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Prolog: Schwinge der Dämmerung

 

Ein letztes mal sah die riesige Kreatur sich in der Höhle um die seit langer Zeit ihr Zuhause genannt hatte. „Es ist Zeit“, wisperte eine Stimme. Die Kreatur seufzte. Viele Winter waren ins Land gegangen und dies war an dem Drachen nicht vorüber gegangen. Dies war das letzte mal das er sich hier aufhielt. Der riesige Drache spürte das seine Zeit sich dem Ende neigte. Die Echse trat aus seiner Höhle und verschloss den Eingang hinter sich. Der Drache sah hoch zum klaren Sternenhimmel.

Ach, ihr Ahnen. Ist es schon Zeit? Die Zeit der Fünf ist noch immer nicht angebrochen und mein Ende naht. Wie soll die Prophezeiung da noch erfüllt werden wenn keiner mehr ist der die Großmeisterin und ihre Schar auf den Weg ihres Schicksals führt, dachte der Drache stumm. Von den Sternen kam keine Antwort, sie schienen auf die Erde hinab und waren schon seit jeher stumme Zeugen der Jahrtausende. Langsam ,fast andächtig, ließ der Drache seinen Blick über das Tal, welches von Bergen umgeben war, wandern. Die Welt war in stetigem Wandel gewesen und doch hatte der Drache das Gefühl das sich all die Jahre nichts verändert hatte.

 

Das Erbe des Feuers


Guinevere ,pass auf dich auf. Du weißt das schon manchmal Menschen in diesen Bergen verschwunden sind, bei der Erinnerung an die Worte ihrer Mutter lächelte die 16jährige Gwin bloß. Ihre Mutter machte sich einfach zu viele Sorgen wenn ihre Tochter allein in den Bergen umherwanderte. Was sollte hier in dieser menschenleeren Wildnis schon passieren. Den Großteil dieser Berge und Wälder kannte sie auswendig, jedoch erzählten alte Legenden über ein verborgenes Tal. Gwin hatte oft nach dem Tal gesucht, jedoch nie auch nur einen Hinweis auf ein Tal gefunden, aber es wunderte sie nicht. Es gab einige Teile der Berge die sie noch nicht hatte erkunden können. Gwin kletterte mühsam einen felsigen Hang hinauf und spähte über die Kante. Noch mehr Fels. Ein schmaler Bergpfad führte um eine Steinwand weiter hinauf. Bäume, Büsche und einige Gräser wuchsen hier und da. Sie drehte sich um. In der Ferne sah sie das Dorf in dem sie wohnte. Alles war ruhig. Sie drehte sich wieder zum Felspfad um und ging weiter. Sie erreichte den Pfad und kletterte über einige Steine hinüber. Sie folgte dem Felspfad den Berg hinauf immer tiefer in die Wildnis. Sie ging immer weiter und als sie auf dem Felsplateau ankam kam ein Wald in Sicht. Das Huhu von Eulen war hörbar. Seltsam, sind die nicht nachtaktiv?, dachte Gwin und ging auf den Wald zu. In der Ferne war das plätschern von Wasser und das zwitschern von Vögeln zu hören. Für einen Moment blieb Gwin an einem der Bäume stehen und lauschte. Wie wunderbar friedlich, dachte sie und betrat den Wald. Es war ein seltsames Gefühl durch diesen Wald hier zu gehen, so als währe sie hier schon einmal gewesen. Gwin blieb stehen als sie einen Bach erreichte. Weit und breit war keine Brücke zu sehen. Da das dämmerige Sonnenlicht das zwischen den Blättern hindurchfiel sie ein wenig müde machte setzte sie sich erstmal. Ihre Mutter hatte darauf bestanden dass sie sich etwas zu essen und zu trinken mitnahm. Ihre Mutter hatte damit rechtbehalten denn langsam bekam Gwin wirklich Hunger. Sie aß und packte ihre Sachen danach wieder in ihren Rucksack. Danach stand sie auf und trat an den Bach heran. So breit wie sie gedacht hatte war das Gewässer nicht und sie konnte hinüber springen. Auf der anderen Seite sah es fast so aus wie auf der anderen Seite von der sie gekommen war, nur schienen sich die Bäume langsam zu lichten. Gwin musste durch einige Büsche hindurch gehen, was ziemlich mühsam war. In der Ferne vor ihr wurden schon wieder Berge sichtbar, deren Gipfel von Wolken bedeckt waren. Doch noch immer nicht konnte Gwin erkennen wie groß der Wald vor ihr noch war und was sich dort verbarg. Das plätschern des Baches verklang allmählich hinter ihr. Plötzlich war es so als hätte sie jemanden rufen hören, doch es war nicht laut gewesen. Sondern eher war es in ihrem Kopf erklungen und es hatte sich eher wie ein flüstern und wispern angehört. Gwin wollte schon weitergehen als ein rauschen die Stille durchbrach. Es ertönte ein weiteres Rauschen und danach schien die Hölle loszubrechen. Ein gewaltiger Aufprall war zu hören, eine Erschütterung im Boden riss sie fast von den Füßen. Bäume irgendwo vor ihr splitterten. Die Erde schien zu beben. Und ein Aufschrei, so laut und gewaltig das er nicht von einem Menschen stammen konnte ließ die Berge erzittern. Es klang als sei die Zeit der Dinosaurier zurückgekehrt und etwas gewaltiges brülle vor Schmerz. Gwin war sichtlich bleich. Als das unmenschliche Brüllen abbrach mischte sich darunter schnauben und schmerzerfülltes Stöhnen. Jemand oder etwas schien furchtbare schmerzen zu leiden. Ohne zu überlegen rannte Gwin los. Sie spornte sich zu äußerster Eile an. Irgendwas in einigen Metern vor ihr litt anscheinend an schmerzen und es schien als sei es vom Himmel gefallen. Gwin war sich sicher das es kein Mensch gewesen war. Dieses gewaltige schreiartige Brüllen hatte nach keinem Tier geklungen das sie kannte. Und die Größe schien über dem zu liegen was Gwin als Tier kannte. Was war es dann. Doch Gwin hatte ihr logisches Denken im Moment ausgeschaltet. Sie rannte durch den Wald und selbst als ihre Seiten schmerzten lief sie weiter. Wenn ein Tier Schmerzen litt dann überlegte Gwin nicht lange. Sie dachte nicht einmal nach. Es schien als sei ihr Hirn ausgeschaltet, bloß darauf programmiert dem Wesen ,was auch immer es war, zu helfen. Das Brüllen erklang wieder und es war in Gwins Ohren fast ein Hilferuf. Sie wurde erst langsamer als sie ins Freie rannte und auf einer Wiesenlichtung ankam. Das Bild was sich ihr bot war so absurd das sie stehenblieb. Vor ihr auf dem Boden lag ein riesiger Drache. Gwin schüttelte entgeistert ihren Kopf und stolperte zurück. Das kann nicht sein. Das kann nicht sein. Drachen gibt es nicht. Es ist einfach unmöglich, dachte sie und starrte den riesigen roten Drachen an. Seine Augen waren geschlossen, doch an seiner Mimik glaubte Gwin furchtbare Schmerzen zu erkennen. Der rechte Flügel war unnatürlich abgeknickt und wo der Drache lag war die Erde aufgewühlt, ebenso waren einige Bäume umgepflügt und Felsen zertrümmert. Als er ihre Schritte hörte öffnete die Echse schnaufend ein großes gelbes Auge und starrte sie an. Schließlich hob der große rote Drache den Kopf. In seinen Augen lag ein Ausdruck von Traurigkeit. Doch als er sie musterte wich diese traurige Entgültigkeit in seinem Blick eher Ehrfurcht und Erkennen, so schien es Gwin jedenfalls. „Tritt näher, Kleine“, erscholl die grollende Stimme des Drachen, in der Stimme klangen Erschöpfung und Schmerz mit. Widerwillig trat Gwin näher. „Wie ist dein Name, Menschenkind?“, fragte der Drache und sah sie an. „Ich bin Guinevere, aber nenn mich ruhig Gwin“, stotterte Gwin und starrte den Drachen immernoch an. „Hm. Guinevere. Ein edler und ruhmreicher Name. Er passt zu dir, denn dir steht ein großes Schicksal bevor“, sagte der Drache und hustete mühsam. Schmerzen zeichneten sich in seiner Miene ab. „Wie kann ich dir helfen?“, fragte Gwin und sah zu dem verletzten Flügel. „Mir kann man nicht mehr helfen. Meine Zeit neigt sich dem Ende, ich spüre meine Kraft bereits schwinden. Doch meine Aufgabe ist erfüllt, du bist gekommen. Die Prophezeiung wird sich erfüllen“, sagte der Drache und in seinen Augen leuchtete Hoffnung. „Was für eine Prophezeiung?“, fragte Gwin und trat näher. Sie hatte ihre Furcht völlig vergessen. „Du bist die Auserwählte. Die erste der Fünf. Die Großmeisterin. Ich bedauere das ich dich nicht auf deinem Weg begleiten kann, doch du wirst nie allein sein. Vertraue darauf. Du bist die erste der fünf Auserwählten. Dir steht ein großes Schicksal bevor. Ob du dafür stark genug bist weiß ich nicht, aber ich vertraue darauf das die Schicksalsgötter über dich wachen werden“, krächzte der Drache und in seinen Augen flackerte es. Gwin starrte den Drachen an. Gwin sah das sich die Zeit des Drachens dem Ende neigte. „Gehe in meine Höhle. Alles ist vorbereitet. Deine Zeit wird kommen. Wache gut über meinen Sohn und die anderen welche ich deiner Obhut anvertraue“, fuhr der Drache fort. Er senkte den Kopf und berührte mit der gewaltigen Schnauze ihren Hals. Ein sanftes Glühen erleuchtete die Lichtung. Als der Drache seinen Kopf wieder hob zeichnete sich in der Halsbeuge an ihrer Kehle eine dunkle Abbildung eines Drachen ab. „Was hast du gemacht?“, rief Gwin. Doch der Drache achtete nicht auf ihren entsetzten Blick. „Was meinst du mit alldem?“, rief Gwin. „Du wirst es zur rechten Zeit wissen, so wie du wissen wirst wenn du die anderen auserwählten vor dir hast. Ich bedauere wirklich das ich dich nicht auf deinem schweren Pfad begleiten kann. Das Werlicht wird dir helfen. Leb wohl, Gwin“, hustete der Drache. Er schwenkte mit letzter Kraft seinen Kopf herum und blickte in Richtung der bewaldeten Berge. „Suche nach dem Tal mit dem See. Dort wo eine Flamme die Felswand ziert ist dein Ziel“, krächzte der Drache schwach, seine Kraft schwand. In seinen Augen erlosch das Licht. Er ließ seinen Kopf zu Boden sinken. Mit einem letzten Hauch erlosch das Leben des Drachens. Bestürzt starrte Gwin den leblosen Drachen an. Da erglühte der Körper des Drachens. „Leb wohl“, flüsterte die Stimme des Drachens und das Glühen des Drachens erhob sich zum Himmel und wurde zu einem Stern.
Der Drache war fort. Sein Körper und seine Seele waren in die Obhut seiner Ahnen zurückgekehrt. Als Gwin nun wieder auf die zerwühlte Lichtung sah erinnerten nur noch die zerwühlte Erde, die zerstörten Bäume und zersplitterten Felsen an den Drachen der vor ihr gestorben war. Sie hob den Kopf und sah in die Ferne. Wie weit es bis zu dem angeblichen Tal war wusste sie nicht. Aber irgendetwas sagte ihr das der Drache recht hatte. Sie strich mit der Hand über das drachenförmige Mal an ihrer Kehle. Es war warm, aber nicht unangenehm. Wache gut über meinen Sohn und die anderen welche ich deiner Obhut anvertraue, Gwin fragte sich was der Drache damit gemeint hatte. Für was war sie auserwählt und welchen Sohn hatte der Drache gemeint? All diese Fragen würden wohl beantwortet werden wenn sie das Tal aufsuchte welches der Drache in seinen letzten Atemzüge erwähnt hatte. Gwin seufzte. Sie schulterte ihren Rucksack und machte sich auf den Weg der vor ihr lag. Sie schritt immer weiter. Sie war sich sicher das sie noch nie hier gewesen war. Außerdem sah es hier fast so aus als sei hier noch nie überhaupt irgendein Mensch gewesen. Die Wälder hier oben waren wild und geheimnisvoll. Aus düsteren Nischen blitzten leuchtende Augen hervor. Hier und da huschte irgendwas Vierbeiniges davon. Einige Vögel beäugten sie argwöhnisch. Ein Vogel hüpfte auf einem Ast auf und ab und als er das Drachenzeichen an ihrem Hals erspähte gab er ein verwirrtes krächzten von sich und beäugte sie neugierig. Sie ging und kletterte immer weiter, sie blieb nur kurz stehen um Pause zu machen. Danach lief sie aber weiter. Sie wollte noch vor Mittag das Tal erreichen. Am Himmel war strahlender Sonnenschein, keine Wolke war am Himmel zu sehen. Gwin seufzte und ging weiter. Sie kletterte einen steilen Felspfad hinauf. Sie hatte das Gefühl das sie seit einer halben Ewigkeit hier durch diese einsame Berglandschaft wanderte. Kamen die Berge überhaupt näher? Gwin wanderte jedoch weiter. Der Drache hatte ihr von dem Tal erzählt und sie glaubte ihm. Als die Sonne hoch am Himmel stand, also Mittag war, ragten einige Berge vor ihr auf. Gwin machte sich daran einen Weg hinauf zu finden. Erleichtert seufzte sie auf als sie den Kamm der Bergkette erreichte und ein weites von Bergen umgebenes Tal sichtbar wurde. An einer Stelle im Tal war ein kleiner See, am anderen Teil ein Wald und die gesamte Mitte des Tals war eine Wiesenlichtung. Gwin hatte so das Gefühl das die Felswand an der anderen Talseite ihr Ziel war. Sie ging zur Wiese und sah sich erstaunt um Ob dies das geheimnisvolle Tal war von dem die Legenden berichteten? Zu ihrer linken war ein Buchenwald wo auch der See war und zu ihrer rechten ein Tannenwald. Gwin ging durch das hohe Gras und lächelte. Hier war es wunderschön, so friedlich. Hier also hatte der Drache all die Jahre gelebt? Sie verstand wieso er sich hier so wohlgefühlt hatte. Sie ging weiter in das Tal. Als sie in der Nähe der anderen Talseite war fiel ihr eine Form in der Wand welche aussah wie eine gemeißelte Flamme. Die Flamme war ungefähr groß wie Gwins Handfläche. Dort wo eine Flamme die Felswand ziert ist dein Ziel, nun wusste Gwin was der Drache mit diesem kryptischen Hinweis gemeint hatte. Die Drachenabbildung auf ihrem Hals kribbelte. Einem Impuls folgend hob sie eine Hand und strich über die gemeißelte Flamme am Fels. Die Felswand zitterte und schließlich öffnete sich eine riesige Öffnung im Fels. Der Drache hatte wohl ohne Probleme durchgepasst, schätzte Gwin. Gwin starrte mit offenem Mund in die Dunkelheit. Ich glaube ich träume. Das ist doch wohl verrückt! Also noch verrückter kann der Tag kaum werden ,oder?, dachte Gwin schließlich und zögernd ging sie in die Höhle. „Hallo...?“,fragte sie zögernd. Sie merkte das ein leichtes strahlen von der Höhle ausging, also war es nicht stockfinster. Sie ging langsam voran und versuchte sich zurechtzufinden. Sie lauschte nach Geräuschen, doch alles war still. Gwin ging weiter in die Höhle hinein und sie war hinterher sich nicht mehr sicher ob sie überhaupt noch hinausfinden würde. Schließlich sah sie vor sich ein schwaches Licht scheinen. Sie ging weiter und bald stand sie in einer riesigen Höhlengrotte. Ein Loch in der Höhlendecke ließ grade so viel Licht herein dass ein Podest erleuchtet wurde auf dem ein großes weißes Ei lag. Es sah aus als sei es aus irgendeinem Edelstein, doch die Form ließ keinen Zweifel zu das es sich um ein Ei handelte. Gwin trat langsam näher. Das Licht das auf das Ei schien ließ undeutliche umrisse erkennen, die umrisse eines Lebewesens. Womöglich ein Drache. Gwin ging noch näher heran und legte eine Hand auf die Oberfläche des Eies. Es war warm und diese federleichte Berührung hatte etwas beruhigendes an sich. Es war fast so als spüre sie das Wesen was sich in diesem Ei befand. Für einen Moment der auch eine Ewigkeit hätte sein können stand sie da und lauschte der Stille. Ein Summen ertönte plötzlich. „Hallo? Valadan, bist du das?“, fragte eine Stimme erstaunt und ein aus der Dunkelheit schwebte ein Licht heran. Es war eine Art schwebende Flamme. Die Flamme schwebte auf sie zu und kam vor ihr zum stehen. Das Ding schien sie zu mustern. „Du bist ein Werlicht, nichtwahr?“, wagte Gwin zu fragen. Das schwebende Licht summte und ein leises Lachen erklang. „Ja, das bin ich“, zwitscherte eine helle Stimme. Plötzlich schien das Werlicht zu erstarren. Hatte er oder sie das Drachenmal auf ihrem Hals gesehen? „Du trägst das Zeichen der ersten Auserwählten“, sagte das Werlicht ehrfürchtig und wurde sofort ein bisschen kleiner ,“es ist mir eine Ehre euch dienen zu dürfen, Großmeisterin“. Gwin schaute verwirrt drein. „Ich bin übrigens Gwin, was hat es eigentlich mit der ganzen Sache auf sich?“, fragte Gwin. Das Werlicht zögerte kurz, dann sagte es: “Ich bin Nuar. Und was deine Frage betrifft, erzähle mir bitte was geschehen ist und wieviel du weißt“. Gwin wollte grade anfangen zu erzählen da hüpfte Nuar, das Werlicht, kurz und sagte: “Komm mit“. Das Werlicht drehte sich um und schwebte in die tiefen der Höhle. Gwin seufzte und ging hinter Nuar her, schnell warf sie im gehen noch einen Blick auf das Ei, welches nach wie vor auf dem Podest lag. Das Werlicht führte sie durch ein paar Gänge. In einem Raum verschwand es. Gwin lief hinterher. Sie sah das Nuar ein paar mal im Raum umherhuschte und plötzlich flammte Licht auf. Das Werlicht hatte ein paar Kerzen angezündet. Erstaunlicherweise war es sehr hell, fast als währe irgendwo eine strombetriebene Lampe. „Valadan hatte der Prophezeiung immer geglaubt. Sie hat daher ihre Höhle teilweise so eingerichtet das ein Mensch sich hier aufhalten kann“, erklärte das Werlicht als Gwins Blick auf ein Sofa fiel. Wo der Drache das wohl her hat?, dachte Gwin und setzte sich schließlich. „Nun erzähle bitte, dann kann ich dir wahrscheinlich weiterhelfen“, sagte Nuar und schwebte zu ihr. „Der Drache...“,wollte Gwin erzählen doch Nuar fiel ihr ins Wort „Sie heißt Valadan“. „Hieß“,korrigierte Gwin leise, „sie hieß Valadan“. Ein seltsames Geräusch kam von Nuar. Es klang wie eine Mischung aus schluchzten und Aufschrei. Schließlich seufzte das Werlicht. „Ich hatte es fast befürchtet. Ihre Zeit war gekommen, Ihre Aufgabe war erfüllt“, sagte das Werlicht. „Was für eine Aufgabe? Sowohl du als auch der Drache habt dauernd irgendwas von Aufgaben, Prophezeiungen und Schicksal gefaselt. Was ist meine Rolle in dem ganzen Durcheinander?“, fragte Gwin. Nuar schwebte zu einem großen hölzernen Buchtisch, wo ein sehr dickes altes in Leder gebundenes Buch lag. Sie schien für einen Moment zu lesen dann erzählte sie: „Als diese Welt entstand entstanden auch die Drachen. Seit Anbeginn der Zeit waren sie da. Der allererste Drache war eine furchtbare Bestie. Er war nicht wie all seine Artgenossen und Nachfahren. Er war machtgierig und wollte über die Erde herrschen. Er zettelte einen Krieg gegen die Menschen an. Ein geheimer Zusammenschluss aus Menschen und Drachen schaffte es schließlich diesen Urvater der Drachen zu besiegen und tief unter der Erde in magische Ketten zu legen. Der Krieg war vorbei. Die Drachenfürsten schlossen mit den Menschen einen Pakt. Nie wieder sollte ein Drache die Klaue gegen einen Menschen erheben in der Absicht herrschen zu wollen, solange die Menschen den Drachen den gleichen Respekt erwiesen und den Frieden ebenso bewahrten. Diese Gruppe die den Drachenältesten besiegt hatten bestand viele hunderte von Jahren weiter, doch irgendwann zerfiel der Bund aus irgendeinem Grund und der letzte Großmeister, das Wort Anführer würde es für dich besser beschreiben, machte die Prophezeiung dass eines Tages eine neue Großmeisterin erscheinen würde um mit ihrem Drachengefährten einen neuen Bund Reitergefährten und Drachen anzuführen, in der Absicht die Menschen zu beschützen“. Gwin hörte dem Werlicht mit großen Augen zu. „Und du meinst ich bin diese Großmeisterin?“, fragte Gwin unsicher. „Was auch immer Valadan in deiner Seele gesehen hat, sie hat gewusst das dir ein großes Schicksal bevorsteht.“, antwortete ihr das Werlicht. Warum?,hatte sie fragen wollen doch etwas anderes erregte ihre Aufmerksamkeit. In ihrem Kopf hörte sie ein stummes Rufen. Es war fast ähnlich wie bei ihrem treffen mit Valadan gewesen doch dieses stumme Rufen in ihrem Kopf hatte etwas schutzsuchendes und kindliches an sich, außerdem war es so eindringlich und so unbeschreiblich dass sie ihren Kopf hochriss und in die Dunkelheit eines Ganges starrte. „Was war das?“, fragte sie und blickte Nuar an. Das Werlicht machte ein irritiertes und ratloses Geräusch. Da erklang im inneren des Berges ein seltsam kratzendes Geräusch. „Es kam glaube ich aus der Richtung“, rief sie und rannte los. Sie gelangte wieder in die Grotte und rannte zu dem Podest. Es waren bereits Risse in der Schale zu sehen. Das kratzende Geräusch ,welches aus dem Ei drang, erklang erneut. Die Schale knackte und ein splittern war zu hören. Gwin beobachtete mit großen Augen wie das Ei immer mehr Risse bekam und schließlich ein Teil wegbrach und der kleine Kopf eines Babydrachens zum Vorschein kam. Er quieckte und zappelte, sodass die anderen Risse ebenfalls aufbrachen. Seine blauen Augen blitzten und er sah sich ängstlich um. Der Drache hatte ungefähr die Größe einer großen Hauskatze. Als er Gwin sah hob er den Kopf und reckte den Hals. Der Drache inspizierte seine kleinen Flügelchen, welche feucht am Körper der Echse klebten. Der kleine Drache begann sich trocken zu lecken und schaute nur manchmal auf um sie anzusehen. Als der Drache sich gesäubert hatte quieckte er und schaute Gwin mit großen Augen an. Gwin trat näher. Nun war sie in der Reichweite des Drachens und mit einem hüpfen sprang er in ihre Arme und krabbelte auf ihre Schulter. Der kleine weiße Drache rollte sich um ihren Hals herum und gab ein zufriedenes Seufzen von sich. Hilfesuchend drehte sich Gwin zu Nuar um. Das Werlicht beobachtete sie, sie wirkte zufrieden. Der kleine weiße Drache schnupperte an Gwins Ohr, was kitzelte. Gwin verzog das Gesicht und streichelte dem Drachen den Kopf. Er quietschte fröhlich und leckte ihr über die Wange. „Dein Drachengefährte braucht einen Namen“, stellte Nuar fest und schwebte heran um den Drachen zu begutachten. Gwin nahm den Drachen von ihrem Hals und schaute ihn an. Die kleine weiße Echse quietschte vergnügt und versuchte sich von ihren Händen zu befreien. „Es ist ein Männchen, oder?“, fragte Gwin unsicher. „Es ist der Sohn Valadans“, bestätigte das Werlicht. „Sein Name soll Aladar sein“, sagte Gwin entschieden. Sie erinnerte sich daran das in irgendeinem Film den sie geschaut hatte ein Dino so geheißen hatte. Der Name passte zu dem kleinen Drachen, doch wieso sie grade diesen Namen gewählt hatte wusste sie selbst nicht. Der kleine Drache blinzelte zufrieden und rollte sich in ihrem Arm ein. Gwin beobachtete den kleinen Aladar. Seine blauen Augen beobachteten sie aufmerksam. Sie setzte den kleinen Drachen ab, welcher enttäuscht jammerte und zu ihr hoch blickte. „Komm mit, Kleiner“, sagte Gwin lachend und sah Nuar an. Das Werlicht lachte leise. „Vielleicht hast du Hunger, Kleiner“, sagte Gwin und machte ein paar Schritte vorwärts. Aladar beobachtete sie mit fragendem Blick. „Na komm schon“, lächelte Gwin. Von dem Drachen kam ein pfeifend-jaulendes Geräusch und ein skeptischer Blick. Schließlich tapste der kleine Aladar hinter ihr her, immernoch sehr skeptisch dreinblickend. Mit großen Augen inspizierte der kleine Drache den Höhlengang. Nuar schwebte hinterher. Als Gwin aus der Höhle trat musste sie blinzeln. Als sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten drehte sie sich zum Höhleneingang um. Aladar hockte im Eingang und blinzelte. Der kleine Drache schnupperte misstrauisch und beäugte seine Umgebung. Er gab ein quakendes Geräusch von sich und seinen Blick hätte beinahe Vorwurfsvoll nennen können. „Na komm schon, Aladar“, rief Gwin ihm zu. Als der kleine weiße Drache Gwins Ruf hörte legte er den Kopf schief als überlege er ob er wirklich zu ihr gehen sollte, doch dann schnaubte er und tapste auf sie zu. Als er die Wiese unter seinen Klauen spürte senkte der kleine Drache den Kopf und stupste den Boden an. Gwin ging zu dem Felsen an dem sie ihren Rucksack zurückgelassen hatte und durchsuchte die Tasche. Sie wusste das sie irgendwo noch ein bisschen Essen hier drin hatte. Als sie eine Tüte Trockensalami sah lächelte sie und holte die Tüte heraus. Aladar beobachtete sie neugierig. Gwin ging zu einem Baum auf der Wiese und setzte sich an den Wurzeln hin. Gwin öffnete die Salamitüte und steckte sich eines der Stücke Salami in den Mund. Aladar tapste näher und als der kleine Drache den würzigen Geruch wahrnahm lief er ohne zögern auf sie zu und hüpfte um sie herum. Er fuhr sich mit seiner kleinen Zunge hungrig übers Mäulchen und gab einen jammernden Laut von sich. Gwin lachte und warf dem Drachen ein Stück zu. Sofort stürzte sich der Drache darauf und schaute enttäuscht drein als mit einem kleinen Haps das Salamistück in seinem Schlund verschwunden war. Gwin warf dem Drachen einen weiteres Stück Salami zu. Zufrieden kaute Aladar kurz und leckte sich das Mäulchen als er auch das zweite Stück verspeist hatte. „Morgen bringe ich dir was besseres mit. Vielleicht kann mir Nuar ja sagen was Drachen wie du fresst“, sagte Gwin und überlegte. Wo steckt Nuar eigentlich? „Nuar?“, rief sie. Doch das Werlicht war nirgendwo zusehen. Gwin wandte sich wieder dem kleinen Aladar zu, welcher sie aus großen Augen hungrig ansah. Es war eindeutig das der kleine Drache noch immer hungrig war. „Kannst du vielleicht schon jagen, oder irgendwas?“, fragte sie und streichelte der kleinen weißen Echse den Kopf. Auf die Frage erntete sie lediglich einen fragenden Blick und ein Schnauben. „Ist ja gut, ist ja gut. War ja nur eine Idee“, murmelte sie und beobachtete den Drachen. Aladar drehte sich um und tapste über die Wiese. Gwin beobachtete den kleinen Drachen neugierig, während dieser seine Umgebung in Augenschein nahm. Er inspizierte die weite Wiese und schaute manchmal zu ihr hinüber. Schließlich widmete er sich wieder der Erkundung. Irgendwann döste Gwin ein. Sie wurde erst wieder aus ihrem Schlaf gerissen als sie ein lautes Platsch und darauffolgendes Gezeter hörte. Gwin sprang auf und rannte los. Kann man diese übergroße Eidechse nicht für einen Moment aus den Augen lassen?, dachte sie und bahnte sich ihren Weg durch den Wald. Sie registrierte dass sie in Richtung See rannte. Mit großer Wahrscheinlichkeit war Aladar ins Wasser gefallen. Als sie aus dem Wald trat bestätigte sich ihre Vermutung. Aladar zappelte im Wasser und jammerte kläglich. Seine blauen Augen waren weit aufgerissen und mit seinen kleinen Beinen paddelte er um an der Oberfläche zu bleiben. Gwin verkniff sich ein fluchen und kniete sich ans Ufer um den kleinen Drachen aus dem Wasser zu ziehen. Als sie ihn auf dem Boden absetzte gab er ein schimpfendes zischen von sich und starrte empört auf das Wasser. Gwin konnte sich ein grinsen nicht verkneifen. „Na komm, Wasserdrache von Loch Ness kannst du später spielen“, sagte sie und ging durch den Wald wieder zur Wiese. Aladar folgte ihr in einigem Abstand. „Hoffentlich kriegst du keinen Schnupfen“, sagte sie und strich dem kleinen weißen Drachen über den Kopf. Aladar quieckte zufrieden. Gwin schaute auf die Uhr. „Oh, Mist. Schon so spät“, sagte sie und sah sich hektisch um. Sie musste nach Hause. Sie hatte ihrer Mutter versprochen dass sie vor Sonnenuntergang zu Hause währe. Ihr Blick fiel auf Aladar. „Und was mach ich jetzt mit dir? Du kannst nicht mit zu mir nach Hause. Meine Mutter würde einen Schreikrampf kriegen wenn sie dich sieht“, sagte sie und überlegte fieberhaft was sie mit Aladar machen sollte. Sie wirbelte herum und rannte zur Höhle zurück. „Nuar? Nuar!“, rief sie. Kaum war sie in das Halbdunkel der Höhle eingetaucht hörte sie vor sich ein Geräusch. Nuar schwebte auf sie zu. „Was schreist du denn so, Gwin?“, sagte das Werlicht und blieb mit einem kurzen unruhigen Flackern vor ihr stehen. „Ich muss nach Hause und ich weiß nicht was ich mit Aladar machen soll. Kannst du vielleicht auf ihn ein Auge haben bis ich morgen zurück komme?“, sagte Gwin atemlos. Das Werlicht schien einen Moment zu überlegen dann seufzte Nuar. „Ok, mach ich“, sagte das Werlicht. Gwin dankte ihr und kehrte zu dem verwirrt dreinblickenden Aladar zurück, welcher immernoch auf der Wiese hockte. Sie kniete sich vor dem weißen Drachen hin und streichelte über den kleinen schuppigen Kopf. „Du musst hierbleiben, Aladar. Ich muss nach Hause, aber ich komme Morgen wieder“, sagte sie und sah den kleinen Drachen streng an. Aladar legte den Kopf schief. „Du musst bei Nuar bleiben. Ich komm ja morgen wieder“, sagte Gwin und blickte das Drachenjunges ernst an. Aladar gab ein quieckendes Geräusch von sich und tapste über die Wiese. Gwin seufzte. Ob der Drache sie verstanden hatte? Sie bezweifelte es. Sie hob den kleinen Drachen hoch und trug ihn in die Höhle. Aladar zappelte und protestierte mit quakenden Lauten. Sie setzte das Drachenjunges auf das Sofa in dem Raum in dem Nuar von der Prophezeiung erzählt hatte. „Bleib hier!“, sagte Gwin und sah zu Nuar. „Pass auf die kleine Eidechse auf, bitte“, sagte sie und warf noch einen kurzen Blick auf Aladar bevor sie sich umdrehte und die Höhle verließ. Sie überquerte die große Wiese und kletterte den Abhang hinab. Den ganzen Weg den sie gekommen war ging sie zurück und zwei Stunden später ,knapp vor Sonnenuntergang, trat sie durch die Tür ihres Elternhauses. „Mama? Papa? Ich bin wieder da“, rief sie und seufzte. Sie hatte Kopfschmerzen, was bei den Ereignissen des Tages vielleicht normal war. Sie zog sich die Schuhe aus und als sie ihre Jacke ausziehen wollte fiel ihr Blick,als sie in den Spiegel sah, auf das Drachenmal in der Kuhle an ihrer Kehle. Sie strich über das empfindliche Mal und zog instinktiv die Jacke enger um sich. Sie würde das Drachenzeichen vorerst lieber verstecken. „Wo warst du denn den ganzen Tag, Gwin?“, fragte ihre Mutter als Gwin ins Esszimmer kam. „In den Bergen, du weißt doch das ich wandern wollte“, antwortete Gwin und setzte sich an den Tisch. „Gwin, suchst du etwa immernoch nach diesem angeblichen versteckten Tal?“, fragte ihre Mutter missbilligend und schüttelte den Kopf. Gwin musste sich ein Grinsen verkneifen. Ich habe das Tal doch schon gefunden, dachte sie und widmete sich ihrem Abendessen. Ihr Vater und ihre Mutter wechselten erstaunte Blicke. Sonst war Gwin nämlich nicht so schweigsam beim Abendessen.
Als Gwin eine halbe Stunde später ins Bett fiel seufzte sie tief und starrte an die Zimmerdecke. Es dauerte nicht lange bis sie eingeschlafen war. Sie träumte von Drachen, von Kämpfen, von Flammen und vergangenen Zeitaltern. Außerdem träumte sie auch von Valadan und Aladar. Als sie am nächsten Morgen erwachte fühlte sie sich fast ebenso müde wie als sie eingeschlafen war. Gwin seufzte und stand auf. Ihre Uhr zeigte dass es 10 Uhr war. Sie stand auf und zog sich an.
Kurze Zeit später ging sie nach unten und in die Küche. Vielleicht war im Kühlschrank irgendwas Fressbares für Aladar. Ein bisschen rohes Fleisch war in einer Plastikdose. Sie nahm ein zwei Stücke heraus und steckte es in eine Plastikschachtel. Als sie das Haus verließ war es noch nebelig. Es klarte jedoch langsam auf während Gwin durch die Berge kletterte, ihr Ziel war das Tal in dessen Höhle Aladar wartete. Doch der kleine Drache wartete nicht in der Höhle sondern auf der Wiese, davor. Als er Gwin über den Hang ins Tal klettern sah kam er ihr entgegen gerannt. „Gwin!“,piepste eine helle ,aber eindeutig einem männlichen Geschöpf gehörende, Stimme. Gwins Augen weiteten sich als sie registrierte das der Ausruf von Aladar stammte. Der kleine weiße Drache wedelte wie ein Hund mit dem Schwanz und legte den Kopf schief. „Du....kannst sprechen ...?“,brachte sie hervor und starrte die kleine weiße Echse an. Jedoch war er nicht mehr so klein wie am Vortag. Er war ein paar Zentimeter gewachsen. “Ja, kann....ich“, sagte der Drache. Aber seine Aussprache war noch etwas unsicher. Gwin rieb sich die Stirn. „Oh ha, was kommt als nächstes?“, sagte sie kopfschüttelnd und beobachtete den Drachen. „Komm, Nuar hat gesagt sie wolle dir was zeigen“, sagte Aladar und hüpfte voraus. Gwin seufzte und folgte der weißen Echse. Jetzt konnte der Drache schon reden. Es wunderte sie nicht, schließlich hatte auch Valadan reden können. Doch Aladar war doch erst einen Tag alt. Auf der Wiese, kurz vor dem Höhleneingang schwebte Nuar. Neben ihr lagen......Schwerter?. „Du brauchst Training, Großmeisterin“, sagte das Werlicht und schon flog ein Schwert, samt Hülle um die ein passender lederner Gürtel gewickelt war, auf sie zu. Es blieb Gwin nur ein Bruchteil an Zeit zu reagieren. Sie riss eine Hand hoch und fing das Schwert auf. Es war eine elegante Waffe, die Parierstange war mit zwei weißen Drachen verziert. „Genau die richtige Waffe für die Anführerin von Drachen und ihren Reitern“, sagte Nuar. Die Mitte der Parierstange war mit einem Drachensymbol verziert. „Und was soll ich damit?“, fragte Gwin während sie das Schwert genauer betrachtete. Sie zog es aus der Hülle und bewunderte wie das blanke Metall der Klinge die Sonne reflektierte. Ich muss verrückt sein, dachte Gwin. „Nun schauen wir mal, wie du dich in einem Duell schlägst, meine liebe“, sagte Nuar und das zweite Schwert erhob sich wie durch Zauberhand vom Erdboden. Es war eindeutig klar dass das Werlicht irgendeine Magie wirkte und das zweite Schwert steuerte. „Na bravo“, murmelte Gwin und riss ihr Schwert hoch als das von Nuar gesteuerte Schwert auf sie zu schoss. Gwin parierte den ersten Schlag und taumelte unter dem zweiten. Sie wich aus und überlegte fieberhaft was sie tun sollte. Sie duckte sich unter einem Schwertstreich hinweg und schlug mit ihrer eigenen Waffe zu. Es klirrte metallisch als das schwebende Schwert parierte und ihr die Waffe aus der Hand schlug. Nuar seufzte. „Jedenfalls hältst du länger durch besser als ich dachte“, meinte das Werlicht, „Heb dein Schwert auf, Gwin“. Gwin tat was Nuar gesagt hatte und seufzte als das ganze Spiel von vorne losging. Sie parierte Nuars Angriffe, oder versuchte es zumindest. Aladar hockte einige Meter entfernt und beobachtete das Geschehen aufmerksam, schwieg jedoch. Gwin parierte einen weiteren Schlag und drängte Nuars Schwert mit ein paar eigenen zurück. Sie wirbelte ihr Schwert herum, sodass sie spitze auf das gegnerische Schwert zeigte. „Ich glaub, so langsam hab ich den Dreh raus“, sagte sie triumphierend und musste gleich einen erneuten Hagel an Schwerthieben blocken. Mit der flachen Seite traf das gegnerische Schwert sie an der Schulter. Gwin fluchte und parierte eilig einen Schlag der auf ihr Bein gezielt hatte. „Wenn das so weitergeht hab ich heute Abend lauter blaue Flecken“, beschwerte sie sich. Aladar gab ein amüsiertes hüsteln von sich. „Hör auf dich zu beschweren, wenn deine Zeit zu kämpfen kommt musst du bereit sein! Es ist dein Schicksal“, sagte Nuar und das Schwert raste erneut auf sie zu. „Mein Schicksal ist es blaue Flecken zu bekommen?“, murrte Gwin, doch sie parierte die Schwertschläge.
So ging es den halben Vormittag. Als Nuar schließlich aufhörte und das gegnerische Schwert in die Höhle schwebte atmete Gwin auf. Sie steckte ihr Schwert in die Hülle und sah Nuar an. Sie wollte es schon an Nuar zurück geben doch das Werlicht lehnte ab, „Behalt es, es gehört dir“. Gwin wusste nicht ob sie sich freuen oder gequält seufzen sollte. Was sollte sie schließlich mit einem Schwert und wo sollte sie es aufbewahren? „Danke“, murmelte sie schließlich und drehte sich mit dem Schwert in der Hand zu Aladar um. Der Drache kam auf sie zu, schnupperte an dem Schwert und nickte zufrieden. Der kleine Drache rieb seinen Kopf an ihrer Hand. „Du warst nicht schlecht, mit ein bisschen Übung wirst du noch viel besser“, sagte der kleine weiße Drache und legte sich auf die Wiese. Seine schneeweißen Schuppen glänzten in der Sonne. Gwin setzte sich unter einen nahegelegenen Baum in den Schatten. Ein Vogel flog in einigen Metern Höhe am Himmel. Aladar hob den Kopf und beobachtete den Vogel. Als der Vogel auf und davon war widmete der kleine Drache seine Aufmerksamkeit anderem. Plötzlich zischte ein Greifvogel heran und streckte seine Krallen nach Aladar aus. Gwin wollte schon Vorsicht! rufen, doch Aladars Kopf zuckte zu dem Vogel herum. Er bleckte die Zähne und blitzschnell hatte er den Vogel gepackt und das Genick des Vogels gebrochen. Aladar fauchte leise und begann den Vogel zu verspeisen. Gwin starrte den kleinen Drachen und das an was seine Mahlzeit war. „Äh...ich hatte dir eigentlich was mitgebracht“, sagte Gwin und kramte in ihrem Rucksack. Der Plastikbehälter mit den beiden Fleischstücken kam zum Vorschein. Aladar jedoch ließ sich nicht von seiner Vogelbeute abbringen und erst als der Greifvogel verspeist war widmete er seine Aufmerksamkeit Gwin und ihrem Mitbringsel. „Hab immernoch Hunger“, verkündete der kleine Drache und kam herüber. Er reckte seinen Hals nach dem Plastikbehälter in Gwins Hand. Gwin seufzte und öffnete die Plastikdose und warf eines der Fleischstücke in die Luft. Aladars Kopf schoss vor und der kleine Drache schnappte sich das Fleisch. Während Aladar aß holte sich Gwin aus einem anderen Plastikbehälter ein paar Kekse und aß ebenfalls etwas. Nuar hatte sich währenddessen schweigend umgedreht und in die Höhle geschwebt. Ich frage mich was dieses Werlicht da drin macht und warum sie dauernd verschwindet, dachte Gwin und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder Aladar. Der Drache hatte inzwischen das kleine Stück rohes Fleisch aufgefressen und schielte hungrig nach dem zweiten Stück, welches noch in dem Plastikbehälter lag. Gwin lachte und überreichte dem Drachen auch das zweite Stück. Hungrig machte sich der kleine Aladar über seine Mahlzeit her. Währenddessen inspizierte Gwin ihre blauen Flecken, vom Schwertkampftraining. „Oh weia, hoffentlich sehen mich meine Eltern so nicht“, seufzte sie und betrachtete einige Schrammen. Gut dass Nuars Schwert sie immer nur mit der flachen Seite getroffen hatte und mit der scharfen Klinge nur gestreift hatte, sonst hätte sie womöglich noch andere Verletzungen davongetragen. „Ich hoffe Nuar hat das nicht jeden Tag jetzt mit mir vor. Ich weiß auch gar nicht wie es jetzt hier weitergehen soll“, seufzte sie. Aladar blickte als er seine Mahlzeit beendet hatte auf und begann sein Maul zu putzen. „Würde es dich so stören wenn es jetzt die Tage so weitergehen würde?“, fragte Aladar amüsiert und leckte sich über eine Kralle. Gwin warf dem Drachen einen fragenden Blick zu und seufzte. „Du weißt ja nicht wie meine Eltern darauf reagieren würden wenn sie herausfänden was ich hier treibe. Einen Drachen aufziehen, Schwertkämpfe mit einem Werlicht und dergleichen. Meine Mutter wurde ganz sicher einen Schreikrampf kriegen“, seufzte sie und sah den jungen Drachen an. Es war eindeutig das er seit gestern ein Stück gewachsen war, mindestens 10 Zentimeter in der Höhe vielleicht auch ein bisschen mehr. „Warum?“, Aladar blickte sie neugierig an. „Warum? Ja, warum würden in der heutigen Zeit die Menschen wohl einen Herzinfarkt kriegen wenn sie einen leibhaftigen Drachen zu Gesicht bekämen?“, sagte Gwin ironisch. Aladars Blick, welcher immernoch fragend und ratlos war, dokumentierte wohl das er Gwins Ironie nicht verstanden hatte. „Heut zutage glauben die Menschen nicht mehr an Drachen. Die Jahre von Rittern und Drachen sind vorbei. Denken die Menschen zumindest“, erklärte Gwin geduldig. „Warum?“, Aladar legte den Kopf schief und wartete auf eine Erklärung. „Sag mal, kaum kannst du sprechen willst du auf alles eine Antwort?“, seufzte Gwin und beschloss dem Drachen lieber eine Antwort zu geben, “Keine Ahnung. Die Menschen glauben dass die Welt ihnen gehört. Die Drachen sind vom Antlitz dieser Welt verschwunden, warum auch immer“. Aladar gähnte. Ihre Antwort schien ihm nicht genügt zu haben. „Aber nun sind die Drachen wieder da“, sagte der kleine weiße Drache streitlustig und peitschte mit dem Schwanz. Gwin lachte leise und streichelte ihrem Drachen den Kopf. Aladar gab ein fast schnurrendes Brummen von sich und wirkte im allgemeinen sehr zufrieden. So saß Gwin unter dem Baum, streichelte ihren Drachen und döste fast ein. Aladar ging es wahrscheinlich genau so, denn der Drache gab nur ein schläfriges Schnauben von sich. Gwin schaute zum Himmel hinauf und dachte über die Zukunft nach. Plötzlich tauchte Nuar wieder auf. Da fiel Gwin etwas ein. Sie stand auf und ging zur Höhle. Aladar sprang auf und rannte ihr nach. „Nuar?“, rief Gwin und betrat die Höhle. Sie fand das Werlicht in einem Raum der eine Bibliothek zu sein schien. Die meisten Bücher waren dicke Wälzer die schon uralt zu sein schienen. Nuar schwebte über einem Bücherpult und war anscheinend in ein Buch vertieft. Das Werlicht schien jedoch aufzublicken als Gwin den Raum betrat und Aladar hinterhergepoltert kam. „Wann lernen Drachen eigentlich das fliegen? Bisher hat Aladar noch keine Anstalten gemacht es zu versuchen“, fragte Gwin und blieb neben dem Buchpult stehen. „Drachen sind schon ein paar Tage nach ihrem Schlüpfen bereit ihren ersten Flug zu machen, bei Aladar könnte es vielleicht sogar morgen schon soweit sein. Währ doch schade wenn du das verpasst, stimmts?“, sagte das Werlicht. Gwin starrte das Werlicht an und lächelte dann. Ihr kleiner Aladar würde bald seinen ersten Flug machen? Als sie wieder zu Aladar ging, blieb sie verdutzt stehen. Aladar stand auf einem Hügel, die Flügel ausgebreitet. Den Hals hatte der kleine Drache in den Wind gereckt und seufzte leise. Gwin trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf den langen weißen Hals. „Versuch es ruhig“,sagte Gwin lächelnd. Aladar blickte sie kurz zweifelnd an. Der weiße Jungdrache schlug probeweise mit den Schwingen. Gwin wurde vom Wind fast umgeworfen, welchen Aladars Flügel erzeugte als der Drache abhob. Im Bruchteil einer Sekunde war Aladar außer Blickweite. Das leise Gebrüll eines Drachens, welches noch etwas babyhaft klang, lenkte Gwins Aufmerksamkeit auf sich. Aladar hatte begonnen in schwindelerregender Höhe über dem Tal zu kreisen. Gwin hörte das begeisterte Gelächter Aladars. Seine Bewegungen wirkten auf Gwin so als ob der Drache schon ewig fliegen gekonnt hatte oder jedenfalls nicht es erst heute gelernt hatte. Es waren wohl die uralten angeborenen Instinkte eines Drachens die ihn anleiteten. Drachen waren Geschöpfe des Feuers und der Luft, das Fliegen war ihre Natur und sie konnten es instinktiv.

Die Schar wächst



Ein paar Tage vergingen und Aladar hatte nun die Größe eines Shetlandponys, also ungefähr ein Stockmaß von einem Meter. Natürlich besuchte Gwin ihren Drachen jeden Tag, außerdem übte sie jeden Tag mit Nuar den Schwertkampf. Eines Morgens brach Gwin wieder einmal zum Tal auf. Sie erklomm den Felspfad, wie jeden Tag und atmete die kühle klare Bergluft. Sie hatte Aladar beigebracht dass er nur in der nahen Umgebung des Tals bleiben durfte. Sie wollte nicht dass jemand den Drachen zufällig sah. Nach einer Stunde hatte sie das Tal erreicht. „Aladar....“,rief sie und rannte über die Wiese. Da knackte es hinter ihr. Sie wirbelte herum. Eine Gestalt ,welche am Kamm des Felsrands der das Tal umgab stand, zeichnete sich gegen das Licht der Sonne ab. Gwin erbleichte. Sie hatte ohne es zu wissen jemanden hergeführt. „Scheiße...“,flüsterte sie. „Aladar, bleib weg!“, rief sie in die Richtung in die sie Aladar vermutete. Nun wandte sie sich wieder dem ungebetenen Gast zu, welcher immernoch auf dem Rand zur Talsenke stand und zu ihr hinabschaute. „Gwin?“, rief die Gestalt. Moment....diese Stimme kannte sie. Es war Jaiden, ein Klassenkamerad von ihr. Er kam ins Tal hinab und ging auf Gwin zu. „Was machst du hier? Was für ein Ort ist das hier? Ich erinnere mich nicht daran auf einer Karte an dieser Stelle ein Tal gesehen zu haben“, sagte er und blieb kurz vor ihr stehen. „Was machst du hier Jaiden?!“, fragte sie leicht feindselig und starrte ihn an. „Ich habe gesehen dass du jeden Tag hier herauf gehst, ich dachte...“,sagte er und blickte sie an. Bäume knackten plötzlich rechts von ihnen und Laub raschelte, etwas großes brach durchs Unterholz. Jaiden wurde bleich und starrte entsetzt an ihr vorbei. Aladar trampelte aus dem Wald und gähnte, wobei er reichlich Zähne zeigte. „Gwin, wer ist das?“, fragte er und schnupperte am vor Angst erstarrten Jaiden. „Wwwwwas ist das...?“,fragte ihr Klassenkamerad, welcher sonst so eine große Klappe hatte. „Nicht was, sondern wer“, korrigierte Gwin immernoch leicht verärgert,„Er heißt Aladar und Aladar ist ein Drache“. „Außerdem, wenn du davon was irgendwem erzählst bist du dran, verstanden?“, knurrte sie und wandte sich an Aladar. „Ich hatte gesagt ‘Bleib weg‘!“, sagte sie zu dem Drachen. Der kleine weiße Drache senkte den Kopf. „Schuldigung“, sagte er zerknirscht. „Jetzt ist der Schlamassel ja passiert, jemand weiß von dir und dem Tal“, sagte sie seufzend. „Ich wird niemandem was verraten, ich schwörs. Aber bitte befehl dem Drachen nicht mich zu fressen“, sagte Jaiden. „Dann können wir ihm auch Nuar vorstellen“, schlug Aladar vor und hüpfte aufgeregt, was den Boden leicht erschütterte. „Wer ist Nuar? Ein weiterer Drache?“, fragte Jaiden misstrauisch. „Nein, aber ich stell dich ihr gern vor“, sagte Gwin und drehte sich um. „Folgt mir, beide“, sagte sie resigniert. Und ging zur Höhle. Jaiden folgte ihr eilig, wohl um nicht in direkter Nähe zu Aladar ohne Schutz zu sein. Aladar bildete das Schlusslicht. „Nuar?“, rief Gwin,„Wir haben einen Gast, obwohl es etwas unfreiwillig ist“. Aus einem Raum kam gedämpfter Lichtschein, es kam näher. Das Werlicht schwebte aus dem Raum und kam auf sie zu. Jaiden gab ein ersticktes Geräusch von sich und murmelte etwas unverständliches. „Willst du ihn testen? Meinst du er könnte einer der anderen sein?“, fragte Nuar. Gwin starrte das Werlicht entgeistert an. Glaubte Nuar etwa dass Jaiden auch dazu bestimmt war der Gefährte eines Drachen zu werden. Jaiden fragte mit zitternder Stimme,„Was meint es?“. „Nicht es sondern sie, das ist Nuar. Und dazu was sie meint....ich werd es dir zeigen was sie meint“, antwortete sie mit einem amüsierten Grinsen. Aladar hatte auch sofort begriffen worums ging und platzte fast vor Aufregung, so sah er jedenfalls aus. „Komm mit, wir werden sehen ob....naja lass dich überraschen“, sagte sie und schritt den Gang entlang. Jaiden folgte ihr mit ängstlichem Gesichtsausdruck. Sicher führte sie Jaiden durch die Gänge. Schweigend ,aber aufgeregt, kam Aladar hinterdrein. Durch einen großen Torbogen traten sie in die Kammer an deren Wände unzählige Fächer in den Fels gehauen waren, welcher jeder ein Drachenei lag. „Wow, wo sind wir hier? Diese Höhle ist ja gigantisch“, Jaidens Stimme hallte von den hohen Wänden wider und wurde tiefer im Raum als Echo zurückgeworfen. Was bei einer Höhlenhalle von der Größe mehrerer Fußballfelder eine gewaltige Anzahl war. Kurz vor dem Torbogen aus dem sie traten war das Podest auf dem immernoch die Schalenreste des Eies waren aus dem Aladar geschlüpft war. Sie gingen an jenem Podest vorbei und schritten immer weiter in die gewaltige Halle. Mittendrin waren vier weitere Podeste auf welchen jeweils ein Ei lag. Davor blieb sie stehen und drehte sich mit halb ernster halb feierlicher Miene zu Jaiden um. Er schaute sie immernoch reichlich verwirrt an. Was er seit er hergekommen war erlebt hatte musste ziemlich viel aufeinmal sein. „Na los, spürst du etwas? Eine Art Verbindung?“, fragte Gwin leise. „Nein....ich glaube nicht“, sagte er langsam. Gwin wollte sich grade abwenden als er kurz zitterte und eines der Dracheneier, ein tiefschwarzes, anstarrte. Nuar ,welche ihnen gefolgt war, gab ein triumphierendes Geräusch von sich. „Wwwas ist das...?“,fragte er halb ängstlich und halb verwirrt. Gwin schwieg lächelnd, jedoch nickte sie in Richtung des Eies. Jaiden zögerte kurz dann trat er einige Schritte vor und stieg die drei Stufen es Podestes hinauf. Gwin blieb bei Nuar und Aladar stehen und beobachtete Jaiden. Er legte wie in Trance beide Hände auf die Eischale und schien der Stille zu lauschen. „Was ist das?“, flüsterte er wieder und strich über die Eischale. Aladar und Gwin blickten sich an. Der Drache rieb seinen Kopf an Gwins Hand und blickte sie zärtlich an. Gwin lächelte. Schweigend standen sie eine Zeit lang da, es kam Gwin fast wie eine Ewigkeit vor. Plötzlich hallte ein lautes Knacken in der Höhle wider. Jaiden warf einen hilfesuchenden Blick zu Gwin, doch sie blieb wo sie war. Da musste Jaiden allein durch. Ein weiteres Knacken hallte als Echo von den Wänden wider. Ein kleiner Riss durchzog die Schale. „Gwin, was soll ich tun? Irgendwas schlüpft da...“,sagte Jaiden, seine Stimme klang ein bisschen schrill. „Hab keine Angst, Jaiden. Du wurdest auserwählt der Reitergefährte eines neuen Drachens zu werden“, sagte Gwin und lächelte ihm aufmunternd zu. „Ja, junger Reitergefährte. Du bist für etwas auserwählt, auf dich wartet ein großes Schicksal“, sagte Nuar. Doch dies beruhigte Jaiden auch nicht grade. Es knackte erneut. Ein weiterer Riss zog sich durch die pechschwarze Eischale. In den folgenden zehn Minuten wurde die Stille immer wieder vom Knacken der Schale durchbrochen. Das einzige was sonst noch zu hören war war das angespannte Atmen der Anwesenden. Plötzlich brach an einer Stelle ein Stück Schale weg. Es zappelte im Ei und da brach es mit einem Knall auseinander. Ein pechschwarzes Drachenbaby lag inmitten der Schalenreste. Es quieckte und hatte seinen Blick neugierig auf Jaiden gerichtet. Der kleine Drache streckte sich um liegen und versuchte sich aufzurichten. Etwas unbeholfen half Jaiden ihm und streichelte dem Drachen schließlich über den Kopf. Der kleine schwarze Drache krabbelte an Jaiden hoch. Er nahm das Drachenbaby in den Arm und drehte sich mit ratlosem Blick zu Gwin, Aladar und Nuar um. Gwin lächelte. „Es braucht einen Namen“, sagte Gwin. „Es ist ein Er. Frag mich nicht woher ich es weiß, es ist so als sei ich geistig mit ihm verbunden. Jedoch ist es nur undeutlich, aber es ist eindeutig ein Er“, sagte Jaiden und betrachtete den kleinen Drachen in seinen Armen. „Darkin“, flüsterte er. Das Drachenbaby gab ein zustimmendes quietschen von sich und schmiegte sich an seinen Hals. „Ein interessanter Name, aber er passt und er scheint dem Kleinen zu gefallen“, sagte Gwin lächelnd. Aladar reckte den Hals und schnupperte an Darkin. Der kleine schwarze Drache blickte den größeren Drachen scheu an und kuschelte sich schutzsuchend an Jaiden, welcher lächelte. Gwin trat näher heran, sodass sich ihre und Jaidens Schulter fast berührten. Sie sah auf den kleinen Drachen hinab. So klein war Aladar auch bei seinem Schlüpfen gewesen. „Herzlich Willkommen in deinem neuen Leben, denn dieses kleine Wesen wird dein Leben für immer verändern“, sagte sie und lächelte. Nuar mischte sich ein. „Sie hat recht, Menschenjunge. Dein Leben wird nie mehr so sein wie bisher, hoffentlich bist du stark genug für das Schicksal für welches du erwählt wurdest“, sagte das Werlicht. Jaiden schwieg. „Ach Gwin, wir hätten beinahe dein Training vergessen. Hol dein Schwert!“, sagte Nuar und verschwand. Jaiden guckte sie verdutzt an. „Schwert? Hat dieser schwebende Feuerball grade Schwert gesagt?“, fragte er. In seinem Gesicht zeigten sich sowohl Verwirrung als auch Neugier. Gwin biss sich auf die Lippen um nicht laut loszulachen. „Nuar ist kein schwebender Feuerball sondern ein Werlicht, vielleicht ist es dir aus der Mythologie als Irrlicht besser bekannt. Und ja, sie hat Schwert gesagt. Keine Sorge, mein Lieber. Du kommst auch noch an die Reihe“, sagte sie und grinste ein wenig schadenfroh, “Dann hat Nuar jemand anderen den sie drillen und grün und blau hauen kann“. Jaiden erbleichte sichtlich. „Na komm schon, Nuar wird ziemlich ungemütlich wenn man sie warten lässt“, sagte sie und drehte sich um. Aladar gähnte und folgte ihr als sie auf den Ausgang des Raumes zusteuerte. Eilig folgte Jaiden ihr mit Darkin auf dem Arm. Die Sonne stach sie in die Augen als sie schließlich nach einiger Zeit die sie durch die dunklen Gänge gegangen waren wieder aus der Höhle traten. Sie lief zu der Stelle an der sie ihre Sache liegen gelassen hatte, darunter auch ihr Schwert. Sie zog es aus der Hülle und lächelte stolz als sie sah wie schön sich das Sonnenlicht aus der flachen Klingenseite brach. Sie betrachtete bewundernd das elegant gearbeitete Metall. Jaiden währe beinahe gestolpert. „Wow“, brachte er bloß heraus und starrte Gwin und das Schwert an. Aladar konnte sich ein Grinsen ,bei dem er reichlich Zahn zeigte, nicht verkneifen. Sie drehte sich zu Aladar um. „Aladar, Darkin hat sicher Hunger und ich bezweifele dass Jaiden etwas essbares dabei hat. Währst du so freundlich irgendwas zu besorgen?“, fragte sie. Der weiße Drache nickte fröhlich und stob mit wenigen Flügelschlägen davon. „Was genau holt er denn zufressen?“, fragte Jaiden argwöhnisch. „Na irgendwas was ihm grad zwischen die Klauen kommt“, antwortete Gwin leicht ungeduldig. „Du meinst er will irgendwas jagen?“, fragte Jaiden und verzog das Gesicht. „Du wirst dich schon dran gewöhnen, spätestens wenn dein Darkin seine erste Beute erlegt“, sagte sie, doch bevor sie fortfahren konnte unterbrach Nuar sie. „So, da du nun ein Reitergefährte bist wirst du ebenso den Umgang mit dem Schwert erlernen“, sagte das Werlicht zu Jaiden. Ein Schwert, dessen Parierstange zwei pechschwarze Drachen zierten, schwebte in die Höhe und auf Jaiden zu. Er verzog ein wenig entsetzt das Gesicht doch er ergriff das Schwert. Leicht zögernd zog er es aus der Hülle, auf der beidseitig ebenfalls jeweils ein schwarzer Drache eingeprägt war. Ebenso wie es bei Gwins Schwerthülle auf jeder Seite ein weißer Drache war. Anscheinend wurden die Schwerter nach Drachen ausgesucht. Jaiden starrte erst auf das Schwert und dann zu Nuar. „Ich möchte dass ihr gegeneinander kämpft. Gwin, bring ihm bei was du kannst“, sagte Nuar. Sie schien die beiden aufmerksam zu beobachten. Gwin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Na los, Jaiden“, sagte sie. Sie wartete nicht bis Jaiden bereit war sondern führte eine erste Attacke aus. Jaiden reagierte und parierte den Schlag instinktiv. Seine Miene war erschrocken. „Na los doch“, sagte Gwin wieder und zwinkerte ihm zu. Er verzog das Gesicht und griff sie etwas ungeschickt an. Gwin parierte und seufzte. Sie griff an, duckte sich unter einem weiteren ungeschickten Schlag hinweg und hielt ihm plötzlich das Schwert an die Kehle. Er gab ein erschrockenes Geräusch von sich und ließ vor Schreck sein Schwert fallen. „Heb es auf“, murrte sie. „Sei nicht so streng mit ihm, Gwin. Er hat noch nie mit einem Schwert gekämpft. Du hast schon über eine Woche Training hinter dir“, mahnte Nuar sie. Gwin seufzte geduldig. „Na gut, aber streng dich an, Jaiden“, sagte sie. Sie parierte einen Schlag und wich einem weiteren aus. Nun hatte er anscheinend seinen Spaß daran gefunden, denn er versuchte immer wieder verschiedene Angriffe. Gwins Augen leuchteten auf und sie grinste. Sie duckte sich und trat blitzschnell einen Schritt zurück. Jaiden folgte ihr und sie musste zwei weitere rasche Schläge parieren. Sie wirbelte um die eigene Achse und schlug ihrerseits zu. Ihre Klingenspitze streifte seine Wange. Er zischte vor Schmerz. Und fasste sich mit der freien Hand an den Schnitt. „Autsch“, murmelte er und führte eine Reihe schnell aufeinanderfolgende Angriffe aus. Gwin parierte sie und sprang, als er auf ihre Beine zielte. Sie lachte, er grinste. „Sei vorsichtig, sonst verletzt du dich noch“, neckte sie ihn. Sein Grinsen wurde breiter. „Pass du lieber auf“, antwortete er während er erneut mit dem Schwert ausholte. Sie wich zurück, sprang auf einen Stein und parierte ein paar Schläge. Er wich ein paar Schritte zurück und grinste herausfordernd. Ihre Augen leuchteten. „Glaub nicht dass du mich besiegen kannst, mein Lieber“, sagte sie und warf ihm neckend. Er gab ein gespielt-ärgerliches Geräusch von sich und erneut prallten die Klingen Funken sprühend aufeinander. Sie parierte und bei ihrem nächsten Schlag hätte sie ihn beinahe zwischen den Beinen getroffen. Er konnte grade noch mit einem Aufschrei zurückspringen. Sie kicherte. „Gib auf, sonst fehlt dir bald was...“,sagte sie und zwinkerte ihm zu. Vom Rand des Feldes, wo Nuar stumm zuschaute kam ein leises Lachen. Jaidens Wangen färbten sich leicht rot, aber nur kurz. Er schnaubte und führte eine weitere Reihe Schwertschläge aus. Gwin parierte einige, doch sie übersah den letzten und plötzlich lag sie auf dem Rücken. Sie guckte verdutzt. Da spürte sie eine Schwertklinge an ihrer Kehle. „So, meinst du?“, flüsterte ihr jemand ins Ohr und sie spürte einen warmen Atem an ihrem Hals. Sie wandte den Kopf um ihn anzusehen. Er kniete über ihr und zwar so nah dass sich ihre beiden Nasen fast berührten. Sie sah ihm in die Augen. Jemand räusperte sich. Nuar schwebte neben ihnen. „Störe ich?“, sagte das Werlicht amüsiert. Jaiden stand auf und streckte eine Hand aus. Gwin ergriff diese und ließ sich von ihm immernoch schwer atmend hochhelfen. „Du bist ein guter Kämpfer“, sagte Nuar, “Ihr seid beide gute Kämpfer. Dafür dass das dein erster Kampf war ist das sehr gut gewesen“. Nuars Stimme klang immernoch amüsiert. Gwin wurde rot und wandte kurz den Kopf ab, damit weder Nuar noch Jaiden es sahen. Sie atmete mehrmals tief durch und wandte sich dann wieder zu Jaiden und Nuar um. Auch Jaiden atmete schwer, doch seine Augen schienen zu leuchten. Er lächelte. Gwin hob ihr Schwert auf, welches sie während des Sturzes wohl fallengelassen hatte, und steckte es in die Hülle. Jaiden tat es ihr gleich. Sie drehte sich um und ging in den Schatten eines Baumes. Dort setzte sie sich ins Gras und lehnte sich mit dem Rücken an den Baumstamm. Für einen Moment schloss sie ihre Augen. Sie hörte Schritte. Sie blickte auf. Jaiden setzte sich neben sie. „Wo ist Darkin?“, fragte sie. „Ich weiß nicht. Vielleicht ist Aladar mit Beute zurückgekommen?“, antwortete er. Sie unterdrückte ein Gähnen. Nun erst merkte sie wie sehr der Kampf sie erschöpft hatte, ihr tat alles weh. „Na, hast du auch Muskelkater?“, fragte er fröhlich aber müde. Sie nickte und sah ihn an. „Du hast gut gekämpft“, sagte sie leise. „Du ebenso. Ich bin beeindruckt. Ich wusste nicht dass du so gut mit einem Schwert umgehen kannst“, lächelte er. Sie lächelte müde. „Du hast auch nicht schlecht gekämpft. Ich hätte nicht gedacht dass du mich besiegst“, sagte sie leise. „Ich hab mir alle Mühe gegeben und bin mir sicher dass es wohl mehr Glück als Können war“, antwortete er und lächelte.
„Wie kannst du eigentlich so gut mit einem Schwert umgehen? Ich trainiere schon seit über eine Woche“, sagte sie. Er grinste, „Tja, wenn meinem kleinen Bruder langweilig ist dann will er immer mit Holzschwertern kämpfen, mit einem Echten zu kämpfen ist nicht viel anders. Doch du bist ein anspruchsvollerer Gegner“. Sie schnaubte und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Wie kommst du eigentlich zu dem ganzen hier?“, er deutete auf die Höhle und dann auf die beiden Drachen, welche nun unter einem Baum lagen und dösten. „Lange Geschichte“, sagte sie und erzählte wie sie durch die Berge gewandert war und dann auf die sterbende Drachin Valadan gestoßen war. Sie erzählte in aller Einzelheit was der rote Drache gesagt hatte und deutete schließlich auf das Drachenmal an ihrem Hals. Jaiden schaute das Drachenzeichen fasziniert an, bevor er weiter ihrer Erzählung lauschte. Sie erzählte wie Valadan gestorben war und wie sie die Höhle gefunden hatte. Als sie schließlich zu dem Teil über die Prophezeiung kam und über das was Nuar ihr erzählt hatte schaute Jaiden sie verblüfft an. „Du sollst also eine Gruppe aus Drachen und Reitern anführen?“, fragte er. „Ja, Fünf Drachen und Fünf Reiter. Zwei Drachen und zwei Reitergefährten haben wir schonmal: Mich und Aladar, sowie dich und Darkin“, antwortete sie. „Wie wirst du die anderen finden?“, fragte er. „Frag mich was leichteres. Du bist ja quasi zufällig in die Sache hinein gestolpert“, meinte sie. „Hm, kennst du irgendwen der geeignet währe?“, fragte er und machte ein nachdenkliches Gesicht. Gwin schüttelte den Kopf. „So bei kurzem nachdenken fällt mir keiner ein“, sagte sie. „Es könnte nicht schaden jemanden mit an Bord zu haben der sich mit Technik auskennt“, sagte er. Gwin guckte ihn entgeistert an. „Du denkst doch nicht etwa an Einstein, oder?“, fragte sie. Einstein war der Spitzname eines weiteren Klassenkameraden, welcher eigentlich David Jennson hieß. Er redete meist wie ein wandelndes Lexikon, hatte ziemlich viel Ahnung von Technik und war einer der besten Freunde von Jaiden. Jaiden grinste. „Einstein als Reitergefährte eines Drachen? Lustige Vorstellung, was?“, meinte er. „Aber einen Versuch ist es wert. Meinst du er ist so verschwiegen und hält den Mund, wenn wir ihm das hier alles zeigen?“, überlegte sie. „Einstein kann schweigen wie ein Grab wenn es sein muss“, versprach Jaiden. „Hm, du hast recht, es währe eine Überlegung wert“, stimmte sie langsam zu. „Dann stellen wir ihn auf die Probe und bringen ihn her, zu den Dracheneiern?“, fragte Jaiden. Gwin nickte nach weiterer Überlegung, “Ich vertraue deinem Urteil über ihn.
Ich hoffe Einstein besitzt auch genug Nerven und dreht nicht durch wenn wir ihn mit Drachen konfrontieren“. „Ach was, unser wandelndes Lexikon wird sicher höchst fasziniert sein“, meinte Jaiden mit einem zufriedenen Grinsen. „Hör auf zu Grinsen wie eine Katze die einen Haufen Mäuse gefuttert hat, noch hat sich Einstein nicht als Reitergefährte herausgestellt“, mahnte Gwin und seufzte. Jaiden kramte sein Handy aus der Hosentasche, worauf Gwin bloß den Kopf schüttelte. „Das klappt hier oben glaub ich nicht“, sagte sie. Jaiden murmelte irgendwas unverständliches und stand auf. Er streckte Gwin die Hand hin, welche sie ergriff und sich auf die Beine helfen ließ. „Bist du sicher dass wir Einstein heute noch hier hoch bringen sollen?“, fragte er. „Wann denn sonst?“, antwortete sie lächelnd. Sie drehte sich zu Aladar und Darkin um, welche nun aus ihrem Mittagsschlaf erwacht waren und sie neugierig beobachteten. „Ihr bleibt hier. Wir kommen gleich wieder“, sagte Gwin. Die beiden Drachen blickten ihnen nach und schauten dann einander fragend an. Gwin und Jaiden wanderten durch die Berge hinab in Richtung Straße. Kaum waren sie angekommen zog Jaiden sein Handy erneut hervor. „Hey Einstein, wie geht’s, Alter?“, fragte Jaiden ins Handy. „Was verschafft mir denn die Ehre?“, erklang die gutgelaunte Stimme von David. „Würdest du mir einen Gefallen tun?“, fragte Jaiden.
„Jeden, Chef“, kam die sofortige Antwort. „Dann schwing mal deinen Hintern aus deiner Kommandozentrale, die du dein Zimmer nennst, hier her, zur Straße am Waldrand“, grinste Jaiden, “Wir warten hier auf dich“. „Wer ist ‘Wir‘ ?“,fragte David misstrauisch. „Wirst du schon sehen, beeil dich, Alter“, sagte Jaiden. Nach einer gegrummelten Zusage und Verabschiedung von David klappte Jaiden zufrieden sein Handy zu. „Nun heißt es warten“, meinte er mit zufriedener Miene. Nun hieß es Geduld haben. Gwin setzte sich auf einen großen Stein und gähnte. „Bin mal gespannt ob deine Idee hinhaut“, murmelte sie. Sie rieb sich die Stirn. Nach etwa einer halben Stunde später erklangen leise Schritte. Beide wandten sich um. „He, Einstein“, begrüßte Jaiden seinen Kumpel. David beäugte Gwin fragend und wandte sich dann mit einem spöttischen Grinsen an Jaiden. „Hab ich irgendwas nicht mitgekriegt? Du und sie?“, fragte er und kicherte. Seine blaugrauen Augen blitzen amüsiert unter dem verwuschelten blonden Haar hervor. „Klappe, Idiot. Wir wollen dir was zeigen. Aber du musst versprechen die Klappe zu halten“, sagte Gwin ernst. Mit hochgezogener Augenbraue wandte sich David an Jaiden. „Sie hat recht“, sagte Jaiden und drehte sich um. „Um was geht es denn?“, fragte der Einstein genannte, nun neugierig geworden. Zu dritt traten sie wieder in den Wald und machten sich auf den Weg in die Berge. „Du als Möchtegern-Wissenschaftler, glaubst du an Drachen?“, fragte Jaiden grinsend. Der Angesprochene beäugte ihn misstrauisch. „Was soll die blöde Frage?“ ,fragte er und schaute zwischen Jaiden und Gwin hin und her. Die beiden lächelten geheimnisvoll. Es dauerte fast eine Stunde bis sie wieder das Tal erreicht hatten. „Wo stecken denn Darkin und Aladar?“, fragte Jaiden verwirrt und schaute sich um als sie über die Wiese schritten. David „Einstein“ schaute sich verblüfft um. „Wo sind wir denn hier? Ich kann mich nicht daran erinnern an der Stelle hier auf den Karten ein Tal vorzufinden“, murmelte er. „Aladar!! Darkin!!!“, rief Gwin. Sie blieben stehen. David schaute gespannt. „Wen ruft ihr?“, fragte er. „Wirst du schon sehen“, sagte Jaiden. Jedoch waren die beiden Drachen nirgendwo in Sicht. „Na, dann eben nicht“, murmelte Jaiden. „Komm“, sagte Gwin und ging in Richtung Höhle. „Wow, wo habt ihr diese Höhle aufgetrieben? Die ist ja Wahnsinn.“, sagte David und bestaunte die hohen Wände des Höhlenganges. Jaiden beugte sich zu Gwin. „Sollen wir ihn erst einweihen oder ihn erst bei den Dracheneiern testen?“, flüsterte er. „Letzteres, wenn er keiner der Auserwählten ist dann wüsste er zuviel.“, antwortete sie ebenso leise flüsternd. Jaiden nickte verständnisvoll. Gwin übernahm nun die Führung der Dreiergruppe. Sie führte die beiden Jungs sicher durch das Gewirr aus Felsgängen.
David kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Wow, was für eine Höhle“, murmelte er und blieb stehen um seinen Kopf in einen leeren Höhlenraum zu stecken. Der Raum war kreisrund und hatte einen Durchmesser von ungefähr 5 Metern. „Wahnsinn“, sagte er und folgte schließlich seufzend Gwin und Jaiden. Ihm blieb der Mund vor Staunen offen stehen als sie die riesige Höhle in der die Dracheneier lagerten erreichten. „Diese Höhle ist ja gigantisch“, murmelte er. Gwin und Jaiden grinsten sich an. „Komm mit“, sagte Jaiden. Sie gingen durch die Höhle. Gwin blieb bei den Podesten mit den Eiern stehen. Sie machte ein feierliches Gesicht. „Was ist das?“, flüsterte David und starrte die Dracheneier mit fasziniertem Blick an. Sein Blick fiel auf ein grünes Ei, welches sanft schimmerte. „Ihr habt von Drachen gesprochen...sind das..?“, fragte er mit großen Augen. Gwin trat beiseite. Wie hypnotisiert ging David auf das grüne Ei zu. Grade als er eine Hand auf die Schale legte kam Aladar aus einem Gang gejagt, Darkin ihm dicht auf den Fersen. Aladar blieb abrupt stehen, Darkin rannte in ihn hinein und beide Drachenjungen kugelten in einem Knäuel aus Hälsen, Klauen und Flügeln vor die Füße ihrer Reiter. Gwin und Jaiden schauten sich an. Die beiden Drachen kicherten und setzten sich neben ihre Reiter. Neugierig beobachteten sie David. Dieser stand vor dem Ei und hielt beide Hände auf die Schale. Ein leises Summen und Zittern ging durch das Ei. Gwin und Jaiden sahen sich an. Anscheinend war Jaidens Vorahnung richtig gewesen. Die beiden suchten sich Sitzplätze auf in der Nähe liegenden Felsen und warteten. Wie stumme Wächter positionierten sich die beiden Jungdrachen zu beiden Seiten des Podestes des grünen Dracheneies und blickten sich neugierig zu David und Drachenei um. Es hatten inzwischen einen Riss in der Schale und das Junges im Inneren setzte sein Schlüpfen fort. Andächtig beobachteten die beiden Jungdrachen die ganze Sache. Nuar tauchte aus dem Gang auf aus dem soeben Aladar und Darkin gekommen waren. „Mir war doch so als hätte ich was gespürt, was zum....?“,murmelte das Werlicht und verharrte mitten in der Bewegung. „Leute, es schlüpft....“,Davids Stimme klang schrill. „Jetzt weißt du was wir durchgemacht haben“, brummte Jaiden und gähnte. „Ich erinnere dich nur zu gern wie nervös du bei Darkins Schlüpfen warst“, antwortete Gwin ihm. Jaidens Mundwinkel verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Alle Anwesenden zuckten merklich zusammen als mit einem grässlichen Knacken und Knirschen die Eischale zerbarst und in den Überresten ein grünes Drachenjunges saß. Darkin und Aladar konnten sich nicht beherrschen und hüpften jubelnd in der Höhle herum. Der Kopf des grünen Drachenjunges zuckte herum und seine goldenen Augen fixierten mit neugierigem Blick seine beiden älteren Artgenossen. Das Drachenjunges kicherte und reckte sich zu voller Größe. Die beiden älteren Drachen zogen die Nasen kraus und schnaubten. „Das is ja ein Mädchen!!!“, kreischte Darkin und floh in den nächsten Höhlengang. Aladar schüttelte sich und rannte Darkin nach, sein Blick war auch nicht anders. Jaiden und Gwin schauten sich an und brachen in schallendes Gelächter aus. „Herzlichen Glückwunsch, es ist ein Mädel“, prustete Jaiden und wischte sich einige Lachtränen aus den Augen. Gwin musste sich an Jaidens Schulter abstützen um nicht vor Lachen umzufallen. Davids Gesichtsausdruck war höchst verwirrt, was seine beiden Freunde nur noch mehr zum Lachen brachte. Das Drachenmädchen wandte sich David zu. Sie legte den Kopf schief und lächelte. „Ich will mir meinen Namen selbst aussuchen“, sprach das grüne Drachenmädchen plötzlich. Gwin wurde sofort wieder ernst. „Es kann ja sofort nach dem schlüpfen sprechen!“, sagte sie und ihr Blick schoss zu Nuar. Nuar schwebte näher. „Grüne Drachen sind allgemein für ihr Sprachtalent und ihre schon früh entwickelte Intelligenz bekannt“, erklärte das Werlicht, “Dafür sind sie meist aber auch extrem stolz und eigenwillig“. „Welchen Namen willst du denn?“, fragte David mit zitternder Stimme. „Nephrit!“, sagte das grüne Drachenjunges und stolzierte auf ihn zu. Sie reckte sich auf die Hinterbeine und wollte von David hochgehoben werden. Er gehorchte. „Das ist das typische ‘Mensch geht nicht mit Hund spazieren sondern Hund mit Mensch‘-Prinzip“, kicherte Gwin, “Bei den beiden wird wahrscheinlich auch ewig gezankt wer das sagen hat“. Jaiden grinste. „Das glaub ich auch, ein süßes Pärchen die beiden“, stimmte er zu. Aladar streckte plötzlich den Kopf aus dem Gang.
„Ist es weg?“, fragte er. „Das ‚Es‘ heißt Nephrit!“, zischte das Drachenmädchen und ihre goldenen Augen funkelten erbost. Der inzwischen ebenfalls aufgetauchte Darkin und Aladar schauten sich verdutzt an. „Na dann, Einstein. Herzlichen Glückwunsch zu deiner Flugeidechse“, grinste Jaiden. „Ich versteh immernoch nicht ganz was Sache ist“, sagte David. „Komm, wir gehen hier mal raus. Dann erzählen wir dir alles“, sagte Gwin und wandte sich zum gehen, Jaiden ebenfalls.
David beeilte sich ihnen zu folgen und gleichzeitig Nephrit nicht fallenzulassen.
Gwin und Jaiden traten Seite an Seite mit ihren Drachen aus der Höhle. Aladar und Darkin rannten vergnügt kreischend und quiekend über die Wiese und schienen fangen zu spielen. Der größere und ältere Aladar hatte eindeutig den Vorteil, denn er konnte schließlich fliegen und war eben größer und schneller als Darkin. Aber der kleine Drache ließ sich davon nicht beeindrucken und huschte flink durchs hohe Gras. Jaiden und Gwin beobachteten die beiden. Gwin drehte sich um. Da bemerkte sie dass David ihnen gar nicht gefolgt war. „Einstein?“, rief sie. Jaiden drehte sich nun ebenfalls um und blickte verwirrt in den Höhleneingang. Die beiden Jungdrachen unterbrachen ihr Spiel und trabten an die Seite ihrer Reiter. „Hoffentlich hat sich Einstein in der Höhle nicht verlaufen. Ich kenne auch nur einige wenige der Gänge, es gibt soviel ich weiß viel mehr“, sagte Gwin. Jaiden runzelte die Stirn und ging wortlos in die Höhle. Gwin und die beiden Jungdrachen folgten ihm. Sie wanderten durch die Höhlengänge und fanden David schließlich in der Bibliothek vor, jedenfalls schien es mit den vielen staubigen und riesigen Büchern, den antiken Bücherpulten und einigen Sesseln und dem Sofa auf dem Gwin gesessen hatte als Nuar ihr von der Prophezeiung erzählt hatte. Nun hatte David darauf platzgenommen. Nephrit hockte auf seinem Schoß und ließ sich kraulen, wobei sie ein zufriedenes Brummen von sich gab. Nuar schwebte dabei und hielt David einen Vortrag, anscheinend über Drachen. David, das wandelnde Lexikon, war so fasziniert und lauschte so gebannt den Erzählungen des Werlichts dass er gar nicht bemerkte wie Gwin und Jaiden den Raum betraten.
„...Drachenfarben sind in einem sehr weiten Spektrum gefächert. Jede Drachenart entspricht einer Farbe. Einige Drachenarten haben ihre ganz eigenen Talente und Eigenheiten. Über grüne Drachen hatte ich dir ja bereits was erzählt. Wie alt Drachen höchstens werden können ist nichts bekannt. Manche erzählen Drachen seien unsterblich, andere sagen dass sie zwar nicht unsterblich sind aber mehrere tausend Jahre leben können. Was genau stimmt weiß ich nicht. So gut wie jeder Drache der mir bekannt ist ist im Kampf gestorben“, hielt Nuar ihren Vortrag. „Heißt das dass es außer uns keine lebenden Drachen mehr gibt?“, fragte Nephrit, welche inzwischen aus ihrem Nickerchen erwacht war und Nuar mit großen Augen ansah. „Oh doch, ein paar Drachen gibt es noch. Sie leben überall die Welt verteilt, jedoch sind es wohl nicht mehr viele. Einige schlafen seit Jahrhunderten andere wiederum sind wach“, erzählte Nuar. Jaiden und Gwin gesellten sich dazu. „An was ist Valadan gestorben, wenn ich fragen darf?“, fragte Gwin und warf einen Seitenblick zu Aladar. „Sie spürte das ihre Zeit gekommen war. Einst kämpfte sie in einer Schlacht die nur als das ‚Massaker‘ bekannt ist. Eine Wunde, die nie richtig verheilte, forderte schließlich ihren grausamen Tribut“, sagte Nuar leise. Aladar gab ein Geräusch, welches wie ein Schniefen klang, von sich. Darkin lief zu ihm und stupste ihn tröstend an. Aladar kuschelte sich an Gwin, sein Blick ging ins Leere und er seufzte traurig. „Sei nicht traurig, junger Drache. Valadan wusste dass ihre Zeit gekommen war. Sie hatte keine Angst und sah ihrem Ende in der Hoffnung entgegen dass die geschlagenen Schlachten und all ihre Taten und Opfer nicht vergebens waren. All ihre Hoffnung galten der Prophezeiung, welche sich ja nun erfüllen wird, durch dich und durch euch alle hier“, sagte Nuar. „Was ist mit unseren Eltern?“, fragte Darkin dazwischen. Der kleine schwarze Drache hatte sich neben Aladar gesetzt und den Schwanz um die Klauen gelegt, wie eine Katze. Nephrit blickte neugierig auf. Dieses Thema interessierte sie auch. „Über die Herkunft der Eier aus denen ihr schlüpftet weiß ich nur wenig. Sie stammen aus vielen Teilen der Welt. Nephrits Ei stammt soviel ich weiß irgendwo aus dem Dschungel, vielleicht Brasilien oder so, sehr wahrscheinlich in einer Bergregion. Ich würde sehr auf Südamerika tippen. Bei dir ,Darkin, bin ich mir nicht so sicher. Schwarze Drachen sind selten. Manche behaupten, dass Schwarze Drachen verwandt sind mit Schattendrachen. Ob diese gewagte Behauptung stimmt weiß ich nicht. Also ich würde grob auf eine Steinwüste tippen, aber verlass dich da mal nicht. Deine Heimat könnte genau so gut irgendwo weit im Norden liegen. Vielleicht würde ich nach langem studieren dieser Bücher eine mögliche Antwort finden. Vielleicht hat Valadan ja Aufzeichnungen über die Herkünfte der Dracheneier in der Höhle. Ich weiß nur dass viele Drachen ihre Eier in Valadans Obhut gaben, weil entweder auch sie im Sterben lagen oder fürchteten verfolgt zu werden und ihren Nachkommen das Leben zu sichern“, erzählte Nuar. „Nun aber Schluss mit theoretischem Unterricht. Wir wollen ja eure Kampffähigkeiten nicht vergessen“, sagte Nuar schließlich und schien die drei Menschen anzusehen. „Eine Frage noch“, sagte David, “Wenn die Drachen möglicherweise tausend Jahre alt sind, was wird dann aus uns...?“. Nephrit gab ein leises Wimmern von sich und flüchtete sich in Davids Arme. „Ich will nicht ohne ihn sein“, piepste die sonst so selbstbewusste und stolze Drachin. Die kleine grüne Drachin krabbelte auf Davids Schultern und ringelte sich um Davids Hals. „Wirst du nicht“, sagte Nuar.
„Aber wie...“,unterbrach Jaiden sie. „Glaub mir, diese komplizierte Sache willst du am liebsten gar nicht wissen. Aber ich erzähl es am besten trotzdem, sonst kriegt ihr den Schock eures Lebens wenn ich euch irgendwann damit so überfalle. Ein magisches Ritual bzw. ein Zauber, dem ihr euch unterziehen müsst wenn es soweit ist. Es wird eure Lebensenergie mit der eurer Drachen verbinden“, sagte Nuar langsam. Bei der Stille die darauf folgte hätte man eine Stecknadel fallen hören können. „Das heißt...wir werden so gut wie unsterblich sein?“, Gwins Stimme war schrill. Sie war genau so bleich wie die Jungs. Nuar wirkte zerknirscht, „Ja“, sagte sie zögernd, „Und die Nebenwirkungen....“. „Nebenwirkungen? Du meinst dass das nicht die einzige Veränderung ist auf die wir uns gefasst machen sollten?“, fragte Jaiden und sah mit seinen weit aufgerissenen Augen aus wie ein Reh im Scheinwerferlicht. „Ja, voraussichtlich werdet ihr geringfügige Veränderungen erleben“, sagte Nuar zögernd. „Wie gering?“, fragte Jaiden resigniert. Er schaute inzwischen wie ein begossener Pudel drein. Auch Gwin und David wirkten als ständen sie über Nuars Erzählungen unter Schock. „Eure Instinkte und Reflexe werden besser. Ihr werdet eine gedankliche Verbindung zu euren Drachen aufbauen, aber eigentlich lassen sich dies was ihr erleben werdet nur schwer mit Worten erklären. Was die anderen Veränderungen betrifft....einige Veränderungen können variieren. Und ja, ihr werdet wenn euer Drache nicht sterben, also eventuell unsterblich. Ihr werdet so lang leben wie euer Drache“, wieder trat unheimliche Stille ein. Keiner redete, alle waren damit beschäftigt über die Sachen nachzudenken die Nuar ihnen gesagt hatte. Auch die Drachen wirkten ein wenig beunruhigt. Jaiden war derjenige der das Schweigen brach, „Wann, Nuar?“. „Wenn ihr soweit seid“, sagte das Werlicht. „Und wann werden wir soweit sein?“, unterbrach Gwin. „Das weiß ich nicht. Ihr werdet es wohl selbst wissen wann ihr soweit seid oder das Schicksal wird es zeigen“, sagte Nuar und schwebte aus dem Raum. Das Werlicht ließ drei ratlose Menschen und drei ebenso ratlose und verwirrte Drachen zurück.
„Hat hier noch jemand den Eindruck dass die ganze Sache hier größer ist als dass jemand wie wir damit fertig werden könnte?“, sagte Jaiden leise. „Ich weiß was du meinst“, sagte Gwin, „Jeder von uns hatte seinen eigenen Weg zu gehen. Nun sind wir Reitergefährten von Drachen, trainieren hier oben heimlich im Schwertkampf, sind Teil irgendeiner Prophezeiung und werden vermutlich unsterblich werden. Also ich fühl mich als hätte mich jemand in eiskaltes Wasser gestoßen“. „Unser Leben wird nie wieder normal sein, das ist euch doch klar oder? Wir werden vermutlich älter werden als alle die wir außer uns gegenseitig noch kennen. Die einzigen die wir haben werden sind wir“, sagte David. „Und uns“, fügte Aladar hinzu und grinste aufmunternd. Die anderen Drachen schlossen sich seiner Meinung an dass zwar eine unerwartete Wendung genommen hatte aber nichts zu befürchten war. Gwin, Jaiden und David waren sich da nicht so sicher. „Nur fürs Protokoll, ihr habt die Sache angezettelt. Ich wurd da mit reingezogen“, sagte David schließlich mit theatralischer Miene, konnte sich jedoch ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Schön dass wenigstens einer von uns gute Laune hat“, brummte Jaiden. Er stand auf und ging nach draußen. Darkin guckte ihm verwirrt nach und blickte hilfesuchend in die Runde. „Ich werd hinterher gehen“, sagte Gwin um den kleinen Drachen zu beruhigen. Gwin und David sahen sich an. In beiden Mienen lag die gleiche Besorgnis. Nicht unbedingt um Jaiden, sondern allgemein wegen der Situation. Auch ihnen beiden behagte die Vorstellung der Unsterblichkeit nicht. Gwin folgte Jaiden. Er ging über die Wiese, als er Gwins Schritte hörte blieb er stehen. Er drehte sich nicht um. Er blieb mit gesenktem Kopf stehen. „Ich kann das nicht, Gwin“, sagte er leise. Sie trat näher und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ist es wirklich so schlimm? Uns anderen behagt es auch nicht....“,sagte sie. „Du verstehst das nicht, Gwin. Ich habe Angst!“, sagte er und drehte sich zu ihr um. Er sah sie an. „Das Menschen sterben ist normal. Sie altern und irgendwann sterben sie. Die Menschen glauben sie fürchten den Tod, aber vielleicht ist es die Unsterblichkeit die sie wirklich fürchten. Alle die man kennt werden altern und sterben, und man selbst bleibt von der Zeit unberührt und wird mehrere Hunderte Jahre alt? Wie würdest du dich fühlen wenn man dir eröffnet dass du diese Bürde tragen sollst?“, sagte er und seine Miene kummervoll. Sie schwieg und sah ihn an. Schließlich lächelte sie traurig und sagte: “Aber du bist ja nicht allein“. Er lächelte und erwiderte: “Ich weiß“. „Unsterblichkeit kann ein Segen sein, doch ich sehe auch den Fluch darin“, murmelte er. „Hab keine Angst“, lächelte Gwin und legte ihre Hand, die noch immer auf seiner Schulter ruhte, nun auf seine Wange.
„Du bist nicht allein“, wiederholte sie. Er lächelte, sagte jedoch nichts. Schweigend standen sie bei einander und sahen sich an. Gwin war diejenige die das Schweigen brach. „Wir sollten zurückgehen, die anderen vermissen uns sonst noch“, sagte sie. Er nickte nur. Während sie wieder in Richtung Höhle gingen nahm er ihre Hand und lächelte zu ihr hinüber. Sie schmunzelte, sagte jedoch nichts. Sie liefen zurück zur Höhle, kurz bevor sie den Raum wo die anderen vermutlich noch warteten erreichten ließ er ihre Hand los und sagte: "Danke“. „Wofür?“, fragte sie ebenso lächelnd. „Das du mich erträgst auch wenn ich mal jammere“, sagte er nur und schob sich durch den Eingang des Höhlenraumes. Gwin schüttelte lächelnd den Kopf. Verdammt, dieser Junge könnte echt charmant sein. Ähhhh, Moment. Hab ich das grad echt gedacht?, fragte sie sich lächelnd. Die Anderen, also Nuar, David und die drei Drachen, beobachteten sie irritiert, sagten jedoch nichts. David gähnte nach einiger Zeit, welche sie schweigend dagesessen hatten und jeder sich stumm seine eigenen Gedanken gemacht hatte. Alle Gedanken kreisten wohl um die momentane Situation und Nuars Ankündigung. „Ich würde sagen dass wir uns langsam auf den Weg nachhause machen. Es wird bald dunkel, glaub ich“, sagte er schließlich. Gwin und Jaiden stimmten ihm zu. Der Tag heute war anstrengend gewesen, sowohl körperlich wegen des Schwertkampfes als auch seelisch wegen der momentanen Situation. „Was wird aus uns?“, fragte Nephrit. Es war ja ihre erste Nacht nach dem sie geschlüpft war. „Nuar und Aladar werden auf euch Kleine aufpassen“, sagte David. Darkin und Nephrit schauten sich an und seufzen, sie rollten sich auf dem Sofa zusammen. Die drei Drachenreiter standen auf und verließen die Höhle. „Was haltet ihr davon wenn wir morgen schwimmen gehen, hier ist schließlich ein See“, schlug Jaiden vor. Seine Laune schien sich etwas gebessert zu haben. „Ja, klasse Idee“ und „Jup, super Idee“, waren Davids und Gwins Antworten. Gemeinsam machten sich die drei auf den Rückweg. An der Straße, am Stadtrand angekommen verabschiedeten sich die drei von einander. Gwin ging nach Hause und gähnte. Ihre Eltern wunderten sich darüber dass sie so müde war. Gwin fiel nachdem sie gegessen hatte und sich umgezogen hatte quasi direkt ins Bett. Sie konnte kaum mehr die Augen offen halten und schlief schnell ein. Sie schlief wie ein Stein. Sie träumte nichts, jedenfalls konnte sie sich an nichts erinnern als sie am nächsten Morgen erwachte. Sie wachte kurz nach 10 Uhr auf. Wie gut dass Sommerferien waren. Sie stand auf und zog sich so leise an wie sie konnte, außerdem zog sie ihren Badeanzug drunter. Sie rannte die Treppe hinunter und begann ihre Schwimmtasche zu packen. „hab ich was vergessen?“, murmelte sie. Sie zuckte zusammen als ihr Vater aus der Küche kam. „Wohin gehst du denn so früh?“, fragte er erstaunt.
„Äh...ich geh mit ein paar Klassenkameraden schwimmen“, antwortete sie. „Achso“, sagte er und widmete sich lächelnd seinem Kaffee. Gwin lächelte ebenfalls und packte ein paar Sachen zum essen und trinken in ihre Tasche. Dann hängte sie sich den Tragriemen ihrer Tasche über die Schulter und ging zur Tür. „Willst du nicht erst frühstücken?“, rief ihr Vater ihr nach. „Hab mir was eingepackt“, rief sie zurück und rannte aus dem Haus. Sie ging zu der Straße an der sie sich gestern von den Jungs verabschiedete hatte. Jaiden wartete dort. „Wo ist Einstein?“, rief sie schon von weitem. „Er ist schonmal vorgegangen, den Rest erzähl ich dir auf dem Weg“, sagte er lächelnd. „Soll ich deine Tasche tragen?“, fragte er. „Nein, brauchst du nicht“, antwortete sie lächelnd. Er lächelte ebenfalls und beide machten sich auf den Weg. „Also, du wolltest mir erzählen was mit Einstein ist“, erinnerte sie ihn. „Ach ja. Also du wirst es nicht glauben aber er plant einen Teil seiner technischen Kommandozentrale rauf in die Höhle zu schaffen“, erzählte Jaiden. Gwin gab ein Geräusch ,eine Mischung aus Glucksen und Husten, von sich. „Genau das hab ich auch gedacht. Also, er hat was er mitnehmen wollte in Kisten gepackt, oder jedenfalls angefangen, und Aladar gebeten es von einer Stelle im Wald ,wo keiner ihn vom Dorf aus sehen könnte, die Sachen abzuholen“, fuhr er fort. Gwin blieb stehen und starrte ihn an. „Was hast du gesagt?“, sagte sie und guckte als hätte sie sich verhört. „Aladar hat inzwischen die Größe eines Ponys, also machen ihm Gewichte wie jene Kisten nichts aus“, erklärte er grinsend. „Um Himmels willen“, murmelte sie kopfschüttelnd und ging weiter. Es dauerte einige Zeit bis sie das Tal erreichten. Als sie dort ankamen, warteten die drei Drachen auf der Wiese. David war nicht zu sehen. Aladar strahlte stolz in die Runde. „Aha, da ist ja der Übeltäter“, sagte Gwin und sah ihren Drachen an. Der weiße Drache legte den Kopf schief. „War es falsch David zu helfen?“, fragte er vorsichtig. „Es ist gefährlich wenn du so nah ans Dorf heran kommst. Außerdem dachte ich nicht dass du dich an solchen Blödsinnsideen beteiligst“, sagte Gwin und versuchte ernst zu gucken. „Lasst uns zum See gehen“, sagte Jaiden. „Kommt Einstein nicht mit?“, erkundigte sich Gwin erstaunt. „Er sagte er kommt später nach“, beantwortete Nephrit seine Frage, welche mit Darkin auf Aladars Rücken hockte. „Achso, ich geh mal eben nachschauen was er da macht“, sagte sie und ging in die Höhle. Sie fand David in einem der Höhlenräume. Er steckte grade einen Metallschreibtisch zusammen. „Hey Einstein, Jaiden hat mir von deiner verrückten Idee erzählt“, sagte sie zur Begrüßung. Er blickte nur kurz auf und werkelte weiter. „Wie bist du denn auf die Idee gekommen?“, fragte sie. „Ich hab mir so Gedanken gemacht. Wenn wir jetzt ein Team sind und so dann braucht ihr auch einen fürs technische. Und hier oben währe mein Zeug näher am Ort des Geschehens“, sagte er. „Soso, soll ich dir irgendwie helfen?“, fragte sie. „Nö, bin gleich fertig“, sagte er ganz in Gedanken. Gwin seufzte und verließ wortlos wieder die Höhle. Die Wiese lag inzwischen verlassen da. Anscheinend waren Jaiden und die Drachen schon zum See gegangen. Sie legte ihre Sachen ab und packte es in die Tasche. In Badeanzug und mit einer Tasche über der Schulter marschierte sie los. Sie ging durch den Wald der den See umgab und gelangte zum Seeufer. Jaiden stand auf einem Hügel und beobachtete die Drachen, welche sich gegenseitig durchs Wasser jagten. Er trug inzwischen eine Badehose, seine Klamotten hatte er anscheinend unter einem der Bäume zurückgelassen. „Na, was machen unsere Seemonster?“, sagte Gwin und trat neben ihn. Er blickte auf. „Versuchen sich gegenseitig zu ertränken“, grinste er. „Und was ist mit Einstein? Hat er gesagt dass er den ganzen Tag da drin hocken wird?“, fügte er hinzu. „Nein, er sagte dass er gleich fertig ist“, lächelte sie und stieß Jaiden in den See. Jedoch hatte er fast damit gerechnet und ergriff während des Fallens ihren Arm. Sie schrie auf. Naja eigentlich hätte sie damit rechnen müssen. Prustend tauchte Gwin wieder auf. Jaidens Augen funkelten. Sie verzog das Gesicht. Verdammt, dieser Kerl....verwirrte sie. Er war charmant, er sah gut aus und konnte aber ein ziemlicher Esel sein! Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu und schwamm los, in Richtung andere Seite des Sees. Jaiden schaute ihr nach. Diese Herausforderung würde er sich doch nicht entgehen lassen! Er schnaubte grinsend und nahm die Verfolgung auf. Sie jagten sich gegenseitig eine Weile durchs Wasser. Schließlich wurde Gwin müde. Jaiden griff nach ihrem Arm, als er sie fast erreicht hatte. Sie wollte ausweichen doch sie war nicht schnell genug. Jaiden zog sie an sich. Sie quieckte auf und tauchte unter um ihm zu entwischen. Er grinste und sah der Silhouette ,welche unter der Wasseroberfläche davonhuschte. In der Schule hatte er Gwin eigentlich nie wirklich wahrgenommen, doch sie hatte etwas an sich das ihm gefiel.... Er schüttelte lächelnd den Kopf und beobachtete wie sie einige Meter entfernt wieder auftauchte und ihn anschaute. Er wollte grad etwas sagen als David am Seeufer erschien. Gwin und Jaiden schwammen zum Ufer und schauten sich dabei verstohlen an. „Was grinst ihr beiden als ob ihr eine Verschwörung geplant hättet?“, fragte David argwöhnisch und musterte die beiden. Beide setzten ihre besten ‚Ich weiß gar nicht was du meinst‘-Mienen auf und guckten sich an. „Na gut, dann eben nicht. Aber ich hab was zu verkünden. Kommt mal aus dem Wasser“, sagte er und trottete zu seinem Handtuch dass er auf der Wiese ausgebreitet hatte. Er setzte sich und griff in einen Korb den er anscheinend mitgebracht hatte. Mit triumphierender Miene nahm er etwas heraus und präsentierte es auf seiner flachen Hand. „Einstein, sorry dass ich so schwer von begriff bin, aber was ist das bitte?“, fragte Jaiden und guckte David fragend an. Gwin guckte neugierig. „Headsets“, verkündete David und strahlte stolz. „Hast du die gemacht?“, fragte Gwin und ihre Miene schwankte zwischen Verblüffung und Skepsis. „Na klar. Los, nun nehmt schon“, sagte er und man hätte meinen können dass er vor Stolz fast platzte. Jaiden und Gwin griffen sich jeder eines und das letzte hielt David selbst hoch. Es waren kleine und leichte Dinger, welches man am Ohr befestigte. David setzte sich das Headset zuerst auf, Jaiden folgte seinem Beispiel. Gwin schnaubte und tat es den beiden Jungs gleich. David hob die Hand ans Headset. „Es gibt drei knöpfe, sehr kleine Erhebungen am Rand. Der erste ist zum an- und abschalten, der zweite ist um eine bestimmte Person anzufunken und der dritte um auf Gruppenmodus, sodass die ganze Gruppe mit einander kommunizieren kann“, erklärte David. „Hammer, Alter“, sagte Jaiden und klopfte David auf die Schulter. David quittierte dies mit einem noch breiteren Grinsen.
„Muss man das Ding eigentlich aufladen? Batterie, oder so?“, fragte Gwin dazwischen. David winkte ab. „Batterien sind ein alter Hut. Interne Energieproduktion“, sagte er. „Klartext, David“, forderte Jaiden, seine Miene war auch sehr neugierig. „Solange ihr das Ding ausgeschaltet habt, also offline seid, nutzt es diese Ruhepause um seine Energie zu regenerieren“, verkündete er. „Witzbold, damit könntest du einen Nobelpreis gewinnen und du vertraust uns deine Spielzeuge hier an?“, fragte Gwin. „Nobelpreis? Quatsch, diese Headsets sind doch bloß Krimskrams. Habs vor Wochen schon entworfen und weiß aber irgendwie nicht wieso“, winkte David ab. „Cool“, war Jaidens Antwort und er begann sogleich das Headset auszuprobieren. Es rauschte bei Gwin. „Hi Gwin“. Gwin verdrehte die Augen. „Lass das“, sagte sie. „Wow, das funktioniert ja wirklich“, sagte Jaiden und grinste. „Klar klappt das“, sagte David und guckte Jaiden beleidigt an. Die drei lachten. Alle drei schwammen noch etwas im See. Wettschwimmen fanden die Jungs wohl besonders interessant. Irgendwann stieg Gwin aus dem Wasser, setzte sich auf ihr Handtuch und schaute Jaiden und David zu. Irgendwann wurde es den beiden auch zu langweilig und sie gesellten sich zu Gwin. „Ob Nuar uns heut auch wieder trainieren lässt?“, seufzte Jaiden und verzog das Gesicht. „Einstein bekommt noch sein Schwert“, Gwin grinste. „Schwert? Ist heut Weihnachten? Jeder kriegt heut Geschenke“, sagte David mit vergnügtem Gesichtsausdruck. „Hahaha, Einstein, sehr lustig. Du wirsts nicht mehr für Weihnachten halten wenn du dir damit deine ersten blauen Flecke einfängst und dich darüber beklagst dass Nuar so mit dir umspringt“, antwortete Gwin. Sie blickte auf als mit lautem Getöse die drei Drachen angestürmt kamen. „Iiiieh, er will mich ins Wasser schmeißen“, kreischte Darkin und flüchtete sich hinter Jaiden, welcher fast umgerannt wurde als Aladar sich Darkin schnappte und zum Wasser trug. Nephrit hüpfte hinterher und grinste. Ein paar Minuten und ewiges lautes Gekreische von Darkin später kamen Nephrit und Aladar wieder, mit einem nassen und schmollenden Darkin im Schlepptau. Nephrit und Aladar trugen ein spielerisches Kämpfchen aus, auch wenn Aladar sehr viel größer war als die kleine Drachin. Verbissen zappelte Nephrit als Aladar sie mit einer großen Klaue auf dem Boden festhielt und triumphierend grinste, wobei der weiße Jungdrache natürlich reichlich Zähne zeigte. Doch Nephrit wär ja nicht Nephrit wenn sie nicht auch in solch einer Situation gekämpft hätte wie eine Löwin. Sie fauchte Aladar an und irgendwann gelang es ihr sich aus dem Griff des weißen Drachens zu befreien. Darkin beschloss irgendwann der lachende Dritte zu sein und hüpfte einfach beiden Kämpfenden einmal auf den Kopf. Mit einem lauten „Uff“ schlug Nephrit auf dem Boden auf, sie war ja schließlich fast ebenso klein wie Darkin. Zischend rappelte sich das Drachenmädchen hoch und drohte Darkin mit angriffslustig gereckten Klauen. Die drei Menschen, die die Szenerie beobachtet hatten lachten. „Lasst uns zur Höhle gehen“, schlug David schließlich vor.
„Erst umziehen, sonst erkältet sich noch jemand“, erklang Nuars Stimme aus Richtung Höhle. „Du klingst wie meine Mutter!“, rief Jaiden zurück. „Gwin, wir sind natürlich Gentlemen und überlassen dir zum umziehen die Höhle“, sagte David. „Danke“, sagte sie lächelnd und hob ihr Handtuch, auf dem sie gesessen hatte, auf. Gwin ging gemächlich zurück zur Höhle und sammelte ihre Tasche und ihre Kleidung ein. In der Höhle zog sie sich um und griff nach ihrem Schwert, welches in einer Halterung an der Wand hing. Darunter hing auch Jaidens Schwert, weitere Halterungen darunter waren leer. Mit ihren Schwert in der rechten Hand und Jaidens Schwert in der linken wartete sie vor der Höhle auf einem Stein sitzend auf die Jungs. Als die beiden kamen warf Gwin Jaidens Klinge in die Luft, welche er zielsicher auffing. David musterte die Schwerter nun skeptisch. „Ich dachte das sei nur ein Witz“, sagte er und klagte: “Leute, ich bin hier das Technikgenie und kein verdammter schwertschwingender Krieger“. „Tja. Pech, Einstein“, grinste Jaiden. Nuar kam grade aus der Höhle geschwebt. „Gwin, Jaiden, ihr tragt wieder hier einen Kampf aus. David, du kommst mit mir“, sagte Nuar und schwebte in Richtung Wald. David warf Jaiden und Gwin einen verwirrten und leicht verunsicherten Blick zu. Schließlich seufzte er und folgte Nuar. Gwin und Jaiden blieben zurück. „Tja, dann auf zum Kampf“, sagte Gwin und ihre Augen funkelten als sie ihr Schwert zog. Jaiden grinste. „Willst du wirklich dass es so endet wie beim ersten Kampf, Süße?“, grinste er. „Nenn mich nocheinmal so und du bist einen Kopf kürzer!“, drohte sie und ihr Schwert zielte beim ersten Schlag auf seinen Kopf. Jaiden wich aus und parierte auch Gwins nächsten Schlag. Ein Schlag streifte jedoch seinen Arm und Blut sickerte aus dem hauchdünnen Schnitt. Eigentlich hätte es schmerzen müssen doch Jaiden schien nicht darauf zu achten. Er achtete eher auf jede Bewegungen seiner Gegnerin. „Wir sind ein ziemlich gutes Team“, lächelte er. „Red nicht, kämpfe!“, sagte sie und schwang ihr Schwert herum. Es zielte auf Jaidens Bein. Er kriegte ihren Arm zu fassen und wirbelte sie herum sodass sein Schwert an ihrem Hals lag. Sie spürte seinen Atem an ihrem linken Ohr. Sie knurrte und stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. Er wich einen Schritt zurück, erneut krachten die Schwerter aufeinander. Nach einem kräftigen Schlag von Gwin verlor Jaiden den halt und fiel auf den Rücken. Er griff blitzschnell nach Gwin, als diese ihm das Schwert an die Kehle setzen wollte, und warf sie über sich hinweg. Auf einen überraschten Schrei folgte das Geräusch eines unsanften Aufpralls auf dem Boden. Jaiden sprang auf, Gwin ebenfalls. Die Haare von beiden sahen zerrupft aus und Staub lag auf ihren Gesichtern und Kleidung. Gwin grinste schief. „Na, wohl doch nicht so leicht zu besiegen wie du dachtest?“, fragte sie mit Unschuldsmiene.
Jaiden grinste. „Abwarten“, sagte er abwinkend und führte eine weitere Attacke gegen Gwin aus. Sie tänzelte beinahe an ihm vorbei, duckte sich und stieß ihn zu Boden. Jedoch anstatt ihn ihrerseits anzugreifen drehte sie sich um und verschwand blitzschnell zwischen den Bäumen. Jaiden blieb nichts anderes übrig als ihr zu folgen. „Das ist gemein, Gwin“, rief er.
Es kam keine Antwort. Es knackte plötzlich hinter ihm. Er wirbelte mit hocherhobenem Schwert herum. Grade im richtigen Moment, denn Gwin hatte sich anscheinend irgendwie hinter ihn geschlichen, was ja ideal zum angreifen war. Funken flogen als die beiden Schwerter aufeinanderprallten. „Das ist gemein“, widerholte er, grinste jedoch. „Ein anspruchsloses Duell würde dich doch bloß langweilen“, erwiderte Gwin ebenfalls grinsend. Beide hielten inne als sie aus der Ferne einen Schrei hörten. Es klang ganz nach David. „Um Himmels Willen, der arme Kerl. Was stellt Nuar bloß mit ihm an?“, murmelte Jaiden. „Einigen wir uns auf unentschieden und schauen nach“, schlug Gwin vor. Wortlos nickte Jaiden und beide steckten ihre Schwerter zurück in die Hüllen, welche sie an ihren Gürteln befestigt hatten. Seite an Seite liefen sie gemächlich durch den Wald. Es dauerte ein bisschen bis sie eine kleine Lichtung im Wald erreichten.
David stand auf der Lichtung und parierte Nuars Schlag. Er wirbelte herum, duckte sich und fegte mit einer raschen Bewegung Nuars Klinge beiseite. Das Schwert segelte durch die Luft und blieb in den Boden gerammt stecken. Hätte Nuar ihr Schwert nicht schweben lassen hätte man glatt sagen können dass David ihr das Schwert quasi aus der Hand geschlagen hatte. Mit einem selbstbewussten Grinsen ,welches irgendwie so gar nicht nach David aussah, nickte er Nuar zu. „Was um Himmelwillen ist denn hier los?“, fragte Gwin. „Crashkurs, damit David mit euch mithalten kann“, sagte Nuar, “Und er schlägt sich gar nicht schlecht muss ich sagen“. David wandte sich zu ihnen um. Er grinste zufrieden und steckte sein Schwert weg. „Hi Leute, da seid ihr ja“, begrüßte er sie. „Will von euch jemand mal gegen mich kämpfen?“, fragte er grinsend. „Vorsicht, fordere niemanden heraus der mit dem Ding besser umgehen kann als du“, sagte Jaiden und sah ihn an. „Hört auf zu streiten, Jungs“, seufzte Gwin und lächelte. Oh weia, Chef dieser bunten Truppe aus Drachen und Menschen zu sein würde noch ziemlich chaotisch werden. „Wir sollten uns übrigens bald mal wieder auf den Weg machen, es wird bald Abend“, sagte sie. Jaiden und David schauten sich an und dann Gwin. „Schon so spät?“, murmelte David enttäuscht. Die drei brachten ihre Schwerter wieder in die Höhle. Draußen warteten schon Aladar, Darkin und Nephrit auf sie.
Die drei Drachen spielten, hielten jedoch inne und rannten auf ihre Reiter zu als diese die Höhle verließen. Gwin, Jaiden und David verabschiedeten sich von den Drachen und machten sich an den Heimweg. „Bis morgen“, rief Jaiden den anderen beiden zu und sie gingen nach Hause. Gwin gähnte als sie durch die Haustür trat und sich umschaute. „Da bist du ja“, sagte ihre Mutter und machte sich daran den Essenstisch vorzubereiten. „Kann es sein dass du ziemlich Müde bist? Das bist du in den letzten Tagen immer wenn du nachhause kommst“, sagte ihre Mutter und ihre Stimme klang leicht vorwurfsvoll. „Kann sein“, gähnte Gwin. Als auch Gwins Vater sich dazu gesellte aßen sie zu abend. Wie all die Abende zuvor schlief sie schnell ein. Sie erwachte früh am nächsten Morgen als irgendwas piepste. Sie fuhr hoch. Verschlafen tastete sie nach dem Ursprung, anscheinend das Headset welches sie auf ihren Nachttisch gelegt hatte. Sie fiel aus dem Bett und griff das Headset, welches auch heruntergefallen war. „WAS?!“, bellte sie ins Mikro. „Guten Morgen, wie geht’s meiner Lieblingsunsterblichen in spe?“, drang Jaidens fröhliche Stimme aus dem Headset. Gwin verzog das Gesicht. „Man, du bist echt ´ne Landplage“, knurrte sie. „Hab ich dich etwa geweckt?“, lachte er. Sie brummte nur verschlafen. „Wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden, wie?“, sagte er fröhlich. „Aus dem Bett gefallen triffts eher“, grummelte sie. Die Reaktion darauf war Jaidens Gelächter. „Ja, lach du nur“, brummte sie. „Och komm schon, Gwin. Die Sonne scheint also sei nicht so knurrig“, sagte er. „Ich bin nicht knurrig, du hast mich geweckt“, seufzte sie. „Steh auf oder ich steh gleich vor der Haustür“, drohte er fröhlich. „Wag dich das und ich ertränke dich bei nächster Gelegenheit im See“, brummte sie und gähnte. Jaiden lachte. „Einstein hat gesagt er würde schonmal vorgehen, dass wir also nicht auf ihn warten sollten. Bis gleich“, lachte er und schon war das Headset stumm. Gwin seufzte und stand auf. Sie tapte zum Bad und machte sich fertig. Immernoch etwas müde ging sie die Treppe hinunter. Sie frühstückte und verließ das Haus. Jaiden kam ihr auf der Straße grinsend entgegen. Sie stieß ihm den Zeigefinger gegen die Brust. „Du...“,grollte sie. „Ich...?“,grinste er. „...bist ein Albtraum!“, vollendete sie ihren Satz mit finsterer Miene, es war jedoch schwer für sie sich ein grinsen zu verkneifen. „Lass uns gehen“, sagte sie kopfschüttelnd.
Sie ging an ihm vorbei. Manchmal konnte sie sich nicht entscheiden ob sie ihn anlächeln oder erwürgen sollte. Sie konnte sich ein schmunzeln nicht verkneifen. Ach verdammt, Jaidens gute Laune war einfach ansteckend. „Was grinst du so?“, fragte er misstrauisch als er zu ihr hinüber blickte. „Ach nichts, du kannst nur einfach so charmant sein wenn du willst“, lächelte sie. Jaidens Augen blitzten fröhlich, doch er sagte nichts. Sie stiegen die Berge zum Tal hinauf. „Und wo ist Einstein nun?“, fragte Gwin und schaute sich um. „Ich weiß nicht, lass uns mal in der Höhle nachschauen“, sagte Jaiden und ging voraus. Gwin folgte ihm. Gemeinsam traten sie in den Höhlengang ein und blieben wie erstarrt stehen als helles Licht aufflammte. „Sag mal, träum ich?“, fragte Gwin verblüfft. Irgendjemand hatte im Gang zu beiden Seiten Lampen angebracht und da diese anscheinend auf Bewegungen reagierten war wohl David dafür verantwortlich. „Na gefällt es euch?“, fragte David als Jaiden und Gwin den Bibliotheksraum betraten. Die Drachen waren auch da. Die beiden Kleinen lagen auf dem Sofa. Der sehr viel größere Aladar lag wie ein nasser Sandsack auf dem Boden und schien zu dösen, hin und wieder zuckte seine Nase oder Schwanzspitze. Gwin lächelte liebevoll. „Einstein, du bist genial“, sagte Gwin und klopfte ihm auf die Schulter. „Ja, nicht wahr?“, grinste David. „Es nervte wenn ich dauernd in der Dunkelheit in den Fluren gestolpert bin, also musste eine Lösung her, in dem Fall die Lampen. Betrieben sind die genau so wie die Headsets und dass sie auf Bewegung reagieren habt ihr ja schon gemerkt“, sagte David stolz. „Ey, gib nicht so an“, sagte Jaiden und setzte sich neben die kleinen schlafenden Drachen. „Haste Angst dass ich vor deinem Mädchen angebe?“, Davids Augen blitzten amüsiert. „Sein Mädchen? Da hab ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden!“, sagte Gwin protestierend und verschränkte die Arme. Jaiden grinste selbstgefällig wie eine zufriedene Katze. „Hör auf zu grinsen, Mister! Grrr, ihr beide seid unmöglich!“, knurrte sie und blickte erst Jaiden und dann David finster an.
Die beiden Jungs guckten sich an und lachten. Jungs! Typisch Jungs! ,dachte sie und gab einen Laut von sich der einem Knurren gleichkam. „Ich bin niemandes Mädchen, klar? Ihr Jungs seid echt die reinste Landplage!“, sagte sie. Aladar hob schläfrig den Kopf. „Hm? Hab ich was verpasst?“, der Blick des Drachen wanderte schläfrig durch die Runde. „Aladar, wenn du Hunger hast iss bitte Jaiden und David“, bat sie mit unschuldiger Miene. „Wieso denn Jaiden?“, fragte er, “Ich dachte du magst ihn“. „Ach vergiss es“, seufzte Gwin resigniert. „Wir sollten nun endlich trainieren bevor ihr aus Langeweile noch auf Dumme Gedanken und Witze kommt!“, sagte sie nun und schaute sie beiden Jungs streng an. „Aladar, haben die anderen schon ihre ersten Flugversuche gemacht?“, fragte sie an ihren Drachen gewandt. „Nein, noch nicht. Dürfen wir zuschauen?“, antwortete Aladar. Gwin nickte. „Ok, Training“, murrten Jaiden und David. „Spielst du jetzt Nuar?“, brummte David. „So ähnlich“, sagte Gwin lächelnd. Gwin verließ grinsend den Raum. Sie ging in den Raum mit den Schwertern den sie wohl ‚Waffenkammer‘ nennen würden und griff die Schwerter. Sie traf im Gang auf Jaiden, David und die Drachen, die Kleinen waren inzwischen aufgewacht. Sie warf den Jungs die Schwerter zu. Mit einem schadenfrohen Grinsen marschierte sie aus der Höhle. Mitten auf der Wiese blieb sie stehen und drehte sich zu den anderen um. Aladar, Darkin und Nephrit nahmen am Wiesenrand platz und guckten gespannt. „Hey Jaiden, du gegen mich?“, fragte David fröhlich. „Hab ich dir nicht letztens gesagt ‚Fordere niemanden heraus der mit dem Schwert besser umgehen kann als du‘?“, sagte Jaiden. „Muss ich wohl überhört haben“, meinte David mit unschuldiger Miene. „Wie du willst, aber jammer später nicht“, grinste Jaiden. Seine Schmollerei von soeben schien schon vergessen. Davids Augen funkelten spöttisch. „Nuar hat mir ein paar Tricks gezeigt“, warnte er. „Dann zeig mal was du kannst, Alter“, sagte Jaiden und zog sein Schwert aus der Hülle. David tat es ihm gleich.
Die anfänglichen Attacken wirkten etwas zögerlich. Doch dies änderte sich schnell und spöttische Bemerkungen und blaue Flecken waren ja eh immer an der Tagesordnung. Gwin musste zugeben dass David recht gehabt hatte, Nuar hatte ihm wirklich ein paar interessante Tricks gezeigt. Doch es schien als hätte Jaiden entschlossen sich vor Gwin nicht zu blamieren. Ob dies stimmte wusste sie nicht. Funken stoben auf und das Geklirr der Schwerter erfüllte die Luft. Die drei Drachen jubelten und natürlich zankten sich Nephrit und Darkin darum wessen Reiter gewinnen würde. Gwin lächelte. Den Kampf gewann Jaiden, worauf sich Darkin vor Nephrit aufplusterte wie ein Pfau. Die beiden Drachen schienen wirklich wie Hund und Katze. „Was hab ich dir gesagt?“, sagte Jaiden fröhlich und half David auf die Beine. „Beim nächsten Mal gewinn ich“, sagte dieser grinsend. „So, jetzt könnt ihr mal kämpfen. Ich mach eine Pause und widme mich meinem Technikkram, wie ihr es so schön nennt“, sagte David und verschwand in der Höhle bevor Jaiden oder Gwin was sagen konnten. „Ist er denn immernoch nicht mit dem einrichten seiner Kommandozentrale fertig?“, fragte Gwin nachdenklich. „Kennst ihn doch, bevor der Raum nicht aussieht als könne er der CIA oder der NASA Konkurrenz machen ist er nicht zufrieden. Wahrscheinlich kriegt er es sogar hin hier am Ende der Welt Internet aufzutreiben“, winkte Jaiden ab. Gwin hob ihr Schwert, welches sie inzwischen gezogen hatte. „Wollen wir?“, fragte sie lächelnd. „Mit dem größten Vergnügen“, grinste er.
„Warum hast du eigentlich damals so empfindlich reagiert als du gesehen hast das ich dir gefolgt bin? Du weißt schon, als ich dir das erste mal hier her gefolgt bin und dieses Tal gesehen habe“, wechselte Jaiden plötzlich das Thema. Sie schaute ihn an. „Kannst du dir das nicht denken? Was meinst du was Geschehen würde wenn noch mehr Leute von Geschöpfen wie Aladar oder Darkin wüssten. Die Welt ist noch nicht bereit der Wahrheit ins Auge zu sehen dass Wesen wie Drachen existieren.“, antwortete sie ihm, während sie ihren Blick wieder Darkin und Aladar zuwandte, welche sich über die Wiese jagten. Nephrit war vermutlich David gefolgt. „Meinst du wirklich dass ich dich oder Aladar verraten hätte?“, fragte er und wirkte ein bisschen beleidigt. „Nein, aber stell dir vor wenn noch mehr Leute herkämen und die Drachen sehen...“,lächelte sie. Er lächelte ebenfalls. Da durchschnitt ein Schrei die Stille. Eindeutig von einem Menschen. Die beiden Drachen brachen ihr Spiel ab und blickten ihre Reitergefährten fragend an. Gwin und Jaiden sprangen auf. „Ihr bleibt hier!“, riefen beide wie aus einem Mund in Richtung der Drachen. War irgendwer in Gefahr? Mit ihren Schwertern in der Hand rannten sie über die Wiese und erklommen den Hang der das Tal umgab. Erneut erklang der Schrei und je näher sie kamen desto deutlicher hörten sie das tiefe bösartigklingende Brüllen. Sie stürzten aus ihrer Deckung und blieben erstmal völlig verdutzt stehen. Zwei Kreaturen, welche ein wenig an eine hässliche Mischung aus Drache und Schildkröte erinnerten, beugten sich drohend über eine menschliche Gestalt. „Scheiße, was sind das für Viecher?“, fragte Jaiden. „Keine Ahnung, aber die Dinger fallen als unnatürlich eindeutig in unsere Zuständigkeit, würd ich mal sagen“, antwortete Gwin und zog ihr Schwert. Die seltsamen Echsenwesen drehten sich herum und ihre Augen funkelten bösartig und aus ihren Mäulern drang ein zischelndes Fauchen. Geifer tropfte von ihren Zähnen, ebenso wie etwas dass wie Gift aussah. Jaiden schaute sie entsetzt an. „Hey, ihr hässlichen Dinger. Legt euch lieber mit jemandem an der euch gewachsen ist!“, schrie Gwin und stürmte auf die Viecher zu. „Bring ihn oder sie ,wer auch immer es ist, in Sicherheit!“, rief sie Jaiden noch zu bevor ihr Schwert auf den Schildkrötenpanzer des Wesens hieb. Sie wirbelte herum und parierte den Klauenschlag des zweiten Echsenwesens. Währenddessen eilte Jaiden auf den am Boden liegenden Menschen zu. „Ryan?“, fragte er verwirrt. „Jaiden? Was sind das für Viecher?“, antwortete der gleichaltrige Ryan, der in die selbe Schule wie Gwin, David und Jaiden gingen, unter Schmerzen, „Eines hat mich gebissen, verdammt!“. Er verzog voller Schmerzen das Gesicht. Jaiden brachte Ryan so gut es ging aus der Kampfzone. Kaum einen Moment später erscholl ein hohes Kreischen vom Himmel. „Hier kommt die Kavallerie!!!!“, krähte Aladar. Auf seinem Rücken krallten sich ,laut kreischend, Darkin und Nephrit fest. „Du dusselige Eidechse, ich hab doch gesagt ihr sollt bleiben wo ihr seid“, brüllte Gwin, während Aladar sich auf die eine der beiden Echsenwesen stürzte. Darkin hüpfte auf Aladars Rücken herum und verspottete die hässlichen Echsenviecher. Als die seltsamen Schildkrötendrachenkreaturen merkten dass sie keine Chance hatten zogen sie sich unter viel Gefauche und Geknurre zurück. Gwin drehte sich um und schritt zu Jaiden und der am Boden liegenden Gestalt. „Es ist Ryan, er wurde von einem der Biester gebissen!“, rief Jaiden. „Kann ich helfen?“, fragte Aladar und streckte seinen Kopf durch die Büsche. Ryan starrte mit großen Augen den Drachen an, hielt diesen vermutlich für eine Halluzination. „Frag besser nicht“, sagte Jaiden. „Nuar wird wissen was das für Kreaturen waren und wie man so einen Biss behandelt“, riet Aladar. Gwin warf ihm einen bösen Blick zu, nickte jedoch. „Jaiden, hilf mir tragen“, sagte Gwin und griff nach Ryans Armen. „Kann ich helfen?“, wiederholte Aladar. „Nein, du bringst Darkin und Nephrit schleunigst hier weg. Reicht schon dass er einen von euch gesehen hat“, knurrte Gwin. Aladar seufzte und verschwand. Gwin und Jaiden schleppten Ryan ins Tal. Ryans schwarze Haare sahen wirr und zerzaust aus und seine hellblauen Augen waren halbgeschlossen. „Nuar!“, rief Gwin als sie Ryan vor der Höhle ablegten. „Wo sind wir hier?“, fragte Ryan und zuckte zusammen als Aladar und Darkin landeten. „Schuldigung“, murmelte Aladar auf Gwins mahnenden Blick.
„Ich bring ihn zur Sitzecke, dort kann er liegen. Such du Nuar“, sagte Jaiden. Doch dies war nicht nötig. Das Werlicht kam ihnen schon entgegen geschwebt. „Was ist?“, fragte Nuar während Gwin und Jaiden den Verletzten durch den Höhlengang trugen. „Er wurde von irgendeinem merkwürdigen Viehzeug angegriffen. Die Biester sahen nicht sehr nett aus, wie eine hässliche Mischung aus Drache und Schildkröte“, erklärte Gwin und verzog das Gesicht. Nuar flackerte und sie schien aufeinmal nervös zu wirken. „Was ist los?“, fragte Jaiden sie, doch das Werlicht schwebte eilig in die Bibliothek. Gwin und Jaiden folgten ihr und betteten Ryan auf dem Sofa in der Bibliothek. Nuar ließ eilig einige Bücher herumschweben, aufklappen und wieder fortschweben. Schließlich flog eins durch die Luft und schwebte aufgeschlagen vor Gwin. Eine mittelalterliche Zeichnung zeigte Kreaturen, welche diesen seltsamen Biestern heute ziemlich ähnelten. „Die vielleicht?“, fragte Nuar. Gwin und Jaiden schauten sich die Zeichnung aufmerksam an und nickten beide, worauf Nuar laut anfing zu fluchen. „Verdammter Mist! Wir stecken schlimmer im Schlamassel als ich dachte“, sagte das Werlicht schließlich. „Was denn, Nuar?“, fragte Gwin sie, während Jaiden den bleichen Ryan betrachtete. „Ich erklär es euch später, erstmal müssen wir euren Freund hier retten. Wenn wir nichts unternehmen stirbt er!“, sagte Nuar und schien angestrengt nachzudenken. Nuar schwebte eilig durch die Höhle ließ einige Bücher zu sich schweben und huschte mal hier und mal dort hin. Sie holte eine Tonschale und ein kleines Glasfläschchen. „Jemand muss mir Wasser holen“, sagte sie. Aladar ,welcher plötzlich aufgetaucht war, riss die Tonschale an sich. „Das mach ich!“, rief er und raste, gefolgt von Nephrit und Darkin aus der Höhle. „Lass die Schale nicht fallen“, rief Gwin ihm noch nach, doch sie war sich sicher dass ihr Drache es nicht gehört hatte. Ein paar Minuten später kam die Drachenbande zurück gepoltert, Aladar trug die mit Wasser gefüllte Schale herbei. Nuar ließ die Schale zum Tisch schweben und schüttete etwas Pulver aus dem Glasfläschchen hinein. Es vermischte sich und ergab eine bräunliche Flüssigkeit, welche seltsam schimmerte. „Er muss es trinken“, sagte Nuar. Jaiden nahm vorsichtig die Schale in beide Hände und trug sie zu Ryan, welcher inzwischen noch mehr so aussah als sei er dem Tode nah, was er vermutlich auch war. Jaiden hielt Ryan die Schale an die Lippen und schließlich schaffte es der Verletzte zu schlucken. Er hustete ein paar Mal und lag dann wieder so still da wie zuvor. „Lasst ihn nun ruhen. Das Gegengift braucht Zeit um das Gift zu neutralisieren. Währenddessen werde ich euch mal erzählen was los ist, aber holt erstmal David dazu“, sagte Nuar. Nephrit war schon los gerannt um ihren Reitergefährten zu suchen. Es dauerte etwas aber schließlich tauchten sie und David wieder auf. Das Technikgenie warf einen verblüfften Blick zum reglosen und totenblassen Ryan. „Wie kommt der denn hier her?“, fragte er skeptisch und schaute Gwin und Jaiden mit hochgezogener Augenbraue an. „Setz dich, wir erzählens dir“, sagte Gwin. Die drei Reitergefährten verteilten sich auf die verbliebenen Sessel und David lauschte gespannt Jaidens und Gwins Erzählung. „So, und nun erzähl du uns bitte was du über die Sache weißt, Nuar“, wandte sich nun Gwin an das Werlicht, welches bisher schweigend zugehört hatte.
„Diese Kreaturen die ihr gesehen habt sind die Vorboten des dunklen Drachen. Die Drachen nennen sie Turai, die Menschen haben verschiedene Namen für sie doch auch sie haben das letzte Erscheinen der Turai nicht vergessen und in ihren Legenden werden die Turai als Gesandte des Bösen und Vorboten der Finsternis bezeichnet“, sagte Nuar und fuhr fort: “Wie ihr schon bemerkt habt ist ein Biss der Turai giftig, sogar noch tödlicher und schmerzhafter als so manches Schlangengift“. „Na super, das heißt wir sollen die Welt retten?“, fragte Gwin entsetzt, “Und heißt das etwa dass der Weltuntergang bald bevorsteht?“. „Naja, so ungefähr“, sagte Nuar resigniert. „Oh, na klasse. Klingt ja sehr optimistisch“, knurrte Jaiden. „Naja...‘bald‘ könnte auch ‘in ein paar Jahren‘ bedeuten‘ “,sagte Nuar zögerlich. „Und was machen wir mit ihm?“, Gwin deutete auf Ryan. „Morgen wird er wieder auf den Beinen sein“, sagte Nuar. „Morgen? Und was sagen wir seinen Eltern?“, fragte David. „Ich könnte lügen und sagen er würde bei mir übernachten“, schlug Jaiden vor. „Das würdest du machen? Für Ryan?“, fragte David zweifelnd, Gwin guckte ebenso fragend. Ryan und Jaiden konnten sich eigentlich nicht ausstehen. Sie waren quasi Gegensätze und sogar Rivalen. Beide beanspruchten den Titel ‘Chef der Klasse‘ für sich. Ryan war ein Angeber und manchmal sogar Weiberheld, für den viele Mädchen der Klasse schwärmten. Für Jaiden, David und Gwin war er ein echter Idiot. Jaiden dagegen war ein echter Anführertyp. Er stand zu seinem Wort, nahm Schwächere in Schutz und war loyal zu seinen Freunden. „Dafür würde er ewig in deiner Schuld stehen, was?“, grinste David schadenfroh, was selbst Jaiden ein Grinsen entlockte. „Stimmt ganz genau“, sagte Jaiden selbstzufrieden. „Ihr seid echt gemein“, sagte Gwin, musste aber selbst grinsen. „Nun haben wir nur noch das Problem wie wir ihm erklären was er hier gesehen hat. Er wird sicher aufwachen bevor wir wieder hier sind und wir werden nicht da sein um ihm den ganzen Schlamassel zu erklären“, Jaiden. „Mach dir darüber keine Gedanken. Er steht in deiner Schuld, er wird die Klappe halten. Und wenn ich dafür Aladar auf ihn hetzen muss!“, sagte Gwin. „Wenn du meinst...“, sagte Jaiden zögernd. „Übrigens, ich hatte letztens eine Idee...“, sagte David. „Dann raus damit, Einstein. Spann uns nicht so auf die Folter!“, sagte Jaiden neugierig. „Naja, wir sind eine Gruppe, wir sollten uns einen Namen geben“, sagte David. Jaiden und Gwin guckten ihn erstaunt an. „Hm, daran hab ich noch gar nicht gedacht. Du hast recht. Schon eine Idee?“, meinte Gwin. „Naja, ich hab so etwas herumüberlegt. Wir sind auch eine Art Kampftruppe, wie die Airforce“, sagte er, was ihm verwirrte Blicke einbrachte. „Naja, ich hatte an ‘Dragonforce‘ gedacht“, sagte er, was ihm diesmal anerkennende Blicke und Nicken einbrachte. „Stimmt, klingt cool“, sagte Jaiden. „Captain Gwin, von der Einheit Dragonforce“, fügte er kichernd hinzu, worauf Gwin ihn spielerisch auf den Rücken schlug. Er lachte nur noch mehr. Gwin verdrehte die Augen. „Dann ist ‘Dragonforce‘ wohl einstimmig angenommen, was?“, fragte sie in die Runde, wobei sie auch zu den Drachen guckte. Aladar, Darkin und Nephrit guckten sich an und nickten schließlich. „Klingt interessant“, meinte Nephrit, worauf die anderen Drachen wieder nickten.
„Dann wäre das ja geklärt. Lasst uns nachhause gehen“, sagte Gwin und gähnte. Sie stand auf und warf Jaiden einen warnenden Blick zu als er ihr die Hand auf die Schulter legen wollte. Es war nicht als Geste eines Freundes gemeint gewesen, Gwin wusste sehr wohl dass diese Geste sehr viel vertrauter gemeint war. Und dies behagte ihr nicht. Jaiden war ihr ein guter Freund geworden, aber so wie er sie manchmal anschaute...dies verwirrte Gwin. Dass aus ihr und Jaiden mehr als Freunde werden könnte kam ihr gar nicht in den Sinn. Jaiden senkte den Blick. Beide waren froh dass David nichts mitbekommen hatte. „Aladar, du hast die Aufsicht über die kleinen Echsen, Ok?“, sagte Gwin im weggehen. Aladar nickte und ließ sich schläfrig neben das Sofa fallen, auf dem sich die beiden Kleinen bequem machten. „Bis Morgen“, rief David und gemeinsam verließen sie die Höhle und machten sich auf den Heimweg. Während des Weges redeten sie kaum. Jaiden und Gwin waren zu sehr in Gedanken versunken. Wehe wenn du dich in ihn verknallst, Mädchen!, drohte sie sich selbst. Jaiden hatte ähnliche Gedanken. An der Straße verabschiedeten sie sich voneinander. Gwin trat kurz darauf durch die Haustür und blinzelte müde. Am liebsten wäre sie sofort schlafen gegangen, denn sie war furchtbar müde. Aber ihre Eltern hätten sich furchtbar gewundert. So fiel sie aber nach dem Essen quasi tot ins Bett, so fühlte sie sich jedenfalls.

Fliegen, Unsterblichkeit und andere Katastrophen


Es war strahlender Sonnenschein und es war ein wunderschöner Morgen als Gwin das Haus verließ. Sie lächelte fröhlich. Wie hätte sie auch anders gekonnt? Es war so ein schönes Wetter und es war angenehm warm. Sie streckte sich kurz und schlenderte gemächlich bis zum Treffpunkt an der Straße, wo David und Jaiden auch grade eintrafen. „Guten Morgen. Herrlich, oder?“, sagte David. „Ja, ein wunderbares Wetter“, stimmte auch Jaiden zu. „Bin gespannt wie es Ryan geht“, sagte David fröhlich. „Hm, den hatte ich ganz vergessen“, meinte Jaiden und machte ein Gesicht als habe er in eine Zitrone gebissen.
Die drei machten sich auf den Weg und erlebten eine Überraschung auf die sie wohl am liebsten verzichtet hätten. Von den Drachen oder von Ryan war nichts zu sehen, selbst das Sofa auf dem sie ihn gestern zurückgelassen hatten war leer. Sie gingen weiter und bloß um die drei Drachen zu suchen wollten sie bei der Höhle mit den Dracheneiern vorbeischauen. Der Anblick der sich ihnen bot ließ sie alle gequält aufstöhnen. „Seht ihr das was ich sehe?“, murmelte Gwin. „Ich hoffe ich sehe was anderes als du“, flüsterten David und Jaiden quasi im Chor zurück. Ryan saß auf der Stufe eines der Eipodeste und auf seinem Schoß lag zusammengerollt ein kleines blaues Drachenjunges. Gedankenverloren saß Ryan da und streichelte den kleinen blauen Drachen. Als er ihre Schritte hörte hob Ryan den Kopf. „Dann haben wir dich also für die Ewigkeit an der Backe? Toll“, knurrte Jaiden. Ryan grinste. „Darf ich vorstellen. Dies ist Raven“, sagte er und deutete auf den schlafenden blauen Drachen. Plötzlich hob das kleine Kerlchen ein Augenlid und hob dann ruckartig den Kopf. Es fiepte und sprang von Ryans Schoß. Es tapste auf Gwin zu und neigte den Kopf. „Er weiß wer du bist. Du bist der Boss hier“, grinste Jaiden und sagte an Ryan gewandt: „Ich hoffe du merkst dir wer hier das sagen hat. Momentan stehst du ganz unten in der Nahrungskette!“. „Jungs, hört auf mit dem Hahnenkampf“, ermahnte Gwin und drehte sich um als Nuar auftauchte. Sie schien den Anblick von Raven nicht besonders zu finden. „Ah, ein blauer Drache“, sagte sie nur, “wenigstens einen von diesen respektvollen und höflichen Rabauken“. „Wie meinst du das, Nuar?“, meinte David. „Naja, blaue Drachen sind für ihr Pflichtbewusstsein und ihre Loyalität bekannt. Sie sind sehr respektvoll im Umgang im allgemeinen sehr angenehme Zeitgenossen. Ich bin nur froh dass wir von diesen verrückten roten Feuerspuckern noch keinen haben“. „Aber die Drachen können doch alle Feuer speien...“,unterbrach David. „Aber die roten sind wahre Landplagen. Sie sind wie hyperaktive Vulkane. Sie können nicht stillhalten und besonders wenn sie jung sind stecken sie gern mal was in Brand und benehmen sich wie diese hypernervösen Rennpferde denen man noch irgendein Aufputschmittel gegeben hat , also total durchgeknallt“.
„Dann hätte ein roter doch viel besser zu Ryan gepasst“, knurrte Jaiden. Gwin beugte sich zu ihm hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: „Bist du etwa eifersüchtig? Wie süß“. Sie grinste. Jaiden schnaubte nur und warf Ryan einen ärgerlichen Blick zu. In jenem Moment tauchten Aladar, Darkin und Nephrit auf. Sie hatten anscheinend noch nichts von Raven mitbekommen und so umringten sie ihn alle und plapperten aufgeregt und fröhlich auf ihn ein. Der kleine Blaue guckte schüchtern in die Runde und neigte ebenso wie vor Gwin zuvor nun den Kopf vor Aladar. Aladar stupste den kleinen Blauen an und mit lautem Getöse tobten die vier Drachen durch die Höhle. Nur Nephrit guckte etwas miesepetrig drein. Vermutlich war sie enttäuscht dass sie noch immer das einzige Drachenmädchen unter diesen Verrückten war. Gwin verkniff sich ein Grinsen, denn ihr ging es quasi genau so. Sie unter den Menschen hier oben das einzige Mädchen. Naja, dafür war sie hier ja auch der Chef. Ob Ryan sich das gefallen lassen würde? „So, wenn Ryan sein Schwert gekriegt hat könnt ihr etwas trainieren, Ok? Ich werde währenddessen noch etwas in der Bibliothek recherchieren“, sagte Nuar. Nuar führte sie alle zur Waffenkammer. Dort kamen zwei Schwerter heran geschwebt. „Ryan währe wohl ein geeigneter Doppelschwert-kämpfer“, sagte Nuar. Nuar zeigte Ryan wie er die Halterungen der Schwerter befestigte. Die Schwerter wurden nicht wie die Waffen von Gwin, Jaiden und David am Gürtel getragen sondern auf den Rücken gebunden, sodass Ryan über seine Schultern greifen musste um die beiden Klingen zu ziehen. Es sah auf jedenfall interessant aus. Die vier Reiter verließen die Höhle, ihnen im Schlepptau folgten im Gänsemarsch Aladar, Darkin, Nephrit und das Schlusslicht bildete der kleine Raven. „Jaiden?“, rief Ryan herausfordernd und legte den Kopf schief. Jaiden nickte mit grimmiger Miene und folgte Ryan in den Wald, wo sie wohl ihren Kampf austragen wollten. Gwin wollte ihnen schon folgen und ihnen ihre Meinung dazu abgeben doch David hielt sie am Arm fest und schüttelte den Kopf, „Lass die beiden das unter sich ausmachen. Das ist wie bei Wölfen, sobald die Rangfolge klar ist gehts wieder. Hoffe ich jedenfalls“. „Dann hoffe ich dass du recht hast. Wieso glaubt Ryan eigentlich er könne mit ´nem Schwert umgehen? Nur weil er ein paar Jahre Fechtunterricht hatte?“, schnaubte Gwin. „Anscheinend ja, ich hoffe aber dass Jaiden ihn ordentlich in seine Schranken weist“, erwiderte David. „Naja, gut. Wir hatten auch noch nicht das Vergnügen die Klingen zu kreuzen, wollen wir also?“, sagte Gwin und griff nach ihrem Schwert.
David nickte. Sie kämpfen eine Zeit lang, doch bevor die Entscheidung fallen konnte wer gewann wurde das Schwertergeklirr und die ärgerlichen Stimmen in der Richtung in der Jaiden und Ryan verschwunden waren immer lauter. Gwin und David hielten inne. Die Drachen blickten sich neugierig um. „Oh weia, ich hoffe sie haben einander nicht zu Hackfleisch verarbeitet“, sagte Gwin und machte ein besorgtes Gesicht. Sie setzten ihren Kampf fort. Gwin wirbelte herum, durchbrach Davids Deckung und grinste schon triumphierend, als er mit einem Sprung zurücksetzte und das Schwert hochriss um sich gegen einen erneuten Schlag zu verteidigen. Er griff seinerseits an und versuchte ihr die das Schwert aus der Hand zu schlagen, wie er es bei Nuar geschafft hatte. Aber Gwin wich aus und ließ ihr Schwert wieder auf Davids treffen, wobei Funken aufstoben. David lachte, Gwin ließ sich davon anstecken. „So leicht, wie Jaiden bin ich nicht zu besiegen“, grinste er. „Wer sagt dass Jaiden ein leichter Gegner ist?“, konterte Gwin. „Weil der Kerl nur Augen für dich hat, Hahaha“, schoss David zurück, zwinkerte ihr grinsend zu und hieb nach ihrem Kopf. Sie duckte sich und sprang zurück. „Du spinnst ja“, Gwin schüttelte amüsiert den Kopf und sie sprang vor um David erneut anzugreifen. Ihre Klinge schnellte unter dem zur Verteidigung hochgerissenen Schwert hervor und mit einer kurzen Bewegung segelte Davids Klinge durch die Luft und landete scheppernd in den Büschen. David verzog das Gesicht. „Du bist gemein, Gwin“, sagte er und tat so als schmolle er. Gwin verdrehte grinsend die Augen. Die Drachen rannten auf sie zu und Nephrit schimpfte: „Zufall! David hätte genau so gut gewinnen können“. Vermutlich war dies an Aladar gerichtet gewesen, denn das junge Drachenmännchen verdrehte die Augen und seufzte genervt. Raven hockte schüchtern und schweigend hinter Darkin und beobachtete die Szenerie. Gwin lächelte. Nephrit erschien einem zwar etwas hochnäsig, vielleicht sogar zickig, jedoch sah man eindeutig dass sie ihren Reitergefährten sehr mochte und stolz war sein Drache zu sein. Mit einem Flügelschlag hing sie fast in jenem Busch ,in den Davids Schwert gefallen war, und angelte mit einer Klaue nach der Klinge. Und mit einem weiteren stob die grüne Drachin in die Luft, kreiste über ihrem Reiter und ließ das Schwert vor seine Füße fallen. Lachend schlug sie vor Übermut einen Purzelbaum in der Luft. „David, sieh mal. Ich fliege“, krähte sie vergnügt und zischte wie eine Rakete in der Luft hin und her. Darkin schmollte, „Ich will auch fliegen können! Ich bin älter als sie und diese dumme Ziege kann früher fliegen als ich!“. Gwin drehte sich um und strich dem kleinen schwarzen Drachen über den Kopf. „Dein erster Flug kommt sicher bald. Schlag mit den Flügeln und in nicht allzu langer Zeit wird es auch bei dir soweit sein“, tröstete sie ihn. „Genau, ich meine Fliegen macht nicht allein die Stärke eines Drachens aus“, kam aus hinterster Reihe, von Raven. Alle guckten den kleinen Blauen verblüfft an. So klein und schon so klug. „Stimmt!“, knurrte Darkin und holte mit einem Sprung Nephrit aus der Luft. Die grüne Drachin landete auf dem Rücken und sie zischte empört als Darkin triumphierend grinste und sie mit seinen Krallen auf dem Boden festnagelte. „Hört auf, ihr zwei“, lachte David und befreite Nephrit von Darkin. Er hob die kleine Drachin hoch und drehte sich mit ihr im Arm zu Gwin um. „Ich geh in die Höhle. Nephrit aufmuntern“, sagte er und verschwand im Eingang. Raven folgte ihnen. Darkin und Aladar blieben zurück und begannen irgendein Fangspiel zu spielen. Gwin beschloss nachzuschauen wo Jaiden und Ryan blieben, oder ob sie sich schon in Stücke geschlagen hatten. Sie ging durch den Wald und wunderte sich dass das laute Schwertergeklirre von soeben nicht mehr zu hören war, es herrschte seltsame Stille. Sie duckte sich vorsichtigerweise und schlich weiter. Sie sah die beiden Jungs auf der Lichtung einander gegenüber stehend. Ryans Haltung war nicht mehr arrogant und angeberisch, sondern respektvoll. „Ich habe verstanden, sie gehört dir“, sagte er und sah Jaiden ernst an. „Vergiss das nicht!“, sagte dieser mit einem seltsamen Unterton in der Stimme und verdeutlichte seine Aussage mit einem Schwerthieb gegen sein Gegenüber, welchen Ryan parierte und schließlich seine beiden Schwerter sinken ließ. Dies war wohl eine Sache die die Jungs betraf und sie nichts anging, beschloss Gwin, tat so als hätte sie nichts gehört und setzte ihren Weg nun normal fort. Die beiden Jungs bemerkten sie nun, schienen aber nicht gemerkt zu haben dass Gwin ihren kleinen Wortwechsel grade mitbekommen hatte. „Die Fronten sind geklärt oder stör ich im Duell?“, fragte sie und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Nein, alles in Ordnung“, sagte Ryan. Zwar wirkte sein Verhalten noch immer wie der lässige Draufgänger wie früher, doch in seinen Augen stand auch ein Ausdruck von ehrlichem Respekt und vielleicht sogar Freundlichkeit. Es schien wirklich als hätten die beiden Jungs klargemacht welcher Wolf in der Nahrungskette höher stand. Gwin lächelte. „Gut, ich geh dann zur Höhle zurück. Kommt ihr mit?“, meinte sie. „Wer zuerst da ist...“, sagte Ryan und sprintete los. Jaiden knurrte irgendwas und jagte hinterher. Gwin erinnerte sein Gesichtsausdruck eher an einen kampfbereiten Löwen. Sie lächelte und rannte hinter den beiden her. Sie wollte sich doch nicht entgehen lassen ihrerseits den Jungs klar zu machen wer hier der Boss war. Sie überholte Jaiden und lachte bei seinem verblüfftem Gesichtsausdruck. Kurz vor der Höhle hatte sie auch Ryan eingeholt und am Eingang überholte sie ihn schließlich. Sie warf mit einem triumphierenden Blick den Kopf in den Nacken und lachte leise. Gemächlich gingen sie nun durch den Höhlengang. Gwin glaubte zu wissen wo David steckte, vermutlich in der Bibliothek. Ihre Vermutung lag richtig. David hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und blätterte in einem alten Buch. Nephrit lag auf dem Boden, wo auch Darkin und Aladar platzgenommen hatten. Raven hatte sich auf Davids Füßen zusammengerollt, sprang jedoch auf als er Ryan in den Raum kommen sah. Der kleine blaue Drache sprang an seinem Reiter hoch und quieckte. Ryan nahm die kleine Echse in den Arm und trug sie zu einem Sessel hinüber, wo er platznahm und begann gedankenverloren seinen Drachen am Kopf zu streicheln. Dies schien Raven sehr zu gefallen, denn er gab ein zufriedenes Brummen von sich dass irgendwie an das Schnurren einer Katze erinnerte. David legte das Buch weg als er sah dass die anderen den Raum betraten. „Interessante Lektüre, Einstein?“, erkundigte sich Jaiden. „Sehr interessant, eine noch ausführlichere Erklärung über Drachenrassen und ihre speziellen Fähigkeiten“, antwortete er. „Kannst beim nächsten Mal ja über diesen verfluchten Unsterblichkeitszauber recherchieren“, sagte Jaiden. „Aye, Chef“, grinste David. „Unsterblichkeit?“, fragte Ryan skeptisch und blickte in die Runde. Anscheinend hatte Nuar ihm davon nichts erzählt. Na bravo, dann blieb diese nette Kleinigkeit wohl an Gwin, Jaiden und den anderen hängen. „Frag besser nicht, Alter. Dieses ganze Drachentheater haut einen ziemlich um“, sagte Jaiden mit theatralischem Seufzen. Nephrit hopste plötzlich aufs Sofa und schaute David erwartungsvoll an. „Ja, ich weiß“, sagte er zu dem Drachen und wandte sich dann an die anderen, „Nephrit hatte die Idee dass wir mal alle hier oben Übernachten“. „Zelten in den Bergen? Coole Idee“, stimmte David zu und seine Augen leuchteten. Ryan überlegte und nickte dann. Gwin lächelte. „Ich find die Idee auch gut und da ihr alle davon so begeistert seid werde ich mich der Mehrheit wohl beugen“, lächelte Gwin. „Morgen?“, schlug Aladar vor. Die anderen Drachen nickten zustimmend und guckten ihre Reiter an. Nach dem allgemeinen Gelächter stimmten alle zu und es war beschlossene Sache. „Ich hoffe ihr wisst wie man ein Zelt aufbaut. Ich bin in sowas nicht grad begabt“, gab Gwin zu. „Ach, das klappt schon. Also jeder bringt ein Zelt mit und wir können sie ja dann gemeinsam auf der Wiese aufbauen“, sagte Jaiden. Am nächsten Morgen war es etwas kühler und es hatte in der Nacht scheinbar geregnet. Gwin hatte am Abend zuvor mit ihren Eltern gesprochen und von denen auch etwas widerstrebend die Erlaubnis bekommen zu zelten. Ihre Mutter war zwar nicht begeistert gewesen, hatte jedoch zugestimmt als Gwins Vater sie beruhigt und ihr gesagt hatte dass das Wetter gut bleiben sollte. Gwin war grade dabei ihre Sachen plus Zelt zu packen als es an der Tür klingelte. „Äh...Gwin. Hier ist Besuch für dich“, die Stimme ihrer Mutter klang ziemlich verblüfft. Gwin stand auf und guckte ebenso verblüfft als Jaiden vor ihr stand. Ihre Mutter schaute sie mit hochgezogener Augenbraue an und Gwin konnte nahezu die Frage ‘Ist das dein Freund?‘ in ihrem Blick lesen. Gwin schüttelte stumm den Kopf und starrte Jaiden an. „Bist du eigentlich verrückt?“, flüsterte Gwin als er sie zurück zu ihrer Tasche, wo sie gepackt hatte, begleitete. „Nö. Ich dachte mir: Ich helf dir“, antwortete er mit einem Schulterzucken. „Bist du verrückt?!“, wiederholte sie etwas lauter und starrte ihn an. Als er bloß als Antwort grinste verdrehte sie mit einem resignierten Seufzen die Augen und fuhr fort zu packen. „Du bist echt eine Landplage, hat dir das schonmal jemand gesagt?“, knurrte sie. „Du. Schon mindestens zehn mal“, er zwinkerte ihr zu und griff nach ihrer Zelttasche. „Finger weg!“, knurrte sie und hieb ihm auf die Hand. Gwin verzog theatralisch das Gesicht als sie mit Jaiden im Schlepptau endlich das Haus verließ. Sie wusste selbst nicht wieso sie sich so aufführte. War es ihr peinlich dass ihre Mutter nun wusste dass sie auch mit Jaiden den Tag verbrachte? Vermutlich war es das. Oder etwa weil er sie Zuhause abgeholt hatte? Naja, irgendwie fand sie das ja ganz süß. Aber dies wollte sie ihm ganz sicher nicht auf die Nase binden. Verdammt nochmal, wieso hatte dieser Kerl eigentlich so einen Narren an ihr gefressen? Wenn ja war es als beste Freundin oder doch als weit mehr gemeint? Sie wusste es nicht. Sie wusste überhaupt nicht mehr was sie darüber denken sollte. Seine Nähe, sein Tun, seine Aussagen. Alles verwirrte sie. Verdammt, warum musste das nur so schwierig sein? Sie seufzte und hängte sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter. Seine Tasche hatte er an der Tür stehen gelassen als er ins Haus gekommen war, nun trottete er schweigend mit seiner Tasche in der Hand neben ihr her. Er hing wohl auch seinen eigenen Gedanken nach. Sie warf ihm im Augenwinkel einen Blick zu und betrachtete sein Profil. Konnte es wirklich sein dass sie sich in ihn verliebt hatte? Sie lächelte. Wer wusste schon was die Zukunft brachte? Jaiden brach das schweigen und erzählte ihr irgendeinen Witz. Sie lachte mit ihm und der Weg bis zur Straße wo Ryan und David warteten schien ihr irgendwie viel zu kurz. „Hey Leute“, begrüßte sie die beiden. Ryan nickte ihnen zu und David klopfte Jaiden auf den Rücken. „Hey Alter, ich hoffe du erinnerst dich noch ans Zelten letztes Jahr“, sagte er. Gwin sah Jaiden neugierig an. „Ihr habt mal zusammen gezeltet?“, die Geschichte wollte sie gern hören. „Ja, seine Eltern hatten das vorgeschlagen. Und dann, in der Ferne hat ein Bär gegrollt und das einzige um was sich Einstein Sorgen gemacht hat war sein Laptop“, lachte Jaiden. Gwin grinste. „Kommt schon, die Drachen warten“, sagte Ryan ablenkend und schnaubte amüsiert. Gwin hörte während des Weges nach oben weiter der Erzählung Jaidens zu, welche immer wieder von David unterbrochen wurde. Und nach dieser Story schloss Gwin dass ein Zeltausflug mit dieser Truppe ziemlich lustig werden dürfte. Waren die Jungs eigentlich in der Schule auch so nette, leicht verrückte, Chaoten gewesen? Gwin lächelte. Und irgendwie schien Gwin auch dieser Weg wie im Flug zu vergehen. Auf der Wiese im Tal wurden sie von Aladar, Darkin, Nephrit und Raven begrüßt. Anscheinend waren die Kleinen ganz begeistert dass ihre Reiter den ganzen Tag bleiben würden. Gwin bedauerte es etwas dass Aladar zu groß war um ihn auf den Arm zu nehmen, wie es die anderen Reiter mit ihren Drachen tun konnten. Aladar hatte die inzwischen ja die Ausmaße eines Pferdes und wenn der weiße Drache angerannt kam bebte jetzt schon die Erde. Er musste mit seiner ungestümen Art aufpassen dass er beim Anstupsen niemanden umstieß oder irgendwem blaue Flecken verpasste. Aber Gwin konnte immernoch mit ihrer Echse schmusen. Aladar ließ sich kraulen und brummte dazu zufrieden. Als das große Begrüßen beendet war brachten die vier Menschen ihre Taschen in die Höhle. Sie würden sie später holen. Während die Jungs über irgendwas diskutierten verließ Gwin die Höhle. Aladar stand auf einem Hügel und schaute zum Himmel hinauf. Die Sonne ließ die umliegenden Berge nahezu golden wirken. „Würdest du auch irgendwann mit mir mal fliegen?“, fragte Aladar als Gwin neben ihn trat. „Aber natürlich, bist du denn schon stark genug um jemanden auf deinem Rücken zu tragen?“, antwortete Gwin lächelnd und strich über einen von Aladars Flügeln. „Lass es uns ausprobieren“, sagte der Drache und wirkte aufeinmal sehr aufgeregt. Gwin lächelte. Sie tat ihm den Gefallen und kletterte auf seinen Rücken. Es fühlte sich ungewohnt und doch irgendwie vertraut an. Sie klammerte sich an eine Hornzacke vor sich und Aladar breitete die Flügel aus. Gwin verzog ein bisschen ängstlich das Gesicht. Sie hätte diese Idee lieber doch nicht ausprobieren sollen. Doch jetzt gab es kein zurück mehr. Aladar lief ein paar Schritte und schwang sich mit einem raschelnden Flügelschlag in die Luft. Gwin kreischte auf und krallte sich nur noch fester an die Hornzacke. Mit ein paar weiteren Flügelschlägen hatte Aladar an Höhe gewonnen und nun schossen sie mindestens zehn Meter überm Erdboden durch die Luft. Aladar lachte vergnügt und johlte vor Begeisterung. Gwin war kreidebleich, konnte sich aber soweit beruhigen dass sie aufhörte panisch zu schreien. Aladar hatte inzwischen begonnen über dem Tal zu kreisen, wohlgemerkt zahlreiche Meter überm sicheren Boden. Gwin wagte einen Blick nach unten. Die Jungs und die anderen Drachen kamen grade aus der Höhle gerannt und blieben wie angewurzelt stehen als sie Gwin und Aladar in schwindelerregender Höhe fliegen sahen. „Gwin, alles in Ordnung?“, in Jaidens Stimme schwang ernste Sorge mit. „Ja...und Nein!“, rief sie mit schriller Stimme zurück, „Ich habe mich grade von meiner Eidechse zu der verrücktesten Idee der Welt überreden lassen und fürchte grade um mein Leben, aber sonst geht’s mir ganz gut“. Sie verzog das Gesicht. Aladar fand es wohl an der Zeit seiner Reiterin zu zeigen was er sonst noch so alles drauf hatte und ging in einen steilen Sturzflug über, in rasanter Geschwindigkeit dem Erdboden entgegen. „Aladaaaaaar!“, Gwin kreischte erneut auf, hielt sich noch fester und hörte erst auf zu schreien als Aladar wieder in die Höhe stieg. „Wehe du tust das nochmal!“, drohte sie schwer atmend und versuchte ihre Haare zu ordnen. Gwin zitterte leicht und war immernoch kreidebleich. Sie schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Langsam entspannte sie sich und atmete tief durch. Sie lauschte dem Rauschen von Aladars Schwingen. Langsam gelang es ihr ruhiger zu werden. Noch etwas zittrig strich sie mit ihrer freien Hand über eine Stelle an Aladars Hals. Der Drache summte zufrieden. Sie lächelte zaghaft als ein Vogel an ihr vorbeischoss und sie seltsam beäugte. Langsam machte es ihr sogar Spaß, jedenfalls solange Aladar nicht grade irgendwelche Kunststücke aufführte, wie den Sturzflug soeben. „Aladar, ich glaub für den Anfang reicht‘s. Wir können ja morgen nochmal einen Flug wagen, Hm?“, sie klopfte Aladar auf den Hals und lächelte. Der junge Drache seufzte etwas missmutig, befolgte ihre Bitte jedoch und schwebte in weiten Kreisen dem Erdboden entgegen. Er landete und faltete die Flügel zusammen. Gwin atmete tief durch und kletterte vom Rücken der Echse. Sie verlor jedoch, da ihre Beine noch ziemlich zittrig waren, das Gleichgewicht. Sie fiel nach vorne und riss Jaiden, auf den sie zustolperte, um. Beide landeten auf der Wiese. „Uff“, machte Jaiden und blinzelte erstmal orientierungslos. „Sorry, Jaiden. Das wollt ich nicht...“, entschuldigte sie sich. „Nicht schlimm...“, sagte er und schaute ihr fasziniert in die Augen. Da räusperte sich jemand amüsiert. Gwin schreckte hoch und stand auf. Ihre Beine zitterten immernoch etwas, schwer zu sagen ob durch den Schreck des Fluges mit Aladar oder ihres Sturzes. Jaiden rappelte sich ebenfalls auf. Er starrte David an, welcher bloß die Augen verdrehte und grinste. „So, Kinderchen. Schluss mit dem herumalbern“, schnaubte Ryan, welcher auf einem Stein saß und Raven den Kopf streichelte. „Eifersüchtig?“, höhnte Nephrit, welche über Davids Kopf im Kreis flog. „Nepi!“, rief David mahnend und wedelte mit einer Hand nach der grünen Drachin, welche lachend davon schoss. „Nepi? Arme Nephrit. Einen besseren Spitznamen konntest du dir wohl nicht ausdenken, oder?“, wechselte Gwin das Thema. „Was haltet ihr davon dass wir heut Abend ein Lagerfeuer machen?“, fragte David in die Runde. „Nicht schlecht, okay“, nickte Jaiden. Ryan und Gwin gaben auch ihre Zustimmung. „Na dann suchen wir mal Feuerholz“, sagte Gwin und schaute zu den Drachen. „Feuermachen könnt ihr, oder?“, fragte sie nur zur Sicherheit. „Ich kann schon seit ich geschlüpft bin einen Nadelstich aus einem Kilometer Entfernung mit einem Flammenstoß treffen“, prahlte Nephrit. „Gib nicht so an, Nepi“, lächelte David. „Aber Nephrit hat recht, wir alle konnten das schon seit dem Schlüpfen. Ist halt nur nie zum Einsatz gekommen. Aber vielleicht sollten wir Zieltraining machen“, sagte Aladar. Die anderen Drachen jubelten begeistert und waren sofort Feuer und Flamme für Aladars Idee. „Okay, hier sind ja genug Felsen an denen ihr nicht viel kaputt machen und auf die ihr zielen könnt“, lächelte Gwin. „Na dann, an die Arbeit“, sagte Gwin voller Enthusiasmus. Die Drachen waren beschäftigt und sie, die Reiter, hatten auch was zu tun. Die beiden Gruppen trennten sich. Während die Drachen auf der Wiese blieben und begannen wie wild nach jedem Stein Feuer zu speien der ihnen unter die Augen kam, gingen die vier Drachenreiter in den Wald Holz sammeln. Zur Mittagszeit hatten sie inzwischen angefangen die Zelte aufzubauen. Jedenfalls taten die Jungs das. Gwin hatte zwar mithelfen wollen, doch die Jungs kannten sich da doch mehr aus und sie hatte sich bereit erklärt die Drachen zu beaufsichtigen, welche das Feuerholz aufschichteten, wobei sie allerdings ziemlichen Blödsinn machten. Sie bewarfen einander mit dem Holz und Nephrit verarbeitete kurzerhand einen Ast zu Aschestaub. Als das meiste Holz verstaut war erlaubte Gwin den Drachen spielen zu gehen. „Ich mach den Rest“, sagte sie und lächelte. Schließlich richtete sie sich auf und drehte sich zu den Zelten um. Die Jungs waren inzwischen auch gut voran gekommen und waren grade dabei das vierte und somit letzte Zelt aufzubauen. „Hey, Prinzessin. Wir sind grad fertig“, verkündete Ryan mit einem Augenzwinkern, worauf er von Jaiden einen etwas heftigen Stoß in die Seite bekam. David verdrehte bloß die Augen. Ob das Gezicke von Jaiden und Ryan wohl irgendwann aufhören würde. Gwin tat so als habe sie von alledem nichts mitgekriegt. Sie hatte grade keine Geduld sich dazu Gedanken zu machen. „So, wenn die Herren dann mal fertig sind können wir ja trainieren“, sagte sie. Die Jungs machten gequälte Gesichter, was Gwin zum Lachen brachte. „Wenigstens eine klitzekleine Pause“, bat Jaiden und schaute so treuherzig drein wie es eigentlich nur Dackel konnten. Gwin schmunzelte. „Na gut“, sie schüttelte lächelnd den Kopf. Sowohl vier Menschen als auch ihre Drachen ließen sich auf der Erde nieder. Jaiden, Gwin, Ryan und David hatten sich im Halbkreis hingesetzt und stärkten sich erstmal an leckeren Sachen die sie mitgebracht hatten. Die Vier hatten gar nicht mitgekriegt dass Aladar weggewesen war bis ein Hirschkadaver vom Himmel krachte, worauf sich die Drachen mit lautem Gejohle stürzten. „Jetzt regnets schon tote Hirsche“, sagte David kopfschüttelnd und beobachtete Nephrit welche an einem Huf zerrte. Als die vier Menschen inzwischen ihre Mahlzeit beendet hatten blickte Gwin in die Runde. „Was haltet ihr davon wenn wir heute mal in Teams kämpfen? Zwei gegen zwei“, schlug sie vor. „Wir sind ein Team!“, verkündete Jaiden blitzschnell und legte Gwin beinahe besitzergreifend eine Hand auf die linke Schulter, was ihr ein Schmunzeln entlockte. David grinste. „War ja klar. Naja von mir aus“, meinte er. Ryan nickte nur. „Ich hol die Schwerter“, sagte Jaiden, doch da kamen Aladar und die Drachen auf der Höhle. Jeder Drache trug das Schwert seines jeweiligen Reiters. „Wir müssen uns anstrengen, Ryan. Die beiden sind ja schon allein gut aber zusammen dürften sie eine ziemlich harte Nuss sein die es zu knacken gilt“, sagte David und nahm von Nephrit sein Schwert entgegen. Der arme kleine Raven mühte sich mit Ryans Waffen ab, hüpfte aber stolz als Ryan die Schwerter entgegen nahm. „Na dann viel Glück, Gentlemen“, sagte Gwin noch und ihr Blick schoss zu Jaiden. Er nickte wortlos. Es schien als würden sie sich auch ohne Worte verstehen. Ryan machte den ersten Angriff und schon war das Schlachtgetümmel mitten im Gange. Jaiden und Gwin standen Rücken an Rücken und wehrten sich gegen ihre Gegner. Momentan kämpften Jaiden und Ryan, sowie Gwin und David. Doch als hätten sie es abgesprochen wirbelten die beiden herum und standen nun dem anderen Gegner gegenüber. Gwin duckte sich unter einem Schwertstreich Ryans hinweg und trieb ihn mit einer flinken Attacke zurück. Jaiden focht währenddessen gegen David. Das übermütige Leuchten in ihren Augen war kaum zu übersehen.
„Komm schon David, die schaffen wir!“, tönte Ryan groß und Gwin hatte fast den Eindruck einen sich aufplusternden Pfau vor sich zu haben. Dieser Vergleich brachte sie zum Grinsen. „Hochmut kommt vor dem Fall“, erinnerte Jaiden ihn währenddessen und Davids Klinge erbebte unter einem erneuten Hieb. Funken stoben auf als Gwin Ryan attackierte. Nur um Haaresbreite entging er einer Verletzung. Der Kampf tobte fast noch eine halbe Stunde lang, bis Jaiden schließlich David entwaffnen konnte in dem er ihm das Schwert aus der Hand schlug. Gwin duellierte sich unterdessen immernoch verbissen mit Ryan. Da kam ihr eine Idee. Warum nicht die Umgebung mitnutzen. Während sie weiterkämpfte nahm sie im Augenwinkel ihre Umgebung in Augenschein. Als ihr Blick auf eine Felswand fiel kam ihr eine Idee. Sie wich rückwärts und lockte Ryan auf die Felswand zu. Schließlich drehte sie sich um, sprang an der Felswand hoch und stieß sich von der Wand ab. Sie wirbelte im Sprung in der Luft herum und sprang katzengleich auf Ryan zu. Dieser machte ein ersticktes Geräusch und versuchte seine Schwerter hochzureißen. Gwin schlug sie einfach beiseite und riss den verdutzten Ryan um. Über ihm hockend hielt sie ihm ihr Schwert an die Kehle. Seine Augen waren weit aufgerissen und er war sichtlich blass. Gwin grinste triumphierend und erhob sich. Ihr Blick wanderte zu David und Jaiden. Die beiden Jungs wirkten sehr beeindruckt und starrten sie ebenfalls ungläubig an. Ryan rappelte sich vom Boden auf und hustete Staub aus. „Himmel, Gwin. Wolltest du mich umbringen? Hast dich auf mich gestürzt wie eine Furie“, krächzte er hustend und las ,als er mit Husten aufgehört hatte, seine Schwerter vom Boden auf. Gwin steckte ihr Schwert weg und grinste triumphierend. Sie wandte sich zu Jaiden. Sie hatten gewonnen. Er lächelte ebenfalls. „Ich habe doch gesagt, zusammen sind wir ein gutes Team“, erinnerte er sie. Sie schmunzelte.
Die Drachen, welche in einiger Entfernung gewartet hatten wagten sich ,nun wo der Kampf vorbei war, wieder heran. Raven rannte auf Ryan zu und fiepte. „Geht es dir gut?“, der kleine Blaue beäugte seinen Reiter voller Sorge. „Ja, es geht mir gut, mein Kleiner. Keine Sorge“, sagte Ryan leise und nahm Raven auf den Arm. Er streichelte dem kleinen Drachen den Kopf und drehte sich wieder zu den anderen um. „Ich brauch ´ne Pause“, sagte er und setzte sich auf einen Stein. Mit der einen Hand grub er in seiner Tasche ,welche gegen den Stein lehnte, nach einer Flasche Wasser und mit der anderen kraulte er Raven weiter. Auch die anderen schienen einer Pause nicht abgeneigt und ließen sich ,wie in der Pause zuvor, auf der Wiese nieder.
Die paar Stunden bis der Abend hereinbrach verbrachten sie damit faul im Gras zu liegen und über Belangloses zu diskutieren und den Drachen beim spielen zuzusehen. Aladar brachte ihnen bei seiner nächsten Jagd etwas Fleisch mit, welches sie über dem Feuer zu braten gedachten. Sobald die Sonne unterzugehen begann fingen die Drachen an darüber zu streiten wer das Lagerfeuer anzünden durfte. Nephrit und Darkin zankten am meisten. Aladar schließlich meinte dass der kleine Raven es versuchen sollte. Nephrit hatte nur beleidigt die Nase gerümpft und hatte sich in einiger Entfernung zusammengerollt. Raven guckte etwas eingeschüchtert und tapste zögernd näher an das zur Feuerstelle aufgeschichtete Holz heran. Er atmete tief ein, öffnete das Maul und spie eine armlange Flamme auf den Holzstapel. Knisternd und knackend ging das Holz im Flammen auf und gab ein angenehmes Lagerfeuer ab. Alle versammelten sich um das Feuer. Sie brieten das Fleisch und lachten und schwatzten bis es vom Feuer mal abgesehen stockfinster war. Als David irgendein Kartenspiel aus seiner Tasche zog war Ryan sofort begeistert. Die beiden verkrümelten sich diskutierend und lachend in Davids Zelt, vermutlich für eine Partie Poker oder so. Gwin und Jaiden blieben schweigend zurück. Leise flackerte das Feuer. Wohin sich die Drachen verkrochen hatten wusste Gwin nicht. Allein saß sie mit Jaiden nun am Feuer. Und wieder einmal beschlich sie ein leichtes Gefühl der Unsicherheit. Sie wusste selbst nicht wieso. Ja, sie schätzte ihn als guten Freund. Doch der Zweifel ob da nicht noch mehr war verunsicherte sie. Sie hatte nie genau darüber nachgedacht was sie dachte oder empfand. Vielleicht war sie ja schon verliebt ohne es zu wissen? „Übrigens, wenn wir nicht eh jeden Tag zusammen verbringen würden hätte ich dich schon längst um ein Date gebeten“, grinste Jaiden plötzlich, als habe er ihre Gedanken gelesen. Sie glaubte sich verhört zu haben. Jaiden? Mit ihr ausgehen? Jaiden mochte sie....so richtig?
Wie in Zeitlupe streckte er eine Hand nach ihr aus und zog sie näher an sich. Gwin blinzelte und lächelte unsicher. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände sodass sie ihn anschauen musste. Jaidens Blick war ehrlich und ernst. „Ich liebe dich, Guinevere“, flüsterte er. Wie gebannt starrte sie in seine Augen. Himmel, wie hatte sie nur so blind sein können?! Nun wo sie in seine Augen blickte stieg ein seltsames Gefühl in ihr hoch. So ungewohnt und unendlich stark war dieses Gefühl. Verdammt nochmal, wie hatte sie je leugnen können was sie für ihn empfand? Sie lächelte zaghaft, was er erwiderte. Etwas wie Unsicherheit flackerte kurz in seinen Augen als er langsam den Kopf neigte und sie küsste.
Gwins Magen zog sich vor Aufregung zusammen und in ihrem Inneren tobten tausend Gefühle. Angst, Freude, Zweifel, Glück, Verwirrung....Liebe? Verdammt, dieses Gefühlschaos war so neu und verwirrend für sie.
Als Jaiden sich ein Stück zurücklehnte blinzelte sie und es kam ihr so vor als dröhne ihr Herzschlag, sodass es im ganzen Tal zu hören sei. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und legte eine Hand an die Stelle an seiner Brust an der sein Herz saß. Auch sein Herz schlug unheimlich schnell. Sie lächelte. „Ich liebe dich“, widerholte er,„Und ich werde dich selbst mit meinem Leben beschützen wenn es sein muss“. Sie wusste was er meinte. Egal wie viel Zeit noch verging, eines Tages würde es soweit sein und der Sturm würde losbrechen. Der Kampf würde verheerend sein und niemand konnte wissen was die Zukunft brachte und ob sie das lebend überstehen würden. „Sag sowas nicht, Jaid!“, sagte sie leise und mit ernster Stimme,„wir alle werden das überstehen. Und ich will nicht dass du dich eines Tages für mich opferst, hast du verstanden? Das Schicksal der gesamten Welt ist wichtiger als ein einziges Leben“. „Nicht für mich“, sagte er ebenso ernst und sah ihr in die Augen. „Aber vielleicht hat Nuar recht und wir haben noch viele Jahre Frieden, also denken wir besser nicht darüber nach“, schloss er das Thema somit ab. Sie blickte ins Feuer und seufze tief. Ein unangenehmer Windstoß erinnerte sie daran wie kalt es nachts noch werden konnte. Sie begann zu zittern. Jaiden bemerkte es und sein Blick war natürlich wieder ganz Beschützer. „Ist dir kalt?“, seine Stimme klang besorgt. Sie nickte stumm. Jaiden legte einen Arm um sie und zog sie wieder nah an sich . Sie überlegte einen Moment, dann legte sie ihren Kopf zögernd an seine Schulter.
Sie lächelten beide und schwiegen eine Zeit lang. „Gibt’s eigentlich noch mehr so verrückte Storys wie dein Zelten mit Einstein?“, fragte sie plötzlich und grinste. Er lachte leise und begann zu erzählen.
Das erste was Gwin am nächsten Morgen merkte ,noch bevor sie die Augen aufschlug, war dass es irgendwie kalt für einen Sommermorgen war. Sie verzog das Gesicht und öffnete ein Auge....und erschrak. Ihr Kopf ruhte nicht auf einem Kopfkissen und sie lag nicht in ihrem Zelt. Ihr Kopf lag an Jaidens Schulter geschmiegt. Sie beide lagen im Gras, neben der ausgebrannten Feuerstelle. Sie mussten wohl eingeschlafen sein als Jaiden ihr bis spät in die Nacht hinein lustige Storys ,über Blödsinn den er und David angestellt hatten, erzählt hatte. Sie gähnte und schüttelte verwirrt den Kopf. Schließlich blickte sie sich verstohlen um. Die anderen schienen nichts bemerkt zu haben. Alle anderen schienen irgendwie noch zu schlafen. Sie überlegte. Das Klügste wäre wohl gewesen aufzustehen und in ihr Zelt zu kriechen. Sicher würden sich die anderen darüber sehr amüsieren. Nur gut dass sie nicht auch wussten das Jaiden ihr gestern gestanden hatte...und der Kuss. Gwin fasste sich an die Stirn. „Das kann ich doch nur geträumt haben, oder?“, murmelte sie. Sie betrachtete den schlafenden Jaiden und blickte zu den Zelten hinüber. Alle schienen noch zu schlafen. Sie stand vorsichtig auf, darauf bedacht Jaiden nicht zu wecken. Gwin dachte sich dass wenn sie jetzt schon mal wach war konnte sie genau so gut etwas mit ihrem Schwert üben. Nachdem sie so aufgewacht war würde sie wohl auch kaum wieder einschlafen können. Sie schmunzelte. Gwin streckte sich und ging über die Wiese zur Höhle. In einem der Räume lagen die Drachen zusammengekuschelt. Gwin lächelte und ging in den Raum in dem die Schwerter lagerten. Sie nahm ihres von der Wand und verließ die Höhle wieder. Sie warf einen Blick zu den Zelten und der Feuerstelle. Jaiden schlief noch immer und die anderen lagen vermutlich auch noch schlummernd in ihren Zelten. Gwin wandte sich in Richtung Wald. Sie lächelte und rannte los. Sie rannte so schnell sie konnte und genoss die frische Luft dieses kühlen Morgens. Ihre Augen leuchteten. Als sie mitten im Wald auf eine Lichtung kam blieb sie stehen. Sie wartete bis sich ihr Atem sich wieder beruhigt hatte. Gwin zog ihr Schwert und nahm eine Angriffshaltung ein. Sie stellte sich ein Duo Turai vor. Sie sprang vor und hieb durch die Luft, duckte sich und wirbelte herum. So ging es eine Weile. Währenddessen versuchte sie ihre Gedanken etwas zu ordnen. Sie wollte es zwar immernoch nicht ganz zugeben aber sie hatte sich in Jaiden verliebt, das hatte sie schon als er im Tal aufgetaucht war oder als festgestanden hatte das er ebenfalls Drachenreiter war. Es waren Kleinigkeiten gewesen die sie irgendwie süß gefunden hatte. Sie dachte an ihre Neckerei am See und lächelte. Sie wich grade einem imaginären Angriff aus als sie das Knacken eines Astes hörte. Sie rammte ihr Schwert in den Boden und drehte sich um. Aladar stand vor ihr und beobachtete sie ruhig. „Du bist früh wach“, stellte der weiße Drache fest. Irgendwas an der Stimme des jungen Drachen ließ Gwin aufhorchen. Aladar klang besorgt oder bedrückt. Gwin schaute Aladar verwirrt an. „Aladar...?“, Gwin ging auf den Drachen zu und musterte ihren Drachengefährten besorgt, „Du wirst doch nicht etwa krank, oder?“. Aladar brummte irgendwas unverständliches. „Nun komm schon, Aladar. Schleich nicht wie eine Katze um den heißen Brei, spucks schon aus“, sagte sie und starrte den weißen Drachen fragend an. „Ich habe gehört was Jaiden gestern Abend zu dir gesagt hat...dass er dich liebt und so“, druckste der Drache herum. Nun fiel es Gwin wie Schuppen von den Augen. „Du bist eifersüchtig?“, sie guckte Aladar verdutzt an. „Nein!“, verteidigte sich der weiße Drache, „Nun ja...liebst du ihn auch? Magst du ihn mehr als mich?“. Gwins Gesichtsausdruck wechselte blitzschnell zu bestürzt. Aladar schien nicht eifersüchtig zu sein sondern Angst zu haben. Angst dass Gwin sich zu Gunsten von Jaiden von Aladar abwandte. „Och, mein Kleiner“, sie nahm seinen großen Kopf in ihre Arme und streichelte den weißen Drachen, „Du hast Angst dass ich dich allein lasse? Och mein lieber kleiner Aladar, dass würde ich nie machen“. Sie streichelte den weißen Drachen weiter und legte ihre Stirn an seine. „Nichts könnte uns trennen, Aladar. Ich mag Jaiden, ja, aber nichts könnte mich davon abhalten dass ich dich sehr lieb habe und du mir sehr wichtig bist. Nuar hat mir einmal gesagt dass das Band zwischen Drache und Reiter das Wichtigste im ganzen Leben eines Drachens und eines Reiters ist. Nichts und niemand kann einen Drachen und einen Reiter trennen. Du bist mir das wichtigste auf der Welt und Jaiden wird verstehen dass wenn er mich liebt sich auch mit dir arrangieren muss. Und die vierte Konstante in der Gleichung ist Darkin. Er ist mit Jaiden verbunden und hat vielleicht ebenso Angst wie du“. Aladar schmiegte seinen Kopf an sie. „So, alles wieder gut mit uns?“, sagte Gwin sanft und streichelte den weißen Drachen.
Aladar nickte. „Komm, ich weiß etwas um dich aufzumuntern“, sagte sie um Aladar auf andere Gedanken zu bringen, „Lass uns fliegen“. Wie erwartet hellte sich Aladars Miene auf. „Wirklich?“, fragte er erfreut. Gwin schien die richtigen Worte gefunden zu haben um ihn aufzumuntern. In Gwin stieg zwar wieder dieses mulmige Gefühl auf, wie jedesmal wenn sie ans Fliegen dachte, aber sie gab sich innerlich einen Ruck. Nein, ich bin eine Drachenreiterin und das fliegen muss mir in Fleisch und Blut übergehen!, dachte sie streng und holte ihr Schwert, bevor sie auf Aladars Rücken kletterte. Der weiße Drache reckte sich zu voller Größe und breitete die Schwingen aus. Gwins Haare flatterten im Wind als Aladar im Steilflug dem Himmel entgegenschoss. Gwin duckte sich nah an Aladars Rücken um den peitschenden Ästen der Bäume zu entgehen. Es kam ihr fast vor als hätte es nur einen Herzschlag gedauert bis sie durch das Blätterdach brachen und mit Aladars rauschenden Schwingen dem wolkenlosen Himmel entgegenflogen. Gwin hielt sich an einer Hornzacke vor sich fest und atmete tief durch. Sie spürte den Wind auf ihrer Haut und hörte das seltsam beruhigende Rauschen der ledrigen Schwingen Aladars. „Was denkst du?“, rief Aladar. „Es ist nicht so schlimm wie ich beim ersten Flug dachte“, rief sie schmunzelnd zurück, sie mussten lauter reden um das Rauschen des Windes und das der Flügel zu übertönen. Aladar schien sich über ihre Aussage zu freuen. Gwin lächelte und so langsam begann sie den Flug zu genießen. Sie dachte an den Sturzflug beim ersten Flug. Ihr wurde zwar ziemlich mulmig zu Mute jedoch sagte sie „Na los, zeig mir was du kannst“. „Halt dich fest“, rief Aladar. Er stieß ohrenbetäubendes Brüllen aus und legte den linken Flügel an. Der Drache kippte nach links weg und schoss in die Tiefe. Gwin kreischte. Aber vor Vergnügen. Sie wusste das Aladar sie niemals fallenlassen würde. Es brauchte etwas Überwindung, aber nun begann es ihr Spaß zu machen. Aladar breitete den Flügel wieder aus und stieg mit ein paar Flügelschlägen wieder höher. „Zieh mal dein Schwert“, meinte Aladar und er flog höher, auf einen Baum oberhalb der Felswand des Tals zu. Gwin erahnte was er wollte und tat was er gesagt hatte. Aladar schoss steil in die Höhe und rauschte an dem Baum vorbei in den Himmel. Gwins Schwert blitzte schnell auf, jedoch war der Schlag etwas unglücklich gezielt und blieb im Holz stecken. Das Schwert wurde Gwin aus der Hand gerissen. Sie verzog das Gesicht. „Mach dir nichts draus. Übung macht den Meister. Aller Anfang auf dem Rücken eines Drachens zu kämpfen ist wohl schwer, sagt jedenfalls Nuar“, sagte Aladar gutmütig und ging in einen langsamen Sinkflug am Baum vorbei, sodass Gwin ihr Schwert einsammeln konnte. „Nochmal“, knurrte sie. Aladar lachte leise, schwenkte herum und stieg wieder in die Höhe. Er raste wieder an dem Ast vorbei und mit einem Aufblitzen ihres Schwertes schlug sie den Ast ab. Mit einem leisen Rauschen fiel das Holz in die Tiefe und schlug mit einem Krachen am Boden auf. Gwin wollte sich grade zufrieden abwenden als Darkin, Nephrit und Raven angeflitzt kamen. Oder bessergesagt flogen Nephrit und Darkin, Raven hockte mit besorgter Miene auf Darkins Rücken. Da erst wurde einem der deutliche Größenunterschied zwischen den Drachen bewusst. Darkin war ,obwohl Nephrit nur wenige Stunden nach ihm geschlüpft war, etwas größer als die grüne Drachin. Ungefähr die Größe eines kleinen Ponys. Der kleine Raven wirkte immernoch zart und klein wie eine Katze. Gwin beobachtete die drei ungleichen Jungdrachen, welche kicherten und auf den Ast zusteuerten, den Gwin soeben abgeschlagen hatte. Nephrit und Darkin packten den Ast, grinsten sich verschwörerisch an und stiegen wieder in die Höhe. Jetzt erst bemerkte Gwin dass Darkin flog. Er hatte es also doch geschafft. Darüber machte sich Gwin jedoch nicht weiter Gedanken. Sie beobachtete verwirrt die drei Jungdrachen. Sie flogen in Richtung des Zeltplatzes. „Oh oh“, machte Gwin und schlug sich die Hand vor den Mund. Sie ahnte was die Drachen vorhatten. „Chaos veranstalten ist wohl eure Spezialität, was?“, sagte sie ,wobei sie allgemein junge Drachen meinte, und tätschelte Aladars Hals. Der weiße Drache schnaubte sichtlich amüsiert und kicherte in sich hinein. „Hm, wer meinst du hat diese Idee ausgefressen?“, murmelte sie kopfschüttelnd. „Raven sicher nicht, der ist zu brav dazu. Vermutlich geht dieser Blödsinn auf Nephrits Konto“, lachte er und flog etwas näher um das Schauspiel dass bald folgen würde aus der Nähe zu sehen. Nephrit und Darkin flogen mit rauschenden Schwingen auf das Lager zu, den Ast in ihren Klauen. Zielstrebig steuerten sie auf das Lager zu. Als sie darüber hinweg flogen ließen sie den Ast fallen, welcher in die Tiefe fiel und mit einem lauten Knallen im Lager auf einem Stein aufschlug. Erde wurde aufgewirbelt und allein schon der Krach hatte alle aus dem Schlaf gerissen. Jaiden sprang stolpernd auf und blickte sich orientierend um, ebenso wackelten die Zelte und Ryan und David kamen herausgestolpert. „Ein Überfall?“, rief Ryan verschlafen. Kichernd flatterten die beiden Drachen wieder in die Höhe und kreisten über dem Lager. Die Blicke der drei Jungs richteten sich auf Gwin und Aladar. „Wir haben damit nichts zu tun“, rief Gwin und machte ein ebenso unschuldiges Gesicht wie Aladar. „Bringst du mich runter, Aladar?“, bat sie und kaum hatte sie zuende gesprochen schoss der Drache in einem halsbrecherischen Sturzflug der Erde entgegen. „Sag mal, willst du uns zu Tode erschrecken?!“, knurrte Ryan mürrisch. „Da drüben sind die wahren Übeltäter“, sagte sie ,als sie von Aladars Rücken kletterte, und deutete zu Raven, Darkin und Nephrit, welche in sicherem Abstand die Szene beobachteten. Jaiden rieb sich etwas verschlafen die Augen. Gwin schmunzelte als sie zu ihm hinüber ging. „Bin ich etwa am Feuer eingepennt?“, murmelte er verschlafen. „Nicht nur du, mein Lieber“, sagte sie und musste einfach lachen. Er machte ein so herrlich verwirrtes und verschlafenes Gesicht dass sie einfach nicht anders konnte als zu lachen. Und dies war wieder einer der Momente in denen sie merkte dass sie sich in ihn verliebt hatte. Sie lächelte. „Ihr habt lange genug geschlafen, ihr Schlafmützen“, sagte sie. Ryan brummte nur und rieb sich die Augen. „Wieviel Uhr ist es eigentlich?“, murmelte David. „Halb Zehn“, sagte Gwin gutgelaunt nachdem sie einen Blick auf ihre Uhr geworfen hatte. „Frühstück?“, schlug sie schließlich vor. David und Ryan gähnten beide krochen in ihre Zelte um ihre Rucksäcke zu holen. Gwin ging währenddessen in Richtung der ausgebrannten Feuerstelle. Als Jaiden ihre Hand nahm blickte sie ihn an und lächelte. „Ich habe über das nachgedacht, was du gestern gesagt hast. Und mir gehts auch so“, sagte sie mit zaghaftem Lächeln, was er erwiderte. „Aber ich brauchte wohl noch etwas Zeit, um das selbst zu kapieren“, fügte sie hinzu. Jaidens Augen leuchteten vor Freude. Er wollte grade was erwidern , doch Ryan und David krochen fast wie auf Kommando wieder aus den Zelten. Gwin und Jaiden wirbelten zusammenzuckend herum. Beide starrten die beiden ungläubig an. „Ups, wie viel habt ihr mitgekriegt?“, fragte Gwin zerknirscht und lehnte sich mit dem Rücken an Jaiden. „Jedes Wort“, sagte David und versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen. Ryan summte irgendeine Melodie die verdächtig nach einer Hochzeitsmelodie klang. „Spaß beiseite, ich hab Hunger“, sagte Gwin und versuchte möglichst würdevoll und ohne die beiden anderen weiter zu beachten zur Sitzstelle an der ausgebrannten Feuerstelle zu gehen. David lachte leise und Ryan grinste nur.
Sie setzten sich um die Feuerstelle herum und holten ihr Frühstück ,welches sie sich gestern mitgebracht hatten, hervor. Während des Essens wurde gelacht und herumgealbert. Natürlich war Davids und Ryans Lieblingstratschthema Gwin und Jaiden. „Sind diese verrückten Drachen mit ihrer Weckaktion nicht ein interessanteres Thema?“, fragte Gwin resigniert. „Nein!“, antworteten Ryan und David lachend im Chor. Jaiden beugte sich zu ihr herüber und flüsterte: „Ob sie je über dieses Thema hinwegkommen?“. „Das glaubst du doch wohl selber nicht, oder?“, fragte sie und verzog lächelnd das Gesicht, „Übrigens, Aladar war ein bisschen eifersüchtig“. Jaiden starrte sie ungläubig an. „Aladar? Eifersüchtig? Auf mich?“. „Seh ich noch einen süßen Kerl, dessen Eidechse keinerlei Manieren hat?“, sagte sie grinsend, „Ja, er war eifersüchtig. Aber ich konnte es ihm ausreden. Naja, nicht direkt Eifersucht sondern eher Angst dass ich ihn deinetwegen allein lasse“. „Hast du grad ‚Süß‘ gesagt?“, er sah aus als platze er gleich vor Stolz. Doch er wurde ebenso schnell wieder ernst. „Aber aus welchem Grund denn diese Angst? Dies mit den Drachen hier ist unser Leben, unsere Bestimmung“, fragte Jaiden, „Außerdem, wir können doch zusammensein und dieses Leben mit unseren Drachen führen. Das eine schließt das andere nicht aus“. Gwin lächelte. Er verstand sie und dachte ebenso wie sie. „Du solltest vielleicht aber trotzdem mit Darkin reden, damit er nicht auch auf die selben Gedanken wie Aladar kommt“, sagte sie. Jaiden nickte zustimmend. Als sie nach dem Frühstück noch beieinander saßen fragte Ryan in die Runde, „Und was machen wir heute?“. „Mal schauen. Trainieren, vielleicht?“, warf Gwin ein. „Hat wer Schwimmzeug dabei? Ich schon“, schlug David vor. „Ich auch. Dann, Vormittag Schwerttraining und Nachmittag Schwimmen?“, stimmte Gwin zu und schaute in die Runde. Ryan und Jaiden meinten dass sie auch ihre Schwimmsachen mit hätten und stimmten der Idee ebenfalls zu, so war es beschlossene Sache. Sie quatschten noch eine Weile bevor sie zur Höhle gingen. Die Drachen folgten ihnen schwatzend. Deren Gesprächsthema war ihr Streich heute Morgen. Da Gwin schon ihr Schwert bei sich hatte begleitete sie bloß die Jungs zum ‘Waffenkammer‘ genannten Raum. Als sie sich wieder auf den Weg nach draußen machten tauchte Nuar auf. „Ich habe von Aladar gehört dass ihr inzwischen schon Flüge miteinander macht. Das ist gut, Drache und Reiter müssen sich auf einander einstimmen und sogar in der Schlacht wie eine Einheit agieren. Ein bisschen Training würde euch guttun“, sagte das Werlicht. Bevor Gwin was darauf erwidern konnte erhob Nuar erneut das Wort: „Und was unsere beiden Spaßvögel angeht...“, sie meinte wohl Darkin und Nephrit, „... ihnen könnte etwas Disziplin nicht schaden. Ich schätze dass wir es mal mit Formationsflug versuchen“. Das Werlicht schwebte in Richtung Höhlenausgang. Die Drachen warfen einander alarmierte Blicke zu. „Tja, Jungs. Dann wird wohl nichts aus Training. Jedenfalls nicht für mich. Sorry“, sagte sie. „Nicht schlimm, ein ‘Jeder-gegen-Jeden‘-Kampf dürfte interessant werden“, winkte Ryan ab und als sie die Höhle verließen zogen die Jungs in Richtung Wald ab, die große Wiese überließen sie Gwin, Nuar und den Drachen. „So, die ersten Flüge seid ihr ohne Sattel geflogen, oder? Tja, bei gefährlicheren Manövern kann das ziemlich riskant werden“, sagte Nuar und währenddessen schwebte aus der Höhle etwas das entfernt an einen Sattel erinnerte und fiel neben dem argwöhnisch dreinblickenden Aladar zu Boden. Gwin guckte verwirrt. So viele Riemen, wie sollte man denn da beim anlegen den Überblick behalten. Unter Nuars Anleitung legte sie den Sattel auf Aladars Rücken und stellte alle Riemen ein. Unterm Bauch verliefen zwei stabile Lederriemen und einer um den Hals. Der Sattel passte wie angegossen. „Schüttel dich mal, Aladar“, wies Nuar ihn an. Der weiße Drache guckte verdutzt, kam der Bitte jedoch nach und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Der Sattel saß wie festgeklebt auf seinem Platz. „Scheuert er irgendwo?“, fragte Nuar schließlich und als Aladar verneinte war das Werlicht zufrieden, „Gut, ich wollte nur sichergehen dass der Sattel bei ruckartiger Bewegung nicht scheuert, rutscht oder sich gar löst“. Da nun alles bereit war wies Nuar Gwin an aufzusteigen. Gwin kletterte wie gewohnt auf Aladars Rücken und setzte nun ihre Füße in die steigbügelartigen Schlaufen. Sie hielt sich an einem Riemen vor sich fest, welcher wohl auch so gedacht war dass sich der Reiter dort festhielt. „Gut, dann fliegt mal los!“, sagte Nuar. Aladar richtete sich zu voller Größe auf, breitete seine Schwingen aus und schwang sich in die Luft. Darkin und Nephrit erhoben sich ebenfalls dem Himmel entgegen. Aber es wirkte etwas chaotisch, wie die drei Drachen umeinander herum flatterten. „Standardformation. Ihr wisst doch, die V-Formationen bei Zugvögeln. Einer vorne und die beiden anderen jeweils an der linken und rechten Flanke“, erklärte Nuar. Aladar nahm den Platz an der Spitze ein, Darkin bugsierte sich rechts hinter ihn und Nephrit links. Sie kreisten über dem Tal und hatten erstmal etwas Probleme damit sich auf das Tempo der jeweils anderen einzustimmen. Es dauerte etwas, doch schließlich konnte man es als einigermaßen elegante Formation bezeichnen. Beinahe lautlos glitten die drei Drachen durch die Luft. „So, klappt doch schonmal ganz gut“, drang Nuars Stimme zu ihnen herauf, „Versuchts mal mit einem Sturzflug“. Aladar wandte seinen Kopf und blickte die anderen an. Sie nickten gleichzeitig. Aladar ebenfalls und ein Ruck ging durch den weißen Drachenkörper. Aladar schoss in die Tiefe. Die anderen Drachen folgten ihm. Kurz vor dem Erdboden breitete Aladar seine riesigen schneeweißen Schwingen aus. Etwas unsanft wurde der Fall gestoppt. Darkin tat es ihm gleich, nur Nephrit war etwas unaufmerksam und reagierte zu langsam. Die grüne Drachin kreischte auf und rammte Aladar. Der weiße Drache schlingerte bedenklich, schabte mit seinen Krallen über den Boden und konnte sich mit einem kräftigen Flügelschlag aus der misslichen Lage wieder befreien und seinen Flug stabilisieren bevor er wieder in den Himmel aufstieg. Nephrit gelang es mit ein paar Flügelschlägen ebenfalls ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Niemand hatte sich verletzt, nur Nephrits Stolz war etwas angeknackst. Darkin lachte amüsiert. Nephrit zischte und ihre Augen verengten sich ärgerlich. „Lasst das! Wir haben wichtigeres zu tun!“, sagte Aladar und unterband so dass Nephrit Darkin im Flug an die Gurgel ging. Es währe nicht grad gut gewesen wenn sich die beiden jungen Drachen angefangen hätten zu prügeln. „Ganze Formation weitermachen!“, kommandierte Gwin. „Ich hätte es nicht besser sagen können“, lobte Nuar schnaubend, „Also hört auf mit dem Gezanke, ihr beiden!“. Nach etwas Gezische regte sich Nephrit wieder ab und die drei Drachen reihten sich wieder in die Formation ein. „Das mit dem Sturzflug üben wir aber nochmal. Dieser dämliche Drachenälteste und seine Turai werden sich sonst kaputtlachen“, sagte Gwin. „Gute Einstellung, ich seh schon. Ich muss euch nicht beaufsichtigen. Du hast ja alles unter Kontrolle, Gwin“, meinte Nuar. Sie schaute noch eine Weile zu und verabschiedete sich dann wieder in die Höhle. „So, und nun strengt euch mal etwas an“, sagte Gwin. Nephrit und Darkin murrten. „Wieso? Das macht keinen Spaß“, maulte Darkin. Nephrit stimmte ihm zu. „Sagt mal, wo ist denn euer Ehrgeiz geblieben? Stellt euch vor wir stürzen uns in eine Schlacht“, versuchte Gwin die beiden Jungdrachen zu motivieren. „Habt ihr Menschen sowas Doofes auch?“, gähnte Nephrit. „Ja. Außerdem, man misst einen Trupp nicht nur daran wie stark sie sind sondern auch wie diszipliniert diese Truppe sind. Zwar ist das beim Militär Standard, jedoch hat die Elite noch weit mehr drauf. Aber ich will jetzt keine Unterrichtsstunde übers menschliche Militär halten“, lächelte Gwin. An diesem Glanz in Nephrits Augen erkannte sie dass sie einen Nerv getroffen hatte. Die Elite sein. Die grüne Drachin war nicht nur sehr intelligent, sie war auch unheimlich ehrgeizig. Sie schien auch Darkin überzeugt zu haben. Wenn es darum ging Nephrit eins auszuwischen oder besser zu sein als sie dann hatte auch er ziemlichen Ehrgeiz. „Aber denkt dran, es ist kein Wettbewerb zwischen einander, wir sind ein Team!“, mahnte sie lächelnd und klopfte Aladar auf die Schulter. „Los, mein Großer“, rief sie. Der weiße Drache schnaubte zustimmend und legte sich auf die Seite. Er flog einen großen Kreis. Die beiden jungen Drachen folgten ihm mühelos. Dann, katapultierte sich Aladar mit einem kräftigen Flügelschlag in die Tiefe. Nephrit und Darkin folgten ihnen ohne zögern und breiteten im selben Moment elegant ihre Schwingen wieder aus wie Aladar. Dieses Mal hatte der Sturzflug super geklappt. Sie stiegen wieder in die Höhe und flogen erneut einen weiten Kreis. Gwin klopfte Aladar erneut auf die Schulter. Eine Art Zeichen, dass sie ihm etwas sagen wollte oder eine Anweisung bzw. Bitte hatte. „Lass uns mal zum Wald fliegen, wenn wir nur überm Tal fliegen wird es den beiden dahinten irgendwann langweilig und sie fangen dann irgendwann wieder an zu quengeln“, sagte sie. Aladar nickte, schlug ein paar Mal mit den Flügeln und nahm Kurs auf den Wald.
Eine Windböe zerzauste Gwins Haare als sie auf den Wald zuflogen. Sie kreisten ein paar Mal über dem Wald. Schwerterklirren zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Gwin beugte sich vor und warf einen neugierigen Blick in die Tiefe. Dort unten duellierten sich die drei Jungs. Sie lächelte und beobachtete sie weiter. Jaiden schlug sich ziemlich gut. Er war ein ebenso guter Kämpfer wie sie, ihr ebenbürtig und er würde ihr selbst im aussichtslosesten Kampf beistehen. Natürlich würden das auch die anderen, doch bei Jaiden war das was anderes. „Grübelst du wieder über Jaiden?“, neckte Aladar, welcher kurz den Kopf umgewandt hatte um sie anzusehen. Die klugen Augen des weißen Drachens waren unverwandt auf sie gerichtet als er sie ansah. „Guck nach vorne, Aladar“, sagte sie grinsend. Sie hatten noch nicht diese geistige Verbindung welche die Unsterblichkeitszeremonie schaffen würde, doch kannte Aladar fast immer ihre Gedanken wenn er sie nur ansah. Aladar veränderte seine Flügelhaltung und stand nun in der Luft auf der Stelle. „Wow, ich wusste gar nicht dass du das kannst“, staunte Gwin. „Es ist sehr praktisch beim Feuerspeien“, erzählte Aladar stolz. „Mir kommt grade eine Idee“, sagte Gwin, beugte sich vor und flüsterte Aladar zu: „Sturzflug, wir wollen die Jungs ein bisschen erschrecken und vielleicht die beiden Schlafmützen hinter uns aufwecken“. Sie flüsterte damit Darkin und Nephrit es nicht mitbekamen. Sie wollte einfach mal die Reaktion der beiden Jungdrachen testen. Trotzdem würden die beiden sicher ihren Spaß haben. Aladar lachte grollend und stürzte sich in die Tiefe. Er ließ ein kräftiges Brüllen erschallen und hielt Kurs auf die drei Jungs, während er in die Tiefe schoss. „Hahaaaa“, machte Gwin begeistert und lachte. Das Gelächter hinter ihr ließ sie darauf schließen dass Darkin und Nephrit ihnen folgten und ihr Manöver erraten hatten. Gwin hielt ihren Blick weiterhin auf den Erdboden gerichtet. Aladars Gebrüll hatte die Aufmerksamkeit von Ryan, David und Jaiden auf die kleine Formation gelenkt. Die Drei standen reglos da und starrten in den Himmel, aus dem drei Drachen wie Kometen auf sie zu rasten.
Kurz vor dem Erdboden und den Jungs breiteten die drei Echsen ihre Schwingen aus und elegant setzte die kleine Formation auf dem Erdboden auf. Gwin lächelte, „Gute Landung, allerseits. Training ist beendet“. „Aye, Captain“, sagte Nephrit und gähnte. Darkin setzte sich auf sein Hinterteil und begann sich zu putzen.
Gwin kletterte von Aladars Rücken und wandte sich zu David, Jaiden und Ryan. "Was sollte denn das?", knurrte Ryan ärgerlich. "Ach, hab dich nicht so", sagte Jaiden und begrüßte Gwin, in dem er seine Arme um sie legte und sie an sich zog. Sie lächelte und küsste ihn. David grinste und Ryan verdrehte die Augen. Die Drachen kicherten. "Man, ihr nervt!", sagte Ryan. "Etwa eifersüchtig, Ryan?", neckte Gwin und lehnte sich an Jaiden. Wieso hatte sie sich so lange gegen die Gefühle für Jaiden gesträubt? Ryan schnaubte nur. "Ich erinnere dich ja nur ungern daran dass wir eigentlich Kämpfen wollten, Jaiden", grinste David. "Spielverderber", murrte Jaiden, schmunzelte aber.
"Ihr wollt kämpfen? Dann los!", rief Gwin, hatte sich blitzschnell etwas von Jaiden entfernt und ihr Schwert gezogen. David und Ryan reagierten nicht ganz so schnell wie sie, jedoch schnell genug. Ryan konnte grade noch so Gwins Attacke abwehren. Jaiden blickte irritiert zwischen den beiden Jungs und Gwin hin und her. Gwin brauchte jedoch seine Hilfe gar nicht und duellierte sich verbissen mit Ryan und David. Da hörte sie in der Höhe Aladar nach ihr Rufen. Sie blickte nach oben und sah den weißen Drachen heranrauschen. Sie sprang, griff mit einer Hand in den Sattel und wurde in die Höhe gerissen. Noch während sie in die Höhe schoss versetzte sie den beiden Jungs einen Schlag der die beiden taumeln ließ. Was wohl auch daran lag dass sie in ihre Schläge solchen Schwung gelegt hatten dass sie nicht darauf gefasst waren dass Gwin plötzlich nicht mehr an jener Stelle stand wie zuvor. David und Ryan gingen zu Boden. Mit einer Hand klammerte sich Gwin nun in den Sattel und mit der anderen hielt sie ihr Schwert, während sie noch immer weiter in die Höhe gerissen wurde. Plötzlich kam Gwin eine nahezu brilliante Idee. Sie schwang ihr Schwert in das Grün eines Baumes und ein ganzer Busch dieses Gestrüpps rauschte in die Tiefe und begrub die Jungs unter sich. Sanft setzte Aladar sie wieder ab. Fluchend zappelte es unter dem Grünzeug. Gwin grinste triumphierend. Es hatte definitiv einen großen Vorteil wenn der eigene Drache einen schon tragen konnte. Dieses Manöver grade war echt klasse gewesen. Aladar betrachtete den raschelnden Gestrüpphaufen zufrieden. Schnaufend und fluchend befreiten sich David und Ryan aus dem Berg an Grünzeug und rappelten sich auf. Die Haare beider Jungs sahen zerzaust aus. Jaiden krümmte sich immer noch vor Lachen. "Dir wird das Lachen schon noch vergehen", knurrte Ryan, doch das schien Jaidens Laune nicht zu trüben. David zupfte sich ein Blatt aus den Haaren und schnaubte. "War das Training genug?", fragte Gwin und sah ihre beiden Gegner an. Raven ,welcher unter einem Baum gehockt hatte, kam nun hervor. "Ich will auch fliegen können", piepste der kleine Blaue. "Immer mit der Ruhe, mein Kleiner", schmunzelte Ryan und hob den kleinen Drachen hoch. "Diese Kampftechnik musst du mir unbedingt zeigen, du gewinnst fast jeden Kampf gegen uns. Das ist schon unheimlich", sagte David fröhlich. "Quatsch, ich hatte bloß mehr Training als ihr. Bevor Jaiden ja über mein kleines Geheimnis hier oben gestolpert ist hatte ich ja ungefähr schon eine Woche Training bei Nuar. Wartets nur ab, spätestens wenn eure Drachen groß genug sind dann sind wir vielleicht einander ebenbürtig", sagte sie schulterzuckend und fügte grinsend hinzu, "Aber auch nur ‚Vielleicht‘! ". "Haha, Miss Ich-verhau-Jungs-ohne-mit-der-Wimper-zu-zucken", hustete Ryan, und verbarg ein Schmunzeln. "Na kommt, ihr Verrückten. Wir wollten schwimmen", erinnerte sie die Jungs fröhlich. Gemeinsam gingen die vier Jugendlichen, einschließlich ihrer Drachen, zum Zeltlager zurück, wo Gwin Aladar erstmal den Sattel abnahm. Nach kurzer Absprache zogen die Jungs, um sich umzuziehen, in Richtung Höhle ab. Gwin ging ,gefolgt von den Drachen, direkt zum See. Dort zog sie sich ebenfalls um und setzte sich auf einen Stein um auf die Jungs zu warten. Es dauerte nicht lange bis Jaiden ,mit Ryan und David im Schlepptau, den kleinen Waldpfad zum See entlang kam. Die Drachen tollten schon im Wasser herum. Raven schien quasi ein richtiger Wasserdrache zu sein. Der kleine Blaue quietschte vergnügt und paddelte im Wasser herum, tauchte kurz und kam prustend wieder hoch. Darkin und Nephrit hatten sich ein Spiel ausgedacht. Sie flogen ein Stückchen in die Höhe und stürzten sich dann kopfüber in die Fluten. Aladar trieb wie eine weiße Insel träge im Wasser und beobachtete die jüngeren Drachen amüsiert. "Schaut euch unsere Echsen an. Vielleicht stammen sie ja von Nessi, dem ‚Loch Ness Drachen‘ ab", sagte Gwin lachend und deutete zu den vier Drachen. "Seit wann ist Nessi ein Drache? Ich dacht das wäre ein Dino", sagte Ryan. "Ach was, ein Wasserdrache bestimmt", schüttelte Gwin den Kopf und schmunzelte. Gwin stand auf und ging zum Wasser. "Ihr könnt ja rumstehen und über Dinos und Nessi philosophieren, ich schwimm ´n Runde", sagte sie und schwamm los, als ihr das Wasser bis zur Hüfte reichte. Gwin schwamm erstmal in Richtung der Drachen. Auf halbem Weg wandte sie sich um und blickte zurück. Die Jungs waren ihr ins Wasser gefolgt und waren drauf und dran eine Wasserschlacht zu eröffnen. David schoss eine Wasserwelle auf Jaiden ab, dieser schüttelte sich wie ein nasser Hund und schoss eine Welle zurück. Ryan grinste höhnisch, was ihm jedoch verging als ihm aus zwei Seiten hohe Wellen entgegenschlugen. Gwin grinste und schüttelte den Kopf. Ihre Truppe. Wieso war sie mit so einem verrückten Haufen Kerle gestraft? Wie kam sie überhaupt dazu einen solch chaotischen Haufen Jungs anzuführen? Und die sollte sie Jahrhunderte am Hals haben? Sie schmunzelte. Das konnte ja was werden. Auf dem Rücken ließ sie sich im Wasser treiben und genoss mit geschlossenen Augen die Sonne. Sie hörte dem Toben der Drachen und der Jungs zu. Irgendwann war sie fast eingedöst und wurde erst wieder etwas wach als irgendwas sie an der Nase kitzelte. Sie knurrte genervt und schlug die Augen auf. Jaiden stand breit grinsend über ihr, eine Feder in der Hand. Woher er sie hatte interessierte sie nicht, er kitzelte sie damit an der Nase. "Du nervst", sagte sie schläfrig und versuchte seine Hand zu verscheuchen, welche die Feder hielt und immernoch ihre Ruhe störte. Er grinste. "Tja Süße, ich nerv dich nunmal gern", sagte er fröhlich. Er beugte sich lächelnd zu ihr hinab und küsste sie. "Wer hat eigentlich eure Wasserschlacht gewonnen?", murmelte sie und starrte ihren...Freund?!...neugierig an. "Ich", behauptete er und grinste stolz. "Stimmt nicht", kam aus kurzer Entfernung von David, kam herbei und stieß Jaiden unter Wasser. Prustend kämpfte sich Jaiden wieder hervor und ging seinerseits dazu über seinen Kumpel ins Wasser zu tauchen. Schließlich einigten sie sich aber dazu sich auf Ryan zu stürzen, welcher sich aber schließlich zu Raven rettete. Der kleine blaue Drache richtete sich im Wasser auf, fauchte spielerisch und ließ mit einigen Flügelschlägen beeindruckende Wellen auf Jaiden und David los. "Diese Echse ist verrückt, sie will uns ersäufen!", gurgelte David theatralisch und versank in den Fluten. Jaiden grinste spöttisch, als David wieder auftauchte. Auch Ryan lachte. "Ja, Raven. Du bist der gefährlichste Wasserdrache weit und breit", grinste Ryan und kraulte seine blaue Echse. Vergnügt quietschte der kleine Raven. Den Rest des Tages verbrachten sie damit zu schwimmen oder schließlich in der Sonne zu liegen, und den Drachen beim planschen zuzuschauen. Schließlich bauten sie die Zelte wieder ab und machten sich auf den Rückweg. Als Gwin zur Haustür herein kam saßen ihre Eltern schon beim Abendessen. Gwin stellte ihre Tasche in den Flur und setzte sich dazu. Es gab Suppe. "Na, war euer Zeltausflug schön?", fragte ihre Mutter, doch Gwin bemerkte den fragenden Ausdruck in ihren Augen. "Ja, war super", sagte sie. "Wieso verbringst du eigentlich jeden Tag in den Bergen? Du könntest dich mit Mädchen in deinem Alter treffen, stattdessen ziehst du mit Freunden wie diesem Jaiden los", sagte ihre Mutter missbilligend. Gwin hätte sich beinahe verschluckt. "Was soll das denn heißen? Hast du was gegen meine Freunde?!", fragte sie und guckte etwas verärgert. "Mädchen in deinem Alter interessieren sich eher für Mode und Kosmetik, und streifen nicht tagelang in den Bergen herum und kommen zerschrammt, mit blauen Flecken und todmüde nach Hause", sagte ihre Mutter und musterte sie. "Ich bin aber eben nicht wie andere Mädchen! Solche hochnäsigen Zicken die sich für was besseres halten und mehr Schminke als Haare auf dem Kopf haben können mir gestohlen bleiben. Meine verrückte Truppe reicht mir völlig!", sagte sie und starrte ihre Mutter trotzig an. Gwins Mutter seufzte und widmete sich schweigend ihrer Mahlzeit. Gwin warf ihr noch einen ärgerlichen Blick zu. [i]Wenn sie wüsste! Wie gut dass sie nichts von den Drachen weiß, [/i]dachte sie. Das Essen verlief ab da schweigend und Gwin verzog sich sobald sie konnte in ihr Zimmer. Nachdem sie ihre Zelttasche ausgeräumt hatte zog sie sich um und legte sich hin. Noch eine Weile dachte sie an Aladar und den Rest der Truppe. Sie hatte sie alle sehr ins Herz geschlossen und langsam begann ihr die Vorstellung sie vielleicht sogar Jahrhunderte um sich zu haben zu gefallen. Einer für alle und alle für einen, wie die drei Musketiere. Gwin schmunzelte und schlief ein. Am nächsten Tag verließ sie bevor ihre Eltern wach waren das Haus, sie wollte nicht noch mehr Diskussionen riskieren. An der Straße, ihrem Treffpunkt mit den Jungs, wartete sie. Doch weder Jaiden, noch David oder Ryan erschienen. [i]Haben die etwa verschlafen?[/i], fragte sie sich und schüttelte schmunzelnd den Kopf. Sie hatte keine Lust darauf weiter zu warten und machte sich auf den Weg zum Tal. Auf der Lichtung war noch keiner, ob die Drachen auch noch schliefen? Das konnte sich Gwin eigentlich nicht vorstellen, immer wenn Gwin und die Jungs ins Tal kamen waren die Echsen fast immer schon wach. Wenn sie denn noch schliefen dann hatten sie es sich entweder in dem Bibliotheksraum bequem gemacht oder in einem Höhlenraum, den sie ihr ‘Quartier‘ nannten, zu einem Knäuel zusammengerollt. Gwin beschloss erstmal in der Bibliothek nachzuschauen. Sie marschierte zur Höhle und blickte kurz auf als dieses automatische Licht dass David angebracht hatte aufleuchtete. Sie ging weiter und lauschte. Kein Geräusch. Oder hatte sie da ein warnendes Zischen oder Flüstern gehört? Quatsch, sie musste sich verhört haben! Gwin gähnte kurz und spazierte in den Bibliotheksraum. "Überraschung!", riefen ein Chor von Stimmen und Ballons regneten auf sie herab, irgendein Witzbold warf noch Konfetti. Gwin guckte verdutzt. Die Jungs, die Drachen und Nuar standen im Halbkreis herum und blickten feierlich. "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag", strahlten sie. Gwin blinzelte und starrte ihre Truppe an. Geburtstag? Ihr Geburtstag?! Verdammt, sie hatten recht! Sie hatte ja heute Geburtstag, wurde 17 Jahre alt. Wie hatte sie nur ihren eigenen Geburtstag vergessen können?! Sie blickte schockiert drein. Sie hatte Geburtstag und die anderen bereiteten ihr eine Überraschungsfeier. Jaiden trat als erster vor. In der Hand hielt er eine Halskette. Der Anhänger war ein Medaillon. Er öffnete es und zeigte ihr das Innere. Auf der einen Seite ein Bild von ihm selbst mit Darkin im Arm, auf der anderen Seite eines von Aladar. Gwin lächelte liebevoll, als Jaiden den Anhänger wieder schloss und ihr die Kette um den Hals legte. "Herzlichen Glückwunsch, meine Schöne", sagte er lächelnd und trat wieder zurück. David trat vor. In der Hand hielt er einen Laptop. "Du hast mir das Ding mal gegeben und gesagt dass der vollkommen Schrott ist. Ich hab ihn repariert und etwas aufgemotzt. Gigantische Grafik und Speicherplatz, Webcam mit weitem Empfang und die selbe Energieregeneration wie in den Headsets und den Leuchten draußen im Gang", erklärte er stolz und überreichte ihr den Laptop. Gwin strahlte und dankte ihm. Schließlich trat Ryan vor und überreichte ihr eine Figur eines Drachens aus weißem Stein. Gwin lächelte und schaute sich die kleine Steinfigur an. "Sie ist sehr hübsch, danke", sagte sie zu Ryan. Schließlich meldete sich Nuar zu Wort. "Die Drachen und ich haben zusammen etwas organisiert", sagte das Werlicht. Aladar trat vor und überreichte ihr ein Buch über den Schwertkampf, auf dem Einband lag außerdem ein Ring aus weißem Stein. "Der Ring ist aus der Schale von Aladars Ei gemacht", erklärte Nuar. Aladar strahlte, als Gwin den Ring begutachtete und ansteckte. "Danke, meine Lieben", sagte sie in die Runde, "Ich weiß gar nicht was ich sagen soll". "Gar nichts, du hast ja Geburtstag", sagte David und begann die Melodie von ‘Happy Birthday‘ zu summen. "Wir haben noch Kuchen besorgt", sagte Ryan und deutete auf den kleinen Tisch bei den Sofas. Die ganze Truppe ließ sich auf den Sofas nieder. Fröhlich schwatzend feierten sie erstmal Gwins Geburtstag. Die Drachen beteiligten sich fröhlich an den Gesprächen.
Als die Feier sich dem Ende neigte war es Mittag. Gwin wollte ein bisschen mit Aladar fliegen, da die anderen heute mal keine Lust auf Training hatten wollten sie zuschauen. Raven rannte unbeholfen flatternd hinter ihnen her als sie die Höhle verließen. "Ich will auch fliegen", fiepte er und hüpfte flatternd um die größeren Drachen herum, welche sich zum Formationsflug versammelten. Und wirklich, nach einem Windstoß der ihn dank seiner ausgebreiteten Schwingen in die Luft wehte. Raven quietschte jubelnd und flatterte. Mit einigen Flügelschlägen schwang sich der kleine Blaue immer höher empor. Er sauste umher und überschlug sich sogar. Beinahe hätte er eine Bruchlandung hingelegt, wenn Darkin ihn nicht aufgefangen hätte. "Hey, ganz ruhig, Kleiner. Willst direkt so hoch hinaus?", schmunzelte Aladar. Nephrit schnaubte amüsiert und stupste mit einer Klaue den kleinen blauen Drachen an. "Ich will mitfliegen", quietschte Raven und schoss sofort wieder in die Luft und schwirrte um Aladars Kopf herum. "Na gut, du kleiner Quälgeist. Aber reg dich erst mal wieder ab", lachte Aladar, wobei er amüsierte Blicke mit Darkin und Nephrit wechselte. Plötzlich tuschelten Nephrit und Darkin. Sie stürmten auf ihre Reiter zu und setzten sie sich auf den Rücken. Sowohl Jaiden als auch David waren kreidebleich. Gwin und Aladar grinsten beide. Darkin und Nephrit hatten inzwischen ebenfalls fast die Größe eines Pferdes und wollten also nun dass ihre Reiter mit ihnen flogen. "Lass mich runter, du verrückte Eidechse", jammerte David. Nephrit und Darkin blickten sich an und brachen in schallendes Gelächter aus. "Keine Chance, mein Lieber. Die werte Eidechse wird dir ein bisschen zeigen wo es lang geht. Und zwar nach oben!", rief die grüne Drachin und schoss mit einem Flügelschlag dem Himmel entgegen. Darkin knurrte voller Vorfreude und tat es Nephrit gleich. Gwin lag fast vor lachen auf Aladars Rücken und hatte Lachtränen in den Augen. Der Anblick ihrer Kameraden, welche sich Schreiend und kreidebleich an ihre Drachen klammerten und kaum hinunter zu blicken wagten, war einfach zu herrlich. Ryan grinste höhnisch und lachte ebenfalls. "Ich hoffe du versuchst so einen Überfall nicht, du kleine blaue Fledermaus", sagte er und strich Raven, der sich wieder zu ihm gesellt hatte, über den Kopf. Der kleine Drache grinste. "Lass mich runter!!!", jammerte nun auch Jaiden. Der schwarze Drache lachte. Plötzlich, wie auf Kommando schossen Nephrit und Darkin in die Tiefe. Ein lautes Geschrei ihrer Reiter war das Ergebnis. Sanft landeten die beiden Drachen und ihre Augen leuchteten fröhlich. Jaiden und David rutschten von den Rücken ihrer Drachen und taumelten eher von ihnen weg. "Wenn die Herren dann soweit wären, wir fahren dann mit dem Training fort", sagte Gwin und versuchte sich ein amüsiertes Grinsen zu verkneifen. "Wenn ihr mir dann bitte folgen würdet. Es fehlen die Sättel", sagte sie und ging zur Höhle zurück. "Bist du verrückt? Ich steig nicht nochmal auf den Rücken dieser Echse", sagte David, worauf Jaiden zustimmend nickte. Beide Jungs waren immernoch bleich. Gwin marschierte ohne weiter auf das Gejammer der beiden zu achten in die Höhle. In dem Raum mit den Schwertern wurden auch die Drachensättel aufbewahrt. Gwin griff nach jenem den sie für Aladar verwendete. " Also los, schnappt euch einen Sattel und los gehts", sagte sie und lächelte fröhlich. Jaiden und David blickten sie zwar entsetzt an, taten aber was ihnen gesagt worden war. Draußen bei den Drachen zeigte Gwin den beiden wie sie die Sättel ihren Drachen anlegen mussten. Es dauerte etwas, aber schließlich klappte es doch. Nephrit und Darkin schnaubten aufgeregt und unterhielten sich leise. David und Jaiden machten gequälte Gesichter. "Kommt schon, Jungs. Ihr seid doch sonst immer so mutig und abenteuerlustig", sagte sie und schwang sich in den Sattel auf Aladars Rücken. Brummend taten es ihr Jaiden und David gleich. Raven hüpfte flatternd zu der versammelten Truppe hinüber und quietschte vorfreudig. "Abflug!", befahl Gwin fröhlich und die Drachen kamen ihrer Anweisung nur zu gern nach. Die drei größeren Drachen nahmen ihre gewohnten Formationsplätze ein. Raven flatterte ihnen erst unschlüssig nach, dann reihte er sich zwischen Darkin und Nephrit ein. "Viel Spaß, meine Herren", konnte sich Gwin einfach nicht verkneifen. Sie flogen anfangs zum aufwärmen ein paar einfache Übungen. David und Jaiden klammerten sich zwar an die Halteriemen der Sättel, jedoch blickten sie nicht mehr ganz so panisch drein. Ob es ihnen so langsam Spaß zu machen begann? Gwin lächelte. Sie klopfte Aladar auf den Hals, ein Zeichen. Wie ein Geschwader Kampfjets schossen die Drachen durch die Luft und kippten dann nach links weg um im schrägen Sturzflug dem Erdboden entgegen zu fallen. Gwin hatte sich inzwischen daran gewöhnt. Die Jungs nicht, was ihr Geschrei bewies. Sie blickte über ihre Schulter. Sowohl David als auch Jaiden stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Gwin legte sich in die Kurve als die Drachen elegant in einen Gleitflug übergingen, eine Kurve flogen und mit raschen Flügelschlägen wieder in die Höhe stiegen. "Alles in Ordnung dahinten?", erkundigte sie sich und drehte sich erneut um. "Achterbahnfahrten waren noch nie mein Fall", japste David, leicht grün im Gesicht. Bei Jaiden schien es nicht ganz so schlimm zu sein. Als sie sich nun wieder in leichtem Steigflug befanden grinste er sogar. So ging es quasi den Rest des Tages. Als sie die Drachen abschirrten waren die beiden Jungs so erschöpft dass sie kaum einen Fuß vor den anderen setzen konnten. Nachdem sie die Sättel weggebracht hatten verschnauften sie erstmal vor der Höhle bevor sie sich auf den Weg nach Hause machten. "Man Leute, ich bin so fertig. Ich fall auf der Stelle tot um", sagte Jaiden gähnend, als sie sich von einander verabschiedeten. Die nächsten paar Tage verliefen die Tage fast identisch. David und Jaiden wurden immer besser im Drachenfliegen und es machte ihnen inzwischen sogar Spaß. Ryan schaute ihnen zu oder trainierte mit Nuar. Der kleine Raven wuchs und wurde kräftiger. Schließlich war auch er bald groß wie ein Pferd, während Aladar fast schon ein Stockmaß von Zweieinhalb Metern hatte und Nephrit und Darkin mindestens 2 Meter. Oft wunderte sich Gwin, wie schnell die jungen Drachen wuchsen. Aber Nuar sagte, dass dies normal war und sich bald verlangsamen würde. Es war strahlender Sonnenschein und der Wetterbericht hatte auch weiterhin gutes Wetter angekündigt. Gwin streckte sich lächelnd. Man konnte nur gute Laune haben beim Anblick der herrlich goldenen Morgensonne. Gwin blickte auf die Uhr. Wo blieben denn die Jungs? Als die Drei schließlich am Treffpunkt eintrafen lächelten sie und Jaiden sich an. Die ganze Truppe machte sich auf den Weg. Im Gehen nahm Jaiden ihre Hand, was Gwin zum schmunzeln brachte. "Wir sollten das kämpfen nicht vernachlässigen, vielleicht sollten wir es mal von den Rücken der Drachen aus versuchen", schlug Gwin vor. "Oh weia, irgendwann brechen wir uns noch den Hals", sagte David. "Erst versuchen, dann meckern", sagte Gwin gutgelaunt. "Was meinst du, Ryan? Meinst du dass Raven bald so weit ist?", fragte sie. "Wenn es nach ihm ginge würde er sich bereits jetzt in eine Schlacht stürzen", lachte Ryan kopfschüttelnd. Als die vier Jugendlichen im Tal eintrafen erlebten sie eine Überraschung. Aladar und Darkin jagten einander und schienen in einen Kampf verstrickt. Darkin zischte und schlug mit den Krallen nach Aladar, während dieser ihm einen Schlag gegen die Nase verpasste und versuchte ihn zu beißen. "Nimm das, Arelan der Silberne", zischte Darkin und seine Krallen zielten auf die kehle seines Gegenüber, "Ich bin Suarel der Blutschatten!". "Hat Nephrit wieder alte Legenden vorgelesen?", seufzte Gwin, nachdem der erste Schreck verflogen war. Nephrit hatte beim stöbern in der Bibliothek ein Buch über alte Schlachtlegenden der Drachen entdeckt. Sie war der einzige unter den Drachen der lesen konnte, also las sie ihren Kameraden stolz die alten Geschichten vor. Und anscheinend war momentan die allgemeine Lieblingsstory Suarel der Blutschatten und seine Schattendrachen gegen Arelan der Silberne und seine Getreuen. Und wo waren Nephrit und Raven? Gwin und die anderen entdeckten sie beiden in der Bibliothek. "So hob Arelan seine Klaue und streckte Suarel nieder, die Schlacht war gewonnen. Am Horizont ging eine goldene Sonne auf und kündete von dem glorreichen Sieg. Arelan der Held wurde bejubelt und wieder hatten Arelan der Silberne und seine Getreuen die Schattendrachen zurückgeschlagen und den Frieden wieder hergestellt", las Nephrit vor und die Schwanzspitze der grünen Drachin zuckte aufgeregt hin und her, wie bei einer Katze. Raven hockte mit weit aufgerissenen Augen vor ihr und lauschte andächtig der Heldenlegende. "Äh...Guten Morgen", sagte Gwin und blickte zwischen Nephrit und Raven hin und her. "Ihr macht hier Märchenstunde und die beiden draußen spielen die Schlacht nach?", fragte David und hob eine Augenbraue. "Ich will mitspielen!", rief Raven und hüpfte herum, was jedoch bei einem pferdegroßen Drachen ziemlich beängstigend sein konnte. Mit seinem Schwanz fegte er einen Sessel um und einige Bücher purzelten zu Boden. "Vorsicht, du Ungeheuer", rief David und sammelte die Bücher ein. Die anderen sprangen zur Seite um vom nach draußen stürmenden Raven nicht umgerannt zu werden. "Himmel, dein Drache hat ein Temperament wie ein Hundewelpe auf Aufputschmitteln!", sagte David zu Ryan. "Eher ein Elefantenbaby", schnaubte Jaiden und richtete den Sessel wieder auf. Nephrit gab ein amüsiertes Hüsteln von sich und folgte Raven, sichtlich vorsichtiger. Gwin grinste. "Wenn wir Pech haben werden sie den ganzen Tag Arelan gegen Suarel spielen", meinte Ryan. "Vielleicht können wir ihren Kampfeifer irgendwie im Training Nutzen", dachte Gwin laut. Als das Chaos beseitigt war, welches Raven hinterlassen hatte, machten sie sich auf den Weg zur Waffenkammer, wo die Sättel, die Schwerter und allerlei Kram lagerte. "Nimm den Sattel da mal mit, vielleicht möcht Raven ja geritten werden", sagte Gwin, während sie überlegte wie das Training heute werden sollte. Da kam ihr eine Idee. Nuar konnte Dinge schweben lassen, vielleicht auch einen Stein. Sie suchte das Werlicht und fragte sie danach. "Klar, aber was hast du vor?", fragte Nuar. "Wart‘s ab", sagte sie fröhlich. In ihrem Kopf hatte sie sich einen Plan zurechtgelegt. Draußen warteten schon die Jungs auf sie. Die Drachen balgten sich immernoch. Aladar und Nephrit rangelten verbissen und schlugen einander Flügel und Klauen um die Köpfe. Raven und Darkin jagten einander durch die Luft. "Ganze Formation herkommen!!!", brüllte Gwin und blickte streng drein. Raven und Darkin gehorchten als erste und landeten. Nephrit und Aladar schnappten noch ein paar mal nach einander, dann kamen auch sie Gwins Anweisung nach. "Leute, ich habe mir ein Spiel ausgedacht", sagte Gwin, "Wir brauchen zu aller erst zwei Teams". Die Drachen schauten einander neugierig an. "Aladar und ich gegen euch beide?", fragte Darkin und blickte Raven und Nephrit an. Die beiden nickten. "Gut", fuhr Gwin fort, "Nuar wird diesen Stein fliegen lassen. Die beiden Teams werden beide versuchen den Stein mit Feuerstößen zu treffen und gleichzeitig die anderen davon abzuhalten". David, Jaiden und Ryan guckten sich verblüfft an und brachen dann in Gelächter aus. "Klingt irgendwie nach...Fußball für Drachen!!! Genial", lachte Jaiden. Die Drachen jedoch waren begeistert von dieser Idee. "So, nun lasst euch erstmal anschirren", sagte Gwin zu den Drachen, welche schon anfangen wollten. [i]Himmel, sind die denn nun alle verrückt? Am einen Tag sind die noch alle brav, verspielt und lerneifrig und nun? Sind die zappelig als hätten sie Bienen im Hintern! Etwas zu viel Temperament und Energie. Wir sollten eindeutig noch mehr mit ihnen trainieren, das könnte sie etwas ruhiger werden lassen, [/i]dachte Gwin kopfschüttelnd. Als Gwin, David und Jaiden begannen ihre Drachen zu satteln unterhielten sich Ryan und Raven leise. "Äh, Leute. Raven und ich haben besprochen dass wir es auch mal mit dem Fliegen versuchen", sagte er, "Also...wie legt man einen Sattel an?". David und Jaiden grinsten etwas höhnisch. "Armer Ryan, du hast dir aber ein gutes Timing dafür ausgesucht. Der erste Flug und dann so was halsbrecherisches als erstes", sagte David. "Du bist entweder besonders mutig oder weißt nicht auf was du dich einlässt", fügte Jaiden hinzu. Gwin schüttelte bloß den Kopf über diese Kommentare, ging zu Raven hinüber und zeigte Ryan wie er die Riemen des Sattels einstellte. "Okay, alle bereit?", fragte Gwin und stieg auf Aladars Rücken. "Nuar? Auf geht’s", meinte sie anschließend und warf einen kurzen Blick zu den anderen Drachen und Reitern. Aladar und sie waren mit Jaiden und Darkin in einem Team. [i]Wunderbar, das sollte ein Kinderspiel werden![/i], dachte sie vergnügt, erinnerte sich jedoch daran nicht allzu voreilig zu sein. Der Stein schwebte wie durch Zauberhand in die Höhe und zischte über dem Tal hin und her. Hätte man ihr vor ein paar Wochen erzählt dass sie mal sowas machen würde dann hätte sie dem jenigen einen Vogel gezeigt. Wenn sie so recht überlegte hatte dieses Spiel anstatt mit Fußball auch Ähnlichkeit mit Quidditch, diesem Spiel aus den Harry Potter Storys. Sie grinste und gab das Zeichen zum Abflug. Die Drachen schwangen sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft.
"Dann los geht’s, Aladar", rief sie und sofort stürzte der weiße Drache los. Darkin flog neben ihm. Die gegnerische Formation von Ryan und David flog am anderen Ende des Tals. "Sollen Darkin und ich uns um Raven und Ryan kümmern?", rief Jaiden zu ihr hinüber. "Nein, Nephrit und David sind das größere Problem! Halt die beiden davon ab uns Ärger zu machen. Wir machen dann das mit dem Stein", antwortete Gwin und gab Aladar das Zeichen loszulegen. Anscheinend hatten die anderen auch grade ihre Lagebesprechung beendet und nahmen die Verfolgung des fliegenden Steins auf. Gwin hörte Darkin knurren. "Los, Aladar!", feuerte sie ihren Drachen an. Der Stein zischte über dem Tal hin und her und selbst die Drachen hatten Mühe ihm zu folgen. Darkin verstrickte Nephrit in einen Kampf und so konnte Aladar den Stein verfolgen. Der einzige der sich hartnäckig ein Wettrennen mit Aladar lieferte war Raven. Der junge Blaue war zwar kleiner als Aladar, doch das machte seine Flinkheit und Hartnäckigkeit wieder wett. Dass er etwas jünger, ungefähr anderthalb Meter kleiner und etwas zierlicher als der weiße Drache war kam ihm in Sachen Wendigkeit sehr zu gute. Immer wieder zischte der junge blaue Drache um Aladar herum. Da riss Raven das Maul auf und spie einen Feuerstoß in Aladars Richtung. Der weiße Drache knurrte und schüttelte den Kopf wie als wolle er eine Fliege verscheuchen. Aladar schoss in die Tiefe als der Stein das selbe tat. Raven war immernoch unter den Verfolgern. Gwin warf einen Blick zu Ryan. Der arme Kerl hockte auf Ravens Rücken und klammerte sich am Halteriemen des Sattels fest. "Man hat dir gesagt dass das keine gute Idee war jetzt mit dem fliegen anzufangen", rief Gwin fröhlich. "Mir geht’s gut....",kam die gejammerte Antwort. Raven rammte Aladar und knurrte. Der weiße Drache hieb mit einer Klaue nach dem Blauen und fauchte. Aladar überschlug sich kurz und feuerte einen Flammenstoß auf den Stein ab. Der Stein jedoch wich aus und zischte senkrecht dem Himmel entgegen. Sowohl Aladar als auch Raven nahmen die Verfolgung auf. Plötzlich gesellten sich auch Darkin und Nephrit dazu. "Wolltet ihr uns nicht irgendwen vom Hals halten?", rief Gwin zu Jaiden hinüber. "Naja, diese grüne Schildkröte ist halt nicht so blöd wie sie aussieht", antwortete Jaiden entschuldigend und musste sich vor einem Schlag Nephrits wegducken. "Grüne Schildkröte? Das klären wir später", zischte die Drachin schnaubend. Aladar legte einen Flügel an, kippte nach rechts weg und schmiss sich so gegen Nephrit. Die grüne Drachin gab ein heiseres Kreischen von sich und überschlug sich ein paar mal. "Jaiden, Darkin, schnappt euch den verdammten Stein!", brüllte Gwin, während Aladar sich in einen Luftkampf mit Nephrit verstrickte. Während Darkin hinter dem fliegenden Stein herflog holte der schwarze Drache tief Luft. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen ließ er einen wahren Feuersturm auf den Stein los. Doch Raven hatte sich quasi herangeschlichen und ein dünner Flammenstoß traf den Stein ebenso wie Darkins Feuer. "Verdammter Mist. Unentschieden!", rief Jaiden. Man sah ihm an dass er nur zu gern gewonnen hätte. "Unentschieden ist besser als verloren", sagte Ryan fröhlich. Raven grinste wie ein Honigkuchenpferd und führte eine Art drachisches Freudentänzchen in der Luft auf, jedenfalls wirkte es so. Wie eine verrückte Hummel zischte der junge Blaue umher und schlenkerte mal nach links und nach rechts. Nephrit zischte höhnisch in Aladars Richtung und landete mit einem hochnäsigen Schnauben. Aladar fauchte und landete ebenfalls. Darkin gesellte sich zu ihnen und als sich Raven beruhigt hatte auch er. "Gutes Spiel", sagte Gwin anerkennend und kletterte aus Aladars Sattel, "wir haben gut im Team gespielt. Wenn das in einer Schlacht auch so ist dann guckt der Feind blöd!". "Ja, diese blöden Turai und so werden sich noch umgucken!", krähte Raven und begann mit Nephrit zu raufen, sobald die anderen Reiter ebenfalls aus ihren Sätteln gestiegen waren. "Stärke und Können allein reicht nicht. Man muss ein Team sein, in dem jeder bestimmte Aufgaben hat. Und wir sind ein gutes Team, find ich", fügte Gwin nun hinzu. "Gut gesprochen, Gwin", sagte Nuar, "Ihr seid starke und gewandte Kämpfer, talentierte Flieger. Doch dass alleine, wie ihr erkannt habt, reicht nicht. Selbst der Stärkste braucht in der Schlacht jemanden der ihm den Rücken freihält, dem er sein Leben anvertrauen kann. Dies ist die wichtigste Weisheit die ich euch auf den Weg geben kann, meine Lieben. Und ich glaube ihr seid bereit". In der Stille die darauf folgte hätte man eine Stecknadel fallen hören können. "Heißt das was ich denke?", brach Gwin als Erste zögernd das Schweigen, "Wir werden bald unsterblich?". Zögernde Blicke sowohl unter den Drachen als auch den vier Menschen zeugten von der Unsicherheit. Besonders in Jaidens Augen flackerte kurz Panik auf. Um ihn zu beruhigen und ihm zu zeigen dass er nicht allein war nahm Gwin seine Hand. "Ja, das heißt es", fuhr Nuar schließlich fort, "Ich glaube das wird eine interessante Erfahrung und ein Leben dass nur sehr wenige Menschen je erfahren durften". "Wann, Nuar?", fragte Gwin leise. Sie hatte wohl das sprechen für ihre Gruppe übernommen. Der Rest der Truppe ,sowohl Menschen als auch Drachen, schwieg unruhig. "Morgen", Nuar sagte dies mit so einer Endgültigkeit in der Stimme dass selbst die Drachen die Augen aufrissen und einander verblüfft und unsicher ansahen. Gwin sah dass Jaiden einen Moment die Augen schloss. Sie konnte nur ahnen was in ihm vorging. Sie wusste dass er Angst hatte und sie konnte es irgendwie verstehen. Sie drückte seine Hand und als er sie ansah flüsterte sie, "Wir kriegen das schon hin, zusammen. Du wirst nie allein sein, das wird keiner von uns". Er lächelte dankbar. "Nuar, was wird dabei genau geschehen? Was wird mit uns passieren? Wie lange wird das alles dauern?", überschwemmte man Nuar mit Fragen. Das Werlicht seufzte. "Seit über tausend Jahren wurde keine Seelenverbindung mehr geschlossen. Wie schon erwähnt wird die Seele des Reiters mit der des Drachen verbunden. Ihr werdet schneller, stärker, eure Reflexe werden unheimlich ausgeprägt. Geistig seid ihr von da an mit eurem Drachen verbunden, das heißt ihr könnt mit einander per Telepathie kommunizieren. Und dann gibt es da noch etwas dass sich in der Drachensprache Uaodh Nvha’ul nennt. Es lässt sich nicht wirklich in eine Menschensprache übersetzen, nennen wir es Drachenmodus. Dieser Drachenmodus scheint ein Zustand zu sein den ihr sozusagen an- und abschalten könnt. Darüber gibt es nur wenig schriftliche Dokumente, welche die genauen Veränderungen belegen und das meiste sind nur Vermutungen, ihr werdet euch da wohl auf die Erfahrung am eigenen Leib gefasst machen müssen", versuchte Nuar alle Fragen zu beantworten. Die Drachen hielten sich zurück und lauschten gespannt den Fragen und der Erklärung, schließlich betraf es auch sie. Sie waren es die ihren Reitern diese Fähigkeiten und dieses unglaublich lange Leben bescherten. Ab dem Moment dieses Rituals bzw Zaubers waren ihre Seelen verbunden mit denen ihrer Reiter. Auch die Drachen schienen diesem Ereignis mit gemischten Gefühlen entgegen zu sehen. Jeder hing nun scheinbar seinen eigenen Gedanken nach. Dies war also für die vier Menschen ihr letzter Tag als Normalsterbliche. Sowas musste erstmal verdaut werden. Und dieser seltsame ‘Drachenmodus‘, oder wie auch immer das Ding hieß was Nuar erwähnt hatte, klang auch ziemlich seltsam. Was würde sie erwarten? Besonders wenn Nuar darüber selbst nichts wusste. Sie würden das wohl oder übel am eigenen Leib erfahren. Das klang irgendwie wie eine Wundertüte oder die berühmte Katze im Sack. Aber in dem Fall würde es das Leben von vier Menschen und vier Drachen auf den Kopf stellen und was sonst noch alles beängstigendes anstellen. Raven, der ja der jüngste der Drachen war, winselte wie ein ängstlicher Hund und sah Ryan hilfesuchend an. Dieser nahm den Kopf seines Drachens in den Arm, kraulte ihn und flüsterte ihm etwas zu. Der blaue Drache nickte, seine Miene wirkte jedoch immernoch ängstlich. Diese ganzen Veränderungen die auf sie zu kamen und die allgemeine Stimmung machte auch die sonst so munteren und fröhlichen Drachen unruhig und ängstlich. Ob sie Angst vor den Veränderungen oder Angst um ihre Reiter hatten? Vermutlich beides.[/justify][justify]Gwin streichelte Aladar, welcher zwar nicht ängstlich aber beunruhigt dreinblickte. "Ich muss mich erstmal hinsetzen. Ich bin in der Bibliothek, wenn ihr mich sucht", sagte Ryan etwas blass um die Nase und drehte sich zur Höhle um. "Warte, ich glaub im Moment will keiner allein sein. Ich komm mit", sagte David. Der arme Jaiden war in Gedanken versunken, doch blickte er dabei irgendwie unglücklich drein. Gemeinsam trotteten David und Ryan zur Höhle, die Drachen folgten schweigend. Nuar schwebte hinterdrein. Ob sich die allgemeine Stimmung auch auf das Werlicht übertrug? Gwin hoffte das nicht. Wenigstens einer musste doch hier die Nerven behalten. Jaiden und Gwin blieben auf der Wiese vor der Höhle zurück. "Gwin...", sagte er und schüttelte nur den Kopf. Gwin glaubte zu wissen was in ihm vorging. "Ich weiß, ich hatte auch gehofft dass wir diesen Schlamassel noch etwas aufschieben könnten", sagte sie. "Das Unvermeidliche aufschieben?", schnaubte er resigniert, "Ob nun jetzt oder erst in einem Jahr. Irgendwie läuft es doch darauf hinaus dass wir unser normales Leben aufgeben müssen. Ein Leben dass einem erst jetzt so unheimlich kostbar erscheint", wenn man weiß dass es sich bald so sehr verändern wird. Gwin lächelte tröstend und lehnte ihre Stirn an seine. "Manchmal muss man eben Opfer bringen",sagte sie leise. Ohne es überhaupt zu wollen grinste er, "Komm mir jetzt nicht mit der ‘Aus großer Kraft folgt große Verantwortung‘-Nummer". Sie lachte. "Lass das, du würdest einen lausigen Spiderman abgeben", kicherte sie. "Na gut, dann werde ich mich eben mit Drachenreiter zufrieden geben", lächelte er und sah sie an. Es war wieder einer dieser ‚Ich liebe dich,Gwin‘-Blicke bei denen Gwin irgendwie immer vergaß was sie grade sagen wollte oder dachte. Er küsste sie und strich ihr über die Wange. Sie lächelte. "Alles wieder in Ordnung? Nicht dass du wieder in diese ‘Lieber tot als Drachenverbindung!‘-Stimmung fällst!", sagte sie. Er nickte, ebenfalls lächelnd, "Alles in Ordnung. Du schaffst es immer mich wieder aufzumuntern". [/justify][justify]"Komm, mal schauen in welch trüber Stimmung die anderen inzwischen sind", sagte sie lächelnd, nahm seine Hand und zusammen gingen sie zur Höhle. Nach dem Stimmengewirr zu urteilen ,dass sie vernahmen sobald sie die Höhle betreten hatten, diskutierten die vier Drachen lauthals. David gab nur manchmal einsilbige Kommentare dazu ab, Ryan war da schon etwas gesprächiger. Jaiden und Gwin gesellten sich dazu. Ryan hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und wirkte irgendwie mit der Situation sehr zufrieden. "Na, nicht mehr so niedergeschlagen?", fragte Gwin in die Runde. "Hey, wozu? Ich werde unsterblich", sagte er und grinste lässig. Gwin verdrehte die Augen, schmunzelte aber. Dies war Ryans Art. Er schien das alles inzwischen total cool zu finden. Während sich Jaiden zu Darkin gesellte beschloss Gwin die Bücherregale zu durchstöbern. Neugierig ließ sie ihren Blick über die uralten Einbände wandern. Die meisten Bücher hatten alte Einbände aus Leder, so wie es im Mittelalter üblich gewesen war. Die Schrift war krakelig, fast unleserlich. Ein Buch lenkte besonders ihre Aufmerksamkeit auf sich. "Die alten Schwüre", las sie leise den Titel vor. Dies klang irgendwie mythisch und interessant. Sie nahm das Buch und schlug es auf. Schon die ersten Seiten faszinierten sie. Es handelte von alten Zeiten, den Schwur den Drachen und Menschen einst schlossen und Tugenden wie Loyalität, Mut und Ehre. Die Welt und die Unschuldigen zu schützen, Loyalität zum Clan und Ehrenhaftigkeit im Kämpfen und im Tun. Das Buch handelte auch von der Geschichte des Kampfes gegen den Urdrachen. Gwin las aufmerksam. Besonders die Seiten über diesen Ehrenkodex ,der sich ‘Die alten Schwüre‘ nannte, fand sie interessant. Gwin erinnerte sich an die Schwüre von Artus’s Tafelrunde von denen in den Geschichten und Legenden erzählt wurde, dies klang so ähnlich. Die Unschuldigen zu beschützen, einem ehrenhaften Anführer zu dienen, niemals grundlos zu töten, Kampf um Ruhm und Ehre.
Sie hatte nur einen kleinen Teil des kompletten Buches gelesen, doch fand sie es wirklich beeindruckend. Sie beschloss ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Gruppe und der Zukunft zu widmen, das Buch jedoch bald ausführlich zu lesen. Sie stellte das Buch zurück und merkte sich wo sie es hingestellt hatte. Als sie sich wieder zu den anderen umdrehte musterte sie ihre Kameraden. Ryan wirkte sehr zufrieden und irgendwie sogar gespannt auf das Kommende. Jaiden blickte zwar immernoch grüblerisch, doch auf eine zögernde unsichere Weise schien auch er neugierig. Außerdem hatte ihn vielleicht das beruhigt, was Gwin ihm gesagt hatte. David hatte sich in eisiges Schweigen gehüllt und lauschte den gedämpften Gesprächen der Drachen. Gwin seufzte. Ja, ihr ging es ebenso. Sie war verunsichert. Morgen würde sich alles ändern. Was würden ihre Eltern sagen? Sie würde es ihnen nicht morgen sagen, aber irgendwann würden sie merken dass mit ihrer Tochter nicht stimmte. Gwin würde sich aus diesem menschlichen Leben zurückziehen müssen und nur zusehen können wie sich die Welt um sie herum änderte und alles was sie bisher gekannt hatte im Nebel der Zeit verblasste. [i]Naja, man weiß ja nie was die Zukunft bringen wird[/i], dachte sie, [i]Jeder Tag, der uns bevorsteht, könnte unser letzter sein. Wir sollten das beste aus der Situation machen[/i]. Vielleicht wurde es nicht so schlimm wie erwartet und die Vorstellung Aladar, Jaiden und den anderen dabei an ihrer Seite zu haben beruhigte sie und stimmte sie ein bisschen zuversichtlich. Sie drehte sich zu ihren Freunden um. "Lasst uns den letzten Tag den wir normale Menschen sind genießen", sagte sie lächelnd. [/justify]
[justify]"Also, ihr vier", sagte Nuar an Gwin und die anderen Menschen gerichtet, "Es wäre gut wenn ihr morgen erneut hier oben übernachten könntet. Es könnte gefährlich werden wenn sich eure Kräfte noch nicht ausreichend stabilisiert haben. Zur Beobachtung ,dass wir sicher sein können dass ihr euch ausreichend unter Kontrolle habt, wäre es gut wenn ihr mindestens eine Nacht und einen Tag danach noch hierbleiben könntet". Die Jungs meinten dass es keine großen Probleme geben dürfte ihre Eltern zur Erlaubnis eines erneuten Zeltausflugs zu überreden. Gwin allerdings konnte sich vorstellen dass jedenfalls ihre Mutter nicht sehr begeistert sein würde. Sicher würde wieder Gesprächsthema werden dass sie doch lieber Sachen mit gleichaltrigen Mädchen unternehmen sollte anstatt mit einer Bande Jungs durch die Berge zu stromern, wie ein Rudel herrenloser Hunde. Gwin brachte dieses Thema immer wieder auf die Palme. Was hatte ihre Mutter bloß? Sicher war sie nicht das einzige Mädchen zu deren Freundeskreis hauptsächlich Jungs zählten. Gwin seufzte. Wenn ihre Mutter von diesem ganzen Drachenspektakel hier wüsste dann....Gwin wollte es sich gar nicht vorstellen. Sie und die drei Jungs besprachen sich kurz was sie jetzt machen wollten. Sie beschlossen dass sie den Tag erst mit etwas Schwertkampf und dann Schwimmen verbringen wollten. Als sie sich auf den Weg zur Waffenkammer machten verschwanden die Drachen nach draußen. Wahrscheinlich wollten sie jagen oder etwas Kampf- bzw Flugtraining abhalten. Der Tag verlief eigentlich nun sehr ereignislos und wüssten sie nicht alle was ihnen morgen bevorstand hätte man denken können dass dies mal wieder nur ein ganz normaler Tag war, oder soweit man normal in ihrem Fall definieren konnte.[/justify][justify]Als es Abend wurde verabschiedeten sie sich von ihren Drachen und verließen das Tal. Wie erwartet war Gwins Mutter nicht angetan von der Idee ihrer Tochter. Gwins Vater war da schon gelassener. Nach einer langen Diskussion bei der Gwin mehr als nur einmal genervt ,fast schon verärgert, die Augen verdrehte erhielt sie dann doch die Erlaubnis. Insgeheim fragte sich Gwin wie lange sie noch damit durchkam. Nach dem Essen verzog sie sich so schnell es ging auf ihr Zimmer. Nachdem Gwin ihre Sachen fürs Zelten und den nächsten Tag gepackt hatte, legte sie sich schlafen. Der morgige Tag würde sicher anstrengend werden. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass bald nichts mehr so sein würde wie zuvor. Gwin wusste nicht, wie lange sie wachgelegen hatte, als sie früh am nächsten Morgen erwachte. Irgendwie hatte sie das Gefühl gar nicht geschlafen zu haben. Sie gähnte und stand auf. Es dauerte nicht lange bis sie abmarschbereit war und mit ihrer Tasche das Haus verließ. Kurz warf sie einen Blick zurück. Wenn sie zurückkehrte würde sie nicht mehr die selbe sein. Irgendwie fühlte es sich wie ein endgültiger Abschied an. Sie seufzte und setzte ihren Weg bis zum Treffpunkt fort. "Hey Jungs", begrüßte sie ihre drei Kameraden, welche dem heutigen Tag ebenfalls mit gemischten Gefühlen entgegen zu sehen schienen. David, Ryan und Jaiden nickten ihr stumm zu. "Kommt", sagte sie, hängte sich den Riemen ihrer Tasche über die Schulter und ging los, die Jungs folgten ihr. Im Tal angekommen wurden sie von den Drachen begrüßt, welche am Himmel kreisten und landeten sobald sie ihre Reiter erblickten. Erwartungsvoll blickten Aladar, Darkin und Co. die vier Menschen an. "Wo ist Nuar?", fragte Gwin. "In der Höhle, sie bereitet alles vor und hat noch etwas in den alten Schriften gestöbert", erklärte Nephrit fröhlich. Die Drachen wirkten allesamt aufgeregt. "Los, folgt mir", rief die grüne Drachin und rannte mit Darkin voraus, die anderen Echsen folgten. Gwin, David, Ryan und Jaiden warfen sich zögernden Blicke zu, folgten den vier Drachen aber.
Darkin, Nephrit, Aladar und Raven führten sie durch die steinernen Gänge zum Raum mit den Dracheneiern. Nuar schwebte in der Nähe der steinernen Podeste, scheinbar in ein dickes Buch vertieft. "Ah, da seid ihr ja", begrüßte das Werlicht sie, "Seid ihr bereit?". Ein unverständliches Gemurmel war die Antwort. Sie lachte leise. "Also, nun gibt es kein zurück mehr", sagte das Nuar feierlich. "Legt euch auf das jeweilige Podest, das Podest auf dem das Ei eures Drachens lag", wies sie sie an. Die vier Jugendlichen blickten sich unschlüssig an, bis Aladar Gwin anstupste. "Ich weiß", murmelte sie und streichelte den Kopf des weißen Drachens. "Ich hoffe du weißt was du tust", war leise von David zu vernehmen, als sie nun zögernd Nuars Anweisung nachkamen. Gwin stieg die paar Stufen auf das Podest auf dem einst Aladars Ei gelegen hatte und blickte unschlüssig den schwarzen Steinboden unter ihren Füßen an. Sie seufzte und legte sich darauf nieder. Sie drehte kurz den Kopf und sah dass es die Jungs ihr gleichtaten. Ihr war etwas mulmig zu mute als sie ihren Blick wieder auf Nuar richtete. "Schließt die Augen, habt keine Angst", wisperte Nuars Stimme leise. Gwin verzog das Gesicht, schloss jedoch ihre Augen und lauschte als Nuar in einer seltsam fremdartigen Sprache zu singen oder irgendwas zu rezitieren begann. Im ersten Moment spürte Gwin gar nichts, doch dann breitete sich ein seltsames Gefühl in ihr aus. Es fühlte sich an als sei sie schwerelos. Nichts als tiefste Schwärze umgab sie. Langsam glitt ihr Bewusstsein davon, oder vielleicht auch nur in einen anderen Zustand. Sie nahm nichts um sich herum war, dafür aber anderes. Weiterhin vernahm sie leise und beinahe hypnotisierend Nuars Stimme. Es war als versetze sie Gwin in eine Art Trance. Es war als würden von überall Stimmen auf sie einströmen. Gwin verstand nicht was sie sagten, es war zu leise und zu weit entfernt. Dieses Wispern machte sie neugierig, es war als spielte eine Feder mit einem Kätzchen. Das wispern schien sie zu locken, hinein in die Finsternis die sie umgab. Andererseits durchströmte sie auch ein unendlich starkes Gefühl. Sie fühlte tief in sich drin wie es war hinter Beute her zu hetzen, sie zu jagen und zu erlegen. Zu kämpfen und zu töten, wie ein Raubtier. Sie hätte am liebsten geknurrt. Es durchströmte sie das Gefühl zu schweben, frei zu sein und sie fühlte die Kraft in mächtigen Schwingen bei jedem Flügelschlag. Sie vernahm tief in ihrem Inneren das Rauschen riesiger Flügel und das Brüllen einer wilden Kreatur, fühlte das Feuer das im Herzen dieses Wesens brannte und seine Natur war. Fühlte aber auch Stolz, Mitleid, den angestauten Zorn und die Trauer von Jahrtausenden eines ganzen Volkes. All jene Gefühle, Eindrücke und Klänge durchströmten sie in einem wilden Rauschen. Gwin musste sich zusammenreißen um nicht aufzuschreien. Es war ein wildes Durcheinander in ihrem Kopf und sie hatte das Gefühl das ihr Schädel bald bersten würde. Sie hatte auch das Gefühl zu sehen. Sie wusste es nicht genau. Es war als berühre ein fremdes Bewusstsein das ihre. Es war als würde eine Daunenfeder hauchfein über ihre Haut streichen. Instinktiv wusste sie dass dieses andere Wesen zu ihr gehörte. Sie spürte seine Empfindungen, all sein Wesen und jede Faser seines Körpers. Es war als wurden ihre Seelen eins. Dieses lodern ,wie von Feuer, ging nun auch auf sie über. Sie spürte es nun nicht mehr nur, sondern es gehörte zu ihrem eigenen Wesen. Sie war ein Raubtier in dessen Herzen ein Feuer brannte, wilde Flammen die die Jahrtausende überdauern würden und alle verbrennen würden sie sich ihnen in den Weg stellen würden. Es war wie einen wilden Löwen zu wecken, der scheinbar Jahrhunderte geruht hatte. Für Gwin war alles zusammen ein Sturm und ein Druck die in ihrem Inneren tobten. Um in diesem Chaos nicht vollends zu versinken klammerte sie sich an das andere Bewusstsein. Es strahlte ruhige Gelassenheit, stumme Freude und die Neugier eines Kindes aus. Auch dieses andere Bewusstsein nahm sie war und schien sie sanft und behütend zu umgeben wie eine weiche Decke. Dieser wilde rauschende Sturm aus Eindrücken, Geräuschen, Stimmen, Bildern und anderem tobte schon so lange in ihrem Inneren dass Gwin fast glaubte noch tiefer in die Bewusstlosigkeit zu fallen. Sie wusste nicht wie lange es schon andauerte und auch nicht wie lange es noch dauern würde. Zu einem geordneten und vollständigen Gedanken war sie gar nicht fähig. Wenn sie versuchte einen klaren Gedanken zu fassen dann wurden jegliche Fetzen dieses Gedankens hinweg gerissen wie ein paar hauchzarte Spinnennetze. Wer war sie überhaupt? Wo war sie überhaupt? Was geschah da mit ihr? Alles verschwamm in einer Art Strudel. Wo sie anfangs versucht hatte irgendwas von dem zu sehen oder zu verstehen was auf sie einströmte hielt sie nun nur noch still und wartete dass sich all das Tosen legte und Ruhe in ihr Bewusstsein einkehren würde. Fast hätte sie es nicht gemerkt, aber langsam wurde es schwächer. Oder bildete sie sich das nur ein? Zeit war für sie bedeutungslos gewesen. Eine Sekunde kam ihr vor wie ein ganzes Jahrhundert und doch schien es zeitlos. So langsam wurde alles still um sie. Wie ein leises Wispern im Hinterkopf nahm sie nur noch dieses zweite Bewusstsein wahr. Es war ein Teil von ihr, wachte über sie. Der tosende Sturm war verschwunden, es war beinahe unheimlich still um sie herum.

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Tag der Veröffentlichung: 16.10.2011

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