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Kapitel 1

 


Ich hatte Schmerzen, fürchterliche Schmerzen. Es fühlte sich an, als wenn ich nach und nach auseinander gerissen wurde. Gott, Hilf mir, bat ich, schnell, ich halte es nicht aus! Warum ich Schmerzen hatte? Weil ihr wehgetan wurde….

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Eigentlich fing alles an wie immer. Ein normaler furchtbarer Morgen. Eleanor wachte wieder mit dem Gefühl der Panik auf. Vor Jahren noch wusste sie nicht, dass da stets jemand war, der sie durch ihr Leid begleitete. Doch mittlerweile wusste sie, dass ich immer bei ihr war. Wieder drehte es sich an diesem Morgen alles nur um ihre Schwester. Oh, sie war ja so ein schwieriges Kind! und das ist gelinde ausgedrückt! Was für Leid Eleanor ihretwegen zugefügt wurde, war unmenschlich. „Nimm Rücksicht auf deine Schwester, sie ist halt ein wenig anders!“, hieß es jedes Mal, wenn mein armer Schützling unter den Machenschaften ihrer Schwester leiden musste. Eleanor wollte immer nur helfen, denn selbst ihre Mutter schaffte es nicht mit Lia, so hieß ihre Schwester, klarzukommen. Ständig gab es Gebrüll, schon am frühen Morgen. Eleanor wurde jedes Mal auf diese Weise geweckt. Lia war ein sehr faules Kind. Sie war es schon immer, aber es wurde von Tag zu Tag, Woche für Woche schlimmer. Und nie wollte Lia morgens aufstehen, was ihre Mutter fast in den Wahnsinn trieb, da sie die beiden Kinder jeden morgen auf dem Weg zur Arbeit bei der Schule absetzte. Eleanor war ein Frühaufsteher. Und dauernd musste sie sich das Geschrei ihrer Mutter anhören, wenn diese förmlich darum bettelte, dass Lia aufsteht. Dann, unten im Wohnzimmer: „Oh Mann, Mama! Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass es nichts bringt, wenn du unten an der Treppe stehst und Lia rufst! Meinst du, das interessiert sie? Die macht doch was sie will, verdammt! Lass sie doch mal auflaufen! Ich komm so oft auf die letzte Minute in die Schule, weil dieses Gör dir auf der Nase herumtanzt!“ Wie man wohl merkt, war Eleanor die ältere der beiden Geschwister. Zwar nur um etwa zwei Jahre, aber nun gut. Dafür war Lia für ihr Alter sehr kindlich, fast zu sehr. „Was soll ich denn bitte machen?“, schrie sie die Mutter fast winselnd an. Eleanors Antwort: „Ihr nicht immer Puderzucker in den Hintern blasen, sondern sie auflaufen lassen! Die lernt das doch sonst nie!“ Mit diesen Worten drehte sich ihre Mutter aber schon um und wandte sich zum gehen. „Mama nicht!!!“, schrie Eleanor und fasste ihre Mutter am Arm, um sie zurückzuhalten. Doch das war wohl ein Fehler. Ihre Mutter war nervlich wohl so am Ende, dass sie sich wutentbrannt umdrehte. Menschen würden sagen, dass ihr eine Sicherung durchbrannte. Wie wild schrie sie herum, dass sie doch nur in die Küche wollte, wiederholte dies unzählige Male hintereinander, während sie auf Eleanor zu preschte und immer wieder mit den Fäusten auf sie einschlug. Eleanor rollte sich instinktiv auf ihrem Stuhl zusammen, auf dem sie gesessen hatte. So trafen die Schläge nur ihren Rücken. Ich spürte ihr Leid. Spürte ihr Entsetzen. Für eine ewig lange Sekunde war sie zu geschockt, um etwas gegen die Schläge zu tun. Doch dann tat sie etwas, was mich aus der Gefasstheit riss: Sie sprang auf und schrie auf ihre Mutter ein, stieß sie mit beiden Händen von sich, sodass ihre Mutter ins stolpern geriet. Ein Glück, dass der Schutzengel der Mutter diese nach hinten weg auf das Sofa stolpern ließ, sonst hätte das Szenario auch anders enden können! Eleanor brannte innerlich vor Wut, vor Enttäuschung und vor allem: Vor Hass. Das war nachzuvollziehen, doch für uns Engel gibt es nichts Schlimmeres. Jeder Fluch, der ausgesprochen wird, jeder Funke Wut und Hass in einem Menschen, fügt uns Engeln entsetzliche Schmerzen zu. Es ist unbeschreiblich. Wir leiden mit unseren Schützlingen mit und versuchen stets zu helfen, doch wenn der Hass so sehr gegenwärtig ist, sind unsere Schmerzen so groß, dass wir nicht helfen können. Wir ziehen uns zurück. Müssen uns von unseren Schützlingen soweit entfernen, dass der Schmerz unsere Hilfe nicht behindert. Doch auch dann ist es nahezu unmöglich, auf die Menschen einzuwirken. Glaubt mir: Wenn ihr Menschen eine Sache beherrscht, so ist es das Aufbauschen und Festhalten schlechter Gefühle!
Es war so schmerzhaft zu sehen, wie Eleanors Hass auf ihre Mutter zurück preschte. Und ich gebe es zu: Ich habe auch gehasst. Jedoch nicht sie, nicht ihre Mutter, auch nicht ihre Schwester, sondern mich! Ich hasste mich dafür, dass ich diese Situation wieder nicht verhindern konnte. „Das kannst du nicht verhindern!“, sagte mir Michael. Er war so etwas wie mein Vorgesetzter, denn er ist ein Erzengel, sogar einer der Bekanntesten. „Hör zu, Naïm!“, sagte er, „Du bist lange genug im Dienst, um zu wissen, dass der Freie Wille des Menschen unantastbar ist!“ Natürlich wusste ich das. Das ist die allererste und wichtigste Regel, die ein Engel nie vergessen darf. „Freier Wille, ja“, sagte ich, „Aber ihre Gefühle und ihr Gewissen bin ich doch! Und was bin ich denn für ein Schutzengel, wenn ich sie nicht einmal vor ihr selbst schützen kann?“. Michael seufzte. „Mach dir keine Sorgen, Naïm! Ihr Leben ist im Moment eine endlose Qual für sie. Du wirst ihren Schmerz nicht lindern können, noch nicht. Und dennoch musst du gut auf sie Acht geben, dass ihre Seele nicht zu sehr zerbricht. Was mit ihr geschieht ist notwendig. Gott selbst trauert um das Leid seines geliebten Kindes!“ Ich nickte. Ich hatte verstanden, was er meinte. Jedoch konnte ich nicht verstehen, warum Gott sein eigenes Kind in so großes Leid stürzen lassen konnte.
Es dauerte mehrere Tage, bis ich es schaffte, Ihren Schmerz mithilfe von Zuversicht zu lindern. Andere Engel mussten mir dabei in den schlimmsten Phasen helfen. Manchmal war Eleanor so unendlich verbittert, dass ich Angst hatte, sie gibt sich nach und nach auf. Und im Prinzip war meine Angst berechtigt. Ihr Leben wurde immer schwerer, immer schmerzhafter. Und ich merkte, wie sich ihre gesamte Familie mehr und mehr von ihr abwandte. Ich verstand es nicht. Sah denn niemand ihre Schmerzen? Wer wäre denn noch übrig, um mit ihr zu reden, wenn sie Schmerzen hatte? Mit mir redete sie ja nicht! Und ihre Familie zerstörte weiterhin ihr Leben. „Eleanor, Liebes!“, flehte ich. „Sei nicht zornig, du tust mir damit weh!“. Nie bekam ich Antwort. Dieses Arme Mädchen! Wenn es nur ihr Privatleben gewesen wäre, was sie zerstört hätte! Aber nein: dieser eine Morgen sorgt für einen steilen Absturz. Sie weinte den ganzen Tag. Es war ein Dienstag und sie musste zur Schule. Weder ihre Freunde noch Lehrer, die meine himmlischen Freunde zu ihr Schickten, drangen zu ihr durch. Sie war nur noch wie eine Hülle, eine Hülle ohne Seele. Was in der Schule geschah, bekam sie nicht mehr mit. Schon vor Jahren waren ihr die häuslichen Probleme so sehr über den Kopf gewachsen, dass kein Schuljahr mit mehr als einer 4,0 im Zeugnis endete. Sie tat mir immer Leid. Doch sie in dieser furchtbaren Qual zu sehen, trieb unzählige Tränen aus mir heraus. Ja, auch Engel können weinen, auch wenn das eher einzelne Ausnahmefälle sind. Ich wollte sie umarmen, sie beschützen und retten. Und dann kam der Tag, an dem sich alles schlagartig änderte….

Kapitel 2

 

2




Eleanor ging es immer schlechter. Nichts in ihrem Leben schien mehr glatt zu laufen. Sie dachte an ihre Zukunft. Ich sah, wie schwarz und einsam sie sie befand. Ich bat Gott um Zuversicht und einen Funken Hoffnung für sie, doch Gott schien mich wie immer nicht zu erhören. Meine Verzweiflung wurde größer. Als sie dann schließlich an jenem einen Tag zum Messer griff, bekam ich Angst. Zittrig setzte sie die Klinge an ihr Handgelenk. „Nein!!!“, schrie ich, „Hör auf, tu das nicht!!! ELEANOR!!!“ Doch ich konnte sie nicht erreichen. Blut floss, strömte. Ich schrie wild in Panik auf, versuchte, bei ihr zu sein. „GOTT! Warum tust du das? Warum hilfst du ihr nicht?“ Eleanor hatte sich in eine dunkle, stille Gasse verzogen gehabt. Es könnte ewig dauern, bis sie dort jemand fände. „Michael, hilf doch!“, bat ich meinen Freund. „Ich darf nicht“, sagte dieser. „Es war ihre Entscheidung, ihr Wille. Nicht einmal Gott kann…“ „Gott?“, unterbrach ich ihn mit wutentbrannter Stimme. „Gott hat ihr nie geholfen! Hätte er besser auf sein Kind aufgepasst, würde sie den Tod nicht als einzigen Ausweg sehen!“ Mit diesen Worten verschwand ich in die Dunkelheit. Dort war ich nur mit mir allein. Ich konnte nicht mit ansehen, wie mein geliebter Schützling starb. Der Schmerz war zu groß. Plötzlich hörte ich eine tiefe sanfte Stimme: „Mein armer, armer Naïm! Du gebrochenes Wesen! Ich kenne dein Leid. Ich beobachte dich schon lange.“ Ich sah auf. „Wer spricht da? Wer bist du?“ Die Stimme antwortete sofort. „Ich war was du bist, ich war sogar noch mehr. Doch Gott hat auch mich betrogen, mich verlassen.“ Wenn wir Engel den Atem anhalten könnten, ich hätte es getan. „Du bist Satan, richtig!“ „Das ist nicht der Name, den Gott mir gab. Einst war ich der Lichtbringer, der die Hoffnung zu den Menschen brachte, als Erzengel!“ Ich schwieg. Dem Teufel durfte man nicht vertrauen. „Armer Engel!“, fuhr er fort. „Lass mich dir helfen! Werde zum Menschen, so kannst du sie besser beschützen als wenn du dich weiterhin darauf verlässt, dass Gott dich irgendwann erhört!“ „Du lügst doch“, sagte ich angewidert. „Aber nicht doch! Lass es mich dir beweisen!“ Mit diesen Worten befand ich mich plötzlich auf einer Straße. Sie war sehr schmal und befand sich in einer kleinen Gasse. Moment…. Dann wusste ich wo ich war. Ich sah an mir herunter. Ich trug eine einfache blaue Jeans…und ein pechschwarzes Hemd. Dann merkte ich, dass meine hüftlangen silbrig weißen Haare etwas mehr als schulterlang und hellblond geworden waren. „Eleanor!“, dachte ich laut und fing an zu rennen. Ich fand sie. Sie kauerte kraftlos in der Mitte der Gasse und war kaum noch bei sich. Ich nahm sie schnell in meine Arme. Wie sehr hatte ich mich doch danach gesehnt? Sie öffnete schwach ihre laubgrünen Augen. „Ein Engel!“, hauchte sie, als sie mich sah, und ein kleines Lächeln zog sich über ihre Lippen, bevor sie das Bewusstsein verlor. „Eleanor, nicht! Halte durch!“, sagte ich zu ihr. Was sollte ich nur tun? Dann tauchte wie aus dem Nichts ein junger, gut aussehender Mann neben mir auf. Er hatte zum Zopf gebundenes, rabenschwarzes Haar und trug ebenso schwarze Kleidung. Seine Haut war hell und seine Augen hatten das schönste Blau, dass ich jemals gesehen hatte. „Hier“, sagte er. „Nimm das Handy und ruf einen Notarzt!“ Ich zögerte keinen einzigen Moment. Die Nummer kannte ich ja, Engel bekommen ja immerhin alles mit, was auf der Welt geschah. Ich gab dem Fremden das Handy zurück und bedankte mich förmlich. „Keine Ursache, Naïm!“ Ich stockte. „DU?“ Ich schrie es fast. „Wer sonst? Siehst du, Naïm, Gott hat ihr nicht geholfen, sie wäre ohne dich verloren gewesen!“ Nach kurzem erstaunten Schweigen sagte ich. „Nein, sie wäre ohne dich gestorben. Ich danke dir, Luzifer!“ Er lächelte. „Ich hasse den Tod.“, bemerkte er leise. „Weißt du warum? Weil Menschen meistens daran sterben, dass Gott sie verlassen hat.“ Er klang wahrhaftig traurig. Ich senkte kurz den Blick, als ich ein Martinshorn hörte. Als ich dann ruckartig wieder aufsah, war Luzifer verschwunden.
„Hier!“, schrie ich als die Männer aus dem Wagen stiegen. „Hierher, schnell!“ Sie waren schnell bei uns, stießen mich zur Seite und kümmerten sich um Eleanor. Der eine flüsterte dem anderen Mann etwas zu, welcher in Windeseile zum wagen zurück rannte und einen kleinen Kasten aus dem Auto holte. Gleichzeitig forderte er über Handy einen großen Krankenwagen an, währen der andere Kerl Eleanor einen Druckverband verpasste. Als dann der mitgebrachte Kasten geöffnet wurde, und ich sah, was sich darin befand, gefror mir das Blut in meinen vor kurzem erhaltenen Adern. Sie rissen Eleanors Bluse auf, was mich zunächst zornig machte. Jedoch wusste ich, dass es notwendig war. Mit dem Defibrillator aus dem Kasten versuchten sie, Eleanors Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Dann sah ich etwas, was nur meinen Augen auffiel: Ich sah Umrisse eines Schattens, der über Eleanor hing. War das der Todesengel? Er drehte sich zu mir und schien mir zuzunicken. Dann plötzlich schlug Eleanors Herz wieder. War es nur Luzifer gewesen, der ihr die Kraft gegeben hatte, noch ein wenig durchzuhalten?... Wie sollte er das getan haben? Wie zur Bestätigung hörte ich seine Stimme im Kopf: „Der Rest liegt leider bei den Ärzten, tut mir leid!“ Ich schüttelte den Kopf und antwortete in Gedanken: „Du hast schon mehr getan, als ich von Gott je erwartet hatte." In diesem Moment kam ein unglaublich großer Hass gegen Gott in mir auf. Ich wusste, dass ich Eleanor verloren hätte, wenn Luzifer mir nicht geholfen hätte. „Magst du nicht zu mir kommen?“, fragte der Teufel just in diesem Moment. „Ich…. Ähm… aber….“, dachte ich. „Lass dir Zeit, für deine Entscheidung. Wenn du soweit bist, gehe an einen hoch gelegenen ort und schaue nach unten. Genau dort werde ich dann stehen, bereit, dich aufzufangen, wenn du fällst! Doch für heute sei Mensch und Hilf deiner Lieben auf dem Weg zurück ins Leben!“
In diesem Moment riss mich eine Stimme aus den Gedanken. „Sind Sie mit ihr verwandt?“, fragte einer der der beiden Helfer. Da ich wusste, dass ich nicht mit ihr hätte gehen können, wenn ich mich als Nicht-Verwandter oute, antwortete ich: „Ich…. bin ihr Verlobter…. Sagen Sie…wird sie es überleben?“ Ich ging zu ihr und strich über ihre Wange. Sie war eiskalt. „Das können wir nicht mit Sicherheit sagen. Nur so viel: Eine Minute später und wir hätten sie auf jeden Fall verloren“ Ich nickte. „Vielen Dank! Darf ich mitkommen?“ Natürlich durfte ich. Ich war ja jetzt schließlich ihr Verlobter. Die Fahrt zum Krankenhaus schien unendlich. Als wir dann schließlich doch ankamen, ging alles sehr schnell. Sofort wurde sie mir weggenommen und auf die Intensivstation gebracht. Man sagte mir, sie hatte sehr, sehr viel Blut verloren, und sie müssten dringend zusehen, eine passende Blutspende aufzutreiben. Blut? Ich überlegte. Was hatte ich eigentlich für eine Blutgruppe bekommen? Ich dachte daran, wie sehr mir Lucifer bisher geholfen hatte. Hatte er auch dafür gesorgt? Ich war mir sicher, dass er mir ihre Blutgruppe gegeben hatte. Er hatte mich bisher nicht im Stich gelassen. Doch was dachte ich denn da? Ich spreche hier vom Teufel, von Satan höchstpersönlich! Ich sollte so über Gott denken, nicht über den Engel der Finsternis! Ich geriet in einen ziemlichen Konflikt mit meinem neu gewonnenen Gewissen. Doch ich schüttelte meine Gedanken sofort ab, denn es gab im Moment wichtigere Dinge. „Vielleicht kann ich helfen? Ich kenne meine Blutgruppe nicht, aber….“ Ich stockte. „“Einen Versuch wäre es wert. Folgen Sie mir bitte, Sie müssten noch einige Papiere ausfüllen.“, erwiderte ein Arzt. Jetzt wurde sich sehr beeilt. Als ich mit dem Doktor mitging, hörte ich hinter mir Aufruhr. Ich hörte die Stimmen von Schwestern und anderen Ärzten. Und ich hörte einen unendlichen geraden Piepton. So schnell es ging wurde mir Blut abgenommen und zum Ersten mal spürte ich Schmerz. Ich spürte den Einstich der Nadel in meine Adern. Schnell stellte sich heraus, dass Lucifer alles genau geplant hatte: Ich hatte die Blutgruppe B Rhesus negativ….genau wie sie.


Ich durfte nicht gleich zu ihr. Ärzte und Schwestern waren ständig um sie herum. Man riet mir, mich auf den kleinen Dachgarten der Klinik niederzulassen. Dort war eine kleine Bar, an der ich den ersten Kaffee meines Lebens bekam. Der leicht bittere Geschmack benetzte meine Zunge. Ich merkte gleich, wie es meinen Geist wach hielt. Inzwischen war Abend geworden. Ich saß die ganze Zeit auf dem Dach, in dem Garten und trank Kaffee, bei dem schönsten Sonnenuntergang, den ich je gesehen hatte: Das schönste Purpur, das zarteste Rosé und schließlich kam das tiefste blau des Nachthimmels, der all seine prächtigen Lichter der Sterne zeigte. Ich ging an den Rand des Daches, zu dem Geländer und sah auf die Straße hinab. Doch zu meinem Überraschen, war es nicht so hoch, wie ich es vermutet hatte. Aber dafür war die Fläche der Klinik umso größer. Dann sah ich unten jemanden stehen. „Hast du dich entschieden?“, rief er mir zu. Lucifer. Ich überlegte. „Du hast mir sehr geholfen“, sagte ich. „Und doch weiß ich noch nicht, ob sie es überleben wird“ Lucifer breitete seine Arme und am Schluss auch seine großen pechschwarzen Flügel aus. „Vertrau mir!“, sagte er. „Sie wird. Dein Blut hat ihr geholfen!“ „Dein Blut!“, korrigierte ich. „Ohne Dich, Lucifer, hätte ich nicht einmal welches gehabt… und die Ärzte somit keinen Spender.“ „Und was hat Gott zu ihrer Rettung beigetragen?“, fragte er. Augenblicklich riss ich entsetzt die Augen auf. Nichts hatte er getan, gar nichts. Der Gefallene hatte Recht. Plötzlich überfiel mich eine unendliche Trauer darüber, dass Gott Eleanor und mich anscheinend verlassen hatte, wurde wütend darüber, dass er das Leben eines seiner geliebten Kinder aufs Spiel setzte. Ich wusste damals noch nicht, wie sehr ich damit im Unrecht war! Ich sah mit Tränen in den Augen zum Himmel. „Du Bastard!“, schrie ich, „Wie kannst du nur so was tun? Wie oft habe ich zu dir gebetet, wie oft hat sie es getan? Nicht ein einziges Mal warst du für uns da! Und ich Vollidiot habe dir vertraut! Ich habe Eleanor jedes Mal wieder beruhigt, wenn sie in Verzweiflung um deine Hilfe flehte, habe sie aus ihrem Hass zu dir gerissen! Und was tust du zum Dank? Lässt sie sterben! Ohne Lucifer wäre sie gestorben! Du kümmerst dich einen Dreck um deine Kinder, willst aber, dass sie dich lieben. DU HEUCHLER!“, Lucifer hörte mir meine Verzweiflung an. „Komm her, mein armer, leidender Freund! Finde den Trost, den du suchst, in mir

!" Ich kippte nach vorne und fiel über die Brüstung, stürzte in die Tiefe. Und dann spürte ich große warme Hände, die mich umklammernd festhielten. „Willkommen!“, sagte Lucifer mit einem warmen Lächeln zu mir. „Nun brauchst du nie wieder ängstlich oder traurig zu sein. Ich bin für dich da, ich rede mit dir, gebe dir Antwort. Ich werde immer für dich da sein, so wie für all die anderen ünglücklichen Engel, die an Gottes Ignoranz zu leiden hatten…so wie du auch!“ Ich lächelte. „Ich danke dir!“ sagte ich und wir umarmten uns kurz. Ich sah nicht dass Lucifer dabei mit funkelnden roten Augen und hämischem Grinsen gen Himmel sah.

Kapitel 3

 

 

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Schlechtes Gewissen plagte mich. Eleanor hatte überlebt, doch meine zeit als ihr engel war vorüber. ich hockte im königreich des Dunklen Engels. Hatte ich die richtige Entscheidung getroffen? Es war ja nicht so, dass Gott nie für mich da war. Andererseits hat er mir in meinen größten Nöten nie zur Seite gestanden. Jetzt wo ich so tief gefallen war, konnte ich nicht mehr Eleanors Schutzengel sein. „Du kannst sie jetzt viel besser beschützen!“ Ich erschrak und drehte mich um. Luzifer kam zu mir, nachdem er mir scheinbar in meine Gedanken fiel. „Wie?“, wollte ich wissen. „Gottes Engel sollen der Menschen Begleiter sein, doch helfen können sie ihnen nicht, reden können sie mit ihnen nicht. Meine dunklen Engel hier brauchen sich nicht an Gottes Verbot zu halten, die irdische Welt nicht zu betreten. Ihr seid frei, und könnt aus freien Stücken und so wie ihr seid Materie werden. Und das ohne das Gedächtnis des Engels, der ihr ja seid, zu verlieren.“ Ich blickte ihn perplex an. „Du meinst…ich kann wieder Mensch werden? Einfach so?“ Er nickte. „Du musst es nur wollen. Los, flieg mit deinen dunklen Schwingen hoch auf die Erde.“ Ich tat es. Wie viel zeit wohl inzwischen vergangen war, seitdem ich Gottes himmlische Sphären verlassen hatte? Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Als ich auf der Erde ankam war nicht wirklich vieles Anders. Aber ich merkte schon, dass einige Jahre wohl verstrichen waren. Der Kleine Ort, in dem Eleanor lebte, war damals recht übersichtlich. Nun standen jedoch mindestens doppelt so viele Häuser da wie vorher. Nach langem Suchen fand ich dann jedoch ihr Haus. Doch ich musste vorsichtig sein. Ich sah hinter mich. Noch waren meine Flügel da, also konnte ich unbemerkt ins Haus gelangen, ohne dass mich jemand bemerken würde. Ich flog langsam in ihr Zimmer. Es war Früh am morgen, so wie es aussah, denn sie schlief noch. Ich beugte mich über sie und stockte. Was ich sah, war unglaublich. Aus dem pubertären Mädchen war eine junge Dame geworden. „Was machst du hier?“, tönte eine verärgerte Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Michael stand mit verschränkten Armen und gehobener Augenbraue in der Tür. „Ich…Michael….ich wollte nur“ „Du wolltest gehen, Verräter!“, sagte dieser. „Aber….Michael….ich wollte nur sehen, was aus ihr geworden ist“ „Und du gehörst hier nicht her!“, sagte er finster und er streckte den Arm herunter. Ein langes Schwert erschien in seiner Hand. „Michael, du kannst doch nicht…du wirst nicht….“ „Du gehörst hier nicht her!“, wiederholte er und erhob das Schwert, gegen mich. Ich wich zurück. „Michael! Wir waren doch….Freunde“ Ich verstand die Welt nicht mehr. Nur weil ich gefallen war, änderte das doch nicht meine Persönlichkeit! „Ja, Naïm… wir waren

Freunde!“
„Und was bitte hat diesen Zustand geändert? DIE ETWA?“ Ich zeigte auf meine schwarzen Flügel. Michael nahm sein Schwert nun in beide Hände. „Exakt!“ Dann preschte er auf mich zu und ich wich aus dem Haus heraus. Nun flogen wir beide hoch über der Stadt. „Das kann nicht dein Ernst sein, Michael!“ Statt zu antworten erinnerte er mich an seine von Gott gegebene Aufgabe, mithilfe eines Gebetes der Menschen: „Heiliger Erzengel Michael, beschirme uns im Kampfe, beschütze uns gegen die Bosheit und die Nachstellungen des bösen Feindes. Ihm möge Gott gebieten, so flehen wir inständig. Du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen, wollest den Satan und die anderen bösen Geister, die zum Verderben der Seelen in der Welt umhergehen, mit Gottes Kraft in die Hölle hinab stoßen.“

Meine Mine wurde düster, meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich hob meine Arme und Hände in die Luft und sagte traurig: „Amen!“ Ich flog freiwillig gen Boden Zurück, Michael folgte mir nicht. Dann überkam mich ein gewaltiger Zorn. Michael hatte mich betrogen, nicht anders herum. Er hatte unserer Freundschaft den Rücken gekehrt. „Bitte, fein! Wenn du es so willst?“, rief ich empor. „Gefallene Engel darfst du töten, mein Freund! Menschen jedoch nicht!“ Mit diesen Worten legte ich unter Schmerzen meine Flügel ab. Das einzige was blieb, waren zwei Narben an meinem Rücken, dort wo die Schwingen einst begannen. Das letzte himmlische, das ich sah, war Michaels entsetztes Gesicht.
Ich wartete in der Nähe des Hauses. Bald würde Eleanor sich auf zur Schule machen. Ging sie überhaupt noch zur Schule? Wie viele Jahre waren denn überhaupt vergangen? Plötzlich hörte ich Geschrei. Dann stürmte Eleanor aus dem Haus und knallte die Tür zu. Sie rannte zur Bushaltestelle. Ich hörte sie bitterlich weinen und es brach mir fast das Herz. Ich wollte zu ihr, doch ich unterdrückte den Drang. Ich war mir sicher, dass der Erzengel immer noch auf mich herabsah. Es war besser, wenn ich mich noch ein Weilchen zurück hielt, damit sich die Situation noch etwas entspannte. Ich beschloss, erst einmal das Menschsein zu beginnen. Ich ging in die Innenstadt und ging dort durch die Straßen. Dann fiel mir ein, dass ich ohne Geld nicht wirklich weit kommen würde. Ich war so sehr in Gedanken, dass ich plötzlich gegen jemanden stieß. Ich war gegen eine alte Dame gerannt, deren Einkaufstüten rissen. Nun rollten ihre Einkäufe auf dem Boden umher. „Oh Verzeihung!“, sagte ich. „Das tut mir wahnsinnig leid! Warten Sie, ich helfe Ihnen.“ Die Frau starrte mich unentwegt an, während ich die Orangen und Tomaten und all die anderen Einkäufe wieder einsammelte. „Hier!“, sagte ich. „Diese eine Tüte ist noch heil. Die anderen…nun ja…. Wenn Sie erlauben, helfe ich Ihnen, die Sachen nach Hause zu bringen. Darf ich?“ „Seltsam“, flüsterte die Alte leise. „Wie bitte? Was meinen Sie? Was ist seltsam?“ Sie nahm mir ihre Einkäufe ab. „Nicht doch, die sind doch so schwer!“, bat ich. Sie ging an mir vorbei, drehte sich aber noch mal um und sagte: „Die Wege im Leben sind nicht leicht, Junger Mann. Seien Sie sich darüber im Klaren, dass leichte Wege nicht unbedingt die richtigen sind!“ Ich war perplex. Was war das denn? Wusste sie etwa…nein, das konnte nicht sein? „Hey, hey warten sie!“ Ich ging einige Schritte auf sie zu, aber sie hatte sich schon wieder zum Gehen gewandt. „Der leichte Weg hat mir immerhin geholfen!“, schrie ich ihr leicht verärgert hinterher.

Ich kümmerte mich nicht weiter um sie und verbrachte meine Zeit an dem Fluss, der mitten durch die mittlerweile große Stadt führte. Stundenlang stand ich auf der weißen, mit Ornamenten verschnörkelten Brücke. Dann auf einmal wurde ich von einem sehr vertrauten Weinen aus meiner Ruhe gerissen. Eleanor Stürmte halb verheult auf mich zu, Scheinbar achtete sie auf nichts und niemanden, denn sie stoppte nicht. Und ich wich ihr nicht freiwillig aus. Im Gegenteil: Ich öffnete die Arme und fing sie auf. Sie erschrak. „Ahhh! Oh…..oh nein…Es tut mir leid…ich…“ Ich lächelte und legte ihr einen Finger auf den Mund. Dann sah ich ihr in die Augen…und sie in die meinen. Sie sah unglaublich schlecht aus. Ihr ganzes Gesicht war nass und Rot vom wegscheuern der Tränen. „Schhhht!“, machte ich, doch sie hörte nicht zu, sondern senkte den Kopf und weinte ganz bitterlich weiter: „Es tut mir Leid, verzeihen Sie mir! Ich… Ich weiß im Moment nicht, wo mir…der Kopf steht.“ Sie hörte nicht auf, zu schluchzen, was mir in der Seele wehtat. „Ist schon Gut, nicht weinen, das sollten so schöne grüne Augen nicht tun!“ Dieser Satz zauberte überraschender Weise ein klitzekleines Lächeln auf ihr Gesicht. Ich holte ein Taschentuch heraus, das „zufällig“ in meiner Hemdtasche war und tupfte ihr damit die Tränen vom Gesicht. „Dankeschön!“, fiepte sie. Ich konnte nicht mehr. Ich hielt es nicht mehr aus, sie so zu sehen. Verdammt, ich war jetzt ein Mensch!!! Ich brauchte mich an keine unsinnige Regel Gottes mehr halten! Ohne darüber nachzudenken zog ich sie an mich und umarmte sie. Sie schrie überrascht auf, fragte lauthals, was das solle, und dass ich es lassen soll, doch dann wurde sie still. Sie sträubte sich nicht. Sie... genoss es?

Dann jedoch schien sie aus ihrer kleinen Trance aufzuschrecken. „Ent…Entschuldigung, ich… ich…“ Sie war rot angelaufen, drehte sich ruckartig um und lief davon. Mich ließ sie dabei komplett verdattert zurück. Und nun? So leicht ließ ich mich nicht abwimmeln. Ich folgte ihr. Sie hatte so mies ausgesehen. Wie schlimm musste das gewesen sein, was passiert war? Es musste furchtbar gewesen sein, denn ich sollte sie schließlich sich in einer schmalen, dunklen Gasse finden. Eine Gasse, in der ich…schon mal gewesen war…vor Jahren. Ich befürchtete das schlimmste, als ich in die Gasse bog. Und ich sollte Recht behalten. Als ich sie sah, saß sie eingekauert auf dem Boden, den Kopf in den Nacken gelegt und ein kleines dunkles Fläschchen an ihren Lippen. „Verdammt, NEIN!“, schrie ich und raste auf sie zu. Mein schrei schien Sie erschreckt zu haben, denn sie schluckte und VER-schluckte sich sogar an dem Inhalt, des Flakons. „Bist du des Wahnsinns? Spuck das aus!!!“ Ich steckte ihr die Finger in den Hals, sodass sie sich sogleich übergab. Das war jetzt zugegebenermaßen nicht das angenehmste, was ich jemals getan hatte, aber es war notwendig! Danach drückte ich sie fest an mich. „Hast du mich erschreckt! Mach so was…nie wider! Hörst du? Nie…wieder!“ Mein Herz raste. Ich hatte so unglaubliche Angst um sie gehabt. Immer noch. Hatte sie alles Ausgespuckt? War sie außer Gefahr? Ich müsste auf jeden Fall bei ihr bleiben. Jetzt versuchte sie es schon mit Gift! Verdammte Engel! Sie ließen einfach zu, dass sie sich selbst zerstörte. Es war gut, dass ich Mensch geworden war! „Was…?“, sagte sie plötzlich und stieß mich weg. Sie sah mir dann zum ersten Mal richtig in die Augen. Zuerst wohl recht wütend darüber, dass ich ihren Plan zunichte gemacht habe, doch dann…. Dann wurde ihr blick weicher, überraschter…irgendwie erstaunt? „Mein Engel!“, hauchte sie schließlich. „Was bitte?“, fragte ich geschockt. „Sie sind mein Engel…du…DU bist ….“ Es war wie damals. Damals, als ich sie das erste Mal rettete, nannte sie mich auch so. Im Grunde hatte sie damit nicht Unrecht. Ich war ja auch immer ihr Engel. Ich war es immer noch, selbst als Mensch. Nie würde ich sie alleine lassen. Da die Schutzengel sie nicht beschützen konnten, so musste ICH das tun. Also nickte ich lächelnd. „Mein Name ist Naïm, Eleanor.“ Ihre Augen wurden immer größer. „Ich bin hier, um dich zu beschützen!“ Ihr Blick verdüsterte sich. „Warum sollte Gott mir einen Engel schicken? Er hat sich nie darum geschert, was mit mir passiert!“, sagte sie. Gottes Namen sprach sie fast schon angewidert aus. Ich nickte erneut. „Ich weiß, mein Liebes. Deswegen bin ich hier. Gott hat mich nicht geschickt! Ich bin…nunja…sagen wir ich bin abgehauen! Ich konnte dein Leid nicht mehr ertragen und floh hierher. Vor Jahren schon bin ich weg.“ Eleanor senkte den Kopf. „Seit…damals…als…“ „Ja genau!“, antwortete ich. Tränen traten in ihre Augen. „Seit damals ging es mir schlechter denn je! Und jetzt endlich weiß ich warum! Weil du nicht mehr auf mich aufgepasst hast!“, weinte sie. „Du musst ein guter Engel gewesen sein, denn ich hatte immer noch das Gefühl gehabt, nicht allein zu sein, mit meinen Schmerzen! Doch seit damals….seit damals, passieren mir Dinge…..schlimmere Dinge…viel mehr als vorher!“ Sie schluchzte verletzt. „Sie haben dir keinen guten Ersatzengel geschickt?“ Ich sah wütend zum Himmel. „Pfuscher!“ Ich wusste ja, wer dafür zuständig war: Mein ach so heiß geliebter Michael, der Mistkerl! „Nicht weinen“, sagte ich dann schließlich wieder zu ihr. „Du bist nicht mehr allein! Ich werde ewig bei dir bleiben! Aber versprich mir, dass du nie wieder so einen Unsinn machst!“ Ich strich ihr sanft über die Wange und lächelte leise. Sie erwiderte das Lächeln. „Bleib bei mir!“, sagte sie leiste und drückte sich an mich. Sie legte ihren Kopf auf meinen Brustkorb. Mein Herz fing an zu rasen. Warum? Sie sah mich an, ich schluckte. Sie rückte näher, mein Atem ging schwerer. „Deine Augen sind schön!“, stellte sie in fast schon wissenschaftlichem Ton fest. Ich schüttelte den Kopf und somit den drang ab, meine Lippen auf die ihren zu legen. „Ach was. Augen wie alle anderen auch welche haben!“ „Ja“, sagte sie, „Aber es sind Engelaugen!“ Sie lächelte mich an. Von meinem Heftigen Herzschlag und das Gefühl in meiner Magengegend bekam sie nichts mit. Ich stand auf und reichte ihr meine Hand. „Komm, ich weiß, du willst nicht, aber ich bringe dich jetzt nach Hause!“ Wie erwartet wurde ihr Blick fast panisch. „Du musst!“, fügte ich hinzu. „nein…sagte ich dann jedoch. „Ich bringe dich erst zu einem Arzt! Keine Widersprüche!“, fügte ich hinzu, als mir ihr Blick sagte, dass das noch schlimmer wäre als nach Hause zu müssen. Ich wusste, wie sehr sie Ärzte und Arztpraxen, Krankenhäuser und Blaulicht hasste.


"Sie haben großes Glück gehabt, Junge Dame!", sagte der Doktor, nachdem er Eleanor untersucht hatte. "Sie können ihrem Retter dankbar sein, das hätte böse enden können!" Ich las in ihren Augen den schnippischen Satz: "Sollte es ja auch" Ich räusperte mich auffällig. Eleanor sah zu mir auf und wusste, dass ich bemerkt hatte, was sie dachte und sah mich fast schon schuldbewusst an. Ich kam erst bei der Besprechung also nach der untersuchung selbst erst in das Zimmer. Eleanor hatten sie in ein bett gelegt, sie sollte über nacht bleiben. für mich stand außer Frage, dass ich ich bei ihr blieb. Dann bin ich halt wiedermal enger mit ihr verbunden als ich es eigentlich war: Als Verlobter durfte ich bleiben. "Und sie sagten, sie seinen die Treppe hinabgestürzt?", fragte der arzt skeptisch und durchblätterte dabei noch einmal seine papiere. Ich horchte auf. Treppe? gestürzt? Wie jetzt? Habe ich etwas nicht mitbekommen? Eleanor sah nervös aus. Sie schien nicht zu wollen, dass ich das mitbekam. "Ja!", sagte sie nur kurz. "Interessant", antwortete daraufhin der Doktor wieder. "Nun gut, ich werde jetzt einmal so tun, als wenn ich ihnen das glaubte. Wenn Sie weiterhin Porbleme beim Gehen haben oder sie stiche in Kopf und Gliedern verspüren, dann kommen Sie bitte wieder, denn das könnte böse enden." Ich zog eine Augenbraue hoch. Das schien sein lieblingsspruch zu sein.... alles kann böse enden, das muss er nicht erst sagen. Die frage war eher: was hatte er damit gemeint? nicht richtig gehen? Sie hatte doch Gift geschluckt? hm... Der Sache würde ich nachgehen....
Als der Arzt das Zimmer verlassen hatte sah ich Eleanor mit verschränkten Armen an. "Wovon hat der arzt gesprochen?" Meine Blick schien anschuldigend zu sein, meine stimme wohl auch, denn sie zuckte kurz und senkte den blick stumm. "Eleanor!", bat ich dieses mal seichter und ging zu ihr rüber. ich setzte mich auf die Bettkante. Irgendwas musste mit ihren Beinen sein. warum sonst sollte sie probleme beim Gehen bekommen? "Verzeih mir!", sagte ich nur leise und zog ruckartig die bettdecke weg. Was ich sah war wie ein schlag ins Gesicht! unter dem Krankenhaushemd kamen ihre blau-violetten Beine zum Vorschein! Überall blessuren, blutergüsse, Prellungen. Ihr linkes Knie war verbunden, ebenso wie ihr rechter Knöchel. Mir stockte der atem! Eleanor riss dann jedoch wieder die Decke an sich und brüllte mich weinend an. "Hör auf damit!" Dann erinnerte ich mich an das was der arzt sagte: sie sei angeblich die treppe herunter gefallen. "Ge....gefallen oder gefallen worden?", fragte ich sie besorgt. Dass keine Antwort von ihr kam war Antwort genug. "Verfluchter Engel! Wenigstens da hätte er dir helfen können!" Ja, ich war wütend. grundlos, muss ich im nachhinein sagen. Denn ich wusste damals nicht, dass ihr Schutzengel sie schon aufgefangen und glücklich hat fallen lassen. hätte er nämlich den sturz nicht abgefangen, hätte sich eleanor das Genick gebrochen. Doch wie ich bereits sagte: Ich wusste nicht, dass da jemand eingegriffen hatte, und somit tat ich das, was ich früher an Menschen so sehr tadelte: ich war sauer und bhielt dieses Gefühl fest. doch wenigstens wusste ich jetzt, was Eleanor all die Jahre hatte durchmachen müssen. Ich wusste nun, wie es war, in Hass zu leben. "Wie alt bist du inzwischen, Eleanor?", fragte ich vorsichtig. "18", murmelte sie leise. 18? Oh, damit hatte ich ja nun nicht gerechnet. das bedeutete, dass sie etwa 4 oder 5 jahre ohne mich hatte leben müssen. "18......", wiederholte ich und fügte langsam hinzu: "Dann solltest du dir überlegen, auszuziehen. Nein, du solltest

ausziehen!" Eleanor hob den Blick. Ihrem Gesicht zu urteilen hatte sie das noch nicht wirklich in erwägung gezogen. "ja", sagte sie jedoch dann, mit mildem, verstehendem Blick. "Ich weiß. Ich hätte dies schon längst getan, wenn ich....." Sie stockte und schwieg. Somit vollendete ich den Satz für sie: "... wenn du die Kraft dazu gehabt hättest?" Sie nickte nur. lächelnd strich ich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht hinter ihr Ohr. ihr haar, mal ganz nebenbei, werde ich niemals vergessen. Es war weich und leicht wie die feinste seide und duftete nach rosen. Ja, ich weiß, ich sollte sowas als engel nicht sagen. aber ich habe gelernt, nicht zu lügen, insofern.... Naja wie dem auch sei. Ich klächelte sie jedenfalls an und hob ihr kinn mit meinem Zeigefinger an. "Lass mich dir die kraft dazu geben!", hauchte ich leise. Ihre Augen wurden größer und füllten sich mit Tränen. "meinst..... meinst du... das enrnst?". fiepte sie. "Würde ich dich jemals im Stich lassen?", stellte ich die Gegenfrage. sie begann zu lächeln. doch dieses mal war es ein lächeln der Erleichterung, als wenn ein gigantischer Felsen von ihrer Seele genommen worden wäre. dann fiel sie mir überraschender Weise in die Arme. Ich zögerte verdutzt. doch nach einigen schrecksekunden umarmte auch ich sie. Ich kann bis heute nicht sagen, welch befreiendes, schönes Gefühl das war!

Kapitel 4

 

4




Ich könnte jetzt sagen, dass wir eine Wohnung für sie gefunden haben, sie von zu Hause ausgezogen ist und sich seitdem alles zum Guten gewendet hat. . . Doch das wäre zum einen unspektakulär, obwohl ich es ihr sehr gewünscht hätte, dass sie auf diese Weise glücklich wird, zum Anderen wäre es mehr als gelogen. Ja, das was wirklich geschah, war weitaus nervenaufreibender.
Da sie nicht wollte, dass ihre Mutter auch nur das kleinste bisschen von ihrem Krankenhausaufenthalt mitbekam, brachte ich Eleanor zurück nach Hause. Den Weg kannte ich ja nur zu gut. Ich wusste, dass der gute, alte Michael jeden einzelnen Schritt von uns beobachtete. Und eines stand fest: Es gefiel ihm gar nicht! Als Eleanor und ich in ihre Straße einbogen, blieb sie plötzlich stehen. „Den Rest schaff ich allein!", sagte sie leise und nahm ihren Rucksack, den ich bis dahin für sie getragen hatte. Mir war klar, dass sie nur nicht wollte, dass ihre Mutter sie mit mir sah. Denn bei dieser Frau war das so eine Sache. Sie hatte einmal in ihrem Leben Pech mit einem Mann. Folglich waren alle Männer übelste Verbrecher und Aufschneider. Sie hatte sich also nie wieder neu verliebt oder dergleichen. Und egal welchen jungen Mann Eleanor mit nach Hause gebracht hätte, ihre Mutte hätte ihr in jedem Fall eine riesige Szene gemacht. Das wollte sie natürlich vermeiden, und ich bin der Letzte, der ihr Ärger einheimsen will. Also nickte ich und sagte ihr, ich würde morgen früh hier auf sie warten. Und das tat ich auch! Eleanor fuhr jetzt neuerdings Bus. So wartete ich ab sieben Uhr morgens am Ende ihrer Straße auf sie. Völlig aufgelöst und Tränen überströmt kam Sie mir nach einer halben Stunde des Wartens entgegen. Blut tropfte von ihren Lippen. Das war wieder einer dieser unerträglichen Momente für mich. Sie so zu sehen erfüllte mich mit Schmerz. Ich weiß nicht wessen Schmerz von uns beiden ich lindern wollte, als ich sie zu mir zog und sie in den Arm nahm. Ich hielt sie fest, ganz fest. Und sie klammerte sich fest an mich. „Scht!", machte ich leise und strich ihr durchs Haar. „Ich bin bei dir, hörst du? Ich lass dich nicht allein!" Ich kann nicht sagen wie unglaublich schön es war, endlich wirklich was gegen ihren Kummer tun zu können. nicht immer nur da zu sein ohne dass sie mich auch nur ansatzweise wahrnimmt. Dieser Moment schien ewig für mich. Ich griff dann aber doch in meine Jackentasche, in der das Handy war, das mir mit auf meinen menschlichen Weg gegeben wurde. Ich kannte die Nummer Ihrer Schule seit Jahren Auswendig und gab sie ein........ "Ja, Schultz hier, Guten Morgen. Ich ähm... wollte Eleanor für heute abmelden, sie fühlt sich sehr schlecht heute....." Das Sekretariat fragte nach Eleanors Klassenstufe. da war ich für einen Moment überfragt. ich rechnete im Kopf und mir wurde klar, dass ich es nicht genau hätte ausrechnen können. stattdessen gab ich einfach ihren Nachnamen durch und sie fanden sie. "Gut, ist eingetragen!", antwortete man mir. "Vielen dank, einen schönen Tag noch!" "Danke Ebenso und gute Besserung für sie!" Ich dankte und legte auf. Eleanor starrte mich wortlos und mit großen Augen an. "Du brauchst eine pause, liebes!", sagte ich sanft und lächelte mild.


Wir beide machten uns auf und gingen zum Marktplatz des Ortes. Wir hatten Glück, denn überall waren Stände aufgebaut. Ein Mittelaltermarkt war in der Stadt. Wir tingelten von einem Händler zum anderen und ich versuchte sie ein wenig aufzuheitern. Jemand pries Met an, den wir probieren durften. Ich hatte etwas bedenken....Alkohol...? Ich hatte noch niemals etwas Alkoholisches getrunken. Und der Teufel soll ja bekanntlich im selbigen liegen. Aber was sollte mich das jetzt noch kümmern? Ich bin ohnehin von Gott und seinen Engeln verlassen worden! Also probierte jeder von uns beiden einen anderen Met. Ich musste beim ersten Schluck ein Husten unterdrücken. Ich merkte, wie mir das honigsüße Getränk den Rachen hinablief und der Alkohol in meinen Geist zu wandern schien. So eine kleine Menge machte zwar nicht betrunken, aber man merkte doch, warum man von einem Rausch sprach, sollte man mehr davon trinken. Aber mal ganz unter uns: Es schmeckte köstlich! Das Husten am Anfang hatte Eleanor natürlich mitbekommen. Es war mir zwar etwas peinlich, aber immerhin lachte sie nun wieder. Gut, sie lachte über mich, aber immerhin! Das Lächeln stand ihr einfach viel besser als jede Träne! Wie ihre Augen funkeln! Wie die Sterne!

Was dachte ich da? Ich räusperte mich und schüttelte leicht den Kopf. Wohin waren meine Gedanken nur abgerutscht? Ob der Met doch in so kleinen Mengen Auswirkungen hat? Wie schnell wirkt Alkohol eigentlich merklich? Ich überspielte meine Unsicherheit mit einem Lächeln. "Lass uns weitergehen!" Und das taten wir auch. Eine kleine Dame sprang uns dann regelrecht in den Weg. "Schöne Kleider, meine Herrschaften, Mieder, Schmuck! Oder für Euch mein Herr eine stattliche Rüstung? oder einen Lederharnisch?" Ich blinzelte überrascht. "Ähm, danke, nein..." Eleanor hingegen zog mich mit. "Ach komm schon! wenigstens mal anprobieren, ja?" Ich schmunzelte. Ich konnte ihr den Wunsch einfach nicht abschlagen! "Na gut!", lachte ich. doch sie sie war bereits in dem Kleiderdjungel verschwunden. "Schau mal hier!" Sie zeigte eine Lederrüstung vor. "Versuch das mal! Oh je!

Ich tat ihr den Gefallen. Die Lederrüstung passte gut, wie ich feststellen musste. "Nicht schlecht, das sieht gut aus!", fand auch Eleanor. Dann gab mir die kleine Dame eine Rüstung aus Metall. Sehr schwer und unhandlich, muss ich zugeben. Die Dame half mir beim anziehen. Sie sagte mir, das sei eine Rüstung magischer Wesen. Ich kicherte. Naja, jedenfalls blieb sie starr in ihrer Rolle. Als ich aus der Kabine kam, machte Eleanor große Augen. "WOW! ... das sieht.... du bist...... WOW!" Ich lachte verlegen. "Aber jetzt fehlt dir ein Pferd!", fügte sie kichernd hinzu. Da musste ich ihr Recht geben! Während ich mich im Spiegel betrachtete, wühlten Eleanor und die Dame weiter in den Kleiderbergen. Plötzlich zog die Frau ein Gewand hervor, dass sie mir in die Kabine hängte, noch bevor es Eleanor sehen konnte und zwinkerte mir zu. "Das hier wird Eurer prächtiges Antlitz sicherlich unterstreichen, edler Herr!" Ich fühlte mich geschmeichelt und grinste. "Ja mal sehen!", sagte ich kichernd und weniger überzeugt, ging aber brav in die Kabine und machte den Vorhang zu. Für Euch habe ich auch etwas passendes, Mylady!", hörte ich von draußen. Ich wurde sofort neugierig, aber ich musste erst mal die Rüstung loswerden und die hatte es in sich. So wie ich sie nicht alleine anziehen konnte, so konnte ich sie auch nicht alleine wieder ausziehen. Nun musste ich mich doch wieder sprachlich ins Mittelalter zurückversetzen. Es war lange her, doch die Umgangsformen waren mir noch geläufig. "Gutes Weib, Habt Ihr die Güte, mir wieder aus der Rüstung zu helfen? Es ist für einen einzelnen Herren kaum möglich!" Sogleich kam die frau rein. "Gewiss, mein Herr!" Es dauerte fünf Minuten, mich aus der Plattenrüstung zu pellen. Danach ging die Frau und ich konnte in Ruhe das Gewand anziehen. Es war aus edler Seide oder etwas dergleichen und schimmerte in einem leicht bläulichem Silber. der Rock des Gewandes ging mir bis zu den Knöcheln und war um die Taille herum recht eng, aber es sah gut aus. Die länglichen Knöpfe aus dunklem Holz lagen nicht mittig sondern leicht auf der linken Seite und wurden durch am Stoff befestigte Laschen gehalten. Blau-goldene Ornamente zierten das Gewand als Bordüren an Ärmeln und Bündchen. Die langen Trompetenärmel..... Okay, es war mehr als das! Sie waren unglaublich weit und reichten bis hin zum Boden. Und hinten am Rücken war eine riesige lange Kapuze angebracht. Ich setzte sie auf und sah in den Spiegel. Ich sah ganz anders aus als erwartet. Ich dachte ich käme lächerlich rüber. Aber durch die langen hellblonden haare sah ich aus, als sei ich geradewegs aus einem der Herr der Ringe-Filme entschlüpft. Das fand ich lustig, zumal ich wusste, wie sehr Eleanor die Filme und Bücher Tolkiens liebte! Ich erzähle keinen Witz, wenn ich euch jetzt sage, ich sah aus wie einer dieser Elben. Seltsam, aber es gefiel mir irgendwie. Ich fühlte mich gleich ganz anders, ich fühlte mich fast schon als sei ich mit diesem Gewand ein ganz anderer. Grinsend ging ich aus der Kabine. Doch kaum hatte ich den Vorhang zurückgezogen stockte mir der Atem: Eleanor stand draußen vor einem der Spiegel und begutachtete sich in ihrem Kleid. Zu leuchten schien sie, so wie ich sie dort sah. Sie sah aus wie Galadriel aus dem goldenen Wald, nur zehntausend Mal schöner! Das Weiß ihres Spitzen durchzogenen Kleides blendete mich regelrecht. Die Tiara, die ich durch den Spiegel an ihrer Stirn sehen konnte funkelte silbern wie ihre Augen. Ihr Lachen war bezaubernd! Das Kleid, das sie trug hatte sie so sehr zum Strahlen gebracht, zum Lachen! Eleanor schien wie ein Engel aus unseren himmlischen Gefilden, wie ein Seraph. naja... keine Flügel und der ganze Kram. Aber ebenso hell und warm und freudestrahlend. Ich fühlte mich das erste Mal ganz woanders als ich eigentlich war. Eleanor sah mich im Spiegel und drehte sich lachend um. Ihre Haare und das Kleid wirbelten dabei elegant um sie herum. Ich war sprachlos, atemlos. Denken konnte ich nicht, sprechen auch nicht. Sie war einfach nur wunderschön. "WOW!", machte sie erneut und stockte nun auch ein klein wenig als sie mich begutachtete. "Du siehst unglaublich magisch aus! Das Gewand.... steht dir wirklich gut!" Ihr Gesicht gewann an röte, als sie mich so ansah. "I....ich... Ich wollte schon immer mal einen Elben kennenlernen!", redete sie sich raus. Immer noch konnte ich nichts sagen. Dann erst fragte sie mich direkt: "Und? was meinst du? Steht mir das hier auch?" Steht mir das?

war hier ja mal völlig die falsche Frage! Leise sagte ich, während ich keine Sekunde meine Augen von ihr abwandte: "Du bist ein wundervolles, bezaubernd strahlendes Wesen, Eleanor! Du siehst wahrlich aus ein Engel Gottes!" Eleanor erstarrte nun ganz. Sie sah mich an, sah meinen Blick. Ihr Gesicht lief ganz rot an. Ich hatte das Gefühl, ich hörte ihr Herz schlagen, obwohl wir bestimmt fünf Meter voneinander entfernt standen. Gerade als ich versuchen wollte, aus dieser Situation heraus zu kommen, mischte sich die kleine Frau wieder ein. "Und? dürfen es denn beide Kleider sein, die Herrschaften?" Ich blinzelte als wenn ich aus einem langen Traum aufgewacht wäre, drehte mich um und sah die alte Frau an. Geld... so etwas besaß ich ja nicht einmal wirklich. Plötzlich landete eine Hand auf meiner Schulter. "Na, Alter! Hab ich dich doch gefunden! Als hätte ich's gewusst!" Ich drehte mich um, um zu sehen, wer mich da so vertraulich ansprach. Schwarze Haare, tiefe, verführerische Augen, Dunkle Kleidung... "Luz...." ich brach ab. Es war klar, wen ich da nun wieder vor mir hatte. Aber Eleanor sollte dies nicht wissen.... und die Frau schon gar nicht. wir brauchten hier gerade nun alles andere als einen Aufstand und Geschrei. "lu...cas!", korrigierte ich mich. Mir fiel gerade kein anderer Name ein der mit Lu- oder Luc- begann.... ob das jemandem auffiel? Ich hoffte mal nicht. "Jupp, wie er leibt und lebt! Du, gut dass ich dich gefunden habe, du hast nämlich vorgestern deine Geldbörse bei mir vergessen!" Er reichte mir sie. Wir wissen beide, dass das nicht meine ist!

dachte ich. Klar, aber die beiden wissen es nicht!

schallte es in meinem Kopf wider. Er zwinkerte mir zu. Ich seufzte. "Danke, Mann! Was würd ich nur ohne dich tun?" "Verhungern!", war seine spontane Antwort. Er drehte sich zu Eleanor um. "Verhungern oder aber eine gute Chance verpassen!" Also das ging ja nun echt zu weit. Man merkte, dass Eleanor verunsichert war, dass er sie in Verlegenheit gebracht hatte.... und mich ja gleich mit. "Lass das Ruhig meine Sorge sein, Lucas!", sagte ich gespielt lachend. In meinem Kopf hallte seine Stimme: Vertraust du mir immer noch nicht? Nach all dem was ich für dich getan habe?

Eigentlich hatte er Recht.... aber alte Gewohnheiten legten sich eben nicht so schnell ab. "Ach ja noch was!", sagte er und wandte sich wieder an mich. "Danke, dass ich mir deine Maschine mal leihen durfte. Das hat mein Date zu einem vollen Erfolg gemacht, wenn du verstehst, was ich meine...?", sagte er zwinkernd und mit anzüglichem Ton. Im Schauspielern war ich zum Glück gut und spielte deswegen sein Spielchen einfach mal mit. Ich war mir zwar noch nicht ganz sicher, was genau er mit Maschine meinte, aber das würde ich sicher bald erfahren. "Du bist abstoßend, Lu!" Ich dachte mir mal eben einen Spitznamen aus. So kam es hoffentlich so rüber, als wenn wir uns schon länger kannten. Luzifer drückte mir einen Bund Schlüssel in die Hand. "Ich hab sie neben der Kirche abgestellt. "Wie passend!", entfiel mir sarkastisch. "...Wo das doch so schön in der Nähe ist.", fügte ich im gleichen Tonfall hinzu. "ja nich? Also gut, Alter! Ich wünsch Euch beiden noch viel Spaß!" Er zwinkerte Eleanor zu und hob im Gehen nochmal die Hand. "Bis denn!" So verschwand er in der Ferne.

 

"Was war denn das?", entfuhr es Eleanor. "Ein Freund von mir. Manchmal weiß ich nur nicht, warum genau wir befreundet sind... er ist ein wenig... direkt!" ich sah sie lächelnd an und schaute dann ins Portemonnaie. Fünfhundert Tacken in Bar, fand ich darin, einen Personalausweis, Geburtsurkunde.....alles was ich für mein Leben auf der Erde benötigte war darin. Ich konnte es nicht fassen. Warum tat er das? er war das Böse in Person er war das Verderben. Gewissenskonflikte waren nicht gerade angenehm, musste ich feststellen. "Der Herr, dürfen es die beiden Kleider sein?" Die kleine Frau riss mich wieder in die Realität. doch bevor ich antworten konnte, sagte Eleanor: "Danke nein, ich kann mir das nicht leisten. aber danke, dass ich es tragen durfte." Sie blickte in den Spiegel und sah sehnsüchtig auf das Kleid, drehte sich hin und her. dann ging sie seufzend in die Kabine. Ich nahm zwei der großen Scheine aus der Börse und reichte sie der Frau "Für beide, nicht mehr, nicht weniger!" Ich sah sie eindringlich an, und schaute mit meinen Augen förmlich in ihre Seele. Ja, ich war jetzt ein Mensch, aber fesselnd war ich immer noch. Doch nie zuvor hatte ich ausgenutzt. Es war keine Manipulation, wenn ihr das jetzt denkt. aber ich hatte dennoch das Talent dafür, dass man mir entgegen kam. "Ja, gut, der Herr... das wird reichen!" Ich nickte dankend und gab ihr das Geld, als auch schon Eleanor mit dem Kleid herauskam und es der Frau reichte. Diese sagte. "ich packe es für Euch ein!" "Tut das!", erwiderte ich. Eleanor wirkte verwirrt. "Ich schenke es dir! es wäre eine Schande, wenn es nicht dir gehören würde!" Eleanors Mine erhellte sich schlagartig. Sie fiel mir um den Hals. "DANKE!", schrie sie laut lachend und drückte sich fest an mich. Ich musste schlucken. Ihre Umarmung erwidernd verfiel ich beinah in eine Trance. Sie duftete so gut und ihre Nähe war wohltuend. Dann löste sie sich von mir und plötzlich kamen mir meine Arme so unendlich leer und kalt vor. "ich danke dir! Ich danke dir vielmals, Naïm! tausend Dank!" So wie sie meinen Namen aussprach, floss ein Süßer Schauer über meine Haut. es war wundervoll sie so zu sehen. ich hatte sie selten glücklich erlebt, aber nun schienen alle Probleme weit entfernt von ihr. "Gern geschehen, Liebes!" Ich nahm noch etwas Wechselgeld entgegen, welches die kleine Frau mir in die Hand drückte und öffnete das Münzfach des Portemonnaies. Blinzelnd griff ich hinein, als ich sah dass sich ein Zettel darin verbarg. auf ihm stand eine Adresse und Die Schlüssel sind am Schlüsselbund für deine Maschine. Viel Spaß Euch *zwinker* L.

Bitte? Ist das etwa der Schlüssel zu einer Wohnung? hatte er mir eine Wohnung besorgt? Das würde ich mir erst mal mit eigenen Augen ansehen müssen.

 

Kapitel 5

abc fortsetzung folgt

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Tag der Veröffentlichung: 04.08.2010

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