Michael Weisser
Interview mit
Dr. Arie Hartog
Museumsdirektor
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Always the beautiful answer /
who asks the more beautiful question?
(Edward Estlin Cummings / 1894-1962)
Der Leiter des Bildhauermuseums Gerhard-Marcks-Haus in Bremen ist nicht nur anerkannter Kunst-Experte sondern auch engagierter Vertreter einer Öffnung der Museen in die moderne Stadtgesellschaft. Zudem plädiert er dafür, Kunst mit frischen Ideen aus dem Würgegriff der öffentlichen Förderung zu befreien.
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„CrisanthemumBeauty“ 5:21
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Interview von Michael Weisser mit
Dr. Arie Hartog
Direktor des Bildhauermuseums Gerhard-Marcks-Haus, Bremen
Herr Dr. Hartog, Sie gelten als bundesweit anerkannter Kurator von Ausstellungen zur Skulptur des 20. und 21. Jahrhunderts und haben in Ihrer jetzigen Funktion »ein überregional bedeutsames und streitbares Ausstellungsprogramm für zeitgenössische Bildhauerkunst« entwickelt, so schrieb die Senatspressestelle im September 2009. Ab 1996 waren Sie Kustos am Gerhard-Marcks-Haus und wurden am 1. Oktober 2009 zum neuen Direktor des Bildhauermuseums in Bremen berufen.
MW: Worin liegt der etwas verwirrende Unterschied der beiden Bezeichnungen »Gerhard-Marcks-Haus« und »Bildhauermuseum in Bremen«, wenn es sich doch um den gleichen Ort handelt?
AH: Titel und Untertitel. Martina Rudloff, die erste Direktorin des Museums, war der Meinung, dass der Zusatz »Bildhauermuseum« wichtig ist, um zu zeigen, dass hier gerade nicht das »Haus von Gerhard Marcks« ist (er hat ja nie hier gelebt). Grundsätzlich zeigen die beiden Teile (Gerhard-Marcks-Haus und Das Bildhauermuseum im Norden) einen Spannungsbogen und ohne Spannung wäre es nie so lustig. Aber wir werden da etwas ändern.
MW: Ihnen wird zugeschrieben, dass Sie als Fachmann für Bildhauerei eine bemerkenswert »offene Auffassung von Kultur vertreten, in der Kunst und Museum zuallererst ein Angebot an jeden Menschen sind, sich individuell weiterzuentwickeln«. Wie schlägt sich diese Auffassung erfahrbar in Ihrem Museum und in Ihren darüber hinaus gehenden Aktivitäten nieder?
AH: Grundsätzlich geht es darum, dass ein Museum ein gastfreundlicher Ort sein muss. Das merkt man. Die nächste Stufe ist, dass wir vermitteln, dass es mehrere legitime und auch gleichwertige Zugänge zur Kunst gibt. »Unser« kunsthistorische Stufe ist dabei eine nachvollziehbare wissenschaftliche, aber sie ist nicht die Einzige. Auch da zeigt sich ein Spagat: wir sind Fachleute, wollen aber mit allen teilen.
MW: Könnte ihre »offene Auffassung von Kultur« mit ihrer holländischen Mentalität zu tun haben? Sie sind in Maastricht geboren, haben Kunstgeschichte in Nijmegen studiert und dort ihren Masterabschluss abgelegt, bis Sie im Alter von 33 Jahren in Bremen als Kustos zum Gerhard-Marcks-Haus gekommen sind. Sind »die Holländer« bei aller Vorsicht doch tendenziell in Sachen Kunst anders sozialisiert als »wir Deutschen«?
AH: Jein, ich denke, der größte Vorteil, den ich habe, ist, dass ich die niederländische Diskussion kenne und verstehe und daher diverse Sachen, die dort geschehen, schnell rezipiere. Auch in der Museumswelt gilt »you’re only as cool, as who you steal from« (Keith zu Mick, jeden Tag), und ich neige eher dazu, meine Vorbilder in den USA, aber auch in den Niederlanden zu suchen, wo die gesamtgesellschaftliche Funktion der Museen seit 1945 viel stärker durchdacht wurde.
Mindestens so wichtig ist Erziehung. Meine Eltern haben mich um 1970 in die Kunstvereine und Museen mitgenommen und mich mit zeitgenössischer Kunst vertraut gemacht. Mein Vater wörtlich: »Ich find’s nicht gut, aber wir finden, dass du das sehen solltest.« Zeitgenössische Kunst und das Reden darüber sind mir von Kind an vertraut.
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: © bei den Autoren
Bildmaterialien: © bei Michael Weisser - MikeWeisser@yahoo.de - 2017
Tag der Veröffentlichung: 02.01.2017
ISBN: 978-3-7396-9142-8
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