimmer und bei einem Zimmer schlug die Maklerin ihr vor, dass dies ihr Ankleidezimmer werden könnte, der Traum jeder Frau. "Die Wohnung können Sie mieten oder aber auch kaufen. Der Preis bei diesem Objekt beträgt siebentausendfünfhundert Dollar pro Monat. Wenn Sie die Wohnung kaufen wollen natürlich höher, aber verhandelbar kann man mit dem Mieter." Ann musste tief durchatmen, denn wenn sie an Tirol denkt, dass dort Ferienwohnungen pro Tag nur dreißig Schilling kosteten, war das hier eine recht hohe Summe. Aber ihre Oma hat ihr bereits einen Vorschuss auf ihr Konto überwiesen und das könnte sie als Teilzahlung bezahlen, bevor sie die Endsumme bezahlen würde, denn sie würde sich auf eigene Recherche begeben und einen guten Shop suchen, der mit ihr als Fotografin zusammen arbeiten würde. "Ich nehme sie. Aber erst zur Miete." Frau Thies freute sich darüber und antwortete: "Dann sehen wir uns morgen im Büro zur Unterzeichnung und ich übergebe Ihnen dann die Schlüssel." Ann nickte und freute sich darüber, dass es jetzt endlich voran ging nach zwei Monaten Aufenthalt in New York. Ann teilte Gina abends noch mit, dass es ihr letzter Aufenthalt in der Pension war, da sie eine möblierte Wohnung ergattert hatte.

 

Auf dem Weg zum Maklerbüro, stand gegenüber der Straße wieder der Imbiss und Harvey kaufte sich dort wohlmöglich einen Kaffee. Sie blieb noch eine Weile da stehen und als Harvey den Blick zur anderen Straßenseite richtete, drehte sich Ann um, betrat die Eingangshalle des Hochhauses und suchte an einer gespiegelten Säule den Namen des Maklerbüros und dann fuhr sie mit dem Fahrstuhl in die angegebene Etage. Als sie den Vertrag unterschrieben hatte und ihre Schlüssel zur Wohnung in der Hand hielt, schaute sie sich auf der Straße noch einmal um, aber Harvey stand weder am Imbiss noch lief er sonst irgendwo herum. Mit dem Taxi ließ sich Ann zur besagten Adresse fahren, wo sie demnächst wohnen würde.

Ann stellte ihre eigene Homepage zusammen, was einige Wochen in Anspruch nahm. Nun setzte Ann ihre in den USA bereits fotografierten Bilder und die Werke von früher auf ihre Homepage und hoffte, dass jemand auf sie aufmerksam wurde. Nach wenigen Wochen bekam Ann von mehreren Fotografenshops Anfragen, dass sie sie haben wollten und sie doch mal vorbei kommen sollte. Diesmal informierte sich Ann aber erst über Shop bevor sie ein zweites Mal in die Falle treten würde wie bei Dylan McLine, da bewarb sie sich ja sofort und informierte sich nicht, ob der Fotoshop auch seriös war. Diesem Vorschlag würde sie Harvey auf jeden Fall folgen

 

Ann war so aufgeregt, als sie sich mit ihren originalen Fotos auf den Weg zum Fotoladen Anderson machte. Dieser nahm ihr die Fotos ab, gab ihr die Hand und begrüßte sie: "Herzlich Willkommen bei Anderson. Mein Name ist Brandon Anderson. Ich war sofort Hin und Weg von ihren Fotos. Sie drücken eine Geschichte aus von Freude, Überraschung, Neugierde, Angst, Liebe und Trauer. Und so werde ich es auch hier anpreisen. Wenn Sie weiterhin so tolle Bilder fotografieren, haben Sie die Möglichkeit selbstständig zu werden und meinen Fotoshop zu übernehmen, da ich mich zur Ruhe setzen möchte." Ann fand nicht, dass Brandon schon im Rentenalter war, aber vielleicht war er krank und wollte noch die Jahre, die ihm zur Verfügung standen, auskosten, dachte Ann. "Danke. Aber erst einmal müssen die Leute an meinen Fotos interessiert sein." Brandon gab ihr recht und sagte: "Ich werde Ihre Fotos besonders anpreisen und wenn die Leute an ihren Bildern interessiert sind, rufe ich Sie an und wir kommen ins Geschäft." Sie verabschiedete sich von Brandon und verließ den Fotoshop.

 

Ann wäre Harvey direkt in die Arme gelaufen, hätte sich in der Menschenmasse kein großer Mann vorgedrängelt um ein Taxi zu bekommen. Vor dem Taxi parkte Harveys Limousine. Der Mann rempelte sie an, da er es so eilig hatte. Und dieser war nicht nur groß, sondern auch füllig an Masse und roch nach Schweiß. Ann wäre gerne mit Harvey zusammen gestoßen, aber was hätte ihr das genützt? Vielleicht las er ja die Zeitung oder erfuhr durch seine Kollegen, dass demnächst hier seine ehemalige Mandantin einen Fotoshop übernimmt. 

 

Auch Ann wollte in ein Taxi steigen, jedoch erinnerte sie sich, dass Harvey immer diese vielen Treppenstufen hochlief sowie herunter, daher wollte sie sich einmal umsehen, ob er dort auch arbeitete. Ein junger Spunt, Ann schätzte ihn Anfang Zwanzig lief direkt auf sie zu. Er schien sie überhaupt nicht zu bemerken. Erst als Ann 'Stopp' rief, hielt er direkt vor ihrer Nase an. "Ähm. Entschuldigung. Ich war so in Gedanken." "Das habe ich bemerkt." "Möchten Sie irgendwo hin? Kann ich Ihnen vielleicht helfen?" fragte der junge Mann Ann. "Arbeitet hier Rechtsanwalt Dr. Macht?" "Ja, ich bin sein Praktikant. Kann ich ihm etwas ausrichten?" Ann schüttelte den Kopf, dankte jedoch. Dann eilte auch dieser die Treppenstufen herunter. Ann hatte das Gefühl, dass der Praktikant mit Sicherheit von ihr erzählen würde, jedoch wusste er ja nicht ihren Namen und sie nicht seinen.

 

An der Tür klingelte es. Es war ihr Mieter. "Sie sind im Mietrückstand", erklärte er mit einem Fingerzeig wie wenn Eltern mit ihren Kindern schimpfen, wenn sie böse waren. Ann wusste nicht was sie sagen sollte, dann antwortete sie: "Ich dachte Frau Thies hätte das mit Ihnen geklärt, dass ich erst einen Vorschuss zahle und den Rest später. Ich sollte Frau Thies auf dem Laufenden halten und sie wollte es an Sie weitergeben." Er sah sie an und antwortete: "Ich weiß von Nichts. Dann sind Sie wohl über den Tisch gezogen worden, wir Beide. Wenn Sie Ende des Monats kein Geld überwiesen haben, sitzen Sie mit sofortiger Wirkung auf der Straße!" Ann nickte erschrocken und musste sich setzen.

 

Kapitel 6

 

Harvey saß an seinem Schreibtisch und sein Praktikant hatte es wieder vergessen anzuklopfen und stürmte in sein Büro. "Hey Rechtsanwalt Dr. Macht." "Komm mal wieder runter James. Du hast wieder vergessen anzuklopfen. Was heißt Doktor? Ich habe keinen Doktortitel." "Mmh, da habe ich gestern aber etwas anderes gehört von einer sehr attraktiven Lady. Sie wollte zu Ihnen und fragte nach Rechtsanwalt Dr. Macht." Harvey wurde neugierig und fragte, ob sie ihren Namen nannte, was sie wollte. "Mir hat sie es nicht gesagt, ich bin ja auch nur ein Praktikant Mädchen für Alles. Weder ihren Namen noch was sie wollte," teilte er Harvey mit. "Wie sah sie denn aus." "Ich denke, Frauen sind nicht so wichtig in Ihrem Leben." Harvey schaute James streng an. James nahm die Entschuldigungshaltung ein, wenn Harvey ihn streng ansah, indem er sich im Stuhl mehr zurücklehnte und die Arme leicht hochhob, als würde ihm eine Strafe drohen. "Okay. Blondes Haar bis zu den Schultern, blaue Augen, eckige Brille, meines Erachtens nicht schlank genug und zu wenig geschminkt, keine High Heels, Jeans und eine Bluse." Harvey blieb eigentlich nie so still, wenn ihm etwas mitgeteilt wurde, aber jetzt musste er regelrecht aus seinen Gedanken gerissen werden und James spielte mit seinem Kugelschreiber, was er gar nicht mochte.

Harvey riss James den Kugelschreiber aus der Hand und antwortete: "Du hast mir geholfen. Ich weiß jetzt wer das war. Und wie du schon sagtest, du bist Mädchen für Alles, so kannst du heute ins Archiv gehen. Alissa wird es dir zeigen." Harvey hob seine Hände: "Kein Aber!"

 

Harvey suchte Gina in der Pension auf und fragte, ob hier noch Frau Mattson wohnen würde und wenn ja, wo? "Harvey das weiß ich nicht. Sie sagte nur, sie hätte eine Wohnung in Aussicht und träfe sich mit einer Maklerin. Tut mir leid. Mehr weiß ich nicht. Gibt es ein Problem?" Harvey schüttelte den Kopf, stieg in die Limousine und bat seinen Chauffeur erst einmal los zu fahren, er wüsste nicht, wo er hin wollte und dann standen sie sowieso im Stau. Mehrere Sirenen hörte er und sein Chauffeur. Dann sahen sie die  Feuerwehr, Polizei und Krankenwagen. "Fahren Sie mich zurück in die Kanzlei, wenn der Stau sich aufgelöst hat."

 

Auch Ann sah von ihrer Wohnung das Treiben in der Stadt schließlich hatte sie einen Blick über ganz New York. Sie bekam Gänsehaut. Das war schon immer so gewesen. Bei Sirenen wusste sie, dass etwas geschehen war und sie hatte Angst. Ihre Oma und Jeremia versuchten sie zu beruhigen, jedoch fiel es ihr schwer. Trotz des Lärms musste sie einen Spaziergang machen. Es war der Weg zum Fotoshop und diese Straße war komplett abgesperrt. Eine Polizistin hielt sie auf und erklärte, dass sie den Tatort nicht betreten durfte und sie ihr keine Auskunft erteilen darf. "Ist das der Fotoshop Anderson? Ich bin Fotografin und habe Herr Anderson meine Fotos überlassen. Sind diese jetzt etwa verbrannt?" fragte sie. Die Polizistin nickte und erklärte: "Der Besitzer des Fotoshops ist tot. Er starb an Herzversagen. Sie müssen sich wohl einen neuen Fotoshop suchen." Ein Arzt spritzte ihr ein Beruhigungsmittel, denn Ann war kurz davor zusammen zu brechen.

 

In der Notaufnahme wurde sie wieder wach und eine Krankenschwester kümmerte sich um sie. "Ich bin Emma, Ihre Krankenschwester. Draußen warten zwei Polizisten." Sie fing an zu zittern und ängstlich bat sie Emma: "Ich habe nichts getan." Diese nickte und suchte die beiden Polizisten auf und bevor Emma etwas sagen konnte, sagten diese: "Frau Mattson hat nichts mit dem Feuer zu tun, jedoch ist ihr Visum abgelaufen. Wir müssen sie dorthin bringen, wo sie herkommt und ohne unsere Hilfe wird sie es nicht tun. Kann sie entlassen werden?" Emma nickte.

 

Einige Stunden zuvor sprachen die Beamten mit dem Mieter, dass Ann nicht für die restliche Miete aufkommen konnte, da sie ihr Gepäck abholen mussten. Am Flughafen sagte einer der Beamten: "Herr Wilson kennen Sie sicherlich noch vom Gefängnis. Er dachte wirklich Sie seien drogenabhängig. Sie können wieder einreisen, wenn Sie ein neues Visum beantragen oder auch die amerikanische Staatsangehörigkeit haben!" Ann nickte. Daran dachte sie nicht und nun ging es zurück nach Hause.

 

In allen Zeitungen stand, was am Mittwochnachmittag geschehen war. Harvey bat seinen Praktikanten James mehr darüber zu erfahren. "Ich bin also wieder Ihr Laufbursche." "Für einen guten Zweck." Einige Stunden später kam James mit sehr interessanten Informationen zu Harvey und er hörte zu: "Wie Sie es auch nennen mögen, Ihre Freundin wollte den Fotoshop von Brandon Anderson übernehmen, zumindest habe ich das so erfahren. Ich kann mir das schlecht vorstellen, schließlich war sie erst einmal bei ihm gewesen erzählte mir eine Nachbarin. Nun ist alles abgebrannt und Herr Anderson ist an Herzversagen gestorben. Ich habe jedoch noch eine Adresse, wo sie zur Zeit wohnt." James übergab ihm die Adresse. Harvey hatte Herzrasen und fragte: "Wie kamst du an die Adresse?" "Indem ich sagte, ich habe meine Halbschwester schon lange nicht mehr gesehen, ob sie vielleicht auch die Adresse hätte und ohne Probleme gab die Polizistin sie mir heraus." Harvey konnte es ihm kaum glauben, dankte ihm aber trotzdem, klopfte ihm auf die Schulter und machte sich auf den Weg.

 

Der Mieter öffnete gereizt, da er heute schon sooft belästigt wurde. "Ich möchte zu Frau Mattson. Erreiche sie jedoch nicht. Kann es vielleicht sein, dass die Klingel defekt ist." Wütend fragte dieser: "Wer sind Sie überhaupt?" "Ihr Anwalt. Wie ist eigentlich Ihr Name?" "Kevin Gospel. Die Wohnung ist leer. Miete konnte sie nicht zahlen, da ihr das Geld fehlte und das Visum ist auch abgelaufen. Die Polizei brachten sie dorthin wo sie herkommt. Das ist gut so. Ausländer brauchen wir hier nicht! Ich habe jedoch noch zwei Fotos in der Wohnung gefunden. Diese können Sie mitnehmen." Dann schlug er die Haustür vor Harvey zu. Er blieb auf der Straße stehen und bemerkte, dass es zwei Fotos von ihm waren während er am Imbiss stand und sein Bagel aß und seinen Kaffee trank. Harvey fuhr nicht mehr in die Kanzlei, sondern nach Hause und war sich sicher, dass es Frau Mattson die er vor einigen Jahren vertreten hatte. Jetzt musste Harvey nur noch herausfinden, wo sie herkam, ihre Herkunft herausfinden, aber vielleicht konnte ihm da auch sein Praktikant helfen und er lud ihn zu sich nach Hause ein, auch wenn er Praktikanten nicht zu sich einlud, da dass viel zu privat für ihn war.

Kapitel 7

 

 

Ann landete in Tirol. Auch von Amerika nach Tirol spürte sie den Jetlag. Sie wollte nur eines. Ihre Oma begrüßen und dann erst einmal ins Bett. Als sie aus dem Taxi ausstieg, wollte sie zum Bauernhaus, in dem sie und ihre Oma unter einem Dach wohnten, jedoch gab es das Bauernhaus sowie auch das Hotel nicht mehr. Es wich einem großen Komplex mit Ferienwohnungen aneinander gereit und das Restaurant empfand sie auch viel größer wie zuvor. Das Restaurant hieß auch nicht mehr 'Zum Grünen See' sondern 'Unter den Eichen'. Warum wurde alles so verändert? Eine Träne lief ihr an ihrem Gesicht herunter.

 

Eine Brünnette kam aus dem Restaurant. In ihrer Hand trug sie zwei Cocktails. Dahinter rannten zwei kleine Kinder ihr hinterher. "Passt doch auf. Luise, Paul! Aber nicht so weit weg spielen, dass ich euch nicht mehr im Auge habe." Da bemerkte diese erst Ann. "Herzlich Willkommen! Frau Schulz ich habe für Sie ein wunderschönes Zimmer mit Blick auf die Berge hergerichtet." Diese ging vor, stellte die Cocktails ab. "Ich, ich bin nicht Frau Schulz. Ich bin Frau Mattson. Amelies Enkelin." Diese blieb erstarrt stehen. "Ann Mattson?" fragte sie. Ann nickte. "Ich bin Jessica Eglüx geschiedene Italienerin. Ich manage hier alles. Die Ferienwohnungen, das Restaurant und ich bin mit meinen Kindern hier glücklich. Für Sie werde ich mir etwas einfallen lassen, denn wir sind zur Zeit völlig ausgebucht." Ann schüttelte den Kopf. "Nur keine Umstände. Ich wüsste noch, wo ich unterkommen könnte. Aber wo ist meine Oma?" "Sie ist im Seniorenheim. Ein Herr Balz ist regelmäßig bei ihr und kümmert sich um sie." Ein Lächeln zeigte sich in ihrem Gesicht. "Sie scheinen ihn zu kennen." Ann nickte. "Können Sie auf meine Koffer aufpassen? Ich würde gerne zu meiner Oma und Herrn Balz." Jessica nickte und rief ihr hinterher: "Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt ihre Oma zu besuchen."

 

Ann wurde fündig. Sicherlich war es dieses Heim, was sich ihre Oma öfters ansah, während Ann noch da war. Wäre sie geblieben, hätte ihre Oma in kein Heim gehen müssen. Es gab in ihrem Dorf zwei Heime, aber dieses war schon von außen mit einem Blumenbeet angelegt. Vom Bürgersteig aus, konnte sie einen kleinen Blick auf den See werfen. Ann öffnete die Empfangstür und direkt kam eine ältere Frau auf sie zu und fragte zu wem sie wollte. "Zu Amelie Mattson, ich bin ihre Enkelin." "Kommen Sie mit. Sie waren wohl noch nie hier gewesen?" fragte diese sie, während sie mit dem Aufzug in die achte Etage fuhren. "Ich komme gerade aus dem Ausland." Diese nickte nur. Die Heimleiterin klopfte an die Tür und sagte: "Amelie draußen wartet ihre Enkelin." Ann kamen die Tränen als sie ihre Oma auf dem Stuhl sitzen sah. Jeremia saß neben Amelie auf dem Stuhl und für ein paar Sekunden bekamen Beide kein Wort heraus. Ann schien, dass ihre Oma sie gar nicht richtig wahrnahm. Jeremia stand auf. Er hatte sich in all den Jahren überhaupt nicht verändert. Schritt für Schritt näherte er sich Ann, schaute ihr in die Augen und er wollte sie gerade umarmen, da schoss ein unerwarteter Satz aus dem Mund ihrer Oma: "Jetzt küss sie doch endlich. Küss sie, du liebst sie doch!" Damit Amelie nicht sauer auf ihn war, gab Jeremia Ann einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihr ins Ohr: "Du kommst gerade zum richtigen Zeitpunkt." Dann ließ er von ihr ab, verabschiedete sich von ihrer Oma und verließ Amelies Zimmer.

 

Ann nahm die Hand ihrer Oma, streichelte ihre Wange und fragte wie es ihr ginge und wie sie hierher kam. Ihre Oma schaute jedoch Ann nur an, als würde sie Ann nicht mehr erkennen. Stattdessen sagte sie immer wieder, dass Jeremia sie liebt und sie ihn aufsuchen sollte. Aber Ann und Jeremia waren doch nur Freunde seit ihrer Kindheit an. Wie kam es, dass Jeremia sie jetzt liebte? Natürlich hatte Ann immer schon Gefühle für ihn gehabt, aber das waren Gefühle auf freundschaftlicher Basis. Oder etwa doch mehr? Aber wie sollte sie diese Beziehung eingehen, wenn sie in den USA lebte und er hier? Ein junger Pfleger betrat das Zimmer ihrer Oma und sagte: "Besuchszeit ist zu Ende. Sie können morgen wieder kommen. Diesen Brief soll ich Ihnen von Ihrer Oma geben." Ann starrte den jungen Pfleger an. Auf seinem Schild stand der Name Thomas. 

 

Ann verließ das Zimmer ihrer Oma, setzte sich auf eine Bank vor der Seniorenresidenz und öffnete den Brief. Es war altes gelbliches Papier und sie schrieb den Brief mit ihrer Hand. Die Schrift sah zittrig aus. Wahrscheinlich konnte ihre Oma nicht mehr gut schreiben.

 

Mein liebes Kind! Du bist mein Ein und Alles. Ich hoffe, der Brief erreicht dich eines Tages, denn ich weiß nicht wie lange ich noch lebe und wie lange du noch im Ausland bist. Natürlich war ich traurig als du fortgingst, aber warum soll ich einer jungen hübschen Frau im Weg stehen, wenn sie wissen möchte, wo ihre Eltern lebten oder sie Karriere machen möchte, da sie hier keine Chance dazu hatte. Das wollte ich nicht, dass du wegen mir zu Hause bleibst. Ich hoffe, du bist glücklich und fündig geworden. Wenn du diesen Brief liest möchte ich dir noch mitteilen, dass Jeremia dich liebt. Er sagte es mir nicht, aber seit du weg bist, ist er kein glücklicher Mann mehr. Bitte enttäusche mich nicht oder verletze Jeremia nicht, denn seine Liebe zu dir ist sehr stark. Deine Oma Amelie!

 

 

Ann las den Brief immer wieder. Jeremia liebte sie, aber warum sagte er nie etwas. Tränen liefen ihr im Gesicht herunter während sie sich auf den Rückweg machte. Jessica bemerkte ihre Trauer, klopfte ihr auf die Schultern, um sie zu beruhigen und sagte, dass ein Gast absagte und jetzt ein Zimmer frei sei. Jessica gab ihr die Schlüssel und Ann betrat die kleine Ferienwohnung. Alles sauber, kein Vergleich zu der Absteige in New York in der sie zwei Tage schlief. Sie öffnete das Fenster, atmete die frische Luft ein und genoss die Ruhe. Nur die Wölfe heulten, die Grillen zirpten und alle anderen nachtaktiven Tiere waren zu hören.

 

Der Mond schien hell in das Zimmer und Ann konnte nicht schlafen. Ihren Fotoapparat hatte sie natürlich mitgenommen und sie wollte wie bei jeder Vollmondnacht ein Foto von ihm machen wie er sich im See spiegelte. Es war eine laue Sommernacht. Sie dachte, es wäre leise in ihrer Wohnung in New York gewesen, aber jetzt stellte sie wieder fest, dass das hier leise war, Totenstille, keine Lichter brannten in den Häusern, da die Menschen schliefen, keine Autogeräusche. Aber New York war selbst in der Nacht lebendig. Ann hörte ein Rascheln als sie auf einem Felsen Platz nahm. Flüsternd setzte sich Jeremia neben sie: "Ich wusste, dass ich dich heute bei Vollmond hier finden würde." Damit hätte Ann nicht gerechnet. Sie hatte Schmetterlinge im Bauch. Das hatte sie noch nie, wenn sie sich in der Nähe ihres Freundes befand, aber nun waren einige Jahre vergangen. Sie konnten wie früher immer noch recht viel schweigen, besonders in der Nacht.

 

Jeremia nahm ihre Hand, half ihr im Mondschein den Felsen herunter und brachte sie zu seinem neuen Haus. Es war ein auf Steg stehendes Haus am See. An ihrem See, den nur sie Beide kannten und sich oft dort zurückzogen. Mehr konnte sie in dem Mondschein nicht erkennen. Ann hatte das Bedürfnis Jeremia etwas zu erzählen von New York, ihrem Leben im Gefängnis und vieles mehr, aber er schüttelte den Kopf. Aber Ann musste ihm eine einzige Frage stellen und hoffte, er würde sie beantworten. "Jeremia. Liebst du mich?" Er schaute sie lange an und als Antwort gab er ihr einen sanften Kuss direkt auf den Mund. Das war wohl ein JA. Jeremia redete nicht, räumte jedoch auf, damit Ann keinen schlechten Eindruck auf ihn hatte, dabei war bei ihm alles sauber und ordentlich. Ann hielt ihn fest, dass er aufhören sollte zu räumen. Ihre Blicke trafen sich, sie nahm seine Hände in ihre und Ann ließ es geschehen. Jeremia küsste sie ein zweites Mal, drückte sie fest an sich und sie spürte wie sehr er sie vermisst hatte und auch sie fühlte jetzt genauso. Ann brauchte seine Umarmung. 

 

Jetzt sagte auch Ann nichts mehr. Jeremia legte sie auf ein Bett mit Moskitonetz und er neben sie. Beide benahmen sich wie Teenager. Sie Beide waren aufgeregt als würden sie sich nicht kennen, dabei hatte Jeremia Ann schon mehrmals ohne Kleidung gesehen, denn sie ging immer nackt baden. Aber er berührte sie dabei niemals und empfand wohl auch keine Liebe, sondern nur Freundschaft. Ann hätte es nicht für möglich gehalten, dass er so sanft mit ihr umgehen würde. Jeremia streichelte Ann wie eine Feder und zog sie auch langsam aus. Sie genoss jede Berührung von ihm, ob er sie nun mit Küssen bedeckte oder sie mit seinen Försterhänden streichelte. Die Wärme stieg ihr in den Kopf und damit auch, dass sie mehr von ihm wollte. Ann zog auch seine Försterkleidung aus. Für einen kleinen Moment war sie entsetzt über seine tiefsitzende Narbe an der Schulter. Ann streichelte die Narbe sanft mit ihren Fingern und seine Brust und strich über sein Gesicht welches sich mittlerweile in Falten legte, jedoch mochte sie es, wenn Männer Falten hatten. Diesmal küsste sie ihn leidenschaftlich. Dann schienen Beide eingeschlafen zu sein.

Kapitel 8

 

Ann öffnete ihre Augen. Sie konnte sich nicht wirklich an etwas erinnern, was geschehen war. Sie lag zumindest in einem Bett mit Moskitonetz und war bedeckt mit einer Decke aus Leinen. Sie stand auf, fand gerade ihre Kleidung nicht, also zog sie sich ein Shirt über, welches auf einem Stuhl hing. Es roch nach Jeremia. Das Zimmer bestand auch aus Holzvertäfelung. Auf einem Tisch lagen Skizzen von Wölfen. Er schien mittlerweile auch gerne zu malen oder versuchte es zumindest. An den Wänden hingen Fotos von Jeremia und ihr als sie noch Kinder waren, ein Referat über die Försterei die er mit der Note Sehr Gut bestand und einige Bücher über den Grand Canyon. Die Terrasse war auf Bolzen befestigt und diese standen im See. Es war ein kleines Haus am See mit Blick auf die Berge.

 

Als Ann sich umdrehte, kam Jeremia mit einem weißen Pferd daher und befestigte es am Steg. Fröhlich kam er auf sie zu: "Brötchen gefällig? Du trinkst immer noch Milch, oder?" Ann nickte. "Du und Pferd? Wo ist Luna?" "Luna ist tot. Ein Kollege hat sie erschossen, hat sie verwechselt mit einem Keiler, du weißt Wildschwein." "Das tut mir leid." "Nicht doch, jedes Tier stirbt irgendwann. Das ist übrigens Fury. Ein hübscher liebevoller Schimmel." Ann hätte es niemals für möglich gehalten, dass sie jemals mit ihrem besten Freund im Bett landen würde und ihn jetzt tatsächlich auch auf eine andere Weise liebt, aber ja, sie liebt ihn, obwohl sie es sich nicht eingestehen wollte. "Interessierst du dich für den Grand Canyon?" Jeremia nickte. "Jetzt erzähl mal wie es dir die letzten Jahre so in New York ergangen war und ob du das Haus deiner verstorbenen Eltern gefunden hast."

 

Ann erzählte Jeremia alles von A bis Z, von der Absteige in der sie wohnte, wie unsauber es dort aussah, von ihrem Chef, der ihr nicht nur Drogen ins Cocktail mischte, sondern es auch in ihre Jacke steckte und sie mit Kopfschmerzen im Gefängnis landete. Ann merkte es gar nicht, dass sie von Harvey, ihrem ehemaligen Anwalt so schwärmerisch erzählte, denn augenblicklich unterbrach Jeremia Ann: "Du hast heute Nacht in deinen Träumen von Liebe gesprochen und der Name Harvey fiel auch kurz." Ann rechtfertigte sich, obwohl sie Jeremia gar keine Erklärung schuldig war nur weil sie im Traum den Namen ihres Anwalts rief. "Es kam nur im Gefängnis zu einem Gespräch. Ja, ich finde ihn hübsch, aber du bist hübsch und noch viel mehr für mich." Ann machte eine Pause und gab Jeremia einen Kuss, dann fuhr sie fort: "Harvey war mein Anwalt, mehr nicht." Eine Frage lag Jeremia jedoch noch schwer auf dem Herzen: "Bleibst du jetzt oder ist dein Zuhause jetzt New York?" Ann wusste, dass sie irgendwann eine Antwort auf diese Frage geben musste, jedoch noch nicht jetzt, daher vertröstete Ann ihn mit den Worten: "Sehr wahrscheinlich bleibe ich, denn ich habe doch den Geruch von den Bergen vermisst und dich sowie Oma." Jeremia stieg auf sein Pferd und sagte ihr, dass Fury Auslauf bräuchte, er jedoch in einer Stunde wieder da wäre.

 

Harvey landete in Tirol. In gebrochenem Deutsch versuchte er dem Taxifahrer zu erklären, wo er hin wollte. "Sie meinen sicherlich 'Unter den Eichen', denn 'Am Grünen See' gibt es nicht mehr." Harvey ließ sich dorthin fahren, denn er kannte sich hier nicht aus. Er stand da und dachte es gäbe das Restaurant und die Ferienwohnungen nicht mehr, da niemand zu sehen war. Er nahm aus seiner Tasche ein Übersetzungsbuch heraus, damit er zeigen konnte, nach was er suchte, denn er verstand es ja nicht. Zwei kleine Kinder kamen auf ihn zu gelaufen und sagten irgendetwas, was er nicht verstand. Eine Frau kam aus dem Restaurant mit Schürze. Sie musste die Köchin sein. Sie sahen sich eine Weile an, aber dann nach einigen Sekunden stellte er fest, dass es nicht Frau Mattson war. "Wie kann ich Ihnen helfen?" Harvey verzweifelte. Er verstand kein Wort. Er nahm sein Buch und bat sie ihm zu zeigen, was sie gefragt hatte. "Ob ich Ihnen helfen kann?" zeigte sie ihm in Harveys Buch und in der anderen Spalte stand der Satz auf Englisch. "I'm looking for woman Mattson, i'm Harvey Macht." Jessica war überrascht, dass dieser hübsche Mann eine alte Dame im Seniorenheim besuchen möchte. Jessica wusste gar nicht, dass Amelie noch englische Verwandte hatte. Aber sie gab ihm die Adresse und er dankte.

 

Harvey kontaktierte seinen Praktikanten, jedoch war seine Chefin am Apparat: "Wo bist du eigentlich. Die Geschäfte warten", erinnerte seine Chefin Sandy Hudson ihn daran. "Tut mir leid. Ich konnte dich nicht mehr informieren. Es geht um etwas Privates." Dann legte sie auf und Harvey ärgerte sich, dass Sandy mit Sicherheit herausgefunden hatte, für was er James benutzt hatte. Harvey würde sich darum kümmern, wenn er wieder in der Kanzlei war, aber jetzt musste er erst einmal Frau Mattson finden.

Ann erhielt per Handy eine Nachricht, dass ihre Oma wieder einen hellen Kopf hatte und sich an sie erinnerte. Bevor sie sich jedoch auf den Weg machte, schrieb sie Jeremia einen Zettel, dass sie bei ihrer Oma sei.

 

Ihre Oma umarmte sie, dass sie wieder da war. "Bleibst du länger?" fragte ihre Oma sie. Ann nickte. "Hat Jeremia dir seine Liebe gestanden?" Ann nickte lächelnd. "Weißt du etwas davon, ob vielleicht Jeremia in den Grand Canyon auswandern möchte?" Ihre Oma schaute sie sehr überrascht an und schüttelte den Kopf dann fragte sie: "Meinst du die Bücher?" Ann nickte. "Er leiht sich immer Bücher aus der Buchhandlung. Er hatte in den vergangenen Jahren schon verschiedene Bücher zu Hause über China, Afrika, Australien, Schweden und noch so einige. Ich glaube nicht, dass Jeremia auswandern möchte, dafür liebt er diesen Ort zu sehr. Aber frag ihn doch selbst." Ann verabschiedete sich, versprach wieder zu kommen und verließ die Residenz. Sie stieg in Jeremias Wagen, den er sowieso nicht sooft benutzte. Sie blieb noch eine Weile sitzen bis Ann den Wagen startete. Ein Taxi nahm ihr fast die Vorfahrt, aber sie konnte noch rechtzeitig bremsen. Irrte sie sich oder stieg aus dem Wagen Harvey, um ihre Oma zu besuchen? Sicherlich irrte sie sich und sah schon Gespenster.

Ann fuhr zur Ferienwohnung, bezahlte ihr Zimmer, auch wenn Jessica es nicht wollte und erklärte, sie habe eine Bleibe gefunden. Jessica nickte und hatte so eine Ahnung. Kurz darauf kehrte Harvey zurück und es wurde wieder mit dem Übersetzungsbuch miteinander korrespondiert, da Jessica kein Englisch konnte und dieser Engländer ihre Sprache nicht verstan. Wie geahnt, war die alte Dame in der Residenz nicht die Person gewesen die dieser Mann suchte. Daher reiste er am nächsten Tag ab.

Jeremia war überrascht, sie mit Koffern neben Fury stehen zu sehen. Er wollte die Koffer nehmen, jedoch hielt sie ihn davon ab und musste ihm etwas erklären, was ihr auf dem Herzen lag: "Ich bleibe. Hier in den Bergen, bei Oma und bei Dir. Du bist für mich mehr, als nur ein guter Freund." Und sie gab ihm einen Kuss.

 

Am nächsten Morgen als sie wieder wach wurde war Jeremia nicht da. Er hatte keinen Ton abends mehr von sich gegeben und sie wusste nicht warum. Sie gestand ihm doch, dass sie ihn auch liebte und dass sie versprach zu bleiben oder glaubte er ihr etwa nicht? Er war einfach weg. Sie suchte ihre gemeinsamen Lieblingsplätze auf, wo sie sich als Kinder oft aufhielten, jedoch war er dort nicht anzutreffen. Im Försterhaus traf sie auf andere Förster, die ihr jedoch keine Auskunft geben konnten oder durften. Im Dorf traf sie auf Jessica und diese bemerkte wie unglücklich Ann war. Ohne sie zu fragen, duzte sie Ann. "Was ist? Du wirkst so bedrückt. Deine Oma?" Ann schüttelte ihren Kopf und antwortete betrübt: "Nein. Unser Förster Jeremia Balz." Jessica sah sie an und fragte: "Du und Jeremia? Wirklich?" Ann bat sie nicht soviele Fragen zu stellen sondern ihr eine Antwort darauf zu geben, ob sie ihn irgendwo gesehen hatte. Jessica verneinte es. Ann suchte ihre Oma auf, jedoch war diese wieder verwirrt und erkannte ihre Enkelin nicht. Vor der Tür traf Ann auf Thomas den Pfleger und fragte, ob heute ein Förster bei ihrer Oma gewesen war. Er nickte und antwortete: "Ja kurz. Er ließ sich nicht soviel Zeit wie sonst immer." Tränen liefen Ann wieder am Gesicht herunter und fragte, ob er ihrer Oma irgendetwas hinterließ. Einen Brief oder etwas Ähnliches. Thomas schüttelte den Kopf. Ann kehrte zurück und hoffte, dass Jeremia wieder anzutreffen war, jedoch war er nicht da. Deprimierend kehrte sie zu Jessica zurück und übergab ihr ihre Telefonnummer. "Bitte gib mir Bescheid, sobald du erfährst oder hörst, dass Jeremia wieder da ist." Jessica nickte und erzählte ihr noch beiläufig, dass zwei Tage ein Harvey Macht hier übernachtete und sie gesucht hätte, sie ihn jedoch zuerst zu ihrer Oma schickte, weil er nur sagte, er suche eine Miss Mattson. Ann dachte sie hätte sich geirrt und hätte Gespenster gesehen. Aber nein. Es war tatsächlich Harvey gewesen. "Wo möchtest du jetzt hin?" fragte Jessica. Ann zuckte mit den Schultern, dann antwortete sie: "Nach Hause und Jeremia ausfindig machen." Die Frauen umarmten sich und Jessica versprach sich zu melden.

 

Kapitel 9

 

In New York war es mittlerweile kühl geworden. Der Jetlag machte Ann wieder zu schaffen und bei der Ankunft in der Pension ließ sie sich sofort ins Bett fallen. Nach ihrem Schlaf musste sie sich etwas bewegen, um einen freien Kopf zu bekommen, wie sie nun weiter verfuhr. Jedoch kehrte sie sofort wieder zurück in ihr Zimmer, da sie glaubte, dass Jeremia in den Grand Canyon gereist war, fragte sich jedoch warum so plötzlich, obwohl Ann ihm ihre Liebe gestand so wie er Tage zuvor. Um sich eine Reise auch dorthin leisten zu können wälzte Ann Stellenangebote durch. Vorerst wollte sie nicht als Fotografin tätig sein, sondern suchte auch im Bereich von Bürokräften. Schließlich arbeitete Ann eine zeitlang im Büro ihrer Oma, also würde das für sie kein Problem darstellen. Dann stieß sie auf eine Anzeige 'Schreibkraft gesucht'. Eine kurze Bewerbung sollte man an ein Postfach schicken, dann würde ausgelost werden. Das hatte sie vor zu tun.

 

Am Flughafen wurde Harvey von seiner Chefin Sandy empfangen. Harvey war überrascht sie zu sehen. "Ich möchte mich entschuldigen, weil ich so gereizt war. Natürlich musst du dich nicht immer abmelden, wenn du private Dinge zu erledigen hast." Harvey war überrascht über Sandys Sinneswandel. "Und noch etwas. Wir brauchen eine Bürokraft. Die kommenden Tage werden sicherlich viele Bewerbungen eingehen. Würdest du mir helfen, die richtige Entscheidung zu treffen?" Harvey schüttelte den Kopf und meinte, dass sie die richtige Entscheidung dazu treffen würde, da er die Kanzlei im Stich gelassen hatte und nach einer Frau suchte, die es gar nicht mehr gab oder dort nicht mehr lebte, was James vermutete und jetzt viel Arbeit hatte, um sich der Probleme seiner Mandanten anzunehmen.

 

Ann warf am Abend ihre Bewerbung in den Briefkasten und da es heute etwas ruhiger auf den Straßen war wie sonst, nahm sie sich vor noch einen Spaziergang durch den Central Park zu machen, auch wenn das zwei Kilometer entfernt von der Pension lag. Ann versteckte sich hinter einer Baumkrone, da sie Harvey dort längs joggen sah. Sie wollte nicht, dass er sie sah. Und sie war nicht wegen ihm in New York, sondern um zu arbeiten und das Geld für andere Dinge zu sparen. Es hat sich eine Menge in ihrem Leben getan und sie hoffte, dass sie keine Schmetterlinge mehr haben würde, wenn sie ihm irgendwann gegenüber stand. Harvey trank an einem Brunnen Wasser und joggte Richtung Straße weiter.

Gina überreichte Ann vier Tage später einen Brief in dem stand, dass sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Sie bekam kalte feuchte Hände und ihr Herz flatterte. Gina freute sich mit ihr und hoffte, dass es mit der Vorstellung klappte.

 

Ann nahm alles um sich herum nicht wahr. Sie ging ständig ihren Text durch, da sie ihn nicht vergessen wollte, sofern diese Fragen gestellt wurden. Eine dürre kleine Frau kam auf sie zu und fragte, ob sie die Bewerberin für die Schreibkraftstelle wäre. Ann war wieder klar im Kopf und nickte. "Dann folgen Sie mir." Es hätte auch ihr Zimmer sein können. Warme Farben, obwohl es ja hieß, Blau wäre keine warme Farbe, jedoch hatte sie auch immer Blau geliebt. Aber darum ging es nicht. Ihr fiel es nur auf, dass das ganze Büro größer war, wie die Frau selbst. Sie schätzte sie erst Anfang Zwanzig, aber eine Zwanzigjährige konnte bestimmt nicht schon das Amt einer Chefin einnehmen. Wahrscheinlich hatte sie sich schon mehrfach unter das Messer legen lassen, um so jung auszusehen. Ann wurde aus ihren Gedanken gerissen als Sandy ihr Fragen stellte, warum sie als Schreibkraft und gerade bei ihnen arbeiten möchte. "Geschrieben habe ich schon immer gerne, das Zehnfingersystem beherrsche ich und dass ihre Firma so groß ist, dass wusste ich nicht, es stand in der Zeitung nur ein Postfach, aber damit hätte ich kein Problem, ob eine große oder eine kleine Firma." "Das freut mich zu hören. Haben Sie noch etwas Zeit, dann würde ich Ihnen alles zeigen." Ann nickte. Ihre zukünftige Chefin erklärte ihr, wo ihr Platz sein würde und wie hier alles abläuft jeden Tag. "Sie müssen natürlich erst eingearbeitet werden, jedoch bald können Sie alles von selbst", erklärte Sandy ihr. "Wir sind eine Kanzlei keine Firma über drei Etagen. Da können Sie sich sicherlich vorstellen, dass Sie dann für mehrere Anwälte Briefe schreiben müssen und nicht nur zwei, außer die anderen möchten sie nicht in Anspruch nehmen, denn es gibt welche, die auch ihre eigenen Sekretärinnen haben, aber Sie werden nur als Schreibkraft eingestellt. Mary wird Sie einarbeiten. Am besten machen Sie sich Notizen. Wie Sie sehen können, haben wir es sehr eilig eine Schreibkraft zu finden, da Mary in wenigen Wochen ihr erstes Kind erwartet." "Ich freue mich für Sie. Ich bin Ann." "Danke. Wenn Sie Fragen haben, dann wenden Sie sich hauptsächlich an mich, solange ich noch da bin, sonst an Sandy. Da sie jedoch meistens Auswärtstermine hat, müssen Sie sich dann an Herrn Macht wenden." Ann nickte nur, nahm jedoch nicht wirklich den Namen wahr, welcher ihr gesagt wurde.

 

Mary erklärte Ann wie die Schriftsätze aufgesetzt werden, dass es für jedes Formular bereits eine gespeicherte Datei gibt und in welchem Ordner diese sich befanden. Ann musste wirklich viele Notizen machen, denn sie würde sicherlich eine Weile brauchen bis sie wusste, wo alle Dateien zu finden waren. Sie hoffte, dass sie das ganz schnell beherrschte und nicht lange suchen musste.

 

Harvey war nicht in der Stimmung mit seinem Auszubildenden zu reden, da er viel um die Ohren hatte, aber trotzdem wurde James lauter. "James, wie reden Sie eigentlich mit mir? Sie können den Rest des Weges zu Fuß gehen, wenn Sie mich noch einmal belästigen." "Seit wann siezen Sie mich Harvey?" "Seit Sie kein Praktikant mehr sind. Aber überlegen können Sie es sich aber gerne wieder Mädchen für Alles zu sein, nur lernen Sie bei mir dann nichts und jetzt möchte ich keinen Ton mehr von Ihnen hören."

James ließ Harvey vorgehen, denn James war sich hundertprozentig sicher, dass seine Freundin sich als Schreibkraft bei ihnen bewarb, als er sie im Aufenthaltsraum sah. Jedoch schien sie ihn nicht mehr erkannt zu haben, als er sie das letzte Mal sah. "Wollen Sie nicht kommen?" fragte Harvey James als er im Fahrstuhl stand. Er erwiderte: "Ich laufe paar Stockwerke, aber ich werde mich beeilen." Harvey sagte dazu nichts und schüttelte nur den Kopf. In den Büros ist es ruhig geworden und auch Mary war bereits gegangen und Ann packte ihre Sachen zusammen. Sie stand vor dem Fahrstuhl. Dieser öffnete sich und Ann wollte ihn betreten, da waren sowohl sie und Harvey überrascht, sich hier über den Weg zu laufen. Bevor Beide etwas sagen konnten, kam Sandy auf sie zu und stellte Harvey die neue Schreibkraft vor. "Darf ich bekanntmachen, das ist Ann Mattson. Du hast gesagt, ich soll das selbst entscheiden und für die restlichen Stunden seit sie hier alleine war, hat sie sich gut gemacht." "Harvey Macht." Sie wollten sich die Hand reichen, da stürzte James aus dem anderen Fahrstuhl und bei versammelter Mannschaft fragte er, ob er etwas verpasst hätte. "Nein James. Was machen Sie eigentlich um diese Zeit noch hier? Sie wissen, für Sie gelten andere Arbeitszeiten", ermahnte Sandy James streng. "Gute Nacht Frau Mattson. Bis morgen. Harvey ich muss dich sprechen."

 

Beinahe wäre die Fahrstuhltür zugegangen, aber James stellte den Fuß dazwischen und fragte: "Wollen Sie mitfahren oder meinem Chef hinterher sehen." Das Bübchen war recht vorlaut, fiel Ann auf, aber trotzdem fuhr sie mit ihm mit. "Ist das Ihr erster Tag heute? Als was haben Sie sich beworben?" "Sie sind ein ganz schön neugieriges Würstchen. Ich habe mich auf die Anzeige als Schreibkraft beworben und ich habe den Job." "Anwälte müssen neugierig sein, obwohl ich ja noch in der Ausbildung bin." "Haben Sie denn schon Jura studiert?" Auf diese Frage ging James nicht ein, stattdessen war er auf etwas Anderes neugierig: "Wie lange kennen Sie Harvey schon? Sie mögen ihn wohl sehr. Ich kann gut erkennen, ob jemand lügt oder die Wahrheit spricht. Soll ich mal für ein Date sorgen?" "Nein. Mischen Sie sich da nicht ein, Sie sind noch nicht erwachsen genug für diese Dinge und ich muss erst einmal wissen, wie das so klappt mit der Arbeit." James schaute Ann nach, da sie ihm den Vornamen anbot, weil sie wesentlich älter war wie er und er wusste, dass zwischen Ann und seinem Chef Harvey sich irgendwann etwas ergeben würde. Er würde das im Auge behalten und vielleicht sogar etwas nachhelfen.

 

Gina saß noch an der Rezeption. Eigentlich übernahm sie nicht die Nachtschicht. Ann glaubte, dass Gina auf sie gewartet hatte, ob sie den Job bekommen hatte. Sofort sprang Gina auf. Ann nickte, jedoch bemerkte Gina, dass Ann über die Übernahme nicht wirklich erfreut war. Gina wollte alles wissen und rief nun die Nachtschicht an, so dass Ann ihr berichten konnte. Beide Frauen nahmen Platz und Ann fing an zu erzählen:

"Ich war ja so aufgeregt heute morgen und nahm um mich herum nichts wahr, noch nicht einmal auf welches Gebäude ich zuging. Die Stelle befindet sich in einer riesigen Anwaltskanzlei über drei Etagen. Ich weiß nicht, ob ich mich mit der Chefin verstehen werde, sie ist recht forsch und ein zweites Problem besteht darin, dass Harvey dort angestellt ist und eigentlich wollte ich mit Harvey abschließen. Ich bin nur noch hier, um Geld aufzutreiben, um meinen Freund zu suchen." Gina legte ihre Hand auf Anns Schultern. "Du wirst das richtige tun und einen Weg finden."

 

Mary suchte zur Mittagszeit ihre Chefin auf, dass Ann soweit wäre und sie in Mutterschutz gehen könnte. Sandy freute sich über diese Aussage. Ann saß am Tisch, nahm von einigen Anwälten Diktiergeräte entgegen und viele junge Leute trugen in ihren Händen kleine Zettel. Sie fragte sich, was das zu bedeuten hätte, vor allem warum sich Mary nicht mehr von ihr verabschiedete. James setzte sich auf ihren Tisch und bat sie ihn in einen Besprechungsraum zu begleiten. Es war ein großer Saal mit sehr vielen Regalen und Büchern. Diese Bücher wollte Ann niemals in ihren Händen halten, denn sie verstand schon die Paragraphensätze vom Finanzamt nicht. Statt es für einen Laien verständlich zu formulieren, schrieben diese damals schon an ihre Oma gemäß Paragraph. Typische Anwalts- und Behördensätze, jedoch nicht geeignet für Laien.

 

Da hörte Ann ihren Namen und sie sollte sich an die Seite von Sandy, ihrer Chefin stellen. "Da Mary Paulssen in Mutterschutz geht, ist dies ab heute unsere neue Schreibkraft Ann Mattson. Ich bitte euch sie alle mit Respekt zu behandeln und es zu berücksichtigen, wenn sie Fehler macht. Sie ist noch Anfängerin auf diesem Gebiet." Die verschiedenen Anwälte hießen sie herzlich Willkommen, schüttelten ihr die Hand und sagten immer wieder 'Auf gute Zusammenarbeit'.

Auch Harvey begrüßte sie. Er kam ihr gegenüber recht reserviert rüber. Ihr war das ganz recht, denn dann konnte sie viel besser arbeiten als wenn er ständig ihr schöne Augen machen würde.

James grüßte sie und dankte, wenn er in Harveys Namen ein Schriftstück bei ihr abholen sollte, jedoch fragte er auch ständig, ob sie Harveys Freundin sei. "James. Nein! Ich erledige für Harvey dieselbe Arbeit wie für die anderen Anwälte. Ich war noch nie Harveys Freundin gewesen und werde es auch nie sein. Punkt." Harvey rief James, ob die Schriftsätze fertig waren und er doch bitte kommen sollte. Ann konnte es sich nach diesem Gespräch nicht verkneifen und musste in sein Büro schauen wie sein Auszubildender über einen Fall diskutierte. Das erste Mal seit Wochen, seit sie da ist, lächelte Harvey sie an, als er mit James das Büro verließ.

 

 

Kapitel 10

 

 

Sandy bat Ann am nächsten frühen Morgen in ihr hübsches Büro, welches sie auch gerne hätte wegen den blauen Farben und weil es gemütlich groß war. "Setzen Sie sich. Ich habe nur Positives von Ihnen gehört. Die Anwälte scheinen wohl alle mit Ihnen zufrieden zu sein." Das hörte Ann gerne. "Jedoch muss ich Ihnen kündigen." Sandy machte eine Pause und Anns Gesicht wurde weiß, weil sie nicht wusste, weshalb. "Weil Sie vor einigen Jahren im Gefängnis saßen. Zwar unschuldig, jedoch können wir keine Straftäter hier arbeiten lassen und Sie haben es mir verschwiegen. Harvey hat Sie vertreten steht in Ihrer Akte." "Das ist ja verjährt, daher habe ich das nicht erzählt", zitterte Anns Stimme. Sandy schmiss ihre Strafakte auf ihren Bürotisch, stand von ihrem Stuhl auf und ging zum Fenster dann kam sie wieder zurück, beugte fast ihren ganzen Oberkörper über ihren Schreibtisch und stützte ihre Hände ab und fragte Ann wütend: "Ich frage Sie das nur einmal. Als Sie sich hier bewarben, wussten Sie, dass Harvey hier arbeitet?" Ängstlich schüttelte sie den Kopf. Dann noch eine Frage: "Lieben Sie Harvey?" Ann schwieg, denn das ging sie nichts an. Sandy fragte noch einmal und etwas lauter: "Lieben Sie Harvey?"

 

Harvey stürzte in Sandys Büro und fragte: "Was ist hier los? Wer liebt mich?" Harvey sah Ann ängstlich auf Sandys Stuhl sitzen. Sie sprang auf, rannte aus ihrem Büro und Sandy rief ihr hinterher: "Wir sind noch nicht miteinander fertig!" Harvey schloss hinter sich die Tür und fragte Sandy was sie mit Frau Mattson getan hatte. "Warum hast du mir nicht erzählt, dass du sie vertreten hast vor Jahren in einem Rechtsstreit?" "Weil das verjährt ist." "Du redest wie sie, das sagte sie auch. Aber als ich sie fragte, ob sie dich liebt, schwieg sie." "Das muss sie dir auch nicht sagen." "Nein das braucht sie nicht mehr, ich habe ihr ja auch gekündigt." Harvey war entsetzt und schaute seine Chefin giftig an. Er verließ das Büro, fragte seine Angestellten und James, ob sie Frau Mattson gesehen hätten. James fragte, was denn los sei und auf dem Weg zum Fahrstuhl erklärte Harvey ihm die Situation. "Soll ich mitkommen?" "Nein."

 

Harvey griff Ann auf der Straße auf bevor sie ins Taxi steigen konnte. Er hielt sie am Arm fest. "Bitte bleib'." "Ich kann nicht." "Warum nicht?" Ann schnaubte und antwortete, was ihr doch sehr schwer fiel wie sie feststellen musste: "Weil, weil ich dich nicht liebe und nur arbeite, um Geld zusammen zu bekommen, um Jemanden zu finden." Harvey schwieg, wollte aber trotzdem, dass sie mitkam, dann konnte sie immer noch entscheiden, ob sie gehen wollte oder bleiben. Die Limousine parkte am Straßenrand und Harvey flehte sie an einzusteigen. Ann ließ sich erweichen. Sie fuhren zu einem Penthouse. Auch von dort konnte man über ganz New York sehen wie sie damals in ihrer Wohnung. Harvey öffnete seine Tür und sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihm das ganz alleine gehörte, sondern sie bei seinem Freund waren.

 

Ann entdeckte zwei Fotos. Diese musste sie von ihm vor langer Zeit gemacht haben, wenn er am Imbiss stand, jedoch konnte sie sich nicht mehr daran erinnern. Hatte sie diese etwa in der Wohnung vergessen. Wie konnten diese an dem großen Bücherregal hängen? Dann wusste sie den Grund weshalb er sie hierher brachte und es war ihr unangenehm ihm jetzt noch einmal sagen zu müssen, dass sie keine Gefühle mehr für ihn hatte. Harvey trat hinter sie, massierte ihre Schultern und sagte: "Solch eine Liebeserklärung habe ich auch noch nicht erhalten." Harvey nahm ihre Tasche aus der Hand die sie immer noch bei sich trug und legte ihr Gesicht in seine Hände und gab ihr einen Kuss. Ann wollte abwehren, aber sie konnte nicht. Daraufhin folgten weitere Küsse. Daher ließ es Ann einfach geschehen, auch wenn es eigentlich nicht richtig war, da es ihr Vorgesetzter war und sie jemanden anderen liebte und diesen sehnsüchtig vermisste,  nämlich Jeremia.

 

Wach wurde Ann in einem gold satinbezogenen Bett. Gegenüber war das Bad und Harvey trocknete sich gerade die Haare, schaute um die Ecke und fragte, ob sie Kaffee trinken wollte. Auf dem Nachtisch standen zwei Gläser Wein. Sie vertrug noch nie Alkohol und dass sie in Harveys Bett landete war nur deshalb der Grund, weil sie betrunken war. Ann schüttelte den Kopf, dass sie keinen Kaffee haben wollte. Harvey verstand Ann nicht, was sie hatte und fragte sie. "Harvey!" Sie hob abwehrend die Hand nach oben, weil sie seine Nähe nicht haben wollte. "Ich liebe dich nicht. Was auch immer heute Nacht vorgefallen ist, ist bestimmt wieder durch den Alkohol passiert, aber ich vertrage keinen Alkohol. Ich brauchte nur Geld, um die Reise anzutreten, da ich meinen Freund finden muss. Wusste aber nicht, dass du dort arbeitest. Es tut mir sehr leid. Ich mag dich sehr!" Harvey nahm von ihr Abstand. Er wusste ganz genau, warum er sich nicht binden wollte. Weil Frauen ihn hübsch fanden, sie jedoch keine Beziehung mit ihm eingehen wollten, nur eine kurze Affäre. Daher blieb er lieber alleine.

 

"Bringst du mich wenigstens noch zum Flughafen?" fragte Ann Harvey. Eigentlich wollte er es nicht tun, jedoch tat er es, weil er ihr auf dem Hinweg dorthin noch erzählen wollte, dass er sie suchte, stattdessen jedoch auf eine ältere Dame traf. Ann erklärte, dass das ihre Oma sei und eine Freundin ihr es erzählte, dass ein Engländer in Tirol war. Kurz vorm Einchecken wünschte Harvey Ann alles Gute und sagte traurig: "Ich bin für dich da. Wenn du meine Hilfe brauchst, dann ruf mich an." Auch wenn Harvey verletzt war, so lag ihm Ann am Herzen, daher sagte er ihr das. Ann nickte ohne ein Wort und gab Harvey zum Abschied einen Wangenkuss. Sie drehte sich danach nicht mehr zu ihm um.

Kapitel 11

 

Es war ein Traum über Colorado zu fliegen. Alle anderen Passagiere waren genauso begeistert. Sie haben lange auf die Reise hin gespart, um hierher fliegen zu können und ihren Urlaub zu verbringen. Sie wohnte jedoch nicht in einem Hotel, sondern in einem kleinen Appartment. Jedoch informierte sie sich zuvor schon wie es in den Räumen aussah, denn der Schrecken von New York saß tief, was sie da erlebt hatte an Dreck und Gestank. 

 

Die heiße Sonne prallte in ihr Gesicht. Sie zog sofort einen Hut und die Sonnenbrille auf. Ein Taxifahrer kam auf sie zu und fragte, ob sie Frau Mattson sei. Ann nickte und er brachte sie mit seinem Wagen zu ihrem Appartment im Coloradostil. Sie fühlte sich, als würde sie in einem Westerfilm mitspielen. Solche Holzhäuser standen überall, jedoch von außen und innen waren sie sehr sauber. Der Canyon bestand ja auch hauptsächlich aus Wüste, Sand und Kakteen, da durfte sie nicht erwarten, dass hier ein Appartment der Extraklasse stehen würde wie zum Beispiel in New York. Sie hatte einen atemberaubenden Blick auf den Grand Canyon. Der ältere kahlköpfige Mann übergab ihr die Koffer, welche er ihr ins Zimmer stellte und überreichte ihr ein Faltblatt über die Umgebung und dass am nächsten Tag eine Wanderung stattfinden würde. Ann dankte und gab dem Fahrer noch Trinkgeld. Ann setzte sich auf das Bett und las die Innenseite des Faltblattes:

 

'Der Grand Canyon erstreckt sich von Nordosten nach Westen im Norden Arizonas. Er trennt den Nordwesten des Bundesstaates, den sogenannten Arizona Strip, vom Rest Arizonas. Über den eigentlichen Grand Canyon gibt es keine Brücken, Süd- und Nordufer des Colorados sind auf Straßen nur östlich des Nationalparks bei Lees Ferry und Page oder rund 400 km weiter im Westen über Nevada am Hoover Dam verbunden. Der Südrand ist von Flagstaff zugänglich, der Nordrand und der Arizona Strip sind kaum besiedelt, die nächstgelegene Stadt ist St. George im benachbarten Utah.

Der Grand Canyon ist etwa 450 km lang (davon liegen 350 km innerhalb des Nationalparks), zwischen 6 und 30 km breit und bis zu 1800 m tief. Der Name Grand Canyon für groß und großartig wurde 1869 von John Wesley Powell geprägt. Vorher waren verschiedene Bezeichnungen im Umlauf.

Das Gebiet um das Tal wird in drei Regionen aufgeteilt: Den Südrand (South Rim), der die meisten Besucher anzieht, den im Durchschnitt ca. 300 m höher gelegenen und kühleren Nordrand (North Rim) und die Innere Schlucht (Inner Canyon). Der Südrand des Grand Canyons liegt im Durchschnitt auf 2100 m ü. M., während der Colorado im Durchschnitt auf 750 m ü. M. fließt.

Flussaufwärts, im südlichen Utah liegen andere große Schluchten des Colorado. Der Glen Canyon, der seit 1964 im Stausee des Lake Powell versunken ist, galt landschaftlich als besonders schön. Weiter im Nordosten liegt der Canyonlands-Nationalpark. Flussabwärts, in der Nähe von Las Vegas, liegt der Stausee Lake Mead am Hoover Dam.'

 

 

 

Das waren viele Informationen und Ann glaubte, dass sie sich am nächsten Tag schon ein Bild von dem Canyon machen musste, dabei wollte sie eigentlich erst einen Tag Pause einlegen.

 

Da Ann nicht wusste wie es ablaufen würde, zog sie sich luftige Wanderkleidung an mit festem Schuhwerk und einem Rucksack. Vor dem Appartment stand ein Doppeldecker und wartete auf die Gäste. Ann war die erste und fragte den Fahrer, ob es der richtige Bus war, der sie zur Wanderung über den Canyon brachte. Dieser nickte und erklärte, dass er noch auf andere Gäste wartete.

Bei der ersten Fahrt zum Treffpunkt fiel Ann auf was sie vergessen hatte. Ihre Kamera mitzunehmen. Also machte sie, wie auch all die anderen Urlauber mit dem Handy Fotos. Alle Urlauber stiegen aus und der Busfahrer wünschte ihnen einen schönen Tag. Als die Urlauber auf zwei Gruppen verteilt wurden, stellte sich der Reiseführer vor und wenn es Fragen gäbe, sollte man sich an ihn wenden. Ann rutschte das Herz beinahe in die Hose als sie den Namen Jeremia Balz hörte. Ihr Jugendfreund war jetzt Reiseführer im Grand Canyon. Es schien ihm wohl mehr Freude zu bereiten wie sein Försteramt, stellte sie fest. Ann würde an der Führung teilnehmen, jedoch wollte sie es meiden, dass ihre Blicke sich heute schon trafen auch wenn sie extrem eifersüchtig war, wenn sich andere Frauen ihm näherten, aber es war seine Aufgabe ihnen etwas über den Canyon zu erzählen, wenn sie Fragen hatten. Diese Kleidung stand ihm auch sehr gut, passend zum Canyon. Cowboyhut, Westernstiefel, aber dass er in einer Jacke und langen Hose nicht zu warm hatte, wunderte sie.

 

Wenn Jeremia sich der Menschenmenge zuwandte, versteckte sich Ann hinter Leuten, die größer waren wie sie. Nach der Führung war Ann total durch den Wind. So viele Eindrücke und dann noch Jeremia dazwischen. Sie fragte sich, wie sie ihn jemals ansprechen sollte, wenn sie immer in einer Gruppe unterwegs war. "Sicherlich sieht man sich auch morgen wieder. Morgen geht es auf das Wasser, Kanufahren. Einen schönen Abend." Ann drehte sich schnell um, wollte eilends zum Bus und dann rief er sie, jedoch schien er sie nicht zu kennen: "Hey, Sie da. Sie haben etwas verloren." Ann schaute an sich herunter, stellte jedoch nichts fest, was sie verloren haben könnte daher drehte sie sich langsam um. "Ihren Hut. Bis morgen vielleicht." Jeremia erkannte sie tatsächlich nicht, dabei hatte sie sich doch so arg auch nicht verändert. Ann dankte und rannte zum Bus.

 

Jeremia blieb noch eine Weile stehen bis der Bus nicht mehr zu sehen war. Immer wieder stellte er sich die Frage, ob es Ann war. Seine Ann aus Tirol. Entweder wollte sie ihn nicht erkennen, denn ihm war klar, dass er sie verletzt hatte, weil er sich aus dem Staub machte ohne sich von ihr zu verabschieden oder aber sie wusste es selbst nicht. Seine Chefin, sie war größer wie er und stämmig von Gestalt. Sie hätte fast ein Mann sein können, ihrer Stimme nach war sie aber eine Frau. "Cassie!" Jeremia verschränkte seine Arme vor der Brust. "Jeremia war der Tag heute gut?" "Ja." "Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Du hast sonst immer etwas zu erzählen. Heute etwa nicht?" "Nein. Ich möchte morgen zum Kanufahren gerne, dass Joe mitkommt. Ich mache jetzt Feierabend." Cassie sah Jeremia nach wie er sich auf sein Pferd Fury schwang und davon ritt.

 

Ann machte noch einen Abendspaziergang. Jetzt jedoch mit Kamera, denn es könnte ja sein, dass ihr noch ein besonderes Motiv ins Gesicht stechen würde. Aber lange konnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten, da der Tag sehr lang war. Im Appartment angekommen fiel sie sofort ins Bett.

 

Ann war spät, der Bus ist ohne sie gefahren, daher musste sie ein Taxi kommen lassen. Es war derselbe Taxifahrer der sie vom Flughafen abholte. Er brachte sie zum Treffpunkt wo die Kanufahrt beginnen sollte. Heute waren kaum Urlauber da, die auch in ihrem Appartment wohnten. Wahrscheinlich fürchteten sie sich vor der Fahrt. Ann wusste, dass die Fahrt nicht so ohne werden würde, jedoch hoffte sie, dass Jeremia ihr vielleicht helfen würde. Sie stand auf felsigem Untergrund und Joe, ein anderer Reiseführer sagte: "Einfach einsteigen, Sicherheitshelm aufsetzen, Rettungsweste anziehen und die Paddel in die Hand nehmen, dann folgen Sie mir und den anderen Teilnehmern." Ann schüttelte den Kopf. "Ich kann das nicht." Ann dachte ihre Beine würden nicht mehr ihr gehören. "Jeremia", rief Joe seinen Kollegen. "Kannst du der Frau beim Einsteigen helfen, so dass sie uns folgen kann. Ich fahre mit meiner Truppe schon mal los." "Natürlich." "Ich kann das nicht alleine." "Ich weiß." Ann hatte solche Angst, dass ihr nicht auffiel, wer vor ihr stand. Erst als er Ann ins Kanu half und er sie bat, sich an ihm festzuhalten, da wusste sie wer es war, denn sie kannte Jeremias Geruch und er hatte dieselbe Kleidung an wie am Tag zuvor. Aber er sollte den ersten Schritt wagen und mit ihr reden, daher blieb sie still.

 

Ein Kanu mit zwei Personen schaute ihnen hinterher und lästerten: "Sind Sie so ängstlich, dass Sie eine Extrafahrt brauchen? Dann hätten Sie etwas anderes heute unternehmen sollen." Jeremia unterbrach die Urlauber und mit fester ärgerlicher Stimme antwortete er: "Sie sollten besser geradeaus schauen und sich nicht über meinen Gast ärgern. Ich hätte für Sie alle dasselbe getan. Wenn Sie weiter lästern dürfen Sie an den weiteren Ausflügen nicht mehr teilnehmen." Das hat bei ihnen gesessen und weil Jeremia ihnen Kontra gab, vergaßen sie zu paddeln und die Strömung erfasste ihr Kanu, die sie auf einen Felsen trieb. Leider bekamen es Jeremia und Ann nicht mit. Wahrscheinlich wollte Jeremia auch nicht mehr nach ihnen sehen, weil er verärgert war.

 

Das Rauschen hörte man bereits, das Kanu fing immer mehr an zu schaukeln und vor ihnen sah man bereits den Wasserfall und die Felsen. Jeremia übergab ihr ein Paddel und sie paddelte genauso schnell wie er. Trotz, dass sie die Strömung und den Wasserfall nicht selbst überqueren musste, verlor sie die Kontrolle und ging über Bord. Auch Jeremia landete im Wasser und suchte nach Ann. Joe und die anderen Urlauber waren bereits aus der Gefahrenzone heraus und er sagte ihnen, dass das Wasser seicht und ruhig bleiben würde, er müsste nochmal gegen die Strömung paddeln, da sein Kollege in Gefahr war. "Jeremia, komm', ich bin hier." "Nein. Es ist eine Urlauberin über Bord gegangen, ich muss sie finden." "Jeremia", rief Joe, dass es keinen Sinn machen würde. Dann jedoch sah Joe eine Frau wie sie sich an einen rutschigen Felsen klammerte und um Hilfe rief. Joe half ihr in sein Kanu und gab mit Handzeichen Jeremia zu verstehen, dass er die Vermisste hätte. Jeremia folgte, hing am Kanu, weil drei Leute nicht ins Kanu passten. Die anderen Urlauber waren bereits wieder am felsigen Grund angekommen. Ein weiterer Führer sowie Krankenwagen und Hubschrauber standen am Treffpunkt. Cassie, die Chefin von Jeremia fragte die Gäste, wo ihre Reiseführer wären. Sie zuckten die Achseln und wollten nur zurück in ihr Appartment. Einige Minuten später trafen auch Joe, Jeremia und Ann erschöpft ein. Joe musste seinen Kollegen stützen und Jeremia versuchte Ann trotz dass er total kraftlos war, sie zu stützen, jedoch sackte Ann noch im steinigen Untergrund zusammen und die Sanitäter kamen ihr und Jeremia zur Hilfe und Beide wurden ins Krankenhaus gefahren. Joe war der Einzige, der noch recht fit war und konnte seiner Chefin erklären, was vorgefallen war. Dazu sagte Cassie nichts, jedoch: "Ein Kanu ist abgetrieben. Es musste hinter Jeremia gewesen sein. Es wurden zwei Leichen aus dem Wasser gezogen." Joe war entsetzt. "Wenn er wieder fit ist, dann kannst du ihm das erzählen und ihn fragen, was auf dem Wasser vorgefallen ist." Joe nickte.

 

Ann hing am Tropf. Sie lag alleine in einem Krankenzimmer. Sie hatte keinen Blick nach draußen. Es waren alle Jalousien nach unten verschlossen. Sie war total schwach und müde, konnte jedoch nicht schlafen, denn immer wenn sie die Augen schloss, befand sie sich wieder unter Wasser und fühlte sich, als würde sie sterben, deshalb behielt sie die Augen auf.

Jeremia stand auf der Station und fragte einen Krankenpfleger in welchem Zimmer Frau Mattson liegen würde. "Sind Sie ein Angehöriger?" fragte dieser. "Ihr Halbbruder." Was natürlich nicht stimmte, aber sonst könnte er sie nicht besuchen. "Zimmer 241." Jeremia dankte. Ann drehte den Kopf zur Tür als sie ein Klopfen hörte. Dass sie Jeremia auf diese Weise wieder begegnen würde hätte sie auch nicht gedacht. Er blieb in der Tür stehen und konnte nichts sagen. Schwach hob Ann den Arm, was hieß, dass er zu ihr kommen sollte. Er setzte sich auf ihr Bett und traurig sagte er: "Es tut mir leid für alles. Auch, dass ich ohne ein Wort Tirol verlassen hatte." Jeremia hatte eine andere Reaktion erwartet, aber sie antwortete entkräftet und schwach: "Danke. Endlich habe ich dich gefunden. Bleib bei mir." Jeremia streichelte ihre Wange und versprach sie nicht mehr im Stich zu lassen.

 

Jeremia wurde einige Tage früher entlassen wie Ann, jedoch besuchte er sie jeden Tag. Er verschwieg ihr, dass ihm gekündigt wurde, da er es versäumt hatte auf das hintere Kanu Acht zu geben, was seine Aufgabe war. Die Stelle in Tirol war noch für ihn frei. Seine Kollegen wussten, dass er nicht lange im Colorado bleiben würde, da er sein Zuhause vermissen würde. Die Berge, die Seen, sein Haus am See und die Arbeit als Förster.

 

Als Ann das Krankenhaus verlassen durfte, brachte Jeremia sie in sein Westernhaus und erzählte ihr von seinen Plänen, die er jedoch nur mit ihr umsetzen wollte. Ann umarmte ihn, wusste, dass Jeremia auf Dauer mit dem Beruf als Reiseführer nicht glücklich sein würde und nickte, dass sie wieder mit ihm zurück nach Tirol gehen wollte und auch bleiben. Er schmiss alle Bücher vom Colorado in einen Mülleimer, er buchte für den darauffolgenden Tag einen Flug für nach Hause und bis zum nächsten Tag liebten sie sich innig. "Warum haben wir solange gebraucht um festzustellen, dass wir nicht nur Freunde sind?" fragte Ann Jeremia. "Das weiß ich nicht. Aber jetzt lass ich dich nie mehr los, ich liebe dich!" Jeremia küsste sie und hielt Ann fest in seinem Arm.

 

 

 

ENDE

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 15.09.2017

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