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Das Wasser umspielte sanft ihre Knöchel. Es war kühl und angenehm auf ihrem brennenden Antlitz. Der Wind wehte ihr die langen dunklen Haare aus dem Gesicht. Hinter ihr flogen sie im Wind wie ein dunkler Schleier.
Das Rauschen der Wellen durchströmte sie, der Sand war noch warm von der Sonne, die gerade wunderbar gold und rot am Horizont unter ging. Sie war gern allein hier draußen. Wenn niemand sonst da war. Sie hatte das Gefühl, ganz dem Wasser in seiner rauschenden Pracht zu gehören.
Immer wieder krochen die Wellen und der weiche, weiße Schaum über den Sand zu ihr hoch. Der Saum ihres dünnen, hellen Sommerkleides war dunkel gefärbt und hing ihr tropfnass über den Beinen. Flüsternde Wogen umspielten weiterhin ihre nackten Füße.
Die Beine dicht an den Körper gezogen, die Arme darum geschlungen und das Kinn darauf gelegt verweilte sie. Sie rührte sich nicht. Würden ihre Augen nicht so klar und gefüllt mit einem traurigen Glanz gen Horizont blicken, könnte man denken, sie wäre bereits Teil des Meeres.
Das Flüstern um sie herum hüllte sie in eine überirdische Trance.
Wie lange sie nun schon hier war, wusste sie nicht. Doch sie wollte niemals diesen geliebten Ort verlassen. Die Traurigkeit in ihrem Herzen legte sanft die Schwingen um ihre wunderschönen Züge. Es war die selbe Traurigkeit, die hinter den dunklen Fenstern ihrer Augen in den Sonnenuntergang schauten.
Nur einen Gedanken hielt sie in ihr fest. Nur ein Gedanke hielt sie in dieser Welt. Nur ein Gedanke ermöglichte es ihr, nicht auch zu weißem Schaum auf dem blauen Reich zu werden. Still und leise davon zu treiben. Nur ein Gedanke...
Zum ersten Mal regte sie sich. Es war kaum zu erkennen. Und hätte man es nicht, gewusst, so hätte man es auch niemals bemerkt. Die Spitzen ihrer spitzen Ohren zuckten, als sie das Geräusch vernahm. Ein Geräusch, das nicht hierher passte. Weder das verführerische, liebevolle Flüstern des Wassers, der Wind in ihrem Kleid oder ihr eigener fast stummer Atem. Sie wusste... Er war da. Er durchbrach die gläserne Blase, in der sie sich befand. Leise und still ließ er sich neben ihr nieder. Seine Schritte hatte Spuren im feuchten, hellen Sand hinterlassen.
Grüne Augen blickten sie an. Sie besah sich weiterhin das unglaubliche Farbspiel über dem Wasser. Zu lange war sie hier gewesen. Zu lange hatte sie das Meer geliebt.
Sanft und zärtlich berührten seine Fingerspitzen ihr Gesicht. Sie spürte die Wärme seiner Haut auf ihrer eigenen, die so kühl war. Schon immer kühl gewesen war. Ihr Blick erfasste sein Gesicht. Sein wunderschönes Gesicht. Grüne Augen blickten sie an. Grüne Augen in denen sie jede Regung seiner Seele erkennen konnte. Er lächelte nicht.
Seine sanften Züge waren genau, wie sie sie jeden Tag vor sich gesehen hatte. Die schmale Nase, übersäht von den kleinen orangenen Punkten, die sie einst alle einzeln zu küssen versucht hatte. Der Mund mit den geschwungenen, weichen Lippen. Der Mund, den sie noch immer jeden Tag brennend heiß auf ihrer Haut zu spüren glaubte. Die glatte, hohe Stirn und die leicht hervorstehenden Wangeknochen, die das schönste an seiner so vollkommenen Gestalt so unglaublich schön betonten: Das smaragdene, tiefe, volle und strahlende Grün seiner weit geöffneten Augen.
Seine Schönheit schmerzte sie bei jedem noch so kleinen Blick. Er war so schön und so vollkommen, wie sie es niemals würde sein können. Wie niemand es je würde sein können.
Glitzernde Tränen liefen ihre Wangen hinab. Er lächelte noch immer nicht, doch sie wusste, dass er es konnte... Und wie er es konnte.
Seine Handfläche ruhte auf ihrer Wange, und wurde von Tränen benetzt.
„Ich habe auf dich gewartet“
Sie spricht nicht. Nicht ihr Mund. Ihre Augen verraten ihm seine Fehler. Verraten ihm ihr unsägliches Leid, während seiner Abwesenheit.
„Ich weiß“
Es vermag keiner Worte. Sie versteht ihn. Versteht seine Reue. Versteht, was auch er ertragen haben musste.
„Bleib bei mir...“
Während er in ihre sprechenden Augen blickt, benetzt das schönste Lächeln seine Lippen, das er ihr zaubern konnte. Sie kennt seine Antwort bevor er etwas antworten kann.
„Ja... Für immer...“
Seine Arme schließen sich um ihre zerbrechliche Gestalt und ihr schöner Kopf ruht auf seiner Brust, während sie immer tiefer hinein rutschen in die flüsternden Wassermassen.
In die flüsternden Wogen der blauen Pracht, die sie verführend zu sich rufen. Immer und immer weiter, bis sie merken, dass sie eins sind... Fort getragen werden ihre menschlichen Hüllen, scheinen über das Wasser zu schweben.. fort... Gen Horizont... Jetzt schleicht sich auch auf ihr Gesicht ein Lächeln. Denn sie ist bei ihm... Und wird es auch für immer sein...

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Tag der Veröffentlichung: 14.01.2009

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