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Bluterbe



Es war einmal…beginnt so nicht jedes schöne Märchen? Ich weiß noch, als ich klein war, hat meine Mum mir immer Märchengeschichten vorgelesen, kurz vor dem zu bett gehen. Dornrösschen, Schneewittchen, die Schöne und das Biest (übrigens meine Lieblingsgeschichte!!) ich fand das Biest immer so süß. Aber zurück zum Thema, meine Geschichte ist leider alles andere als interessant, wohl eher langweilig und schon gar nicht romantisch. Ich bin 17 Jahre alt, durchschnittlich, was soviel heißt wie keine Modelfigur und auch nicht gertenschlank. Eher weich, habe blondes langes Haar. Locken, worauf ich sehr stolz bin und braune Augen, in dem Rechten befindet sich allerdings ein grüner Fleck am Rand, mein Merkmal, falls ich mal verschwinden sollte, dann bin ich daran zu erkennen. Auf jeden Fall habe ich mich heute Abend mal ganz schick gemacht. Habe meinen Minirock herausgekramt, schwarze Strumpf¬hose, Stiefel und ein dunkel grünes Oberteil angezogen, grünen Mantel an (wie ihr bemerkt habt ist grün meine Lieblingsfarbe) und dann bin ich zu meiner Freundin Mary mit dem Bus gefahren, die Strecke ist eigentlich etwas länger, aber Mum kann mich heute nicht fahren, weil sie selber auf einem Geburtstag eingeladen ist. Deswegen bin ich bis zur Bus¬haltestelle gelaufen, mit dem Bus gefahren und dann die Straße hinunter bis zu Mary.

„Tschüss ihr Beiden! Kommt gut nach Hause…ach und danke für das Geschenk noch mal!“ „Kein Problem Süße!“, antwortete Lina, meine beste Freundin. Damit machten wir uns auf den Weg nach Hause. Es ist so circa 2 Uhr nach Mitternacht. Ja ich weiß, Mädchen sollten in unserem Alter nicht alleine nach Hause gehen. Aber was soll schon in einer Kleinstadt wie dieser hier passieren? Genau! Nichts. Deswegen ist es ja auch so langweilig hier. „Also ich fand den Geburtstag eigentlich ganz schön. Es war zwar schade das fast alle Pärchen waren, aber daran lässt sich wohl nichts ändern.“ Das sagte ausgerechnet die Richtige, dachte ich so nebenbei. Lina sieht einfach bezaubernd aus, rote Haare, groß und wunder¬schöne blaue Augen. Und sie ist vergeben, das sagte sie gerade nur, weil Ben, ihr Freund, heute nicht auf die Party kommen konnte. Aber ich überhörte diese Bemerkung ge¬flissentlich. „Ach komm Lina, Ben kann doch auch nichts dafür, das er heute schon auf einem Geburtstag eingeladen war.“ Lina musterte mich kurz und nickte dann. „Sag mal, hast du deinen Prinzen schon entdeckt?“ Ich begann zu lachen, was gespenstisch von den Wänden der Häuser zurück schallte. „Nein. Habe ich nicht. Ich meine die ganzen Typen sind viel zu kindisch und außerdem ist keiner von denen nach meinem Geschmack.“ „Du müss¬test halt mal etwas aus dir heraus kommen, Gwen. Du bist viel zu schüchtern, liest zu viel und gehst viel zu selten unter Menschen. Ist doch klar, das kein Typ an dich rankommt, das lässt du ja auch nicht zu.“ Wir warteten an der Bushaltestelle. Das war mal wieder der typische Vortag von Lina. Ich solle mich öffnen, etwas verändern. Aber das wollte ich nicht, wenn ich einen Prinzen finde, dann soll der mich so lieben wie ich bin und nicht wie andere mich wollen. „Vielleicht ein anderes Mal, Lina! Der Bus kommt.“ Sie machte ein Geräusch das sich wie `Hmpf` anhörte und beförderte die Buskarte heraus. Dann stiegen wir in den Bus ein, es waren nicht viele Leute drinnen. Zwei ältere Damen, man sollte meinen, dass die um diese Uhrzeit schon im Bett sind, und ein Mann, ganz in schwarz saß im hinteren Teil uns gegenüber. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile bis Lina schließlich meinte „Guck dir den an. Der schaut die ganze Zeit zu uns herüber.“ Unauffällig riskierte ich einen Blick. Der Typ war echt gruselig. Ganz in schwarz und dazu passend ein ziemlich düsterer Blick. „Stimmt allerdings. Könnte glatt Jack the Ripper sein.“, fügte ich sarkastisch hinzu. „Hör auf Gwen ich muss jetzt aussteigen.“ Sie gab mir ein Küsschen auf die Wange und drückte auf den Stopknopf von dem Bus. „Ciao, bis morgen!“ „Bis morgen.“ Antwortete ich dumpf und musterte immer noch argwöhnisch Jack the Ripper. Der Typ war mir nicht ganz geheuer. Naja, das war ja mal wieder klar, dass ich dann unter dem Blick von so einem komischen Kauz nach Hause muss und das auch noch um dieses Uhrzeit. Mach dir nichts draus Gwen. Der hält dich wahrscheinlich auch für seltsam. Der Bus passierte noch eine Haltestelle und schließlich drückte auch ich den Stopknopf. Langsam hielt der Bus und ich stieg mit mulmi¬gem Gefühl aus. Irgendwas sagte mir, das etwas nicht stimmte. Ich hatte schon immer einen sechsten Sinn für die Zukunft. Als meine Eltern kurz vor der Scheidung standen, wurde ich krank, als meine Katze von einem Auto überfahren wurde, hatte ich schlimme Bauch¬schmerzen. Und wenn etwas Seltsames passieren sollte, machte sich das Gefühl durch ein Kribbeln bemerkbar und ich bekam Atemnot. Wie jetzt. Ganz ruhig Gwen, sagte ich mir selbst und sah Jack auch aus dem Bus aussteigen, zu meinem Pech, schlug er dieselbe Richtung ein wie ich. Ich begann laut zu atmen und ging alle Selbstverteidigungsarten durch. Was, wenn ich genauer drüber nachdachte nicht viel bringen wird, da der Typ zwei Köpfe größer war als ich. Das war nicht weiter ungewöhnlich, mit meinen 1,62 m war ich das ge¬wöhnt. Aber jetzt war es ein bisschen Angst einflössend. Der könnte mich auch ganz einfach über die Schulter werfen und wegtragen. Zu irgendeinem dunklen Ort, mich umbringen oder noch schlimmeres. Na super, jetzt ging meine Fantasie mit mir durch. Das war wieder typisch Gwen. Sich selbst mehr Angst machen als irgendwem anders. Ich schnaubte und bog von der Hauptstraße in eine dunklere Nebenstraße ab. Vielleicht folgt mir er ja auch nicht. Ich begann einen Zahn zuzulegen. Schicksal, er folgte mir und wurde auch schneller. Ich fing an zuzittern und ging noch schneller, was auf diesen Schuhen fast schon wieder unmöglich war.
(Für das nächste Mal, immer Turnschuhe dabei haben. Ob wohl es kein nächstes Mal geben wird, wenn das so weiter geht.)
Ich schaute kurz nach hinten, da ging er. Eilte mir hinterher, funkelte mich böse an. Nun bekam ich es echt mit der Angst zu tun. Und bog in eine andere Straße, das war zwar ein Umweg, aber diese Straße ist vielleicht etwas belebter.
Jaaa!! Das war sie natürlich nicht, welcher Metzger hat um diese Zeit auch schon geöffnet. Eine Träne rollte über meine Wange und ich hörte wie er aufholte, schwere Schritte auf Asphalt. Himmel, was mache ich jetzt fragte ich mich. Ich ballte meine Fäuste zusammen und geriet in eine Art Laufschritt, vielleicht war das einfach nur Zufall und dieser Typ musste in die gleiche Richtung wie ich. Natürlich, deswegen begann er auch zu rennen. Jetzt war es um mich geschehen. Verzweiflung!
Und dann kam die Lösung.
Auf der anderen Straßenseite ging ein Mann. So etwa mein Alter, zwar auch in schwarz gekleidet, aber immer noch besser als der hinter mir. Obwohl von ihm auch eine dunkle Aura ausging, stolperte ich ihm entgegen. „Marko!“ Der, auf der anderen Straßenseite blieb stehen und schaute mich verwundert an. „Ich dachte ich wäre die Einzige auf dem nach Hause weg.“ Nun stand ich vor ihm, stellte mich auf Zehenspitzen und umarmte ihn. Ganz nebenbei und zitternd vor Angst „Hilf mir! Ich werde verfolgt!“ Keine Zeit für Höflichkeiten. Er schaute mir in die Augen und grinste mir zu. Für einen Augenblick schaute ich zu Jack the Ripper, der stand an der Wand gelehnt und beobachtete mich. Ein Schauer lief meinen Rücken hinunter. „Das passt ja Schatz, würdest du so lieb sein und mich nach hause bringen?“, plapperte ich nervös drauf los und wartete auf seine Reaktion. „Natürlich Amy. Das ist echt zu spät für Alleingänge.“ Er drehte sich um und führte mich mit einer Hand an meiner Taille die Straße hinunter. „Ich danke dir sooo sehr!“ Meine Stimme bebte und meine Knie waren wie Butter, ein Wunder das ich noch gehen konnte. „Ich weiß gar nicht was ich sonst gemacht hätte. Ich hatte solche Angst und dann kam er immer näher und…ist er immer noch da?“ Ich schaute zu meinem Retter auf. Der blickte kurz zurück und nickte mir zu. „Der steht immer noch da. Keine Sorge es passiert dir nichts.“ Versuchte er mich zu trösten. „Hast du kalt?“, er musste wohl mein zittern bemerkt haben, noch eine Träne rollte meine Wange hinunter. „Nein, nein mir geht’s gut!“, log ich. Ich brach jetzt gewiss nicht in Tränen aus, es war schon erniedrigend genug, dass ich ihn um Hilfe bitten musste, einen Wildfremden. „Wo lang?“ wir standen an einer Kreuzung. „Rechts.“ Sagte ich und er führte mich immer noch an der Taille die Straße entlang. Unsere Wohnung kam endlich in Sicht. Dann standen wir vor der Haustür. Das erste Mal sah ich ihn richtig im Licht. Und, oh je, er sah umwerfend aus. Tief grüne Augen, schwarzes zum wuscheln geschaffenes Haar und ein markantes Kinn. Aber auch er war groß, und relativ muskulös gebaut, das konnte ich unter dem Mantel, den er trug, erkennen. „Ich…ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Ich danke dir.“ „Ist schon in Ordnung. Das war doch selbstverständlich. Aber ich muss jetzt gehen.“ „Ehm…ok! Ich meine was du auch willst, ich stehe in deiner Schuld und…!“ Er legte seinen Kopf schräg und ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Ich merkte wie ich ins stottern kam. „Komm einfach gut oben bei dir an, das reicht mir!“ meinte er schließlich. Ich nickte und kramte meinen Schlüssel heraus. Stieg die Stufen nach oben und schloss die Tür auf, dann drehte ich mich noch mal um „Kann ich dich nicht auf…“ doch mein Retter war schon weg. Ich schaute um die Hausecke. Nichts, außer einer leeren Straße. Schulterzuckend ging ich schnell ins Haus und schloss ab. Leise, stieg ich in die erste Etage, da ich unsere ältere Vermieterin nicht wecken wollte. Frau May war etwas schrullig, aber harmlos. Oben angekommen, schloss ich auch diese Haustür ab und schlich in mein Zimmer. Zugegeben, meine Zimmertür schloss ich auch ab. Erst dann atmete ich auf und zog mir die Schuhe aus. Ich riss mir förmlich die Klamotten vom Leib, zog meinen Pyjama an und kroch immer noch ängstlich unters Bett. Erschöpft und verspannt fiel ich in einen tiefen Schlaf.

- Die Dämmerung begann und Nebel kroch langsam herauf. Stille gesellte sich dazu. Sie fröstelte es und mit Schaudern drehte sie sich zu dem marmornen Engel um, der am Anfang des Parks stand. Sein großer Schatten reichte bis zu ihr. Sehnsüchtig betrachtete sie sein aus Stein gemeißeltes Gesicht, eine einzelne Träne verirrte sich auf ihrer schneeweißen Wange.
Verloren!
Ja, so fühlte sie sich. Kälte kroch ihre Füße empor. Der Wind säuselte leise Gedichte in ihr Ohr und liebkoste ihre bloßen Arme. Vielleicht kommt er ja gar nicht! Zweifel brachen über sie ein. Er hat es bestimmt vergessen, mich vergessen! Ihr Blick wanderte nochmals über den mit Blättern bedeckten Boden zu dem Marmorengel. Abermals lief ihr eine Träne über die Wange, sie schritt auf den Engel zu. Die Sonne versank geräuschlos am Horizont, die Nacht siegte. Eine kleine Laterne stand abseits des Parkweges, ließ bizarre Schatten erscheinen. Noch ein Schritt, noch eine Träne. Ihr wurde noch kälter, ihr Herz zog sich wie jeden Tag zusammen, peinigte ihre Gedanken. Er ist nicht mein, echote es in ihrem Kopf, und wird es auch nie sein! Sie schüttelte ihre blonden Locken. Dann…
Leise Schritte. Sie blieb stehen. Starke Arme legten sich um sie, um ihr Herz. Er war doch gekommen, hatte sie nicht vergessen.
Ihr dunkler Engel.
Sie drehte sich zu ihm um und legte ebenfalls ihre Arme um seinen Nacken. Drückte ihn an sich. Wortlos, den Worte waren überflüssig, küsste er ihr, die noch nicht getrockneten Tränen, von ihrer Wange weg. Sie seufzte auf, suchte seine Lippen und erwiderte den Kuss. Vielleicht könnte doch noch alles gut werden?
Auch wenn sie, wie die Morgenröte hell, und er so dunkel wie die Nach,t war. –



Ein Sonnenstrahl, der durch meine grünen Vorhänge kam und auf mein Gesicht fiel, weckte mich. Langsam, trat ich in die Realität zurück und betrachtete meine Decke, mit den schön gearbeiteten Stuckarbeiten. Dieser Traum war schön gewesen. Auch wenn er nicht ganz logisch war, was ist bitte ein dunkler Engel? Ich hatte keine Ahnung, aber auch egal…es war mein Traummann gewesen, sollte er doch sein was er will. Hauptsache er liebt mich. Schade, dass es nur ein Traum gewesen war. Und mit diesem Gedanken schwang ich die Beine über das Bett, stand auf und kippte zurück aufs Bett. Ich sah Sternchen. Das hatte ich schon mal öfters, meine Balance war nicht die Beste. Ich bekam öfters Schwächeanfälle in Sport oder wenn ich krank wurde. Ich bin aber auch berüchtigt über meine eigenen Füße zustolpern. Ziemlich peinlich wenn das in der Schule oder an anderen öffentlichen Plätzen passiert. Beim nächsten Anlauf aufzustehen klappte es schließlich und ich tappte zu meiner Zimmertür, wunderte mich aber, dass diese nicht aufging. Dann kam die Erinnerung, ich hatte sie ja abgeschlossen. Schnell schloss ich sie auf und ging den kleinen hellgrünen Flur mit der weißen Kommode zur Küche entlang. Unsere Küche ist apricot Farben gestrichen, mit weiß getünchten Schränken und einem kleinen gelben Kühlschrank, auf dem tausende Fotos von Mum und mir kleben. Gegenüber vom Herd befindet sich der runde Esstisch und die älteren Stühle zum sitzen. Auf einem davon saß meine Mum und hielt ihren Kopf fest. „Morgen.“ Murmelte ich und öffnete einen Wandschrank, holte zwei rosenbedruckte Tassen heraus (wir hatten eine Faible für alles britische, auch wenn es kitschig war). Meine Mum antwortete mit einem komischen Laut und ließ ihre Stirn auf den Tisch knallen. Währenddessen schüttete ich Milch in die Tassen, fügte Kakaopulver hinzu und stellte sie in die Mikrowelle. Danach setzte ich mich gegenüber, von dem Katergeplagtenwesen. „Mum, wie war der Geburtstag gestern?“ Sie hob leicht den Kopf und funkelte mich böse an. „Super! Der einzige Nachteil war, dass es zu viel zum trinken gab. Punsch!“ Damit ließ sie auch schon wieder ihren Kopf fallen. Die Mikrowelle begann zu piepsen und ich stand auf um den Kakao herauszuholen. Ich würzte ihn mit etwas Zimt und stellte eine Tasse vor meine Mum, über die andere machte ich mich her. „Mmh wie das duftet!“ ihre Lebensgeister schienen sich wohl zu regnen. Ihr müsst wissen, das meine Mum und ich Kakao mit Zimt lieben, Kaffee gab es bei uns nie. Nur heiße Schokolade. Zaghaft nippte sie an dem heißen Getränk und schaute mich an. „Wie war den bei dir die Party gestern? Besser als meine hoffe ich.“ Sagte sie. Ich überlegte kurz „Im großen und ganzen bestimmt. Mary hatte viele Leute eingeladen, die meisten kannte ich. Es waren viele Pärchen da, leider. Aber sonst war der Abend schön, bis auf…“ ich stockte. Sollte ich ihr von dem Mann erzählen? Sie musste sich doch nicht auch noch mit meinen Ängsten herum plagen, wenn sie schon Kopfschmerzen hatte. Aber mit ihr redete ich nun mal über alles. Wir waren wie beste Freundinnen, nur mit größerem Altersunterschied. Außerdem hatte sie schon genügend Probleme mit Männern, besonders mit einem, gehabt. „Bis auf was?“ „Ehm…“ sollte ich nun oder nicht? „Gwen?!“ da schwang schon ein komischer Unterton mit. Ich nippte noch mal zur Stärkung an meiner Schokolade und holte tief Luft „Naja, als ich aus dem Bus, auf dem Weg nach Hause ausstieg. Bin ich von einem Mann verfolgt worden. Am Anfang dachte ich mir nichts dabei, als ich dann aber zu laufen begann, lief der mit hinter her.“ Sie schaute mich ungläubig an. „Bitte was?“ Ich sagte doch, zuviel an einem Morgen war nicht gut. „Aber mir ist ja nichts passiert.“ Beschwichtige ich „Da war so ein junger Mann und der hat mich dann, ich bat ihn darum, nach Hause gebracht.“ So, jetzt war es raus.
Nichts.
Sie starrte mich nur an, ihre Stirn umwölkte sich immer mehr. Mein Kakao war leer. Ich stand auf und machte mir, immer noch auf eine Antwort wartend, eine Schüssel Müsli. Plötzlich stand sie auf, verschüttete ihren Kakao auf Boden und Tisch und stürmte in ihr Schlafzimmer. Verwundert blickte ich ihr hinter her. „Mum?“ rief ich ihr nach. Das Müsli war vergessen, ich lief ihr hinterher. Sie stand fast gänzlich in ihrem Kleiderschrank und schmiss mit Sachen um sich. Murrend stolperte sie dann unter das Bett und machte ein Holzbodenbrett ab. „Was machst du denn da? Das ist unser Boden? Mum!!“ sie überhörte mich einfach. „Viel zu früh, zu früh!“ „Was ist zu früh?“ versuchte ich es erneut. Mit wirrem Haaren und einem Blick den ich gar nicht beschreiben kann, sah sie mir in die Augen und eine Träne rollte ihr die Wange runter. „Was ist los?“ neben ihr kniend saß ich nun auch vor ihrem großen unordentlichem Bett. „Es tut mir so Leid, Gwen. Gwendolyn!!“ Jetzt wisst ihr auch meinen richtigen Namen, ich heiße Gwendolyn Evans. Deswegen auch die Faible für alles Britische, wir stammen von den Kelten ab. Cool oder? Ich war schon immer begeistert von Feen und solchen Sagen, nur find ich Gwen trotzdem schöner als Gwendolyn, auch wenn es der Name einer keltischen Mondgöttin war. Verstehe einer meine Mum wie sie auf diese Namensgebung kam. „Ich kann dir nicht folgen.“ „Du bist noch keine 18! Warum jetzt?“ „Ja, ich wäre auch schon gern Volljährig. Mum, reiß dich zusammen, erzähl mir gefälligst was los ist.“ Sarkasmus half bald auch nichts mehr. „Nun gut…geh schon mal ins Wohnzimmer vor, ich komm gleich nach.“ „Ohne Tricks?“ Sie nickte. Ich stand also auf und schritt in unser gemütliches Wohnzimmer. Gelb gestrichene Wände und eine blumengemusterte weiße Couch, samt kleinem Couchtisch waren dort. Ein kleiner Fernseher stand in einer und an der anderen Wand ein großes mit Büchern voll gestopftes Regal. Pastellfarbene Bilder zierten die Wände zusätzlich. Nervös ließ ich mich auf die Couch fallen und wartete auf meine übergeschnappte Mum. Kommen wir noch mal zu Namen zurück. Ihr Name lautet Aurora Evans. Der Name bedeutet Morgenröte. Vielleicht hat sie ja gedacht, dass ihr Kind auch so einen ausgefallenen Namen bräuchte, wie sie.
Endlich kam sie mit einer rechteckigen schön verzierten alten Kiste herein und ließ sich mir gegenüber auf den alten Sessel fallen. „Hier, öffne sie!“ sie reichte mir die Kiste und blickte aus dem Fenster. Vorsichtig öffnete ich die schwere Kiste. Ein samtener Beutel und ein Buch befanden sich darin. Ich beschloss als erstes den Beutel zu erkunden. So löste ich nun das Band und heraus kam ein zartes goldenes Kettchen, an dem ein einzelnes kleines goldenes Ahornblatt dran war. „Das ist ja wunderschön, Mum! So eins hast du doch auch, nur mit einem Eichenblatt.“ Wenn es eins war womit ich mich auskannte, dann war es mit der Natur und mit Geschichte. Sie nickte „Es gehört dir Schatz! Nun das Buch.“ Ehrfürchtig öffnete ich das alt aussehende Buch. Die Seiten waren vergilbt, hier und da waren Bilder, alles war per Hand geschrieben worden. Aber von verschieden Personen. Verschnörkelte und hastige Schriften befanden sich darin. Fragend schaute ich sie an. „Du hast mir doch erzählt, dass du manchmal so ein seltsames Gefühl hast wenn etwas Schlimmes bevorsteht. Das du manchmal etwas träumst und das am nächsten Tag passiert.“ Zustimmend schüttelte ich den Kopf. Das stimmte alles. „Nun das habe ich auch. Nur etwas ausgeprägter. Erlernter.“ Moment habe ich da gerade erlernt gehört? „Wie meinst du das?“ „OK, ich sag es die jetzt kurz und knapp und dann werden wir ja sehen wie du da drauf reagieren wirst.“ Sie holte tief Luft „Wir haben das zweite Gesicht.“
Pause.
Irgendwie hatte ich sie nicht ganz verstanden. „Wir haben was?“ Sie schaute auf ihre Füße, betreten. „Wir haben das zweite Gesicht. Wir stammen von einem uralten weisen Geschlecht ab. Früher lebten unsere Vorfahren in Irland. Sie haben den Dörfern in denen sie lebten Kriege, Unglücke und Hungersnöte vorgesagt. Irgendwann verbreitete sich allerdings der katholische Glaube. Man verjagte, verbrannte, folterte uns. Nur weil wir anders waren.“, meine Mum machte eine kurze Pause.
„Dann beschlossen unsere Vorfahren auszuwandern, in ein anderes Land. Auf der anderen Seite der keltischen See. Deutschland! Dort hielten sie sich versteckt. Das heißt, die Gabe ging nicht verloren, sie praktizierten weiter, aber geheim.“ Was?? Habe ich gerade richtig verstanden? Ich wusste schon immer, dass ich nicht ganz normal war, aber das überstieg bei weitem meine Vorstellungskraft. Irgendwie, ich weiß nicht ob das nicht fragwürdig war, fand ich diesen Gedanken, sozusagen hexen zu können, gut. Ja, ich war sogar begeistert! „Das ist dein voller Ernst?“ hakte ich vorsichtig nach. Ich weiß ja nicht was meine verrückte Mum erwartet hatte, hätte ich sie vielleicht anschreien sollen? Auf jeden Fall schaute sie ziemlich verwirrt. „Ja!“ sagte sie vorsichtig. Vor lauter Freude sprang ich in die Luft. „Yeah! Das ist klasse! Oh man, warum hast du mir das erst jetzt gesagt? Ich hätte in eine Hexenschule gehen können oder…keine Ahnung, aber vieles wäre anders verlaufen!“ Vergessen war die Angst von gestern, ich tanzte um das Sofa herum und sang vor mich her. Stopp!
Irgendwas stimmte hier nicht.
„Wo ist der Hacken?“, ich verschränkte die Arme vor der Brust und schaute auf Aurora. „Naja, so direkt gibt es keinen Hacken. Du hättest dein Erbe von mir am 18. Geburtstag gezeigt bekommen. Wenn alles normal verlaufen wäre.“ „Ist es aber nicht.“ Dies war keine Frage sondern eine Feststellung gewesen. „Nein. Seit heute. Du hast mir von diesem Mann berichtet. Und jetzt muss ich Vorkehrungen treffen.“ Kraftlos ließ ich mich wieder neben ihr nieder. „Wieso?“ zwar eine plumpe Frage, aber ziemlich berechtigt findet ihr nicht? „Hättest du nicht gestern Hilfe bekommen, dann säßest du jetzt gewiss nicht hier. Er war von der dunklen Seite. Du wärst mit Sicherheit entführt worden und dann…“ laut schniefte sie und betrachtete mich mit voller Sorge, „Ich hätte dich nie wieder gesehen.“ „Noch mal, was hat das mit der Gabe zu tun?“ „Lese das Buch und du weißt bescheit!“, damit stand sie auf und ging in die Küche. „Mum, so geht das nicht. Du kannst nicht ganz einfach etwas sagen und mich damit alleine stehen…ehm, sitzen lassen!“ Abrupt drehte sie sich um „Gwen, lass mir Luft zum Atmen. Gebe mir eine Stunde zeit und dann treffen wir uns wieder genau hier. Ok?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie aus der Haustür.
Genau, sie hatte noch ihren Pyjama an, keine Jacke dabei und war in Hauspantoffeln.
„Der Frau ist nicht mehr zu helfen.“ Murmelte ich wütend und trampelte in mein Zimmer. Dort knallte ich die Tür zu und bemerkte, dass ich immer noch das Buch und die Kette in der Hand hielt. Ich ließ sie aus meiner Hand gleiten und öffnete die Vorhänge, genauso verfuhr ich mit dem Fenster. Eine frische Brise wehte herein und vertrieb den Geruch der Nacht. Ohne große Lust räumte ich mein Zimmer auf, Klamotten in den Schrank, Bücher ins Regal. Ja, ich machte sogar mein Bett. Erst dann wandte ich mich den beiden Unheil bringenden Gegenständen zu. Ok, die Kette gefiel mir echt. Ich legte sie um und fühlte mich sogleich etwas besser. Nun drehte ich mich dem Buch zu. Die Vorderseite war aufwändig verziert, in Leder gestampfte Buchstaben und zwei Baumblätter waren auch zusehen. `Das Buch der Morgendämmerung` war zu lesen. So setzte ich mich also auf das Bett und begann zu lesen.
Das Vorwort war schon beeindruckend:

Auf das Hexenrecht wirst du bauen in wahrhaftiger Liebe und echtem Vertrauen. - Leb und lass andere leben, sei mäßig beim Geben und mäßig beim Nehmen. - Zieh den Kreis dreimal aus und halte alles Böse raus. - Die Sprüche werden wirksam sein, wenn sie geschmiedet sind im Reim. - Die Augen sanft, die Berührung zart, zuhören vor reden sei deine Art. - Wächst der Mond geh sonnenwendig, tanz und sing das Pentakel lebendig. - Doch heult der Wolf beim blauen Eisenkraut, dann geh der Sonne entgegen, denn der Mond wird abgebaut. - Wenn der Göttin Mond in neuem Stand, küss dann zweimal ihre Hand. - Acht den Vollmond, sei bereit, für Sehnsucht im Herzen ists die rechte Zeit. - Lässt der mächtige Nordwind sich spüren, dann streich die Segel und schließ alle Türen. - Der Wind aus Süden bringt Herzen zum glühen, auch du kannst mit ihm in Leben erblühen. - Neuigkeiten wird der Ostwind entschleiern, erwarte und bereite dich vor aufs feiern. - Hat der Wind aus Westen zu befehlen, unruhig sind dann die wandernden Seelen. - Neun Hölzer sind für den Kessel gut, brenn sie schnell mit sanfter Glut. - Der Baum der Göttin ist weise und alt, schade ihm und ihr Fluch sei dein Gehalt. - Erreicht das Jahr Walpurgisnacht, brenne ihr Feuer in voller Pracht. - Ist das Rad bei Jul arriviert, zünde die Fackeln und Pan regiert. - Alle Pflanzen sollst du hegen, denn das bringt der Göttin Segen. - Die murmelnden Gewässer sind dein Gewissen, wirf einen Stein und du wirst es wissen. - In deiner Not wirst du dich bewehren und niemals den Besitz deiner Nächsten begehren. - Lass dich nicht mit den Toren ein, denn sie bringen dich in falschen Schein. - Empfangen und Abschied mit Wärme gemacht, dein Herz wird zum glücklichen Glühen gebracht. - Das Dreifachgesetz sei dein leitender Faden, dreimal bringts Glück und dreimal den Schaden. - Wenn Missgeschick regiert dunkle Tage, auf deiner Stirn einen Stern dann trage. - Die die dich lieben wirst du niemals betrügen, sonst werden sie auch dich belügen. - Zum Schluss noch Acht Worte und da gilts: "Und schadet es niemand, tue was du willst!!!“
(– Übersetzung des englischen Originals der Wiccan Rede von Doreen Valiente)



Von dem Wicca - Kult hatte ich schon mal gehört, oder eher gesagt gelesen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass meine Mum eine Wicca ist. Oder das so was überhaupt echt ist und…oh je. Das war zu viel. Deswegen schlug ich das Buch wieder zu und durchschritt mein Hellrosa gestrichenes Zimmer. Mein Doppelbett stand genau neben dem Fenster, das wiederum neben meinem überfüllten Schreibtisch war. Außerdem gab es dann noch ein riesiges Bücherregal, das auch nur von denen ausgefüllt war. Der CD-Player war auf einem kleinen Sideboard, das wiederum neben der Tür stand, durch die ich nun in das Badezimmer ging. Gedankenverloren duschte ich schnell, wusch mir die Haare, föhnte sie, nahm das Buch aus meinem Zimmer und wartete im Wohnzimmer auf meine schusselige Mum. Ein paar Minuten verstrichen ehe die besagte Person auch schon mit geröteten Wangen wieder in unserer Wohnung auftauchte. „Ich komme sofort.“ Gelangweilt nickte ich, dass war mir schon fast wieder zuviel Theater um, wahrscheinlich, ziemlich wenig. Wie hieß doch sogleich das Theaterstück von Shakespeare? Ach ja, `Viel Lärm um nichts`. So in etwa fühlte ich mich. Mum kam aufgeregt und mit in falten gezogener Stirn herein und setzte sich auf den Sessel mir gegenüber. „Ok, die Sache ist beschlossen.“, begann sie „Carry und ich haben entschieden, dass du früher in den Zirkel aufgenommen wirst, als es normal ist. So verlangen es jetzt die Zeiten.“ „Ah ja, erstens was ist ein Zirkel, zweitens welche Zeiten und drittens…wer ist Carry?“ fragte ich nun, ich bin eigentlich nicht blöd. Ich bin sogar recht gut in der Schule (Notendurchschnitt von 1,8), aber das war mir etwas zu hoch.
„Carry ist unsere Vermieterin Frau May! Ein Zirkel ist ein Zusammenschluss von mehreren Wicca, Hexen wie du es auch immer bezeichnen willst. Man kann es auch Coven nennen. Naja, bitte ich werde es dir alles noch mal genau erklären, aber glaube mir!“, flehte sie mich an. Hilflos nickte ich und versuchte mich auf das zu konzentrieren was sie mir jetzt sagte. „Die kalten Wesen, oder auch Vampire in diesem Bezirk stehen vor der Wahl eines neuen Königs.“ Ich riss meine Augen auf „Vampire?“ „Ja, der letzte ist tot, frag mich nicht warum, das versteh ich auch nicht. Aber sie suchen nun einen Neuen. Und dazu brauchen sie uns, die weisen Frauen mit dem zweiten Gesicht. Wir können die Zukunft voraussehen. Sagen wer der Beste Anführer sein wird. Doch nicht ohne eine Bedingung.“ Ich begann zulachen…oh man. Und das alles an einem Samstagmorgen.
„Und die wäre? Sie müssen uns danach umbringen, oder vielleicht doch eher opfern?“ Aurora legte ihren Kopf schräg. „Ja, sie müssen uns dann opfern.“
Schluck. Ich sag nichts mehr. „Sorry, aber ich brauch jetzt noch einen Kakao.“ Damit stand ich auf und machte in der Küche einen Kakao. Ich meine, die will doch jetzt nicht ernsthaft von mir verlangen, dass ich das alles glaube. Sie hat es mir schließlich ganze 17 Jahre verheimlicht. Natürlich folgte sie mir. „Gwen glaube mir, es ist jetzt ziemlich gefährlich. Vor allem da du schon einen Jäger gesehen hast. Und, noch wichtiger, er dich!“
„Mum, ist gut jetzt! Das war wahrscheinlich ein ganz normaler Pädophiler Mistkerl!“ Normal sind die eigentlich gar nicht, aber wie sollte ich das sonst erklären?
„So glaube mir doch du bist in Gefahr!“ Wütend drehte ich mich zu ihr um „Was, wieso denn ich?“ „Du bist die Einzige von uns, die noch nicht in den Coven eingetreten ist.“
„Und wie viele seid ihr bis jetzt?“ Verlegen schaute sie auf den Boden
„Zwei!“ Schon prustete ich los, meine Stimmungsschwankungen heute, waren aber auch gefährlich. Der Kakao war fertig. „Ich weiß nicht wie ich es dir anders erklären soll.“
„Und das soll ich dir jetzt glauben?“ Verzweifelt sah sie mich an. „Pass auf.“ Sprach sie nur. Kurz verschwand sie und holte eine weiße Kerze. Diese stellte sie in die Mitte des Küchentisches. Erwartungsvoll beobachtete ich, wie sie sich vor die Kerze hinhockte und ganz sachte begann zu pusten. Eine Weile geschah nichts, doch plötzlich wo vorher nur der Docht war, war jetzt eine Flamme zu sehen.
Unglaublich!
Dann wurde alles schwarz.

„Gwen? Hey, alles ok? Himmel, du bist einfach umgekippt.“ Erst öffnete ich ein Auge, über mir stand meine Mum, dann kam das zweite dran. Soviel zu meinen Schwächeanfällen.
„Ich wusste ja nicht, dass du so empfindlich bist. Ich wollte dir doch nur beweisen, dass das was ich sage stimmt!“ beteuerte sie. „Oh ja. Das hast du.“ War das Einzige was ich hervor bringen konnte. Mein Mund war trocken und ich hatte Kopfschmerzen. Aber das war jetzt Nebensache, meine Mum war eine Hexe! Zaghaft stand ich auf und setzte mich dann auf den Küchentisch. Die Kerze brannte immer noch, der Kakao war jedoch weggewischt und die Scherben waren verschwunden. Meine Mum setzte sich an die andere Seite des Tisches und schaute mich mit ihren grauen Augen besorgt an. „Mir geht es gut, ehrlich. Aber jetzt bitte ich dich alles genau zu erzählen. Ohne Pause, Zaubertrick oder sonst was ok?“ Beklommen nickte sie und begann, wie erwünscht ganz am Anfang. „Als ich 18 wurde, hat meine Mum mir von ihrer Gabe erzählt und mir beigebracht wie ich meine Gabe kontrolliere, beherrsche. So betrat ich den damaligen Coven und wurde eine, naja Wicca ist nicht ganz richtig. Ich verehre weder Freya, die Fruchtbarkeitsgöttin, noch Odin oder Brigid. In dem Coven in dem ich damals war, feierten wir lediglich die Licht und Sonnenfeste, wie z.B. Samhain, Beltane oder Jul. Praktizierten und verbesserten unsere Gaben. Manche konnten wie ich, und du, in die Zukunft sehen, andere konnten Wasser bändigen. Aber wir versuchten immer uns im geheimen aufzuhalten. Es gibt schließlich auch andere…magische Wesen.“ Sie machte eine Pause. „Wie Vampire?“ drängte ich ungeduldig. „Genau. Als der damalige Anführer, ein König ist es nicht ganz, starb suchte man eine Frau mit zweitem Gesicht, sie musste relativ jung sein. Sie wäre dann dafür zuständig gewesen den neuen Anführer herauszusuchen. Das tat sie in dem sie jeden der Kandidaten über dem Herz berührte und in seine Zukunft, seine Seele blickte. Derjenige der ihr am stärksten erschien, wurde der neue Anführer. Aber damit war sie nicht frei. Der Vampir musste sie dann opfern, eine reine Seele, um an die Macht zugelangen und um den Respekt der anderen zu erlangen.“
Wie barbarisch.
Aber auch faszinierend.
Natürlich nicht das Morden, sondern das Wissen das es auch wirkliche magische Wesen gab. „Leider lernte ich so mit 24 Jim kennen und lieben. Wir lebten zusammen und dann kamst du. Alles war in Ordnung, wären da nicht so viele Geheimnisse um mich gewesen. Ich führte ja das geheime Leben als Wicca. Mit uns beiden hatte es nicht mehr so geklappt wie es sollte, dann verlor er seinen Job und wandte sich auch noch dem Alkohol zu. Eine Depression bahnte sich ihren Weg und er begann mit Gewalt hier seine Macht zu demonstrieren. An dem Tag an dem wir flüchteten hat mir Carry sehr stark geholfen ein neues Leben aufzubauen. Jim verfolgte und bedrohte uns allerdings noch. Das war natürlich eine Gefahr für mich und vor allem für dich und so erklärte sich Carry bereit, sich mit uns geheim zusammen zu tun und nach hier zu ziehen. Ende der Geschichte.“
Mir fehlten die Worte. So war das alles also gewesen mit Jim. Aber etwas Unlogisches war da schon noch an der Vampirgeschichte. „Ich dachte Vampire ernähren sich von Blut?“ Aurora lächelte „Das tun sie auch. Aber weißt du, sie haben so genannte Blutbanken, jeder Vampirclan hat seine eigenen Reservevorräte. Klar, er trinkt auch von Menschen, dass bedeutet aber nicht gleich den Tod für ihn. Es kommt immer darauf an ob ein Vampir guten Willens ist oder nicht. Genaueres kann ich dir leider auch nicht sagen. Ich kenne keinen persönlich und will es auch nicht.“ Das war ganz schön viel auf einmal.
„Ok. Ehm ich glaube im Moment hast du mir alle Fragen beantwortet. Aber warum hast du mir nie gesagt das du mit Carry befreundet bist, ach ja und was für eine Gabe habe ich. Und wofür steht das Blattkettchen?“ es waren dann wohl doch ein paar mehr Fragen.
„Von wegen keine Fragen mehr. Carry und ich hielten es so für das Beste. Das Kettchen steht dafür, das wir immer mit Mutter Natur in Verbindung stehen und deine Gabe…tja das wird sich wohl noch herausstellen.“ Sie stand auf und ging in die Küche, kam aber dann mit der Kerze wieder zurück. „Ich kann nur soviel sagen, und zwar das ich das Feuer gut bändigen kann. Du scheinst unbewusst in die Zukunft schauen zu können und bemerkst rechtzeitig wenn du in Gefahr bist, oder was Unerwartetes passieren wird. Sozusagen die perfekte Kandidatin für die Vampire. Deswegen bitte ich dich eindringlich nicht mehr alleine nach Hause zu kommen, aufzupassen wenn du unterwegs bist und niemals einem Fremden zu trauen. Ist das klar, Gwendolyn?“ Schnell nickte ich. „Gut, dann werde ich schnell Essen kochen und du liest solange das Buch.“ Das schien dann wohl das Schlusswort gewesen zu sein. Sie verschwand in der Küche und ich zog mich in mein frisch gelüftetes Zimmer zurück um zu lesen.
Der Begriff 'Wicca' entstammt ursprünglich dem angelsächsischen und bedeutet Wahrsager (die weibliche Form ist 'Wicce'), das englische allgemeine Wort 'Witch' im Sinne von „Hexe/Hexer“ leitet sich von Wicce/Wicca ab.
Die traditionellen Wicca-Anhänger schließen sich üblicherweise einem Konvent oder Coven (englisch für Hexenzirkel) an, einem Arbeits- und Anbetungskreis, eine Organisationsform die auf den schottischen Hexenglauben zurückgeht.

Gut das man das alles noch mal nachlesen konnte. Trotzdem brauchte ich noch etwas Zeit um das Alles zu verarbeiten.

Wicca glauben daran, dass alles in Wahrheit eine Einheit ist und miteinander verbunden ist. Sie verehren die Natur als heilig, da sie eins ist mit dem göttlichen Urgrund und dem Menschen in körperlicher und geistiger Hinsicht Kraft spendet.

Das erklärte wiederum den Anhänger. Was ich allerdings auch sehr interessant fand, war das es verschiedene Arten von Wicca - Kulten gab. Zum Beispiel :

FaeryWicca:
Bezeichnet eine Tradition, die einen Schwerpunkt auf die Arbeit mit Feen und anderen Naturgeistern legt. Formal ist Faery - Wicca auch mit Celtic Wicca eng verwandt und leitet ihren Glauben von dem mythischen, irischen Feen - Volk der Thuata de Danaan ab.

CelticWicca:
Variante des Keltischen Neopaganismus bei der unter praktischen Bezug auf Wicca - Rituale und Philosophie auf keltische, hauptsächlich irische und walisische Symbolismen zurückgegriffen wird. Im Mittelpunkt stehen hier häufig die Göttinnen Ceridwen oder Brigid und die Götter Cernunnos und Lugh. Im Gegensatz zu den meisten Wicca - Traditionen gilt im Celtic Wicca häufig der Mond als männlicher und die Sonne als weiblicher Aspekt des Göttlichen.



Wir waren dann wahrscheinlich so eine Art zwischen Ding. Soll ich mal ehrlich sein, auch wenn ich 17 bin, habe ich doch immer gehofft, dass es magisches Leben auf dieser Welt gibt. Wer hat denn bitte nicht von Harry Potter geträumt?!
Eben.
Träume können halt doch wahr werden. „Gwen, kommst du bitte essen?“ „Ja Mum ich komme sofort.“ Ich legte das Buch weg und kam zu meiner Mum in die Küche. Es gab chinesisch. Was meine Mum immer super lecker herrichtete. Als ich mir genug auf den Teller geschöpft hatte, betrachtete meine Mum mich kritisch „Wer war doch gleich dein Retter?“ „Ich hab gar nichts über ihn gesagt.“ Dabei hob ich die Gabel zum Mund. „Kanntest du ihn denn?“ Zum Essen kam ich anscheinend nicht wirklich.
„Nein ich kannte ihn nicht. Aber er sah verdammt gut aus. Groß, gut gebaut, grüne Augen, verstehst du.“ Ich zwinkerte einmal und schob mir das Essen in den Mund. Lecker! „Name?“ Schon wieder eine Unterbrechung. „Keine Ahnung, ich wollte ihn gerade auf einen Kaffee einladen, da war er auch schon weg.“ „Schade.“
Hmm…jetzt wo sie es erwähnte, fand ich es allerdings auch schade. So einen Typen ließ man normalerweise nicht einfach laufen. Man fing ihn wie einen Fisch und zog ihn in den Hafen, namens Beziehung. Oder so ähnlich.
Wenn man es genau nimmt, weiß ich gar nicht mal genau wie man so was macht, seit zwei Jahren bin ich nun schon solo. Mit 15 hatte ich meinen ersten Kuss und meinen letzten Freund. Doppelt so schade! „Vielleicht sehe ich ihn ja noch mal in einer Disco oder so. So groß ist hier die Stadt auch wieder nicht, ne?!“ Sie nickte und nahm noch eine zweite Portion. Meine Mum und ich hielten eindeutig nichts von hungern. Wir leben nach dem Moto `Wenn es dich juckt dann kratz dich, wenn du Hunger hast, dann iss was` Halten also nicht viel von Diäten. Gut das es nur so was wie ein Gewissen gab.
Der Sonntag verging wie im Flug und der Montagmorgen auch. Nach der Schule stieg ich mit Lina in den Bus ein und wir besprachen was wir den am Wochenende machen könnten. „Ich bin dafür, dass wir den neuen Club mal ausprobieren könnten. Den Rest kennen wir doch schon, da laufen eh nur Bäume rum.“ (Das war ein Insider von uns beiden. Als Bäume bezeichnen wir Menschen die so dumm wie Holz sind.)
Skeptisch schaute ich aus dem Fenster. Die Landschaft raste an uns vorbei, noch ein kleiner Ort und ich müsste aussteigen. „Abendrot hieß der doch oder nicht?“ „Ja. Da kommen wir sogar mit dem Bus hin. Praktisch oder nicht?“ „Na gut.“ Ich ließ mich mal wieder von ihr überreden „Gehen wir halt mal dahin. Was ist das für einer?“
Lina dachte kurz nach „Ich hab gehört, dass da so alles läuft. Hip - Hop, R ´ n ´ B und anderes.“ Hörte sich zumindest ganz vernünftig an. „Ok, können wir ja noch mal besprechen. Ich muss aussteigen.“ Küsschen. „Ciao.“
Der Bordstein war mal wieder weiter weg gewesen als ich dachte und ich taumelte auf die Straße. Schnell blickte ich mich um und bekam gerade noch mit wie Lina sich das Lachen verkniff. „Hmpf.“ War ja wieder typisch. So ging ich Gedankenversunken die Straße entlang, bis mir auffiel das dies ja der gleiche Weg wie an dem Abend, an dem ich verfolgt wurde. Ein mulmiges Gefühl überkam mich, ich schaute mich um. Jetzt sehe ich schon Gespenster am helllichten Tag. Schüttelnd bog ich nun in unsere Straße ein und sah wie Frau May, Carry, sich mit einer großen Truhe abmühte. Schnaufend lief ich ihr entgegen. „Frau May, kann ich ihnen helfen?“ rief ich ihr entgegen. Sie schaute auf „Oh ja, Gwen. Das wäre sehr nett.“ Die Truhe war ziemlich schwer, aber gemeinsam schafften wir es, sie in das Wohnzimmer von Frau May zu stellen. „Danke. Ach nenn mich doch Carry ja! Jetzt wo du doch zum Coven gehörst.“ Lächelnd nickte ich
„Nun ja noch ganz gehöre ich ja noch nicht dazu.“ Sie winkte ab „Ach die paar Tage. Und wie fühlst du dich so? Das war ja ziemlich hektisch am Samstag nicht?“ Gute Frage, wie fühlte ich mich. Das war das gleiche, wie wenn man auf einmal sechzehn wird und einen Personalausweis bekommt. Erwachsener fühlt man sich wegen diesem Papier nun auch nicht. „Ich weiß nicht genau. Es ist schon irgendwie aufregend und besorgniserregend zugleich. Ich hätte nur nie gedacht das es so was wirklich gibt!“ gab ich dann zu.
„Ja, das konnte ich auch nicht richtig glauben. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“ Damit ging sie in die helle Küche „Möchtest du Kekse oder was zu trinken haben?“ bot Carry an. „Ja gerne! Kekse wären jetzt super.“ Antwortete ich folgend, „Darf ich dich was fragen?“ „Sicher.“
„Was besitzt du für eine Gabe?“ Grinsend stellte sie das Gebäck auf den Tisch „Nun“ begann sie „Ich kann ziemlich gut mit Kräutern umgehen.“ Sie wies auf das Küchenregal, das mit Kräutern und Mörsern überladen war, „Außerdem kann ich magische Wesen sehen, auch wenn sie sich versuchen zu verbergen.“ Interessiert riss ich die Augen auf, „Wow, so weißt du ja direkt ob du in Gefahr bist oder nicht.“ Nickend stimmte sie dem zu und setzte sich. „Aber mit dem Alter will man mit dem ganzen Kram fast nichts mehr zu tun haben. Nach einer Weile ist es doch ziemlich anstrengend. Man wird schneller Müde und erschöpft.“ Das konnte ich mir gut vorstellen, man will doch gerade dann sein Leben zufrieden genießen und keinen Ärger mehr am Hals haben. Auch wenn sie passender weise der Inbegriff eines Kräuterweibes war. Mit dem grauen Dutt und den vielen Lachfältchen sah sie ziemlich danach aus. „Wenn ich dir helfen kann, sage nur bescheit!“
„Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Ich bräuchte nämlich eigentlich neue frische Kräuter.“ War ja klar, alte Leutchen und ihre Logik.
„Wo soll ich sie kaufen?“ Darauf lachte sie „Kaufen?“ schnappte sie nach Luft „Nein, nein Liebchen. Pflücken. Ganz hier in der Nähe gibt es eine Wiese, auf der wachsen Kräuter. Das bücken ist anstrengend für mich. Vielleicht könntest du sie ja…“ ließ sie offen. Ich und meine Hilfsbereitschaft. Warum hat meine Mum mich bloß so sozial erzogen?
„Natürlich.“ Setzte ich schnell hinter her, „Gleich nach den Hausaufgaben mache ich das. Schreibe einfach eine Liste, plus Beschreibung der Pflanzen und des Weges.“ „Gut, gut. Dann bis Gleich.“ Das war dann wohl der inoffizielle Rauswurf, schnell schnappte ich mir einen Keks, verabschiedete mich und ging hoch in unsere Wohnung. Seufzend hing ich meine Jacke auf und ging in mein Zimmer um die Aufgaben zu machen. Aurora war noch nicht da, da sie als Sekretärin bei einem Gericht hier in der Nähe war, machte sie an manchen Tagen überstunden, wie heute. So erledigte ich sorgfältig meine Aufgaben und lernte anschließend noch etwas Englisch Vokabeln. Danach aß ich noch einen Apfel und eine Banane (wie war das mit dem Gewissen, was das Essen betraf?) und zog mir auch schon eine braune Nickijacke und meine normalen Schuhe an. Wie es aussah würde ich wohl mit dem Fahrrad zu dieser Wiese fahren müssen, naja egal. Trampelnd ging ich die Treppe runter und klopfte bei Carry an der Tür. „Da bist du ja wieder. Hier ist die Liste und die Wegbeschreibung. Viel Spaß.“ Fügte sie enthusiastisch hinzu. „Werd ich bestimmt haben.“ Erwiderte ich weniger optimistisch. Unter den wachsamen Augen von Carrys Katze schob ich das knallrote Fahrrad aus dem Eingang und machte mich auf dem Weg.
Den Weg kannte ich schon, die Wiese befand sich ganz in der Nähe von einem kleinen Wäldchen, ein paar Straßen von hier entfernt, mitten im Feld. Trödelnd und vor mich hin summend fuhr ich durch das Feld. Der Himmel war grau und es windete, so wie ich es mochte, nicht zu warm und nicht zu kalt. Genau richtig. Nach 15 Minuten langsamen dahin Fahrens kam ich endlich an und stellte das Fahrrad an einen kleinen Pfosten. Den Korb, der an dem Drahtesel war, machte ich ab und nahm ihn mit auf die Wiese. Saftig grünes Gras wog im Wind und hier und da waren vereinzelt Blumen und Kräuter zu sehen. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir dass es schon 5 war, so um 6 begann die Dämmerung, das hieß also Beeilung. Ich las mir schnell die Liste durch und machte mich auf die Suche nach den benötigten Kräutern. Alles ging viel einfacher als ich dachte und die Kräuter fand ich schnell. Da mir auch so einige Blumen gefielen, pflückte ich auch diese und legte sie in den Korb.
Bis plötzlich ein lauter Ruf erschall und die Vögel in meiner Umgebung erschrocken davon stoben. In alle Himmelsrichtungen verteilt.
Suchend blickte ich mich um und entdeckte auf der anderen Seite der Wiese eine schwarz gekleidete Gestalt. Sie tat nichts. Stand einfach nur da. Der Wind spielte mit den langen schwarzen Haaren. Ich konnte nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Für eine Frau war es zu kräftig, aber ein Mann mit sooo langen Haaren? Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Ich trat einen Schritt zurück. Blinzelte.
Die Person war verschwunden. Verwundert schüttelte ich den Kopf und guckte mir die Gegend an. Nichts. Kein Ruf, keine komischen Personen auf dem Feld. Das Beunruhigende war allerdings das auch kein Wind mehr da war, was auch noch hinzukam, die Dämmerung setzte ein.
Das rief mir in Erinnerung, dass ich nicht ganz sicher im Dunkeln war. Mit rasselndem Atem und einem unguten Gefühl im Bauch lief ich zum Rad zurück, befestigte den Korb und fuhr so schnell ich konnte den Weg entlang zurück zur Stadt. Öfters meinte ich beobachtet oder sogar verfolgt zu werden Nichts geschah, nur das ungute Gefühl steigerte sich und ich wollte nur noch nach Hause. Endlich erreichte ich die Kleinstadt und raste in die Straße hinein. Dann erklang ein lautes Pfeifen in meinem Ohr, erschrocken blickte ich zurück. Abermals nichts. Dann hörte ich quietschende Geräusche. Mein Blick ging nach vorne und ich sah wie ein schwarzes Auto versuchte auszuweichen.
Ich machte eilig eine Vollbremsung. Bekam nur noch mit wie die Erde den Platz mit dem Himmel tauschte und dann lag ich auch schon auf dem Boden. Mit überdrehten Reifen fuhr das Auto einfach weiter. Es hatte mich nicht erwischt. Aber der Aufschlag auf der Straße war genug.
Stöhnend rollte ich mich auf den Rücken, um mich verstreut lagen die Kräuter und Blumen. Schritte, eine männliche Stimme trat hervor. „Alles Ok? Kannst du mich hören?“ Automatisch schlug ich die Augen auf und mir stockte der Atem.
Er?! Mein Retter von Freitagabend? Kaum zu glauben. Besorgt schaute er mich mit seinen schönen dunkel grünen Augen an. „Ob alles Ok ist?“ Ich merkte wie ich vor mir hinbrabbelte und riss mich zusammen. „Jein.“ „Jein?“ echote er. „Ich meine, ich kann mich noch bewegen und denke dass alles Ok ist.“ Er ergriff meinen Arm und zog mich vorsichtig auf die Beine. Das war dann wohl ein bisschen zu schnell für mich, mein Kopf begann zu dröhnen und ich merkte wie alles ein Ton dunkler wurde. Er fing mich auf, bevor ich gänzlich auf den Boden fiel. „Du blutest.“
Bemerkte er kurz und ich konnte spüren wie sein ganzer Körper sich anspannte. Wie unter Strom. Vorsichtig ließ er von mir ab und ich stand leider nicht mehr in seinen starken Armen. Kritisch befühlte ich meine Stirn und merkte etwas Warmes. Tatsächlich ich blutete an der Stirn. „Tut dir sonst noch was weh?“ wollte er wissen als er, fast zu schnell für mein Auge einen Schritt von mir wegging. „Ehm…mein Kopf und meine Rippen, ich glaub ich habe den Lenker in den Bauch bekommen.“ Er nickte. Und bemerkte dann die ganzen Blumen auf der Straße, auf eine Antwort wartend schaute er mich an. Und ich vergas für einen Moment wie das ausatmen funktionierte. „Ich habe Kräuter gesammelt, für eine Bekannte.“ Missmutig schaute ich auf sie „Die werde ich wohl nicht mehr benutzen können.“
„Stimmt, wohl eher nicht.“ Ein verschmitztes Lächeln und er hob mein Fahrrad vom Boden auf. „Komm, ich bring dich nach Hause, weiß ja schon wo du wohnst.“ Verlegen nickte ich und folgte ihm, als er mit meinem Fahrrad die Straße hinunter ging. Da mir alles weh tat, kamen wir relativ langsam voran. „Es scheint, als würde ich dich immer nur dann antreffen, wenn du in Schwierigkeiten steckst.“ Peinlich berührt, er musste mich echt für einen Tollpatsch halten, log ich „Naja, eigentlich passieren mir solche Dinge nicht oft. Scheint einfach eine schlechte Phase in letzter Zeit zu sein.“ Er betrachtete mich mit einer hochgezogenen Augenbraue, ich war einfach eine schlechte Lügnerin.
„Ich hatte letztes Mal vor dich auf einen Kaffee einzuladen, aber du warst so schnell weg gewesen.“ „Ich hatte es eilig.“ Kurz und angebunden.
„Und jetzt?“ er kickte einen Stein vom Bordstein und ließ sich mit seiner Antwort zeit „Du weißt noch nicht mal meinen Namen.“ Super.
„Den kannst du mir ja noch verraten?“ Lächelnd wandte er sein schönes Gesicht mir zu. Abermals stockte mir der Atem. Der würde wahrscheinlich auch noch in einem Kleid fantastisch aussehen, dachte ich verdrossen. „Vielleicht ein andermal. Wenn es das Schicksal will, werden wir uns noch einmal treffen.“ Hatte ich schon mal gesagt, dass ich kryptische Andeutungen hasse? Aber wie war das noch mal. Alle guten Dinge sind drei!
„Einverstanden.“ Gab ich nach. Leider waren wir damit auch schon bei mir vor der Wohnung. Oben in der Küche brannte Licht. „Danke schön.“
„Kein Problem. Hier dein Fahrrad.“ Er stellte es an der Wand ab, „Tschüss!“ Waren die letzten Worte und er ging die Straße weiter. „Ciao.“ Flüsterte ich fasziniert und wütend hinter her. Fasziniert, weil er von hinten auch gut aussah und wütend, weil ich seinen Namen nicht wusste. Unter Schmerzen hob ich das Fahrrad in den Flur und schleppte mich, eher schlecht als recht, die Treppe hoch. Oben angekommen schloss ich die Tür auf und meine Mum eilte mir entgegen. „Wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht. Carry hat mir gesagt du würdest Kräuter sammeln, aber solange?“ Dann riss sie die Augen auf „Oh mein Gott. Du bist ja verletzt!“ ohne eine Antwort abzuwarten zerrte sie mich in die Küche, wo auch schon Carry am Tisch saß. Es roch lecker nach Früchtetee. Mum setzte mich auf einem Stuhl ab und wuselte sogleich umher. Holte Pflaster und Infektionsspray. „Wen hast du getroffen?“ wollte Carry dann wissen. „Wen sollte ich den getroffen ha…autsch!!“ Das Spray brannte auf meiner Stirn und ich verzog das Gesicht.
„Na bis eben, hattest du noch Kuhaugen.“ Unter dem versuch nicht zu lächeln, hob Mum meine Hände und schaute mit Adleraugen auf die Abschürfungen. „Ich bin gerade in eine Straße eingebogen, als ein Auto angerast kam, dass hätte mich beinahe angefahren. Glücklicher weise konnte ich gerade noch eine Vollbremsung machen, überschlug mich und landete auf dem Asphalt. Deine Kräuter liegen da leider immer noch. Als ich dann da so auf dem Boden lag, kam dann mein Retter von neulich.“ Erklärte ich und entzog meiner Mum die Hände. „Dich sollte ich am besten nicht mehr alleine aus dem Haus lassen.“ Seufzend ließ sie sich auf einem Stuhl neben Carry nieder.
„Schade um die Kräuter, aber es gibt ja auch noch andere Tage nicht?“ meinte diese nur dazu. „Sonst etwas Auffälliges?“ Angestrengt dachte ich nach. Da war noch diese eine Person auf dem Feld gewesen. „Nun ja…“ begann ich „Da war so ein Mensch am Rande der Wiese, beunruhigt bin ich dann in die Stadt zurück, dann überkam mich ein komisches Gefühl und in meinen Ohren erschall ein grelles Pfeifen. Erst dann passierte der Unfall.“ Beide nickten. „Hast du denn nun den Namen deines Retters erfahren, Carry weiß bescheit, ich hab ihr alles erzählt.“ Enttäuscht gab ich zu, dass ich leider den Namen nicht erfahren hatte. „Vielleicht beim nächsten mal.“ Versuchte Carry mich aufzumuntern. „Das hatte er auch gesagt.“ Gab ich deprimiert zurück.

Am Tag danach haben mich natürlich alle gefragt was ich den angestellt hätte. Lina hat auch direkt richtig gelegen das ich Schuld an dem Aussehen hatte. Sport fiel zum Glück dann auch für mich aus, da ich 2 geprellte Rippen hatte, worüber ich dann doch etwas froh drüber war. Sport war eindeutig nicht so mein Fall. Vor allem wenn gerade Football dran war. Ich flog auch schon ohne fremde Hilfe über den Boden, da sollte man doch meinen, dass ich mich nicht gerne umtackeln lasse.
Als Lina und ich dann auf dem Weg nach Hause waren, kam noch mal die Sprache auf den Club Abendrot hier in der Nähe. Da ich mich ja schon breit schlagen hab lassen, machten wir eine Uhrzeit aus, wann wir den Bus nehmen, dann musste ich auch schon aussteigen. Auf dem Rückweg fiel mir noch ein, dass mir Zahnpasta und Tampons fehlten, deswegen machte ich einen kurzen Schlenker zum Drogeriemarkt. Die ganze Zeit schon fühlte ich mich beobachtet und so flüchtete ich schnell nach dem Einkaufen nach Hause. Meine Mum war schon dabei Mittagessen zu machen. „Also geht ihr am Freitag zu dieser Disco.“ Stellte Mum noch mal nach.
„Genau.“ Betreten nickte sie und rührte weiter in der Suppe herum, „Denk dran das du nie allein sein sollst, traue keinen Fremden und…“ „Mum!“, genervt rollte ich mit den Augen „Ich pass schon auf, ich lass mich schon nicht vom bösen Wolf, wie Rotkäppchen, fressen.“ Ergeben seufzte sie und stellte die Suppe auf den Tisch. Wir begannen zu essen. Schweigen. „Und du willst da wirkl…“ Abermals unterbrach ich sie „Ja, es ist schon alles geklärt, mach dir mal keine Sorgen.“
Die Tage zogen sich nur so dahin, Mathearbeit wurde geschrieben, ich traf mich mit Lina und Carry und Mum erklärten mir so einiges über ihren Coven. Die Mathearbeit kam zurück und ich hatte sie, wie erwartet verhauen, 4…egal!

Dann kam Freitag, Lina und ich machten uns gerade bei mir fertig. „Irgendwie bin ich ein bisschen aufgeregt! Mal sehen wie es da so ist.“ Murmelte Lina, sie war ganz vertieft beim Wimpertusche auf die Wimpern tun. Mit Mund offen. Ich betrachtete mich währenddessen im Spiegel. „Es ist doch nur ein Club. Wird schon ganz gut sein.“ Nein das Oberteil ging schon mal nicht, das sah zu Barbie mäßig aus. Ich zog es aus und streifte ein braunes Hängerchentop über den Kopf. Das sah gut aus, die Jeans sah auch super aus. Ich war zufrieden mit mir. So wandte ich mich zu Lina um, die sich ihrerseits auch im Spiegel betrachtete. Beneidenswert das manche Menschen eine sooo gute Figur hatten.
„Fertig?“ fragte ich und versucht meine trockene Kehle zu ignorieren.
„Ja, los geht’s!“ Schnell zogen wir die Jacken an und hasteten zu der Bushaltestelle. An die heimlichen Beobachteter wagte ich nicht zu denken. Der Bus war da. Nach Luft schnappend setzten wir uns dann in die letzte Sitzreihe. Der Bus fuhr an.
„Gwen…ich muss dir was sagen?“ erwartungsvoll schaute ich sie an. „Ich hätte gerne deinen Po.“ Hatte ich gerade richtig gehört?
„Wie kommst du denn darauf Lina?“ Sie lachte und zuckte mit den Schultern
„Keine Ahnung. Sagen wir mal dass ich ein bisschen eifersüchtig bin. Schade, dass ich nicht zaubern kann. Dann würde ich mir so einen anhängen.“ Ich brach in schallendes Gelächter aus. Gut das ich mir darüber keine Gedanken machen musste. „Alles antrainiert. Iss was mehr und dann klappt das.“ Sie nickte ernst und schaute aus dem Fenster. Düster zog die Nacht an uns vorbei. War ja schon halb 9. „Hier ist es, komm lass uns aussteigen.“ Danach gingen wir eine nicht sehr befahrene Straße entlang. Mehrere Leute gingen uns entgegen, oder teilten unsere Richtung. Da tauchte auch schon ein großes seriöses (ernst jetzt) Schild auf. In schön verschnörkelten Buchstaben stand Abendrot darauf. Wir gingen einen Gang schneller und stellten uns an der Schlange an. Schwatzend und aufgebrezelt summte die ganze Menge. Keine bekannten Gesichter waren dabei. Genervt rollte Lina mit ihren Augen „Hoffentlich geht das hier schnell von statten. Ich habe keine Lust die ganze Nacht hier draußen zu verbringen.“ Ich brummte ihr zustimmend zu. Nach einer Weile kamen auch endlich wir an die Reihe, gaben unseren Ausweis ab (wir waren ja noch keine 18) und traten ein.
Geheimnisvoll.
Das war zutreffend, alles war in dämmrigem Licht gehalten. Von einem langen breiten Flur gelangte man in mehrere Abteilungen. Aus der einen dröhnte Hip - Hop und R` n` B, aus der anderen erschallte laut Jumpstyle und etwas undefinierbares das nach Kopfschmerzen klang. Wir schlugen direkt die Richtung zum Hip – Hop Raum ein. Die Menge tanzte schwungvoll zu einem älteren Lied von Akon und wir schlängelten uns erstmal zu der Bar. „Ein Wodka-Cola und ein Amaretto-Kirsch, bitte.“ Bestellte Lina, das war das übliche, ich Amaretto und sie Cola. Samt Getränke setzten wir uns in eine Sitzecke und schauten uns erst mal etwas um. Es war geräumig, der DJ stand etwas höher und die Bühne war übersäht von Pärchen und Single – Tänzern. An für sich war die Atmosphäre entspannt.
Die Getränke waren leer. „Solln wir?“ Lina nickte und wir mischten uns unter die Tänzer. Ein Lied nach dem anderen tanzten wir und trafen noch einen Klassenkameraden. 50 – Cent, Ciara, Snoop Dog…Irgendwann musste ich allerdings mal zur Toilette.
„Ich such mal das Klo auf, Ok?!“ rief ich in Linas Ohr. Sie nickte und tanzte weiter.
Toll, jetzt durfte ich alleine gehen. Ich erinnerte mich, dass ich eben eine Treppe gesehen hatte, die führte bestimmt wie immer zur Toilette. Ich ging zurück zum Flur und ging zu der besagten Treppe. Ein paar Gothics kamen mir entgegen. War ja klar, hier gab es bestimmt auch so einen Raum.
Unten angekommen war es auf einmal viel dunkler als oben, auch die Musik war etwas anders. Düsterer. Seufzend ging ich weiter. Da kamen mir wieder Gothics entgegen. Die schauten mich vielleicht komisch an. Ein ungutes Gefühl stieg in mir auf. Verstört suchte ich weiter die Toilette. Irgendwie fand ich sie nicht. Was mir dann auch verständlich war. Ich bin in den Gothicteil des Clubs gekommen. Genau dorthin wo ich nichts zu suchen hatte. „Scheiße“ murmelte ich und erblickte die schönsten Männer die ich jemals gesehen hatte.
Sie standen abseits und unterhielten sich schnell und gestikulierend. Einer hatte langes schwarzes Haar, ein anderer Kurzes. Aber alle hatten sie etwas gleich. Sie waren groß, sie waren muskulös und sie trieften vor Testestoron.
Mir fielen glatt die Augen aus dem Kopf. Ich blieb einfach mitten im Raum stehen und schaute sie an. An nichts denkend als das sie fantastisch aussahen. Kopfschüttelnd rang ich nach Fassung und drehte mich schnell um und sah eine Schönheit an mir vorbeiziehen. Glattes langes Seidigschwarzes Haar. Graziös und nicht von dieser Welt. Ihr Köper war perfekt. Nicht dünn sondern dieses verführerische Weibliche. Schluckend schaute ich in ihrer Augen, sie waren Pechschwarz. Und sie schauten mich an!
Schluckend trat ich einen Schritt zurück. Sie musterte mich kritisch und durchbohrte mich förmlich mit ihren Augen. Das war echt gruselig und dieses ungute Gefühl machte sich bemerkbar. Perplex drehte ich mich um und flüchtete in eine Ecke in der ich dann auch das Toilettenzeichen sah. Flüchtend lief ich in die Damentoilette und mit rasselndem Atem schloss ich mich in einer Kabine ein, versuchte zur Ruhe zu kommen. Solche Menschen hatte ich noch nie gesehen, das war schon Angst einflössend. Diese Schönheit, das graziöse konnte einfach nicht von dieser Welt sein. „Ganz ruhig, Gwen, alles wird gut. Du bist nur in einem Club. In dem Gothicteil.“ Versuchte ich mir einzureden. Da fiel mir ein warum ich überhaupt hier war. Zittern benutzte ich die Toilette und war danach immer noch zu aufgeregt, so konnte ich nicht rausgehen. Da hörte ich auf einmal Stimmen vor mir. Sie unterhielten sich bestimmt am Spiegel. „Sie ist es ganz sicher. Sirion macht keine Fehler. Er hat sie gerochen.“ Meinte die eine bestimmend. Mit einer Stimme die jede Sängerin erblassen ließe. „Wieso können wir sie nicht riechen?“, fragte eine andere. Eine kurze Pause entstand und ich hielt die Luft an, aus Angst mich zu verraten.
„Weiß ich nicht. Vielleicht weil er der Ausersehene ist.“ Danach bemerkte ich Schritte und eine Tür knallte zu. Ich war wieder alleine.
Ängstlich.
Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Hatte die eine nicht was von riechen gesagt. Vampire?? Hier?? Ich erinnerte mich an die Geschichte von Mum. Weg war die Ruhe, ich musste hier raus und zwar schnell. Dann meldete sich die Vernunft, vielleicht ging es ja gar nicht um mich?
Egal, sicher ist sicher, sagte mein Bauchgefühl, weg hier!!
Klackend schloss ich den Riegel auf und betrachtete mein Leichenblasses Gesicht im Spiegel. Ich sah aus wie ein Geist. Mit zitternden Knien trat ich heran und drehte das Wasser an, spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht, kniff mir in die Wangen und trat mutig wie ein Hasenfuß zurück in das Kellergewölbe. Die schwarzen Gestalten tanzten zu der Musik und keiner schien mich großartig zu beachten. Fast mystisch. Beruhigend. Ich suchte den Weg zurück und sah wieder diese eine Frau von eben. Durchdringend schaute sie mich an und trat einen Schritt näher. Panikerfüllt riss ich die Augen auf (nicht sehr unauffällig!!) und lief blindlings in die entgegen gesetzte Richtung.
Genau gegen eine steinharte Brust. Dessen Arme mich auch sogleich schon schützend vorm stolpern hinderten. Verschämt blickte ich auf und erstarrte sofort. Das gab es doch nicht.
Es war mein Retter. Ich wusste nicht wie ich ihn anders nennen sollte. Erstaunt blickte er mich mit seinen grünen Augen an, ließ dann seinen Blick über die Menge schweifen und versteifte sich sofort. Ich konnte spüren wie seine Muskeln sich anspannten. Er zog die Luft ein und es ertönte ein Knurren.
Hallo?? Wo war ich denn hier gelandet.
Das Knurren hörte sich gefährlich an und er zog mich ohne ein Wort zu sagen einfach mit sich. In Angst folgte ich ihm und wenig später kamen wir an der Treppe an. „Was machst du hier?“ platzte er heraus. Verwirrt antwortete ich „Ich suchte die Toilette.“ Dümmer ging es nicht Evans, maulte mein Gewissen und ich erinnerte mich an die Szene von „Dirty Dancing“ an der Babe zu Johnny meinte sie hätte die Melonen getragen.
Ungefähr so kam ich mir vor. „Du hast was?? Egal…du musst hier weg!“ herrschte er mich an. Er zog mich die Treppe hoch in ein anderes Abteil in der jetzt ruhige Musik gespielt wurde. „Warte, weswegen muss ich weg? Was weißt du?“ versuchte ich herauszufinden. Er schien mehr zu wissen als es schien. Kurz blickte er zurück und führte mich mitten auf die Tanzfläche. Seine Hände legten sich um meine Taille und wir begannen zu tanzen. Das war wirklich unrealistisch.
Ich wusste nicht seinen Namen, tanzte aber mit ihm. Hinter mir schienen Vampire zu sein und er wusste bescheid. Vermutete ich zumindest. Und dann das Schmuselied. Super, das hatte ich mir etwas anders vorgestellt. Hmpf. „Stopp mal bitte! Wer bist du überhaupt, immer wenn irgendetwas Schlimmes passiert bist du in der Nähe. Etwas merkwürdig nicht?“ ich erwartete eine Antwort. Die schien allerdings nicht mehr zu kommen. Vielleicht in einem anderen Jahrhundert. Mit böser Miene, die übrigens immer noch fantastisch aussah, überschaute er die Menge. „Ein andermal. Erst mal müssen wir dich hier raus bringen.“ „Aber ich bin nicht alleine, meine Freundin ist auch noch hier.“ Sekunden verstrichen „Verabschiede dich von ihr und dann gehen wir.“ Meinte er kurz und gab mich frei. Damit drehte ich mich um und merkte wie er mir folgte, suchend schaute ich mich in dem Raum um. Hier war Lina schon mal nicht. Zurück zum Hip – Hop Raum. Dort entdeckte ich sie mit ein paar Freundinnen von uns, gut sie konnte mit denen nach Hause fahren.
„Hey Lina! Mir geht’s nicht gut, ich geh jetzt, erklär dir alles ein Andermal.“ Während des Tanzens nickte sie mir zu und kehrte mir den Rücken zu. Tolle Freundin, ich hätte anders reagiert. Da merkte ich auch schon wieder eine Hand an meiner Taille die mich bestimmt Richtung Ausgang zog. Draußen angekommen funkelte ich ihn so wütend wie ich konnte an. Das fiel mir relativ schwer, seine grünen Augen verschlugen mich einfach in ihren Bann. Aber ich strengte mich an. „Ok und jetzt?“ fragte ich patzig. „Wir fahren mit meinem Auto!“ er drehte sich um und ging zu einem Parkplatz gegenüber der Disco. Murrend folgte ich ihm „Normalerweise fahre ich ja nicht mit Fremden. Aber da du es bist, mache ich eine Ausnahme.“ Das war natürlich ironisch gemeint. Der konnte doch nicht einfach von mir verlangen, dass ich in seinen Wagen steige.
Wow! Ausnahme!
Es war ein schwarzer Audi TT! Er öffnete die Beifahrertür und schaute mich erwartungsvoll an. Ob er wusste, wie er gucken musste, wenn er was will?
Bestimmt.
„Nur, wenn du mir meine Fragen beantwortest!“ verlangte ich und blieb vor ihm stehen. Geräuschvoll atmete er aus. „Meinetwegen. Hilft ja doch nichts!“ Zufrieden stieg ich ein, bemerkte am Rande des Parkplatzes im Dunkeln jedoch einen Schatten. Einen Wimpernschlag später war er weg. Einbildung.
Das Innenleben des Autos war Wahnsinn. Alles auf edel gemacht. Ich schnallte mich an und schneller als es eigentlich möglich war, saß er neben mir und ließ den Wagen an. Er schnurrte wie eine Katze und ohne zu gucken fuhr er aus der Parklücke. „Kommen wir zu den Fragen. Wie heißt du?“ Im Rückspiegel beobachtete er mich bevor er antwortete „Aiden.“
„Und wie alt bist du?“
„19.“
Ich hätte ihn für älter geschätzt, er sah irgendwie erfahrener aus, als andere in diesem Alter. Kamen wir zur nächsten Frage „Wer bist du? Ich meine warum bist du immer dann da, wenn ich in Schwierigkeiten stecke?“
„Du gibst also zu, dass du in Schwierigkeiten steckst.“ So hatte ich das eigentlich nicht gemeint. „Nun ja, dass übliche.“, wich ich aus, „Fragen wir anders. Weswegen warst du heute im Abendrot?“
„Um mit Freunden zu feiern.“ Er wich also auch aus, so kamen wir nicht weiter.
„Normalen Freunden?“
„Du musst mir schon die richtigen Fragen stellen, sonst wird das nichts.“ Nachdenklich schaute ich aus dem Fenster, der Asphalt und die Landschaft flogen nur so an uns vorbei, wir würden bald da sein. Ich gestand mir ein, dass ich ihm vertraute. Auch wenn er etwas einsilbig und bestimmend war. „Ich gebe es zu. Ich bin in Schwierigkeiten. Nicht ganz normalen. Vielleicht hast du nichts damit zu tun, vielleicht aber auch doch. Auf jeden fall ist es nicht gerade leicht. Es ist Neuland für mich.“ Ich schluckte, jetzt musste ich es sagen, „Hinter mir sind Vampire her.“ Ich wartete auf das Gelächter und darauf mich als Spinnerin abzustempeln. Nichts dergleichen kam. Er nickte, „Das habe ich mir gedacht, immer wenn ich dich traf, war ein Schatten da. Du bist also die Auserwählte!“ sagte er mehr zu sich als zu mir. Gut das er bescheid wusste. „Warum warst du denn nun da?“ versuchte ich es noch einmal. „Wo?“
„Na im Abendrot.“
„Naja es kursierten Gerüchte herum und denen wollte ich nachgehen.“ Dem musste ich wohl alles aus der Nase ziehen. „Hör mal, wenn du vielleicht etwas auskunftsfreudiger wärst, müsste ich nicht so viele Fragen stellen. Versuchen wir es mal. Was für Gerüchte?“ Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht. „Dafür, dass deine Lage so ernst ist, bist du aber ganz schön sarkastisch!“ Wütend schaute ich ihn an und wartete weiter. „Naja, Sirion hat damit geprahlt, dass er wüsste, wer die Auserwählte ist. Und dem musste ich nachgehen. Ich hatte Sirion gerade ausgemacht, da bist du mir auch schon in die Arme gelaufen. Und falls du wissen willst wer Sirion ist, das ist einer der Anwärter auf den Thron. Dem Vampirthron!“ seine Augenbrauen zogen sich zusammen, „Aber ich gehe davon aus, dass du darüber schon bescheid weißt oder?“ Ich schluckte. Ich hätte nicht gedacht das er so viel weiß. Allerdings fragte ich mich, was er für eine Rolle in dieser ganzen Lage spielte.
Gut oder Böse.
Bis jetzt hatte er mir immer geholfen. Also eher gut dachte ich. Zugegeben, das hoffte ich! „Und nun die Masterfrage. Was hast du mit dem allem zu tun?“ Sekunden verstrichen. Er grübelte. Ich konnte in seinem Kopf schon fast die Laufräder arbeiten sehen. Mir wurde immer banger. „Also eigentlich bin …bin ich der rechtmäßige Thronerbe.“ Kam dann.
Nein! Böse! Mein Traumprinz war böse, was jetzt auch nicht mehr viel Wert war, weil er mich ja nun umbringen wird. Er wird mich aussaugen und foltern und….Himmel!
Vom Regen in die Traufe!
Ich musste wohl ziemlich entsetzt ausgesehen haben den er begann lauthals zu lachen. Ein tiefes kehliges Lachen. Es rollte meine Rücken herunter. „Nein. Ich schwör dir wenn du mich umbringst, klebe ich dir als Geist am Rücken und mache dir das Leben zur Hölle. Du wirst keine Ruhe mehr f….!“ eine Träne rollte über meine Wange als er mich unterbrach.
„Halt! Wer hat gesagt dass ich dich umbringen werde? Außerdem kannst du als Geist nicht viel Schlimmer sein als Jetzt!“ das gab mir den Rest. „Egoistischer dreckiger Blutsaugender Vampir! Lass mich sofort raus. Ich will gar nicht erst wissen was du planst!“ schrie ich ihn in meiner Panik an und machte meinen Gurt los. Sehr logisch Evans, meldete sich dann mein Gewissen. Willst du nun aus dem fahrenden Wagen springen? Doch das Auto blieb stehen. Vor meiner Wohnung. „Hey, beruhige dich, ich steh auf der…naja…guten Seite!“ versuchte er mich zu beruhigen „Sonst hätte ich dir wohl kaum schon drei Mal das Leben gerettet oder?“ Das klang aber logisch. Ich atmete ein Mal aus und bekam mich unter Kontrolle. „Ok, was willst du dann von mir?“ verlangte ich zu wissen. Ruhig Blut, Gwen.
„Ich habe dir geholfen mehr nicht. Das war das Ende der Geschichte.“ Sagte er cool. „Und nun steigst du aus.“
„Du willst also gar nicht mein Blut?“ Seine grünen Augen zwinkerten mir zu und er kam näher. So nah bis er mir ins Ohr flüstern konnte, mit seiner verführerischen Stimme. „Das habe ich nie gesagt.“ Atmen! Ich schreckte zurück und stieß mir den Kopf an der Fensterscheibe an.
„Aber wie gesagt, ich tue dir nichts zu leide. Außer du willst es mir freiwillig anbieten!“ „Selbstverständlich ich sterbe freiwillig!“ murrte ich.
„Es bedeutet nicht den Tod, es kann auch“, er machte ein Pause und fügte dann mit einem gewissen Ton hinzu „Sehr vergnüglich sein. Gwen.“ Aiden kannte ja meinen Namen wunderte ich mich. Und seit wann nannte ich ihn in meinem Gedanken Aiden? Ich schüttelte mich. „Ehm nein Danke, das reicht mir für einen Abend. Auf nimmer Wiedersehen!“ Ich machte die Tür auf und wollte gebieterisch aus dem Audi TT aussteigen und blieb mit meinem Fuß an der Tür hängen. Wütend über mich selbst knallte ich die Tür zu und sah ihn noch verschmitzt lächeln. Dieser dumme Vampir. Hoffentlich werde ich ihn nie wieder sehen. (Was auch wieder Schade war, da er ja sooo gut aussah.)
Ich lief schnell zur Tür und schloss auf. Als ich zurück blickte war er schon längst mit seinem Auto davon gefahren. Murrend schlürfte ich die Treppe hoch, ich hatte es satt. Ich will mit dem ganzen magischen Pack nichts mehr zu tun haben. Die sind doch alle verrückt….und wahnsinnig schön. Leider!
Aber mein Leben war mir lieber. Deswegen würde ich jetzt Abstand waren. Als ich in der Wohnung ankam fand ich Mum und Carry im Wohnzimmer Gilmoregirls guckend vor. „Wie du bist schon da?“ fragte sie verwundert. Ich gab nur ein grunz laut von mir und bewegte mich in Richtung Küche. Ich hatte Hunger sollten die doch denken was sie wollten. Vergebens natürlich folgten mir die beiden.
„Was war denn nun? War der Club nicht ganz so deine Sache?“ versuchte es nun auch Carry bei mir. Mit frostigem Blick drehte ich mich zu ihnen um, „Der Club war eigentlich schön, bis auf der Gothicteil.“
„Der was?“ sie setzten sich und schauten mich verwirrt an. „Na die Szene in der sich alle schwarz anziehen und Satan anbeten!“ das war natürlich etwas übertrieben, sie beteten ihn wahrscheinlich eher nicht an, aber wie sollte ich das sonst erklären.
„Was hattest du da bitte zu suchen, du solltest doch vorsichtig sein!“ warf Mum mir direkt vor. „War ich auch. Bis ich die Toilette suchte.“ Gab ich kleinlaut zu. „Und dann?“
„Dann wäre ich fast entdeckt worden, nur Aiden, mein Retter, rettete mich abermals vor Schwierigkeiten, in dem er mich in seinen Audi TT zerrte und mich nach Hause fuhr.“ Sie sahen mich entsetzt an. Carry machte den Mund auf, klappte ihn sogleich auch wieder zu. Die Kleinigkeit das er ein Vampir war, verschwieg ich lieber. „Weswegen bist du fast entdeckt worden?“ Kurz ließ ich noch einmal die Szene auf der Toilette Revue passieren. „Da waren diese wunderschönen Leute und ich habe sie etwas verwirrt angestarrt. Eine Frau ging an mir vorbei und musterte mich allerdings auch. Als ich dann auf der Toilette war, kamen zwei weibliche Vampire, vermute ich zumindest, herein und meinten das Sirion mich bereits entdeckt hätte. Obwohl sie mich nicht hätten riechen können, konnte er es anscheinend wohl.“ Ich setzte mich mit einem Joghurt gegenüber der beiden die mich fassungslos anstarrten. „Sirion? Aurora schon mal was von einem Sirion gehört?“ flüsterte Carry und schaute sich in der Küche um, als ob sie erwarte das jemand viertes da wäre. Mum verneinte und schaute ernst Carry an. „Ich schon. Er ist in der dunklen Szene sehr bekannt. Stammt von einer uralten Vampirfamilie ab. Sehr mächtig. Und leider Blut trinkend.“
Das hörte sich schon mal nicht gut an, ganz und gar nicht gut. „Man munkelt, dass er der nächste König wird, aber er hat noch einen Konkurrenten, dessen Vorfahren schon zweimal den Thron bestiegen hatten.“ Sie nickte und betrachtete mich so intensiv, dass ich das Gefühl bekam sie schaue geradewegs in meine Seele. „Und der andere Konkurrent ist?“ Scheinheilig stellte ich mich etwas blöde, vielleicht hatte sich Aiden ja einen Spaß mit mir erlaubt und war gar nicht der rechtmäßige Thronerbe.
„Weißt du es nicht?“ Wieder dieser Blick. Ich schüttelte den Kopf, „Ich auch nicht! Gute Nacht ihr Lieben. Und Gwen pass auf dich auch!“ damit stand sie auf und ging aus unserer Wohnung hinaus. „Gwen…weißt du etwas das wir nicht wissen? Jeder Hinweis könnte unser Leben erleichtern.“ Fragte meine Mum skeptisch. Ich schmiss den Joghurt weg „Nein Mum wie bereits gesagt, ich weiß nichts. Nacht, ich bin auch müde. Bis morgen.“
„Nacht.“ Murmelte sie mir nachdenklich hinter her. Nachdenklich schloss ich meine Zimmertür und ließ mich an sie gelehnt auf den Boden rutschen. Na toll, da war also dieser fantastisch aussehende Vampir (ich konnte es nicht oft genug denken), der mir das Leben rettete. Aber er war halt ein Vampir, sollte ich ihm deshalb Misstrauen?
Oder sollte ich ihm auf gut Glück vertrauen und mich letztendlich doch blutleer und als Leiche auf dem Friedhof wieder finden. Das war eindeutig eine Sackgasse. Da ich keine Kopfschmerzen bekommen wollte, hörte ich auf darüber nachzudenken und machte mich bettfertig. Nach dem Waschen kippte ich das Fenster, löschte mein Nachtlicht und legte mich müde ins Bett.

Benommen schreckte ich hoch. Etwas hatte mich aufgeweckt. Doch mir fehlte es an Mut mich umzudrehen und nachzuschauen was es war, oder wer.
Innerlich seufzte ich auf und zwang mich nachzusehen. Da saß jemand an meinem Schreibtisch, las ein Buch und hatte meine Schreibtischlampe angeknipst. Ängstlich und ohne darüber nachzudenken, nahm ich meine Glaswasserflasche in die Hand und schlich auf den Fremden zu. Ich hob die Flasche an um ihn damit bewusstlos zu schlagen, als auch schon eine Hand nach vorne schnellte und mein Handgelenk fest umschlang.
Ich war machtlos dagegen und jaulte vor Schreck auf. „Was willst du denn damit?“ fragte die männliche Stimme und ich wusste sofort wer da mit dem Rücken zu mir saß.
„Einen Einbrecher verletzen. Obwohl wenn ich es mir recht überlege, hätte es wahrscheinlich nicht einmal etwas gebracht. Bei dem Dickschädel!“, brummelte ich und rieb mir das Handgelenk. Lächelnd drehte sich der dunkle Engel zu mir um.
„Guten Abend meine Teure. Ich wollte nur nach sehen ob es dir auch gut geht.“ Meinte er galant und stand auf, so das ich zu ihm auf blicken musste. „Super, siehst du das nicht?“ sagte ich sauer und schämte mich sogleich meines Pyjamas wegen. Eine schwarze Jogginghose und ein grünes T-Shirt mit einem Hasen drauf, der sagt: `Ich bin nicht süß! ` . „Scheint so.“ er schaute sich im Zimmer um und ließ seine Augen dann über mich wandern. „Schönes T-Shirt.“
„Danke.“ Zwar etwas schnippisch aber konnte mir ja nun auch egal sein. Meinerseits betrachtete ich ihn auch. Ein schwarzer Mantel und eine schwarze Hose, samt, was sonst, schwarzen Schuhen. Er wirkte so geheimnisvoll und bedrohlich zu gleich.
„Wie bist du herein gekommen?“ misstrauisch, aber berechtigt. „Durch das Fenster.“ Er setzte sich auf das Bett, prompt schien es als wer es zu klein für ihn.
„Ah ja! Durch ein gekipptes Fenster, natürlich.“ Ich verkreuzte die Arme vor der Brust und wartete auf eine bessere Erklärung. Da fiel mir plötzlich ein, dass er ja ein Vampir war, was wenn er mich aussaugen wollte? Etwas vorsichtiger ging ich einen Schritt zurück und stieß gegen den Schreibtisch. Ein belustigtes Flackern trat in seine Augen, er konnte meine Nervosität bestimmt riechen. So ein Mist!
„Also?“
„Wie soll ich beginnen, das ist bestimmt auch neu für dich.“ Erklärte er und atmete geräuschvoll aus. „Wie wäre es mit dem Anfang.“ Half ich auf die Sprünge.
„Wovon reden wir jetzt eigentlich noch? Von dem Fenster oder warum ich dich immer rette?“ Kurze Überlegung.
„Von allem.“ Nickend schaute er auf seine kräftigen Hände und begann „Nun ja, eines Abends wanderte ich ziellos durch die Straßen und begegnete einem Mädchen das von einem Schatten verfolgt wurde. Sie kam auf mich zu und bat mich um Hilfe. Verwundert das sie den Schatten sah, als Mensch, half ich ihr, weil mich interessierte wer sie war.“ Ein kurzer Blick zu mir und er wandte sich wieder ab „Als ich es nach Hause brachte fiel mir nichts Besonderes auf und ich erkundete mich danach über sie. Immer noch nichts. Dann ein paar Tage darauf sah ich dieses Mädchen wieder, doch diesmal wie es fast von einem Auto angefahren wurde. Zufall oder nicht ich half ihr und sah, dass das Auto von einem Menschen gefahren wurde. Aber hinter ihr, dem Mädchen, befand sich wieder ein Schatten, doch nicht menschlich sondern in seiner unsichtbaren Form.“ Ich unterbrach ihn
„Was ist ein Schatten?“
„Das ist ein Wesen das für uns Vampire arbeitet. Es ist kein Mensch und auch kein Vampir, es lebt in der Zwischenwelt und kann sich mal sichtbar und mal unsichtbar machen. Sonst eine Frage?“ Ich verneinte und bat ihn weiter zu erzählen. „Abermals verwundert brachte ich es nach hause. Wieder nichts Besonderes. Am darauf folgenden Wochenende traf ich mich mit meiner Schwester in einem Club. Ich fand heraus, dass Sirion, einer der Thronanwärter, die Auserwählte mit dem zweiten Gesicht entdeckt hätte und sie beschatten lässt. Und dann bist du mir in die Arme gerannt und ich roch zum ersten Mal etwas das vorher nicht da war. Etwas zartes süßes, was normale Menschen nicht haben, nur die die mit Magie in Verbindung stehen. Außerdem wurdest du von einer Vampirin verfolgt, dass half mir enorm auf die Sprünge. So wusste ich bescheid. Heute Nacht wollte ich nur gucken ob du sicher bist.“ Endete er und wartete auf meine Reaktion. „Du konntest das Andere riechen?“, das wunderte mich etwas.
„Ich kann alle Empfindungen riechen, von Angst bis Nervosität. Darauf sind wir trainiert.“ Er stand auf und kam einen Schritt auf mich zu. Ich machte einen Schritt neben den Schreibtisch und versuchte meinen verräterischen Puls zu beruhigen, er musste ja nicht wissen, dass ich nervös war.
„Ich kann sogar..“, noch ein Schritt, „Das Blut in den Adern rauschen hören…“ Schritt, „Das Herz hören, wie es den Saft des Lebens durch den Körper pumpt.“
Er stand direkt vor mir. Ich griff mir an den Hals und kaute auf meiner Unterlippe. Er bückte sich zu mir herunter und strich mit seinem Kinn an meinem Hals entlang. Es hatte etwas Berauschendes an sich, seinen Bartnachwuchs an meinem zarten Hals zu spüren, wäre da nicht die Angst gebissen zu werden. „Warum so ängstlich?“ hauchte er an mein Ohr und wartete in dieser Position. Alles war still, ich hörte selbst meine Uhr nicht mehr, nur mein Herz. „Ich bin gar nicht ängstlich.“ Und drückte ihn sacht beiseite. „Nur vorsichtig.“ Erleichtert das er mich nicht gebissen hatte und unglücklich, weil ich unbewusst auf einen Kuss gewartet hatte, machte ich einen großen Satz zu meinem Bücherschrank. Der Schreibtischstuhl stand nun zwischen uns. Aiden richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und zog eine Braue hoch. Das Zimmer schien fast zu klein für ihn zu sein.
„Ach so. Na dann interessiert dich bestimmt nicht was ich esse oder ob es mich nach deinem Blut dürstet.“, meinte er leichthin und begann wieder einen Schritt auf mich zuzumachen. „Ehm…“ stotterte ich und atmete unregelmäßig, weil mir sein Blick so zusetzte. „Doch, das würde mich schon interessierten.“ Er grinste mich schelmisch an
„Nun, Blut trinke ich. Aber es bedeutet nicht gleich den Tod für euch Sterbliche. Es kann auch große Freude bereiten. Außerdem gibt es da noch die Blutbanken die für jeden Vampir zugänglich sind. Die nicht so tolle Variante ist Tierblut, doch manchmal geht das einfach nicht anders.“ Die ganzen Informationen sog ich wie einen Staubsauger in mir auf und wurde mir bewusst, dass er auf meine Lippen sah, die ich immer noch etwas anknabberte. „Und …ehm, bist du?“
„Nicht wirklich.“ Tolle Antwort, leider stand er jetzt wieder direkt vor mir. Seine grünen Augen sahen auf mich hinab und ich verlor mich darin. Sie waren so intensiv. Sein markantes Gesicht bekam einen zärtlichen Ausdruck. Er beugte sich zu mir herab. Ich riss meine Augen auf und wartete was er nun machen würde, wehren würde ich mich nicht können. Mit direktem Blickkontakt gab er mir einen Kuss auf den Mund. Erst ganz leicht, fast wie eine Schmetterlingsberührung, dann heftiger, er setzte seine Zunge mit ein. Es war herrlich. Ich tat nichts, ließ mich einfach in den Strudel der Gefühle treiben. Elektrisierend war das passende Wort dafür. Aiden knabberte ganz sacht an meiner Lippe und begann zu saugen. Das Gefühl das mich durch strömte war um nichts in der Welt zu vergleichen. Wie ein Wirbel brach der Sturm in mir aus und ich bekam weiche Knie.
Abrupt löste er sich von mir und schaute mir unergründlich in die Augen, „Ich gehe jetzt wohl besser.“ Ein Wimpernschlag von mir später, war er verschwunden.
Enttäuscht, weil mir der Kuss gefallen hatte und weil er nun weg war setzte ich mich aufs Bett und berührte mit meinen Fingern meine Lippen. Das Gefühl konnte ich leider nicht zurückholen, dafür hatte ich danach einen Blutstropfen auf meinem Finger.

Nach einer schrecklichen Nacht wachte ich schweiß gebadet auf. Ich hatte schlecht geträumt und wurde von Schatten verfolgt. Blinzelnd und denn Schlaf wegreibend stand ich auf und duschte erst mal. Danach ging ich in die Küche, mit höllischer Angst vor dem Frühstück. Du fragst dich sicherlich warum, aber ich bin von einem Vampir gebissen worden, mutiert man dann nicht auch zu einem?
Wird man dann nicht auch zu einer Bluthungrigen Bestie die auch über ihre Familie herfallen würde? Auf jeden fall schlich ich zur Küche und beobachtete erst Mum wie sie in ruhe Zeitung las, mich überkam kein Durst nach ihrem Blut. Gut, ich ging hinein. „Morgen.“ Sagte ich leise und machte mir eine heiße Schokolade. „Morgen. Du siehst irgendwie nicht so gut aus Schatz. Alles Ok?“ Panisch drehte ich mich zu ihr um „Bin ich weiß, hab ich blaue Ränder unter den Augen?“ Sie begann zu lachen „Nein du hast nur eine Kruste an deiner Lippe, ist sie dir aufgesprungen?“ Ich bejahte und schluckte den Schock erst mal runter. Vorsichtig trank ich den fertigen Kakao. Er schmeckte und bis jetzt sehnte ich mich nicht nach Blut. Vielleicht bin ich ja doch keiner geworden?! Gegenüber von ihr nahm ich platz „Wie wird man eigentlich zum Vampir?“ Mum blickte von ihrer Zeitung auf und runzelte die Stirn „Nun ja ich denke du wirst von einem Vampiren erst in eine der Hauptarterien gebissen. Oder wenn der Tod schon über dir schwebt beißt er dich und gibt dir etwas von seinem Blut. Genau weiß ich es aber nicht.“ Meinte sie. „Aber du bist dir sicher mit der Hauptarterie oder?“ drängte ich. Sie nickte.
Glück gehabt ich war kein Vampir und es bestand bis jetzt auch nicht die Gefahr das ich einer werde. „Warum fragst du?“ Ich suchte nach einer Ausrede „Ach…nun ja man muss doch über seine Feinde bescheid wissen nicht?“
„Ja.“ Sie las weiter in der Zeitung. Als ich dann mit dem Frühstück fertig war und meine Haare getrocknet hatte, ging ich in mein Zimmer. Ich wollte mich gerade anziehen, da klingelte auch schon das Telefon „Evans.“ Meldete ich mich. „Hey Süße ich bin es, Lina. Ich wollte nur fragen wie es dir geht? Du hast gestern etwas gehetzt gewirkt.“
„Ehm naja ich hatte Bauchschmerzen, mir geht’s jetzt aber schon besser.“ Wich ich aus. „Ach so und wie bist du nach Hause gekommen?“ „Meine Mum hat mich abgeholt ich hatte sie auf der Toilette angerufen. Sorry Lina aber ich bin etwas in Eile wir sprechen uns in der Schule Ok!“ „Klar bis dann. Ciao!“ verabschiedete Lina sich. Das war das Gute, Lina war keine Klette und verstand immer wenn ich gerade nicht so lange telefonieren konnte. Fertig angezogen ging ich ins Wohnzimmer und schaltete das Radio an, Aurora gesellte sich dazu. „Was ist los Gwen? Du bist heute so nachdenklich?“ fragte sie. Nervös setzte ich mich auf den Sessel und schaute auf den Boden. Irgendwie wollte ich ihr nicht von Aiden erzählen, also nichts von dem Kuss. Ich wollte erst mal selber mit ihm sicher sein bevor ich davon jemandem erzähle. „Nichts. Hab mich nur etwas mit Lina gekabelt. Macht es dir was aus, wenn ich runter zu Carry geh?“
„Nein ist schon in Ordnung, bis gleich.“ Ich sprang vom Sofa und lief nach unten. Verzeih mir Lina das ich vortäuschen musste mit dir Stress zu haben. Leise klopfte ich dann an der Wohnungstür von Carry und wartete, dass sie mir aufmachte. „Ah du bist es Gwen, komm ruhig herein.“ Begrüßte sie mich. Schnell schlüpfte ich in die warme Stube hinein und setzte mich gegenüber von ihrer Katze auf das Sofa. „Ich wollte gerade fragen ob du nicht Lust hast mich auf einen kleinen Spaziergang zu begleiten?“ Keine Frage, ich zog meine mitgebrachte Jacke an und wir traten in die frische Morgenluft. Als wir endlich aus der Stadt waren und auf den noch nebligen Feldweg traten, sog ich die frische Morgenluft tief in mich ein. Herrlich diese Gefühl von Leben durchströmt zu werden, ich konnte mir gar nicht vorstellen wie es ist Untod zu sein.
„Gwen, du weißt das wenn du Probleme hast, ruhig mit mir über alles sprechen kannst oder nicht?“ kam es unerwartet von Carry. Ich ließ meinen Blick über die Landschaft schweifen und bemerkte einen Stich im Herzen. Das hatte ich öfters, wenn ich mich draußen in der frischen Luft befand. Manchmal erinnerte mich meine Umgebung an Irland und ich bekam Sehnsucht nach einem Land, dessen Boden ich noch nie betreten hatte. Komisch nicht? Aber diesmal war noch etwas anderes da. Ein Gefühl mit dem ich nicht recht klar kam, ich konnte es nicht zu ordnen. „Es ist nicht wirklich ein Problem! Ich…sag mal können Vampire eigentlich auch mit Menschen eine Beziehung führen?“ versuchte ich es. Carry lächelte mich an „Weißt du, es geht alles wenn man will. Aber es ist eine große Barriere dazwischen. Der Hunger nach Liebe…und der Hunger nach dem Saft des Lebens, dem Blut! Vampire und Menschen leben in getrennten Welten, es gelten andere Gesetze, andere Sitten.“ Wir wanderten immer weiter an grasenden Schaffen vorbei, „Natürlich ist vieles übertrieben, zum Beispiel die Geschichte mit dem Sonnenlicht. Sie können hinaus, sind nur etwas empfindlicher was die Sonne betrifft. Aber warum willst du das wissen, Gwen?“ Sollte ich es ihr sagen? Sie konnte mir bestimmt eher weiter helfen als Mum. „Weißt du, der jenige der mich bis jetzt immer gerettet hat, Aiden. Er ist…“
„Ein Vampir“ vollendete Carry den Satz. Erstaunt betrachtete ich ihr freundliches, wissendes Gesicht. „Ich konnte es mir denken, um deiner Frage zuvor zu kommen! Es war eindeutig, die Zeichen waren da. Irgendwann musste so etwas passieren.“ Sehr kryptische Andeutung, ich verstand nichts. „Meine Gabe verhilft mir oft in Gedanken oder in die Zukunft zu sehen. In meinen Träumen erschien mir öfters ein Engel der Nacht und die Mondgöttin Gwendolyn. Die Verbindung bestand, ich musste nur noch das letzte Puzzlestück zusammen führen. Und das war der neue Thronfolger der Vampire, die Suche nach der weisen Frau. Tja und als ich ihn einmal Abends in der Nähe unsere Hauses angetroffen hatte, sah ich direkt das er ein Vampir ist.“ Jetzt wurde mir so vieles klarer.
„Was hatten die beiden für eine Zukunft?“ Auch wenn es verrückt war, ich wollte diesen geheimnisvollen jungen Mann besser kennen lernen, auch wenn er sehr wahrscheinlich nach meinem Blut dürstete. „Das, meine Liebe, vermag nur die Schicksalsgöttin zu sagen. Soweit reicht meine Gabe leider nicht aus.“ Schade.
„Und was soll ich jetzt tun, es ist alles so kompliziert, die Gefahr und das Ungewisse sind so nah.“ Flüsterte ich in mich hinein. „Vertrau deinem Gefühl, es hat dir doch bis jetzt immer das Leben retten können oder nicht?!“ Wir waren wieder vor unserer Haustür abgekommen. Ich bedankte mich für das Gespräch und ging wieder zurück in unsere Wohnung. Da ich relativ faul war, las ich wieder einmal ein Buch. `Der Venuspakt` eines meiner Lieblingsbücher, vielleicht würde mich das ja auf andere Gedanken bringen.

Am nächsten Morgen machte ich mich auch schon wieder für die Schule fertig. Nach dem ich gefrühstückt hatte unterhielt ich mich noch kurz mit meiner Mum was es denn zu essen geben würde und dann war ich auch schon auf dem Weg zum Bus. Lina trat wie immer eine Bushaltestelle nach mir ein und wir bequatschten sogleich was wir denn noch so am Sonntag getan haben. Die magischen Details ließ ich allerdings beiseite, dass musste sie ja nun wirklich nicht wissen. Nach der Busfahrt schlenderten wir gemütlich zum Bäcker, der auf dem Weg zur Schule lag. Lina kaufte sich gerade einen Mohnstritzel, als ich im Spiegel an der Wand einen Schatten sah. Es war keine richtige Person, es war einfach im Spiegel. Erschrocken starrte ich den Spiegel an und musste meine Panik runter schlucken. Ich bemerkte das alle anderen Kunden diesen Schatten gar nicht wahrnahmen, nur ich. Glücklich dass wir endlich aus der Bäckerei waren, rumorte es in meinem Magen ganz schön und ich blickte immer wieder verstohlen hinter mich. Das blieb Lina selbstverständlich nicht verborgen. Besorgt schaute sie mich an „Was ist denn los Gwen, seit dem Bäcker bist du etwas verstört?“
„Ach nichts…“ wich ich aus und wir betraten das Schulgebäude, „Bin nur wegen dem Biotest etwas beunruhigt. Wir sehen uns in der Pause!“
Leider blieb es nicht bei dem Vorfall, als ich in der Pause auf die Mädchentoilette ging, beobachtete mich wieder ein Schatten im Spiegel. Kreischend lief ich aus der Toilette und alle starrten mich belustigt an. Der ganze Tag war absolut chaotisch, nur Biologie lief super. Nach diesen schrecklichen 6 Stunden eilte ich seufzend aus dem Gebäude, Lina hatte heute nur 5 Stunden, da entdeckte ich auf dem Parkplatz einen Audi TT.
Davor, ganz lässig angelehnt, stand Aiden. Er hatte wieder seinen schwarzen Mantel an und alle Mädchen die an ihm vorbei gingen schmachteten ihm nach. Etwas verschüchtert schlenderte ich zu ihm hinüber und begrüßte ihn „Hey.“ Verschmitzt lächelte er mich an „Dir scheint es ja doch besser zu gehen, als ich dachte.“ Ich schnaubte.
„Magst du vielleicht bei mir einsteigen oder willst du lieber mit dem Bus nach Hause fahren.“ Da brauchte ich nun wirklich nicht lange zu überlegen, als ich dann im Auto saß vergas ich mich doch tatsächlich mich anzuschnallen. Aiden fackelte nicht lange und beugte sich zu mir hinüber um mich anzuschnallen. Er berührte mich ganz sacht und verharrte etwas länger an meinem Hals, er schnupperte, „Du riechst so gut.“ Flüsterte er und ging, schneller als es Menschen möglich wäre, wieder an seinen Platz zurück. „Also wie war dein Schultag?“
„Nicht so gut! Überall folgen mir diese Schatten, ich traue mich noch nicht einmal mehr in den Spiegel zu schauen. Ich weiß nicht was ich dagegen machen kann.“ Gab ich mit zitternder Stimme zu. Wenn ich ehrlich war, fühlte ich mich ganz schön alleine, Lina konnte ich ja nicht einweihen. Und Mum war ja nicht da, also jetzt meine ich. Aiden fuhr von dem Parkplatz hinunter und bog in die nächste Straße ein, „Das ist doch ärger als ich dachte. Ich hätte nicht gedacht das Sirion so weit geht und dich beschatten lässt. Oder sogar versucht dir Angst zu machen.“
„Ach nein?“ Er schüttelte den Kopf, „Ich hätte es so gemacht, dass du nichts bemerkst, und dich dann gefasst.“ Sehr beruhigend. „Schön das du das so leicht von dir gibst, ich muss mir echt noch überlegen ob ich dir Vertrauen soll.“
„Ein bisschen spät, findest du nicht?“ fragte er, „Schließlich sitzt du doch schon längst in meinem Auto, ich kann mit dir machen was ich will. Du könntest dich noch nicht einmal wehren!“ Vielleicht wollte ich das ja gar nicht? Ich meine, wenn man schon seinem Traumprinzen begegnet und dann stirbt. War es dann nicht in einem Moment in dem man den Himmel schon erlebt hat? Seit ich 6 bin warte ich auf meinen Märchenprinzen und nun ist er da. Aber leider ist er ein dunkler Engel. Deswegen Verzichten?
Nein!
Lieber sterbe ich und habe das Glück gekannt (auch wenn es nur ein Kuss war), als das ich auf Ewig lebe und Liebe nie kannte.
Ich erwiderte nichts darauf. Er würde mich für verrückt halten, wenn ich nun mit Liebe kam. „Sonst irgendwelche Vorfälle, Gwen?“ Wie er meinen Namen sprach, das lief mir richtig den Rücken runter. „Nein sonst war da nichts.“
„Gut, in nächster Zeit wirst du mich dann wohl öfters ertragen müssen.“ Ungläubig betrachtete ich sein Adonisprofil „Wieso?“ Er lachte „Ich muss wohl oder übel auf dich aufpassen, dass du nicht geopfert wirst.“ Ach so, na dann. „Warum machst du das? Willst du nicht König der Vampire werden? Ich meine du könntest mich doch ganz leicht überrumpeln…ohne das ich mich wehren könnte, geschweige denn wollte!“ sagte ich. Schweigen, dann „Ich weiß nicht genau, vielleicht liegt es daran das ich dich mag, oder das ich dein Blut gerne noch länger riechen will. Vielleicht liegt es aber auch ganz allein daran, dass ich gegen das Menschen töten bin.“ Schloss er ab. Plausible Erklärung und irgendwie fühlte ich mich geschmeichelt, auch wenn es um mein Blut ging (was schon etwas makaber war). „Danke!“
„Ich würde mir noch nicht zu früh danken vielleicht passiert ja noch etwas Unerwartetes.“ Gab er zurück. Der Audi blieb stehen, verwundert blickte ich nach draußen und bemerkte leider, dass wir schon vor meiner Tür standen. „Dann eben Danke fürs nach hause fahren. Ciao.“ Ich machte dir Tür auf und wollte gerade aussteigen, da bemerkte ich bereits zu spät, dass ich noch nicht abgeschnallt war. Beschämt drehte ich mich um, um das nachzuholen. Ich hatte gerade meinen Kopf gedreht, schon war sein Gesicht ganz nah neben meinem. „Etwas Unerwartetes.“ Wiederholte er und küsste mich. Mein Herz setzte kurz aus. Ich schloss meine Augen und versuchte nicht gleich in Ohnmacht zu fallen. Himmel, er küsste fantastisch.
Aiden beendete den Kuss und ließ mir Zeit den Gurt zu öffnen. „Danke.“ Stammelte ich abermals und stieg aus dem Wagen aus. Allerdings wusste ich nicht ganz für was ich mich nun bedankte, für den Kuss oder die Heimfahrt.
Ich blieb noch lange stehen nachdem das Auto weg gefahren war, ich konnte mich noch nicht ganz dazu bewegen meine Beine zum gehen zu bewegen. Nach einiger Zeit wurde es recht kühl und ich beschloss doch rein zu gehen. Oben angekommen machte ich schnell meine Hausaufgaben, und da ich ein Sozialer Mensch war, lernte ich auch noch für Mathe. Danach aß ich mit meiner Mum zu Mittag. „Und wie war die Schule?“ sie war eindeutig neugierig und merkte das mit mir etwas nicht stimmte. „Schrecklich! Überall sind diese Schattenwesen, Mum!“ meinte ich dann und ließ mich an die Lehne des Stuhl fallen. „Ich fühle mich bedroht und beobachtet, weiß gar nicht mehr was ich machen soll, es ist….“ Mir fehlten die Worte. „Ich weiß es leider auch nicht. Gwen…deswegen würde ich dich gerne bitten in nächster Zeit abends nicht mehr raus zu gehen, ja? Es ist einfach zu gefährlich.“ Meinte sie ganz kleinlaut. „Ist schon in Ordnung! Ich will schon gar nicht mehr!“ kauend betrachtete ich die Maserung des Tisches. Es war einfach schrecklich. Da half es auch nichts eine neue Gabe zu haben. „Gwen, da ist noch etwas. Bald ist Beltane, am ersten Mai. Carry und ich hatten vor das zu feiern.“
„Beltane? Was wird da gefeiert und wie? Ich geh nicht nackt mit euch auf einen Berg!“ sagte ich, was wäre die Welt auch schon ohne Ironie? Aurora begann zu lachen „Das ist auch gar nicht nötig.“ Sie wurde wieder ernst, „ Beltane ist ein so genanntes Lichtfest, die Feier zu der Vereinigung der Fruchtbarkeitsgöttin mit dem Gehörnten. Wir wollten ein Maifeuer entzünden und frische Maiblumen pflücken gehen. Vielleicht ein par alte Legenden hervor kramen und uns erzählen. Wie wäre es?“ So schlimm hörte sich das alles nun nicht an. „Von mir aus! Ich bin offen für alles!“ Es schein sogar sehr interessant zu werden.

Am nächsten Morgen wachte ich, früher als der Wecker klingelte, auf. Draußen tobte der Wind und es war noch nicht ganz hell, was so viel hieß wie, es war gerade mal 6 Uhr. Etwas stimme nicht, ich hörte so ein Klingeln in meinem Kopf und meinem Bauch schien es auch nicht so gut zu gehen. Vorwarnung?
Nervös kletterte ich aus dem Bett und schaltete schnell das Licht an. Die Schatten verzogen sich und ich atmete erleichtert auf, kein Eindringling war in meinem Zimmer. Nach dem ich die Rollladen hoch gezogen hatte, schaute ich aus dem Fenster. Die Straße lag ruhig und verlassen da, Sträucher und Bäume wiegten sich im Wind. Niemand war zu sehen, bis auf…doch da war jemand. Am gegenüberliegenden Hauseingang saß jemand. Tief hinunter gezogene Kapuze. Starrer Blick zu mir. Mich fröstelte es und ich drehte mich um.
Und erschrak zu Tode, im Spiegel stand jemand! Ein starrer Blick auf mich und irgendetwas flüsterte er. „Die Zeit reift…komm zu uns!“ dann war es weg. Schlotternd stand ich da, unfähig mich zu bewegen.
Warum taten die das? Konnten die mich nicht einfach kidnappen, dann wäre das ganze wenigstens schon hinter mir. Aber das war viel schlimmer, viel, viel schlimmer. Nicht zu wissen was als nächstes passieren würde. RRingg, riiingg!!
Ich kreischte auf, lief zum Wecker und schmetterte ihn gegen die Wand. Er zerfiel in seine Einzelteile. Mit einem lauten Scheppern landeten sie auf dem Boden. Schon wurde die Tür aufgerissen und meine Mum stand im Zimmer „Was ist los?“ rief sie und schaute sich im Zimmer um. „Nichts!“, entgegnete ich, „Du hast alles verpasst! Da…da war jemand im Spiegel. Ich…oh Mum!“ jammerte ich. Nein ich weinte nicht, ich war wütend, und zwar richtig! „Ich habe keine Lust mehr auf dieses Versteckspiel. Ständig werde ich beobachtet! Erst von diesem Irren draußen und nun aus dem Spiegel heraus.“
„Von draußen?“ wiederholte sie und lief zu meinem Fenster. Aurora schnappte nach Luft, „Es ist soweit! Sie haben grünes Licht für dich frei gegeben.“ Ein großes Fragezeichen erschien auf meinem Gesicht. „Was? Wie grünes Licht?“ Langsam drehte sie sich zu mir um „Die Schergen von Sirion dürfen jetzt offiziell auf dich Jagd machen. Er will dich für sich haben. Wir müssen Vorkehrungen eintreffen, heute ist nicht mit Schule!“ Hektisch lief sie aus dem Zimmer und polterte runter zu Carry. Währendessen ließ ich mich auf mein Bett sinken und murrte vor mich hin. Jetzt konnte ich deswegen sogar nicht zur Schule gehen. Egal, wir schrieben im Moment sowieso keine Arbeiten. Ohne große Lust zog ich eine dunkel blaue Jeans und ein braunes Sweat Shirt an. Kämmte mir die Haare und beschloss ohne große Eile zu Frühstücken. Der Tag versprach lang zu werden. Ich hatte gerade meine Müslischüssel weggestellt, da kam Mum mit Carry auch schon zurück. „Morgen Gwen. Es ist beschlossene Sache, du gehst jetzt zu erst mit uns einkaufen.“ Meinte Carry, zerrte mich hoch, stopfte mir meine Jacke in die Arme und wir drei schritten aus dem Haus zu dem Auto von meiner Mum (das kein Audi TT war, in welchem ich jetzt viel lieber säße).
„Ich werde gejagt und ihr wollt jetzt einkaufen gehen? Habe ich das richtig verstanden?“ fragte ich vom Rücksitz die beiden Hühner vor mir. „Ja! Aber nicht solche Sachen wie du jetzt denkst. Zu erst fahren wir zum Praktiker. Dort kaufen wir Rosmarin ein.“, erklärte Mum, Carry fiel ihr dazwischen, „Danach werden wir viele Kerzen kaufen, weiße. Weiße Farbe und einen Schiefer Stein.“
„Und wozu das alles?“, wenn ich ehrlich war wollte ich das alles gar nicht mehr wissen, „Obwohl. Nein erklärts mir lieber nicht!“ Wir fuhren nun also zu Praktiker, dort kauften wir 3 Pflanzen Rosmarin und einen Schieferstein. Ach ja und weiße Farbe. Darauf hin fuhren wir zu einem Drogeriemarkt und kauften weiße Kerzen ein und etwas Süßes, weil Carrys Zuckerspiegel sank. Nach dieser Tortur hielt Mum noch kurz beim Edeka an und kaufte alle wichtigen Lebensmittel ein. Schließlich und endlich gelangten wir wieder nach Hause. Oben bei uns angekommen, durfte ich direkt einen Rosmarinstrauch an mein Fenster stellen (warum werde ich noch nachfragen). Carry und Mum pflanzten einen Rosmarinstrauch in den kleinen Vorgarten neben die Haustür und einen Strauch an den Eingang zum Garten. Danach stellte sie den Schieferstein in unser Wohnzimmer und begannen Runen (soviel wusste ich schon) darauf mit der weißen Farbe zu malen. Ich gesellte mich zu ihnen und beobachtete ihr Tun mit ernst gemeintem Interesse. „Was sind das für Runen? Und wofür steht der Rosmarinstrauch?“ Aurora unterbrach kurz das Malen und erklärte es mir „Das hier sind die beiden Runen Algiz und Naudiz. Sie stehen beide für Schutz. Aber auch für Verteidigung und Stärke.“ Nun wandte sich auch Carry an mich
„Die Rosmarinsträucher soll man an Eingänge oder Ausgänge setzten. Sie helfen gegen ungebetene Gäste. Also auch zum Schutz gegen Böses!“ Aha. Ich werde nie wieder auf den Gedanken kommen mein Leben sei langweilig! Das ist es nicht mehr, schon lange nicht mehr! Im Gegenteil nun werde ich auch noch von etwas verfolgt, dass manche Menschen nur als Legende bezeichnen. Sehr logisch Evans! „So weit so gut! Hat jemand von euch Hunger? Ich denke ich werde nun kochen.“ Meinte Carry und stand ächzend vom Boden auf. Mum nickte nachdenklich und folgte ihr. Ich blieb alleine auf dem Boden neben der Steintafel sitzen. Da wir nun relativ gut befreundet waren, blieben die Türen zwischen den beiden Geschossen meistens offen, der Flur war jetzt sozusagen ein ganz normaler Wohnflur. Deswegen sah ich jetzt nun auch zum ersten Mal Carrys Katze hier oben herum streifen. Sie betrachtete alles sehr genau.
Jetzt fiel mir auch wieder ihr Name ein, sie hieß Minka.
„Na süße! Du hast vielleicht ein schönes ruhiges Leben! Ohne Gefahren! Das muss traumhaft sein.“ Meine Finger glitten durch ihr seidiges Fell und ich begann mit dem verschmusten Tier zu spielen. Kaum auf die Zeit achtend roch ich langsam wie es im Haus lecker begann zu duften. Plötzlich sprang die Katze auf und fauchte eine Ecke im Wohnzimmer an. Bevor ich sah was da war, sprang Minka auf und lief nach unten. Verwirrt folgte ich ihr und ging aus unserer Wohnung auf die Treppe zu.
Minka war schon in der Mitte der Treppe angelangt und fauchte abermals. Auf einmal sprang sie mich an und kratzte mein Bein. Aufjaulend stolperte ich nach hinten und kreischte kurz auf. Jetzt ging alles ganz schnell. Das Klingeln in meinem Kopf machte sich bemerkbar und ich bekam gerade noch mit wie etwas ziemlich Knapp meinen Kopf verfehlte.
Der ganze Radau hatte natürlich Carry und Mum auf den Plan gerufen, die erschrocken nach Luft schnappten und dann wild durcheinander redend die Treppe zu mir hoch liefen. „Was war hier los? Gwen alles Ok?“ Minka saß nun seelenruhig neben mir und betrachtete mich stolz. Diese kleine Katze hatte mich doch tatsächlich vor einem Angriff bewart.
„Gwen, Himmel, würdest du jetzt bitte antworten?“ Aus mir kam kein Ton hervor, ich sah nur das schwarze Messer in der Wand stecken, dass ein kleines Zettelchen aufspießte. Unfähig irgendetwas zu tun saß ich einfach nur da und ließ Mum und Carry einfach drauf los reden. Zuhören klappte nicht. „Da.“ Kam dann doch endlich mal aus meinen Lippen und ich weiß mit meinem Finger auf das schwarze Messer. Mum drehte sich um und erstarrte sofort. Carry zog das Messer ganz langsam aus der Wand, es wog schwer in ihrer Hand. „Eindeutig ein Dolch mit denen man Opferungen durchführt. Ich gehe es unten mal untersuchen.“ Carry drehte sich um, die Treppe hinunter und in ihre Wohnung. Mum ging ihrerseits nun in die Knie und war auf Augenhöhe von mir, „Oh Schatz! Das tut mir so Leid. Ich wollte doch das du ein normales Leben führst…und nun das!“ Tränen sammelten sich in ihren Augen und ich konnte auch Schuldgefühle in ihnen lesen.
„Mum,“ begann ich, „Da kannst du doch nichts für! Ich werde mir schon zu helfen wissen. Außerdem ist bis jetzt nichts passiert. Das wird schon gut gehen.“ Versuchte ich sie aufzubauen. Sie nickte stumm und richtete sich wieder auf, „Ich geh kurz zu Carry, ich bin gleich wieder oben.“ Mit zitternden Knien stand ich auf und schwankte in mein Zimmer. Mein Herz raste immer noch. Das Meiste was ich Mum erzählt hatte, hatte ich nur gesagt damit sie mich alleine ließ. Ob diese Geschichte wirklich gut ausging, daran zweifelte ich. Panik breitete sich in mir aus und ich stand den Tränen nahe. Schwer ließ ich mich auf mein Bett fallen und machte die Augen zu. Hoffend wartete ich auf das Reich der Träume doch der erwünschte Schlaf kam nicht. Dafür Kopfschmerzen und ein stechendes Klingen im Kopf. Super, jetzt wurde ich auch noch Krank. Nachdem jemand versucht hatte mich umzubringen! Dann hörte ich Schritte „Mum…ehrlich mir geht es gut!“ genervt, weil ich doch alleine sein wollte öffnete ich die Augen.
Und erstarrte. Ein Schatten wanderte in unser Wohnzimmer, mich schien er nicht bemerkt zu haben. Angstschweiß trat auf meine Stirn und mein Atem begann zu rasseln. Was sollte ich den jetzt tun?
Leise setzte ich mich auf und schlich ans Ende meines Zimmers, versteckte mich hinter der Tür und ergriff eine schöne Vase die auf meinem Schrank stand. Schwere Schritte traten an die Türschwelle. Ein Schritt ins Zimmer, noch einer. Das Holz knarrzte. Ich riss meine Augen auf, dies war kein Schatten, sondern ein Vampir. Ein schöner Vampir. Aber, und das war das Problem, kein Guter. Alle Alarmsirenen in meinem Kopf schrillten. Er drehte mir immer noch seinen Rücken zu, dichtes Bronze farbenes Haar und ein breites Kreuz. Ich hob die Vase an und ließ sie auf seinen Kopf hinunter sausen. Sie zerbrach, doch ohne erwünschtes Ziel.
Blitzschnell zeigte er mir sein perfektes Gesicht, das in dem Moment aber Wut verzerrt war. Er hob seinen Arm und schleuderte mich einmal quer durch die Tür bis zum Wohnzimmer. Der Aufprall ging mir durch alle Knochen.
Und ich stöhnte vor Schmerz auf. „Soso…du bist also die Auserwählte. Eine schöne junge Frau.“, er lachte gehässig und ging aus meinem Zimmer raus auf mich zu, „Und wie einfältig, denkst du könntest mich mit einer Vase zum Fallen bringen!“, sein Lachen dröhnte durch den Raum. Ächzend versuchte ich mich aufzurichten. Doch es ging nicht, mein Kopf tat weh und mein Rücken schien von tausend Messern geschnitten zu werden. Mit dem Schmerz robbte ich auf den Boden nach hinten. Wo blieben den Mum und Carry? Hörten sie den nichts? Obwohl, was sollten die den auch schon ausrichten? Eine neue Taktik musste her „Sirion?!“, presste ich hervor und verzog das Gesicht. Sprechen tat auch weh. „Schnell bemerkt.“ Noch ein Schritt. Was wird bloß aus mir? „Auch nicht gerade das was ich mir vorgestellt hatte!“, tapfer, aber wahrscheinlich ziemlich dämlich ihn zu reizen. Was anderes fiel mir nicht ein. Er zog eine Augenbraue hoch. Ich preschte geradewegs ins Verderben. Er fletschte die Zähne und kauerte sich in eine Angriffsposition. Ein Knurren kam von seinen Lippen das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Plötzlich tauchte hinter im ein Schatten auf, es war Aiden, gerade zur rechten Zeit. Der Vampir setzte gerade zum Sprung an, da erstarrte er und kippte zur Seite hinweg. Ein Messer steckte in seiner Seite. Aiden schoss hervor und nahm mich in den Arm „Keine zeit für Fragen.“ Bestimmte er und ich sah wie der böse Vampir sich wieder aufrappelte und erneut versuchte anzugreifen.
Er war schon in der Luft, da wurden auf ein Mal alle Bilder verzerrt. Ich hatte das Gefühl als würde ich in meine Einzelteile zerlegt, schwerelos.
So schnell der Eindruck gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder und wir standen wieder im Wohnzimmer.
Moment, ein anderes Wohnzimmer.
Ein großes, geräumiges mit schönen teuren Möbeln. Ich schnappte nach Luft „Aiden?“ ein gefährlicher Unterton schwang mit, „Wo sind wir.“ Er schaute sich um und brachte mich in eine bessere Position. Ich lag in seinen Armen und er trug mich als wöge ich nicht mehr als ein Rucksack (wobei ich doch zugegeben um die 55 Kilo wog).
„Wenn du es genau wissen willst, wir sind bei mir!“ Staunend schaute ich mich um. Große creme farbene Sofas, ein Couchtisch. Ein Flachbildschirm Fernseher, bei dem jeder vor Neid erblassen würde. Fenster die bis auf den Boden gehen und den Ausblick auf eine wunderschöne Parkanlage zeigten. Große Ölgemälde hingen an den hell gelben Wänden, es war einfach schön. „Wow!“ Ganz sachte stellte er mich auf den Boden. Der Schmerz brannte von neuem auf und ich sackte weg. „Auh!“, entfuhr es mir und ich hatte abermals Tränen in den Augen.
„Warte.“ Er hob mich mühelos auf das bequeme Sofa und brachte mich in eine liegende Stellung. „Ehm…hast du Durst?“, fragte er dann. Ich nickte und schluckte das aufjaulen herunter. Etwas Stolz besaß ich noch. Kurz war er weg, doch dann stand er wieder neben mir und reichte mir das Glas mit kaltem Wasser. „Tut mir Leid, es ist nur Leitungswasser. Ich hab nichts anderes da.“ Das kühle Nass rann belebend meinen Hals hinab und ich fühlte mich etwas besser. „Danke!“, murmelte ich und schaute in seine grünen Augen. Spiegeln konnte ich mich allerdings nicht in ihnen. Woran das wohl lag?
Aiden unterbrach meine Gedanken „Ich scheine immer zur rechten Zeit zu kommen, kann das sein!“, grinsend setzte er sich an den Rand des Sofas. Unter seinem Gewicht rutschte ich etwas nach außen. „Jetzt kennst du ja auch Sirion. Ich frage mich allerdings…“ „Was fragst du dich.“, drängte ich. „Normalerweise ist er kühl und ziemlich penibel was seine Pläne angeht. Aber heute wirkte er unkontrolliert und…was hast du gemacht?“
„Ich habe versucht ihn mir einer Vase KO zu schlagen.“ Sein Lachen rollte mir den Rücken hinunter, die Couch erbebte. „Sehr gut!“ ,grinste er.
„Weswegen hatte das Messer ihn eigentlich verwundet?“
„Es war aus reinem Silber, das schwächt uns kurz, bringt uns aber nicht um. So konnte ich dich mit mir nehmen.“ Ich nickte und dann fiel mir wieder etwas ein „Wie hast du das eigentlich gemacht?“
„Was?“
„Na das …auftauchen und verschwinden und das alles!“, sagte ich und wartete ungeduldig auf eine Antwort.
„Ach so. Das nennt man Materialisieren. Man verschwindet kurz in eine andere Dimension, wandert durch die Zeit. Um so kurze oder längere Distanzen zu überwinden. Was sehr gefährlich ist, wenn man sich nicht damit auskennt, manche Körper kommen nicht heil an. Aber wenn man Erfahrung hat, ist das kein Problem!“, meinte er angeberisch. Wahnsinn, es gab also noch andere Zeiten als die jetzige.
„Kann Sirion uns denn nicht folgen?“, das wäre ziemlich unpassend, jetzt wo ich doch wieder mit meinem Retter alleine war. In Sicherheit. Etwas Peinlich war es mir ja schon. Dauernd rettet er mir das Leben, er musste mich ja für total tollpatschig halten.
„Hmm…wir haben eigentlich einen ziemlich starken Schutzzauber um das Schloss. Es würde mich wundern wenn er diese überwinden kann.“ Sagte er und schaute seinerseits aus dem Fenster. Hatte er gerade Schloss gesagt? Das war echt kaum zu glauben, ich lernte meinen absoluten Traummann kennen und der lebt auch noch in einem Schloss. Von wegen Walt Disney Filme geben einem falsche Hoffnungen was Liebe anbelangt. Man durfte doch noch an Wünsche glauben, meiner ging gerade in Erfüllung. Ich ließ jetzt außer Acht das er ein Vampir ist, dass war eindeutig nur eine Nebensache.
„Wie geht es dir?“, ich schluckte abermals meine Panik herunter und versuchte mich zu bewegen. „Soll ich ehrlich sein?“, ich verzog das Gesicht, „Mir tut alles weh. Mein Rücken, mein Kopf.“ Er nickte und schaute mir tief in die Augen. „Kann ich mir kurz deinen Rücken und deinen Kopf ansehen?“ Willenlos nickte ich und versuchte mich ohne, große Schmerzen zu bekommen, auf den Bauch zu drehen. Sein Blick brachte mich immer noch dazu, dass ich das Denken vergas. Ich lag jetzt mit dem Bauch auf der Couch. „Darf ich?“, er hob mein Sweat Shirt an. „Ja.“ Sagte ich in das Sofa.
Sehr vorsichtig krempelte er das Shirt hoch. Kalte Hände betasteten nun meinen Rücken, ich bekam sofort eine Gänsehaut, was er bestimmt auch mitbekam. „Du weißt nicht wie sich das anfühlt!“, wisperte er. Verdattert drehte ich meinen Kopf „Was?“ Ein verträumter Ausdruck war auf Aidens Gesicht getreten, „Diese Wärme! Das ist herrlich.“ Kurz schüttelte er sich und betastete weiter meinen Rücken. „Du hast ganz schön viele blaue Flecke auf dem Rücken.“, nun befühlte er meinen Kopf, „Fühlt sich sonst aber ganz Ok an.“, langsam zog er mein Oberteil wieder herunter und ließ eine Hand auf meinem Rücken liegen. Ein warmes Kribbeln durchlief meinen Körper. Ich kannte Aiden kaum, doch ich fühlte so eine Vertrautheit wenn ich mit ihm zusammen war. Außerdem half er mir aus allen misslichen Lagen in die ich geriet. Er war wirklich…süß, war das einzige Wort was mir gerade einfiel. „Was soll ich denn nun tun?“, sagte ich ohne großen Enthusiasmus, „Zurück kann ich jetzt nicht. Was ist mit meiner Mum und Carry?“ Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort, „Ich habe meine Schwester zu ihnen geschickt um ihnen die Lage zu erklären. Außerdem kannst du sie heute Abend von hier aus anrufen. Zurückgehen kannst du wirklich nicht mehr, du bist nur hier sicher.“ Das hatte ich ja bereits erwartet. „Wie wäre es wenn ich dir das Schloss zeige. Um dich auf andere Gedanken zu bringen?“, schlug er vor und stand auf. Unsicher schaute ich zu ihm auf „Wenn du mir aufhilfst!“, sagte ich darauf und lächelte vorsichtig. Spöttisch hob er mich aus dem Sofa und stellte mich vor sich. Noch wacklig auf den Beinen, suchte ich direkt an seiner breiten Brust halt. „Geht es?“
„Wird schon gut gehen.“, sagte ich leicht hin und nahm direkt die Hände von ihm. „Fangen wir hier an. Das ist das Wohnzimmer wie du vielleicht schon bemerkt hast. Hier kann man auch raus in den Park gehen. Der übrigens das ganze Schloss umgibt. Wir haben sogar einen See der an das Grundstück angrenzt.“ Staunend schaute ich aus einem der Fenster. Alls war in einem saftigen grün, große Bäume und kleinere Blumenbeete waren verstreut in Garten angerichtet. Es sah aus wie in einem Märchenschloss. Danach gingen wir in die Eingangshalle. Diese war in einem freundlichen grau gehalten. Ein großes Landschaftsbild zierte die Wand gegenüber einer breiten marmornen Wendeltreppe. Etwas Respekt einflössend war dies alles schon. „Kommen wir nun zur Küche.“, Aiden führte mich durch einen langen Licht durchfluteten Korridor zu einer geräumigen Küche. Helle Kacheln und eine große Kochstelle. Ich begann zu lachen, dass war echt zu komisch. Ich meine Vampir und kochen? Ich dachte die trinken Blut? „Weswegen lachst du? Ach so, etwas makaber nicht? Aber dies war vor langer, sehr langer Zeit mal ein normaler Haushalt gewesen und wir renovierten die Küche, vor Jahren, einfach mit.“ Neugierig betrachtete ich den Kühlschrank „Ist der gefüllt?“ Er stellte sich davor, „Ja ist er, ich weiß nicht ob du davon so begeistert wärest.“ Angewidert rümpfte ich die Nase. Und erinnerte mich dann an meine Manieren „Oh tut mir Leid.“
Er zuckte mit den Achseln, „Willst du das Musikzimmer sehen?“ Begeisterung, sogar ein Musikzimmer hatten sie. „Ja, gerne.“ Als ich noch kleiner war hatte ich eine kurze Zeit Klavierunterricht bekommen, mir hatte es viel Spaß gemacht, aber es wurde auf die Dauer einfach zu teuer.
Das Musikzimmer war in einem Grünton gestrichen. Eine große Couch nahm eine Wand ein und gegenüber befand sich ein wunderschönes Klavier. 2 Violinen lagen auf einer kleinen Kommode und mehrer Notenblätter verteilt im Raum. Sofort setzte ich mich ans Klavier und spielte einige Akkorde. Kindheitserinnerungen kamen hoch und ich hörte auf. „Du spielst gut!“, sagt er hinter mir. „Ach das bisschen. Ich spiele gerne, das ist er Unterschied.“ Anschließend stiegen wir die Treppe hoch. Ein großer Flur erstreckte sich zu jeweils 5 Türen. Das Schloss war einfach riesig. „Das ist ein Badezimmer.“, er deutete auf die Tür in der Mitte, „Dies ist der Arbeitszimmer, Gästezimmer…und das ist Carmens Zimmer.“ „Carmen?“, fragte ich. „Ja, meine Schwester, ich meine das ich sie schon erwähnt hatte.“ Ich stimmte ihm zu. „Und das.“, er ging auf die letzte Tür zu, „Das ist mein Zimmer, willst du es sehen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten öffnete er die Tür und trat ein. Folgend bestaunte ich sein ordentliches Zimmer. Es war groß. Es war technisch gut ausgestattet Computer, TV, Musikanlage um ein par Beispiele zu nennen und es war männlich. Ein großes Ledersofa stand an der rechten Seite, gegenüber der Fernseher. Geradeaus befand sich die Tür zu einem Balkon. Verschiedene Bilder schmückten die Wände und eine große Pflanze stand in der hinteren Ecke. Und ein riesen Bett mit schwarzen Satin Laken befand sich am anderen Ende. Musikanlage stand neben der Tür. Darüber hingen mehrer Fotos. Das Zimmer passte eindeutig zu Aiden. „Setz dich ruhig, ich mach mal Musik an. Magst du Soul?“, fragte er und ging zu einer großen Kommode in der sich Unmengen von CD´s ansammelten. „Ja, ich höre nur solche Musik.“ Leise ertönte Musik aus den Deckenlautsprechern. Da ich sein Zimmer zu interessant fand, setzte ich mich nicht und wanderte zu den Fotos. Jedes Bild war irgendwo anders aufgenommen wurden. Eines war von Paris, London, selbst New York. Manche hatten eine schlechte Qualität oder waren sehr alt. Doch auf jedem Bild war entweder Aiden oder eine wunderschöne Frau drauf. Selbst auf einem das ich als eines der ersten Fotos nenne würde, die jemals gemacht wurden sind.
Langsam begann ich mich zu fragen wie alt Aiden war. Nach den Fotos um die 100 Jahre würde ich sagen. Darüber wusste ich nicht ganz was ich denken sollte, wie konnte ein Mensch nur so alt sein. Die ganze Geschichte interessierte mich und ich wollte alles wissen. „Aiden, ist das Carmen da vor dem Louvre?“ Er gesellte sich neben mich und betrachtete das Foto. Dort war eine junge Frau in einem Kleid aus dem frühen 20 Jahrhundert zu sehen, die gekonnt mit der Kamera spielte. Sie war die Inkarnation von wahrer Schönheit, ein bisschen schlich sich Neid in mich. „Ja das ist Carmen.“, bestätigte Aiden.
„Sie ist wunderschön.“, sagte ich und konnte die Bewunderung aus meiner Stimme nicht vertreiben. Zierlich gebaut, wilde dunkel braune Locken, klein und ein ansteckendes Lächeln. Was für ein Geschwister Paar. „Sag mal, dieses Foto.“, ich deutete auf ein schwarz weißes, „Das ist doch relativ alt. Wie alt bist du in Wirklichkeit Aiden?“
„Wie wäre es mit einer anderen Frage?“, wich er mir aus und überspielte sein Unwohlsein mit einem Lächeln. Warum wollte er mir nicht sein Alter verraten? Denkt er ich würde ihn auslachen oder ängstlich weglaufen. Ich habe in der vergangenen Woche nun so vieles unrealistisches erlebt, da werde ich sein Alter nun wohl auch verkraften oder nicht?!
„Ok, wie bist du zum Vampir geworden?“ Er verzog keine Miene, drehte sich einfach um und wanderte zu dem Kamin, der sich auch in dem Zimmer befand. „Diese Frage kann ich dir nur beantworten, wenn ich ganz weit aushole und…“ Er beendete den Satz nicht.
„Ich bin gut im zuhören. Außerdem weißt du nun so gut wie alles über mich!“, sagte ich mit einem gewissen Druck in meiner Stimme, „Ich aber fast gar nichts über dich. Zum Beispielt warum es dir so leicht fällt in meiner Gegenwart zu sein, obwohl du nach meinem Blut dürsten müsstest oder…“, weiter kam ich nicht. Aiden lief, zu schnell für mein Auge, auf mich zu und stand plötzlich über mir, er packte mich und legte seinen kühlen Lippen an meinen Hals. Genau an die Stelle an der ganz sacht mein Puls schlug.
Ein Quieksen kam über meine Lippen und ich erstarrte unter seiner Hand. Unfähig etwas zu machen. „Du fragst dich, warum ich dich nicht beiße…oder töte? Nun meine Liebe das könnte ich ganz leicht, glaube mir! Aber irgendwann schafft man es unter Menschen zu leben. Ohne das sie einem auf die Schliche kommen, foltern und versuchen dich zu töten!“, flüsterte er in mein Haar und strich mir sanft über den Rücken, „Mich dürstet es nach Blut, oh ja. Aber man lernt seine Instinkte abzulegen und nur noch dann zu trinken wenn es einem angeboten wird.“ Ein kalter Hauch von seinem Atem strich über meine Haut und ich erbebte.
Abrupt stieß er mich von sich, als hätte er sich verbrannt und schaute mir Schuldbewusst ins Gesicht. Seine Augen spiegelten eine Entschuldigung wieder, doch er sagte nichts. Ich räusperte mich und versuchte wieder Herrin meines Körpers zu werden, der immer noch unter der Berührung von Aiden erschauderte. Dann begann er zusprechen. „Mitte des 18. Jahrhunderts wurde ich geboren, frage mich nicht genau wann, ich habe aufgehört meine Geburtstage zu zählen. Ich lebte mit Carmen hier in diesem Schloss, mit unserem Onkel zusammen. Eines Nachts brach ein Feuer in dem Flügel in dem Carmen schlief aus. Es war fürchterlich. Ich versuchte sie zu retten. Doch ich schaffte es nicht, das Feuer war mächtiger als ich.
Carmen und ich starben in jener Nacht.“, er sagte dies so ruhig und ohne jegliches Gefühl das ich versuchte mir die Szenerie vorzustellen. Das brennende Schloss, die schlafende Carmen und der wunderschöne Bruder der ihr zur Rettung eilte. Beide Opfer der grausamen, gierigen Flammen.
„Als mein Onkel uns barg, der schon immer einen Hang zum Okkulten hatte, der ohne unser Wissen ein Vampir war, uns zum Leben erweckte, wurden wir wieder geboren. Als Geschöpfe der Nacht, der Dunkelheit.
Die ersten Jahrzehnte fielen uns schwer. Die Eingewöhnung von Fleisch auf Blut…unsere Instinkte nicht wild ausleben. Ich war damals erst 19 Jahre alt, somit gerade er st erwachsen geworden. Doch unser Onkel hatte viel Geduld mit uns. Er brachte uns alles Wissenswerte bei, baute das Schloss wieder auf und bestieg den Thron der Vampire. Das war Anfang des 19. Jahrhunderts.“ Was für eine Vorstellung. Aiden musste um die 300 Jahre alt sein. Er hatte die ganzen Epochen miterlebt. Und stand so lebendig wie alles andere auch vor mir. Ich setzte mich auf das große Sofa und folgte weiter seinem Vortrag. „Doch die Intrigen am Hofe der Geschöpfe der Nacht sind genauso wie auch die am Hofe der Menschen. Unser Onkel wurde gestürzt und verschwand auf Ewig. Dies wurde dann auch die Zeit meiner Rebellion, ich bereiste die Welt. Indien, Übersee, Russland, Irland. Irgendwann merkte ich, dass mir meine Schwester fehlte. Die es zu dieser Zeit schon zu Wohlstand gebracht hatte. Von da an wohnte ich hier mit ihr gemeinsam. Meine Tage fühlte ich mir lernen aus. Ich studierte Englisch und Medizin. Zeit spielte keine Rolle.“ Ich unterbrach Aiden.
„Eben erwähntest du Folterungen?“ Er grinste erbost, „Oh ja. Dann kam die Zeit der Hexenverfolgung. Alle Jahre wieder, wie man so schön sagt. Carmen wurde als Hexe verdächtigt, fest genommen und gefoltert. Es wurde nach dem Hexenmal gesucht, sie wurde ausgepeitscht um ihre Schandtaten zu gestehen, doch sie blieb standhaft!
Es war schrecklich. Einerseits wollten wir unsere Deckung nicht aufgeben, andererseits musste ich sie retten. Es war das größte Attentat das wir Vampire jemals verübt hatten! Aber auch das Letzte.
Niemals wieder brachten wir Menschen um. Das ist der Schwur den Carmen und ich seit jenem Tag 1832 hielten.“ Das brachte Licht in die ganze Geschichte. „Ihr tötet Menschen also nicht wenn ihr sie beißt, oder von ihnen trinkt?“, fragte ich. Er schüttelte den Kopf, „nur wenn wir sie an der Halsschlagader beißen, nicht trinken. Mischt sich Gift in ihr Blut und sie transformieren sich zu Vampiren.“, erklärte er sachlich und setzte sich neben mich. Das musste ich erst mal alles verarbeiten, so viel neue Informationen. Sein Onkel, der Brand. Was er schon für ein Leben gelebt hatte, da erschien mir meines so bedeutungslos.
Plötzlich ertönte von unten ein helle Frauenstimme. „Das wird Carmen sein.“, vermutete er und stand wieder auf. Sogleich tauchte die besagte Person im Türrahmen auf. „Hallo!“, sagte Carmen zu mir, „Ich habe dich gleich gerochen, so etwas süßliches lag in der Luft. Und wie geht es dir?“ Verdattert das sie nicht so förmlich war antwortete ich ihr, „Ehm…mir geht es den Umständen entsprechend denke ich.“ Sogleich folgte die nächste Frage, „Hast du Hunger? Ich könnte schnell was beim Chinesen holen?“ Aber sie aßen doch gewiss nicht mir, oder? Würden sie das dann nur für mich machen? Andererseits, wenn ich nun länger hier bleibe, brauche ich was zu essen. „Ja, das wäre sehr nett von dir. Danke.“ Sie winkte ab, „Kein Problem. Bis dann.“, danach folgte ein kurzer Blicktausch mit Aiden und sie vermaterialisierte sich.
„Was war das denn?“, wollte ich wissen. „Das hast du mitbekommen?“, wunderte sich Aiden und drehte sich zu mir um. Er stand nun vor mir. Groß und gut aussehend. Und jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Er war der dunkle Engel aus meinem Traum.
Die Person auf die ich in dem großen Park gewartet hatte. „Nun, Carmen hat mir nur erzählt, dass Sirion bescheid weiß, dass wir dir geholfen haben. Und das er dies dem hohen Rat berichten wird.“ Ich nickte und betrachtete meine Füße. „Ist das gut oder schlecht?“ Er bückte sich vor mich und umfasste meine Knie mit beiden Händen,
„Das kommt ganz darauf an, nicht jeder Vampir wünscht sich den Tod für euch Menschen, manche wollen einfach in Frieden ihr Leben leben. Andere wieder rum töten, ehm trinken, gerne von euch.“, damit gab ich mich zu frieden. „Bleibe ich jetzt hier bei euch, oder gehe ich morgen wieder zurück. Ich habe ja auch noch Schule und so.“ Kurz richtete er seinen Blick in die Ferne, dann antwortete er, „Für die ersten par Tage müsstest du wohl hier bleiben. Aber Carmen oder ich, werden dich zur Schule hin und herfahren. Das macht aber nichts. Trotzdem denke ich, müssen wir noch einmal zu dir zurück um wichtige Sachen von dir zu holen. Einverstanden?“ Mir blieb ja doch keine andere Wahl. Warum sich dann nicht einfach seinem Schicksal ergeben? „Ja, einverstanden.“, leicht drehte ich meinen Kopf und schaute zum Fenster hinaus, dabei wehten meine Haare im wohl ins Gesicht. Er atmete geräuschvoll aus und war auf einmal am anderen Ende des Zimmers. Verschreckt starrte ich ihn an und wartete darauf, das mein Herz sich beruhigte. Ich wollte gerade fragen was los sei, dann hielt er die Hand hoch um mich zum Schweigen zu bringen. Ein paar Sekunden verstrichen, dann löste sich seine Erstarrung von der Wand „Es tut mit Leid, wenn ich dich erschreckt habe. Aber weißt du, ich bin auch nur ein Vampir.“, entschuldigte er sich und trat einen Schritt näher heran. „Was habe ich den falsch gemacht?“, schließlich musste ich mich ja in Zukunft schützen. „Es war einfach nur ein schwacher Moment, normalerweise habe ich mich unter Kontrolle. Ich bin nur kurz was trinken.“, schon war er aus dem Raum.
Halt, er trank jetzt was.
Angewidert rümpfte ich die Nase. Geschmäcker unterschieden sich zum Glück. Ächzend stand ich auf. Mein Rücken begann wieder höllisch zu brennen und langsam wanderte ich zu der Balkontür. Der Ausblick nach draußen war einfach fantastisch. Ich verlor mich darin für einen Moment, bis sich jemand hinter mir räusperte.
„Fertig?“, fragte Aiden und bot mir seine Hand an.
Nickend ging ich abermals langsam auf ihn zu und nahm seine dargebotene Hand. Aiden zog mich nun an sich und wir materialisierten uns. Das Gefühl das ich mich in meine Einzelteile legte kam zurück. Eine rasche Abfolge von Bildern und dann standen wir in meinem Zimmer. Keuchend löste ich mich von ihm und betrachtete sein Adonisprofil, doch er schien keinen schwachen Moment mehr zu haben. „Beeil dich bitte, Gwen. Pack alles Wichtige ein.“ Schon holte ich eine große Tasche hervor und warf alles rein, was ich für nützlich hielt. Pyjama, Wäsche, neue Kleidung, Kakao…dann schnell ins Badzimmer, Zahnbürste/Pasta, Bürste etc. Als ich dann zurück kam stand Aiden vor meinem Bücherschrank und wandte mir belustig sein atemberaubendes Gesicht zu. „Interessant was du so liest. Vampirromane, Highland - Sagas.“ Böse funkelte ich ihn an. „Schon gut, gehen wir.“ Er umfasst mich abermals und wir verschwanden aus meinem Zimmer.

Die Abenddämmerung begann, der Tag neigte sich dem Ende zu. Seufzend ließ ich mich auf das Gästebett fallen. Eingehend betrachtete ich die weiß getünchte Decke und ließ alles Revue passierten. Da war der Einkauf gewesen, der Angriff, die Flucht nach hier. Dann der Rundgang, das Essen, dass ich mit Aiden einnahm, da Carmen noch ein paar Sicherheitsvorkehrungen traf. Jetzt musste ich nur noch auspacken und Mum anrufen. Entschlossen stand ich von dem all zu gemütlichen Bett auf und kramte alles heraus. Kleidung verschwand in einer kleinen Kommode, Schulsachen in einer Ecke des Zimmers. Waschsachen ließ ich neben der Tür stehen. Auf dem Weg nach unten schaute ich mir noch mal alles an. Das Haus ehm Schloss war einfach schön. Ohne zu wissen dass es so eines in unserer Nähe überhaupt gab, stand ich nun mitten drin. „Du möchtest gewiss deine Mum anrufen.“, ertönte es hinter mir. Erschrocken drehte ich mich um und stand Carmen gegenüber. Direkt überfuhr mich Eifersucht.
Kein böswilliger, es war einfach die Eifersucht das manche Menschen reich und schön waren und andere nicht. Ok, sie hatten dafür keine Seele, aber hey! Irgendeinen Nachteil muss das alles ja haben. Stotternd antwortete ich ihr, „Ja, das hatte ich eigentlich vor.“ Sie lächelte mich an „Du brauchst keine Angst haben. Fühl dich ganz einfach wie zu Hause. Ich zeig dir dann jetzt mal wo das Telefon ist.“ In einer fließenden Bewegung schritt, nein, schwebte Carmen die Treppe hinunter und ich folgte ihr (eingeschüchtert). Vor dem großen Eingang machte sie dann halt und wies auf ein kleines Telefon, das samt Notizblock auf einem kleinen Tischchen stand. „Bitte. Wenn was ist, ruf mich einfach, ja?“ Ich nickte und sie verschwand in dem Wohnzimmer. Während ich die Nummer von zu Hause wählte, überlegte ich wie Mum jetzt wohl reagieren wird. Da ertönte auch schon ihre Stimme „Gwen? Bist du es?“ „Ja Mum.“, sagte ich ergebend. „Himmel, du weißt gar nicht was ich mir für Sorgen gemacht habe. Wie geht es dir, Schatz?“, eine Woge von Fragen überrollte mich nun und ich versuchte sie alle, so gut wie möglich zu beantworten. Nachdem ich ihr versichert hatte, bestimmt an die hundert Mal, legte sie etwas beruhigter auf. Vorher nahm sie mir das Versprechen ab, morgen Abend noch ein Mal anzurufen. Ich legte auf und schaute mich um. Stimmen, schnell und leise Flüsternd erklangen aus dem Wohnzimmer. Ich folgte ihnen und sah dann Carmen und Aiden auf dem Sofa sitzen. „Was sagte deine Mum?“, fragte Carmen mich mit ihrer hellen Stimme. „Das ich schnell nach Hause kommen soll. Und das sie sich auf euch verlässt.“, beide nickten, „Weiß sie, dass ihr Vampire seit?“ Carmen streifte flüchtig Aidens Blick und antwortete mir, „Nein. Wir haben es für besser gehalten, nicht zusagen das wir das sind. Wir haben nur gesagt das wir nicht menschlich sind.“ Das waren sie gewiss nicht. Was ich mir allerdings denken konnte, war das Carry bescheit weiß. Ihr blieb nichts verborgen.
Gähnend nickte ich. „Du bist müde, Gwen!“, stellte Aiden fest und schaute mich komisch an. Fast zärtlich. Eigenartig.
Ich zuckte mit den Schultern. „Gehe dich doch ins Bett legen und schlafe dich aus. Gute Nacht.“ Das wünschte ich ihnen auch und schlurfte träge aus dem Raum. Schatten verfolgten mich, als ich die Treppe zu dem Gästezimmer, meinem Zimmer, stieg. Mit seltsamen Gefühl wusch ich mich im Badezimmer und machte mich bettfertig. Als das Licht zum Schluss erlosch kroch ich müde unter die Decke und wanderte ins Reich der Träume. Weit entfernt von hier.

- Leises Vogelgezwitscher verfolgte mich über die Wiese. Kein fröhliches, es klang eher so als wollten sie mich warnen. Doch vor was? Hier war nichts Bedrohliches. Hinter mir wog das Gras mit dem Wind. Blumen, in allen erdenklichen Farben und Formen waren vereinzelt verstreut. Meine Nackenhaare stellten sich auf ein Mal auf. Ich fühlte mich plötzlich beobachtet. Drehte mich hektisch im Kreis.
Die Vögel, wo war der Gesang? Es war zu ruhig. Suchend, aber nichts findend, sah ich mir die Wiese an. Da, Schatten krochen am Rand entlang. Der Himmel wurde dunkler. Sie umschlichen mich, wie Löwen sich an ihre Beute im hohen Gras heran pirschten. Schnell, flink schnitten sie mir den Fluchtweg ab.
„Wir kriegen dich.“, wisperten sie.
Es gab kein entrinnen. Sie setzten zum Sprung an. Fratzen, mit gebleckten Reißzähnen, flogen auf mich zu. Bissen mich, rissen mich. Schüttelten mich…-



„Gwen, wach doch auf!“ Ich fuhr hoch. Mir war eiskalt. Tränen benetzten meine Wangen, nahmen mir die Sicht und ich keuchte. Neben mir war Aiden. Sein weißes Gesicht wurde vom Mondlicht erhellt. Er sah tödlich schön aus. Sprachlos starrte ich ihn an. Unfähig überhaupt an irgendwas zu denken.
Zärtlich liebkoste seine Hand meine Wange und strich meine Tränen weg. Ich löste mich von meiner Erstarrung. Und schnappte wie ein Fisch an Land nach Luft. „Scht! Alles ist gut!“ Ich schüttelte mit dem Kopf „Das ist mir alles zu viel. Ich habe Angst!“ Zum ersten Mal in meinem Leben gab ich zu, dass ich Angst hatte. Fürchterliche. Aiden beugte sich vor und nahm mich in seine starken Arme. Ich schmiegte mich an ihn und ließ meinen Kopf auf seine Brust sacken.
Meine Muskeln entkrampften sich und ich ließ meinen Tränen weiter ihren lauf. Seine kalten Hände strichen mir beruhigend über den Rücken, eine leise Melodie begann er zu summen. Ruhe kehrte in mir ein. Was wird jetzt aus meiner Zukunft? Ich konnte mich ja nicht ewig hier verstecken. Aiden und seine Schwester hatten noch ein Leben. Und ich auch. Was wurde aus Carry und Mum und …höre auf zu denken Gwen, befahl ich mir.
Lebe für den Augenblick, nicht für die Zukunft. Du hast die Gewissheit, dass sie kommen wird, das muss genügen.
Bestimmt löste sich Aiden von mir und schaute mir tief in die Augen, bis in die Seele. „Geht es jetzt?“, flüsterte er. Ich nickte. Er erhob sich und ich legte mich wieder in mein Bett. Er stand gerade im Türrahmen und die Schatten krochen wieder aus den Ecken, lauerten. „Aiden?“ Er blieb stehen und drehte sich zu mir um „Hm?“
„Kannst du…nicht…nicht bei mir schlafen?“, jetzt war die Frage raus und sie schwebte in der Luft Wie kindisch ich mich doch benahm, aber die Angst war Stärker als mein Stolz. Gespannt wartete ich auf seine Antwort. Würde er mich auslachen. Verspotten?
Nichts dergleichen kam. Ernst schloss er die Tür und trat in das Mondlicht neben meinem Bett. Sein Profil ließ mich wieder das Atmen vergessen. Die Decke wurde angehoben und sein Gewicht neigte die Matratze. Beherrscht legte er sich neben mich und zog mich in seine Arme. Alles war ohne Worte, jeder wusste was der Andere dachte. Die Kälte die er ausstrahlte war nichts im Vergleich zu meiner Nervosität. Zitternd bettete ich den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen, mit der Hoffnung einschlafen zu können.
Nun kann ich in Ruhe sterben, war das Letzte was ich dachte.

Die Morgendämmerung begann. Die Schatten waren vertrieben. Alleine, worüber ich etwas enttäuscht war, lag ich im Bett. Zeit zum aufstehen. Ächzend, weil ich so starke Rückenschmerzen hatte, stand ich auf und betrachtete mich im Spiegel. Ein kleiner blauer Fleck war auf meinem Kiefer zu sehen. Nun betrachtete ich meinen Rücken. Blutergüsse zierten ihn. Seufzend zog ich meine Lieblingsjeans und eine weiße Bluse an. Etwas Ordnung in meinen Klamotten färbte vielleicht auf mein Leben ab, das schadete bestimmt nicht. Die Tür knarrte als ich sie öffnete, eilig stieg ich die Treppe hinunter und begegnete Carmen in der Küche. Meine Güte, die hatte bestimmt nie Bad-Hair-Days. Sie saß an der Küchentresse und tat was ganz menschliches. Zeitung lesen. „Morgen.“ Ich räusperte mich um die morgendliche Heiserkeit los zu werden. „Hallo Gwen. Schön geträumt?“, fragte sie heiter. Grummelnd antwortete ich „Nicht wirklich und du ?“ Engelsgleich lachte sie
„Wir können gar nicht träumen.“ Verdattert blieb ich vor ihr stehen.
„Ihr könnt nicht…!“ Sie stand auf
„Nein, können wir nicht.“ Carmen öffnete eine Schublade und holte das mitgebrachte Kakaopulver von mir heraus. Grinsend stellte sie eine Tasse heiße Schokolade vor mich. Meine Lebensgeister regten sich und ich schnupperte anerkennend. „Ich habe mir erlaubt, menschliche Lebensmittel einzukaufen. Das durfte ich doch oder?“ Würde es sie beleidigen wenn ich jetzt lachen würde. Zur Sicherheit tat ich es nicht und bedankte mich dafür.
„Keine Ursache. Am Montag bringen wir dich übrigens wieder zur Schule, dein Alltag darf unter dieser Problematik nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.“ Ich nickte und nippte weiter an dem Getränk.
„Wo ist Aiden eigentlich?“, fragte ich ganz nebenbei.
„Er ist beim hohen Rat um für die zu sprechen.“ Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Was? “ Ich blinzelte kurz und Carmen stand schon am Raum Ende.
„Tut mir Leid, Aiden braucht mich, bis gleich!“ Schon war sie weg. Beleidigt, weswegen genau weiß ich gar nicht, trank ich aus und schritt aus der Küche. Lustlos stieg ich die Treppe hinauf, bemerkte gar nicht wohin mich meine Füße trugen, bis ich in Aidens Zimmer stand. Sein Duft schwebte noch in der Luft und ich sog ihn genüsslich ein. Nervös schaute ich mir über die Schulter. Niemand war hier. Eilig ging ich zu seinem Kleiderschrank und öffnete eine Schublade. Socken. Falsche. Nächste. T-Shirts.
Abermals blickte ich mich im Zimmer um, ich hatte fast schon ein schlechtes Gewissen. Aber ich wollte mich doch so gerne an ihn erinnern, wenn das alles vorbei war. Deswegen zog ich mutig ein T-Shirt heraus und roch daran. Es duftete nach ihm. So männlich…ich seufzte und schloss die Augen. Wie gut sich das angefühlt hatte in seinen Armen einzuschlafen.
Ein sicheres Gefühl durchströmte mich und die Alpträume ebbten ab. Träumend schloss ich die Schublade wieder und verstaute sein T-Shirt schnell in meinem Zimmer. Er musste davon ja nichts merken, ich wollte keine peinliche Szene herauf beschwören. Nachdem ich wieder aus meinem Zimmer heraus war, wollte ich mir mal Carmens Zimmer ansehe.

Es war genauso groß und geräumig wie seines, nur hatte sie Ausblick auf den großen Wald. Apricot farbene Wände ließen den Raum wärmer erscheinen als er war. Fotos und schöne Bilder zierten die Wände, ein Himmelbett stand am anderen Ende. Eine gemütliche Sitzecke in bunten Farben in der Anderen. Schön bestickte Kissen, eine rote Decke und Kerzen. Es machte einen ziemlich orientalischen Eindruck auf mich. Belustig zog ich eine Augenbraue hoch. Ich verließ Carmens Zimmer und überlegte ob ich mir auch das Arbeitszimmer ansehen sollte…aber etwas hinderte mich.
Darin sollte ich nun wirklich nicht herum schnüffeln. Deswegen stieg ich die kalte Marmortreppe des Hauses wieder hinunter. Das Musikzimmer, gefiel mir von allen Zimmern immer noch am besten. Ich setzte mich auf den Schemel und begann ein kleines Klavierstück zu spielen. Die Töne waren hell und passten in das Schloss, passten zu meiner Stimmung. Die Deprimiertheit von vorhin war verschwunden. Ja, man könnte fast meinen ich wäre glücklich. Meine Finger glitten über die Klaviertasten, flogen über sie hin und her. Ich wechselte in ein anderes Stück und begann leise mit zusummen. Meine Augen schlossen sich und ich gab mich ganz der Musik hin.
Die Zeit musste ich wohl vergessen haben, den plötzlich stand neben mir Aiden und beobachtete mich fasziniert. Errötend ließ ich das Lied verklingen. Ein letzter Ton verebbte und ich legte meine Finger in den Schoss.
„Du spielst einfach wunderschön. Und deine Hingabe ist berauschend.“ Falls ich noch roter werden konnte, so geschah das gerade. Meine Augen senkten ihren Blick. Aiden ging vor mir in die Hocke und strick mir eine Strähne aus dem Gesicht
„Du wirst ja ganz rot?!“, meint er und lacht. Ein dröhnendes Lachen aus dem Bauch heraus. Ich versuchte ihn nieder zu schauen, was ihn noch mehr zum Lachen brachte
„Sei nicht böse. Es ist nur interessant zu sehen, wann dein Blut kocht. Was deinen Duft noch weiblicher riechen lässt.“ Verwirrt legte ich meinen Kopf schief. Auf einmal flog ich durch die Luft. Der Schemel kippte leise um und ich befand mich kopfüber auf Aidens Schulter. Er trug mich als würde ich nichts wiegen. Kreischend erklärte ich ihm meinen Missmut
„Lass mich runter du Grobian, ich bin doch keine Puppe!“ Allerdings ließ ich das Einschlagen auf seinen Rücken bleiben, etwas Stolz besaß ich noch. Wofür ich mich lieber selbst geohrfeigt hätte ist, dass meine weiblichen Hormone es ganz prächtig fanden getragen zu werden. Böse ließ ich mich vom ihm ins Wohnzimmer tragen. Er lachte immer noch und ließ seine Hand meine hinteren Oberschenkel in Richtung Po wandern.
„Wag es dich und ich mache dir das Leben zur Hölle!“, flüsterte ich gefährlich, die Wanderschaft hörte auf und er ließ mich langsam an seinem Körper hinab gleiten. Ich spürte seine kräftigen Muskeln und sackte auf dem Boden. Meine Knie hatten ihren Dienst versagt. „Aiden! Geht es dir eigentlich noch gut?“
„Mir?“, scheinheilig ließ er sich neben mich sinken. „Jetzt da wir uns so gut kennen und schon im selben Bett genächtigt haben. Ja, ich würde sagen mir geht es gut.“, antwortet er frech und wirkt gar nicht mal mehr so ernst, wie die Tage zuvor. Meine Augen würden Funken sprühen, hätten sie es gekonnt. Dafür sprang ich auf ihn und machte mich über ihn her. Doch er wich meinen Schlägen geschickt aus und irgendwann lag ich atemlos unter ihm. Spürte sein Gewicht, sein Atem strich über mein Gesicht. Der Moment sollte nie enden. „Und wie geht es dir kleine Gwen?“, fragt er. Verträumt verlor ich mich in seinen schönen grünen Augen. Was hatte er mich noch mal gefragt?
„Ehm…ich…“, stotterte ich. „Ist ja gut, ich stehe schon auf. Du sollst ja nicht kaputt gehen!“ Schneller als meine Augen seine Bewegungen verfolgen können, steht er über mir und reicht mir seine Hand. Leider.
Zaghaft reichte ich sie ihm und er half mir hoch. Er hatte gerade so von mir gesprochen als würde ich bei der kleinsten Berührung zerbrechen. Ich bin doch keine Porzellanvase. „Ich geh schon nicht kaputt.“, antwortete ich etwas bissig. Der gut aussehende Engel konnte ja nicht wissen, dass es mir gefallen hatte. „Ach nein?“, sagte er schlicht und setzte sich auf das Sofa mir gegenüber. Gut, lassen wir das Thema. „Du warst also beim Rat vorsprechen?“, hackte ich nach. „Carmen hat es dir gesagt.“, stellte er fest und beobachtete mich. „Warum auch nicht?!“, sagte ich leicht hin und setzte mich auf den Teppichboden, „Wie lief es denn?“ Abrupt stand er auf und wand mir sein kräftiges Kreuz zu. Er schaute aus dem Fenster. „Nun ja, es herrschte Unstimmigkeit. Wir Vampire wollen einerseits die alten Traditionen nicht vergessen, aber wir sind auch nicht …barbarisch. Deswegen ist sich der Rat noch nicht einig gewesen wie sie handeln sollen.“ Enthusiastisch wie ich war, atmete ich auf „Das ist doch gut.“ Zornfunkelnde Augen erwiderten meinen Blick „Nein ist es ganz und gar nicht.“ Verschüchtert rückte ich von ihm ab. Es schien als würde die Temperatur im Raum durch ihn sinken. Es wurde wesentlich kälter. Geradezu eisig. „Verzeih!“, flüsterte er und seine Augen liebkosten mich dabei, „Es ist nur so, das der Rat die Jäger noch nicht zurück gerufen hat. Sie dürfen dich weiter jagen und dann…Du bist noch nicht sicher…“, damit materialisierte er sich und war weg. Aber die Kälte war noch da und kroch bis in ein mein Herz. Wie konnte er von einem, auf den anderen Moment so eisig werden. Ich meine, hier war ich doch in Sicherheit oder nicht? Hier konnte mir keiner was. Wütend stand ich auf und stampfte in mein Zimmer. Laut pochten meine Füße auf den Boden wie mein Herz, in gleichem Klang. Ich hatte es eindeutig satt herum geschoben zu werden, alle wussten bescheit nur ich nicht.
Und dann war da noch Aiden. Erst ist er so bezaubernd und dann wiederum so abweisend. Lag es an mir? Schließlich war ich nur eine dumme Sterbliche, nichts besonderes im Vergleich zu so schönen bezaubernden Vampirwesen. Ich war…ach egal…Bis jetzt, hatte ich nicht drauf geachtet was ich getan hatte, nun sah ich es. Ich hatte gepackt. Aus lauter Kontrollverlust hatte ich meine Sachen zusammen geworfen und den Reißverschluss zusammen gezogen. Schon wollte ich wieder auspacken, da hielt ich inne. Wenn mein Unterbewusstsein schon gepackt hatte, warum sagte mir mein Bewusstsein nicht einfach direkt das ich gehen wollte. Ich hatte einfach keine Lust mehr.
Plötzlich ertönte von unten eine Stimme „Gwen? Alles in Ordnung?“, fragte Carmen. Eine Ausrede musste her „Ja. Ich leg mich nur was aufs Ohr!“
Nichts folgte, sie musste sich damit wohl zufrieden gegeben haben. Erleichtert zog ich eine Jacke und Schuhe an und schloss die Balkontür auf. Wind umspielte mich und von einem Glücksgefühl durchströmt beschloss ich die Fassade herunter zu klettern. Ranken kletterten die Wand empor und einfacher als ich dachte, kletterte ich sie hinunter ohne mir weh zutun.

Unten angekommen verhaspelten sich meine Schnürsenkel in dem Gewächs und ich flog der Länge nach hin.
Mach dir nichts draus, schnaufend stand ich auf und flüchtete Richtung Parkende. Immer darauf bedacht von einem Strauch bedeckt zu sein, Carmen sollte mich ja nicht sehen. Hinter einer großen Eiche machte ich kurz eine Pause und betrachtete das Schloss. Verschiedene Türmchen und Zinnen waren auf dem Dach, es gab also noch ein Dachgeschoss. Wieder etwas das Aiden verheimlicht hatte. Missmutig drehte ich dem Anwesen den Rücken zu und schritt dem Wald entgegen. Wenn ich den überquert hatte, müsste ich nach mehreren Überlegungen, an dem Feld auskommen, auf dem ich die Kräuter von Cary gepflückt hatte. Von da aus war es nicht mehr weit bis nach Hause. Also dann mal los!
Den Waldanfang hatte ich schon hinter mir gelassen. Nun bewegte ich mich mitten drin und überlegte warum ich genau den jetzt abgehauen war.
Aus Trotz vor den ganzen Geheimnissen?
Wegen Aidens Kälte?
Wegen meinen Gefühlen?
Oder vielleicht auch aus purem Leichtsinn?
Keine Ahnung was mich geritten hatte, der Grund schien mir entfallen zu sein. Ich blieb stehen und schaute mich um, war dies überhaupt die richtige Richtung, den Wald kannte ich schließlich nicht.
Mutig redete ich mir zu, was man einmal begonnen hatte, sollte man zu Ende bringen! Deswegen ging ich den nicht vorhandenen Pfad einfach weiter. Ich werde schon irgendwo hinkommen. Irgendwann musste dieser Pfad ja enden, nicht?! Da knackte es hinter mir und eine junge Fähe kreuzte meinen Weg. Mein Herz wäre fast stehen geblieben, so sehr erschrack ich. Vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen. Ach es war doch nur ein Reh. Warum gleich die Flinte ins Korn werfen? So schritt ich weiter, immer tiefer hinein, irgendwann bemerkte ich dann, das es schon später Nachmittag wurde. Das Eingeständnis, dass ich mich verlaufen hatte, kam wohl zu spät. „So ein Mist!“, murmelte ich und begann lauthals zu fluchen. Erbost stampfte ich auf hob Steine auf und warf sie quer durch den Wald. Keuchend und mit Tränen in den Augen ließ ich der Wut und der Frustration der letzten Tage Luft. Ich wütete förmlich um mich, bis ich ausgelaugt an einem Baum herunter rutschte und die Augen schloss. Willig die Dunkelheit willkommen zu heißen.

- Dunkelheit legte sich über den Wald. Eine Eule krächzte heiser und der Mond schien in goldenem Glanz am Himmel. Der Tag war besiegt und ich tänzelte mit meinen Schwestern durch die Schatten. Ausgelassen sangen und tanzten wir. Unsere grünen Kleider und goldenen Locken wirbelten um uns herum.
Plötzlich nahm ich eine Witterung auf. Etwas Menschliches drang in mein Bewusstsein. Wir waren nicht alleine. Meine Schwestern nahmen den Geruch auch war, ohne Worte sprachen wir uns ab und schlichen uns an eine erhellte Lichtung. Jäger feierten dort ebenfalls ein Fest. Tranken und grölten. Verbrannten Holz. Wie konnten sie es wagen, Natur zu zerstören. In unserem Heim. Wie erbärmlich sie doch waren und sie nahmen sich doch die Freiheit etwas, dass nicht ihres wahr, zu entweihen. Mutter Natur würde sich rächen. Wir gesellten uns zu ihnen. Feierten mit ihnen, doch von Minute zu Minute wurde unser Durst immer Stärker. Niemand würde entkommen. Die Baobhan-Sith dürstete es nach Blut und Gerechtigkeit! –



Mit dem Gedanken, das ich ganz schön in der Klemme steckte, wachte ich auf. Aiden hatte vollkommen Recht gehabt, ich war dort am sichersten und jeder hatte Geheimnisse. Warum war ich also so beleidigt von dannen gezogen. Irgendetwas hatte mich hierher gerufen. Mir wurde heiß und übel. Ich zerrte an meiner Jacke und würgte. Hinter dem Baum erbrach ich mich und geriet in Hitzewallungen. Geschmack von Blut klebte auf meiner Zunge. Himmel, was geschieht mit mir? Wankend ließ ich mich wieder auf die Erde fallen. Das war doch nicht normal. Vor allem der Traum. Ich hatte geträumt das ich einen Menschen riss. Ja, aussaugen würde. Wie konnte ich nur?! Vor mich selber ekelnd rappelte ich mich hoch und zog meine Tasche wieder an. Stolpernd trat ich den Rückweg an. Obwohl die Nacht einbrach sah ich erstaunlich gut meine Umgebung. Jeden Baum, jeden Ast. Alles! Auch roch ich meine Umgebung. Die trockene Erde, das Harz der Bäume. Abermals erbrach ich mich. Ich brauchte Hilfe und zwar schnell.
Nach geraumer Zeit landete ich am Ende des Parks. Ohne das Wissen wie ich hergefunden hatte. Ich umrundete die Eiche und trat in den Lichtkegel des Hauses. Erschöpft überquerte ich die Terrasse und klopfte am Fenster. Es wurde geradezu aus den Angeln gerissen, da stand auch schon ein eiskalter, vor Wut bebender, Aiden vor mir „Wo warst du?“, donnerte er und packte mich grob an den Schultern. Erst jetzt viel mir auf, wie kräftig er wirklich war. Er hatte nur eine Hose an und schien gerade geduscht zu haben. Sein Oberkörper war unbekleidet. Und oh ja, war ich vorher benebelt, so war ich jetzt eindeutig wach. Seine Muskeln stellten ein verführerisches Spiel zur Schau, als er mich neben sich herzog. An ihm war eindeutig kein Gramm Fett. Es war alles Stahlhart und ich wusste gar nicht, wie ich auf den Gedanken kam er sei eher ruhig. Das lag vielleicht daran das er in meiner Gegenwart noch nie so Angst einflössend war, aber jetzt in dem Augenblick, wirkte er wie ein Krieger. Anscheinend war ich das Opfer.
Nicht gut! Mein Kopf schaltete wieder auf Nebel und ich bekam nur die Hälfte der Schimpftirade mit. „Hörst du mir eigentlich zu?!“, grob schüttelte er mich. „Tut mir Leid.“, flüsterte ich und merkte wie die Kette die Mum mir schenkte an meinem Hals begann zu glühen. Sie brannte. Plötzlich ließ Aiden mich los und schaute mich an. „Du brennst ja!“, flüsterte er. „Mir geht es glaube ich nicht so gut. Ich lege mich besser hin.“, ich drehte mich um und ließ mich auf mein Bett fallen. Moment! Bett? Wo kam das her und wie kam ich so schnell nach oben?
Die Tür flog auf, das Licht ging an und besorgt standen Carmen und Aiden in meinem Zimmer. „Fenster schließen.“, befahl Aiden und Carmen schloss die Vorhänge. „Temperatur messen.“ Carmen folgte seinem Befehl. Ich wollte schon sagen, dass er doch nicht so herrisch mit ihr reden durfte, da wurde mir auch schon ein Fiebermesser in den Mund gesteckt. Sofort piepte es. Carmen sah auf die Zahl und erstarrte. „Aiden! Das ist nicht gut!“ Steif wandte er sich dem Thermometer zu und starrte darauf. „Ich rufe deine Mum an.“ Er verschwand und ließ Carmen bei mir. „Was ist den los?“, wollte ich wissen und richtete mich im Bett auf. „Nichts an dem du jetzt was ändern könntest. Lege dich hin Süße und versuche etwas zu schlafen.“ Das tat ich dann auch.

- Meine Fänge schlugen in die pulsierende Ader ein und ich begann den Saft des Lebens genießerisch zu trinken. Ein Stöhnen kam von dem Jäger herüber und er wurde immer ruhiger. Gierig trank ich und schloss meine Augen. Das Blut floss meine Kehle hinunter und löschte meinen Durst.
Irgendwann versiegte die Quelle und ich ließ von ihm ab. Blass lag er da auf dem Boden. Nichts an ihm war noch in Bewegung. Tod! Das geschah mit denen die sich an der Natur vergriffen. Ein Schrei kam über meine Lippen und ich sah wie meine Schwestern von ihren Opfern abließen. Alle drei Jäger waren tot. Einer von ihnen hatte sich in Sicherheit gebracht. Was für ein guter Gedanke das von ihm doch war. Jemand begann ein altes Lied an zustimmen und wir fielen alle mit ein, verschwanden von dem entweihten Ort.-



Ich durchbrach die Dunkelheit und öffnete meine Augen. Tiefe Nacht war es und in meinem Zimmer herrschte Dunkelheit. Langsam stand ich auf, meine Temperatur war gesunken und ich fühlte mich eindeutig besser. Lebendiger! Jemand (vielleicht Carmen?) hatte mir ein Nachthemd angezogen und ordentlich meine getragene Kleidung auf den Boden gelegt. Ich bewegte mich in Richtung Tür und folgte den Stimmen die Treppe hinunter in Richtung Wohnzimmer. Eigentlich hatte ich was gegen Lauschen, aber mein Name fiel und so legte ich mein Ohr an die Tür.
“Was passiert den nun mit Gwen? Wieso hast du uns herzitiert?“, erklang die bekannte Stimme meiner Mum. Eine Pause entstand. Dann ertönte ein Bariton der nur von Aiden stammen konnte und antwortete ihr „Wir wissen nicht genau was mit deiner Tochter passiert –ehm passieren wird. Carmen und ich können nur sagen, dass sie sich verändern wird. Aber in was…können wir nicht sagen.“ Ein Stuhl wurde geschoben und jemand begann im Raum auf und ab zu gehen. „Das ist nicht gut Aurora! Ganz und gar nicht. Sie konnte sich materialisieren ohne das wir das wussten! Ohne das sie das wusste!“, ich schätzte das diese Stimme zu Cary gehörte, „Solch eine Gabe gibt es unter unseres gleichen nicht. Keine noch so hoch gestellte weise Frau besitzt die Kraft die Zeit zu durch schreiten, geschweige den die Dimensionen!“ Entsetzt atmete ich ein. Materialisieren? Ich…Himmel was geschah da mit mir? Das ging nun wohl etwas zu weit, schließlich war ich doch kein Blutsauger!
Plötzlich ging die Tür auf und Aiden stand vor mir „Du bist wach.“
„Scheint so.“, giftete ich schlecht gelaunt und stolzierte in den Raum. Ok, er konnte nichts dafür aber er hat mich schließlich zum weggehen gebracht. Etwas wütend war ich schon noch auf ihn. Meine Mum sprang vom Sofa auf und umarmte mich, erdrückte mich wohl eher „Gwen. Alles in Ordnung? Wie fühlst du dich?“, fragte sie und ließ mich endlich Luft holen. „Ich…naja mir geht es besser. Wie lange habe ich den geschlafen?“, wollte ich wissen. „2 Tage.“, kam es von Carmen die im Raum auf und ab ging. Geräuschlos ließ ich mich neben Cary aufs Sofa gleiten, die mich unentwegt taxierte. „Und?“
“Und was?“, ein Kribbeln durch ging meinen Körper und ich wandte mich zu Aiden um, „Na was ist mit mir los? Weswegen träume ich dieses wirre Zeug und beginne zu glühen?“
“Was für wirres Zeug träumst du den?“, fragte Aiden dann und ließ sich gegenüber von mir nieder. Einen Moment dachte ich nach. Was genau träumte ich denn. Mal war ich in einem Park und wartete auf meinen dunklen Engel, dann war ich selber einer. Ein kaltes Wesen. Ein Vampir. „Ich träume das etwas geschieht. Etwas Großes, aber ich weiß nicht was. Und dann sind da diese Frauen, im Traum bezeichne ich sie als meine Schwestern, wir durchstreifen die Wälder und suchen…“
“Was sucht ihr?“, hakte Cary nach und durchbohrte mich weiter mit ihren Blicken.
„Opfer.“, kam es von Aiden und ich zuckte zusammen. So hätte ich das nicht formuliert. Frustriert schaute ich auf meine Füße.
„Was? Das verstehe ich jetzt nicht.“, warf meine Mum ein und schaute zu Aiden. Carmen hielt sich aus dem ganzen raus und beobachtete lediglich. „Ihr wart auf Jagd. Oder? Ihr tanztet durch den Wald und fandet Opfer, Menschen!“, Aiden wurde schon fast zu genau und mir wurde übel. „Als erstes befreundetet ihr euch an und dann habt ihr s…“ Ich sprang mit den Tränen in den Augen auf „Hör auf!“ Alle starrten mich an, bis auf Aiden. Er zuckte lediglich mit den Schultern und musterte mich berechnend.
„Warum? Es stimmt doch.“ Sprachlos drehte ich mich um und sah aus dem Fenster in den Park. Dunkel und bedrohlich wirkte er nun auf mich. So hoffnungslos und tot. So wie ich mich gerade fühlte. Den Klos in meinem Hals versuchte ich runter zuschlucken.
„Aiden, lass gut sein. Du weißt, dass das nicht sein kann. Sie leben weit entfernt und es ist unmöglich das sie eine von ihnen ist.“, mischte Carmen sich mit ihrer klaren Stimme nun doch ein und trat in den Lichtkegel einer kleinen Lampe.
„Von wem?“, meine Mum schaute gehetzt von Einem zum Anderen und blieb dann bei Aiden haften. Stille. Alles schien auf Aidens Antwort zu warten.
„Das sie eine Baobhan-Sith ist.“
(Gesprochen Buh-van-she,)
Carmen zuckte zusammen und kurz traf mich ein mitleidiger Blick.
„Eine was?“, meine Mum war kurz vorm Hyperventilieren. Das war ich allerdings auch. „Das ist ein keltischer Vampir. Eher gesagt eine Vampirin, meist sind sie daran zuerkennen, das sie goldene Locken haben und grüne Kleidung tragen. Sie sind wunderschön und saugen das Blut von Jünglingen aus!“, sprach Carmen mit einem spöttischen Unterton aus und setzte sich neben mich. Tätschelte behutsam meine Hand und fuhr fort
„Aber sie sind ausgestorben. Legende! Niemand hat seit Jahrhunderten eine gesichtet, geschweige den mit einer Kontakt gehabt.“ Ein Vampir, ich? OK, gewisse Ähnlichkeiten gab es ja, ich hatte blonde Haare und meine Lieblingsfarbe war grün. Das hieß aber noch nicht, dass ich eine Männer mordende Sirene bin. Vor allem sehe ich noch nicht einmal so aus. „Vielleicht waren ihre Ahnen ja Kelten. Es kann eine schwache Blutlinie geben, die jetzt hervor tritt. Das ist nicht unmöglich, das weißt du Carmen.“, presste Aiden hervor und seine Augen begannen gefährlich zu funkeln, „Denk daran das sie sich materialisiert hat. Ohne ihr wissen.“
“Ihr stammt doch von den Kelten ab, Aurora! Irland nicht? Außerdem habe ich schon einmal von diesen Baobhan-Sith gehört.“, sagte Cary und schaute meine kalkweiße Mum an. „Ja das stimmt. Unsere Vorfahren kommen aus Irland, aber ich hätte doch gewusst wenn darunter ein…Vampir gewesen wäre. Das ist doch nicht alltäglich.“ Ich hielt mich aus dieser Unterhaltung raus. Unglaublich das die daran glaubten. Ich bin kein Vampir und werde keiner! Ich will kein Blutsaugen und so kaltblütig wie Aiden werden, dem das alles nicht wirklich was ausmachte. So was von arrogant und herrisch.
„Woher, denkst du, besitzt ihr das zweite Gesicht Aurora? Erlernt, einfach so gekonnt?! Nein, meine Teure, das waren sie, die Vampire die dieses Gen an euch vererbt haben. Mehrere Generationen wurden übersprungen und nun kommt es heraus. Wie ein Gen Fehler, nur ist dies die Evolution.“ Das grenzte schon an Blasphemie. „Meine Tochter? Ein Vampir?“ Schlichtend mischte sich wieder Carmen ein „Bis jetzt ist es ja noch nicht sicher! Habe ich recht Aiden?!“, warnend schaute sie ihn an und sprach weiter, „Vielleicht wurde ihr auch nur eine höhere Gabe zuteil.“ Carys Miene war skeptisch und Mum war schweigsam. Hysterie machte sich in mir breit und ich musste ein Lachen unterdrücken. „Himmel, ist das euer Ernst!?“, rief ich und lachte doch. Rechthaberisch trafen mich die Augen von Aiden. „Du glaubst es nicht? Ich weiß es. Das wäre wieder typisch. Alle sind einer anderen Meinung nur du nicht. Du malst direkt alles schwarz. Sie ist eine Buh-vin-tschi!“, äffte ich ihn nach und stand auf.
„Eine Baobhan-Sith.“, verbesserte er gebieterisch.
„Ist mir doch egal!“, schleuderte ich in den Raum, „Ich werde doch kein verdammter Blutsauger. Ich bin ein stolzer Warmblüter. Ich werde doch kein Gefühlloses Wesen, so wie du!“ Mit in Falten gezogener Stirn stand Carmen auf, mit ihr auch Aiden „Gwen, pass auf!“, sagte sie. Doch Aiden hob nur die Hand damit ich aussprechen konnte. Schon wieder so eine königliche Geste. „Da! Genau das meine ich! Du arrogantes kaltes Wesen. Schon wieder so eine Geste. Du glaubst auch du bist der Stärkste. Trinkst cool zwischen durch ein Blutpaket und besteigst den Thron. Nebenbei fängst du dir eine mit zweitem Gesicht und treibst sie in den Wahnsinn, sie würde auch so einer werden!“, ich geriet außer Kontrolle und stand direkt vor besagtem Objekt. Leider musste ich zu ihm hoch gucken, was mir wieder gegen den Strich ging „Ich habe es satt. Deine Geheimbisskrämerei, deine Schizophrenie!“ Er lachte, er wagte es doch tatsächlich zu lachen,
„Meine Schizophrenie?“, wiederholte er und zog eine Augenbraue hoch.
„Ja, einmal bist du kälter als Eis. Dann küsst du mich, schläfst neben mir und dann verschwindest du wieder. Du bist schlimmer als Golum von „Herr der Ringe“!“, rief ich und stampfte mit dem Fuß auf. (Habe ich gerade vor meiner Mum gesagt, dass der neben mir geschlafen hat?)
In seinen zauberhaft schönen grünen Augen lachte der Schalk.
„Nein, so werde ich gewiss nicht. Ich werde nie Blut trinken und so unberechenbar wie du! Niemals!“, ich verschränkte die Arme und starrte stur seine marmorne Brust an (die leider genau auf Augenhöhe war).
„Bin ich auch so hässlich wie Golum?“, fragte er. Das war zuviel. Wie eine Furie stürzte ich auf ihn und gemeinsam fielen wir auf den weichen Teppichboden. Seine starken Arme bildeten einen schützenden Kokon um mich und fing meine Schläge auf. Tränen liefen meine Wangen runter und ich versuchte verbissen mich zu befreien. „Sch, sch, kleine Wildkatze!“, meinte Aiden und drückte mich unter sich. „Ich will nicht!“, flüsterte ich und hörte auf ihn zuschlagen, „Alles ist so unrealistisch geworden. Ich will kein Blut trinken und ein Vampir werden!“ Meine Tränen gewannen die Oberhand und ich schluchzte auf. Vergessen war mein Stolz. Er bemerkte das er mich fast erdrückte und brachte uns in eine sitzende Stellung, ich befand mich auf seinem Schoss und tröstend streichelte er mir den Rücken. „Bin ich denn so schlecht? Wirklich so kalt, wie du mich beschrieben hast?“, wisperte er in mein Ohr und wiegte mich hin und her. Darauf bekam er keine Antwort. „Hey?“, fragte er.
Na gut er bekam doch eine, „Ja. Nun, manchmal, bist du so unglaublich und dann wiederum bist du so abweisend. Ich habe schon genug Probleme und dann kommt da noch so was.“, brummelte ich und meine Tränen ebbten ab. Ich glaubte es nicht, meine Gefühle wollte ich ihm nun nicht gestehen. Moment! Gefühle?! Wenn ich ehrlich war, fand ich ihn ziemlich süß, ich glaub ich hatte mich in ihn verliebt. In diesen arroganten Vampir. Super, noch ein Problem mehr! Meine Stimmung verfinsterte sich wieder. „So unglaublich also. Ja?“, wiederholte er zärtlich und ich wurde rot. „Bilde dir jetzt aber mal nichts drauf ein. Sonst komme ich als Vampir und sauge dich aus!“, sagte ich und schaute in seine grünen Augen. Verlor mich darin. Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch und ich hasste meinen frenetischen Puls. Den ich, so wie es aussah, bald nicht mehr haben würde. Vorsichtig standen wir auf und er hielt mich in seinen Armen fest. „Hast du dich jetzt doch damit abgefunden?“ Ich schüttelte den Kopf. „Wir werden ja sehen.“, war das einzige was ich darauf sagte. Dann schaute ich mich um „Wo sind die Anderen?“ „Carmen hat sie nach Hause gebracht. Sie wird ihnen die Lage erklären und dann sprechen wir uns morgen ab, Ok?“ Ich nickte und wir bestiegen die Treppe ins obere Geschoss. Als wir vor meinem Zimmer zum stehen kamen, wurde ich schüchtern. „Schlaf gut meine kleine Sirene und träume was Schönes.“, er beugte sich vor und strich ganz sachte über meine Lippen. Wie eine Schmetterlingsberührung. Ich zitterte und sah ihm nach, als er mit zufrieden in sein Zimmer stolzierte, leise Lachte und mich im Flur stehen ließ.
Erschöpft sackte ich im Bett zusammen. Was war das doch heute wieder für ein Tag gewesen. Erst bin ich abgehauen, dann eröffnet man mir, dass ich zum Vampir mutiere und meine Gefühle für Aiden. Oh je. Egal! Sagte mein Kopf. Müde schrieen meine Glieder und so legte ich mich schlafen. Morgen war schließlich auch noch ein Tag.

- Nebelschwaden umringten mich und unsicheren Schrittes wandelte ich über taufeuchtes Gras. Dunkelheit stahl mir meine kostbare Sicht und mit ausgestreckten Armen versuchte ich nicht gegen etwas zu laufen, das mir im Weg stand. „Wir haben auf dich gewartet.“, wisperten körperlose Stimmen um mich herum. Panisch drehte ich mich um und versuchte etwas zu erkennen. „Gwendolyn…trete dein Erbe an!“ All meinen Mut zusammenfassend fragte ich „Wer seit ihr? Und wo?“ Stille folgte. Ich dachte schon, dass ich wieder alleine war, doch dann, weiter entfernt, kam Licht ins Dunkel. Jemand schritt auf mich zu –nein- schwebte auf mich zu. Eine große, schlanke junge Frau in einem fließenden grünen Gewand näherte sich mir. Lange goldene Haare ergossen sich in lockigen Kaskaden über ihre zierlichen Schultern, allwissend graue Augen und ein sinnlicher Mund zierten ihr Gesicht. Sie war der Inbegriff einer Sirene. Fänge blitzten in ihrem Mund und sie begann zu sprechen, „Ich habe viele Namen, aber nenne mich einfach Ly´ara. Du und deinesgleichen ihr seit in Gefahr. Hinzu kommt das du vor einer großen Wandlung stehst. Nimm dein Erbe an und ehre deine Schwestern, die Natur.“ Erstaunt blickte ich sie an „Aber warum ich?“, sehr einfallsreich Evans. Der Schalk stach in ihre Augen, „Warum nicht? Dein Leben als Mensch endet nun hier. Aber jedes Ende bedeutet auch ein Anfang. Denke daran und vergesse nie wer du bist. Wo du herkommst.“ Sie trat einen Schritt zurück. „Warte. Wenn du siehst das…“ Sie schüttelte den Kopf und betrachtete mich „So viele Fragen, so viele Zweifel! Akzeptiere das was du bist und versuche nie dich zu verändern! Wir Baobhan-Sith sind eine stolze Rasse!“, damit verschwand sie einfach. Ließ mich alleine in diesem Nebel. Allein. Wieder.-



„Warte!“, rief ich, schreckte hoch und fand mich neben dem Bett wieder. Während des Schlafens musste ich wohl heraus gefallen sein. Das bekundete nun auch mein Kopf, der schmerzhaft anfing zu pochen. So musste sich eine hundert Jahre alte Frau fühlen. Ächzend und langsam kroch ich hoch und warf die Decke auf das Bett zurück. Dann zog ich die Vorhänge auf und blinzelte in die Sonne. Es musste so gegen Mittag sein. Gut, neuer Tag, neuer Anfang. Eilig zog ich mich an und verrichtete meine Morgentoilette um dann eine schlecht gelaunte Carmen am Küchentisch vorzufinden. „Morgen!“, sagte ich und gesellte mich neben sie. „Hmpf!“, kam es über ihre Lippen, sie schaute noch nicht einmal von der Zeitung in meine Richtung. Kurz ließ ich den gestrigen Abend Revue passieren. Ich glaube, dass ich nicht ganz so freundlich war. „Ehm Carmen?“, versuchte ich ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Wieder so ein merkwürdiger Umlaut. „Ich würde mich gerne bei dir entschuldigen. Was ich gestern über euch gesagt habe, war nicht ganz richtig. Ich war nur so wütend und durcheinander, dass ich gar nicht mehr ich selbst war. Und da habe ich Dinge gesagt, die gar nicht stimmen!“ Sie setzte sich auf und erteilte mir ihre volle Aufmerksamkeit. „Zum Beispiel?!“ Ich schluckte und musterte eingehend die Maserung des Tisches. Schön geradlinig, überschaubar. Das genaue Gegenteil meines Lebens. „Naja, zum Beispiel das ihr gefühllos und kalt seid. Ihr seit zu mir bis jetzt immer freundlich gewesen und halft mir aus der Notlage heraus. Deswegen hoffe ich, dass du mir noch mal verzeihen kannst.“, so nun war es raus und ich fühlte mich wesentlich besser. Sie sprang auf und umarmte mich „Wie süß du doch bist, kleine Gwen!“, was schon komisch war, wir waren schließlich gleich groß, „Entschuldigung angenommen. Aber weißt du, ich war gar nicht auf dich sauer, sondern auf Aiden. Er kann manchmal ein echt kalter, arroganter Gefühlstrampel sein! Und das habe ich ihm heute Morgen auch noch einmal gesagt.“ Super, Evans! Du hast dich gerade völlig um sonst zum Affen gemacht, „Oh.“, war deswegen das einzige was ich hervorbrachte, bevor ich rot anlief. „Hm.“, sie schnupperte, „Heute riechst du besonders gut, kein Wunder das Aiden dich so mag. Auch wenn du den Duft bald verlieren wirst.“, meinte Carmen und lächelte mich an. „Aiden…mag…mich?“, naja er hatte mich geküsst, aber bei den männlichen Wesen dieser Welt hat das ja nicht viel zu bedeuten. Sie nickte bedächtig und begann richtig zu strahlen, „Was denkst du denn? Er macht sich bestimmt nicht um sonst die Mühe dich zu beschützen. Sonst sind ihm Menschen eigentlich ziemlich egal. Aber du scheinst ihn irgendwie zu faszinieren, du bist die Erste die ihm gründlich die Meinung sagt.“ Damit hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet. Ich dachte ich ließ ihn völlig kalt, außer ab und an mal, wenn ich meine 5 Minuten hatte und kurz davor war ihn zu erschlagen. „Tust du das nicht?“, hakte ich nach. „Schon. Aber es ist ein Unterschied ob dies seine Schwester oder eine Außenstehende tut. Meinst du nicht?“ Ich stimmte ihr zu. Gut zu wissen das Aiden, auch wenn es nur kleine waren, Sympathien für mich hegte. „Da ist noch was, was ich fragen wollte.“ Aufmuntert grinste sie, „Ich wollte heute vielleicht mal meine Mum besuchen. Geht das?“ „Klar, warum sollte das nicht gehen. Soll ich dich hin fahren oder willst du mal das materialisieren versuchen?!“ Mit so einem tollen Auto fahren war bestimmt nicht schlecht, aber wenn ich mich schon materialisieren konnte, so tat ich doch lieber das, „Lieber das Materialisieren.“ Carmen stand von dem Tisch auf und ergriff meine Hand, „Ok du tust jetzt einfach das, was ich mache.“ Ich stellte mich ihr gegenüber und beobachtete sie „Ok!“ „Also.“, erklärte sie, „Du schließt die Augen und musst versuchen dich von diesem Raum zulösen. Denk an das wo du hin willst. Jetzt zur Probe mal an die Treppe. Schieße die Augen und komme zu Ruhe.“ Einfacher gesagt als getan, ich schloss meine Augen und begann flacher zu atmen. Ganz ruhig dachte ich an die Treppe. Die elegante, kühle Marmor Treppe. Geschwungen mit einem schön verzierten Geländer. Ich. Will. Dahin. Ein Kribbeln beherrschte meinen Körper und ich wurde wieder in meine Einzelteile zerlegt. Mein Körper stand nicht mehr unter meiner Kontrolle und ich sah verschwommen Gestalten an mit vorbeiziehen. Dann wurde alles wieder ruhig. Vorsichtig öffnete ich die Augen und befand mich in der Mitte der Treppe. „Ich habe es geschafft.“, jubelte ich und Carmen stand in der Tür. „Gut, ich hätte nicht gedacht, dass du das schaffst. Manche, die das zum ersten Mal ausprobieren, verlieren dabei etwas. Zum Beispiel ein Kleidungsstück. Aber du kannst es anscheinend. Dann Beam dich mal nach hause.“ Das tat ich auch sogleich. Ich dachte an mein schönes Zimmer, das Bett, das große Bücherregal…alles wurde still und ich öffnete wieder die Augen.
„Mum?! Ich bin wieder da.“, rief ich und lief schnell in die Küche. Dort saß meine Mum am Küchentisch und las Zeitung. „Wie kommst du denn hier her?“, fragte sie und umarmte mich stürmisch, ohne auf eine Antwort abzuwarten „Schön dich wieder hier zuhaben. Wie geht es dir so und was plant ihr als nächstes?“ So setzte ich mich neben sie und startete mit erzählen „Also, Carmen und Aiden haben vor mich wieder in die Schule zu schicken, ab morgen erst. Und den Rest weiß ich auch noch nicht ganz. Ich habe Aiden heute morgen noch nicht gesehen.“ „Tja, das mit der Schule wird für das Erste, denk ich mal, nichts. Ihr habt erst eine Woche frei. Maifeiertage, schon vergessen?“, korrigierte sie mich. „Oh stimmt. Umso besser. Ach und wie steht es mit Beltane?“ Kurz stand Aurora auf, um sich eine heiße Schokolade zu holen, doch so gleich saß sie wieder neben mir „Cary und ich haben trotzdem vor es zu feiern. Möchtest du immer noch dran teilnehmen? Am ersten Mai um 20 Uhr bei uns im Garten. Mit Maifeuer und Blumen und alle, was dazu gehört.“ Da sich das gut anhörte sagte ich zu. „Ehm, ich wollte noch kurz Lina anrufen, hab mich schon länger nicht mehr bei ihr gemeldet.“ „Tu das.“
Im Flur wählte ich dann Linas Nummer und wartete das sie abhob. „Ja bitte?“, dröhnte es aus dem Hörer. „Hey Lina ich bin es Gwen. Und wie geht es dir so?“ „Oh Hallo Gwen!“, begrüßte Lina mich, „Mir geht es gut und dir? Du musst ganz schön krank gewesen sein, dass du drei Tage in der Schule gefehlt hast.“ Wow, ich war drei Tage nicht da? Wie die Zeit verflog. Mum hat dann anscheinend gesagt ich sei krank, als Ausrede natürlich, „Ja mir geht es besser. Hatte Margendarm Aber nächste Woche komme ich wieder.“, log ich, „Und wie läuft es mit dir und Ben?“ Eine Zeit lang hörte ich nur das Rauschen der Leitung, „Bei uns ist alles in Ordnung. Aber sag mal, Ben hat dich an deinem letzten Schultag zu so einem Typen ins Auto einsteigen sehen. Wer war denn das?“ Mist, Ben hatte Aiden gesehen. Was sage ich den nun, „Ach das war nur ein Bekannter von mir. Nichts Besonderes.“, was ehrlich gesagt nicht stimme, aber Geheimnisse hat ja jeder, nicht? „Ach so, na dann. Ich lege dann mal wieder auf, gehe heute zu Mary.“ „Ok.“, so etwas Normales würde ich in meinem neuen Leben wahrscheinlich nicht mehr tun können. Schade! „Ciao Gwen!“ „Tschüss.“, etwas deprimiert legte ich den Hörer auf und trottete zurück in die Küche. „So Mum, ich glaube ich muss zurück. Ich pack mal neue Sachen von mir ein. Die Alten habe ich vor die Waschmaschine gelegt.“ Sie blickte mich fragend an „Du würdest mir sagen, wenn was nicht stimmt oder?“ Nicht schon wieder. Laufe ich wirklich mit so einem traurigen Gesicht rum? Anscheinend. „Nun ja. Ich weiß nicht was ich davon halten soll, ein Vampir zu werden. Auch wenn es jetzt zu spät ist sich zu beklagen. Vorher wollte ich immer ein aufregendes Leben, aber das aufregende sollte an für sich nicht tödlich sein. Es ist alles so kompliziert. Und dann ist da noch die Sache mit Aiden.“ Mum nickte und strich mir über die Wange. „Du bekommst das schon hin. Wie immer. Du bist so stur und willensstark, das kann fast gar nicht schief laufen. Und wenn doch, du bist nicht alleine. Denk da dran!“ „Stimmt. Irgendwie wird das schon gut gehen. Ich muss dann wieder los Mum, bestelle Cary liebe Grüße. Ich komm in den nächsten Tagen noch mal vorbei!“ Damit materialisierte ich mich mühelos zum Schloss zurück.

Dort angekommen fand ich mich direkt gegenüber von Aiden wieder, der mich in sein starken Armen vorm Stolpern hinderte „Ach wieder da?“, sagte er und schaute auf mich hinunter. Sein Haar war heute etwas durcheinander und seine Augen glühten förmlich. Er trug ein schwarzes Sweatshirt, was seinem Körper sehr schmeichelte und eine dunkle Jeans. Im Großen und Ganzen sah er einfach göttlich aus. Typisch, ich begann direkt zu stottern. (Evans, erst Satz formulieren und dann sprechen!) Grinsend wartete er, bis ich mich wieder gefangen hatte „Ehm ja, sag mal was haben wir als nächstes vor?“, wand ich mich geschickt heraus. „Komm setzen wir uns doch.“, ich folgte ihm ins Musikzimmer. Als ich mich neben ihn setzte, atmete ich kurz seinen Duft ein. Herb und etwas moschusartig. Er benebelte mir die Sinne „Gwen, alles in Ordnung?“ Ich riss mich zusammen. „Gut, wo soll ich anfangen. Als du gestern einfach verschwunden warst…Himmel, warum eigentlich? Weißt du wie Carmen sich Sorgen gemacht?!“, polterte er los. Nur Carmen, was war mit ihm? „Du nicht?“ Verwirrt schaute Aiden mich an „Was?“ Etwas wütend stand ich auf und schritt im Raum auf und ab „Genau deswegen bin ich doch gegangen. Ich wollte euch nicht dauernd zur Last fallen. Und dann wegen dir. Du machst mir jeden Tag klar, das ich unerwünscht bin.“, sagte ich ruhig, gefährlich ruhig. Auch wenn er manchmal so unglaublich süß zu mir war, so gab es auch Momente in denen die Antarktis nicht kälter sein könnte. Wenn ich ehr¬lich war, wollte ich nur von ihm hören, dass er mich auch mochte. „Na…du warst gestern einfach mal wieder verschwunden und deswegen wollte ich nach Hause, natürlich war das etwas umständlich.“ Er hob eine seiner perfekt geschwungenen Augenbrauen „Leichtsinnig trifft es wohl eher.“, korrigierte er mich. „Aber berechtigt. Außerdem was macht es dir schon aus, wenn nur Carmen sich gesorgt hat?!“ Blitzschnell bewegte er sich auf mich zu, stand vor mir und schaute auf mich hinab, „Wer sagt das nur Carmen sich gesorgt hat?“ Gut, das er nicht wusste, was er selber so alles sagte „Na du!“, zornig funkelte ich ihn an. „Ich dachte, das wäre dir klar gewesen.“, meinte er nur, „Weißt du, es gibt nicht viele Menschen die mich faszinieren. Das ist dieser Widerspruch in dir. Ich wusste nicht, dass ich dir sagen muss, das ich dich mag!“, kurze Pause, „Ich dachte das wäre dir bewusst.“
Schluck.
Ehm, damit habe ich nicht gerechnet. Wieso benahm er sich dann, verdammt noch mal, so? Wieso haben eigentlich alle Männer Probleme über Gefühle zu reden. Sie konnten doch so gut prahlen, warum nicht auch das? So schwierig ist das nun auch nicht, es verlangt ja keiner das sie das vor Publikum machen müssen. Vor der besagten Person reicht es doch. „Kann ich nun weiter reden?“, flüsterte er ganz nah an mein Ohr und strich mir ein Strähne aus dem Gesicht. Ein tiefer Blick in meine Augen und ich verlor mich in dem grün seiner Augen. Unfähig etwas zu sagen nickte ich. „Also, nachdem ich das Schloss verlassen hatte, bin ich noch mal zum Rat gegangen. Viele Vampire waren meiner Meinung. Aber Sirion nicht. Er will unbedingt auf diesen Thron und die alten Sitten beibehalten. Was ich nicht vor¬habe. Und da unsere Familie ein sehr hohes Ansehen genießt, werden viele auch gerne mich als König sehen. Ich würde viele dunkle Bräuche abschaffen. Auch wenn ich nicht un¬bedingt erpicht auf den Thron bin, so wäre es besser für alle Vampire. Das ist meine Pflicht und dem werde ich nachkommen. Wenn Sirion mir nicht im Weg wäre. Nachdem ich dort noch Stimmen gesammelt hatte, kam ich wieder nach Hause. Problem,“ , er schaute mich an, „du warst nicht da! Also bin ich noch mal zurück und habe Sirion zur Rede gestellt. Aber da der Rat keine Unruhen haben wollte, verwiesen sie uns des Platzes.“ Un¬gläubig hob ich den Kopf „Er verwies euch.“ Nickend bestätigte er, „Dieser Kampf ist noch nicht zu ende. Sirion plant irgendetwas, ich weiß nur noch nicht was. Und ihm wird es gewiss nicht gefallen, dass du bald eine Baobhan-Sith wirst." Ups, das hatte ich ja ganz vergessen, mein Traum. „Da wollte ich auch noch drauf zu sprechen kommen. Kannst du etwas mit Ly´ara anfangen?“ Erstaunt betrachtete er mich „Natürlich, wer kann das nicht?! Sie ist eine der ältesten Vampire und eine der Mächtigsten würde ich glatt noch dazu behaupten. Woher weißt du von ihr?“ Er trat wieder so nahe und hinderte mich am Denken „Ehm…sie ist mir im Traum begegnet und meinte ich solle mein Erbe nicht verleugnen.“ „Also hast du dich mit dem Gedanken nun angefreundet oder nicht?“, wiederholte er die Frage von gestern. Hatte ich das? Sicher war ich mir nicht ganz, schließlich war das ein großer Sprung von normaler Nahrung auf Blut „Wenn du mir helfen wirst.“, murmelte ich und traute mich nicht sein schönes Gesicht anzusehen. Er hob meinen Kopf mit seiner kräftigen Hand „Das werde ich.“

Es war spät am Abend und morgen ist der erste Mai. Ich saß neben Carmen im Musik¬zimmer und hörte ihr zu wie sie Violine spielte. Als ihr Stück endete riss es mich aus meinen Gedanken „Sag mal Carmen…können Vampire nun doch ins Sonnenlicht gehen oder nicht?“ Sie lachte hell und antwortete mir „Natürlich können wir das. Jedes Leben braucht Licht, sonst geht es ein. Nur ist die Nacht angenehmer für uns, da müssen wir uns nicht mit Sonnencreme einreiben. Unsere Haut ist schon empfindlich.“ „Und was hat es mit dem Töten auf sich?“, fragte ich vorsichtig. „Och…um so älter ein Vampir ist, umso stärker ist er auch. Also umso schwerer kann man gegen ihn gewinnen. Die Legenden um das Töten stimmen teilweise. Am Besten ist immer noch Pfählen, also ein Eisenpfahl in das Herz stoßen und dann köpfen. Die sicherste Methode, eine andere wirksame kenne ich außerdem gar nicht. Wieso?“ „Na ich muss doch auf mich aufpassen, wenn ich zum…Vampir werde.“ Sie nickte. „Ich habe noch eine Frage.“ „Klar frage nur!“, Carmen wuchs mir richtig ans Herz, sie war freundlich und offen und nicht so arrogant wie ihr Bruder. Außerdem war sie bildhübsch. „Wie steht es mit Seelenpartner? Du kennst doch bestimmt die ganzen Vampirromane. Und da finden die immer ihren Partner, an den sie sich ewig binden.“, es war bestimmt total kin¬disch, aber ich war neugierig. Und nur weil ich nun ein Geschöpf der Nacht wurde, wollte ich nicht auf meine große Liebe verzichten. Außerdem eine Liebe für die Ewigkeit, war das nicht wunderschön? Lange antwortete Carmen mir erst mal gar nicht, dann „Ich glaube das ist einfach Schicksal. Wie bei Menschen, entweder man findet seine große Liebe oder nicht. Ich weiß auch nicht was ich davon halten soll, schließlich bin ich meiner auch noch nie be¬gegnet. Weder als Mensch noch als Vampir!“
Damit musste ich mich wohl zufrieden geben.

31 April 20 Uhr :



„Ok, ich bin dann mal weg. Wünscht mir Spaß!“, rief ich über die Schulter. „Viel Spaß!“, trällerte Carmen und lächelte mich an.
So materialisierte ich mich nach Hause in unseren kleinen Garten (im Gegenteil von dem Park, war er wohl eher mini). „Ah Gwendolyn, schön dich zu sehen.“, Cary umarmte mich herzlich und betrachtete mich „Du bist hübsch geworden.“ Verwundert schaute ich auf. War ich vorher etwa hässlich gewesen? War das jetzt ein Kompliment? „Ehm…“, scheu lachte ich, „Wie meinst du das denn nun?“ Wissend nickte Cary mit dem Kopf und dem lockig, ergrauten Haar „Deine Transition verändert dich. Dein Haar glänzt mehr und deine Haut strahlt von innen heraus.“ Das war merkwürdig, ich hatte nichts an mir bemerkt. Um das Thema zu wechseln fragte ich wo Mum sei. „Hier bin ich!“, kam es vom Haus und meine Mum kam in einem langen seidig, blauen Kleid heraus. Sie sah wie eine Fee aus. „Nun lasst uns beginnen. Gwen, sei so nett und entzünde das Maifeuer. Cary, du deckst mit mir den Tisch.“ Wie befohlen, so getan. Ich ergatterte ein Feuerzeug von einem kleinen Gartentisch und zerknüllte mehrere, ältere Zeitungen. Die legte ich unter das Feuerholz und zündete sie an. Schon bald züngelten und leckten die Flammen an dem frischen Holz. In allen Schattierungen von gelb bis rot leuchtete das Feuer. Ich gesellte mich zu Mum und Cary die den Tisch bereits gedeckt hatte. „Ich habe vielleicht Hunger.“, meinte ich und setzte mich. „Greif zu!“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Es gab Seelen (längliche Brötchen), normalen Salat und Obstsalat. Dann noch verschiedene Käsesorten und Fruchtsäfte. Sehr gesund…und lecker. „Und wie ist es dir bei den Blutsaugern ergangen?“, fragte meine Mum. Ich verschluckte mich sogleich. Blutsaugern? „Nun, da ich auch einer werde, ging es mir ganz gut dort!“, etwas bissig, aber seine Artgenossen soll man schließlich verteidigen. „Entschuldigung. War nicht so gemeint.“, sagte meine Mum kleinlaut. „Aurora und ich wollten an für sich nur wissen, was sie als nächstes planen. Stimmt es?!“, bekümmert nickte meine Mutter und schob sich einen Bissen Obstsalat in den Mund. „Als erstes versucht Aiden weiterhin den Rat von sich zu überzeugen. Dann muss ich noch meine Transition überstehen und ja…bleibt noch Sirion. Den wir hoffentlich nie mehr wieder sehen müssen. Oder andernfalls besiegen.“, so in etwa sah der Plan aus. „Gut. Na, wollen wir erst mal nicht mehr davon sprechen sondern feiern. Also Gwen, was denkst du passiert an Beltane?“ Tolle Frage, Nächste bitte. „Keine Ahnung. Es ist Walpurgisnacht. Wir werden alle nackt auf dem Blocksberg tanzen?“, lustige Vorstellung, ich fing an zu lachen. Mum stimmte mit ein. „Natürlich nicht. Beltane ist ein Licht- oder Feuerfest. Eine Feier zur Fruchtbarkeit der Göttin (Mondgöttin) und ihrer Vereinigung mit dem Gehörnten. Liebe, Fruchtbarkeit und die Erschaffung von etwas Neuem wird befeiert. Der Tanz in den Mai ist auch ein Teil davon.“, erklärte Cary. „Schade kein FKK-Teil?“, prustete ich. „Keiner wird dazu gezwungen.“ Nun lachten wir alle drei.
Das Feuer knisterte und langsam senkte sich die Sonne, tauchte alles in goldenes Licht. Lampignongs warfen Schatten auf den Boden, die wiederum tanzten zu einer geheimen Melodie. Es war wunderschön.
„Ok. Fertig mit dem Essen? Dann würde ich nun gerne anfangen.“ Schnell wurde das Essen weggeräumt um mehr Platz zu schaffen. Cary holte Räucherstäbchen und mehrere Kerzen. Als alles fertig dekoriert war, saßen wir wieder im Kreis (soweit das zu dritt möglich war). Mum hatte in der Zwischenzeit das Buch der Morgendämmerung auf den Boden gelegt, gemeinsam lasen sie das Vorwort vor. Leise erschallte der Klang ihrer Stimmen im Garten. Ich las für mich mit. Vor allem der letzte Absatz blieb bei mir hängen „An ye harm none do as ye will (Solange es niemandem schadet, tu was du willst). Alles was von dir ausgeht, fällt dreifach auf dich zurück (die dreifache Wiederkehr-Regel).“ Wahnsinn, mir gefiel diese Einstellung, war sie doch auch im Grundrecht der Menschheit vertreten –Meine Freiheit hört dort auf, wo die eines anderen Menschen beginnt. Nach einigen Versen in einer anderen Sprache endeten Cary und Mum „Wow. Was war dies für eine Sprache?“
„Das war gällisch.“, sagte Cary.
„Hört sich kompliziert an.“, murmelte ich und stand von meinem Platz auf um mich am Feuer zu wärmen. In Gedanken versunken betrachtete ich den Tanz der Flammen. Dunkles Rot vermischte sich mit gelb und gold Tönen. Es hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Bis ich ein Gesicht bemerkte. Es hatte einen gequälten Ausdruck und schien zu schreien. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und drehte mich wieder zu Cary und Mum um.
„Was ist los, Gwen?“, fragte Mum, „Was bedrückt dich?“
„Das was mich schon die letzten Stunden bedrückt. Ich habe mich einfach noch nicht mit dem Gedanken angefreundet ein Vampir zu werden. Ich will kein Blut trinken und in Gruselmärchen herum spucken. Ich will einfach ich bleiben.“
„Aber das bleibst du doch.“
„Nein tue ich nicht. Mein Aussehen verändert sich, mein Ernährungsplan zufällig auch. Ich habe bis jetzt noch niemanden kennen gelernt, der auf Blut umsteigt. Ihr etwa?“, grummelte ich bissig. „Nein.“, sagte Cary schlicht, „Aber bedenke doch die neuen Möglichkeiten die sich dir bieten. Du lernst die Welt mit anderen Augen zu sehen. Ist das denn so schlecht?“ „Wenn man ein Monster wird schon.“
„Aber du kannst nichts daran ändern oder? Die Dinge sind nun einmal so wie sie sind. Freunde dich besser mit dem Gedanken an, den Falten auf einem Vampirgesicht sehen nicht gut aus.“, vorsichtig lächelte meine Mum. Und sie hatten ja Recht, ich konnte nicht dagegen tun. Letztendlich musste ich mich mit dem Gedanken abfinden. Deswegen setzte ich ebenfalls ein Lächeln auf und schaute zu dem nun aufgehenden Mond. Goldene Mondstrahlen küssten die Landschaft. „Der Mond ist herrlich, wenigstens etwas!“, sagte ich friedlich. „Was?“, besorgt blickte Cary auf, „Es ist Vollmond!“, sie hielt sich die Hand vor den Mund und blickte panisch zu mir. „Was ist damit?“, fragte Mum und legte den Arm versöhnlich um meine Schultern. „Nun ja…jede Transation findet an einem Vollmond statt…und da eine Transation im Haus steht…“, sie ließ den Satz offen. Ich kräuselte die Nase, „Ich fühle mich aber noch gut. Also wird es wohl nicht heute sein oder?“ „Nun ja, eigentlich hätte es schon anfangen müssen, aber wenn du dich noch gut fühlst. So lasst uns einfach Beltane feiern.“, sie machte instrumentale Musik an und ich verspürte einen gewissen Drang. „Ich geh mal kurz auf Toilette.“ Mum und Cary fingen an zu tanzen und ich ging schmunzeln zurück zur Wohnung. Ich dachte nicht daran wirklich mit denen auf diese Musik zu tanzen, auch wenn sie schön klang.
Auf einmal wurde mir in unserem Flur schlecht, ich klappte regelrecht zusammen und sah mich der Decke gegenüber, in der Horizontalen. Sterne flogen an den Rändern meines Blickfeldes entlang und ich bekam schlecht Luft.
Was läuft hier? Fragte ich mich und begann mich panisch umzudrehen. Eine Attacke?
Doch nichts war zu erkennen. Kein Sirion und kein Jäger…
Was war dann los?
Mein Kopf drehte sich von automatisch und ich konnte durch das Wohnzimmerfenster den Mond betrachten. Hell und hoffnungsvoll schien er durch das Zimmer und ein Strahl wanderte über die Couch zu mir hinüber. Da fiel es mir wieder ein. Die Transation, da hatte ich mich eben wohl zu früh gefreut.
Trügerischer Hoffnungsschimmer.
Ich hatte mich gerade wieder einigermaßen unter Kontrolle, schon verschwamm abermals mein Sichtfeld und eine Woge der Übelkeit überrollte mich. Zu früh! Will nicht! So gut ich konnte versuchte ich mich aufzurappeln.
Aiden!
Ich musste zu ihm, meine Mum konnte mir jetzt auch nicht helfen. Ich kroch den Flur entlang in mein Zimmer und versuchte mich zu entspannen. Ab und an sah ich nur schwarz doch dann schaffte ich es.
Ich materialisierte mich…auf die Marmortreppe des Herrenhauses.
„Aiden!“, brachte ich hervor und alles verschwamm vor meinen Augen, meine Knie gaben nach und ich stürzte die Treppe hinab. Doch bevor eigentlich der Aufschlag hätte kommen sollen, fingen mich starke Arme auf.


°


Blutlust


Etwas tropfte auf meine aufgesprungene Lippe und hinterließ einen süßen Geschmack. Meine Zunge schnellte hervor und leckte es ab. Automatisch öffneten sich meine Augen, doch ich konnte nur schemenhaft jemanden neben mir erkennen. Wieder tröpfelte es auf meine Lippe und gierig trank ich es. Meine Sicht klärte sich etwas und ich sah in Aidens wunderschönes Antlitz.
„Ganz sachte, kleine Wildkatze!“, riet er mir und nahm sein Handgelenk von meinen Lippen. Überdeutlich konnte ich sein Herz schlagen hören, roch das klebrige Süß.
Blut!
Durchfuhr es mich.
Durst!
„Was ist mit mir?“, flüsterte ich, so ganz traute ich meiner Stimme noch nicht, zu mal ich auch noch nicht so gut sehen konnte.
„Mit dir ist alles in Ordnung. Jetzt. Du warst 3 Tage nicht bei Bewusstsein, Carmen und ich hatten schon Sorgen, dass du es nicht überstehen würdest.“, klärte er mich mit seiner samtenen Stimme auf.
„3 Tage? Aber was ist jetzt mit mir?“, wiederholte ich meine Frage.
„Du hast dich verändert, kleine Wildkatze. Lass dir Zeit und ruhe dich noch etwas aus. Du brauchst im Moment viel Ruhe.“
Wieder tauchte ich in die Welt des Traumes ein.

Mit dem Gedanken, das ich Durst hatte, wachte ich auf. Zusammen gekauert lag ich in einem großen Bett mit schwarzen Lacken. Dies war nicht das Zimmer in dem ich sonst immer gelegen hatte.
Ganz in meiner Nähe vernahm ich etwas. Ein stetiges Pochen, schwer pumpte es Blut durch einen großen Körper. Langsam, setzte ich mich in dem Bett auf. Ein Mann lag auf einer großen schwarzen Ledercouch und starte mich an. Es dauerte eine Weile bis ich registrierte das es Aiden war. Aidens Herz das ich hörte.
„Du hast es geschafft.“, sprach er und setzte sich ebenfalls auf der Couch auf. „Was geschafft?“, fragte ich nach, meine Erinnerungen waren etwas verschwommen. „Deine Transation. Vor 5 Stunden bist du schon einmal aufgewacht. Weißt du das noch?“
Jetzt wo er es erwähnte fiel mir alles wieder ein. Ich war bei meiner Mum in den ersten Mai hineinfeiern, dann begann die Transition und ich materialisierte mich hier in das Haus, damit Aiden mir helfen konnte. Nun musste dann der 3. Mai sein.
„Ja, jetzt fällt mir wieder alles ein.“, flüsterte ich und ließ meine Beine das Bett hinunterbaumeln. Sie hingen in der Luft, ein Beweis dafür wie hoch und groß das Bett in Wirklichkeit war. Ich schaute an mir hinunter. Ein schwarzes Top und eine kurze Hose hatte mir jemand angezogen und trotzdem war mir warm. Aiden stand auf und kam zu mir hinüber. „Wie geht es dir?“
Darüber musste ich auch erst mal nachdenken. Ich fühlte mich wie neu geboren, als wäre dieser Körper neu für mich, meine Stimme. „Ich weiß nicht. Ich höre Dinge die ich vorher nie gehört habe. Zum Beispiel deinen Herzschlag. Und mir ist so elendig warm!“, sagte ich dann nach einer Weile und blickte nun das erste Mal in die grünen Augen von Aiden. Sie blickten sanft auf mich hinunter. „Willst du aufstehen? Dich etwas bewegen?“ Nickend rutschte ich das große Bett hinunter, doch als meine Füße den Boden berührten knickten sie mir auch schon weg. „Vorsicht!“, riet mir Aiden und umfing mich an der Taille, um mich zu stützen. Mit ihm als Hilfe schaffte ich es die Treppe hinunter in die Küche, dort setzte ich mich an den Tisch. „Ist das normal?“
„Was ist normal?“
„Na das mir so warm ist?“, wollte ich wissen. Er verneinte und meinte das läge noch an dem Fieber, das noch abklingen müsse.
Etwas rumorte in mir und ich hatte abermals großen Durst. „Kann ich etwas tri…?!“, mitten im Satz hörte ich auf. Wollte ich wirklich trinken? Ich wusste ja nun, dass ich ein Vampir war.
Ein Geschöpf der Nacht.
„Hast du Durst Gwen?“, vollendete Aiden meinen Gedanken. Ich zog meine Stirn in Falten „Ja ich habe Durst. Aber das heißt das ich….Blut…das ich Blut trinken muss oder?“, wisperte ich und guckte durch die Wimpern zu ihm auf. Warm schaute seine Augen in meine und seine Stimme wurde ganz sanft „Gwen, ich weiß, dass das eine Umstellung ist, aber anders wirst du nicht mehr leben können. Wenn du jetzt nicht trinkst, wird irgendwann dein Durst so groß sein, das du mit großer Wahrscheinlichkeit einen Menschen anfallen wirst. Und das willst du ja auch nicht. Also wähle lieber das kleinere Übel.“
Schon brauste ich auf, ich hatte mein Temperament wieder gefunden „Das kleiner Übel?“, ich sprang auf und warf dabei den Stuhl um, mein Blut rauschte durch meine Adern und ich bemerkte eine ungeahnte Kraft in mir aufsteigen, „Aiden ich bin ein Monster geworden!“.
Verletzt schaute er auf mich hinab „Niemand ist hier ein Monster. Wir töten keine Menschen Gwen. Du hast eine Wahl. Bedenke das du nicht verleugnen kannst, was du bist. Es ist nicht umkehrbar und nichts wird so sein wie früher. Aber deinen Durst, deine Blutlust musst du stillen, sonst wirst du eine Gefahr für alle werden. Selbst für deine Mum!“, widersprach er mir und seine grünen Augen verfinsterten sich.
Ein kleiner Drache in mir begann zu brüllen „Ich will kein…“, weiter kam ich nicht. Ich hatte unkontrolliert irgendetwas gemacht, denn auf einmal waren der Tisch, die Stühle und die Blumen von der Küchenanrichte gegen die Wand geschleudert worden. Nur Aiden hatte dem Sturm widerstehen können. Blütenblätter regneten auf den Boden hinunter.
Erschrocken stolperte ich zurück und besah mir die Verwüstung die ich angerichtet hatte. „Das wollte ich nicht, Aiden. Das tut mir Leid, wie konnte das nur geschehen?“, verstört schaute ich ihn an, Blütenblätter fielen nun auch auf mich hinunter. Eine Träne verfing sich in meinen Wimpern und rollte meine Wange hinunter. Ich wischte sie weg und sah einen roten Fleck auf meiner Hand.
Ich weinte blutrote Tränen!
Vorsichtig ließ ich mich auf den Boden sinken und setzte mich in die vielen Blätter die darauf lagen. Aiden sagte immer noch nichts.
Meine Tränen konnte ich nicht mehr stoppen, sie fielen verloren auf den Boden. Weiße Blumen und rote Tränen. Welch ein Kontrast.
Schneller, als meine Augen ihm hätten folgen können, saß Aiden neben mir auf dem Boden und nahm mich in den Arm. Streichelte meinen Rücken und das brachte mir mehr als tausend gesprochene Worte.
„Verzeihst du mir?“
„Da gibt es nichts zu verzeihen.“, meinte er schlicht. Ich nickte nur uns suchte seinen Blick. Seine Augen hatten nun die Farbe eines aufgewühlten Meeres, sein Gesicht war nur ein paar Zentimeter von meinem entfernt. Sekunden verstrichen.
Schließlich traute ich mich ihn zu küssen, es war das erste Mal das ich den Anfang machte. Ganz leicht berührten sich unsere Lippen. Ich schloss meine Augen und vertiefte den Kuss. Der ganze Schmerz von mir übertrug sich nun auch auf ihn. Seine starken Arme legten sich um mich und er hob mich vom Boden auf. Blätter rieselten von uns und er hielt mich fest in seinen Armen.
Langsam löste er sich von meinen Lippen. Ich seufzte auf. Und schwenkte die weiße Fahne.

Momente später saß ich an dem neu aufgestellten Tisch und wartete darauf, dass Aiden zurückkam.
Mit dem Blut. Es ging nicht anders, das hatte ich nun eingesehen, so etwas was eben geschehen war, durfte nicht noch einmal passieren.
Meine Fänge, auch etwas Neues an mir, verlängerten sich als ich das Blut roch. Neugierig wie ich war, berührte ich sie mit der Spitze meines Fingers. Sie waren lang und spitz und kalt. Ungewohnt würde wohl auch passen. Ein Schauer durchlief meinen Körper und ich versteifte mich auf dem Stuhl.
Aiden kehrte mir einem Kelch in der Hand zurück, Blut gefüllt. Automatisch musste ich grinsen „Ist das nicht was übertrieben? In einem Kelch? Wo sind wir denn hier!“, meine Muskeln lockerten sich etwas.
„Man muss seinen Gästen doch was bieten.“, sagte er und als er nun auch lächelte, sah ich seine langen Fänge. Das erste was mir durch den Kopf schoss, war, das es ihn nur noch attraktiver machte.
Er stellte den Kelch vor mir ab und setzte sich mir gegenüber. Taxierte mich und meine Reaktionen.
Meinerseits zog ich die Stirn in Falten und betrachtete das was vor mir stand. Der Duft des warmen Blutes lag nun schwer in meiner Nase.
Nach einer Weile, ich hatte immer noch nichts getrunken, stand Aiden auf „Ich glaube ich lasse dich alleine, vielleicht fühlst du dich dann ja wohler.“. Und bevor ich etwas erwidern konnte war er verschwunden. Jetzt waren nur noch der Kelch und ich in der Küche.
Mein Verlangen wurde stärker und ich versuchte weiter es zu unterdrücken. Ich musste etwas anderes finden, es kam mir so barbarisch vor.
Aber umso länger ich vor dem Kelch saß, um so mehr Gegenargumente fielen mir ein. Wie zum Beispiel das ich vorher ja auch Fleisch gegessen hatte. Es war sogar besser auf Blut umzusteigen, da dieses „etwas“ nicht sein Leben für mich lassen musste (redete ich mir ein, sicher war ich mir ja nicht).
Plötzlich hatten sich meine Finger um den kühlen, graziösen Hals des Glases gelegt. Es war noch nicht mal bewusst gewesen.
Schon hob ich den Kelch an meine Lippen. Der Durst wurde schon fast unerträglich und ich musste…durfte ihm nicht nach…
Ich kippte das Blut in meinen Mund und wartete…süß und schwer lag der Geschmack in meinem Mund. Ich schluckte. Und wenn ich ehrlich war, es war nicht einmal schlecht, ja sogar lecker. Ich trank den Kelch aus. Nicht einmal der erwartete Ekel vor mir selbst kam, ich hatte das Glas genossen und wollte mehr haben. Schon ging ein Ruck durch meinen Körper, ich wollte aufstehen, doch eine kühle Hand legte sich auf meine Schulter
„Bleib sitzen, hier ist noch was!“. Ein neuer Kelch trat vor meine Augen, gierig wie ich war griff ich danach. Aiden stand nun neben mir und schaute mir zu, ein Glänzen trat in seine Augen und er verfolgte meine Bewegungen mit Begeisterung.
Nachdem ich dieses Glas auch geleert hatte, war ich satt. Um die Atmosphäre etwas zu lockern sagte ich „Aber man wird doch nicht von zu viel Blut betrunken oder?“ Das elektrisierende blieb trotzdem in der Luft.
„Nein wir Vampire können uns nicht betrinken.“, kam es von ihm.
Nickend schob ich den Stuhl zurück und griff nach den beiden Kelchen. „Lass mich nur machen.“, und schneller als ich schauen konnte waren die beiden Kelche versorgt.
Aiden stand direkt vor mir und schaute zu mir hinab. Er hob seine Hand und strich mit zärtlich über das Schlüsselbein, hinauf zu meinem Hals. Dort wo sachte mein Puls schlug (der sich aber durch seine Berührung beträchtlich beschleunigte). Und wieder zurück. Verlegen schlug ich die Augen nieder. Er ließ seine Hand sinken, doch ich konnte seinen forschenden Blick auf mir spüren. „Ich glaube ich gehe lieber ins Bett, ich bin etwas erschöpft.“
Damit schritt ich an ihm vorbei und schlich die Treppe hinauf, ohne ihn noch einmal anzusehen. Wohl aber mit dem Wissen, das er mir nachschaute.
Oben angekommen schloss ich die Tür und sackte dagegen. Laut ausatmend versuchte ich die aufkommenden Tränen zu unterdrücken.
Ich war in meinem letzten Leben immer unschuldig gewesen, in jeder Hinsicht. Nun kam es mir vor, als hätte ich diese Unschuld verloren und hätte mich schuldig gemacht, für etwas, für das ich eigentlich gar nichts konnte. Die Tränen kamen trotzdem und perlten von meinem Gesicht auf den Boden, hinterließen rote Spuren. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe sie zu entfernen sondern legte mich, schuldig und schmutzig wie ich war, in mein Bett um in das Land des Vergessens einzutauchen.

- Der Wald wirkte düster und bedrohlich, doch ich folgte weiter der Stimme von Ly´ara. Irgendwann musste ich sie ja finden. Doch es schien, als ob ich immer tiefer in das Dunkel geriet. Ohne ein Geräusch der Außenwelt, ohne ein Licht. Alleine und verlassen.
Schritte begannen hinter mir zu schallen, echoten bedrohlich in dem Wald und ich blickte mich um. Konnte aber nur ein dunkles Augenpaar erkennen, das mich verfolgte. Ich versuchte zu rennen. Aber ich kam nicht weg. Ich klebte regelrecht am Boden.
Schmerz!
Kälte… –



Unterkühlt wachte ich auf. Ich brauchte nicht einmal das Licht anzumachen, ich sah so gut wie als wäre es helllichter Tag. Verstört blickte ich hinaus zum Fenster, der abnehmende Mond hatte einen roten Kranz um sich. Ein blutender Mond, das hieß nie was Gutes. Das Fenster war offen, wann hatte ich es geöffnet? Auf die Frage wusste ich keine Antwort ich schloss es und versuchte weiter zu schlafen. Doch der ersehnte Schlaf kam nicht, stattdessen kam die Verlassenheit zurück. Es wurde so schlimm, dass ich dachte das die Schatten sich auf mich zu bewegten mit einem fiesen Grinsen in sich. Schnell atmend sprang ich aus dem Bett und lief in den Flur, die Tür hinter mir ließ ich öffnen.
Unsicher blieb ich vor Aiden’ s Tür stehen. Folgte dann aber meinem Herzen und öffnete sie leise. Sie machte kein Geräusch.
Aiden setzte sich in seinem Bett auf. Sein perfekt muskulöser Oberkörper war unbedeckt, er trug nur eine Boxershort. Ein Glitzern trat abermals auf sein Gesicht und er legte den Kopf schief, wartete auf eine Reaktion von meiner Seite.
„Darf ich?“, wisperte ich und ging einen Schritt auf ihn zu. Er rückte nur ein Stück nach rechts und hob die Decke an. Seine Antwort.
Flink schloss ich die Tür und ging schüchtern zu der freien Stelle. Vorsichtig kletterte ich in das große Bett, Aiden deckte mich zu und blieb noch einen Moment über mir „Gwendolyn- Mondgöttin!“, flüsterte er und nahm mich in den Arm. Vorsichtig rückte ich näher und schloss die Augen.
Verlassen fühlte ich mich nicht mehr.

Am nächsten Morgen wachte ich entspannt in dem großen Bett auf. Es war warm unter der Decke und ich drehte mich zu der Bettmitte um. Aiden lag neben mir, seine Augen waren geschlossen und er machte einen zufriedenen Eindruck.
Der schlafende Engel.
Endlich erlaubte ich mir, ihn in Ruhe zu betrachten, ohne dabei aufzupassen ertappt zu werden.
Sein Gesicht war gerade zu perfekt. Sein sinnlicher Mund war leicht am lächeln, das markante Kinn war der perfekte Kontrast zu seinen Lippen. Ein leichter Bartschatten ließ erraten, dass er sich heute noch rasieren musste. Das dunkle Haar war durcheinander, aber irgendwie ließ es ihn nur besser aussehen. Das einzige was jetzt noch fehlte waren die wunderschönen grünen Augen, umrahmt von den dichten Wimpern. Die immer etwas ernst dreinblickenden Augen. Das alles ließ ihn aber nicht als Schönling durch gehen, dazu wirkte er zu kriegerisch. Zum Glück, so was fand ich nämlich gar nicht so attraktiv.
Als ich dann weiter den Hals mit meinen Augen abwanderte sah ich seinen Puls, er schlug gleichmäßig. Seine Brust war muskulös und seine Bizepse waren kräftig. Alles in allem war er einfach unmenschlich unwiderstehlich. Ein Genuss! Gut das er nicht hören konnte was ich dachte. Meine Augen wanderten nun wieder den Pfad zwischen den Six - Pack, über die Brust, den Hals, zurück in das Gesicht. Ich blieb abermals an seinen Lippen hängen, wie gut sie sich auf meinen anfühlten. Weiter zu den geöffneten Augen.
Geöffnet?!?
Er schaute mich einfach nur an. Stillschweigend. Ich errötete heftig und senkte meinen Blick. Leider auf seine Brust. Schnell änderte ich meine Blickrichtung.
„Gefällt es dir?“, fragte er plötzlich.
Zurück zu seinen grünen Augen. Was hatte er sogleich gefragt? Ob mir gefiel, was ich sah? Jaaa, riefen ganz viele Hormone in mir und mein Rot vertiefte sich. „Ehm…“, stotterte ich und vergas wie man seine Stimmbänder einsetzte um zu sprechen,
„Wenn ich ehrlich bin…“, fing ich an, ich hatte meine Sprache wieder gefunden, „Ja. Du bist einfach…“, flüsterte ich und traute mich wieder in seine Augen zu schauen. Er hob seine Augenbrauen
„Einfach?“.
Ah, ich musste ja zu Ende reden.
„Perfekt.“, murmelte ich und spätestens jetzt musste ich magentarot angelaufen sein. Seine Antwort war schlicht und einfach „Danke.“ Dann nahm er einen Arm hinter den Kopf und legte sich auf den Rücken, die typische Männer Pose, „In all den Jahren, hmm Jahrhunderten, die ich nun schon leben war ich auf der Suche nach der Antwort was Schönheit heißt. War es ein symmetrisches Gesicht, die Augenfarbe oder die Haarfarbe, vielleicht auch nur die Figur?!“, kurz schaute er auf mich, „Die Zeiten änderten sich, manche wollten es lieber üppig, dann zierlich, mager…Aber letztendlich liegt es wirklich nur im Auge des Betrachters. Was der eine schön findet, mag der andere nicht. Aber eine Ausstrahlung, das gewisse Etwas in seinem Blick haben, das zieht jeden an.“, sagt er. „Du sagst mir, dass ich perfekt bin, aber meinst du damit meinen Körper oder meine Ausstrahlung? Das ist nämlich ein großer Unterschied.“, schloss er. Ich überlegte, sein Körper war wirklich atemberaubend, aber es war ja nicht nur sein Körper. Wie er mich anschaute, sein Blick, dann seine Art zu reden, wie er mich berührte, behandelte. Das perfektionierte alles nur mehr. Aber zum Schluss muss ich sagen, dass seine Art mich fast mehr bezauberte. „Du hast Recht. Die Ausstrahlung zählt mehr.“, mir fiel es trotzdem schwer, darüber zu reden, „Wenn ich sage, du bist schön, dann meine ich…“, er unterbrach mich,
„Darauf wollte ich gar nicht hinaus. Ich wollte nur verstehen, wie du denkst. Denn wenn ich sehe wie kritisch du dich betrachtest, egal ob du dich im Fenster oder im Spiegel siehst, verstehe ich nicht den Ausdruck deiner Augen. Du siehst so enttäuscht aus.“
Auf so was hatte er geachtet? Ich meine natürlich war ich nicht unbedingt zufrieden mit mir. Es war schwer in einer Welt zu leben, in der im Fernsehen oder in Zeitschriften, Plakaten nur Frauen mit göttlicher Figur abgebildet wurden (die klasse Dove - Werbung mal ausgeschlossen- Weiter so!). Man selbst, als normal Sterbliche, fühlt sich ganz einfach linkisch. Egal, ob man nun Sport trieb und auf das Essen achtete (was ich schon aufgegeben hatte), eine solche Figur liegt in weiter ferne. Von daher war der Blick in den Spiegel nicht immer ein schönes Erlebnis. „Nun ja. Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht mag, es ist nur so, das ich mich manchmal so schrecklich unwohl fühle, als würde ich nicht richtig in meinen Körper passe, so wie Carmen. Ich sehe so normal aus. Nichts Besonderes.“, schloss ich meinerseits.
Ungläubig guckte er mich an. „Stimmt nicht. Und Gwen, diese Magermodels sind doch nicht weiblich.“, er strich mit seiner freien Hand über meine Flanke, „Ganz anders wie du! Du bist einfach bildhübsch! Einzigartig.“
Das war das süßeste was ich jemals in meinen 17 Jahren gehört hatte, „Danke.“, murmelte ich.
Er wendete sich mir nun ganz zu und schob sich näher an mich, hob mein Gesicht und küsste mich zärtlich. Ganz leicht, um zu prüfen ob ich ihn auch nicht abweisen würde, so wie gestern Abend. Ich erwiderte seinen Kuss. Meine Hand wanderte seine Arme, über seine kräftigen Bizeps, zu seiner Schulter und krallte sich in sie. Unbemerkt lag ich auf einmal unter ihm und spürte sein ganzes Gewicht auf mir. Er drückte mich mehr in die Matratze und war mir so nah, wie noch nie jemand zu vor. Er streichelte meinen Hals, meine Arme. Und ein Kribbeln in meinem Bauch machte sich bemerkbar. Seine großen Hände strichen nun über meinen Bauch und ich küsste ihn nur noch heftiger. Die Zeit schien still zustehen, meinetwegen könnte dies ewig so weiter gehen. Bis…

„Aiden!“, ein heller Schrei erklang von unten, ein Stöhnen folgte. Er fuhr auf. Ein weiterer Schrei folgte und er war weg. Atemlos und allein lag ich nun in dem zu großen Bett. Hatte Carmen geschrieen? Etwas erbost lief ich aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und stolperte in die Eingangshalle. Dort lag die elfenhafte Carmen auf dem Boden, Blut schwall aus ihrer Seite. Aiden kniete neben ihr. Er hatte einen langen Dolch in der Hand, wahrscheinlich die Ursache für die Wunde Carmens. Nun kniete ich ebenfalls neben ihr „Oh mein Gott Carmen!“.
Aiden schaute mich an, „Gwen du musst hier weg, du bist hier nicht mehr sicher!“
Verdutzt stand ich da und wusste nicht wohin, „Wie weg? Wo soll ich denn hin?“
„Geh zu deiner Mum und…“, weiter redete er nicht mehr mit mir, er bückte sich, hob seine Schwester hoch und materialisierte sich. Alleine stand ich nun in dem großen Herrenhaus und bekam es langsam mit der Angst zu tun. Ok, ganz ruhig Evans, versuchte ich mich zu beruhigen und lief eiligst die Treppe hoch in mein Zimmer. Knallte die Türe zu und atmete aus.
„Packen!“, befahl ich mir selbst und schmiss alles Wichtige in eine große Ledertasche von mir und riss die Tür wieder auf. Schwer atmend polterte ich die Treppe hinunter und rutschte auch sogleich auch noch auf einer großen Brücke aus. Fluchend rieb ich mir den Rücken und meine Kehrseite, bis ich Schritte über mir hörte. Sofort hielt ich die Luft an und starrte gebannt an die verzierte Decke. Eindeutig, da war jemand im Obergeschoss.
So leise wie ich konnte stand ich auf, schlang meine Tasche um mich und schlich an der Wand entlang zum Wohnzimmer. Auf leisen Sohlen rannte ich zur Gartentür, schloss sie auf und rannte immer in Deckung zum Wald, auf der anderen Seite des Parks. Kein Vogel war singen zu hören, windstill lag alles vor mir. Wie als würde auch die Umwelt den Atem anhalten. Als ich vom Haus aus nicht mehr zu sehen sein konnte, was einerseits auch wieder negativ war, weil ich ja auch nicht mehr sehen konnte, ob ich gesehen wurde, rannte ich ohne auf den Grund zu achten mitten in den Wald hinein. Äste peitschten mich und zerkratzten mir meine Arme. Unbedacht lief ich weiter.
Bis ich Seitenstiche bekam und stehen bleiben musste, wenn ich nicht umkippen wollte (meine Kondition hatte sich als Vampir dann wohl doch nicht gebessert). An einen Baum stützend rang ich nach Atem und überlegte fieberhaft wie ich wieder nach Hause gelangen konnte. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich konnte mich doch auch materialisieren! Da sah man mal wie sehr der Verstand unter Druck arbeitete.
Also versuchte ich mich nun zu entspannen und mich unter Kontrolle zu bringen. Meine Glieder wurden schwer, aber mir fehlte es an Konzentration, da ich mir immer wieder Schritte in meiner Nähe einbildete.
Endlich schaffte ich es, mich an unsere kleine urige Küche zu erinnern, mit dem älteren Tisch und den schönen Stühlen, dem Duft von heißer Schokolade…
Ich öffnete die Augen und befand mich in der Küche. Tränen der Erleichterung traten in meine Augen und ich begann hysterisch zu lachen. Immer lauter wie eine Irre.
Plötzlich tauchte meine Mum im Pyjama im Türrahmen auf und rieb sich verwundert die Augen, „Gwen was machst du denn hier? Ist was passiert?“
Leider verwandelte sich mein Lachen nun in Weinen. Und ein Geruch stieg in meine feine Nase, der Geruch von Blut, Verwirrung und Angst.
„Gwen, was ist mir dir?“
„Komm mir nicht zu nahe, Mum!“, sagte ich beherrschter, als ich dachte. Ein paar mal musste ich tief durch atmen, den Duft des süßen Blutes musste ich überriechen, ich konnte doch nicht etwa Appetit auf meine Mum bekommen. So weit kommt es noch!
Der Tränenfluss stoppte. Die Blutlust auch.
Denn die Realität trat ein. „Es ist etwas passiert! Wir sind, oder eher gesagt Carmen wurde in unserer Villa angegriffen. Aiden musste mit ihr verschwinden und ich weiß nicht wohin er ist, geschweige denn was ich jetzt machen soll. Denn ich habe nicht das Gefühl das ich hier sicher bin!“, sagte ich kalt. Gefühllos. Meiner Gefühle, meinem seelischem Zustand war ich mir nicht mehr sicher.
Mum saugte die Informationen wie ein Staubsauger auf und nickte „Ok, nun dann würde ich sagen, befolgst du einfach die Ansagen die Aiden säuberlich auf diesen Zettel geschrieben hat. Den fand ich beim aufstehen vor dem Bett liegen.“
Damit überreichte sie mir einen gelben Notizzettel, auf dem stand:

Gwendolyn,
tut mir Leid, dass ich so schnell gehen musste, doch Carmen verlor zu schnell, zu viel Blut.
Ihr geht es nun besser und ich werde versuchen so schnell wie möglich zu dir zurückzukehren. Solange ich nicht da bin, bitte ich dich, deinen Alltag soweit es geht wieder aufzunehmen. Das heißt gehe zur Schule, erledige etwas Normales um nicht aufzufallen! Aber tue nichts Unbedachtes!
Pass auf dich auf,
Aiden
PS. Schaue in den Kühlschrank.



Zitternd beendete ich das Lesen. Ich war also nun alleine auf mich gestellt, das wird lustig.
„Was meint Aiden denn bitte mit Kühlschrank?“, fragte ich.
Mum zuckte mit den Achseln und machte direkt die Kühlschranktür auf, „Hier ist auf jeden fall nichts Ungewöhnliches drin.“
Merkwürdig, dachte ich mir und wanderte in mein Zimmer. Dort stand doch tatsächlich ein kleiner gelber Kühlschrank neben meinem Schreibtisch. Lächelnd drehte ich mich zu meiner Mum, die mir gefolgt war.
„Was ist denn da drin?“, hakte sie nach.
Ich beugte mich hinunter und öffnete den petit frigo…schloss ihn auch direkt wieder. Meine Mum sog scharf die Luft ein und begann zu stottern „Ist es das…das…was ich d-denke das es das ist?“
„Ehm…leider ja.“
Sie ließ sich auf das Bett plumpsen und atmete laut aus.
„Ich meine irgendwie muss ich mich doch ernähren oder?“
Sie nickte, „Ich glaube, ich geh mal kurz etwas frühstücken…“, damit stand sie auf und verschwand aus meinem Zimmer.
Nun, da ich wieder alleine mit meinen Gedanken war, begann ich mir Sorgen um Carmen zu machen. Ob es ihr gut ging, oder ob es eine richtig schlimme Verletzung gewesen war. Wann ich Aiden wohl wieder sehen würde und, und, und…
Noch eine wichtige Frage war allerdings ob ich morgen nun wirklich zur Schule gehen sollte. Die Maifeiertage waren vorbei und Aiden meinte schließlich auch, dass ich gehen sollte.
Plötzlich überkam mich eine bleierne Müdigkeit. Dem Instinkt folgend legte ich mich erschöpft auf das Bett.
Der Schlaf überkam mich sofort.

Der Wecker klingelte, ich hatte noch nicht einmal bemerkt, dass ich ihn eingeschaltet hatte. Sonnenstrahlen wanderten auf meinem Bett umher und ich blinzelte. Zum Glück waren die ganzen Geschichten darüber, dass Vampire nicht ins Tageslicht treten können, erfunden. Was würde ich bloß ohne Sonne machen.
-Eingehen, wie jede Blume auch.
Sanft ertönte ein Klopfen an meiner Tür und Mum trat ins Zimmer ein.
„Guten Morgen Schatz! Jetzt hast du aber lange geschlafen!“ Sie öffnete eine geschlossene Gardine und auch das Zimmer um frische Luft hinein zulassen.
Die Brise wehte allerdings auch den Geruch ihres Blutes zu mir. Süß und schwer hing er in der Luft, ließ mir das Wasser im Mut zu laufen. „Ich hatte den Wecker gestellt da ich dachte das du heute gewiss in die Sch-…“, sie hörte auf und betrachtete mich besorgt, ich war ihr auf ein mal so nah.
Das Blut, es schrie förmlich nach mir. Meine tierischen Instinkte erwachten in mir. Ich roch an ihrem Hals, umkreiste sie. Wie ein Löwe seine Beute vor dem Angriff umkreiste. Sie ging einen Schritt zurück, stoß gegen die Fensterbank hinter ihr. Ich folgte ihr und schloss meine Augen. Immer schneller wurde das Blut durch ihre Venen gepumpt. Doch da war noch eine andere Nuance. Angst…und Wut!
Ich kam noch näher und...
Bekam eine saftige Backpfeife!
Mein Kopf schwenkte herum.
„Wie kannst du es wagen Gwendolyn?!“, schrie sie und schoss an mir vorbei in die Küche, nicht ohne vorher die Türe zuzuknallen.
Zitternd hob ich meine Hand und befühlte meine heiße Wange, die bestimmt einen Handabdruck von ihr drauf hatte. Beschämt traten Tränen in meine Augen, ich hatte Mum gerade als Beute betrachtet. Wie erbärmlich, wie unwürdig…wie unmenschlich!
Mein Blick schweifte zum Kühlschrank. Sofort stürzte sich mein unkontrollierbarer Körper zu ihm und riss die Tür auf. Ich öffnete eine Packung und trank gierig das Blut.
Als ich gesättigt war begann ich erst mich anzuziehen und mich zu waschen.
Den Schmutz wurde ich nicht los!
Mein Blick schweifte auf die Uhrzeit, halb 8. Ich musste den Bus nehmen. Mum war schon längst verschwunden, kein Wunder, bei so einer Tochter! Abwesend legte ich mir meine gepackte Schultasche um und schritt leise die Treppe zum Ausgang hinunter. Cary wollte ich nun auch nicht begegnen.
Als ich schließlich im Bus saß, stieg Lina auf einmal ein, die hatte ich ja ganz vergessen! Sie gab mir einen Begrüßungskuss auf die Wange und ich verkrampfte mich automatisch. Ihr Duft stieg mir in die Nase, vernebelte meine Sinne!
Kurz schüttelte ich mich um dieses komische Gefühl abzuwerfen. „Hey Gwen und dir geht es endlich besser?!“, fragte sie und setzte sich neben mich auf den freien Platz. „Ehm…ja mir geht es etwas besser, Lina.“, log ich trocken, „Aber es kann sein, dass ich noch etwas neben der Spur bin.“
Sie nickte und musterte mich kurz, „Aber so aussehen tust du nicht gerade!“
Zaghaft lächelte ich, „Gibt es irgendetwas neues in der Schule?“
„Nein, wir dümpeln nur noch vor uns her. Der ganze Stoff ist schon durch und die Noten stehen eigentlich auch schon fest. Nur noch 2 Wochen und dann sind Sommerferien.“
Dieses Jahr war alles etwas weiter nach vorne geschoben wurden, am ersten Juni begannen unsere Sommerferien. Was die Politiker sich dabei wieder gedacht haben, fragen wir besser nicht.
„Komm!“, sie zog mich hinter sich aus dem Bus und wir betraten nach einigen Metern das schon volle Schulgelände.
„Ich gehe noch einmal kurz auf die Toilette, gehe du ruhig schon vor zum Klassenraum!“
Lina nickte und verschwand in dem bunten Gemenge, aus groß und klein.
Ich machte mich daran in der leeren Toilette zu verschwinden. Blass schaute mir mein Spiegelbild entgegen. Ich hatte mich wahrlich verändert, eine klarere Haut bekommen, glänzenderes Haar. Aber was machte das schon aus, wenn ich äußerlich das Gesicht eines Engels hatte, aber ihnen drin ein kleines Monster nach Blut schrei? Das Wasser aus dem Wasserhahn perlte das Waschbecken entlang und ich spritze mir etwas in das Gesicht.

Der Unterricht war zäh und zog sich wie Kaugummi, doch das ersehnte Klingeln kam und ich musste zum Musikunterricht. Die ersten Stunden vergingen langsam, doch nun klingelte es zum Schulende. Lina plapperte einfach munter weiter und ließ sich nicht von meiner Geistesabwesenheit beirren. Ab und an nickte ich und machte ein zustimmendes Geräusch damit sie nicht dachte, sie rede mit einem Stein, aber das meiste was sie erzählte konnte ich nicht behalten. Irgendwann war sie still. Der Bus raste an der Landschaft vorbei „Ist mit dir und Ben noch alles Ok?“, fragte ich um nicht desinteressiert zuwirken. Lächelnd wand sie sich an mich „Ja ja, mit uns beiden läuft es prima. Seit gestern sind wir schon seit 4 Monaten zusammen.“, fröhlich strahlten ihre Augen und ich konnte mich in ihnen spiegeln. Mein gekünzeltes Lachen musste echt ausgesehen haben, den ihr Grinsen weitete sich. „Er hat mir sogar eine Rose geschenkt, süß nicht? Oh ich muss aussteigen, Gwen.“, Küsschen, „Bis morgen dann!“, sie verschwand und ließ mich sitzen.
Endlich stille. Meine Miene verfinsterte sich automatisch. Wie es wohl Carmen ging? So schlimm sah die Verletzung gar nicht aus, oder war es etwa mit einem Silbermesser geschehen? Und wann kam Aiden endlich und sagte mir was ich tun sollte und….NEIN!!! Da war meine Bushaltestelle gerade an mir vorbeigezogen.
Aber zum Glück schaltete die Ampel auf rot. „Entschuldigung?!“, ich erhob meine Stimmt und wurde von allen Seiten schief angeschaut, „Können sie mir vielleicht die Türe öffnen, ich habe meine Bushaltestelle verpass-…!“
„Nein.“, bellte der Busfahrer und schaute mich grimmig im Rückspiegel an, „Das geht jetzt nicht, pass das nächste Mal besser auf, junges Fräulein!“
Ich wollte noch weiter auf ihn einreden, doch der Bus fuhr schon weiter. Dann konnte ich wohl erst im nächsten Ort aussteigen, super. Nun hatte ich auch noch einen 4 km Marsch vor mir.
Bei der nächsten Bushaltestelle konnte ich dann unter dem grimmigen Blick des Busfahrers aussteigen. Ich inhalierte noch eine Wolke des Abgases ehe ich verlassen am Anfang des anderen Ortes stand. Kein Auto, kein Mensch, gar nichts. Verdrossen kickte ich einen Stein aus meinem Weg und wanderte zurück zu unserem Haus. Nach einigen Minuten fiel mir ein, dass ich ja noch meinen Mp3-Player in meiner Tasche hatte, zum Glück!
Ich stoppte und kramte ihn aus dem Durcheinander meiner Tasche heraus. Jetzt war das Pech wenigstens etwas erträglicher. Neuerdings hörte ich auch nicht mehr nur R` n` B sondern auch Brit - Pop oder Soft-Rock. So sang ich nun zu den Liedern von One Republik und anderen Interpreten.
Die Straße zog sich und zog sich. Keine Autofahrer, geschweige denn sonst irgendwer war da. Dann kam der Gedanke, ich schaute mich um und fing an mich über mich lustig zu machen, da hatte man mal übersinnliche Fähigkeiten und vergisst sie glatt. Ein letztes Mal schaute ich mich um und materialisierte mich in unser Haus.
Ich landete bei Cary in der Küche, auch gut. „Ach Gwen! Schön dich wohl auf zu sehen!“, die ältere Frau umarmte mich herzlich.
„Hallo Cary. Ist bei dir alles in Ordnung?“
„Och die üblichen Wehwehchen einer alten Dame, nichts von Belang.“
Ich nickte.
„Setz dich doch etwas zu mir.“, sie bot mir einen Stuhl an und ich folgte der Einladung, „Du siehst unglücklich aus, Liebes.“
Eingehend betrachtete ich die Maserung des alten Tisches, bis ich mich wohl nicht mehr einer Antwort entziehen konnte.
„Nun, es ging mir schon einmal besser, würde ich sagen.“
„Das ist nur logisch.“, eine Feststellung keine Frage, „Was ist eigentlich heute morgen bei euch oben vorgefallen? Es war für eine kurze Zeit ziemlich laut.“
Ich druckste abermals herum, „Ehm…meine Transation ist noch nicht so lange her. Das heißt, dass ich mich noch nicht ganz unter Kontrolle habe. Ich folge eher meinen Instinkten, als der Stimme der Vernunft. Meine Blutlust ist noch unkontrollierbar…so vermute ich zumindest.“
„Und?“
„Ich habe heute morgen meine Mum als mein Frühstück betrachtet.“, beschämt senkte ich meine Augen.
Zu meiner Verwunderung lachte Cary laut auf und hielt sich den Bauch. Verwirrt schaute ich der alten Dame zu, ihre Lachfalten zeichneten sich deutlich auf ihrem freundlichen Gesicht ab.
„Gwendolyn, das ist üblich für euch junge Vampire. Du hättest deine Mum niemals angegriffen, es war nur der Duft, nicht aber der Hunger! Das musst du lernen zu unterscheiden. Lasse dir Zeit und vor allem höre auf dein Herz!“, riet sie mir.
Ok, es gab also einen Unterschied zwischen Duft und Hunger, das musste ich dann wohl oder übel wirklich lernen.
„Und nun gehe bitte, ich habe noch etwas zu erledigen.“
„Öhm ja. Danke für den Rat.“
„Gern geschehen. Tschüss!“, hinter mir schloss sich die Küchentür und ich schlich nach oben in unseren Teil des Hauses. Mum war schon da, ihre Tasche lag schon auf der weißen Kommode.
„Mum?“, ich wollte sie nicht abermals erschrecken.
„Gwen! Wo warst du? Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“, sagte sie und lehnte am Küchendurchgang.
„Ich war eben noch bei Cary.“, ich legte meine Tasche neben ihre und drehte mich zu ihr um, „Wegen heute morgen…ich wollte dir keine Angst machen. Es kommen nur so viele neue Eindrücke auf mich zu, das ich erst noch lernen muss auf welche ich mich mehr konzentrieren muss und welche Gefühle ich unterdrücken muss. Verzeihst du mir?“, Reue durchflutete mich.
Sie umarmte mich feste „Natürlich.“ Erleichterung nahm ich bei ihr war. „Ich wusste nicht, ob ich auch für dich etwas kochen sollte?“
Assen Vampire denn noch normale Lebensmittel, ich meine mich erinnern zu können, das Aiden und Carmen nichts dergleichen bei sich im Haus hatten.
„Nein. Tun wir nicht.“, sagte ich dann und ging in mein Zimmer. Hausaufgaben hatte ich nicht auf, was sollte ich den lieben, langen Nachmittag dann bitte machen? Letztendlich blieb mir ja nur warten übrig. Aus Langeweile öffnete ich meinen Mini Kühlschrank und trank etwas Blut, besser etwas mehr als nachher wieder mit meiner Mum Probleme zu bekommen.

Zum Schluss hatte ich den Tag mit lesen verbracht. Um halb 10 hatte ich mich dann ins Bett gelegt. Der Schlaf kam sofort.

- Diesmal war die Lichtung von Nebel umschleiert. Eine Melodie schwebte in der Luft. Wehmütig und klagevoll. Irrlichter flimmerten um mich herum und ich wartete schon auf den Augenblick, der mir beweisen würde, dass das hier ein Alptraum werden würde. Nichts dergleichen geschah.
Eine hoch gewachsene, wunderschöne Frau glitt auf die Lichtung.
Ly´ara!
„Gwendolyn, du bist in Gefahr! Nehme dich in Acht vor dem schwarzen Mann. Schatten ziehen immer enger ihre Kreise! Lerne deine Kraft zu bündeln, sonst bist du machtlos gegen ihn. Er will nicht nur dein Blut, dein reines Blut, dessen Linie sich um die Jahrtausende legt. Nein er will eine Schattenära gründen, in denen Menschen die Sklaven ihrer sind. Kehre zu deinem Ursprung zurück und biete ihm Einhalt!“, sie trat näher an mich heran und legte eine Hand auf meinen Kopf, „Gwendolyn, kehre zurück zu deiner Ahnen Land!“
Schon war sie verschwunden, Schatten lauerten außerhalb des Nebels, warteten auf einen Moment der Schwäche. –



In meinem Traum merkte ich, dass ich nicht mehr alleine war. Irgendwer saß da an meinem Bett und beobachtete mich. Das hieß dann wohl, dass ich aufstehen sollte. Ich öffnete meine Augen und gegenüber von mir saß mein dunkler Engel. Ernst schaute er auf mich hinab, seine Augen hatten heute die Farbe tief grünen Mooses.
„Guten Morgen, Gwen!“, begrüßte er mich und strich eine Strähne aus meinem Gesicht.
Ich musste erst mal meine Stimme finden, „Hallo.“, brachte ich hervor und errötete leicht, obwohl ja noch nichts passiert war.
„Wir müssen reden.“
So was, wie er darauf kam? Ich nickte und setzte mich auf, nicht ohne vorher etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Er wartete mit dem Erzählen.
„Carmen geht es wieder besser, sie ist zwar noch etwas geschwächt, aber sie hat es locker überstanden, die Wunde war gar nicht so tief.“, begann er schließlich, „Während sie sich am erholen war, sprach ich noch mal mit dem hohen Rat. Übermorgen findet eine Versammlung statt, bei der gewählt wird, wer als nächster Thronanwärter antreten wird. Wie es aussieht herrscht im Moment eine Pattsituation. Sirion und seine Schatten haben einige Ratsmitglieder unter ihre Fittiche genommen, aber sie scheinen sich noch nicht sicher zu sein, wenn die wählen sollen.“
„Aber dann stehen deine Chancen doch gut, oder nicht?“
„Nun, sicher kann ich mir erst sein, wenn ich König bin.“
Das ließ ich erst einmal sacken. Eine Weile hing jeder seinen Gedanken nach.
„Sag mal, ist Ly´ara auch unter dem Rat?“
„Ly´ara?“
Nickend rutschte ich etwas auf dem Bett herum.
„Ly´ara ist tot!“
Ich riss meine Augen ungläubig auf, „Aber ich sehe sie doch immer in meinen Träumen.“, widersprach ich.
„Naja, wir Vampire sterben nicht richtig, verstehst du. Sie ist nur in den Schleier getreten. Das heißt ihr Körper ist gestorben, aber ihre Seel…-ehm ihr Geist ist noch da. Man kann mit ihnen Kontakt herstellen, aber sie wird nie wieder hier unter uns wandeln können. Manche Vampire, oder wie sie eine war, Baobhan-Sith, können durch die Traumwelt miteinander kommunizieren. Aber wie gesagt, eure Rasse ist kaum noch vorhanden. Wieso fragst du denn?“
Ich runzelte meine Stirn, na toll, jetzt sah ich schon Geister…träumte von ihnen.
„Weißt du, ich hatte wieder einen meiner Träume…indem sagt sie mir das die Schatten immer näher kommen und ich Sirion aufhalten soll. Und das ich in das Land meiner Ahnen zurückkehren soll.“
Aiden atmete aus, „Das verkompliziert das alles doch noch etwas, würde ich sagen.“
Meine Kehrseite tat mir etwas weh und ich stand auf, hatte aber ganz vergessen, dass ich nur ein Höschen und ein weites XXL – T - Shirt anhatte. Ich kam kurz an dem Spiegel vorbei und bemerkte mein Versäumnis.
„Uah!“, schrie ich und zog mein Shirt über den Po. Hinter mir ertönte ein Grollen, gefolgt von einem heiseren Lachen.
„Lass nur, mich stört das nicht!“
Ich funkelte ihn an und zog mir auf die schnelle eine Boxershorts an.
„Kann ich mir denken.“, schon drehte ich mich um und knallte gegen seine steinharte Brust. Automatisch stützen sich meine Hände darauf, und ich konnte seine Muskeln unter meinen Fingern fühlen.
„Ehm…wo waren wir stehen geblieben?“, versuchte ich zum Thema zurück zukommen.
„Hm?“, kam von ihm als seine Nase meinen Kiefer entlang strich, fast nur eine Schmetterlingsberührung. Seine Arme legten sich um meine Taille und zogen mich näher an ihn.
„Du riechst so gut, wusstest du das eigentlich schon? Dein Geruch hat sich trotz deiner Transition nicht verändert.“, flüsterte er und begann über meinen Rücken zu streicheln. Ich ergab mich und schlang meine Arme um seinen Nacken, das auf die Zehenspitzen stellen nahm ich freudig in kauf.
„Das höre ich doch ger…“, ein Kuss unterbrach mich.
Er hob mich mühelos an, so dass ich mich nicht mehr auf die besagten Zehen stellen musste. Sein Kuss war drängend und nicht mehr so sanft wie die vorigen Male, er war sich seiner Sache ganz sicher. Meine Finger verflochten sich in seinem schönen seidigen Haaren. Ich verlor mich in dem Gefühlsstrudel, in den ich nun fiel.
Dann zog er sich bestimmt zurück, „Das verkompliziert das alles doch noch mehr!“, er stellte mich zurück auf den Boden und ich wankte etwas.
„Ich glaube, das würde ich in Kauf nehmen!“
„Mh…Ich denke wir warten nicht mehr lange und dann reisen wir ab.“ Schon war er weg.
Mit rasselndem Atem ließ er mich zurück. Hatte ich etwas Falsches getan? Warum musste er jetzt wieder verschwinden?

Die zwei Tage nachdem ich Aiden morgens gesehen hatte, überlebte ich heil, ohne irgendwelche übergriffe. Die Schule plagte mich kaum, da alle Noten schon feststanden, das hieß, dass ich im Unterricht auch hätte schlafen können.
Diesmal war es Abend und ich saß mit meiner Mum auf der Couch um Gilmore Girls zugucken. Schmunzelnd saßen wir also da und aßen süße Nüsse, Minka saß auch mit hier, da Cary für einige Tage Freunde besuchen war, bis wir Geräusche von unten hörten. Als erstes dachte ich, ich hätte mir das nur eingebildet, doch dann erklang noch ein seltsamer Ton.
„Was war das?“, flüsterte Mum und schaute mich mit gerunzelter Stirn an, als wüsste ich mehr als sie!
„Keine Ahnung!“, antwortete ich und konzentrierte mich auf den Geruch des Eindringlings.
Aber da war nichts Fremdes in der Luft, nur ein Kribbeln machte sich bei mir in der Magengrube bemerkbar.
„Da schon wieder!“, Mum setzte sich richtig auf und horchte vergeblich, „Ich gehe nachschauen.“
Ich hielt sie am Arm zurück, „Warte! Ich bin doch stärker als du!“
Am Anfang schien es so, als wollte sie mir widersprechen, aber sie wusste das ich Recht hatte. Kaum merklich nickte sie und begleitete mich bis zur Haustür, die nicht verriegelt war. „Bleib hier.“, flüsterte ich und öffnete sie.
Sofort setzte ein schrilles Piepen bei mir im Kopf ein und ich bekam augenblicklich Kopfschmerzen davon.
Gefahr!
Dunkel lag der Flur vor mir und ich schlich mich an der Wand entlang zur Treppe, planlos.
Was sollte ich bitte machen, wenn da jemand ungebetenes wäre?
Meine Haut prickelte und meine Fänge verlängerten sich. Meine Sinne waren erwacht!
Mucksmäuschenstill stieg ich die Treppe hinab. Carys Tür war offen, ein weiteres Geräusch hörte ich und ich gelangte unten an.
Ich zählte bis drei und stürmte die Festung. Das Wohnzimmer war leer, ich rannte zur Küche und lief in die Arme eines Schattens. Ein Schrei entlockte sich meiner Lippen und ich machte kehrt. Um Abstand zu gewinnen. Er lief mir selbstverständlich nach und bekam mich an den Haaren zu fassen, „Stehen geblieben.“, presste er heraus.
Brutal verdrehte er sie und ich kniete vor ihm nieder. Perfekte Lage, den direkt neben mir war eine Kommode mit einem Brieföffner Dolch. Ich zappelte etwas um ihn in dem Glauben zu lassen, ich sei hilflos und rammte ihm den ergriffenen Dolch in den Oberschenkel!
Nun schrie er und ließ mich los.
Ich stolperte zu Boden und rappelte mich sogleich wieder auf. Nun musste aber ein Plan her, sofort!
„Gweeen!“, ertönte es von oben, der Schrei wurde abgebrochen. Ich wendete mich zur Tür und wollte nach oben zu meiner Mum, doch dann hörte ich ein Klingen.
Der Dolch war auf den Boden gefallen. Ich drehte mich wieder meinem Schatten zu und hob vor Schreck meine Hände!
Er stand direkt vor mir…und bewegte sich nicht.
Ein paar Sekunden verhaarte ich in dieser Position, bis ich endlich begriff. Eine Art Licht befand sich um ihn, er war sozusagen gelähmt, nur seine Augen bewegten sich und verfolgten mein Tun. Ich ging einen Schritt zurück, war ich das gewesen? Ich wiederholte diese Geste, der Schatten fiel aus dem Lähmzustand und sprang weiter auf mich zu. Schreiend wiederholte ich die Geste wieder und er erstarrte. Keuchend schaute ich ihn an und stolperte rückwärts.
Himmel! Das werde ich nie wieder ausprobieren!
Dann kehrte die Erinnerung zurück, Mum!
„Mum?!“, schrie ich und rannte aus Cary Wohnungsteil zur Treppe, die flog ich förmlich hoch, „Mama!!“.
In unserer Wohnung war es still. Keiner war in der Küche. Dann kam das Wohnzimmer.
Das Tischchen war umgekippt, die Couch war verrückt. Niemand war hier. Das war eine Falle gewesen.
Einer sollte nach unten und der andere Schatten würde sich die obere Person krallen. Das hätte ich dann eigentlich sein sollen. Nun war meine Mum weg.
„Das tut mir Leid.“, ertönte es vom Fernseher.
Das tat es mir auch!

„Himmel! Oh nein….nein, nein…“, ich kauerte in einer Ecke des Wohnzimmers, hinter dem Tischchen und hatte die verstörte Minka auf dem Arm. Ihr seidiges Fell hätte mich eigentlich ablenken sollen, leider fehlte die Wirkung und ich stand kurz vor einem Abgrund der Hysterie. Ich hatte immer von mir gedacht, in Krisensituationen relativ ruhig zu sein. Wie man sich irren konnte.
Dann hörte ich Schritte im Flur. Wimmern erklang von mir und ich wiegte mich hin und her damit ich kein lauteres Geräusch machte. Wer war das denn nun?
„Gwen?“, seine samtene Stimme erkannte ich sofort.
„Ich bin hier.“, flüsterte ich, doch er hörte es trotzdem. Nun stand er vor mir, „Was ist bloß passiert?“, sanft aber bestimmend nahm er Minka aus meinem Arm. Und hob mich in seine starken Arme, er trug mich aus dem Wohnzimmer und wir dematerialisierten uns.

Im Herrenhaus angekommen, legte er mich sofort auf der Couch ab, er streichelte mir den Rücken und wartete bis ich endlich reden konnte.
„Ich hätte es sein sollen, nicht sie!“, murmelte ich und schaute auf meine Fußspitzen, „Warum bin ich bloß hinunter gegangen und musste mich unbedingt für stärker halten, hä?!“
„Aber das bist du doch. Du wolltest sie doch nur beschützen!“, sein Atem kitzelte in meinem Nacken. Ich nickte.
„Ihr habt Geräusche unten gehört und du bist nachschauen gegangen, wer das war.“
Nicken.
„Da war jemand und du warst beschäftigt. Währenddessen wurde deine Mum entführt.“
Nicken.
„Schließlich kamst du nach oben und es war zu spät.“
Heftiges Nicken.
„Und wer war der jemand, der dich angegriffen hatte?“, fragte Aiden und wartete auf eine vernünftige Antwort von mir. Ich raffte mich zusammen.
„Da war so ein Schatten…der wartet noch!“, rief ich aus und stand auf.
„Der wartet noch?“
„Ja, komm mit, ich zeige dir was ich meine!“
Aiden und ich materialisierten uns in das Wohnzimmer von Cary. Und tatsächlich dort stand immer noch der Schatten, den ich unbewusst gelähmt hatte.
„Der wartet noch.“, wiederholte Aiden und lachte kurz auf. Dann wandte er sich an mich, „Bitte löse ihn doch für mich und für den hohen Rat, ja?!“, bat er. Ich hob meine Hand und löste die Starre. Das Licht verschwand, jedoch bewegte er sich trotzdem nicht.
„Was…“, Aiden hielt ihn fest. Mentale Kraft.
Vor Wut trat ich hervor und gab ihm eine deftige Backpfeife, „Ihr Mistkerle…“, weitere Schläge von mir folgten, bis Aiden mich von dem Schatten entfernte.
„Hey, Gwen! Das hilft jetzt nun auch nicht weiter.“, sagte er zu mir und hielt mich immer noch an den Oberarmen fest.
„Du tust mir weh.“
Er ließ mich schnell los, „Tut mir Leid.“
Er wendete sich wieder dem Schatten zu und fasste ihn am Arm, „Gwen halte dich an mir fest, wir müssen zum hohen Rat.“
Ich ergriff seine dargebotene Hand und wir dematerialisierten uns von dem Wohnzimmer.

Aufgeregt öffnete ich meine Augen. Wie befanden uns in einer großen Halle, schwarzer Marmorboden und hohe Decken umgaben uns. Säulen bildeten eine Art Alle zu einer großen Doppeltür. Eine Schlange bildete in der Mitte der Tür einen Kreis und hatte Rubin rote Augen. Es waren echte Edelsteine. Die Halle war recht kühl und mir stellten sich die Nackenhaare auf. Ein komischer Duft (Weihrauch?) lag in der Luft und schnell folgte ich Aiden der schon mit dem gelähmten Schatten am Tor stand.
Er wisperte etwas in einer anderen Sprache und die Schlänge schlängelte sich in einem gewissen Muster, so dass die Tür sich öffnete. Er trat ein und gebannt folgte ich ihm.
Das alles wirkte auf mich, wie in einem dieser alten römischen Zeiten, in denen die Senatoren die Probleme Roms besprachen. Ungefähr so war der Saal. Nur waren dies keine alten Senatoren, sondern übermenschlich attraktive Wesen. Sie hatten alle weiße Roben an und jeder war auf seine Art einnehmend. Meine Augen konnten nicht schnell genug auffassen, was sie sahen!
Währenddessen trat Aiden selbstbewusst in die Mitte des Saals. Ein Kreis versammelte sich um ihn, schüchtern blieb ich an der Seite stehen. Der Mittelpunkt wollte ich nun nicht unbedingt sein.
Eine zierliche Frau mit flammend rotem Haar ergriff das Wort, ihre Fänge fingen Licht auf und mich schauderte es.
Der Inbegriff einer Sirene.
„Willkommen Aiden, Sohn des Sandron.“, sprach sie mit einem undefinierbaren Akzent. Die im Kreisstehenden neigten ihre Köpfe.
„Die Ehre ist ganz auf meiner Seite.“, erwiderte er höflich und richtete nun seinen Blick auf den Schatten, „Ich habe jemanden mitgebracht, von dem ich gerne wissen würde, wem er dient.“
Der Kreis zog sich enger um ihn und die Seantoren runzelten die Stirn.
„Nun sprich, Schatten, wessen Werk unterstützt du?“, forderte ein großer Albino Mann ihn zum sprechen auf.
Meinerseits rückte ich nun auch näher, ich wollte wissen wer meine Mum entführt hatte, obwohl ich mir die Antwort denken konnte. Jedoch kam kein Ton über des Schattens Lippen, er verzog sie nur zu einem höhnischen Lächeln.
„Sprich!“, befahl die Rothaarige, sie trat nun einen Schritt näher und stand genau vor ihm. Er sagte immer noch nichts, bleckte nur seine Zähne und gaffte sie an. Sie hob ihre Hand und er folgte der Bewegung mit seinen leeren Augen. Ihre Hand stoppte vor seinem Gesicht und sie schloss die Augen. Eine Zeit lang geschah nichts, dann verzog er das Gesicht, Krämpfe schüttelten ihn und er begann zu schreien. Gequält blickten seine Augen nach oben und sprangen fast aus der Höhle.
Angeekelt verzog ich das Gesicht und faste mir an den Hals. Ein schöner Anblick war das keinesfalls, auch wenn es mein Feind war.
Plötzlich erschallte ein großer Knall, der Schatten lief schwarz an und rauch stieg von ihm auf. Dann war er verschwunden, noch nicht mal mehr Asche oder Kleidung war auf dem Boden.
Die teuflische Sirene drehte sich zu Aiden um, ich sog scharf die Luft an, dachte ich doch, so würde sie nun auch mit ihm widerfahren.
Ihre Augen tanzten zu mir. Nun stand sie vor mir, schnupperte an mir, „Der Menschenduft klebt noch an dir, Eindringling!“, wisperte sie mit einem gefährlichen Unterton. Der kreis drängte sich nun zu mir und musterte mich.
Innerlich wand ich mich und schrie, aber ich war äußerlich wie gelähmt.
Sie umkreiste mich und roch weiter an mir, „Aber du bist keiner mehr. Was ist sie, Aiden? Wieso bringt ihr eine Fremde in die geweihten Hallen?“
Glücklicherweise stand Aiden nun neben mir, legte eine Hand um meine Taille und beruhigte mich sofort damit, „Das, wehrte Cassandra, ist Gwendolyn Evans, Tochter der Baobhan-Sith Ly´ara!“
Ein Raunen entbrannte in der Menge und die schönen Gesichter verzogen sich ungläubig. „Sie ist eine Baobhan-Sith?“, wiederholte Cassandra, „Wie kann das sein, ihre Blutlinie ist schon lange untergegangen.“
„Sie ist eine der letzten ihrer Art.“, Aiden verschränkte beide Arme unter Brust und musterte nun die attraktiven Wesen, kehrte wieder zu Cassandra zurück, „Wem diente der Schatten?“
Sie wählte ihre Worte, „Er war Diener des Thronanwärters Sirion, er hatte den Auftrag mit einem weiteren Schatten die Mutter von Gwendolyn zu entführen um sie verwundbarer zu machen. Nun befindet sich Aurora, wie er mir in Gedanken mitteilte, auf Sirion’s Landsitz in Irland.“
„Ist der Rat immer noch für Sirion?“, begann Aiden, „Er stört doch nur den Frieden zwischen Mensch und Vampir, jetzt wo wir schon einmal so weit gekommen sind. Wollt ihr all das wieder aufgeben? All das barbarische, die Kriege, über dem unsere Kultur eigentlich drüber stehen sollte.“
Ein kriegerisch aussehender, gut gebauter, Dunkelhaariger kam aus der Menge und stellte sich neben Aiden, „Ich stimme Aiden voll und ganz zu. Unser Volk sollte nur die Sitten aufgreifen, die sich dem Zeitalter, dem Jahrhundert, in dem wir uns jetzt befinden, anpassen. Auf Hetzjagden und Opfergabe verzichten.“, somit reichte er Aiden die Hand, dieser ergriff sie und ein Lächeln bildete sich für kurze Zeit auf seinem Gesicht.
Allerdings erlosch es sofort.
Nun trat ein Sean Connery Model aus dem Kreis „Aiden…warte auf unsere Antwort am morgen, wir haben Dinge zu besprechen, nachdem wir nun wissen das Sirion nicht ganz unseren Sitten entsprechend handelt. Mich würde aber noch interessieren, warum er hinter Gwendolyn her ist.“
Zustimmendes Gemurmelt verlautbarte sich. Aidens Blick streifte meinen.
„Das würde ich auch gerne wissen.“

„Sind sie nun wirklich in Irland, ich meine was ist wenn Cassandra sich getäuscht hat und Sirion gar nicht da ist. Sondern noch hier, oder sogar in China.“, aufgebracht ging ich im Wohnzimmer der Villa auf und ab. Gelassen stand Aiden am Fenster und schaute hinaus auf den sonnendurchfluteten Park. Das Wetter war nun richtig sommerlich, Mitte Mai entsprechend. Wie lange meine Transation schon her war, erstaunlich. Und doch hatte ich mich noch nicht ganz an den Blutdurst gewöhnt.
„Cassandra irrt sich nie, sie schaut demjenigen in seine Gedanken, derjenige kann in dem Moment nichts vor ihr verbergen. Es ist aber auch schmerzlich für das Opfer und Cassandra sieht manchmal Dinge die sie nur schwer verkraften kann. Deswegen wirkt sie so kalt, sie hat um sich eine Mauer gebaut, niemand kann an sie heran.“, sprach er und drehte seinen Kopf zu mir.
Ich grummelte vor mich hin, meine Sorgen um Mum brachten mich fast um.
„Was ist wenn es schon…zu spät…ist?“, flüsterte ich dann und blieb in der Raummitte stehen.
„Sirion will dich! Er wird ihr nichts angetan haben, solange er dich noch nicht in seiner Gewalt hat.“
„Dann muss ich zu…“
„Du musst gar nichts. Wir werden schon noch einen anderen Weg zu ihm finden, ohne das irgendeinem etwas passiert.“
„Aber ich…“
„Nein!“, unterbrach er mich grob.
Zornig funkelte ich ihn an. Dann soll er mir doch bitte seinen Plan erklären, denn nur weil wir nach Irland fliegen würden, heißt das noch nicht, das Sirion sie uns freiwillig übergab.
„Dann sage mir bitte was du vorhast. Denn anscheinend bin ich nicht dabei oder wie siehst du das?“
Er knurrte und schaute wieder aus dem Fenster, „Das stimmt.“, sein Körper bebte auf, „Ich möchte nicht das du bei dem Kampf oder der Rettung dabei bist.“
„Warum nicht?“
„Weil das zu gefährlich ist.“
„Dann dürfte ja wohl keiner daran teilnehmen!“, warf ich ein.
„Darum geht es nicht. Sirion und ich sind Jahrhunderte älter und stärker als du! Das ist einfach so und das hat auch…“
„Es ist aber meine Mum und ich kann nicht einfach wie das dumme Frauchen zu sehen, wie ihr kämpft. Schließlich geht es um mich!“
Aiden hatte sich urplötzlich zu mir umgedreht und seine Hände auf meine Schultern gelegt, „Jetzt hör mir mal zu…wenn dir etwas passiert…dann ist das meine Schuld verstehst du?!“
Ein Grinsen trat auf mein Gesicht, „Du machst dir Sorgen um mich.“
„Nein, du scheinst ja stark genug zu sein, ich musste Carmen nur versprechen, auf dich aufzupassen.“
Autsch! Ich dachte das eiskalt sein, hätten wir schon hinter uns. Meine Miene verdüsterte sich augenblicklich.
„Na gut, handeln wir einen Deal aus.“, schlug Aiden vor, „Wir reisen nach Irland und du darfst mitkommen. Aber du tust alles was ich dir sage. Verstanden?!“
Eine Weile ließ ich mir das durch den Kopf gehen, ich konnte später immer noch den Moment abwarten.
„Einverstanden, Mister Ice man!“, damit drehte ich mich leicht sauer um und bemerkte nicht mehr denn etwas niedergeschlagenen Blick von Aiden.

Ich liebte Flughäfen! Die Atmosphäre, das ankommen und abreisen. Die Möglichkeit überall hinzufliegen wo man wollte, und man war nur ein Ticket davon entfernt. Die verschiedenen Sprachen und fremden Menschen. Große Koffer und adrette Flugbegleiter. Himmlisch, das ließ mich fast vergessen, warum Aiden gerade zwei Tickets erster Klasse nach Dublin buchte und wir beim einchecken waren.
„Guten Tag, legen sie bitte ihr Gepäck auf das Band!“, sagte die Mitarbeiterin am Schalter. Aiden hob mühelos beide Koffer und erntete von der jungen Blondine einen schmachtenden Blick. Im Geiste ließ ich sie zu Eis erstarren. Blöde Kuh, wenn du wüsstest, das er ein Vampir ist, würdest du schreiend weglaufen.
„Schönen Tag noch!“, wünschte sie nur Aiden, mich würdigte sie keines Blickes. Murrend folgte ich Aiden der sich mit sicheren Schritten zur Kontrolle bewegte. Natürlich piepte bei mir der Detektor des Security Mannes und ich musste meinen Gürtel abmachen, denn ich vergessen hatte. Rot anlaufend ging ich weiter und ignorierte das Lachen von Aiden.
Im Flugzeug selber setzte ich mich direkt an das Fenster, erste Klasse war schon etwas Tolles. Die Sitze waren wesentlich bequemer und man mehr Platz für sich.
„Eine Frage habe ich an dich, Gwen?“
„Ja?“, ich wandte mich ihm zu und wartete auf seine Frage.
„Wieso hast du mich gestern Ice man genannt?“
Ich lachte hell auf, „Also wenn du darauf nicht selbst kommst, dann bist du doch nicht um Jahrhunderte weiser als ich!“
Er runzelte die Stirn und schaute mich mit seinen wunderschönen grünen Augen an.
„Hör auf!“, rief ich aus.
Er setzte sich gerader hin und legte den Kopf schräg. Leider konnte ich diesem Blick nicht standhalten, er war einfach zu schön.
„Du warst wieder so…“
„So?“, wiederholte er mich.
„So kalt, hast mich ausgeschlossen und mir wieder mal gezeigt wie wenig ich bin.“
„Oh.“, begann er, „Das nächste Mal wenn ich wieder so bin, dann sag mir bescheit!“
Verblüfft nickte ich und schaute in sein lachendes Gesicht, er seufzte und fügte hinzu, „Gut, dass ich weiß, wie ich das bekomme, was ich will!“
Ich wollte gerade Luft holen und ihn als Angeber beschimpfen da versiegelte er meine Lippen mit einem Kuss.
Sofort vergas ich meine Anschuldigung und verlor mich in dem Kuss.
„Das hat mich dann wohl aufgetaut.“, er küsst mich auf die Wange und am Hals, dort wo mein Puls schlug. Er schlug nun doppelt so schnell.
Kehrte zurück zu meinen Lippen, doch dann wurden wir unterbrochen.
Eine Flugbegleiterin erschien im Gang „Sehr geehrte Fluggäste, bitte schnallen sie sich an, in wenigen Minuten werden wir uns nach Dublin begeben. Ich wünsche ihnen einen angenehmen Flug.“
Mit rasselndem Atem schnallte ich mich an und streifte den zufriedenen Blick von Aiden. Angeber!

Den Flug nach Dublin genoss ich weitgehend, soweit natürlich solange ich nicht an meine Mum dachte. Wir flogen über ein Meer aus Wolken und über das schöne reale Meer und dann setzten wir auch schon wieder zur Landung an.
„Gwen…ist er das?“, genervt wartete Aiden auf eine Antwort von mir.
„Nein, das ist auch nicht mein Koffer.“, sagte ich und suchte weiter nach ihm.
Das war wieder typisch für mich, mein Koffer kam als Letztes und wir schritten zum Ausgang des Dubliner Airports.
Wir nahmen uns ein Taxi und Aiden sprach in perfektem Englisch, das er gerne zum `Temple Bar Hotel` möchte.
„Im Temple Bar Bezirk.“, sagte ich perplex, ich konnte es immer noch nicht fassen das ich in Irland war.
Das Land meiner Ahnen!
Staunend schaute ich aus dem Fenster und sah mir die Stadt mit ihren bunten Häusern, Museen und Pubs an. Als wir am Trinity College vorbei fuhren, war ich fast den Tränen nahe. Kurz erhaschte ich einen Blick auf den Liffey mit seinen Brücken, doch er verschwand auch schon wieder.
Als Aiden bezahlt hatte und das Taxi wegfuhr, standen wir vor einem großen älteren Eckhaus. Mehrere Stockwerke sahen ernst auf uns hinab und Aiden zog mich zu dem Eingang. Der Portier lächelte uns zu und ich erwiderte verlegen das Lachen. Aiden checkte währenddessen schon ein und ich wartete in der Mitte des Foyers. Hohe Decken, eine dunklere Holzwandverkleidung und eine gemütliche Sitzecke vervollständigten den gemütlichen Eindruck. Ich schweifte zurück zu Aiden und der winkte mich dann zu sich zum Aufzug.
„Wir haben ein Zimmer ganz oben zugeteilt bekommen, von dort aus hast du einen Überblick über den Temple bar Bezirk. Ist das gut?“
Gut? Wohl eher genial, ich wollte nicht wissen, wie viel das gekostet hat.
„Natürlich, ehm unser Gepäck?“
„Ist wahrscheinlich schon oben angekommen, ganz ruhig. Du ruhst dich erst einmal aus und dann werden wir sehen was wir morgen tun können.“
Dagegen konnte ich wohl nichts gegen einwenden. Deswegen nickte ich nur. Ein Pling ertönte und wir waren im obersten Stock angekommen. Die Türen öffneten sich und Aiden und ich gingen einen blass gelben Flur entlang, Landschaftsbilder zierten die Decke und wir suchten Zimmer 26.
Da war es.
„Ladies first.“, galant ließ er mir den Vortritt und ich trat gespannt ein. Das Zimmer war groß, zart rosa Wände und große abgerundete Fenster hatte es. Im Eingangsbereich befand sich eine Couch und ein Tisch, plus Fernseher.
Weiter hinten durch einen Paravon abgetrennt war ein großes…ehm riesiges Doppelbett zu sehen. Links stand ein Kleiderschrank aus dunklem Holz und neben der Couch ein Tischchen aus dem gleichen Material. Alles, in allem war es ein sehr schönes Zimmer. Ich seufzte laut auf und ging auf unser, schon angekommenes, Gepäck zu.
„Gwen, ich lasse dich noch einmal allein. Du weißt schon, ich würde gern die Entscheidung des Rates hören. Ruh dich aus, geh baden…aber tue nichts Undurchdachtes. Ok?“
„Keine Sorge, ich bin sowieso müde Aiden. Mach dir mal keine Sorge.“, beschwichtigte ich ihn und lächelte.
Nun kam er auf mich zu und gab mir einen sanften Kuss, „Bis nachher!“, flüsterte er und verschwand.
Errötend stand ich nun im Hotel und sah mich im Spiegel. Ich sah fruchtbar aus, Ringe unter den Augen und vernachlässigtes Haar. Zeit für ein Bad. Die Badsuche war einfach, die Tür befand sich direkt neben dem Eingang. Das Badezimmer war sehr dezent gehalten worden, außer der Badewanne mit goldenen Klauenfüßen. Ich ließ warmes Wasser hinein und suchte nach bequemerer Kleidung für mich. Eine Jogginghose und ein weites T-Shirt mussten es wohl tun.
Vorsichtig ließ ich mich in das warme, dampfende Wasser hinein gleiten. Sofort entkrampften sich meine verspannten Muskeln und ich schloss die Augen. Leider hatte das Wasser nicht die gleiche Wirkung auf mein Gemüt. Ich machte mir Sorgen um meine Mum. Was wenn er sie folterte oder…Ich konnte nur hoffen das wir sie zeitig fanden, ansonsten war da kein grau mehr…sondern nur noch schwarz zusehen!

Das Wasser wurde kalt. Kurz musste ich wohl eingenickt sein, bibbernd stand ich aus der Wanne, ließ das Wasser ablaufen und rubbelte meinen steif gewordenen Körper trocken. Nachdem ich die neuen Sachen anhatte, fühlte ich mich etwas besser und ich kuschelte mich in das große Sofa. Mit etwas Schwierigkeiten schaltete ich den Fernseher ein und riss die Augen auf.
Mist, das war Englisch!
Egal, ich beherrschte Englisch und schaute mir eine einfach gestrickte Seifenoper an. Alles war besser als über das Geschehene nachdenken.
Im Traum bemerkte ich wie sich mein Körper von der Couch löste und wie mich jemand sanft trug.
„Aiden, du bist wieder da?!“, murmelte ich verschlafen.
Er legte mich auf dem großen Bett ab und deckte mich mit der dicken Decke zu.
„Schlaf ruhig kleine Mondgöttin!“, flüsterte er und gab mir einen Gute Nacht Kuss auf den Mund, er verweilte etwas länger dort und ich glitt in einen sorgenlosen Schlummer.

In Dublin brach der Morgen an und von draußen ertönten die Geräusche vorbeifahrender Autos. Relativ entspannt wachte ich in dem allzu großen Bett neben Aiden auf, der mich beim Schlafen beobachtet hatte.
„Willkommen zurück.“, lächelnd strich er mir über die Wange.
„Guten Morgen.“, ich blickte verträumt in sein wunderschönes Gesicht und meine Atmung kam etwas aus dem Takt.
„Ich scheine dich immer noch nervös zu machen…“, belustigt hob er eine Augenbraue.
„Das denkst aber auch nur du! Ich bin nur wegen Mum so in Sorge.“
„Ah ja.“
„Ja!“, damit stieg ich aus dem warmen Bett und ging mich im Badezimmer waschen. Die Dusche weckte meine Lebensgeister und der Dampf ließ alle klaren Konturen verschwimmen. Bibbernd stieg ich aus der Kabine und trocknete mich ab, nachdem ich mir auch die Haare geföhnt hatte, wischte ich Gedanken versunken mit einem Handtuch den Spiegel trocken. Plötzlich tauchte hinter mir der schöne Vampir auf, der auch in unsere Wohnung eingebrochen war.
Sirion!
Ich erschrak und erstarrte augenblicklich. Leise lachte er und strich mit seiner Nase über meine Haare, roch an ihnen und grinste böse. Meine Muskeln versagten ihren Dienst. Ich konnte nur ängstlich in den Spiegel schauen. Immer noch grinsend hob er seinen Zeigefinger und legte ihn an die Lippen, „Scht.“, damit verschwand er.
Minuten zogen an mir vorbei und ich war noch immer nicht zu einer Bewegung fähig. Von draußen ertönte Aidens Stimme, „Gwen, komm, das Frühstück ist da.“
Keine Antwort.
„Gwen?!“, es klopfte an der Tür, „Alles Ok bei dir?“
Das Handtuch fiel aus meiner Hand, „Nein.“, flüsterte ich. Die Tür flog auf und schneller als ich sehen konnte, war Aiden neben mir und observierte das Bad.
„Was ist geschehen?“
Ich schüttelte bloss den Kopf. Warum sagte ich denn nichts? Weil ich insgeheim nicht sehen wollte was auf dem Boden lag? Was offensichtlich war? Weil Sirion mir abermals so nah gekommen ist und mich doch nicht umbrachte? Weil ich tief in mir drinnen Schuld war an Mamas Entführung? Weil ich einfach erschöpft war?
„Gwen, verdammt?“, Aiden drehte mich zu sich um und hielt meine Schultern fest. Seine Augen spiegelten wieder nicht mein Gesicht. Wollte ich nicht einmal fragen, warum? Das schien in einer anderen Zeit gewesen zu sein. In einer Zeit, in der Mum noch in Sicherheit gewesen war.
„Er war hier…“, wisperte ich und verlor mich in seinen dunkler werdenden Augen. Eine aufgepeitschte See, so sahen sie nun aus.
„Was?“
„Sirion war hier. Er…er stand hinter mir und strich mir über das Haar…dann ließ er etwas fallen…“, zu mehr war ich einfach nicht im Stande.
Sofort nahm mich Aiden in seine starken schützenden Arme, „Alles wird Gut, das verspreche ich!“, beruhigend strich er mir über den Rücken und wog mich leicht hin und her. Wie ein verstörtes Kind. Und das war ich auch noch. Eine verstörte siebzehnjährige Vampirin, die ihre Mum aus den Klauen eines gewalttätigen machthungrigen Vampires befreien musste. Weinen konnte ich allerdings nicht mehr. Ich hatte mich ausgeweint, meine Quelle der Tränen war endgültig versiegt.
„Versprich mir nichts, das du eventuell nicht halten kannst, Aiden.“, ich löste mich aus seiner Umarmung und schaute zu ihm hinauf, „Ich will sie heraus holen. Jetzt!“
Er nickte nur und schaute mir zu, wie ich die goldene Kette mit dem Blatt von Mum vom Boden aufhob.

Stumm materialisierten wir uns in die Vorhalle des hohen Rates. Doch diesmal hatte ich keinen Blick für die einschüchternde Schönheit von ihr, sondern schritt stumm, samt schweren Herzens neben Aiden her. Nachdem die Schlange die Tür preisgab, standen wir vor den versammelten Vampiren. Cassandra befand sich ganz vorne und musterte uns kalt. Schön war sie dennoch.
„Und wieder wandert ein Thronanwärter durch unsere grauen Hallen. Doch auch dir müssen wir sagen, dass unsere Entscheidung noch nicht gefallen ist.“
Aiden blieb stehen und musterte sie noch kälter, „Sirion war also hier.“
Cassandra nickte.
„Wie werdet ihr über ihn richten? Er hat eine menschliche außenstehende Person in seiner Gewalt. Das ist gegen die Verordnung, verdeckt unter den Sterblichen zu weilen, zu leben.“
„Sie ist keine Außenstehende und soweit ich weiß, auch keine normal Sterbliche. Sie besitzt das zweite Gesicht.“, schloss sie.
„Aber sie ist unschuldig.“
„Das mag sein, aber bis jetzt ist das Recht noch nicht auf deiner Seite. Thronanwärter dürfen weise Frauen für ihre Zwecke befragen.“
„Wir sind doch keine Gegenstände. Uns muss man auch nach unserer Meinung fragen, ob wir das überhaupt wollen.“, warf ich erhitzt ein.
Ein abschätzender Blick traf mich und Cassandra schritt auf mich zu, „Du wagst es dich hier einzumischen. Du, der du gerade neu bist und noch nichts über unsere Welt weißt?!“
Einschüchtern ließ ich mich dadurch nicht, „Und du, eine vom hohen Rat, die für Recht und Ordnung sorgen müsste, lässt es zu, das eine Frau verschleppt wird. Obwohl du die Gesetze des freien Willens, als freies Lebewesen, kennst?!“
Sie lachte laut auf und drehte mir ihr Profil zu, „Sagte sie gerade LEBEwesen?“, ein Blick zu mir, „Süß…Aiden du kannst die Gesetze dann ändern, wenn du an oberster Stelle stehst. Vor erst muss du dich mit uns zufrieden stellen. Mit unseren Entscheidungen.“
„Euren oder deinen, Cassandra?“, erwiderte Aiden, „Wir wissen ja nun alle, dass du gerne auf dem Thron sitzen würdest. Was musste Sirion dir bieten?“
„Das reicht fürs Erste! Schweige und gehe deines Weges. Kläre die Angelegenheit. Später, wenn alles vorbei ist, wird derjenige der neue König sein, der noch die Blutlust spürt.“, schloss ein blonder junger Mann und blickte finster zu Cassandra. Aiden nickte und wir gingen schweigend hinaus.

Das Hotelzimmer strahlte eine Ruhe aus, die mir beinahe Angst einjagte…beinahe. Letzendlich war meine einzige Angst, ob Mum noch lebte.
„Und jetzt?“, fragte ich und ließ mich in die Tiefen der Couch sinken.
„Da wir die Residenz von Sirion nicht kennen, müssen wir wohl oder übel zu einem entfernten Verwandten von mir. Er wohnt hier in Dublin an der Uni und unterrichtet Geschichte.“, antwortete Aiden und holte etwas zu trinken für uns.
Nachdem wir uns gestärkt hatten, fühlte ich mich erst wieder in der Lage weiter in ihn einzudringen.
„Er ist also Geschichtsprofessor. Normal sterblich oder…?“
„Oder…“
„Ok, also auch Vampir? Und warum musst du zu ihm?“
Aiden setzte sich neben mich und umfasste mit seiner starken Hand meine Zitternde, „Ja, er ist Vampir und wesentlich älter, wie gesagt, wie sind auch nur um drei Ecken miteinander verwandt. Geschichtsprofessor kannst du dir ja wohl denken, oder? Ich meine so viele Jahrhunderte wie er erlebt hat. Wer könnte da besser anderen Leuten etwas drüber erzählen…Außerdem war er früher Schrifthalter des jeweiligen dunklen Königs. Sirions Bruder war einmal König, somit weiß er auch wo sich Sirions Stammsitz befindet.“
„Aha.“, schloss ich, das klang logisch.
Nun stand er auf und zog mich zu sich hoch. Hob mich, so das meine Beine in der Luft hingen und drückte mich an ihn, „Meine kleine Mondgöttin, das schaffen wir.“, flüsterte er in mein Ohr und schon merkte ich wieder diese Schwerelosigkeit.

Natürlich konnten wir uns nicht in sein Büro beamen, nein, es musste natürlich in der letzen Reihe des Hörsaals, der Uni sein. Schon drehten sich welche zu uns um und musterten und aufmerksam.
„Dies Ladies und Gentlemen ist das Ende der Sitzung. Ihr seid entlassen. Schönen Tag noch!“, damit drehte er seinen Studenten den Rücken zu und packte seine Sachen. Verdutzt packten die Studenten ihre Taschen ebenso und verließen schwatzend den Saal.
Neugirieg folgte ich Aiden die Treppen hinunter zu einem kleineren Mann, mit leicht gerundeten Bauch. Er hatte eine halb Glatze und wissende blaue Augen. Nicht der typische schöne Vampir, aber eine interessante Erscheinung.
„Nein, keine Fragestunde ich habe kein…Aiden?!“, damit drehte er sich zu uns um und musterte uns mit gerunzelter Stirn.
„Gideon, immer noch der Lehrende.“, begrüßte Aiden ihn und reichte ihm seine Hand.
„Aiden immer noch der, ohne Ankündigung.“, erwiderte Gideon und sie schüttelten sich die Hände.
„Du scheinst wohlauf…“
„Papperlapapp!“, unterbrach ihn Gideon, „Kein Small-Talk…damit kann ich nichts anfangen. Sag wofür du da bist und dann wandele deines Weges, wie du es immer tust. Aber bevor du das tust, stelle mir erst die Dame vor, dessen Duft so wohltuend riecht.“
Errötend trat ich vor und reichte ihm meine Hand, „Ich bin Gwen Evans.“
„Gwendolyn nehme ich an? Ich rufe mich Gideon.“, er schüttelte meine Hand und ich hatte das Gefühl das ich sie danach nicht mehr nutzen könnte, er zerdrückte sie fast.
Prüfend musterte er mich, „Seltenheit würde wohl auch passen. Schön zu wissen, das deine Rasse noch nicht ganz in dem Nebel der Zeit versunken ist.“
Nun mischte sich auch Aiden wieder ein, „Nun, da ich deine Zeit nicht verschwenden will. So nenne mir doch den Wohnsitz von Sirion.“
„Hm hm…da ist doch tatsächlich ein Kleinkrieg im Gange von dem ich gar nichts mitbekommen habe. Du bist also Anwärter des Thrones, muss ich dann bald vor dir Knicksen?“, laut lachte er auf, erwartete aber keine Antwort von uns, „Wie kommst du gerade darauf, dass mit bekannt sei, wo er weilt? So viel ich weiß, wissen das noch nicht mal seine engsten Vertrauten.“
„Du warst Schrifthalter seines Buders. Stelle keine Fragen auf die du die Antwort kennst, alter Mann.“
Wieder lachte Gideon, packte seine Tasche und stieg die Stufen hinauf, „Die Scherze eines alten Mannes, wohl war. Aber da ist etwas Dunkles geschehen. Das wird euch nicht gefallen. Und das jetzt ohne Scherz.“, kurz schweifte sein Blick zu mir und er materialisierte sich weg.
„Komm mit.“, schon folgten wir Gideon durch die Dimensionen in sein nach Zigarren riechendes Büro.
„Sein Wohnsitz ist in Irland. Er hat sich nie davon trennen können. Das scheint vielen so zu gehen.“
„Und weiter? Die Zeit drängt.“, forderte Aiden und setzte sich ihm gegenüber.
„Er lebt auf einer kleinen Insel, in der Nähe der von Dublin, da hier auch der Stammsitz seiner alten Familie war. Unter Blackwall-Castle

ist es auch bekannt.“
„Das existiert noch? Es ist doch eine Ruine?“
„Für das Auge Sterblicher schon. Es liegt ein großer Schutzzauber herum. Ohne Einladung gelangt man da nicht hin. Nur über einen unbekannten Weg, wie in jeder Burg.“
„Und wie?“, langsam wurde mir das zu viel, konnte er nicht einfach sagen, was wichtig für uns war. Musste alten Menschen immer alles aus den Fingern gesogen werden? Eine sehr schlechte Angewohnheit. So würde ich nicht werden. Oh, ich würde nur noch bis 30 altern. Älter wurde man nicht, außer man wurde später transformiert. Also brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, so zu werden.
„Nun, was können wir kalten Wesen denn ausgezeichnet?“
„Töten.“, kam es prompt von Aiden. Ein eisiger Blick von mir ließ in allerdings dann zusammenzucken.
„Außer dem töten?“, eine Weile wartete er, dann, „Aiden, wie konnte Carmen von Belfast nach Deutschland gelangen?“
„Sie schwamm.“, meinte er verwirrt.
„Ach! Und warum? Weil es keine so weite Strecke war?“
„Natürlich, wir sind geborene Schwimmer. Uns macht die Kälte und die Strömung nichts aus. Wir kommen auch eine Stunde ohne Luft aus im Wasser.“, kam Aiden darauf.
Das war doch mal interessant zu wissen. Damit wäre mir in Schwimmen in der Schule früher eine 1 gewiss gewesen. Leider zu spät.
„Also habe ich richtig geschlossen, wenn ich denke, das es einen Unterwasserweg gibt?“
„Vollkommen richtig. Und nun, lass mich in Ruhe die Arbeiten korrigieren. Wenns gut ausgeht, lasst es mich wissen.“
„Warte, wo befindet sich der Eingang?“, hakte ich schnell nach.
Gideon schaute genervt auf, „An der östlichen Seite, versteckt, befindet sich ein kleines Dreieck.“, reimte er und machte mit seiner Hand eine scheuchende Geste, während er uns dann wieder den Rücken zuwandte.
„Leb wohl.“, verabschiedete Aiden sich von ihm.
„Ihr auch.“

Außerhalb des Unigebäudes, leider konnte ich nicht genießen das es das Trinity College war, schien die Sonne fröhlich. Der Sommer hatte, ohne das ich es bemerkt hatte, begonnen. Vögel zwitscherten und die Studenten saßen lernend auf den Stufen oder unterhielten sich.
„Blackwall-Castle…ich hätte nicht gedacht das es noch existiert. Während der französischen Revolution Ende im 18. Jahrhunderts wurde es stark in Mitleidenschaft gezogen. Anscheinend hat Sirion es wieder aufbauen lassen.“
„Schön und gut das du die Geschichte dieser Burg kennst. Das bringt uns jetzt auch nicht weiter.“, murmelte ich verdrießlich und warf einer lachenden Studentin einen bösen Blick zu. Sie verstummte augenblicklich.
„Kennst du nicht das Sprichwort, kenne deine Freunde, aber deine Feinde noch besser?“
Ich zuckte mit den Achseln.
Plötzlich klingelte das Handy von Aiden, „Warte kurz hier, ja?!“, kurz blitzten seine Reißzähne in der Sonne auf und er nahm etwas Abstand von mir.
Lustlos ließ ich mich auf einer Bank nieder. Irgendwie musste ich Mum aus den Klauen dieses Blutsaugers bekommen und wie es schien, war Aiden nicht gerade schnell bei der Sache.
Hieß das nicht, das ich selber handeln musste? Es war ja schließlich auch meine Angelegenheit?! Automatisch fasste ich einen Entschluss und bedeutete Aiden, das ich auf die öffentlich Toilette gehen würde. Außen gelassen schritt ich zu ihr und schloss mich in der allzu engen und stinkenden Toilette ein. Mein Spiegelbild war bleich und meine Haare wirkten etwas vernachlässig. Aber trotzdem gefiel ich mir.
Entschlossen schloss ich meine Augen.
Kalter Marmor.
Sonnenlicht das auf ein Klavier fiel.
Notenblätter verstreut auf dem Boden.
Schon war ich im Musikzimmer von Aidens und Carmens kleinem Herrenhaus. Carmen war, wie ich erwartet hatte, nicht da. Schnell flitzte ich nach oben in mein Zimmer. Zog mir bequeme Kleidung an und rumpelte wieder hinunter in die moderne Küche. Ein süßlich/herber Geruch stieg mir in die Nase. Meine Reißzähne verlängerten sich und ich leckte mir über die Lippen.
Durst!
Ich riss die Tür des Kühlschranks förmlich auf und nahm eine Flasche heraus. Ohne sie auch nur auf Körpertemperatur zu erwärmen, öffnete ich sie und trank gierig.
Kühl rann mir das süße Blut die Kehle hinab. Genüsslich seufzte ich auf und trank die Flasche gänzlich leer.
Gesätigt legte ich die Flasche auf den Küchentisch und suchte nach etwas Dolchähnlichem. Mehrere Schubladen später fand ich schließlich längere, scharfe Küchenmesser. Damit musste ich mich nun wohl oder übel mit Begnügen.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.09.2008

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Widmung:
Aus meinem Traum, auf Pergament...

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