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Was machst du, wenn dir jemand sagt, das heute dein Todestag ist?

Dunkle Regenwolken hingen über der mittelalterlichen Kleinstadt. Plitsch, platsch, klopfte es mal wieder an mein Fenster und das schon seit nunmehr einer Woche.
Wo blieb dieses Jahr nur der Frühling?
Gedankenversunken hing ich einfach nur ab. Im Fernsehen lief so rein gar nichts. Lust irgendetwas zu unternehmen hatte ich auch nicht. Ich stöhnte in mich hinein.
Ein toller freier Samstag kann das ja werden.
Plitsch, platsch machte es wieder. Ich öffnete aus einer Laune heraus das Fenster und sog die kühle Luft durch meine Nase. Nix, kein Frühling zu riechen. Es war bereits Anfang März und so grau, das sogar die ersten Schneeglöckchen ihre Farbe scheinbar verloren hatten.
Missmutig starrte ich in den Regen. Ich schloss meine Augen und versuchte mich an den letzten Frühlingsausflug im Grünen zu erinnern.
Meine gesamte Familie fuhr mit mir zum Picknick an den See. Ich weiß noch ganz genau, dass ich so aufgeregt war wie ein kleines Kind. Und das als erwachsene junge Frau. Endlich angekommen, haute mich der Ausblick gnadenlos aus den Socken.
Ein verwunschener Ort breitete sich vor mir aus. Inmitten einer grünen Wiese lag er vor mir. Die Sonne glitzerte auf der Wasseroberfläche. Libellen und allerhand anderer Insekten flogen darüber hinweg. Am Rand befand sich eine riesige alte Eiche mit knorrigen Ästen in deren Schatten wir es uns bequem machten. Der Duft frisch erblühter Frühlingsblumen lag in der Luft. Es war ein herrlicher Tag gewesen. Die Sonne strahlte hell und am blauen Himmel zogen kleine Schäfchenwolken vorüber. Ich hatte mit meiner Familie viele leckere Sachen gegessen, gelacht und gespielt. Ein toller Tag.
Ein kleiner bunter Schmetterling flatterte um mich herum und ich staunte wie schön die Natur doch sein konnte.
Klopf, klopf, klopf.
Wieder wurde ich aus meinen Tagträumen vom Plätschern des Regens geweckt.
Da ich keine Lust mehr hatte, wie eine Oma aus dem Fenster zu gucken, schnappte ich mir einfach meinen Regenmantel und Stiefel, rannte zu meinem Auto und fuhr einfach aufs geradewohl drauf los.
Besser so, als nix tun, dachte ich mir. Ich werde sonst noch bekloppt in der Birne.
Die schönen Fachwerkhäuser des Ortes flogen an mir vorbei. Allesamt guckten sie mich mit grauen, großen Augen an, als wollten sie mir etwas sagen.
Ich fuhr und fuhr, wohin wusste ich nicht. Erst als ich am Waldrand parkte, merkte ich wohin ich in meiner Verzweiflung, dem miesen Wetter zu entkommen, gefahren war. Zum See.
Ich stiefelte durch Morast und Schlamm und hielt erst unter der alten Eiche an.
Ohne Blätter wirkte sie noch riesiger, unheimlicher. Dunkle Schatten umgaben sie.
Auch der See wirkte nicht gerade einladend.
Vor mir lag ein schwarzes Loch mit Brackwasser. Gefährliche Wellen wühlten ihn auf, so als ob jeden Augenblick sich ein Ungeheuer aus seiner Tiefe erhob.
Mir wurde ganz übel. Tolle Idee hierher zu kommen. Echt toll.
Ich spürte geradezu, dass etwas nicht stimmte.
Plötzlich stellten sich meine Nackenhaare empor und mein Puls erhöhte sich drastisch.
Ich drehte mich um und wollte nur noch so schnell wie möglich zum Auto zurück als ein Blitz über mir in dem Baum einschlug und mir das Bewusstsein raubte.
Es wurde mit einem Mal schwarz und da war nichts. Rein gar nichts.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit und völlig aus dem Nichts heraus, kitzelte mich etwas an der Wange. Dann an der Nase und ich musste niesen.
Tote niesen nicht, dachte ich noch und schlug die Augen auf. Komischerweise tat mir rein gar nichts weh. Als hätte mich kein Blitz getroffen.
„Ich dachte schon, du willst hier ewig liegen bleiben. Nun steh schon auf Mädchen, wir müssen endlich los.“
Wie, was – wir müssen los? Wohin müssen wir? Ich sah nach oben. Vor mir stand ein kleines Männchen. Ein sehr eigenartiges Wesen.
Reichte mir grad mal bis zur Brust. Er hatte lange Haare, einen langen Ziegenbart und waren das etwa Hörner auf dem Kopf?
Ich rappelte mich auf. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört. Komisch. Die Nachrichten hatten doch für die ganze Nacht Regen angesagt.
„Was ist denn nun? Brauchst du immer so lange? Komm endlich auf die Hufe. Bist du taubstumm oder so?“
Das Männchen kicherte plötzlich in sich hinein.
„Hufe, hi hi.“
Irgendetwas stimmt hier doch nicht. Es war dunkel geworden.
Nacht und doch nicht Nacht. Es war schwarz, aber ich konnte in dieser Schwärze alles gut erkennen. Die knorrige alte Eiche wirkte noch bedrohlicher als vor meinem Ohnmachtsanfall. Denn das musste es gewesen sein. Und der See?
So tiefschwarz kann ein Gewässer gar nicht sein. Der Himmel war schwarzrot überzogen und auch der Mond war rot.
„Wer bist du und was willst du von mir?“
Der Kleine stöhnte.
„Wir haben keine Zeit. Ich erklär dir alles unterwegs.“
Er zog mich hoch und als ich an ihm herunter blickte, sah ich dass er keine Beine, sondern Hufe hatte.
Irrwitzigerweise fing ich mit unkontrollierten Lachen an, als ich mich an seinen Witz erinnerte.
Das Männchen setzte eine ernste Miene auf und sprach:
„Ich bin der Pan, dein Wegbegleiter.
Ich werde dich zu deiner Bestimmung führen.
Eine Aufgabe ist es, die du bewältigen musst.
Wisse, die Menschheit ist von großer Bedrohung umgeben.“
Seine Stimme war mit einem Mal nicht mehr leise kichernd sondern kräftig und stark. Er nahm meine Hand und führte mich zu dem alten Baum.
„Du bist die Auserwählte.
Geboren im Himmelsreich.
Gekommen auf die Erde um zu retten, wer gerettet werden will. Du wirst es Vermögen dem Bösen Einhalt zu gebieten und Retterin der Menschheit zu sein.“
Na das war doch mal eine tolle Ansprache. Ich glotze den Pan ungläubig an.
„Zwick mich bitte mal. Ich glaube, ich träume noch.
Aua, doch nicht so doll!“
„Können wir jetzt gehen, Mädchen?“
Seine Stimme war samtweich und voller Mitgefühl.
So was kann nur mir passieren. Wahrscheinlich bin ich am Fenster eingeschlafen oder so und inmitten eines eigenartigen Traumes gelandet.
„Es tut mir leid, ich muss dich enttäuschen. Dies ist die Realität und du musst nun mit mir kommen.“
Jetzt las der Typ vor mir auch noch meine Gedanken.
Hatte ich eine Wahl? Hatte ich jemals die Möglichkeit gehabt zu entscheiden, was ich wohl wollte? Jetzt schon.
Ich konnte einfach nein sagen, mich umdrehen und gehen. Ganz klar.
„Mein liebes Mädchen, denk nicht mal daran.“
Seine erstaunlich starke Hand packte mich und er zog mich einfach mit sich.
Die schwarzen Äste der Eiche fingen plötzlich an sich zu bewegen.
Obwohl es windstill war.
Mit einem Mal tat sich inmitten des großen Stammes eine Öffnung auf.
Ein Eingang, so dunkel und verhangen, dass sich meine Körperhaare an Armen und Beinen vor Angst aufstellten.
Und so zog der Pan mich mit hinein, ins Dunkle.
Ich tappte ihm hinterher, voller Angst. Was blieb mir anderes übrig nachdem sich der Eingang hinter mir wieder geschlossen hatte.
Der Pan hatte mich längst los gelassen, so dass ich mich allein zurecht finden musste. Der Boden war weich und glitschig. Ich sah überhaupt gar nichts.
Bloß nicht ausrutschen, dachte ich mir. Bloß nicht.
Irgendwann bemerkte ich ein Licht.
Wir kamen in einer Höhle mit glitzernden Wänden an. Überall befanden sich Wurzeln, als wären wir direkt unter der Erdoberfläche. Große und kleine Wurzeln schlängelten sich an Wänden, Felsbrocken und auf dem Boden entlang.
Eigenartige, aber dennoch sehr schöne schwarze Blumen mit glitzernden Blüten wuchsen in den Ecken und verströmten einen süßen Geruch.
Aber da war noch etwas anderes. Ein anderer Geruch. Ich wusste noch von früher aus dem Chemieunterricht was das war.
Eindeutig Schwefel.
Wo genau war ich nur gelandet?
„Du hast nun deine erste Hürde bestanden.“
Was? Na, wenn das so schnell geht, bin ich bald aus diesem Alptraum wieder raus.
„Ähm, Entschuldigung Herr Pan, aber was bitte war denn meine erste Hürde?“
„Nenn mich einfach nur Pan“, brummelte dieser.
„Du bist mir hierher gefolgt. Das war deine erste Aufgabe.“
Ich fühlte mich irgendwie betrogen. War ich doch nicht freiwillig in diesem Loch gelandet. Ich hatte unfreiwillig eine Welt betreten, die mir Angst machte. Vor allem wusste ich nicht, was noch auf mich zu kommen würde.
„Wie lautet denn meine Aufgabe?“
„Vorab erst einmal musst du die Rüstung und das Schwert der Reinheit und Liebe finden.“
Na klar. Was sonst wohl?
Dieser Typ vor mir hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Eindeutig.
Was bitte sollten diese Dinge sein und wo finde ich sie?
„Nur du allein kannst dich dem Bösen entgegenstellen. Du bist die Auserwählte.“
Irgendwie hatte ich das schon gehört. Bla bla bla.
Die Höhle war sehr groß und wohl auch sehr hoch, da ich die Decke nicht sehen konnte.
Plötzlich wuchs der Pan neben mir zu seiner wohl richtigen Größe heran.
Da ich nur ein halber Meter auf Beinen bin, musste ich nun wohl oder übel nach oben gucken.
Der Pan war ein eigenartiges Wesen und obwohl mich diese Aufgabe ungemein ängstigte, mochte ich ihn irgendwie.
Er verströmte trotz der eigenartigen Dinge, die er sagte, Zuversicht und Vertrauen.
Aber das war hier der reine Wahnsinn.
„Also, noch mal. Wie finde ich nun diese Dinge?“
„Sieh in dich hinein, sieh in dein Herz, Mädchen. Finde die Liebe zu allen Dingen und Wesen die es auf der Welt, im Diesseits und Jenseits gibt. Du kannst es, du weißt wie es geht. Wir haben jedoch keine Zeit. Du musst dich beeilen.“
Wie um seine Worte zu untermauern fing der Boden unter mir an sich zu bewegen.
Einem Erdbeben gleich wurde ich durchgerüttelt. Angst befiel mich, so dass ich ohne nachzudenken mich fest an den Pan drückte, welcher mich wiederum mit seinen großen behaarten Armen festhielt.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit hörte das Beben auf.
„Was war das?“
Meine Stimme zitterte. Gleich würde ich in Ohmacht fallen.
„Das war das Böse. Es macht sich bereit auf die Erde zu gelangen. Dies wäre der Untergang der Menschheit und allen Lebens.“
„Ich schaffe so was nicht. Ich kann das nicht“, fing ich an zu weinen.
„Ich will endlich aufwachen.“
Tränen der Angst und Verzweiflung rannten an meinen Wangen herunter.
„Du musst. Nur du kannst uns allen helfen. Auch mir.“ Seine eben noch starke und kräftige Stimme war einem Flüstern gewichen. Auch er hatte Angst.
„Was ist das Böse?“, fragte ich zaghaft.
Im Grunde wollte ich es nicht wissen. Doch einmal ausgesprochen, fing der Pan auch schon an zu erzählen.
„Am Anfang aller Zeit gab es im Himmelreich nur glückliche und freundliche Wesen. Jeder war gut und lieb zu den Anderen. Doch im Laufe der Zeit, in einer Zeit des Nichtstuns, veränderten sich einige Charaktere. Missgunst und Hass begannen sich in einigen Herzen festzusetzen. In einem Herzen am meisten. Es war mit der Zeit ganz schwarz geworden. Gott, der Herr im Himmelreich, bat nun diesen Engel Liebe in dessen Herz zu lassen und dagegen anzukämpfen. Doch, es nützte nichts, das Böse blieb. So musste Gott nun einen seiner liebsten Engel aus dem Himmelreich verstoßen. Dieser fiel nun auf die Erde. Mit seinem mittlerweile schwarzen Flügeln jedoch, wurde er direkt in die Erdmitte verbannt. Dort scharrte er im Laufe der vielen Jahrtausende seine Anhänger um sich und erschuf eine Armee des Bösen, um Rache zu nehmen an seinem Vater.“
Der Pan endete mit einem lauten Aufseufzen und mir wurde ganz schlecht. Ich würde der gesamten Hölle und deren Ausgeburt allein entgegenstehen.
Das waren ja rosige Aussichten. Dann doch lieber am Fenster sitzen und den grauen Tag frohlocken.
Das konnte nicht sein Ernst sein. Wie bitte sollte ich das anstellen?
„Wie soll ich das nur schaffen?“
„Mit der Rüstung und dem Schwert der Reinheit und Liebe wirst du das Böse besiegen! Finde diese Dinge, schnell.“
Ein weiteres, jedoch schwächeres Beben durchfuhr die Höhle.
Ja, toll. Ins Herz schauen und schwubs finde ich Zugang zu diesen Dingen.
Ich kannte mich ein bisschen in Esoterik aus, aber auf dieser Ebene bewegte ich mich so rein gar nicht.
Ich schloss meine Augen. Das Beben lies die Erde unter meinen Füßen wackeln. Der Schwefelgeruch wurde immer stärker.
Ich musste versuchen in mein Herz zu schauen, wie auch immer das gehen sollte. Also, tat ich was mir gesagt wurde.
Da war …. erst mal nicht viel. Ich empfand in mir drin viel Angst und spürte das Beben dann auch noch. Und was ist da noch?
Irgendwie wurde mir ganz warm.
Als würde ich mich in einem Kokon befinden und mir würde nichts mehr passieren können.
Wenn ich mir diese Dinge einfach vorstelle? Vielleicht finde ich sie dann auch?
Der Pan schaute die ganze Zeit auf meine Mimik. Und dann staunte er.
„Ja, das bringt nichts. Ich kann das einfach nicht.“ Entmutigt öffnete ich meine Augen und sah den Pan an. „Es tut mir leid.“
Doch dann sah ich es.
Meine Augen mussten sich einen Augenblick an die plötzliche Helligkeit gewöhnen und mir wurde schon wieder ganz übel.
Vor mir auf dem Boden lage eine goldene Rüstung mit einem riesigem Schwert.
Die Sachen funkelten so herrlich und tauchten die gesamte Höhle in ein goldenes Licht.
Vor allem das Schwert war außergewöhnlich.
Auf seiner Klinge befanden sich Eingravierungen und mystische Zeichen, deren Bedeutung ich nicht kannte.
„Ich sagte es doch. Du bist die Auserwählte.“
Ich schniefte. Nie und nimmer hatte ich das Teil dahin gezaubert.
„Du hast mir das hingelegt während ich meine Augen geschlossen hatte.“
„Nein, das warst du allein. Wir müssen nun weiter gehen.“
Ich zog also die Rüstung an, die wie für mich geschaffen schien.
Sogar das Schwert war so leicht wie eine Feder, so dass ich es ohne weiteres heben und schwingen konnte. Einen Augenblick fühlte ich mich fantastisch stark.
Ich sah toll aus.
Ein Ritter in Rüstung.
Wenn mich jemand so sehen würde.
Die Leute würde mich höchst wahrscheinlich für einen mittelalterlichen Freak halten, aber ich fand, ich sah sehr schön aus.
„Das Gold betont deine langen dunklen Haare und großen braunen Augen. Du siehst wirklich sehr schön aus, Mädchen. Jetzt bist du eine Kriegerin.“
Er machte eine kurze Pause und sah mich an.
„Aber wir müssen nun los.“
Es fehlte jetzt nur noch, das er eine goldene Uhr aus dem Fell zog, wie bei Allice im Wunderland.
Bei dem Gedanken mußte ich kichern.
Der Pan erfasste meine Hand und zog mich weiter durch die Höhle hindurch.
Am Ausgang, ich glaube es sollte einer sein, hielt er an.
„Du musst nun den Weg allein weiter gehen. Bis hierher durfte ich dich begleiten. Denk immer daran, öffne dein Herz.“
Ich wollte gerade etwas erwidern, als er mir einen festen Stoß gab.
Ich verlor mein Gleichgewicht und konnte nur noch mit meinen Armen rudern. Und dann fiel ich in einen riesigen dunklen Abgrund.
Dieser war so tief, dass ich irgendwann mein Bewusstsein verlor.
Doch mein starker Aufprall am Ende des Nichts weckte mich abrupt aus meiner Hoffnung wieder aufzuwachen aus diesem Albtraum.
Mir taten alle Knochen weh, aber unglaublicherweise schien nichts gebrochen zu sein.
So rappelte ich mich langsam hoch und sah mich um.
Es war heiß.
Unsagbar heiß.
Ich stand inmitten einer Wüste aus gelben Steinen, Bergen und jede Menge Sand.
Die Ebene schien unendlich weit zu sein.
Eine wahnsinnige Hitze schlug mir mitten ins Gesicht.
Alles war in ein rot gelbes Flimmern getaucht.
Am liebsten wollte ich meine Rüstung ausziehen, welche anfing am Körper zu schmerzen.
Mir brach der Schweiß aus und strömte aus allen möglichen Körperöffnungen.
Durst, dachte ich. Wenn ich nur etwas Wasser dabei hätte.
Während ich Ausschau hielt, wohin ich gehen sollte, wurde mir die Entscheidung bereits abgenommen.


In der Luft schwirrten mit einem Mal eigenartige Wesen. Sie kamen direkt auf mich zu.
Eine Angst erfasste mich wie ich sie noch nie gespürt hatte.
Meine Beine fingen an zu zittern und vor Schwäche wäre ich fast in Ohnmacht gefallen.
Das ist die Armee, kam es mir in den Sinn.
So schnell hatte ich nicht damit gerechnet mit dem Übel konfrontiert zu werden.
Hunderte geflügelter und gehörnter Wesen stürzten sich auf mich herab, nur um mich in tausend Stücke zu zerreißen.
In meiner Angst hielt ich das Schwert hoch und fing an zu schreien. Tränen traten mir in die Augen.
Doch dann erfasste mich eine wahnsinnige Wut auf diese Viecher, die mich zerstückeln wollten. Ich legte all meine Kraft zusammen.
Mit einem Mal, inmitten meines Schreiens kam ein weißes, grelles Licht aus dem Schwert heraus und erfasste alles um mich herum.
Ein markerschütterndes Kreischen ertönte über meinem Kopf.
Wie Fliegen fielen die Dämonen aus der Luft und blieben regungslos am Boden liegen.
Allesamt waren sie tot.
Ich konnte es kaum glauben. Staunend starrte ich auf die weite Ebene.
Mich erfasste so etwas wie Hoffnung das Ganze hier zu überstehen.
Wie dumm ich nur war, sah ich im nächsten Moment.
Ein weiterer Schwarm Dämonen kam auf mich zu.
Größer, hässlicher als ich es mir je vorstellen konnte.
Während ich mich darauf konzentrierte wieder das Licht aus dem Schwert zu entfachen und auch zu halten, schafften es einige dieser Geschöpfe dicht an mich heran zu kommen. Ich spürte bereits ihre Flügelschläge.
Ihr fauler Atem schlug mir ins Gesicht.
Mir wurde speiübel.
Sie griffen nach mir und wollten mir mit ihren langen Fingern ins Fleisch greifen.
Ich riss mein Schwert herum und begann um mein Leben zu kämpfen.
Irgendwie musste es gehen.
Ich schlug um mich, die Leiber und Köpfe rollten.
Schwarzes, dickes Blut schoss mir entgegen, so dass ich kaum noch sehen konnte, aber ich hörte nicht auf zu kämpfen.
Mehrmals wurde ich hart an meinen Armen und Beinen getroffen, jedoch schützte mich meine Rüstung vor großen Verletzungen.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit war der Horror vorbei.
Totenstille umgab mich.
Ich stand allein in sengender Hitze. Um mich herum lagen die Leichen hunderter, ja tausender Dämonen.
Hatte ich diese Wesen allesamt getötet?
Ihr verwesender Gestank erfüllte die Luft und nahm mir meinen Atem.
Vor Schwäche wäre ich fast auf den Boden gefallen und stütze mich nur mühsam auf.
Dann hörte ich es.
Ein Beben solchen Ausmaßes, dass es mich zu Boden riss.
Panik erfasste mich. Hatte ich doch gehofft, dass mein Kampf vorbei war.
Als ich ihn das erste Mal sah, währe ich fast hyterisch geworden.
Meine Arme und Beine fingen mit einem unkontrollierten Zittern an. Der blanke Horror stand mir auf meinem blutverschmierten Gesicht zu stehen.
„Bitte, lass das nicht wahr sein. Bitte, lass mich aufwachen“, flüsterte ich leise.
Ich versuchte auf die Beine zu kommen. Sie fühlten sich wie Gummi an.
Panik kroch in mir hoch.
Er war riesig, furchterregend und hässlich.
Und kam direkt aus der Ferne auf mich zu.
Sein fleischiger Körper war mit einer Art Schleim und Warzen übersät.
Riesige Hörner standen auf seinem Kopf.
Er überragte mich um ein etliches und sah gar nicht friedlich aus.
Ein solches Ungeheuer hatte ich noch nie gesehen.
Und so blickte er mich aus weiter Entfernung an.
„Du bist die Auserwählte?
Du wirst heute sterben!“
Er brüllte mir diese Worte entgegen und raste mit einem Mal auf mich zu.
Mir blieb das Herz stehen.
„Ja“, sprach ich mit lauter und kräftiger Stimme dem Ungetüm entgegen.
„Heute ist ein guter Tag zum Sterben.“
Lieber Gott im Himmel, gib mir Kraft dies hier zu überstehen, schoss es mir durch den Kopf.
Ich war stark verwundet worden und blutete aus mehreren Stellen.
Meine Kraft schwand.
Doch das Ungeheuer blieb aufgrund meiner Worte mit einem Ruck vor mir stehen.
Gelbe, blutunterlaufene Augen funkelten mich bösartig an.
Ich fühlte instinktiv, dass ich mit meinem Schwert hier nicht viel anrichten könne.
Dies schien auch der Leibhaftige vor mir zu wissen, denn er trat bedrohlich nah an mich heran.
„Mein Name ist Luzifer“, dröhnte er mir entgegen.
„Du bist die Auserwählte und du wirst heute durch meine Hand sterben, auf dass ich meine Herrschaft beginnen kann.“
Ein Untergangsszenario spielte sich ungewollt vor meinen inneren Augen ab.
Dämonen, die auf die Erdoberfläche krochen.
Menschen liefen schreiend davon, suchten nach Verstecken und wurden von den Wesen gejagt.
Die Erde war blutrot getränkt, der Himmel brannte.
Es roch nach Tod.
„Niemals!“, schrie ich dem Teufel entgegen.
„Hörst du. Niemals! Das werde ich nicht zulassen!“
Und dann tat ich etwas, was ich selber nie vermutet hatte dies zu tun.
Ich trat an den Dämon vor mir heran, legte meine Arme um ihn und küsste ihn. Ein warmes Gefühl schoss durch meinen Körper.
Gleichzeitig merkte ich jedoch wie sich scharfe Krallen in meine Eingeweide drückten.
Ungläubig sah ich an mich herab.
Er hatte mich einfach aufgespießt.
Dickes Blut quoll aus mir heraus, als der Dämon mit einem Ruck seine Krallen aus mir heraus zog.
Vor Schmerz krümmte ich mich zusammen.
Ich sah nach oben in sein Gesicht und eine einsame Träne lief meine Wange herab.
„Siehst du, Auserwählte.
Du bist klein und schwach.
Du kannst mich niemals bekämpfen.“
Ein dröhnendes Lachen erklang und ich hörte, wie die Dämonen aus ihren Löchern krochen, um mich fallen zu sehen.
Blutrot färbte sich der Boden unter mir, Flammen schlugen mir entgegen und ich konnte nichts anderes tun als zu sterben.
Der Schmerz, welcher in meinem Leib brannte, brach mit einem Mal ab und ich fiel.
Doch dann, inmitten der roten Flammen, die mich aufgefangen hatten, traf eine große und helle Lichtsäule meinen sterbenden Körper.
Leise Stimmen riefen meinen Namen.
Einen Namen den ich nicht verstand.
Wer bin ich?
Ich sah nach oben und erkannte mit einem Mal, wohin meine Reise nun gehen würde.
Meine Seele machte sich auf dem Weg in den Himmel.
Nach Hause.
Es fühlte sich komisch an, nach Hause.
Doch so war es.
Ich schwebte in dieser wunderschönen Lichtsäule nach oben. Ein Rauschen erfüllte die Luft, als mir viele Engel entgegenkamen, um mich auf meinem Weg zu begleiten.
Eine tiefe Freude erfasste meine Seele.
"Ich komme endlich heim", flüsterte ich leise.
Und so sah ich ein letztes Mal nach unten.
Dort stand er. Luzifer.
Inmitten seiner selbst erschaffenen Hölle, umgeben von seinen Untertanen.
Er schaute mir hasserfüllt und schadenfroh entgegen.
„Sieh hin, Auserwählte.
Seht her, ihr da Oben.
Meine Schreckensherrschaft wird sogleich beginnen. Ihr seid dem Untergang geweiht!“, brüllte er.
Ich hatte versagt.
Mein Tod war völlig unnötig gewesen.
Grauen erfasste mich, als ich hinab in die Hölle sah und den Aufstand der Dämonen vor meinen Augen sah.
Doch plötzlich begann eine Verwandlung in Luzifers Körper.
Er zuckte und wand sich. Sein riesiger Leib schien zu schrumpfen, der Schleim verwandelte sich in Haut. Warzen und Hörner verschwanden.
Ungläubig starrte Luzifer an sich herab als seine Pein vorüber war.
Da stand er nun.
Ein gefallener und schöner Engel mit schwarzen Flügeln, schwarzen langem Haar und dunklen Augen.
„Nein“, schrie er mir entgegen.
„Das kann nicht sein.“
Doch es befand sich keine Wut mehr in seiner nunmehr schönen Stimme.
Verzweiflung und Trauer hatten sich breit gemacht.
Er sah mich an und eine schwarze Träne lief an seiner Wange herunter.
Mein Kuss hatte in seinem Herzen einen Funken Liebe gesetzt.
Und diese Liebe begann zu wachsen.
Immer mehr Tränen weinte er nun.
Immer mehr, bis mit einem Mal all der Hass heraus war.
Eine letzte, klare und salzige Träne fiel dem Engel nun auf den Schoß.
Seine Flügel hatten sich in ein helles Weiß verwandelt.
Er blickte nach oben in den Himmel und flüsterte:
„Vater, was habe ich getan? Bitte vergib mir.“

Und ich antwortete ihm leise: „Es sei dir vergeben!“

Auf dem Weg zu meinem Ursprung wusste ich nun, wer ich war.
Ich erkannte, warum ich diesen Weg auf mich genommen hatte.


"Mein Name ist Magdalena.
Ich bin die Tochter Gottes und dies hier ist meine Geschichte.“




Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.01.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Alle Rechte sind mir vorbehalten!

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