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Wenn Drachen Sachen machen




Aljoscha war ein Drachenjunge
mit Jadeblick und Züngelzunge.
Er aß gern Chili und er zielte,
weil er so gerne Fußball spielte,
fast täglich gegen eine Wand,
die sich am Drachenhaus befand.

Obwohl er intensiv trainierte,
blieb das, was ihn so oft frustrierte
an seinem Bauch und Hüften hängen:
Es sammelten sich große Mengen
von Babyspeck, die ihn beschwerten
und manche Hänselei bescherten.

Der dickste Drache aus der Klasse,
ein Bub von ungeheurer Masse,
tat sich damit am meisten wichtig.
(Er fühlte sich wohl selber nichtig)
Er schrie an jedem Tag aufs Neue:
„So dick wie du sind sonst nur Säue!“

Das tat Aljoscha mächtig weh.
Er sagte seiner Mom: „Ich geh
nie wieder aus dem Haus!“ Mama
jedoch sprach weise: „Pah!
Das darfst du nicht. Du wirst es schaffen.
Schlag ihn mit seinen eignen Waffen!“

Am nächsten Schultag ging es weiter.
Aljoscha war der Blitzableiter
des tonnenschweren Drachen Paul.
Der war nun mal ein Lästermaul.
Aljoscha schlug verbal retour:
„Sei still! Du bist doch selber nur

ein Riesenhaufen Schweinsaspik.
Du schwabbelst, denn du bist so dick,
dass dir die Schwarte fast schon kracht.
Die ganze Klasse hat gelacht.
Von da an hielt der Paul den Mund.
Schon bald verlor er Pfund um Pfund.

Er tat, was jeder Doktor rät:
Diät.

Glaube versetzt Berge




Es war einmal ein kleines Drachenmädchen, das mit seinen Eltern und Geschwistern glücklich zusammenlebte.
Die Mutter war eine leidenschaftliche Köchin, die ihre stets hungrige Familie gerne mit Bergen von Pizza, Pasta, Gemüseaufläufen, Flammkuchen und riesigen Pfannkuchen verwöhnte. Mehrmals am Tag entzündete sie deshalb vor der Höhle den Berg Holz, den der Drachenpapa immer wieder neu aufschichtete. Sie stieß dazu eine Stichflamme aus, die sie in beliebiger Länge erzeugen konnte.
Für Drachenfrauen war es wichtig, dass sie Feuer spucken konnten, denn wie sollte sonst eine ordentliche Mahlzeit zubereitet werden, wenn die Drachenmänner unterwegs waren? Außerdem lockte der Duft des leckeren Essens die Gatten nach Hause, was die Drachenfrauen dazu veranlasste, mehrmals am Tag zu braten und zu grillen.
In der Schule war Feuerspucken ein Hauptfach, es kam gleich nach der Flugübungsstunde.
Rubina, so hieß das Mädchen, war eine fleißige Schülerin und sogar im Besitz des kleinen Nessischeins, weil sie im Schwimmen und Tauchen mit Abstand die Klassenbeste war.
Im Fach „Feuerspucken“ wollte ihr kein Erfolg gelingen, obwohl sie es immer wieder versuchte. So tief sie auch Luft holte, so heftig sie auch schnaubte und blies, es kam nichts als ein lauwarmes Lüftchen aus ihrem Hals. Auf dem letzten Zeugnis dann die Hiobsbotschaft:
„Rubinas Versetzung in die Oberstufe ist gefährdet, da ihre Leistungen im Spuckbereich nicht den Anforderungen entsprechen.“
Mit gesenktem Kopf und hängendem Schwanz kam sie von der Schule nach Hause. Die Drachenmama jedoch verzog keine Miene, als sie das Zeugnis sah und sagte nur:
„Du wirst es schon schaffen. Setz dich und iss!“
Am nächsten Tag ging die Mama in den Garten, um zu ernten. Sie baute seit einiger Zeit die schärfste Chilisorte der Welt an. Sie zerstampfte die Schoten und mischte eine Prise davon in jedes Essen ihrer Tochter und erklärte ihr, dies sei eine Medizin, die das Feuerspucken fördern würde.
Rubina spürte bisweilen ein Kratzen im Hals und ein Kribbeln im Bauch und schob das auf die Arznei. Langsam begann sie wieder daran zu glauben, dass auch sie das Spiel mit dem Feuer eines Tages beherrschen würde. So vergingen einige Wochen.
An einem Donnerstag, als sie nach der Flugübung zum Feuerspucken auf den Drachenschulhof gingen, hatte Rubina das Gefühl, ihr Hals brenne wie Feuer. Die Oberdrachenlehrerin hatte kleine Häufchen mit trockenen Holzspänen verteilt und die Kinder sollten nun versuchen, diese in Brand zu setzen. Es klappte bei allen und endlich war Rubina an der Reihe.
Sie holte tief Luft und spürte zu ihrem Erstaunen, wie es in ihrem Hals sehr warm wurde. Und dann schoss ein Feuerstrahl aus ihrem Mund, wie die Klasse noch keinen gesehen hatte und züngelte in den Holzspänen, die auf der Stelle wie Zunder brannten.
So glücklich war Rubina schon lange nicht mehr nach Hause gehüpft.
Während des ganzen Heimwegs schnaubte sie und ließ kleine Flammen aus ihrem Mund züngeln. Die Mutter war gerade damit beschäftigt, in einem großen Topf Gemüse zu verrühren, als draußen plötzlich der Holzhaufen qualmte, den Rubina entzündet hatte. Die Drachenmama stürzte hinaus und tanzte vor Freude mit ihrer Tochter um das Feuer, bis der Papa kam.
Im Sommer wurde Rubina in die Oberstufe versetzt und ihr Vater schenkte ihr als Anerkennung einen heißen Stein, auf dem sie sich Eier braten und Pfannkuchen backen konnte. Immer wenn si e Lust bekam, erhitzte sie den Stein mit ihrem persönlichen Anzünder. Manchmal, wenn sie im Winter fror, wärmte sie sich damit die Füße.
Das Geheimnis mit der Medizin, die keine war, behielt die Drachenmama für sich. Niemand erfuhr davon.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann spucken sie noch Feuer.

Feuerspucker




Es waren einmal zwei Drachenbuben, die mit ihrer Mama in einer gemütlichen Höhle auf der Dracheninsel lebten. Der Drachenpapa war viel unterwegs, weil er Unmengen von Grünzeug besorgen musste. Seine beiden Söhne, Feueratem und Silberschuppe, sollten eines Tages so groß und stark werden wie er. Er war sehr stolz auf die beiden Buben. Der kleinere, Silberschuppe, blieb meist bei der Drachenmama. Feueratem jedoch durfte ihn schon ab und zu am Sonntag zum Vulkan begleiten.
Dann übte er Feuerspucken und manchmal fauchten sie um die Wette.
Bei den Flugübungen musste der kleine Feueratem sich etwas mehr anstrengen als andere Drachenkinder, denn die Natur hatte ihm nur ein kurzes Schwänzchen mitgegeben. Es war nicht ganz einfach, eine gerade Linie zu fliegen, aber er war geschickt und konnte das ausgleichen.
Eines Tages gab es in der Drachenschule Aufregung . Zwei Neulinge gesellten sich zur Klasse; ein hübsches Mädchen mit funkelnden Augen, sein Name war Smaragdauge. Es war sehr schüchtern und hielt meist den Blick gesenkt, denn es wurde sehr oft wegen seiner Sommersprossen geneckt.
Feueratem hatte noch nie ein Mädchen mit Sommersprossen gesehen und fand es wunderschön. Er sah es immer wieder an, bis der Oberdrachen ihm zur Strafe eine Stunde Nachsitzen aufbrummte.
Der andere Neuzugang, ein ziemlich dicker Drachenbub namens Schwartenhaut, lachte schadenfroh und schrie:
"Feueratem, alter Dummel!
Hat nur einen kurzen Stummel!"
Von nun an wurde der kleine Drache ständig gehänselt. Es verging kein Tag, an dem nicht einer aus der Klasse schrie:
"Feueratem, alter Dummel!
Hat nur einen kurzen Stummel!"
Aber es gab eine, der das gar nicht gefiel:
Smaragdauge. Es war zwar ein stilles Mädchen, aber es tat ihm weh, dass Feueratem so gehänselt wurde, denn es mochte ihn sehr gerne.
Ihm gefiel er, wie er war; es fand, er sei etwas besonderes, gerade deshalb, weil er nicht wie alle anderen war.
In einer ruhigen Minute begann Smaragdauge zu singen:
"Dicke dumme Schwartenhaut!
Du bekommst nie eine Braut!"
Das wiederholte das Mädchen so lange, bis in der Klasse erst ein Kichern zu hören war, das sich zu einem lauten Lachen steigerte. Alle, ohne Ausnahme, klopften sich auf die Schenkel, wackelten mit den Schwänzen und schrien vor Lachen.
Das sonst grüne Gesicht von Schwartenhaut lief dunkelrot an und plötzlich wusste er, was für ein Gefühl es ist, wenn man bloßgestellt wird und sich zutiefst schämt. Er senkte seinen Kopf und musste gegen die Tränen ankämpfen.
Smaragdauge aber wagte zum ersten Mal, dem Feueratem in die Augen zu sehen und was es sah, ließ die hübschen Sommersprossen glühen.
Von nun an waren die beiden Freunde fürs Leben.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann sind sie das noch heute.

Feuer und Flamme




Es war einmal ein kleiner Drachenjunge, der mit seiner Familie in einer Felsenhöhle wohnte.
Die Dracheneltern waren mit ihrem kleinen Sohn, der den Namen Dornschwanz trug, sehr glücklich. Er war ein lustiger Drachenjunge mit smaragdfarbenen Funkelaugen, die verräterische Funken sprühten, wenn er an etwas Verbotenes dachte.
Dornschwanz durfte die großen Drachenväter manchmal begleiten, wenn sie sich auf die Suche nach Nahrung machten. Eines Tages, er war gerade dabei, mit seinem Vater einen kleinen Berg zu besteigen, geschah Unglaubliches: Der Berg setzte sich in Bewegung und begann zu schwanken. Es war ein fürchterliches Fauchen zu hören und plötzlich waren drei riesige Drachenköpfe direkt vor ihnen: Sie standen auf dem größten noch lebenden Drachen, von dem sie bisher nur aus dem Mund der Alten gehört hatten.
Der uralte Veteran starrte die beiden Winzlinge aus seinen sechs blutroten Augen bitterböse an, denn er fühlte sich in seinem Mittagsschlaf gestört.
Dornschwanz erschrak fürchterlich, presste sich ängstlich an seinen Vater und hielt sich an dessen Hinterbein fest. Ganz erstaunt merkte er, dass die dornige Haut seines Vaters sich mit einer Gänsehaut überzog, was bei Drachen ein untrügliches Zeichen für Angst ist. Er hatte den Vater bisher immer als Helden gesehen, aber durfte ein Held zittern? Der kleine Drache war verwirrt und flüsterte:
"Papa, hast du Angst?"
Sein Vater gab keine Antwort, statt dessen legte er seinen breiten Drachenschwanz um seinen Sohn, er befürchtete, der Riesendrachen, dem ein schrecklicher Ruf als Monster vorauseilte, könne seinen Buben
verspeisen. Dann hob er ihn auf seinen Rücken und breitete die Flügel aus, um einen Start zu wagen.
Der Gigant stieß erneut ein schreckenerregendes, lautes Fauchen aus und aus seinen drei Mündern züngelten lange Flammen, die haarscharf an Dornschwanz und seinem Vater vorbeischossen. Er hob eine seiner
zahlreichen Klauen, um die beiden Ruhestörer festzuhalten.
Dornschwanz hatte große Angst, denn ihm dämmerte, dass selbst sein Vater bei einem derartig riesigen Gegner nichts ausrichten konnte. Aber so schnell wollte er sich nicht geschlagen geben.
Er holte tief Luft und dann tat er, war er seit einiger Zeit in der Drachenschule übte: Er ließ eine Flamme aus seinem Mund lodern und schoss sie dem Riesen in eines seiner Gesichter. Der kleine Feuerstrahl traf die Nase des Giganten und kitzelte ihn so, dass er heftig niesen musste. Er schnaubte wie verrückt und durch den Luftstrom, der aus seinen Nasenlöchern entwich, bekam der Drachenpapa mächtigen Auftrieb und erhob sich zum Flug.
So schnell waren sie noch nie geflogen und als sie endlich wieder zu Hause waren, erzählte der Vater stolz der Drachenmama, dass sein Junge sich mit dem Ungeheuer angelegt hatte. Dornschwanz aber flüsterte der Mutter ins Ohr:
"Der Papa hat Angst gehabt!" Die lachte und sagte:
"Gerade deshalb ist er ein Held. Nur wer Angst hat, erkennt die Gefahr und kann sie annehmen. Das nennt man Mut."
Von diesem Tag an schaute sich die Familie alle Hügel, die sie besteigen wollte, sehr genau an.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Die Krötenkönigin




Amandus war ein hübscher Junge,
mit frechem Blick und spitzer Zunge.
Sein Lieblingsspielzeug war ein Ball,
den er aus reiner Lust am Knall
den Kröten an die Köpfchen warf.
Auf dieses Spiel war er ganz scharf.

An einem warmen Tag im Mai,
er hatte eine Woche frei,
verputzte er ein Dutzend Bierchen.
Dann zielte er auf eins der Tierchen.
Doch diesmal floh die Kröte nicht,
es blitzte und aus hellstem Licht

formierte sich ein hübsches Weib,
mit Lockenpracht und schlankem Leib.
Das mochte er, das war ein Spiel,
dem er bedingungslos verfiel.
Von nun an jagte er den Lurch.
Er hatte fast schon alle durch,

als er den Ball zu einem kickte,
der still hielt und ergeben nickte.
Der Knall war diesmal ziemlich heftig,
denn eine Dame - groß und kräftig
entwand sich ihrer Unkenhaut
und hat sich vor ihm aufgebaut.

Amandus musste plötzlich schlucken,
er traute sich kaum hinzugucken.
Die platinblonden Strähnen hingen
bis zu den fetten Hüftfleischringen.
Sie hatte einen Riesenpo
und ihre Beine standen O!

Er fühlte sich verdammt befangen,
doch ihre dicken Arme schlangen
sich gnadenlos um seine Taille:
Ich werde jetzt mit dir, Canaille,
der Langeweile Beine machen.
Dann lachte sie, wie Drachen lachen.

Sie schleppte ihn zu sich nach Haus
und trieb ihm jede Spiellust aus.
Als sie nach Wochen ihn verstieß,
weil sie die Leidenschaft verließ,
entkam er kläglich seinen Nöten.
Er schielte nie mehr nach den Kröten.

Die Froschkönigin




In einem kleinen Gartenteich
bewohnte Josch, der Frosch sein Reich.
Er klagte laut tagaus, tagein,
er litt und fühlte sich allein.
An einem warmen Julitag,
als er auf seinem Blattbett lag,
bekam der dicke Lurch Besuch.
Er unterdrückte einen Fluch:

Zwei Knabenhände packten ihn,
es war zu spät, um noch zu fliehn.
Der Bube nahm ihn mit nach Haus
und schlug ein Glas mit Blättern aus.
Er setzte ihn behutsam ein,
denn ihm gefiel das Fröschelein.
Der Junge sprach: Wie ich dich mag!
Der Dicke meinte freundlich: Quak!

Wie schnell im Spiel die Zeit verrann,
der Knabe wuchs zum Mann heran.
Er liebte seinen Lurch noch immer
und teilte mit ihm Zeit und Zimmer.
Als er die Froschhaut sanft berührte,
weil er so gerne Nähe spürte,
geschah es, dass der Frosch sich streckte
und seinen Körper kräftig reckte.

Der Kopf bedeckte sich mit Haaren,
die taillenlang gewachsen waren.
Es wuchsen mädchenhafte Glieder,
bedeckt von einem hübschen Mieder.
Im Zimmer stand die schönste Braut,
mit Kirschenmund und Pfirsichhaut.
Sie nahm ihn lächelnd an die Hand
und zeigte ihm ihr Märchenland.

Schnecklich verliebt




Am Beet, gleich unter den vermoosten Steinen,
verschläft ein schwarzer, vollgefressner Schneck
den Tag. Er aß die jungen Pflänzchen weg.
An jedem Abend sucht er nach der kleinen

zartrosa Schneckenfrau mit süßem Flunsch,
die auf der gleichen Wellenlänge kriecht
und ganz dezent nach Schneggaroma riecht.
Als Nackedei drängt ihn der heiße Wunsch,

die Schöne möge doch ein Haus besitzen,
in dessen Stübchen einst die Bübchen sitzen,
die sie ihm neben vielen Töchtern schenkt.

Und während er an eine Hochzeit denkt,
erblickt er plötzlich eine Weinbergschnecke
am gut besuchten Treffpunkt Brombeerhecke.

Ganz aufgeregt eilt er im Schneckgalopp
so schnell es eben geht, zu einer Pfütze,
rückt seine Fühler grade und die Mütze
und zieht zur Auserwählten ohne Stopp.

Sein Herz zerspringt fast und der Schleimleib zittert,
er starrt sie an und kriegt kein Wort heraus.
Sie aber kriecht zurück ins Schneckenhaus,
aus dem sie mit den Fühlern sorgsam wittert.

Dann ruft sie spöttisch durch die schmalen Ritzen:
Geh erst mal duschen nach dem starken Schwitzen!
Beschämt macht er sich auf den Weg zum Wasser

und kommt nach einer Weile dann als nasser,
gut abgeschrubbter Mannskerl angekrochen.
Nun sind die beiden in den Flitterwochen.

Schnick Schnack Schneck




Am Fuße einer hohen Linde
vermodert ein Stück alte Rinde.
Dort wohnt Anett, das Schneckenweib.
Es trägt die Augen hoch auf Stielen
und kriecht auf einem rosa Leib.
Ich sah es durch das Fenster schielen!

Dann hörte ich es leise klagen:
Ich muss mich stets alleine plagen!
Wo bleibt er nur, mein Schneckenmann,
mit dem ich durch das Leben schleiche?
Es seufzte tief, derweil es sann.
Schräg vis à vis, an einer Eiche,

begann der Hannes seine Tour
und folgte schleimig jener Spur,
die ihn Tags drauf zur Linde brachte.
Dort hielt er an um Nettes Hand;
die aber spottete und lachte:
Du bist wohl nicht mehr bei Verstand?

Dein nackter Leib kann nicht entzücken,
denn etwas fehlt auf deinem Rücken!
Ich nehme nur den Schneck zum Mann,
bei dem ich Schutz und Wärme finde!
Und weil ein Nacktschneck das nicht kann,
sag ich dir unverblümt: Verschwinde!

An einem Tag bei großer Hitze
- Anettchen spähte durch die Ritze -
verschluckte sie sich und schrie: Ach!
Da draußen steht mein Mann mit Haus!
Sie wohnte - bis zum ersten Krach –
bei ihm! Dann zog sie wieder aus.

Hänsel und Rotkäppchen




Das Käppchen lief flink durch den Wald,
sein Korb war schwer, es machte Halt.
Von ferne sah es Hänsel stehn
und freute sich aufs Wiedersehn:

Hallo, mein Freund, was machst du dort,
so ganz allein an diesem Ort?
Er lächelte es freundlich an:
Ich hätte gern ein bisschen Fun!

Das Käppchen grinste lieb zurück:
Begleite mich ein kurzes Stück!
Der Hänsel sprach: Gibs Körbchen her,
für zarte Frau`n ist das zu schwer!

Das Käppchen lachte wohlgemut:
Oh Mann, das tut dem Rücken gut.
Beschwingt lief es ihm hinterher.
Es mochte Hänsel mehr und mehr.

Der sah im Korb den roten Wein
und sprach zu ihr: Hey Girl, ich mein,
ein Schlückchen würde uns nicht schaden,
mir tun schon tierisch weh die Waden!

Das Käppchen dachte: Warum nicht,
noch ist der Wald recht hell und licht.
Der Hänsel köpfte flugs die Flasche -
den Öffner zog er aus der Tasche.

Ganz fröhlich und auch ungezwungen;
schien dieses Picknick recht gelungen.
Kaum hatten sie sich umgesehen,
sah man den Mond hoch oben stehen.

Da, plötzlich schaute sie gebannt
auf Hänsels Nase und die Hand.
Was war mit ihm denn nur geschehn,
es fiel ihr schwer, das zu verstehn.

Was ist mit deiner Nase los,
warum wird deine Hand so groß?
Komm sag schon, was geschieht mit dir?
Du bist so anders, scheint es mir!

Des Hänsels Schultern wurden mächtig,
auf seinem Körper wuchsen prächtig
in Büscheln harte, schwarze Strähnen -
und was war plötzlich mit den Zähnen?

Er sabberte fast vor Begehren,
die süße Maid jetzt zu verzehren,
mit Haut und Haaren und dem Käppchen!
Schon packte er das erste Häppchen.

Das Mädchen aber war nicht mutlos;
es stand nur plötzlich völlig hutlos;
dort war das Pfefferspray versteckt -
wozu, hat Hänsel schnell entdeckt.

Es hallten Schreie durch die Nacht;
ein helles Stimmchen hat gelacht.
Das Mädel lief vergnügt nach Haus.
Hans heult sich noch die Augen aus.

Drum merk dir, Hänsel, eines gut:
Bisweilen täuscht der rote Hut.
Du weißt meist nicht, was drunter steckt,
so mancher Wolf ist dran verreckt.

Impressum

Texte: Janna Ney
Bildmaterialien: Janna Ney
Tag der Veröffentlichung: 19.06.2012

Alle Rechte vorbehalten

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