Cover

Intro

 

SynCode7 – Das biologische Utopia

 

„Ein biologisches Utopia, das auf raffiniertester Anwendung der Gentechnik beruht, wird von unerklärlichen Katastrophen bedroht. Handelt es sich um bewusste Anschläge oder um eine Eigenentwicklung des Systems?“

(Suhrkamp Verlag 1982)

 

© Michael Weisser 1982, 2017

Lektorat Renate Laux

 

Erste deutsche Ausgabe Phantastische Bibliothek Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982.

 

Neuauflage 2017 bei WPC.

Der Roman wurde gegenüber der Erstveröffentlichung geringfügig überarbeitet und die E-Book Version wurde ergänzt um Interviews zu den Themen Science Fiction, Utopie, Zukunft, Kreativität, Kunst und QR-Coding.

 

Mit zusätzlichen Essays/Interviews von Hans-Joachim Alpers, Herbert W. Franke, Michael Haitel und Michael Weisser zu den Themen Science-Fiction, Visionen, Zukunft, Innovationen.

 

Sie!


Ihre Strukturen decken sich.

Sie sind identisch.

In den Wendeln ihrer Doppelhelix tragen sie den Code, der ihre Bestimmung programmiert.

Ihre Aufgabe liegt fest.

Noch gewöhnen sie sich an die Umgebung, in die man sie eingeschleust hat.

Sie haben Zeit, denn Zeit hat für sie keine Bedeutung.

Sie haben Zeit, denn Zeit hat für sie keine Bedeutung, sie haben Zeit …






Wer sind sie?

Was beabsichtigen Sie?

Wann werden Sie beginnen?


QR-Code: SehnSucht




Scan mit QR-App inigma


Dieser Code führt zu dem YouTube-Erlebnis:

„SehnSucht“ (Cléo de Mallio) 5:30

Produziert von Michael Weisser 2016

Die Metamorphose von Bioplasten

als Soundtrack zum Roman „Syn-Code“




Intro: Genmanipulation


Genetische Manipulation heißt auf dem gegenwärtigen Stand der Forschung gelenkter Austausch von genetischem Material zwischen Vertretern verschiedener Arten. Es geht um den Austausch von Erbinformationen zwischen Mikroorganismen (Bakterien und Viren), aber eben auch um die Übertragung von genetischen Befehlen von Mikroorganismen auf höhere Organismen (Tiere und Pflanzen) und umgekehrt, in diesem Zusammenhang richtet sich das Manipulationsinteresse selbstverständlich auch auf den Menschen und die Beeinflussung seines Erbgutes. Die bis heute nur teilweise durchschauten physiologischen Barrieren, die die zwischenartliche Übertragung genetischen Erbmaterials bislang noch erschweren, können für die ethische Würdigung des zur Diskussion stehenden Gesamtzusammenhanges außer Acht gelassen werden. Es muss nachdrücklich festgehalten werden: Der Fortschritt der Gentechnik im Bereich von Mikroorganismen und höheren Organismen (unter Einschluss der Säugetiere) wirft auch Rendite für den Forschungsstand innerhalb der Humangenetik ab. Es ist zu erwarten, dass im Beziehungsfeld von Gynäkologie, Embryologie und Humangenetik in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Techniken reifen werden, die die Vorprogrammierung, Umprogrammierung und identische Kopierung des menschlichen Erbgutes erlauben. Der Anreiz zu entsprechenden Experimenten mit werdendem menschlichen Leben wird zunehmen.



Diese Entwicklung muss mit äußerster Wachsamkeit beobachtet werden.


Dr. Günter Altner Professor für Theologie/Heidelberg

»Genmanipulation aus sozialethischer und moraltheologischer Sicht« in: Chancen und Gefahren der Genforschung, München 1980


Anschreiben


An die Mitglieder des

SICHERHEITSRATS – Schlüssel: syn-code-7

Betrifft: Vorfall BIOTEC

Bericht: Alsey Target


Ich grüße Sie.


Laut Sonderweisung 7 ist ein Bericht an die Mitglieder des Sicherheitsrats notwendig für den Fall, dass die Situation 7 im Notplan eintritt.

Dies war der Fall, aufgrund dessen der innere Sicherungsring (ISR) der BIOTEC mit dem Schlüssel „syn-code-7” aktiviert werden musste. Aus den anliegenden Unterlagen ersehen Sie den Grund, die getroffenen Maßnahmen und die abschließende Beurteilung der Situation. Um den Mitgliedern des Sicherheitsrats ein vollständiges Bild über das Forschungssystem BIOTEC zu vermitteln, sind dem Bericht alle Strukturdaten der höchsten Geheimhaltung Sicherheitsstufe SS 1 beigefügt.


Der Kommunikationsverlauf des ISR mit dem allgemeinen Informationspool der BIOTEC, dem Bioplastischen Gitterspeicher der Generation 7, kurz BPG-GEN 7, ist bei Bedarf von den Mitgliedern des Sicherheitsrats unter dem Befehl »S-C-7-schreib« und der Kombination 71 1 3/273/2999 abzurufen.

Nach Fertigstellung dieses Berichts wurde die Arbeitssituation der BIOTEC wieder auf »normal« zurückgestuft.


Der ISR wurde aufgelöst, und seine Mitglieder sind wieder voll in das Forschungssystem integriert.

Wir trauern um all jene Mitglieder des Systems, die im Verlauf des syn-code-7 verstorben sind.


Ich grüße Sie.

gezeichnet: Alsey Target

anliegend: sechs Dokumente der SS 1


Bericht zur Lage


Nach einer Serie von 4 technischen Defekten, die in einem Zeitraum von etwa 24 Stunden eintraten, erfolgte am 254. Tag um 6 Uhr, 10 Minuten und 04 Sekunden der Tod eines Mitarbeiters der BIOTEC. Eine Minute später schrieb der Innere Sicherungsring den Notfall syn-code-7 aus, da keine Erklärung für die Vorfälle zu erhalten war. Die Mitglieder des ISR trafen im Sicherungsbunker zusammen und erörterten die Situation. Trotz intensiver Recherchen war es nicht möglich, die Vorfälle zu rekonstruieren und die Ursachen festzustellen.


Bis zum 256. Tag traten insgesamt 11 Unfälle ein, bei denen 21 Techniker ihr Leben verloren.


Der einzige Hinweis, auf den die Mitglieder des ISR immer wieder gestoßen sind, war eine ganzzahlige Frequenzamplitude, nach der die Ereignisse chronologisch abfolgten.


Die Mitglieder des ISR sind zu folgender Erklärung gekommen:

Eine Konfrontation der Gitterspeicher mit ihrem eigenen theoretischen Modell hat zu einer Konfusionsreaktion geführt, die im Sinne der humanen Neurose mit epileptischen Reaktionen diagnostiziert werden kann. Erst die Löschung der abgespeicherten Datenverbände führte zu einer Beruhigung des Systems.


Die Mitglieder des ISR schlagen vor, ein Testprogramm zu erarbeiten und dieses durch den BPG-Speicher zu schicken, um eventuell noch gestörte Bioplasten zu neutralisieren. Parallel zu dieser Speicherüberprüfung muss eine Notsicherung in den Informationspool integriert werden, die das Rechensystem von ähnlichen Überlastungen künftig schützt.


Der ISR wurde aufgelöst.

Die Mitglieder sind wieder in das System integriert.

Der syn-code-7 wurde gelöscht.

Alle Systeme arbeiten!




Programmatik


- Die BIOTEC ist ein Institut für Biotechnologie von globaler Einmaligkeit.

- Die BIOTEC versteht sich als eine komplexe Forschungseinrichtung, die ihre Arbeit in den Dienst menschlicher Interessen stellt.

- Die BIOTEC ist ein innovatives Unternehmen; sie trägt den Status der gemeinnützigen Gesellschaft und wird zu 100% aus öffentlichen Mitteln finanziert.

- Die BIOTEC ist ein selbstregelndes System, dessen Kontakte zur gesellschaftlichen Umwelt über einen Sicherungsring kontrolliert werden. Die absolute Selbständigkeit dieser Forschungseinrichtung basiert auf der grundlegenden Entscheidung, dass die BIOTEC weder durch politische noch durch ökonomische Einflüsse von außen bestimmt werden darf.

- Die BIOTEC entwickelt ihre Problemstellungen aus ihren eigenen Analysen der gesellschaftlichen Notwendigkeit. Diese Aufgabe übernimmt das wissenschaftliche Plenum im Zeitraum von drei Wochen nach dem jährlichen Symposium.

- Das Symposium ist eine öffentliche Diskussion des weltweiten Forschungsstandes der Biotechnologie und angrenzender Wissenschaften. Es findet wechselnd in den Regierungszentren der beteiligten Länder statt.

- Die BIOTEC steht durch ihre notwendig hermetische Abgeschlossenheit unter einer besonderen Belastung. Für die Mitarbeiter der BIOTEC wurden deshalb Privilegien eingerichtet, aufgrund derer die extreme Stress-Situation kompensiert werden kann.

- Neben dem Sicherungsring verfügt die BIOTEC über eine Spezialeinheit, deren Aufgabe darin besteht, Datenspionage, politische und wirtschaftliche Einflüsse, interne Fehlentwicklungen und Situationen außergewöhnlicher Bedrohung zu analysieren und abzuwenden.

- Zur Aktivierung dieser Spezialeinheit bedarf es der Sonderweisung 7.



Die Arbeit der Biotec


DIE ARBEIT DER BIOTEC

UMFASST SIEBEN BEREICHE



Versorgung der menschlichen Gesellschaft mit Grundstoffen (Lebensbasis)


Wiederaufbereitung von Grundstoffen aus Abfall (Recycling)


Produktion und Speicherung von Energie (Wärmetürme, Kältetürme, Bioprozessoren)


Sicherung des ökologischen Haushalts (Entgiftung und Frühwarnsysteme)


Umsetzung von biotechnischen Laborverfahren in technische Dimensionen


Grundlagenforschung in den Bereichen: Biosysteme und Verfahrenstechnik


Optimierung des menschlichen Glücks.


Kompetenzplan


Forschungskern. Biotechnologie und Vegetationstechnologie

Die Aufgabe liegt in der Erfüllung der BIOTEC-Programmatik (Eigenkompetenz)


Forschungspole: Katalysatortechnik und Gentechnik

Die Aufgabe liegt in der Erfüllung von Zulieferfunktionen für den Forschungskern. Zusätzlich besteht die Eigenforschung unter dem Aspekt des Innovationsproduzenten (Eigenkompetenz)


Operatorbasis: Physikalische Messtechnik und Digital-Equipment

Die Aufgabe liegt in der Operationalisierung aller aufgetragenen Probleme, Lieferung von Software (Steuerung) und Hardware (neue Maschinensysteme), Betreuung des Informationspools. Zusätzlich besteht die Eigenforschung unter dem Aspekt des Innovationsproduzenten (Aufgabe über 1. und 2. und Eigenkompetenz)


Verwaltung: Koordination, Systemoptimierung, Expansionsplanung, Personalstelle, Mitarbeiterbetreuung und Rechenstelle

Die Aufgabe liegt in der Regelung aller anfallenden Rahmenbedingungen zur Aufrechterhaltung des Forschungssystems (ohne Kompetenzen)


Presseabteilung: Die Aufgabe liegt in der Aufrechterhaltung von Beziehungen zwischen der BIOTEC und der Umwelt. Abgabe von Forschungsergebnissen und Beschaffung von forschungsrelevanten Daten (ohne Kompetenzen)


Sicherungsring: Die Aufgabe liegt in der Systemkontrolle mit dem Ziel der Systemsicherung in Bezug auf lnnen-/Außenstörungen. Die Mitglieder des SR sind gleichrangig ausgezeichnet mit dem Privileg der ersten Kompetenz.


Diese erste Kompetenz ist lediglich eingeschränkt durch die Sonderweisung 7


Notplan


Der Notplan tritt in Kraft durch die Entscheidung des Sicherungsrings aufgrund akuter, externer, systembedrohender Ereignisse.

Die Geltung des Notplans wird allgemein angezeigt durch die Phase »rot«.

Der Notplan umfasst 7 einzelne Pläne, in denen das jeweilige Handeln speziell festgeschrieben ist. Bei Eingabe der Codeindexe erscheinen die Handlungspläne auf allen Sichtschirmen im Bereich der BIOTEC.


Im Einzelnen erfassen die Pläne:

intern – Feuer und Wasser

intern – Gasentwicklung

intern – Freisetzung von Bakterien der Art Alpha

intern – Ausbruch sozialer Konflikte unter Anwendung von Gewalt

extern – Naturkatastrophen

extern – nationale oder internationale kriegerische Auseinandersetzungen

extern – Bedrohung durch einen Terrorangriff


Bei Eintreten der Phase »rot« wird Automatisch das Liftterminal geschlossen, so dass kein Kontakt zwischen dem System und der Umwelt besteht.

Jede Gefahr unter a-d-intern und die Auswirkungen von a-extern müssen vom System selber bewältigt werden. Im Fall des Eintritts von b- und c-extern dient die Abwehr nur der Zeitgewinnung zur Evakuierung der Außenbereiche.

Bei Eintritt der Phase »rot« unter b- und c-extern wird die Automatische Boden- und Luftabwehr der BIOTEC aktiviert.


Sonderweisung 7

Bei mehrheitlicher Entscheidung der Mitglieder des SR wird das Signal für den syn-code-7 ausgelöst. Dieses Signal betrifft ausschließlich die unbekannt in der BIOTEC stationierten Mitglieder des inneren Sicherungsrings (ISR), die im Fall ihrer Aktivierung die absolute Kompetenz erhalten. Die Sonderweisung 7 und des ihr anhaftenden Informationskomplexes wird den Mitgliedern des ISR erst bei Auslösung des syn-code-7 zugänglich.

Sonderanweisung 7


Die unbekannt in der BIOTEC stationierten und im Forschungsablauf integrierten Mitglieder des inneren Sicherungsrings werden per syn-code-7 aktiviert.

Die Aktivierung erfolgt über ein spezifisches, optisch-akustisches Signal im Chrono-Prozessor, der von allen Mitgliedern des ISR am Handgelenk getragen wird und denen aller BIO-TEC-Mitgliederäußerlich gleicht.


Den Mitgliedern des ISR steht eine Sonderetage unter dem allgemeinen Bunkerbereich zur Verfügung, von deren Existenz kein Mitglied der BIOTEC Kenntnis hat. Diese Raumflucht ist mit einem autarken Lebenserhaltungssystem ausgestattet. Sie besitzt ein eigenes Liftterminal, das über die Wegeknoten der Ebenen A, B, C und D verläuft und von Wandpaneelen verdeckt ist.

Nur den Mitgliedern des ISR ist eine Löschung des Informationspools bei vorheriger Umkopierung aller Daten und aller on- sowie offline-Programme auf den unbelasteten Duplo-BPG-Speicher in der Sicherheitsetage möglich.


Die Mitglieder des ISR können bei Bedarf unter Eingabe des jeweiligen Identitäts-Codes in ihren Chrono-Prozessor jedes Mitglied der BIOTEC (ausgeschlossen die Mitglieder der eigenen Gruppe) eliminieren. Der Exitus wird vom Chrono-Prozessor am Handgelenk des Delinquenten ausgelöst, und zwar durch die Injektion eines Nervengiftes mit Infarktsymptomen. Die Todesursache ist nicht auf Fremdeinwirkung zurückzuführen.


Die Mitglieder des ISR verfügen über die Kompetenz zu jeder Handlung, die angemessen ist, die bestehende Gefahr unter einem Minimum an Verlusten zu beseitigen. Die einzelnen Entscheidungen werden im Dialog mit dem Informationspool erarbeitet, der die Daten speichert.


Nach Abschluss der Aktion ist ein Bericht an die Mitglieder des nationalen Sicherheitsrats zu verfassen. Über den Befehl »S-C-7 schreib« und die Zahlenkombination 71 1 3/273/2999 werden alle Daten der Sonderweisung im Projektionsraum B der Sicherheitsebene über den Großfeldprojektor abgestrahlt.


Sie!


Ihre Strukturen decken sich.

Sie sind identisch.

In den Wendeln ihrer Doppelhelix tragen sie den Code, der ihre Bestimmung programmiert.

Ihre Aufgabe liegt fest.

Noch gewöhnen sie sich an die Umgebung, in die man sie eingeschleust hat.

Sie haben Zeit, denn Zeit hat für sie keine Bedeutung.

Sie haben Zeit, denn Zeit hat für sie keine Bedeutung, sie haben Zeit …


Erwachen


Alsey Target erwacht.

Der Timer seiner Tagesprogrammatik hat die Marke 7:15 Uhr erreicht. Es ist Zeit zum Aufstehen am Morgen des 253. Tages in der 37. Woche.

Alsey Target erwacht in den zögerlich anschwellenden Klangkaskaden eines musikalischen Events. Er hält seine Augen geschlossen und lässt sich von der schwerelosen Weite der anbrandenden Klänge aus dem Dämmerzustand emportragen in das Bewusstsein. Er vertieft sich in die flirrenden, verlaufenden Schlieren der quadrophonischen Symphonie, lässt sich fallen in die synthetischen Sphären elektromodulierter Wellen, lässt sich tragen vom weichen Puls der Bassfrequenzen, folgt den perlenden Tontropfen und setzt die bewegte Flut von Schallwellen in seinem Bewusstsein zu einem Musikerlebnis zusammen.

7:25 Uhr.

Alsey Target schlägt die Augen auf. Er liegt in seiner Schaumstofflandschaft und richtet den Blick an die Decke des gekrümmten Raumes. Synchron zur Musik hat die Kuppelprojektion des Laserballetts eingesetzt. Ein Sonoskop macht die Klänge sichtbar, die von acht Elektrostaten abgestrahlt werden. Spiralnebel pulsieren in den Grundfarben über die Wölbung, und die Zellkörper in der Oberflächenbeschichtung reflektieren das Bündel aufeinander abgestimmter Impulse. Die Licht-Schatten-Figurationen bilden Gestalten, deren Bewegungen den Gehalt der Musik optisch artikulieren. Im Laserballett taumeln die Farben und Formen im Rhythmus einer verträumten Melodie langsam in den erwachenden Morgen.

Alsey Target hat sich daran gewöhnt, den Tag mit elektronischen Kompositionen von Musik und Bildern einzuleiten. Er hat sich an diese Form des stimulierten Übergangs vom Traum in die Wirklichkeit, vom Unterbewusstsein in das Bewusstsein gewöhnt, und er genießt jedes Mal aufs Neue die 15 Minuten Kunstanschauung bis er den Tag betritt.

7:30 Uhr.

Für Alsey Target hat der Morgen des 253. Tages in der 37. Woche begonnen.

Der modulierte Laser, der die Zellmembranen in der Projektionswölbung ansteuert, wechselt von den künstlerischen Figuren in geometrische Flächenmuster, reduziert die Form auf ein monotones Raster und erhöht die Frequenz der Impulse. Rote, blinkende Kreise übersäen die Kuppel über der Schaumstofflandschaft und mahnen unnachgiebig zum Aufstehen. Als Alsey sich in den folgenden 30 Sekunden noch immer nicht entschließen kann, sein weiches Schaumstofflager zu verlassen, verstärkt sich die Intensität des blinkenden Feldes bis zur Unerträglichkeit.

Sein Fluch begleitet die Seitenrolle, mit der er sich von der geriffelten Plastikfläche seiner atmungsaktiven, temperierten Schlaflandschaft abstößt. Er schwingt seine Beine über den Rand des Podestes, erhebt sich und geht diagonal durch den Raum. Der Druckschalter im Belastungskolben schnappt in seine Ausgangsstellung zurück, und der Deckenlaser schaltet sich unter den letzten elektronischen Klangfolgen ab; dann erfüllt ein weiches Licht den Raum und kündigt den beginnenden Tag an.

Er tritt in das Kreissegment seines Zentralterminals, um seine Basisstimmung einzugeben. Die Finger huschen über die Tastatur und schreiben Stichworte zur aktuellen Konstitution ein. Er ist ungehalten. Ohne jeden erkennbaren oder ableitbaren Grund ist er ungehalten. Er hat schlechte Laune und macht sich über diesen Zustand nichts vor. Er fühlt sich schwach, schwindelig, ausgelaugt. Der gestrige Abend bei Julia Wächter ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Zu siebt hatten sie sich Naloxon-II injiziert, jenen Opiat-Antagonisten, der auf Morphinbasis zurückgeht und der ihnen die totale Entspannung nach einem aufregenden 16-stündigen Arbeitstag verschaffte. Alsey ist eigentlich gegen jede Form von Drogen; doch manchmal, in extremen Situationen, greift auch er zur möglichst wirksam dosierten Leistungssteigerung bzw. Nervenberuhigung. Er ist ungehalten und erschöpft am Morgen des 253. Tages in der 37. Woche. Kein vielversprechender Beginn für einen Tag. Er hat die Daten seiner morgendlichen Konstitution eingegeben, konzentriert sich einen Moment lang und lässt dann jene Aktivitäten folgen, die sie gestern in der Gruppe spontan besprochen haben und die somit nicht im gespeicherten wöchentlichen Arbeitsablauf enthalten sind.

Jeder von ihnen verfügt über ein Zentralterminal, das sich aus einer Tastatur, einem Sichtschirm und einem Großfeldprojektor zusammensetzt und das an den bioplastischen Gitter-Speicher des allgemeinen Informationspools angeschlossen ist.

Bei allen ist der morgendliche Ablauf gleich oder zumindest sehr ähnlich. Nur Alsey Target mit seiner extremen Vorliebe für die visuellen und die akustischen Künste hebt sich ab und muss es häufig über sich ergehen lassen, dass man ihn auf dieses kostspielige Vergnügen anspricht.

7:35 Uhr.

Alle zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten, die den anbrechenden Tag bestimmen werden, haben den Informationspool erreicht, in dem ein spezielles Profan-Programm die verschiedensten Eingaben verarbeitet. Das Frühstück dieses Morgens ist der psychischen wie der physischen Grundverfassung von Alsey Target angepasst, und während er noch seine morgendliche Gymnastik im ozondurchfluteten Trainingsraum absolviert, dringt ihm schon der aromatische Geruch eines kräftig-dosierten, heißen Kakao-Trunks entgegen; genau das Richtige in seiner jetzigen Verfassung.

Die Technik seines Umfeldes ist ausgereift, in jeder Hinsicht zuverlässig und wird von Alsey immer dort eingesetzt, wo er Routine vermutet. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, die sich über die Grundausstattung ihrer Wohneinheit hinaus mit einer Vielzahl technischer Arbeitshilfen umgeben, setzt Alsey Target die prozessorgesteuerte Technik nur dort ein, wo es aus Zeitgründen notwendig ist oder wo eine nervend-stupide Gleichförmigkeit droht. Ein umfangreiches Abendessen für seine Freunde zum Beispiel überlässt er niemals der Automatikküche, deren Programme sich nicht einer spontanen Lust oder einer Freude am Experiment anpassen können. Die Programme jeder Form von Automation gehen von einer begrenzten Menge an Variationen, dem V-Spektrum aus, das geprüft, getestet und optimiert ist, eine Durchschnittsversorgung pünktlich und zuverlässig zu gewährleisten. Durch die Optimierung wird Sicherheit erreicht. Fehler werden nahezu ausgeschlossen, und damit wird zugleich das Moment der Überraschung gesenkt, denn Überraschung besteht nur dort, wo Fehler möglich sind – Alsey Target jedoch liebt Überraschungen, weil sie Intensität versprechen.

Schweißgebadet und außer Atem legt er die altertümlich anmutenden Hanteln zurück, von denen er sich seit seiner Jugend nicht trennen kann. Er schaltet die UV-Strahler ab, unter denen er seine Muskeln aufgewärmt hat; dann betritt er die Bodenplatte der Duschkabine. Temperiertes Wasser sprüht von den Wänden auf seinen Körper herunter, und das Brausen übertönt sein schweres Atmen. Mit gespreizten Beinen und hochgestreckten Händen, die an der kühlen, glatten Wand anliegen, genießt Alsey Target die prickelnden Wasserstrahlen der Dusche, deren Druck sich bis zur eingestellten Marke verstärkt, um die Oberfläche des nackten Körpers gleichmäßig zu massieren.

7:40 Uhr.

Er hätte noch länger unter der Brause verbringen können, doch die Zeit drängt. Er frottiert seinen Körper bis die Haut brennt, trägt die prickelnde Emulsion auf, streift einen atmungsaktiven Slip über, steigt in seinen violettfarbenen Overall und verschmäht die halbhohen Stiefeletten zugunsten von flachen, gelgefüllten Joggern. Das Essen ist bereits fertig als er den Trainingsraum verlässt. Der volle Duft des Kakao liegt im Raum und regt den Appetit an, von dem noch eben nichts zu spüren war.

Die Eingabe seiner subjektiven Konstitution in das Zentralterminal bestimmt die Grundstruktur seiner Tagesgestaltung. Sie berücksichtigt die Zusammensetzung des Frühstücks, geht auf die Terminplanung ein, regelt das Maß der Arbeitsbelastung, verschreibt gegebenenfalls beruhigende oder stimulierende Wirkstoffe und plant für den Abend den Besuch von Freunden, den Kontakt mit einer Frau oder die Illusion vor dem Großfeldprojektor. Die Technik ist perfekt in die Bedürfnisse des Menschen integriert. Alsey Target lebt in einer Welt, die das Glück des Einzelnen weitgehend gesichert hat.

Er konzentriert sich auf das Essen, schlürft das warme Getränk, knabbert an den Proteinbisquits und kostet die grobgeschroteten Vierfruchtkörner; eine neue Kombination von ballasthaltigen Flocken, die mit Aromastoffen versetzt unterschiedliche Geschmacksnuancen annehmen können. Eine Empfehlung von Julia, die in der letzten Zeit eine Vorliebe für diese Art von Frühstück entwickelt hat. Julia… Bevor er sich auf seine Phantasien einlässt, leert er den Becher mit hastigen Schlucken, schiebt das Tablett mit den Resten zurück in die Wandnische, überlässt es der automatischen Reinigung und steht von seinem Platz auf.

Er tritt an das Zentralterminal, auf dessen Sichtschirm die Tagesdaten in hell leuchtendem Grün erscheinen. Alle seine geplanten Treffen mit Freunden und Kollegen sind abgestimmt mit deren Terminen, um Überschneidungen auszuschließen. Ein sinnvolles Programm zur Planung des Tages! Eine sinnvolle Einrichtung in einer sinnvoll-fortschrittlichen Gesellschaft, die sich alle technischen Möglichkeiten zur Erhöhung des Glücks verfügbar gemacht hat.

In der vierten Zeile von oben markiert ein roter Leuchtpunkt ein Problem: Henry Dall, Systemanalytiker im Informationspool ist bis übermorgen nicht erreichbar; das geplante Treffen muss verschoben werden.

Alsey zieht die Augenbrauen hoch und fragt sich, wo Dall sein könnte; er hat nichts von einer Abwesenheit des Analytikers erfahren. Er legt seine linke Hand in eine Mulde am Terminal, sodass sein Chrono-Prozessor am Gelenk auf den Induktoren aufliegt. Ein metallenes Klicken entsteht als der Chrom-Nickel-Stahl auf die Silberplatinen in der Mulde trifft. Das pulsierende Farbband im Sichtschirm zeigt an, das Alsey Target das Privileg zur Frage erhält.

»Wo?« fragt er, und im gleichen Augenblick reagiert die Antwort: »Dall besucht einen Kurs zum Informationsaustausch. Thema: Organisation, Aufgabe und Funktion monofunktionaler Systeme«. Jetzt fällt es ihm wieder ein. Vor zwei Wochen hat Dall ihn bereits auf dieses außerplanmäßige Treffen internationaler Wissenschaftler angesprochen und versucht, ihm die Wichtigkeit dieses Themas klarzumachen. Doch Alsey konnte sich in den langen, hallenden Gängen der Ebene-D nicht auf die abgehackten Sätze des Systemanalytikers konzentrieren. Er hat schließlich die Unterhaltung verdrängt und später ganz vergessen. Genau für diese Fälle menschlichen Versagens besteht das Profanprogramm, das alle Daten in den BPG-Speicher des Großcomputers GEN 7 im Informationspool einspeist und über den Hologrammprozessor abtastet. Alsey verbessert seinen geplanten Termin und bittet um eine entsprechende Bildschirminformation, sobald Henry Dall seine Rückkehr bekannt gibt. Dann leitet er über einen Befehl alle Tagestermine vom Zentralterminal in seinen Chron-Prozessor ein, der ihn zu den fixierten Zeiten durch eine Summvibration an die Verabredung erinnern wird.

Alsey Target zieht sein Handgelenk aus der Mulde zurück und wischt sich mit einem Reflex die metallene Kälte von der Unterseite des Arms; dann folgt er einer spontanen Regung, tippt den Identitäts-Code von Julia Wächter ein, schaltet auf den Großbild-Projektor um und wartet im abdimmenden Deckenlicht auf die Verbindung. Nach Sekunden erscheint ihr schmales Gesicht mit den vortretenden Wangenknochen, deren leichte Wölbung er niemals ohne das aufgelegte Rouge gesehen hat; ihre schwarzblau schillernden Haare sind mit bunten Clips zurückgesteckt und geben das Gesicht frei. Sie erkennt ihn und lächelt.

»Hallo Alsey.«

»Hallo Julia.«

»Wir sehen uns gleich um 8:15 Uhr. Willst du mir vorher etwas sagen?«

»Ich will nichts sagen, sondern dich nur sehen.«

»Mich sehen?«

»Ja – einfach sehen, es war ein spontanes Gefühl!«

Sie ist verunsichert, als scheint ihr diese Begründung für den Schaltaufwand des audiovisuellen Kontakts nicht ausreichend.

»Du siehst mich!«

versucht sie in das Schweigen hinein zu provozieren, und als er nicht darauf eingeht, zieht ein unsicheres Lächeln über ihr sympathisches Gesicht.

»Hey Alsey – siehst Du mich?«

Sie zieht Fratzen und winkt, und er fragt sich, warum es nicht möglich sein kann, sich einfach gegenseitig zu betrachten. Bietet so ein schlichter Kontakt zu wenig Informationen in dieser Gesellschaft dauernd wechselnder Bilder, in der die Neuigkeit vielfach schon Kriterium in sich ist und mit dieser Qualität vorgestellt wird?

»Ich habe dich gesehen, ich sehe dich und werde dich sehen«, orakelt er knapp und beschließt, sichtbar enttäuscht, den Kontakt mit der Kurzform:

»Bis um 8:15 Uhr, Julia.«

Dann schaltet er den Kontakt ab, und ihr Gesicht verblasst auf der Projektionsfläche.

7:45 Uhr.

Es wird höchste Zeit, dass er sich fertig macht, denn um 8:15 Uhr wird er auf der Ebene-A erwartet. Trotz des Zeitdrucks entschließt er sich, die notwendigen Vorbereitungen für eine Synchronisation zwischen seinem neuesten Laserballett und einer Wave-Computer-Symphonie zu treffen. An diesem Abend hat er eine Verabredung mit Freunden arrangiert, für die er das künstlerische Programm zusammenstellen will.

Er reißt sich los von den Erinnerungsbildern, die ihn bestürmen, legt die beschriebene Seite der Platte in den anachronistischen Leser, schaltet auf Dubbing-Wiedergabe; dann synchronisiert er die Startimpulse und gibt das Signal für den Ablauf. Beide Stücke werden jetzt von einem dritten Gerät zusammengefasst, das den Form-Farben-Takt des Balletts direkt auf das musikalische Ereignis abstimmt und dann das komplexe Mischsignal in den MEMOR eingibt, den sich Alsey Target eigens für diesen Zweck hat anfertigen lassen. Obwohl er die Grundzüge seines neuen Programms sehr genau in Erinnerung hat, ist er jetzt schon gespannt auf das möglicherweise überraschende Ergebnis der Zusammenlegung.

7:50 Uhr.

Der Chrono-Prozessor am Handgelenk zerreißt die Bilderfluchten, die sich aufbauen. Ein helles Summen signalisiert den letzten Moment zum Aufbruch, die letzte Möglichkeit, noch pünktlich zum ersten Termin um 8:15 Uhr zu erscheinen. Alsey wirft einen prüfenden Blick durch den Raum. Er hat nichts vergessen. Die laufende Überspielung wird sich selbständig ausschalten.

Mit eiligen Schritten verlässt er seine Wohneinheit durch die vordere Schleuse, folgt dem Gang bis zum Lift, dessen Kabine auf seiner Etage wartet. Er ist wieder einmal der Letzte heute, der die Etage verlässt, doch diese Feststellung amüsiert ihn mehr als sie ihn ärgert oder etwa in Zugzwang setzt. Im Basisbereich angekommen, öffnet sich die Tür und gibt ihm den Weg frei zum Parkdeck der Mobile.

Aufgrund seiner Arbeitsposition trägt Alsey Target das Privileg, ein eigenes Mobil halten zu dürfen. Eine seltene Auszeichnung in einer fortgeschrittenen Gesellschaft, die bestrebt ist, nicht so verschwenderisch mit den Ressourcen zu sein wie die Generationen vor ihr.

Verschwendung ist definiert als ein Verbrauch, der in keinem sinnvollen Verhältnis zu seiner Wirkung steht, wobei die Priorität der Wirkung aus der Notwendigkeit heraus auf die soziale Gemeinschaft bezogen ist. Doch Alsey Target trägt das Privileg, und er hat es sich abgewöhnt, Gedanken in diese Frage zu investieren. Für ihn ist es selbstverständlich geworden, dass er im Parkdeck nur zehn Mobile findet und dass er einer von den zehn Privilegierten ist; dass ihm jeder Weg in jede Richtung und zu jeder Zeit freisteht, während sich die 980 Mitbewohner an die öffentlichen Systeme halten müssen und damit nur den bestehenden Linienstrecken folgen können; falls sie überhaupt ihre Wohneinheiten verlassen, was relativ selten geworden ist. Denn die moderne biotechnologische Gesellschaft von Alsey Target hat sich alle Fortschritte zu eigen gemacht, um seine Mitglieder in einem erfüllten Leben stets glücklich zu halten.

Als Alsey an sein windschlüpfriges Mobil tritt, fällt ihm die breite Schramme im Kunststoff-Chassis auf. Er streift mit den Fingern über die tiefe Schramme, in der sich Spuren von einem Metallicblau befinden, und er kann eine aufkommende Wut nur mühsam unterdrücken. Seine angespannte Gemütsverfassung an diesem Morgen sinkt auf den Nullpunkt. Er gibt seinen Gefühlen freien Lauf, und die glatten Wände werfen den ausgerufenen Ärger im Echo zurück.

Alsey Target steigt in sein Mobil, aktiviert den Generator und fährt zur Ausfahrtrampe durch die geöffnete Schleuse hinein in den Morgen des 253. Tages in der 37. Woche. Ein mieser Tag, der seinen Spiegel im unbelebt-erstarrten Himmel findet. Der Himmel ist von einer mattgrauen Folie überzogen und dichte Regenwolken lasten über der Megacity. Die Generationen des 20. Jahrhunderts haben das Wetter ihres Planeten grundlegend geändert, aber selbst die hohe Technologie der Welt von Alsey Target sieht sich außerstande, noch ordnend in das spontan wirkende Klima einzugreifen. Die Menschen der fortschrittlichen Welt sind von einem diesig-fahlen Grau umgeben. Doch man hat sich auf die Situation eingestellt. Man hat sich mit dem täglich grauen Realität abgefunden und lebt dafür in der bunten, bewegten Welt der Großbildprojektoren, die künstlich generierte Bilder zur Wirklichkeit machen.

Alsey Target ist in Gedanken versunken. Er hat die Abtastautomatik seines Mobils ausgestellt und genießt die Handsteuerung des Fahrzeugs, das er über die einsamen Pisten lenkt. Der Himmel über ihm ist glatt im Grau, ohne jede Kontur, und die ersten Regentropfen schlagen gegen die durchsichtige Kuppel. Es ist ein durchaus normaler Morgen an einem durchaus normalen Tag.

7:59 Uhr.

Er schaltet seinen Empfänger ein, um die restliche Fahrzeit zur Information zu nutzen, denn seit einigen Tagen ist er schon nicht mehr dazu gekommen, sich über die neuesten Geschehnisse zu informieren. Er dreht den Lautstärkeregler auf und blickt von der Hochstraße ein letztes Mal auf seinen Wohnkomplex, dann folgt er der Pistenschleife und fährt nach Westen in Richtung Meer.

»… eine Welt, es ist unsere Welt, und wir leben in den pulsierenden Zellkörpern, die unsere Arbeit übernehmen. Erst unsere fortschrittliche Welt konnte den Menschen von der Last der Arbeit befreien, konnte ihm das Joch der Unterdrückung und Ausbeutung abnehmen. Die Gründer von flower-energetics waren maßgeblich an dieser Pionierarbeit beteiligt, und heute ist es eine schöne Welt; es ist unsere Welt, und wir leben in den Düften von flower-energetics. Nur flower-energetics liefert die Düfte, die Sie lieben. Lieben Sie flower-energetics und abonnieren Sie die Düfte ihrer Liebe. Für einen einzelnen Wertepunkt im Jahre leben Sie und Ihre Liebe in flower-energetics…«

Die Werbesendung scheint ihr Ende gefunden zu haben, denn das langsam anschwellende sphärische Rauschen deutet auf eine Studioumschaltung.

8:00 Uhr.

»Heute ist der 253. Tag in der 37. Woche hier sendet die TEAC aus dem City-Studio. Wir informieren über die neuesten Geschehnisse:

Der Kongress der philosophischen Intelligenz, der ab gestern Mittag zusammengetreten ist, erörtert heute Probleme der Rechtsethik. In seinem Eingangsstatement kennzeichnete Rethlaw Sewre das Moment der subjektiven Konstitution des Richters als urteilsprägend. Er verwies in seinen Ausführungen auf neue Forschungsergebnisse seines Instituts, die in allen untersuchten Fällen eine direkte Beziehung zwischen der Basisstimmung des Richters und der Tendenz seines Urteils nachweisen. In der anschließenden Sendung »Kongress aktuell« beschäftigt sich Swen Ivy mit weiteren Problemstellungen der Philosophen.

Im östlichen Randgebiet der City ist in der Zone-7 ein Cluster von drei Wärmetürmen ohne ersichtlichen Störungsgrund ausgefallen; die Trupps der ENERG bemühen sich um eine schnelle Reparatur.

In dritter Lesung hat am Morgen dieses Tages das Kabinett die Reform des Euthanasiegesetzes gebilligt. Danach kann jedes Mitglied dieser Gesellschaft mit einer unheilbaren funktionellen Störung seiner Existenz den EUTASI-Ausschuss anrufen und seine Situation darlegen.

In der Konferenzschaltung der Gesellschaft für utopische Lebensformen, die gerade auf Kanal 2 läuft, gibt der Institutsleiter der GUL eine Übersieht über die historische Entwicklung unserer politischen Systeme. Aufgrund eingehender Analysen ist die GUL zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere augenblickliche gesellschaftspolitische Situation ein kaum zu überbietendes Maß an Gerechtigkeit, Wohlstand und Stabilität aufweist.

Wie der Pressesprecher der BIOTEC auf der heutigen Konferenz mitteilte, konnte in den Laboratorien der Enzymtechnik eine neue Substanz entwickelt werden. Die Virolen-Enzyme sind imstande, bestehende festgeschriebene Bakterienstämme von ihrer Aufgabenstellung zu lösen und für neue Programme zu erschließen …«

Alsey Target dreht den Pegel herunter und biegt in die Zufahrt zur Küstenstraße ein.

Dann hat es Julia doch schon geschafft, vor ihm in der Ebene-A zu sein, und sie hat die Zeit genutzt, um als Pressesprecherin des Forschungskomplexes die Neuigkeit alleine an die TEAC zu geben. Sie hat nicht bis um 8:15 Uhr auf ihn gewartet, wie es abgemacht war. Ein verkniffenes Lächeln liegt in seinem Gesicht, und er wird Zeuge seiner eigenen verächtlichen Bemerkung:

»immer diese Beweise…«.

Dann zieht er im steigenden Gefühl einer sich formierenden und spannenden Kraft den Generator des Mobils hoch und genießt unter dem Heulen der Turbine den Beschleunigungsdruck, der ihn fest gegen die Rückenlehne presst. Erst als er die selbstgesetzte Sicherheitsmarke von 210 erreicht, nimmt er den Fuß wieder vom Pedal und lässt das Fahrzeug auf der endlos-weiten Silikonpiste auslaufen.

Zwischen der Mobilbahn und dem flutenden Meer zur Rechten wird auf der Weite einer vorgelagerten Sandbank ein neuer Wohnkomplex erbaut. Eigens für die Verwaltungsteams des nahegelegenen Forschungskomplexes werden Wohneinheiten errichtet, die der allgemeinen Tendenz zur Heimarbeit entsprechen.

In den vergangenen drei Generationen hat sich dieses Prinzip der dezentralen Arbeit in nahezu allen Bereichen durchgesetzt und die Organisation der Gesellschaft grundlegend verändert. Die dezentrale Arbeit ist das konsequente Ergebnis von Berechnungen, die von den Systemanalytikern und den Wirtschaftsökonomen durchgeführt wurden. Die dezentrale Arbeit ist die einzig wirksame und somit effektive Rationalisierungsmaßnahme des gesamten gesellschaftlichen Lebens. Diese Umstellung hat enorme volkswirtschaftliche und soziale Konsequenzen, und sie wirkt prägend bis in die Psyche und die Identitätscomposer der einzelnen Individuen ein.

8:08 Uhr.

Noch immer fährt Alsey Target an dem neuen Wohnkomplex entlang, der sich bis kurz vor die Sicherheitsgrenze des Forschungskomplexes erstreckt. Er blickt durch die wassertrübe Sichtkuppel seines Mobils. Hier sollen die Mitarbeiter des gesamten Verwaltungsbereiches stationiert werden, deren Anwesenheit im Forschungskomplex nicht unbedingt notwendig ist. Es sind die Bereiche:

- Koordination

- Systemoptimierung

- Expansionsplanung

- Personalstelle

- Mitarbeiterbetreuung

- Rechenstelle

- Presseabteilung

Sie werden über die großzügige Weile der Wohneinheiten räumlich verteilt und durch das Kommunikationsnetz wieder auf nächste Nähe miteinander verknüpft.

Alsey ist über das Vorhaben informiert, die Verwaltung aus dem Forschungskomplex auszugliedern und die freiwerdenden Räume für geplante Laborerweiterungen zu nutzen. Er hat selbst für diese Änderung plädiert und sich gegen eine bauliche Erweiterung der Labortrakte ausgesprochen, weil diese Arbeit den laufenden, wichtigen Betrieb empfindlich gestört hätte. Im Notfall lassen sich die Mitglieder der Verwaltung innerhalb von 10 Minuten maximal evakuieren und in das Liftterminal einweisen, von wo aus der sichere Bunkerbereich in weiteren 18 Minuten erreicht ist. Sollte diese Evakuierungszeit nicht ausreichen und die Mitglieder der Verwaltung jener angenommenen Gefahr zum Opfer fallen, dann wäre dies nur von geringem Schaden für das System, denn die Daten und die Programme der Verwaltung sind sicher im bioplastischen Gitter-Speicher des Informationspools gehortet. Im Notfall wäre es selbst über einen längeren Zeitraum hinaus durchaus möglich, alle Verwaltungsaufgaben vom Großcomputer bearbeiten zu lassen.

8:10 Uhr.

Das Ende der Silikonpiste ist erreicht, und die Kuppeln einer ausgedehnten baulichen Anlage tauchen aus dem Nieselregen auf. Der Himmel ist noch immer wie eine Silberfolie nur ganz ohne Glanz.

Der Chrono-Prozessor am Handgelenk von Alsey Target gibt sein helles Signal ab und macht auf den Termin aufmerksam, der in der Ebene-A verabredet worden ist.

Über dem milchigen Bodennebel tauchen die matt glänzenden Fassadenumrandungen eines geduckten Baukomplexes auf. Alsey Target hat sein Ziel erreicht. Er fährt an der terrassierten Station der Schwebebahn vorbei, über einen weiten Platz, durch ein offenes Tor und nähert sich dem unscheinbaren Eingangsbereich seiner Arbeitsstätte. Er fährt langsam auf die Schleuse des Forschungskomplexes zu. Es gibt keine Bezeichnung, die auf den Zweck des eingeschossigen, oktogonalen Pavillons hinweist.

Alsey Target hat sich verspätet; dennoch lässt er den Identifikationsritus gelassen über sich ergehen. Er hat es weder eilig, noch ist er nervös. Sein erster Termin ist ohnehin geplatzt. Im Sicherheitsbereich I wird sein Mobil abgetastet: frei zum Einparken auf Deck-A.

Er stellt sein Fahrzeug direkt neben das golden-glitzernde Mobil von Julia Wächter, dann steigt er aus, schließt seine Tür und geht auf die Eingangstür zum Liftterminal zu. Der Weg führt ihn an einigen eingeparkten Mobilen vorbei, als sein Blick auf ein metallic-blaues Fahrzeug fallt. Abrupt bleibt er stehen und zischt einen Fluch zwischen den Zähnen: »Dieses Aas!«

Dann geht er auf das Fahrzeug zu, bückt sich und widmet sein Augenmerk der breiten Kratzspur, die über den vorderen Spoiler bis hin zur Fahrertür verläuft.

»Dieses Aas – fährt mich an, ohne eine Notiz zu hinterlassen!« Alsey prägt sich das Kennzeichen ein: »BETA-C-7«. Also jemand aus der Ebene-C, Katalysator- und Gentechnik. Er wird den Fahrer finden, und er wird ihm die Rechnung für den Schaden präsentieren.

Er betritt den Sicherheitsbereich und passiert das weite Feld. Um diese Zeit ist die Leere nicht verwunderlich, denn nur selten verspätet sich einer der Beschäftigten. Die Halle ist leer, und die weichen Polyfasern des Bodens dämpfen jeden Schritt.

Die Stimmung des Raums hat heute etwas undefinierbar Angespanntes. Alsey Target legt sein linkes Handgelenk mit dem Chrono-Prozessor in die Mulde und registriert das dumpfe, metallene Klicken. Sein Identitäts-Code wird gelesen und mit den Daten im Personalprogramm verglichen. Gleichzeitig erfolgt die Analyse der Buttersäurewerte aus dem Schweißfilm seiner Hand. Auch hier bringt der Vergleich mit den Daten im Personalprogramm die Übereinstimmung. Der Bildschirm wird aktiviert und in das zarte Grün eines kurzen Textes getaucht: Alsey Target, 31, männlich, Operator im Digital-Equipment, Ebene-D, 110 Wertpunkte pro Jahr, Privileg Kategorie 2.«

Er zieht sein Handgelenk aus der Mulde zurück und betritt die letzte Sicherheitsschleuse, den Bereich-3. Er legt kurz die Fingerkuppe auf den Scanner, tippt dann seinen Identitäts-Code und den Zusatz 7 in die Tastatur, wartet einige Sekunden, bis die Kamera die Front seines Gesichts aufgenommen hat, um es in der Zeilenauflösung mit den Speicherdaten zu vergleichen; dann schwingt die Sperre auf, und er betritt den gedämpften Vorraum des Liftterminals.

8:12 Uhr.

Alsey Target hat das Forschungszentrum betreten; er ist als privilegierter Mitarbeiter der Kategorie 2 identifiziert. Er ist als ein Teil des Ganzen aufgenommen, und das Ganze erscheint unter der Bezeichnung BIOTEC.

Alsey Target ist ein Teil von BIOTEC. 1)


Betreten


Er betritt mit schnellen Schritten einen der offenstehenden Lifte aus der dritten Gruppe. Sein direktes Ziel ist die Ebene-D. Die Durchfahrt wird ohne Unterbrechung verlaufen, denn durch einen zweifachen Impuls sind die Ebenen A bis C blockiert. Er lehnt sich zurück an die flauschig gepolsterte Wand und erwartet voll Ungeduld den Start. Ebenso gut hätte er sich auf eine der leeren Bänke setzen können, denn die Fahrt bis zur Ebene-D dauert immerhin 15:00 Minuten, doch er hat beschlossen, die unangenehme Beschleunigung des Lifts und die nachfolgende entgegengesetzte Belastung des Abbremsvorganges im Stehen über sich ergehen zu lassen. Das Stehen gibt ihm die Illusion, dass er es gleich geschafft hat, es hilft, die Ungeduld zu dämpfen.

8:16 Uhr.

Die Flüssigkeitskristalle unter der ovalen Mineralglasfläche seines Chrono-Prozessors zeigen die Zeit. Schon 0:01 über den Termin hinaus und um 8:31 Uhr wird er erst unten sein. Alle kennen den Grund seiner Verspätung, und doch werden ihn bestimmte Mitarbeiter rhetorisch nach den Ursachen fragen: Interessiert, anteilnehmend, mit süffisantem Unterton werden sie fragen…

Noch 15:00 Minuten.

Die Überspielung seines neuen Laser-Balletts ist noch nicht abgeschlossen; wird das Ergebnis seinen Vorstellungen entsprechen? Alsey bemüht sich, von diesen Gedanken endlich abzukommen, die ihn seit Tagen beschäftigen und nicht mehr aus ihrem Bann lassen. Er hat eine ganz bestimmte, rhythmisierte Bildsequenz vor Augen, die er erreichen will; obwohl oder gerade weil ihm befreundete Künstler die Unmöglichkeit der Sequenz bescheinigt haben. Mit Unmöglichkeiten hat sich Alsey noch nie abgegeben, und so hat er an einem Programm getüftelt, das über 12 Schleifen verfügt, um die Formennuancen mit ihren fließenden Wechseln aufzubauen und über eine Zeitspanne aufrecht zu erhalten.

Alsey schüttelt die Gedanken ab und versucht erstmals an diesem Morgen, sich auf den bevorstehenden Arbeitstag zu konzentrieren. Es fällt ihm schwer. Julia Wächter hat ihn versetzt und den Pressetermin allein wahrgenommen. Sie hat die Entwicklung der Virolen-Enzyme bekanntgegeben, deren außergewöhnliche Fähigkeit darin besteht, festgeschriebene, das heißt in ihrer Aufgabenstellung definierte Bakterienstämme von ihrer jeweiligen Zielbestimmung zu befreien und für neue Arbeiten zu erschließen. Alsey ist sicher, dass die wahre Bedeutung dieser kompliziert aufgebauten Sequenzierung nur wenige, vielleicht fünf oder sechs der Mitarbeiter, in ihrer tiefen Möglichkeit erkannt haben: Erstmals wird es möglich, stabile Bakterien, die sich über Generationen hin erhalten und bewährt haben, auf jede beliebige, neu zu definierende Aufgabe anzusetzen. Die Virolen-Enzyme dringen durch die Zellwände und erreichen den Kern; dort weichen sie nur das eine Spiralband der Doppel-Helix auf, in dem die Arbeitsprogrammatik festgeschrieben ist und lassen das Band der Arterhaltung mit dem Stoffwechsel und der Reproduktion unangetastet.

Noch 14:00 Minuten.

Alsey Target spürt den zunehmenden Druck in seinem Magen. Es ist die Auswirkung der Fallgeschwindigkeit. Zu diesem unangenehmen Gefühl kommt der feinverteilte Geruch nach Desinfektionsmitteln, den er in der Kabine wahrnimmt. Eines der Labormädchen aus der Ebene-B wird trotz der ausdrücklichen Fahrbeschränkung diesen Lift benutzt haben. Je intensiver sich Alsey mit dem Geruch beschäftigt, desto intensiver glaubt er ihn zu spüren. Es ist der taube Geruch desinfizierter Labortische, der tote Geruch von keimfreien Arbeitsflächen und Glasgeräten, ein typischer Geruch der Ebene-B, der Bio- und Vegetationstechnologen.

Seine Gedanken kehren zu den Virolen-Enzymen zurück. Monatelang hat er als Organisator des Digital-Equipment mit den Fachleuten von der Katalysatortechnik und der Gentechnik zusammengesessen, bis sie endlich die Baubeschreibung der Substanz entwickelt haben und sie biosphär umsetzen konnten. Dann verließen sie sich auf die Hilfe des Informationspools, der aus allen vorliegenden angesammelten Informationen die Bausteine der gesuchten Substanz beschrieb. Die restliche Arbeit lag bei den Technologen, die Erfahrungen mit der Synthetisierung hochkomplexer Verbindungen haben.

Sein Magen beginnt sich unangenehm zu regen, als seine Gedanken immer zwingender auf Einzelheiten der Forschungsarbeit stoßen. Der Name Mona Glass stößt ihm unangenehm auf, und die Erinnerung an die hysterische 31-jährige Enzymtechnologin mit der Stupsnase, den farblosen Haaren und den immerwährenden Andeutungen ihrer Männerbekanntschaften bringt seine Schleimhäute weiter in Aufruhr. Als seine wuchernden Assoziationen jenen Moment aufrühren, als sich Mona einmal von hinten über ihn beugte, während er sich über dem Quanten-Prozessor konzentrierte, als sie ihm die Spitze ihrer beträchtlichen Brust wie den Lauf einer Pistole in den Nacken drückte und mit aller Kraft ihres Charmes etwas von einem gemeinsamen Abend hauchte.

Noch 13:00 Minuten.

Die Zeit in dem fallenden Liftzylinder scheint stehenzubleiben; unter Aufbietung aller Kräfte konzentriert er sich auf den Ablauf und die Aufgaben des Tages, winkelt den Arm an, blickt auf sein Handgelenk und ruft die Daten über den Chrono-Prozessor ab:

Um 9:00 Uhr kommt Martin Traum, Vegetationstechniker der Ebene-B. Er hat ein spezielles Problem bei der Umsetzung von asymmetrischen Wachstumsphasen in die Binärsprache, und ohne diese kommt er nicht an den Informationspool und ohne den Kontakt zum Pool kann er seine Daten nicht überprüfen, vergleichen und grafisch umsetzen lassen.

Um 10:15 Uhr hat sich Delia Borg angesagt, die nach mystischen Duftkompositionen riechende Leiterin des Verwaltungsbereiches für Systemoptimierung. Sie ist eine Frau mit einem extrem seltenen Abstraktionsvermögen. Ihr Problem hat sie ihm vorab nicht angedeutet, nur die Uhrzeit ihres Kommens.

Um 12:00 Uhr trifft er sich zum Essen mit Cluster Bennet, einem Biotechniker der Ebene-B. Cluster hat ihm ein bedrückendes Problem angekündigt. Und wenn der wortkarge Cluster etwas als wichtig bezeichnet, dann muss es sich um etwas wirklich Bedeutendes handeln. Was konnte es sein? Alsey hat den verschlossenen Biotechniker das letzte Mal vor 17 oder 18 Wochen getroffen, als es um ein Digitalprogramm zur Erfassung und Steuerung von unterschiedlichen Bakterienstämmen ging. Seit diesem Zeitpunkt haben sie sich weder gesehen noch gesprochen.

Um 13:20 Uhr schließlich will ihn eine Gentechnikerin aufsuchen, deren Namen ihm nicht geläufig ist. Sie hat sich ebenfalls unpräzise in Bezug auf ihre Problemstellung ausgedrückt. Was macht diesen Tag nur so unangenehm vage? Schon der Morgen dieses 253. Tages in der 37. Woche brachte eine undefinierbare Missstimmung.

Noch 12:00 Minuten.

Alsey Target wünscht diesem Tag ein vorzeitiges Ende. Ungeduldig zupft er an den Flusen der Wandverkleidung und verlagert sein Gewicht vom linken auf das rechte Bein. Er konzentriert sich auf die Abwärtsbewegung des Liftes und gewinnt dabei langsam ein distanziertes Gefühl zu der Situation, in der er sich befindet.

Hunderte von Menschen lassen sich jeden Tag in diesen unterirdischen Forschungskomplex hineinfallen und kehren nach 5 oder 6 Stunden konzentrierter Arbeit wieder über die gleichen Röhrenverbindungen nach oben an die Erdoberfläche. Dann fahren sie mit der Schwebebahn in ihre verteilt liegenden Wohnkomplexe, schalten die Großbildprojektoren ein, baden in Soundkaskaden und schäumenden Versprechen und träumen die Wirklichkeit ihrer Wünsche; unterhalten, flirten oder streiten sich mit ihren Verwandten, Bekannten oder Freunden, um schließlich im Schlaf zu versinken, der sie in den kommenden Tag trägt.

Bei der Konzeption des Forschungskomplexes BIOTEC hat es lange und harte Diskussionen gegeben, ob es nicht rationeller sei, für alle Mitarbeiter den Arbeitsplatz mit der Wohneinheit zusammenzulegen und über ein intensives Kommunikationsnetz die zeitraubenden Wege innerhalb der Bauanlage zu sparen. Doch nach Wochen hitziger Auseinandersetzungen haben schließlich die Psychologen die Entscheidung gefällt. Die BIOTEC als Sicherheitskomplex erster Ordnung ist ein ausgereiftes Forschungssystem, in dem der Mensch die unberechenbarste Stelle einnimmt. Die reflexiv gesteuerte Technik ist statistisch gesehen an Präzision durch nichts zu überbieten; deshalb galten und gelten bis heute alle Anstrengungen der psychischen Stabilisierung der Beschäftigten. Zu dieser psychischen Stabilisierung gehört die physische Präsenz am Arbeitsplatz und der damit verbundene Anfahrtsweg. Dieser Weg von der Wohneinheit zum Arbeitsplatz, der volkswirtschaftlich gesehen zwar eine Energieverschwendung darstellt, bietet dem Betroffenen Zeit, sich auf die anstrengenden Problemlösungen am Arbeitsplatz vorzubereiten, bietet ihm das Klima, sich unter seinesgleichen langsam einzustimmen und bietet ihm nicht zuletzt auch Distanz zwischen zwei unterschiedlichen Lebensbereichen. Die Psychologen vertraten einhellig die These, dass diese räumliche Distanz die Intensität der Leistung und des Erlebens erhöhen soll. Bislang hat sich der Rückgriff auf diese alte, überlieferte räumliche Trennung von Freizeit und Arbeit gerade im Fall der BIOTEC-Mitarbeiter als positiv ausgewirkt, denn die Rate bei depressiven Kollapsen liegt trotz der extremen Belastung merklich niedriger als in den anderen Forschungs-, Produktions- und Verwaltungszentren.

Alsey Target blickt auf die Zeitskala im Lift: Es sind noch 11:00 Minuten.

Als Operator im Digital-Organic-Equipment ist er einer der Wenigen, die Zugang zu den Daten-Komplexen des Informationspools haben, und er hat dieses Privileg immer wieder genutzt, um seine Tage und seine Nächte auszufüllen in jener Zeit, als Barbara Flartmann ihre langjährige Beziehung zu ihm löste. Wochenlang war Alsey unermüdlich damit beschäftigt, sich ein übergreifendes Muster auszuarbeiten, mit dem er die unterschiedlichen Themen-Programme des Informationspools koordinieren konnte und das ihm den direkten Zugriff zu den Daten aller bestehender Einzelbereiche erlaubte. Die Arbeit lenkte ihn ab.

Bis heute, bis zu diesem Moment, in dem er im Lift auf die 10:00te Minute wartet und sich an seine Leistung erinnert… bis heute ist es für ihn ein tiefer Genuss, wie es gelingen konnte, das übergreifende Meta-Programm aufzubauen. Und dieser Erfolg ist sein Geheimnis geblieben. Er erinnert sich an den Moment, als er zum ersten Mal sein Aktiv-Muster einlegte und sich die vielen Datensperren Zug um Zug öffneten. Und als er im Taumel seines Sieges die ausgefallensten Informationen abrief, sie sich ausschreiben ließ, den Output abriss, zu einem Röllchen drehte und sich damit einen Tabago anzündete. Mit dem heißen Rauch der verglimmenden Tabakblätter teilte er seinen einsamen Erfolg in der menschenleeren Ebene-D um 0:18 Uhr, rund 1000 Meter tief unter der Erde.

Erst fünf Tage später, als das Besondere zum Alltäglichen geworden war, als der einsame Triumph über die selbstgesetzte Aufgabe abgeklungen war, kamen ihm Bedenken. Zweifellos würde es Ärger geben, und zwar empfindlichen Ärger, wenn irgendjemandem dieses Programm in die Hände fällt. Man würde ihm Machtstreben oder gar kriminelle Intentionen vorwerfen, und keiner könnte den eigentlichen Beweggrund nachvollziehen. Alsey wog damals den Programmspeicher in der Hand, spielte mit dem Gedanken, sein Geschöpf ebenso zu zerstören wie er es geschaffen hat, besann sich dann aber einer anderen Möglichkeit.

Er handelte nach den Maximen seiner Ausbildung, sie sind ein Teil seiner selbst.

Fortschritt zu zerstören, ist unökonomisch, und diesen Fehler wollte er nicht eingehen. Deshalb investierte er zwei weitere Nächte, in denen er sein übergreifendes Muster als harmloses Rechenprogramm zur Koordination von Clone-Fraktoren tarnte und dieses unter einem alphanumerischen Schlüssel in den Informationspool einspeiste. Statistisch gesehen, liegt das Risiko, dass irgendwann irgendein Mitarbeiter der BIOTEC auf dieses Rechenprogramm stößt bei nahezu unmöglich, und Alsey ersparte es sich, das genaue Risiko zu berechnen, nach dem der Entdecker dann noch erkennt, welche Möglichkeiten in diesem Programm enthalten sind. Er war damals sicher, und er ist es bis heute geblieben, dass sein Geheimnis in den Tiefen der bioplastischen Matrix sicher eingespeichert liegt und lediglich auf die Aktivierung durch seinen AN-Code wartet.

Noch 10:00 Minuten.

Alsey Target konzentriert seine Gedanken auf die Vergangenheit. Er konnte nicht argumentieren, warum er damals seine Leistung nicht offiziell angemeldet hat; immerhin waren schon einige Programmiergruppen an der Aufgabe gescheitert, die Koordination der zahllosen Poolbereiche vorzunehmen. Er hätte mit einer breiten Anerkennung rechnen können, und seine jährlichen Wertepunkte wären sicherlich um 10 bis 15 Einheiten angehoben worden.

Was hat ihn zu diesem Verzicht auf den geltenden Erfolg bewogen? War es seine Erziehung zu Bescheidenheit und Understatement als Kind in einer Familie, in der der Vater erster Ordinarius für Mathematik an der UTM und die Mutter international anerkannte Spezialistin für Energie-Konfigurationen war? War es seine Erziehung zu Werten, bei denen das Äußere, das wahrnehmbare Bild von Prestige nicht zählte? War es das Leben in einer Familie, in der es eigene Werte gab, die den höchsten Genuss in der Erfüllung der selbstgesetzten Aufgabe sahen?

Alsey versucht, die verstreut in seinem Gedächtnis bewahrten Erinnerungsbruchstücke zu sortieren, die ihm von seiner Erziehung und von seiner anschließenden Spezialausbildung im Trainingslager von Seven-Points geblieben sind, als er eine Veränderung im Lift wahrnimmt.

Die Geschwindigkeit wird gebremst. Das Gewicht seines Körpers drückt in die Beine; er stützt sich gegen die Wand.

Noch 9:00 Minuten.

Der Lift hält, die Tür schwingt auf, und herein tritt eine unbekannte, rotmähnige Enddreißigerin im malachitgrüngestreiften Kittel. Eine Gentechnikerin aus der Ebene-C erkennt Alsey und er fährt sie an woher sie eigentlich die Kompetenz nimmt, diesen von ihm blockierten Lift aufzuhalten. Ihre Antwort ist knapp.

»Der Ausdruck meiner Kompetenz ist dieser Schlüssel – haben sie sonst noch sinnvolle Fragen?«

Mit diesen Worten hebt sie ihre Hand und gibt ihm den Blick auf einen Generalschlüssel frei, der an einer feingliedrigen Kette aus matt blitzendem Iridiumstahl schaukelt, als wollte sie ihn hypnotisieren.

»Kein Bedarf«, knurrt er, geht zu einem der Liftsessel und setzt sich, um seinem gerade beruhigten Magen die erneute Abfahrt zu erleichtern. Alsey greift zu einem der umherliegenden Journale mit Bildberichten, die sich trotz der totalen elektronischen Bildschirmkommunikation in einigen Themenbereichen erhalten haben. Unkonzentriert blättert er in dem Heft herum, ohne den Abbildungen sein Augenmerk zu widmen. Er entdeckt, wie er auf diesem Wege versucht, die spontan aufsteigende Unsicherheit zu verdecken. Er wirft das Heft zurück auf die Ablage und fragt sich, wie diese Frau zu einem Generalschlüssel kommt, der pro Ebene nur in drei Ausgaben vorhanden ist – und dabei ist sie ihm noch völlig unbekannt, obwohl er schon seit nahezu 10 Jahren in der BIOTEC beschäftigt ist.

Noch 8:00 Minuten.

Er lehnt sich zurück und döst vor sich hin, während sie konzentriert in einem rotmarkierten Arbeitsbericht blättert. Er beobachtet sie unter den halbgeschlossenen Augenlidern. Was lässt sich von dieser Frau festhalten? Wie er zuerst bemerkte, ist sie rothaarig. Die Haare glänzen in einem Dunkel-Rubinton, mit einem silbrigen Schimmer von Polyfasern. Ihr Gesicht ist schmal, die Stirn liegt frei. Ihre Lippen sind aufgeworfen, geschwungen, und ihre Augen sind dunkel. Die Brauen sind gezupft, sie ziehen sich als schmale Streifen von der Nasenwurzel bis in den unteren Rand der Stirn. Der malachitgrüne Kittel liegt eng an, ohne die weiblichen Formen zu akzentuieren. Er ist halblang, reicht bis zu den Knien. Sie trägt zum Rot ihrer Haare passende Schnallenstiefel. Außer dem silbern-schimmernden Chrono-Prozessor, den alle BIOTEC-Mitarbeiter an ihrem Handgelenk tragen, kann Alsey keinen Schmuck an ihr entdecken. Keine Kette, keinen Ring, keine Anstecknadel.

Noch 7:00 Minuten.

Belustigt rekonstruiert Alsey die Situation. Natürlich war es war ungerecht von ihm, sie derart spontan anzugehen. Sie hat angemessen reagiert. Sie hat mehr als angemessen reagiert, denn sie ist ihm gegenüber trotz seines Angriffs sachlich geblieben. Sympathie überlagert plötzlich die Situation, und zum ersten Mal an diesem Morgen spürt er, wie sich seine Missstimmung löst. Die Fremde verzieht keine Miene. Sie blättert ohne Hast, ohne Unsicherheit und ohne Verärgerung über den Vorfall in ihrem Arbeitsbericht. Sie wirkt entspannt, sympathisch. Ihre Weiblichkeit ist nicht inszeniert, und dennoch empfindet er eine intensive Ausstrahlung, wie sie ihm seit langem nicht begegnet ist.

Alsey schlägt die Beine übereinander, rutscht tiefer in den Sessel hinein und entspannt sich. Er lässt die sanfte Vibration der Kabine durch seinen Körper laufen und wartet. Wieder verstärkt sich der Druck im Abbremsvorgang. Er spürt die Masse seines Körpers. Der Lift verringert die Fahrt und hält. Die Tür öffnet sich zur Ebene-B.

»Ich grüße Sie für den Rest dieses Tages.«

Er hört den Satz im gutturalen Klang ihrer Stimme; dann schließt sich die Tür und macht ihm die Einsamkeit in der Kabine deutlich.

Noch 6:00 Minuten.

Alsey lehnt sich wieder zurück an die weiche Wand und empfindet mit geschlossenen Augen die Beschleunigung des Lifts. Plötzlich wird er hellwach. Sie hat keinen Geruch hinterlassen – fällt ihm auf. Er hat keinen Geruch registriert, obwohl alle Frauen, wie auch ein großer Teil der Männer, Duftstoffe einsetzen, um ihre Person zu artikulieren, um sich auch über den Geruchssinn den Anderen mitzuteilen. Alsey gibt sich einen Ruck; es mutet ihm sonderbar an, doch er steht auf, läuft in die Ecke der Kabine, in der sie eben noch gestanden hat, schließt die Augen und saugt intensiv die Luft durch die Nase ein. Nur der flüchtige Hauch einer herben Komposition, gemischt mit einer entfernten unbeschreiblichen Nuance von Persönlichkeit lässt sich wahrnehmen; aber für ihn ist es die Ferne einer unbestimmten Sehnsucht.

Plötzlich lacht er laut und ungehemmt auf – wie idiotisch er sich doch anstellt. Eine Fremde betritt den Lift, und kaum hat sie ihn verlassen, da springt er aus seinem Sitz auf und läuft riechend in der Kabine herum. Eine wahrhaft komische Situation!

Noch 5:00 Minuten.

Er kehrt zu seinem Sessel zurück, setzt sich, lehnt sich in das weiche Silikonpolster und richtet seine Empfindungen wieder auf die gleichförmige Fallbewegung des Lifts. Das stumme Lächeln in den Mundwinkeln, mit dem er seine Eskapade von eben begleitet hat, bleibt bestehen. Er entspannt sich und wartet.

Noch 4:00 Minuten.

Teile seines Laser-Balletts ziehen an ihm vorüber.

Formen und Farben, Figuren und Bewegungen, Klänge und Rhythmen bauen sich zu Bildern auf und ebben wieder ab… Noch 3:00 Minuten.

Sequenzen der Wave-Computer-Komposition klingen in ihm an und verstärken den Moment der Entspannung…

Noch 2:00 Minuten.

Er verliert sich in den Räumen, die er sich denkt. Er lässt sich treiben in dem Strom, den er reguliert. Er ist passiv und aktiv zugleich. Er genießt diesen Zustand…

Noch 1:00 Minute.

Der Vocoder meldet die Ankunft in der Ebene-D. Der Lift bremst ab, hält, öffnet seine Tür, und Alsey Target betritt um 8:24 Uhr am 253. Tag in der 37. Woche den Flur zu seinem Arbeitsbereich in der Ebene-D.


Wandlamellen


Fluoreszierende Wandlamellen strahlen ein zartes, lichtes Grün ab; die Polyfasern des gelben Bodens saugen die Schritte in sich auf. Der Belag ist angenehm weich und elastisch. Das Licht wirkt beruhigend, und ein Gemisch von Tannin-Duft und Ozon-Geruch fließt erfrischend durch den Raum.

Alsey wählt die Abzweigung in den Zentralbereich. Er folgt dem Tunnel. Im Scheitelpunkt der hoch aufragenden Wölbung liegt ein Lichtbalken, dessen Puls zwischen hellem Ocker und kräftigem Gelb wogt. Es ist der Lebensstrom des verzweigten Systems. Es ist der Herzschlag der BIOTEC, dessen beruhigender Frequenz sich jeder Anwesende binnen weniger Minuten anpasst.

Sie alle werden synchronisiert, werden zu einem großen perfekten Organismus aus Mikroben, Elektronenflüssen, Metallen, Kunststoffen und menschlichem Geist gewoben. Die BIOTEC erfasst alle und formt sie zu einer einzigen Kraft.

In der gigantischen Höhlung, die eine Generation in den Granitfelsen am Meer getrieben hat, ging der Mensch eine komplizierte Lebensgemeinschaft mit seiner neuen Natur ein.

Es ist nicht mehr der Wald, in dem er atmet; es ist nicht mehr das Kornfeld, das er durchstreift; es ist nicht mehr die Wiese, über die er läuft, und es ist nicht mehr der strahlende Himmel, unter dem er atmet… der Mensch der fortschrittlichen Gesellschaft bekennt sich zu der Welt, die er sich selber schuf. Mit dem Begriff der Natur ist nicht mehr jene archaische Symbiose von Pflanzen und Tieren gemeint, die in einer ursprünglichen wilden Umwelt mit einander und voneinander lebten. Die fortschrittliche Gesellschaft hat sich zu ihren technischen Errungenschaften bekannt – für sie ist Natur die Gesamtheit der sinnlichen Erscheinungsformen, in denen die Menschen leben und in denen sie sich ausprägen.

Die neue Natur ist die Hülle, in der sich der Mensch bewegt – und diese Bewegung des Menschen ist synchronisiert.

Überall auf dem Planeten Erde hat er sich ausgestreckt, überall ist er präsent und hat das Land, das Wasser, die Luft geprägt. Der Mensch der fortschrittlichen Gesellschaft hat begriffen, dass er sich eine neue, eine eigene Welt geschaffen hat. Und dieser Mensch hat zugleich begriffen, dass er nur noch sich selbst begegnet und keiner fremden Macht. Der Mensch ist endlich mit sich selbst konfrontiert, er hat das Chaos der Naturgewalten weitgehend gebannt und die meisten Funktionen nach seinen Mustern angelegt; dieser Mensch ist mehr und mehr eins mit seiner Welt.

Alsey Target hat allen Grund, stolz auf die Errungenschaften seiner Generation zu sein, in der man die Mythen durch Erklärungen ersetzt hat. Es gibt Probleme aber keine Angst. Die Geschichte hat gezeigt, dass der Mensch an seinen Fehlern gewachsen ist, dass er gelernt hat. Und dieser Prozess ist das Erbe, das Alsey Target und seine Generation in vollem Bewusstsein antritt und das er bereit ist, auch mit seinem Leben zu verteidigen.

Er summt eine Melodie und atmet den herben Tannin-Duft ein, als wäre er in tropischen Nadelwäldern, über denen eine Sonne brennt, die das Harz aus den Nadeln treibt; er summt eine Melodie und streift mit den Händen durch ein Büschel hüfthoher Lichtleithalme, deren Enden in den Spektralfarben glühen; er summt eine Melodie und geht über die Wiese der weichen Polyfasern; er hebt die Hand, spreizt den Zeigefinger zum Taktstock und gibt dem imaginären Orchester das Zeichen zum Einsatz… dann biegt er ab in den Seitentrakt und folgt der hellblauen Lichtleiste im Scheitelpunkt des Tunnels. Er summt unter seinem strahlendblauen, synthetischen Himmel und ist so versunken, dass vorbeikommende Mitarbeiter nicht wahrnimmt..

Ein heller Punkt schimmert zur Rechten in der Ferne; er nähert sich mit Interesse und findet ein beschriebenes Papier, das einsam an der glatten Wand klebt und im Luftstrom der Absorberanlage flattert – wie das Blatt eines Baumes im unruhigen Abendwind.

In einer fließenden Handschrift sind blaue Zeilen geschichtet und füllen das Rechteck auf dem BIOTEC-SS-1-Papier. Der Widerspruch wird offensichtlich, denn der SS-1-Bogen weist die höchste Sicherungsstufe aus – geheime Gedanken richten sich an die Öffentlichkeit? Er tritt dicht an die Wand heran, tippt das unruhige Blatt mit dem Finger fest gegen die glatte Fläche und liest aufmerksam das Geschriebene:

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: QR-Codes © Michael Weisser 2017 - MikeWeisser@yahoo.de
Tag der Veröffentlichung: 08.01.2017
ISBN: 978-3-7396-9225-8

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