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Lebenswandel


Jeder Mensch, egal ob Mann, Frau oder Kind hat immer eine Wahl. In jeder Situation muss die Entscheidung getroffen werden. Und wenn sie manchmal denken, dass es nur einen Weg gibt, irren sie sich. Sie haben immer eine Wahl.
Doch was ist, wenn man etwas Anderes ist. Ich meine, kein normaler Mensch? Wenn jener Weg eigentlich schon vorherbestimmt ist. Hat man dann immer noch die Chance zu wählen? Diese Frage schwirrte mir seit einiger Zeit durch den Kopf, aber ich wusste nicht, wie bedeutsam es sein kann, die Antwort darauf zu wissen.
Ich will nicht sagen, dass ich etwas Außergewöhnliches oder Besonderes bin. Okay, außergewöhnlich vielleicht schon. Eher würde ich mich als unnormal bezeichnen. Eigentlich bin ich nur ein gerade achtzehn gewordenes Mädchen, das noch zur Schule geht und schon lange wusste, dass es ein kleinwenig anders und nicht weit vom Durchdrehen entfernt ist. Aber halt nur eigentlich, denn das, was ich vor einer Woche an, in der Nacht zu meinem Geburtstag erlebt habe, sollte plötzlich mein ganzes Leben verändern. Ich bin nicht gerade der Jungs Schwarm oder eine Tussi, außerdem verbringe ich viel Zeit mit lernen, so bleibt nicht viel übrig für Freunde oder so. Der typische Außenseiter- Streber-Typ eben. Mich hat es nie gestört, dass die Anderen in der Schule mich „Biene Maya“ nennen oder meinen Namen Amaya irgendwie anders verunstalten. Somit hatte ich auch keinen Ärger. Da mein Vater uns kurz nach meiner Geburt verlassen hatte, er meinte es sei zu meinem Besten, und meine Mumm jeden Tag bis in die Nacht arbeitet, hatte ich das ganze Haus für mich allein. Alleinsein ist für mich wie eine Droge, sobald ich sie genießen kann, bin ich innerlich vollkommen zufrieden. Ich verbrachte die Zeit mit Essen, Fernsehen und Lesen. Eigentlich hatte ich vor, bis 24 Uhr wach zu bleiben und dann an meinen 18. mit mir selbst anzustoßen. Leider jedoch fielen mir schnell die Augen zu. Doch urplötzlich, ich weiß nicht warum, schreckte ich auf. Ich schaute auf meinen kleinen Wecker. Es war fünf Minuten vor 0 Uhr. Grinsend sprang ich auf. Super! Jetzt gibt es doch noch Sekt. Ich rannte in unsere Küche im Untergeschoss, schnappte mir den Sekt und war schon auf der Treppe, als ich ein seltsames Geräusch oben aus meinem Zimmer hörte. Langsam ohne ein Laut zu machen, stieg ich die Treppe hoch. Mit der Sektflasche schlagbereit in der Hand, öffnete ich mit einem Ruck die Tür, sprang herein und wirbelte mit der Flasche umher. Nichts. Ich kam mir total lächerlich vor. „Du machst dich noch selbst verrückt.“ Doch genau in diesem Moment, um meinen inneren Konflikt noch zu verstärken, kam dieses komische Geräusch wieder. Es war näher. Ich wusste wo es herkommt. Unter meinem Bett. Das war‘s jetzt also. Es ist kurz vor 0 Uhr und irgendetwas Seltsames ist unter meinem Bett. Toll, kein Wunder, dass ich vollkommen durchdrehe. Immer noch mit der Flasche in der Hand näherte ich mich meinem Bett, kniete mich hin und hielt inne. „Was..?!“ Dieses Geräusch kam von einer kleinen Kiste unter meinem Bett. Ich erinnerte mich an den Tag, als ich sie bekam. Meine Mutter erklärte mir, dass mein Vater uns damals alleine sitzengelassen hat. Nur diese kleine Kiste hatte er für mich zurückgelassen. Sie war aus altem dunklem Holz und sah handgemacht aus. Auf dem Deckel befand sich ein Schnittmuster. Es zeigte ein Drachen, der sich um den Mond schlängelte. Ich hatte die Kiste nie aufgemacht und schon nicht mehr dran gedacht, da mein Vater meinte, ich solle die Kiste nur öffnen wenn sie geöffnet werden will. Ich habe nie verstanden, was er damit meinte, aber ich hatte das dumme Gefühl, dass dieser Zeitpunkt jetzt gekommen war. Ich führte meine Hand ganz langsam näher und schnappte mir die Kiste. Nach einigen Sekunden, nachdem ich mir sicher war, das der Holzklotz nicht wegspringt, hielt ich ihn in beiden Händen vor mir. Was ich sah, ließ mich erstarren. Der farblose in Holz geschnitzte Mond auf der Kiste fing in meinen Händen an zu Leuchten. Nein, eher zu strahlen. Plötzlich strahlte er so stark, dass ich nichts mehr sah, und das Letzte was ich hörte, bevor mir schwarz vor Augen wurde, war das Schlagen der Uhr um 0 Uhr im Wohnzimmer.
„Komm zu dir meine kleine Nacht, wach auf, es ist Zeit.“ Ich konnte nicht einordnen, woher die Stimme kam. Irgendwie von ganz fern, aber gleichzeitig hatte ich, dass Gefühl das sie aus meinem tiefsten Inneren drang. Diese Erkenntnis lichtete den Nebel über meinen Sinnen ein wenig und ich nahm mit einem Schlag mehrere Dinge auf einmal wahr. Ich lag immer noch, aber nicht auf dem Boden in meinem Zimmer. Ich roch den Regen, der noch an dem feuchten Gras klebte. Das Rauschen eines Meeres ganz in meiner Nähe konnte ich hören und dessen Salz aus der Luft schmecken. Plötzlich bewegte sich etwas und mir wurde mit einem Schlag klar, dass ich nicht alleine war. Alles in mir zog sich zusammen, ich konnte kaum noch richtig atmen, aber ich war wieder Herr über meine Sinne. Mein Plan? Ich hatte keinen, ich wusste nur, dass ich weg muss. Ich öffnete die Augen, sprang auf und erstarrte. Ich konnte nicht fliehen, mich retten und in Sicherheit bringen. Dieses Geschöpf, welches in voller Pracht vor mir stand fesselte mich an den Boden. Zuerst sah ich nur diese wunderschönen, smaragdgrünen, großen Augen. Doch dann begann ich, es zu mustern. Es war groß, ähnelte von der Form und Länge einer Schlange, aber mit sehr viel mehr Masse und einem größeren Kopf. Außerdem besaß es riesige Flügel, die unglaublich kraftvoll und ästhetisch wirkten. Der ganze Körper sah irgendwie geschuppt aus und die blaue Farbe des Körpers schien sich je nach licht zu verändern, aber ich konnte es nicht direkt erkennen, denn die nächste Faszination überrollte mich. Um das Wesen, welches vor mir stand, ranken sich viele Mythen und Geschichten, aber so was konnte es doch nicht wirklich geben, oder? Ich meine, es ist ein Drache. Ich kam mir völlig hilflos vor. Drehe ich jetzt völlig durch? Nein. Der Drache war echt und auch wenn es ein Traum ist, ist dieser Drache echt. Das sagt mir mein Gefühl.
„Du bist es also.“ Was?!Dieses Ding redet mit mir. Ehm nein. Ich meine, ich höre ihre Stimme in meinem Kopf. Hieß das etwa.
„Ja, ich kann auch hören was du denkst. Aber bitte habe keine Angst, ich tu dir nicht weh.“ Es klang so ehrlich und die Augen sagten auch die Wahrheit, dass ich es nur glauben konnte. Ich dachte weiter, diesmal mit Vorbehalt, da ich nicht alleine in meinem Kopf war. Sie ist ein Drache. Ein wunderschönes Geschöpf, so kraftvoll. „Danke“ ertönte es zwischen meinen Gedanken. Ich lächelte sie an. Aber was hat das alles mit mir zu tun, dachte ich weiter, wieso ich. Und warum nennst du mich kleine Nacht. Das ergibt doch alles keinen Sinn? „Ganz ruhig. Ich werde dir alles erklären, doch du musst zulassen, dass ich weiter in deinem Kopf bin“ Meine Antwort klang fest und überzeugt. „Hab ich eine Wahl?“ Eine Spur von Traurigkeit huschte über ihr Gesicht und das bekräftigte meine Aussage. „Vor langer Zeit, niemand kann genau sagen, wann, gab es einen sehr wissbegierigen neugierigen Mann. Doch eines Tages wurde ihm seine Neugier zum Verhängnis. Er ist zum Forschen in einen gefährlichen tiefen Wald gezogen und wurde dort von einer Schlange gebissen. Er musste höllische Schmerzen erleiden. Um die Wunde zu säubern, ging er an einen See, welcher zwar roch und rauschte wie ein Meer, aber trotzdem ein winziger See war. So ging er ins Wasser, aber beim Säubern der Wunde wurde er ohnmächtig und sank immer tiefer. Der See war eine Pforte. Das Tor zur Geisterwelt, welches sich jeden Monat einmal öffnet und zwar in der Vollmondnacht.“ Ich kombinierte. „In dieser Nacht war Vollmond.“ „Genau. So öffnete sich in dem Moment wo der verwundete Mann in die Tiefe sank das Tor und die Geister strömten in ihn hinein. Als er dann wieder aufwacht, am Rand des Sees, hatte er am Fußknöchel, an der verwundeten Stelle ein komisches Tattoo. Es zeigte zwei Drachen. Einen weißen und einen Schwarzen die sich in einem Kreis um schlängelten.“ „Das Ying und Yang Zeichen.“ „Naja, sagen wir eher der Ying und Yang Kreis. Egal. Jedenfalls wusste er nicht, was dies bedeutet und ging nach Hause. Man sagt, in der Zeit seiner Abwesenheit ist in sein Haus eingebrochen worden und einige seiner wertvollsten Sachen wurden gestohlen. Das machte ihn wütend. Doch er konnte diese Wut nicht mehr kontrollieren. Sie schoss durch seinen Körper, seine Gliedmaßen verformten sich und er verwandelte sich in einen riesigen Drachen. “ „Den ersten Drachen.“ ergänzte Ich. „Mit den Jahren lernte er die Wut zu kontrollieren und beherrschte es bald, sich zu verwandeln, wann er wollte. Er dachte, er würde der einzige seiner Art bleiben, doch sein Sohn, an seinen 18. Geburtstag, wurde auch zu diesem Geschöpf. Alle seine Nachfahren. Sie alle haben das Drachengen “ Ich schluckte. Das Gen existiert immer noch. „Genau. Das Drachenblut ist nie ausgestorben. Bis heute nicht.“ Sie schaute mich mit einem eindringlichen Blick an. „Nein, das kann nicht sein. Ich habe niemand in meiner Familie der so etwas…“ Mich traf es wie ein Schlag. „Mein Vater“ Ich konnte es nicht fassen. „Er ist einer der stärksten Drachen in der heutigen Zeit. Du hast sein Gene.“ Ein Schmerz durchzuckte mich. Er hat uns verlassen. „Auch wenn du es nicht glauben kannst, er hat es für dich getan. Er dachte, wenn du nicht in der Umgebung eines anderen Drachen bist, setzt sich das Gen nicht durch, aber es war anscheinend zu stark“ Okay, das wurde mir jetzt langsam zu viel und mein Schwindel kehrte zurück. „Amaya ganz ruhig.“ „Heute ist mein 18. Geburtstag, d.h. ich werde mich verwandeln.“ „Ich denke schon“ „Was ist in der Kiste?“ Sie schaute mich schmerzerfüllt an. „Alles, was du jetzt erlebst, spielt sich in deinem Geist ab. Wir Drachen kommunizieren durch unsere Gedanken und Gefühle. Wenn du wieder zu dir kommst, musst du das Fläschchen in der Kiste unbedingt austrinken“ Mein Magen schlug Saltos. „Was ist das?“ „Du musst verstehen, wenn wir Drachen uns das erste Mal verwandeln ist es das Schmerzvollste überhaupt, da sich ja auch gleichzeitig das Tattoo in die Haut brennt. Die Wut aller Jahre löst sich mit einem Male wie eine Bombe. Es ist unkontrollierbar. Aber keine Angst. Es ist nur das erste Mal so schrecklich. Du wirst es lernen“ Um uns herum bildete sich Nebel. „So es wird Zeit für mich zu gehen“ Nein! „Habe ich eine Wahl?“ sie schaute mich nicht an und begann sich aufzulösen. Mir wurde langsam schwarz vor Augen „ Nein. Entschuldige.“. Ich hörte das unterschwellige Mitleid in ihrer Stimme

Rückkehr


Nun, jetzt bin ich hier. Ich habe getan was mir Nanami, der blaue Drache, der Drache des Meeres geraten hat. Ich habe meine erste Wandlung überstanden und bekam mein Tattoo. Selbst nach einer Woche tut es noch weh. Ich hatte mich erkundigt, warum die Augen des schwarzen und weißen Drachen nicht ausgefüllt sind. Nanami erklärte mir, das Auge sei der Spiegel der Seele und eines der Augen würde sich irgendwann ausfüllen. „Das Gute ist nicht immer hell meine kleine Nacht und das Böse bedeutet nicht immer Dunkelheit.“ Sie meinte diesen Satz sollte ich mir für immer merken, aber ich weiß nicht so richtig was er bedeutet. Sie war über mich verwundert. Sie hatte noch keinen Jungdrachen gesehen, der so schnell lernt. Ich konnte schon nach einigen Stunden Übung richtig fliegen und Feuerspeien ging eigentlich auch ganz leicht. Natürlich bekam ich noch Wutanfälle, welche dann zu einer Verwandlung führten, aber ich hatte mich halbwegs im Griff. Es war, als wäre ich neu geboren. Ich kann meine Augen scharf stellen, den kleinsten Laut hören, bis tief unter die Erde riechen, jedes Gewürz rausschmecken und den leisesten Hauch auf meiner Haut spüren. Ja, ich begann endlich zu Leben. Erst jetzt merke ich, was mir all die Jahre gefehlt hat. Das große Loch in meinem Inneren wurde durch mein Drachendasein gefüllt. Es ist ein Geschenk.
Ich versuchte so wenig aufzufallen wie möglich, versteckte meine Tattoo und tat so normal wie immer. Meine Mumm weiß von nichts. Ich glaube sie würde sich umbringen. Ihre einzige Tochter ein übernatürliches Geschöpf. Ein Problem war das wir Drachen nachtaktiv sind, deshalb schlief ich manchmal in der Schule einfach ein und einen Drachen kann man nicht so leicht aufwecken. Mittlerweile verstand ich auch, warum mich Nanami immer die kleine Nacht nennt. Amaya bedeutet Nacht. Irgendwie machte es mir anfangs Angst. Wenn ich an die Nacht dachte, erschauderte ich immer, sie war irgendwie unheimlich. Doch mittlerweile gehört sie zu mir. Sie ist kein Problem für meine geschärften Sinne, ich werde eins mit ihr. Sie fügt sich mir an und gehorcht mir. Nanami erklärte mir, dass manche Drachen besondere Kräfte haben. Sie kann das Meer beeinflussen, so wie ich die Nacht. Als Drache kann ich die Gedanken der Anderen hören und sie meine. Nanami und ich können sich schon über sehr weite Strecken unterhalten, da unsere Bindung zu einander stärker geworden ist. Aber ich höre nicht nur ihre Gedanken und das sagte mir das noch mehrere unserer Art in der Nähe waren. Bei diesem Gedanken steigt Unbehagen in mir auf, aber ich wusste nicht warum. Nanami sagte, ich kann andere Drachen aus meinen Gedanken raushalten, sie aussperren, mit sehr viel Kraft und Konzentration. Bei meinem Versuch, Nanami auszusperren, wurde ich sofort bewusstlos. Außerdem erklärte sie mir, dass Drachen mit einer sehr starken Bindung die Gefühle des anderen spüren und sogar in Menschengestalt sich gedanklich Botschaften schicken können. Faszinierend.
Überall ist Nebel. Ich kann nichts sehen. Vor meinen Augen liegt ein dunkler Schleier. Ich habe Angst, denn ich weiß, dass ich nicht alleine bin. Ich spüre die Anwesenheit eines Anderen. Eines Drachens. Bereit, der Wut nachzugeben, die Hitze in mir aufsteigen zu lassen und mich in einen wunderschönen tiefblau- schwarzen Drachen zu verwandeln wartete ich. „Es ist schön dich in unseren Reihen begrüßen zu dürfen meine kleine Nacht“ Die Stimme regte etwas in mir. „Wer bist du? Zeig dich!“ Mein Herz pochte mir bis zum Hals und die Angst schnürte mir die Kehle ab. „Spürst du es denn nicht? Das Band zwischen uns. Das Unzerstörbare?“ Er lacht höhnisch. „Nein, nein da ist nichts. Bitte wer bist du?“ „Bald bist du wieder mein. Wir gehören zusammen. Du wirst schon bald zu mir kommen.“ Er lachte lauter. Der Nebel verschwand und der Drache darin auch „Du musst bald zu mir kommen. Es ist deine Bestimmung.“ Ich höre das schlagen von Flügeln und dann ist da nur meine Angst und die gähnende Leere, die mich erdrückt.
Ich sitze in meinem Bett und schreie mir die Kehle aus. Erst als ich merke, dass ich geträumt hatte, höre ich auf und versuche mich zu beruhigen. Ich schaue auf die Uhr. Samstag drei Uhr nachmittags. Ich beruhige mich weiter, weil das heißt, meine Mutter ist arbeiten. Das war nicht das erste Mal, dass ich diesen seltsamen Traum hatte, aber ich konnte ihn nie so richtig miterleben, er war fern und berührte mich nicht. Doch dieses Mal war ich mitten drin. So was habe ich noch nie erlebt. Ich höre jemanden die Treppe hochstürmen und ein paar Sekunden später reißt sie meine Tür auf. Naja sie schleuderte sie eher weg. Dadurch, dass wir Drachen sind haben wir auch mehr Kraft und können uns schneller und lautloser bewegen. „Was ist los? Was ist passiert? Geht es dir gut?“ Nanami habe ich noch nie in Menschengestalt gesehen, doch ich erkannte sie sofort und bewunderte ihre außerordentliche Schönheit. Ich atmete schwer und sie kam zu mir herüber. „Amaya, du zitterst ja richtig. Ich war in deiner Nähe, weil ich irgendwie ein komisches Gefühl hatte und da habe ich plötzlich gehört, dass du wie eine Irre schreist.“ Ich denke darüber nach. Sie war in meiner Nähe. Sie passt auf mich auf. „Ich hatte einen komischen Traum“ „Du zitterst vor Angst. Um was ging es?“ Ich schaue sie an und sie versteht „Hattest du wieder diesen seltsamen Traum, den du schon seit einiger Zeit hast? Ich hatte gedacht, dass wäre nur wegen deiner körperlichen Veränderung und würde vergehen“ „Es war anders. Ich habe ihn erlebt. Außerdem war ich nicht alleine. Irgendein anderer Drache war auch da.“ Sie wird bleich „Konntest du ihn sehen?“ Ich strenge mein Gehirn an und werde mit einem schmerzend Stechen bestraft. „Mhhh…“ Ich versuche das Stechen wegzureiben um mich konzentrieren zu können. „Nicht direkt. Aber er sah ziemlich hell aus, vielleicht hellgelb oder grau. Und er hat mit mir geredet und gesagt das ich zu ihm gehöre und das ich zu ihm gehen werde“ Ich durchlebe den Traum ein zweites Mal „Nein. Er sagte ich muss zu ihm gehen. Weil es meine Bestimmung oder so ist. Er meinte auch, dass ich ihn kennen müsste. Die Bindung zwischen uns spüren sollte. Es war unheimlich“ Ich merke erst jetzt, dass Nanami nichts mehr gesagt hatte. Sie starrt ins Leere. „Was ist?“ Sie schaut mir tief in die Augen. „ Amaya, dieser hellgelbe Drache ist der gefürchtete Mond bzw. Tsukino, dein Vater“ Mein Mund steht offen „Das ist die Bindung, die er meinte“ „Ich befürchte ja und ich glaube es ist schlimmer als wir denken“ Sie zögert. „Was meinst du damit, Nanami? Bitte, ich muss es wissen!“ Traurig fährt sie fort. „Du musst wissen, nachdem dein Vater dich und deine Mutter verlassen hatte, veränderte er sich. Er ertrug den Verlust nicht und sah alles als ein Fluch an. Er entschied sich nicht für das Gute Amaya. Tut mir Leid, aber er hatte euch so sehr geliebt.“ Tränen steigen mir in die Augen. „Mein Vater ist böse und er will das ich zu ihm gehe.“ „Du weißt also das es nicht nur ein Traum war, oder?“ „Ich spüre es. Alles war zu real“ „Er schleicht sich in deine Träume ein.“ Ich sage nichts „Das er das kann liegt wahrscheinlich daran das dein Unterbewusstsein manchmal an ihn denkt und ihn vermisst“ Ich erstarre „Das heißt ich lasse ihn zu mir rein“ „Und rufst ihn zu dir“ Wir schweigen um über das Gesagte nachzudenken. Ich merke, dass noch ein kleines Detail fehlt. „Sag es. Du weißt das ich es wissen muss.“ „Dein Traum war dieses Mal richtig real, du hast dich mit ihm unterhalten und ihn gesehen, davor war er einfach nur da.“ „Es hat sich also was geändert. Und was? Ist er stärker geworden oder was?“ Ich sage es mit einer Spur Sarkasmus „Nein, schlimmer.“ Ihre Angst lässt uns Beide ernst werden „Er ist in deiner Nähe.“ Ich ziehe stark die Luft ein „Wie nah?“ Ihre Augen verengen sich. „Zu nah“
Ich spüre wie die Hitze in mir aufsteigt und meine Glieder anfangen zu zittern. Nanami merkt meine Fassungslosigkeit und mein Kampf gegen die Verwandlung. „Amaya ganz ruhig. Reg dich nicht so auf. Konzentrier dich, ich weiß, dass du es schaffst. Wandel es um, du weißt es ist keine Wut.“ Ich balle meine Hände zu Fäusten und atme tief durch. Nanami wartet geduldig darauf, dass ich mich beruhige. Nach ein paar Minuten setze ich mich völlig erschöpft aufs Bett, lege mein Kopf in die Hände und fange einfach an zu weinen. Ich spüre wie sich ihre warmen starken Arme um mich legen. „Hey. Ganz ruhig meine Kleine.“ Ich sacke innerlich vollkommen zusammen und kuschle mich in ihre Arme. „Warum macht er das? Wieso jetzt?“ Bringe ich zwischen meinen Schluchzen hervor. „Du bist noch ein Jungdrache. Unerfahren und leicht zu kontrollieren und zu beeinflussen. Du hast sein Drachengen, er ist dein Vater. Eine solche Bindung kann eigentlich nicht gebrochen werden.“ Ich schaue auf. „Ich will nicht so sein wie er.“ „Er ist ein Teil von dir, Amaya“ Ich springe auf und schreie plötzlich. „Was soll das heißen? Dass ich sowieso keine Chance habe, das er Recht hat und ich zu ihm gehen muss und genauso werde wie er? Das ich keine Wahl habe?“ Du Wut über die Erkenntnis überschlägt mich und ich spüre die wohlbekannte Hitze in meinem Körper. Ich fühle wie sie mich einnimmt und dann verwandele ich mich. „Hör auf mich anzufauchen!“ schreit mich Nanami an. Plötzlich steht der wunderschöne blaue Drachen vor mir und schaut mich mit machterfülltem Blick an. „Hast du nicht gehört was ich gesagt habe?“ erklingt es in meinem Kopf. Darauf habe ich jetzt keine Lust. Ich will einfach nur allein sein. „Lass mich in Ruhe!“ fauche ich sie an. „Nein.“ Ich wurde noch wütender. „Ich will dich hier nicht haben! Verschwinde aus meinem Kopf. Lass mich allein.“ Ich konzentriere mich mit all meiner Macht. „Amaya nein. Das darfst du nicht tun! Bitte. Es ist viel zu gefährlich.“ Ich schließe die Augen. „Aber ich will es tun. Entschuldige.“ Alles ist ruhig. Ich öffne die Augen. Nanami starrt mich mit fassungslosem Blick an. Ich fliege aus meinem Fenster in den blauen Himmel. Als ich über das Meer fliege, sehe ich für einen kurzen Moment den blauen Drachen sich darin spiegeln. Es bewegt sich unruhig, wie nie zuvor.
Es wird schon langsam Nacht als ich in unserem Hinterhof lande und mich zurück verwandele. Kraftlos und mit gesenktem Kopf steige ich die Treppe zu meinem Zimmer hinauf. In der Hoffnung jetzt endlich allein zu sein, öffne ich mein Zimmer. Doch als ich den großen gut gebräunten Mann in darin sehe, bleibe ich wie versteinert stehen. „Hallo meine kleine Tochter. Schön dich endlich mal leibhaftig zu sehen.“ Er kommt einen Schritt auf mich zu, doch ich wich zurück. Ich kann die Dunkelheit, die ihn umgibt spüren. Sie streckt ihre Fühler nach mir aus und ich spüre die Kälte die Tsukino ausströmte. „Was ist? Hast du etwa Angst vor mir? Vor deinem eigenen Vater?“ Jetzt überwiegt mein Hass gegenüber ihm. „Nein. Was du in meinen Augen siehst ist keine Angst, sondern pure Verachtung. Du warst nie mein Vater gewesen und ich bin die ganzen Jahre auch ohne dich klargekommen. Ich brauche dich nicht“ Ich erkenne dieses höhnische Lachen von ihm aus meinem Traum wieder. „Du wirst mich brauchen, das verspreche ich dir. Du bist alleine, siehst du das nicht? Bei mir wirst du Rückhalt haben. Wir gehören zusammen. Vater und Tochter. Du weißt warum ich dich verlassen habe, weil ich dich liebe.“ Ich versuche mich nicht einwickeln zu lassen, aber ich spüre das Band zwischen uns, welches mir langsam die Luft abschnürt. „Aber ich weiß auch was aus dir geworden ist. Du bist nicht auf der guten Seite.“ Sein Gesicht wird härter. „Zu welcher Seite gehörst du denn? Gut oder Böse? Ding, die so eng miteinander verstrickt sind. Du gehörst zu mir und das weißt du. Du spürst es, genauso wie ich.“ Ich wurde nervös, da ich wusste, dass er Recht hat. Bevor ich etwas erwidern kann, stürmt Nanami durch Fenster und stürzt sich auf meinen Vater. Was?! Jetzt nenne ich ihn schon Vater? Ich kann gar nicht so schnell schauen wie die Beiden miteinander kämpfen. Tsukino würde sie umbringen das stellte ich schnell fest. Mit einem weiteren Atemzug lasse ich das Tier in mir überhand gewinnen. Es ist Nacht. Mein großer Vorteil. Ich schließe die Augen und konzentriere mich. Nacht, meine treue Gefährten, die mich umgibt und mir Kraft schenkt lass mich und Nanami in dir versinken, werde eins mit uns, verbirg uns vor unserem Feind und verschleiere dessen Blick. Ich fliege zu Nanami, welche schon am Boden liegt und helfe ihr auf. „Lass uns verschwinden, ich weiß nicht, wie lange ich es aufrechterhalten kann“ schreie ich ihr in Gedanken zu. „Tut mir Leid, dass ich so spät komme.“ Mit einem Satz sind wir aus dem Haus in die tiefe Nacht hinein geflogen und fliehen so schnell wir können. Nach ein paar Kilometern spüre ich wie meine Kraft schwindet und ich an Höhe verliere. „Amaya! Wir müssen weiter. Bitte!“ Ich versuche mich aufzuraffen, doch mir fehlt die Energie und ich beginne zu fallen. Noch im Flug verwandelt sich mein Körper zurück und ich falle in die großen Arme meines Vaters. „Nein“ hauche ich. „Du kannst vor mir nicht fliehen. Du gehörst zu mir. Sieh doch wie schwach du bist. Hör auf dich zu wehren“ Erst jetzt begreife ich, dass ich alles was er sagt, in meinem Kopf höre. „Geh raus! Verschwinde! Ich will dich hier nicht haben!“ schreie ich ihn an und befreie mich aus seinen Armen. „Siehst du wie stark unser Band ist, wie stark ich bin und du werden kannst?“ Ich fasse an meinem Kopf und schüttle ihn. „Nein. Geh weg.“ Er kommt auf mich zu. „Du hast keine Wahl meine kleine Nacht. Ich bin ein Teil von dir, dein Mond in der Dunkelheit und daran kannst du nichts ändern. Du hast keine Wahl. Hör auf mit diesen Kinderein. Siehst du nicht wie schwach dich das macht? So klein und erbärmlich. Sieh ein wer du bist und nimm dein Schicksal an. Dir steht es nicht zu zu wählen!“ Ein starker Impuls erhebt meinen Körper. Ich ziehe all meine Energie aus der Nacht und das Nächste was ich sage wird alles verändern, das weiß ich. Die Nacht um mich herum wirbelt und zerzaust mein Haar. Mit einer Macht und Kraft, die ich mir nie zugetraut hätte, sprach ich meine Worte aus. „Nacht bedeutet nicht gleich Dunkelheit und Dunkelheit bedeutet nicht gleich böse sowie das Licht des Mondes nicht gleich etwas Gutes heißen muss. Ich bin nicht schwach, das Ankämpfen gegen dich macht mich so viel stärker.“ Ich gehe einen Schritt auf ihn zu. „Das Ankämpfen gegen das Böse. Du meinst, ich habe ein Schicksal, eine Bestimmung? Okay, dann werde ich gegen dieses ankämpfen, auch wenn ich nicht weiß, ob ich gewinnen werde. Egal, ob es das Letzte ist was ich tue, aber ich werde kämpfen und daran hindert mich kein Drache der Welt, auch nicht mein Vater. Man hat immer eine Wahl!“ Ich spüre ein leichtes Brennen an meiner Haut unten am Fuß. Natürlich weiß ich nicht was in mir nun überwogen hat doch Ich lächle trotzdem und ein Teil in mir löst sich und steigt nach oben. Mein Geist wird leicht, denn ich weiß, mein Tattoo ist vollständig.

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