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Vorwort


Ich sah in den Spiegel. Meine langen braunen Haare hingen mir glatt zu beiden Seiten meines Gesichts herunter und meine grünen Augen blickten mir erwartungsvoll entgegen.
Ich trug meine Lieblingsjeans, ein lemongrünes Top und die dazu passenden Chucks.

Mit der Tatsache, dass ich von Köln nach Berlin gezogen war und alle meine Freunde in meiner alten Heimat hatte lassen müssen, hatte ich mich langsam abgefunden.
Und dass ich mit Mandy und Sarina in so kurzer Zeit zwei gute Freundinnen gefunden hatte, verwunderte mich.
Denn, wenn man mich nicht kannte, schätzte man mich meist falsch ein.
Ich wurde schon als eingebildete, arrogante, zickige und was weiß ich noch alles Tussi bezeichnet, nur weil ich öfter mal mein Ding durchzog. Damit kam ich klar.
Aber ich war keine Zicke. Das stimmte ja gar nicht.
Ich war höchstens ein Mädchen, das so ist, wie es ist und sich nicht hinter irgendwelchen Lügen und einer Tonne Make-up versteckte.
Mehr nicht.

(...)

Ich bin Ariana Lucia Becker, genannt Ariana, ein 15-jähriges Mädchen, das ein neues Leben in Berlin beginnt.
Ich habe einen jüngeren Bruder. Er heißt Marlon und ist neun Jahre alt.
Meine Hobbys sind Skateboard fahren, tanzen und Musik hören. Früher habe ich auch mal vier Jahre lang Fußball gespielt, aber das musste ich wegen Schule leider aufgeben. Ich hoffe, dass ich es eines Tages wieder anfangen kann!

Aber in diesem Moment wusste ich noch gar nicht, dass ich mich bald verlieben würde.
Dass sich meine beste Freundin so verändern würde, dass sie für mich wie eine Fremde wirkte.
Dass in meiner neuen Klasse drei falsche Schlangen waren.
Dass es bald zu einer kleinen Familienkatastrophe kommen würde.
Kurz: dass sich mein Leben auf einmal um 180° drehen und sich komplett umkrempeln würde.

Kapitel 1 - Guter Start?


„Viel Spaß heute!“, sagte meine Mom und umarmte mich zum Abschied.
„Und mach’ vor allem keinen Unsinn!“, fügte mein Dad hinzu.
„Weil ich ja auch ständig Scheiße baue ...“, antwortete ich, hängte mir meine Tasche über die Schulter und holte mein Skateboard aus der Ecke.
„Du und dein Skateboard ...“, sagte meine Mom kopfschüttelnd.
„Ach, lass sie doch. Solange ihr dabei nichts passiert!“
„Wird schon nichts passieren. Ich mach’ das schon seit fünf Jahren oder habt ihr das schon vergessen?“
„Nein, nein. Aber jetzt geh’ ... oder fahr’ mal zur Schule. Sonst kommst du noch an deinem ersten Schultag zu spät!“
Ich verließ das Haus, steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Musik auf. Als ich auf dem Fußweg war, stellte ich mich auf mein Skateboard und rollte zur Schule.
So würde das jetzt jede Woche von Montag bis Freitag gehen.
Während ich so durch Berlins Straßen rollte, dachte ich nach.
Vor zwei Wochen war ich mit meinen Eltern und meinem kleinen Bruder von Köln nach Berlin gezogen. Heute war mein erster Schultag.
Ich dachte an Maria, Lena und Lynn, meine Freunde, und an meine alte Schule. Sicher saßen meine Mädels jetzt im Klassenraum auf unserem Platz hinten an der Wand.
Ich vermisste sie, aber gleichzeitig dachte ich auch an das, was jetzt vor mir lag.
Wie würde die neue Schule sein?
Würden mich meine neuen Klassenkameraden akzeptieren?
Würden sie nett sein?
Würde ich mit den Lehrern klarkommen?
Mir wäre es eindeutig lieber gewesen, wenn ich jetzt noch in Köln wäre!
Tausend Gedanken schwirrten mir durch den Kopf.
Da sah ich schon meine neue Schule.
Ein großes graues Gebäude. Vierstöckig. Als ich näher kam sah ich Graffitis an den Wänden. Nicht solche Graffitikunst, wie ich sie kannte und selber gerne sprayte, sondern irgendwelches Geschmiere.
So wirkte die Schule noch hässlicher, als sie eh schon war. Schade eigentlich, denn mit Hilfe von RICHTIGEN Graffitis hätte man dieses öde Gebäude echt verschönern können.
Schließlich stand ich direkt vor der Schultür. Ich nahm meine Kopfhörer aus den Ohren, schnallte mein Skateboard an meinen Rucksack und betrat das Gebäude, das ich für die nächsten drei Jahre besuchen sollte, durfte, musste. Whatever.
Voraussetzung war natürlich, dass wir nicht noch mal umzogen.
Ich sah mich in der Eingangshalle um. Sie war groß und ... leer. Ein Blick auf die Uhr verriet mir die Uhrzeit: 7.50 Uhr. Also war sicher längst Unterricht.
Da müsste ich jetzt eigentlich auch mal hin.
Aber Moment mal: wohin musste ich eigentlich?
Na toll!
Ich setzte mich auf eine Bank, die neben dem Kopierer stand. Der wiederum stand in der Nische der Haupttreppe. Wenn jetzt also jemand die Treppe runterkam, würde er mich hoffentlich nicht entdecken. Dann aber hörte ich von oben Schritte, die sich zur Treppe bewegten und schließlich immer näher kamen.
„Bist du Ariana Becker?“, fragte mich eine Frauenstimme.
Ich hob meinen Blick von meinem Handy und sah einer Frau entgegen, die eindeutig schon etwas älter war. Alt, aber sie wirkte nett.
‚Obwohl „nett“ auch nur die kleine Schwester von „scheiße“ ist!’, dachte ich.
„Ja, die bin ich. Wieso?“
„Das trifft sich gut. Ich bin Frau Maier, deine neue Klassenlehrerin. Ich wollte dich gerade suchen gehen.“
„Bin ich zu spät?“, fragte ich und stand auf.
„Ja, aber das ist nicht so schlimm. Es ist dein erster Schultag und du konntest nicht wissen, wann du hier sein musst!“
„Okay ... an meiner Schule hat Schule nämlich immer um 8 Uhr begonnen und da dachte ich, dass das hier auch so ist.“
„Du kannst dir deinen Stundenplan und deine Schulbücher später im Lehrerzimmer abholen. Und jetzt komm’ erstmal mit in die Klasse!“
Wortlos folgte ich ihr in den zweiten Stock.
Mein Herz schlug mir mittlerweile bis zum Hals und ich bekam schwitzige Hände. Meine Nervosität stieg von Sekunde zu Sekunde und mit jedem Meter, den wir näher zum Klassenraum gingen. Dann öffnete sie die Tür und ich hörte, wie sie meiner neuen Klasse erklärte, dass ich nun endlich aufgetaucht sei. Darauf folgten irgendwelche blöden Kommentare von mehreren Mädchen, die ich aber nicht verstand. Wahrscheinlich wollte ich sie auch nicht hören.
Schließlich war ich an der Reihe. Mit klopfendem Herzen betrat ich das Klassenzimmer und sah zum ersten Mal meine Klasse. Mädchen und Jungs waren etwa gleich viel.
„Dann such’ dir mal bitte einen Platz.“
„Erzähl’ doch vorher noch was von dir!“, hörte ich aus der dritten Reihe.
Ich lächelte.
Ich wusste nicht, ob das das blonde Mädchen aus Höflichkeit gesagt hatte oder, um die Unterrichtszeit zu verkürzen. Denn offensichtlich hatten sie gerade Geschichte. Verständlich, dass man da lieber was anderes machen wollte.
„Also, ich bin Ariana, bin 15 Jahre alt und kom-“’
„... bin ein Landei!“, gackerten dieselben drei Mädels wie vorhin.
„So weit ich weiß ist Köln ’ne Stadt!“, sagte ich trocken.
„Okay, dann setz’ dich mal“
Schön, und wohin?
„Neben Fynn ist noch ein Platz frei!“
‚Wäre das auch geklärt ...’, dachte ich und ging zu meinem Platz. Letzte Reihe am Fenster. Neben diesem Fynn.
Ich setzte mich, ohne noch groß irgendwelche Reden zu schwingen, neben ihn und versuchte, dem Unterricht so gut es ging zu folgen. Was bei Geschichte verdammt schwer war.
Mein Blick wanderte durch die Klasse, direkt zu den drei Mädchen, die sich vorhin über mich lustig gemacht hatten. Ohne Erfolg, denn auch der Rest der Klasse hatte darauf nicht wirklich reagiert.
Hin und wieder begegneten mir die Blicke meiner neuen Klassenkameraden und ich lächelte ihnen entgegen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich hier ’nen guten Start hinlegen würde. ’nen verdammt guten Start.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass mich Fynn beobachtete. Fast schüchtern warf ich ihm einen Blick zu. Zum Glück wandte er den Blick sofort von mir ab, als mein Blick seinen traf. Das hätte echt peinlich enden können. So konnte ich ihn mir aber wenigstens etwas genauer ansehen.
Er hatte dunkelblonde bis hellbraune Haare und braune Augen. Seine Haare wirkten leicht zerzaust, aber gewollt. Dass er Pickel hatte störte mich nicht sonderlich, weil’s ja bei mir nicht anders war. Mit dem Unterschied, dass ich sie überschminken konnte. Ich fand ihn trotzdem süß ... irgendwie ... Dabei beließ ich es dann erstmal, denn es klingelte zum Unterrichtsschluss.
‚Oje, jetzt lasst bitte niemanden herkommen und blöde Fragen stellen!’, betete ich, während ich noch auf meinem Platz sitzen blieb.
Da kamen zwei Mädchen auf mich zu. Die eine war etwas größer als ich und blond, die andere etwas kleiner und schwarzhaarig.
„Hey, du bist ... Ariana, richtig?“, fragte mich die Schwarzhaarige und lächelte. Sie streckte mir ihre Hand hin. Ich stand auf, schüttelte sie und lächelte ebenfalls.
„Genau die bin ich! Und ihr seid ...?“
„Ich bin Sarina“, antwortete die Schwarzhaarige.
„Und ich bin Mandy“, fügte die Blonde hinzu.
„Schön, euch kennen zu lernen!“
„Wenn du nichts dagegen hast, würden wir dir nachher gerne die Schule zeigen?!“, fragte Mandy.
„Klar, gerne! Warum nicht?“
Ich hängte mir meine Tasche über die linke Schulter.
„Was ... haben wir jetzt?“
„Bio – ein seehr spannendes Fach!“, lachte Sarina. „Wenn du magst, kannst du dich ja zu uns setzen!“
„Zu euch?“
„In den Räumen für Bio, Physik und Chemie sind die Tische in langen Reihen aufgestellt und zwischen Mandy und mir ist noch ein Platz frei!“
„Gerne! Wenn ihr ... nichts dagegen habt?“
„Hätten wir dich sonst gefragt? Aber jetzt beeil’ dich mal bitte, bei dem Schulze kommt man besser nicht zu spät!“
Gemeinsam mit Mandy und Sarina ging ich in den dritten Stock zum Bio-Unterricht.

Als ich mich zwischen Mandy und Sarina setzte, fragte ich fast beiläufig: „Wie ist die Klasse eigentlich?“
„Vor Hannah, Sophia und Judith nimmst du dich besser in Acht, das sind unsere Klassenzicken. Keiner mag die wirklich. Der Rest der Mädels ist eigentlich in Ordnung.“, sagte Mandy.
„Und die Jungs?“
„Die sind auch voll okay und jemand wie du dürfte normalerweise gute Chancen bei ihnen haben!“
Bei „gute Chancen“ drehte ich meinen Kopf automatisch und sah nach hinten, denn ich hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Und richtig: als ich mich umdrehte traf mein Blick direkt auf Fynn. Unwillkürlich musste ich lächeln, was er erwiderte.
‚Mahn, mahn, mahn, Ariana! Du wirst dich doch nicht gleich am ersten Tag an der neuen Schule in einen fremden Typen verknallen?!’, dachte ich kopfschüttelnd und drehte mich wieder nach vorne, um der „spannenden“ Biologiestunde zu folgen.

Der Rest meines ersten Schultages verlief genau so, wie er angefangen hatte. Das einzige Problem war, dass meine Bücher noch nicht da waren. Also musste ich Fynn wohl oder übel bitten, mit in seine Bücher schauen zu dürfen.
Nachdem ich Marlon von seiner neuen Schule abgeholt hatte und mit ihm nach Hause gegangen war, hatte ich uns etwas zu essen gemacht.
Jetzt hatte ich es mir auf meinem Bett bequem gemacht und schrieb Maria, meiner besten Freundin, eine E-Mail.

Hey Maria,
jetzt ist es ja auch schon wieder eine Woche vergangen, seit wir was voneinander gehört haben.
Heute war mein erster Schultag an der neuen Schule und ich kam erstmal zu spät.
Meine neue Klasse scheint voll in Ordnung. Sie sind alle sehr nett und haben mich zwar mit Fragen gelöchert, aber hätten wir das bei ’nem neuen Schüler nicht auch getan? (;
Ich habe auch gleich zwei nette Mädchen kennen gelernt: Mandy und Sarina. Ich kann dir ja mal bei Gelegenheit ein Foto von uns schicken!
Die Jungs hier sind auch okay, besonders mein Banknachbar Fynn. Ich glaube, wenn ich nicht ganz scharf aufpasse, verknall’ ich mich noch in den.
Aber dazu mehr, wenn du geantwortet hast.
Ich muss jetzt auch schon wieder Schluss machen, weil ich mich noch nach ’ner Tanzschule umsehen wollte.
C u,
Ariana ;*

Dann klappte ich meinen Laptop zu.
Wenn es nach mir ginge, könnte der zweite Schultag an der neuen Schule gleich beginnen!

Kapitel 2 - Basketball und falsche Schlangen


Ein schriller lauter Piepton ließ mich aus meinen wirren Träumen erwachen.
Noch immer halb schlafend stand ich auf, suchte mir mein Outfit für den heutigen Tag zusammen und schlurfte ins Bad. Weil irgendein Idiot aus meiner Familie (sicher mein Vater ...) gestern Abend die Dusche auf eiskalt gestellt hatte, quiekte ich einmal auf, als das kalte Wasser auf meine Haut traf.
"So bin ich wenigstens gleich wach ...", murmelte ich, während ich mich fertig duschte.
Warm natürlich.
Nachdem ich fertig war, zog ich mich an, holte meine Tasche aus meinem Zimmer und ging runter in die Küche, wo ich rasch noch einen Toast mit extra viel Erdbeermarmelade verdrückte.
Dann holte ich mein Skateboard und begann einen weiteren Tag in Berlin.

An der Schule angekommen musste ich mich mal wieder beeilen, weil ich spät dran war. Nur, dass ich dieses Mal von einem Autounfall an der Hauptstraße aufgehalten worden war und nicht wie gestern einfach nur spät dran war. Ich wollte die Schultür gerade aufdrücken, da rief jemand hinter mir: "Warte, Ariana! Kannst mich gleich mitnehmen!"
Ich drehte mich um und sah ausgerechnet Fynn, der ebenfalls auf einem Skateboard angerollt kam. Augenblicklich fing mein Herz wie wild an zu klopfen und ich bekam weiche Knie.
'Oh mahn, wie kann man nur so gut aussehen?!', fragte ich mich.
"Alles klar mit dir?", holte mich Fynn ins Jetzt zurück.
"Klar, wieso nicht?"
"Du sahst gerade etwas ... abwesend aus ...", antwortete er zögerlich.
"Ja, das tu' ich öfter. Öhm ... du fährst auch Skateboard?", versuchte ich die Situation lässig zu überspielen und auf ein anderes Thema zu lenken.
"Jep, seit sieben Jahren. Und du?"
Er deutete auf mein Skateboard.
"Ich erst seit fünf Jahren"
"Vielleicht können wir ja mal gemeinsam skaten gehen?"
Er ging an mir vorbei und hielt mir die Tür auf. Ich wurde leicht rot und senkte meinen Blick, damit er es nicht sah.
"Sicher ... danke", sagte ich nund ging in die Eingangshalle. Es tummelten sich noch einige Schüler in ihr, sonst war sie leer. Ich sah Fynn aus dem Augenwinkel an und sah, dass er mich mal wieder beobachtete.
'Seh' ich irgendwie aus wie'n Alien oder hab' ich irgendwas im Gesicht?', dachte ich, sagte es aber nicht laut. Wer weiß, wie das bei Berlinern ankommt!
"Wir sollten uns beeilen, wir sind spät dran!", sagte Fynn.
"Ja ... sollten wir. Was haben wir jetzt eigentlich?"
"Deutsch, folg' mir einfach."
Wir hatten Glück, denn unser Deutschlehrer kam sogar noch später als wir. Und wir waren schon echt spät dran.

"Ariana, komm' her!", rief Sarina.
Ich lief einmal quer durch die Sporthalle. Die vierte Stunde stand an: Sport. Eigentlich kein Problem für mich, aber mir rauchte noch von der vorherigen Stunde(Mathe, juhu ...) der Kopf. Dementsprechend war auch mein Konzentrationsvermögen.
"So, die Mannschafdten bitte auf ihre Plätze!", rief unsere Sportlehrerin.
Sarina, Mandy, ich und noch ein paar andere Mädels aus meiner neuen Klasse waren in einer Mannschaft und hatten das "Glück", gegen Hannah, Sophia, Judith und ein paar Jungs, zu denen auch Fynn zählte, zu spielen. Das ärgerte mich in diesem Moment so sehr, dass ich den Anpfiff überhörte und Judith dann auch noch fast den Ball gegen den Kopf warf. Na ja ... verdient hatte sie's eigentlich, denn sie verhielt sich mir gegenüber nicht gerade nett.
"Hast du irgendwie keine Augen im Kopf?!", meckerte sie los.
"Hättest ja selber aufpassen können!"
Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder dem Spiel zu.

Kurz vor Spielende (so zwei Minuten vielleicht) stand es 20:16 für uns und für unsere "Gegne" bestand eigentlich kaum die Chance, jetzt noch zu gewinnen.
Judith war gerade am Ball, lief zum Korb vor, um ihn darin zu versenken. Ich wollte sie aufhalten, indem ich mich ihr in den Weg stellte. Sie sprang hoch und anstatt den Ball auf den Korb zu werfen, knallte sie ihn mir mit voller Wucht ins Gesicht.
Auszuweichen schaffte ich nicht mehr, denn es ging alles viel zu schnell.
Die Wucht des Aufpralls warf mich zu Boden und dann wurde alles um mich herum schwarz.
Nach einiger Zeit hob ich meine Augenlider langsam. Sie waren irgendwie ganz schwer und ich blinzelte einige Male, bis sie offen blieben und ich endlich wieder alles um mich herum klar sah. Doch schon als ich das feststellte, wurde alles wieder unscharf.
"Sie wird wach", hörte ich von weitem.
"Ariana! Ariana, hörst du mich?"
War das die Stimme meiner Sportlehrerin?
Ich versuchte meinen Kopf zu bewegen.
"Ariana, kannst du mich hören?"
"Hm?"
"Sie hört Sie", kam es von Mandy.
Mein Blick wurde langsam wieder klar und ich spürte, wie mich zwei starke Hände vorsichtig wieder auf meine Beine stellten.
"Kannst du alleine stehen?"
Erst jetzt realisierte ich, dass Fynn direkt neben mir stand.
Noch etwas verwirrt antwortete ich: "Ich werd's versuchen"
"Ich glaube, es ist besser, wenn du einen Moment an die frische Luft gehst, Ariana!", sagte meine Sportlehrerin zu mir.
"Ich geh' mit, wenn das okay ist?"
"Ja, ist okay, Fynn ..."

Draußen ließ ich mich vor der Sporthalle auf eine Bank sinken und hielt mir den Kopf.
"Judith hat ja 'nen verdammt harten Wurf drauf. Da kann ich ja froh sein, dass mein Kopf noch dran ist!", sagte ich und sah Fynn an, der sich neben mich setzte.
"Schön, dass du deinen Humor behalten hast!"
"Soll ich jetzt etwa rumheulen, dass ich 'nen Ball gegen den Kopf bekommen habe. Was glaubst, wie oft mir das schon beim Fußball passiert ist?", übertrieb ich es ein bisschen. Denn in Wahrheit ist mir das noch nie passiert. Ich bekam fürchterliche Kopfschmerzen, doch ich biss die Zähne zusammen. Vor einem Jungen (und dann auch noch vor Fynn) wollte ich nicht wie irgendein Weichei wirken.
"Du spielst Fußball? Eher unüblich für ein Mädchen ..."
"Nicht mehr", antwortete ich traurig. "Musste wegen Schule aufhören"
"Oh ...", sagte er nur und war dann still.
So ging das eine Weile. Wir saßen einfach nur schweigend nebeneinander. Der kühle Wind wehte mir leicht ins Gesicht und ich genoss dieses Gefühl.
Schließlich sagte Fynn aber: "Lass' uns mal wieder reingehen, der Unterricht ist bald zu Ende"
Er stand auf und half mir auf. Gentlemenlike.
'Wie süß', dachte ich mir.
Wir gingen wieder rein, er in die Jungsumkleide, ich in die der Mädchen. Als der Rest meiner Klasse zu mir stieß, saß ich schon fertig umgezogen auf der Bank neben Sarinas Sachen.
"Wie geht's dir?", fragten Sarina und Mandy gleichzeitig und sahen mich mit dem selben besorgten Gesichtsausdruck an.
"Alles in Ordnung, ich krieg' nur fürchterliche Kopfschmerzen!", beruhigte ich die beiden.
"Echt fies, was Judith alles abzieht! Manchmal möchte ich ihr echt den Hals umdrehen!", sagte Mandy etwas lauter. Wahrscheinlich mit Absicht, damit Judith auch ja hörte, was Mandy über sie dachte. Richtig so!
"Da kannst du aber froh sein, dass Musik heute ausfällt!", sagte Sarina.
"Ja, kann ich wohl", sagte ich.

Als ich mit Mand und Sarina die Sporthalle verließ, sagte Mandy plötzlich: "Hey, Sarina! Was hälst du davon, wenn wir Ariana nach Hause begleiten?"
"Gute Idee! Hast du was dagegen?"
Ich grinste die beiden an und sagte: "Nö"
Natürlich hatte ich nichts dagegen. Auch wenn ich erst meinen zweiten Schultag in Berlin hinter mir hatte, mochte ich die Beiden.
Auf dem Weg zu mir unterhielten wir uns über alles Mögliche, vor allem über Jungs.
"Aber hast du mal gesehen, wie Fynn dich die ganze Zeit anschaut?", fragte Mandy.
"Mich?", sagte ich und sah sie ungläubig an.
"Ja, dich! Man möchte echt meinen, dass er in dich verknallt wäre!"
Ich wurde rot und lächelte. Das wäre zu schön um wahr zu sein!
"Aber so wie du gerade aussiehst, scheinst du auch nicht gerade desinteressiert zu sein!"
"Ach Quatsch ...", winkte ich ab und wir bogen in die Straße ein, in der ich wohnte.
Da wir nicht direkt in Berlin wohnten, hatten sich meine Eltern ein Haus leisten können.
In der Einfahrt stand weder das rote Auto meines Dads, noch das schwarze meiner Mom, also waren beide noch arbeiten.
"Sturmfrei!", sagte ich, als ich aufschloss und die beiden reinließ.
"Wow, ist das geil hier!", sagte Sarina.
Und Mandy fügte staunend hinzu: "Ich komm' dich ab jetzt öfter besuchen!"
Ich lachte und ging zum Telefon. Aber es waren keine Nachrichten auf dem Anrufbeantworter.
Ich führte sie hoch in mein Zimmer unter dem Dach und verschwand selber im Bad, um mir eine Kopfschmerztablette zu holen. Dann ging ich wieder zu Sarina und Mandy, die es sich auf meinem Bett bequem gemacht hatten und ich setzte mich zu ihnen.
Wir quatschten eine ganze Weile, doch irgendwann hörte ich von unten das Telefon klingeln.
"Bin gleich wieder da!", sagte ich, stand auf und lief die Treppe runter.
"Ja?"
"Ariana?"
Ich stutze. War das etwa Fynn?
"Am Apperat. Wer ist da?"
"Hier ist Fynn. Ich wollte nur mal hören, wie's dir geht?"
In meinem Gesicht bildete sich ein breites Lächeln.
"Von den Kopfschmerzen mal abgesehen geht's mir eigentlich ganz gut."
"Schön zu hören. War echt fies von Judith"
"Meinst du, das war Absicht?"
"Galube schon, sie scheint dich nicht sehr zu mögen"
"Ihr Problem, nicht meins"
Die Haustür wurde aufgeschlossen und meine Mom kam rein.
"Du? Ich muss Schluss machen, meine Mom kommt gerade nach Hause und Sarina und Mandy warten oben in meinem Zimmer. Wir sehen uns morgen?"
Ohne eine Antwort abzuwarten, legte ich schnell auf und drehte mich dann zu meiner Mom um.
"Hey, Mom!", begrüßte ich sie.
"Na, Schatz? Mit wem hast du denn telefoniert?"
"Ach, nicht so wichtig. Wenn du willst, kann ich dir das spätzer erklären"
In diesem Moment kamen Sarina und Mandy die Treppe runter.
"Wir müssen los. Muss zum Klavierunterricht!", sagte Mandy.
Ich verabschiedete mich von beiden und begleitete sie zur Tür.
'Ja, und das war mein zweiter Schultag. Ich hatte nur vier Stunden Unterricht und habe in der dritten Stunde einen Ball mit voller Wucht gegen den Kopf bekommen. Vor Hannah, Sophia und Judith sollte ich miche cht in Acht nehmen. Ein paar falsche Schlangen sind das!', dachte ich nur und ging hoch in mein Zimmer.

Impressum

Texte: Die Rechte der Texte liegen bei mir. Unerlaubte Verfielfältigung, Veröffentlichung, etc. sind ohne meine Erlaubnis nicht gestattet!
Bildmaterialien: Das Cover wurde nicht von mir erstellt, nur bearbeitet.
Tag der Veröffentlichung: 13.05.2012

Alle Rechte vorbehalten

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