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Du bringst mich wieder in den Keller, wo ich ein kleines Zimmer habe. Ein Schloss gibt es nicht, naja zumindest für mich nicht. Meine Hand liegt in deiner und du bringst mich zu meinem Bett, setzt mich förmlich da ab und verschwindest wieder. Ich lass mich nach hinten fallen und denke nach. Wie lange lebe ich jetzt schon bei dir vielleicht ein Jahr oder doch weniger. Eigentlich ist es doch egal oder? Ich weiß noch, als wäre es gestern gewesen wie ich zu dir kam.

Es war eine eiskalte Nacht und es schneite viel, doch zu Hause war ich nicht. Ich konnte nicht mehr dort bleiben, mein Leben war die Hölle. In der Nacht bin ich gegangen aus dem Haus, aus dem Leben. Auf meiner geliebten Lichtung habe ich mich in den Schnee gelegt, meine Arme ausgebreitet und habe meine Augen einfach geschlossen. Es war kalt, ich war müde, langsam, ganz langsam blieb der Atem weg, mein Herz schlug langsam, meine Glieder waren schon längst steif, selbst zittern ging nicht mehr. Ich wollte meine Augen ein letztes Mal öffnen, den Mond und die Sterne sehen, doch dann sah ich in deine tief braunen Augen. Du umschlossest meinen Körper, hast ihn hochgehoben. Mit letzter Kraft hauchte ich noch: „Lass mich sterben!“ Und dann war ich auch schon weg, hing schlaff an deinen Armen herab. Erst nach Stunden war ich erwacht, gefesselt und nackt, nur mit einer Decke bedeckt, an einem Bett befestigt. Du saßest neben mir, hast meine Augen beobachtet. Reden ging nicht, Angst gab es keine, nur Schmerz. Aber was ist schon körperlicher Schmerz, wenn die Seele vor Schmerzen nicht mehr da ist, das Herz zerstört wurde.

Ich drehte meinen Kopf zur Seite, wollte den Mann nicht sehen, der mich in der Hölle behalten hatte. Meine Glieder waren noch recht steif, jede kleine Bewegung tat weh, selbst den Mund öffnen, ging nicht wie früher. Trotzdem machte ich es und du griffst zu Wasserglas und hieltest es an meine Lippen, in dem Wissen, dass meine Kehle brannte wie Feuer. Doch ich drehte meinen Kopf weg, wollte das Benötigte nicht trinken, wollte einfach nur sterben, egal wie nur weg aus der Hölle. Du packtest meinen Kiffer grob, brachtest ihn wieder in Position und sahst mich streng an, doch deinem Blick hielt ich stand. Ich hatte dich erzürnt, mit festem Griff zwangst du mich, meinen Mund zu öffnen. Langsam ließest du das Wasser in meinen Mund laufen, nach einer Zeit musste ich schlucken. Doch schnell war alles wieder draußen, denn mein Körper vertrug es einfach nicht, denn seit Tagen hatte ich nicht mehr so viel gleichzeitig in meinem Bauch. Ich war zwar kräftig gebaut, dass kam aber nicht von der guten Ernährung, sonder von der wenigen, wodurch mein Bauch ein Wölbung aufwies und niemand merkte, dass ich eigentlich nichts aß. Dein Blick verriet mir direkt, dass du es jetzt wusstest, er war tadelnd, aber auch eine Spur von Traurigkeit konnte man erkennen. Du gingst aus dem Raum und ich konnte mich endlich umsehen, doch da war nichts. Nicht mal nach fünf Minuten kamst du wieder mit einer Spritze ohne Nadel und einer Flasche Wasser. In die Spritze kam Wasser und dieses Mal öffnete ich meinen Mund von allein und schluckte sogar. Doch viel bekam ich nicht, wodurch auch alles drin blieb. Ich glaubte, eine Stunde gabst du mir immer wieder Wasser und meine Stimme kam langsam auch wieder, mein Körper zitterte. Ich keuchte mehr, als dass ich anständig redete: „Mir ist kalt!“

Du nicktest und nimmst die Decke weg, ein abgehacktes Nein, verlässt meine Kehle. Sanft streicheltest du mir über die Stirn und die Haare und das erste Mal sprichst du mit mir: „ Alles ist gut, hab keine Angst, wenn du brav bist, wird dir nichts passieren. Hör mir gut zu, du bleibst jetzt bei mir und hast zu tun was ich dir sage. Ich werde dich erst einmal waschen und dann wird es dir besser gehen. Danach kannst erst einmal schlafen und dann reden wir über das, was du vorhattest. Also sei jetzt ruhig!“
Er machte meine Fesseln los und brauchte mich in Bad, was sich im Nebenraum befand. Zuerst ließ er das warme Wasser in die Wanne einlaufen und dann setzte er mich rein und ich schrie. Es brannte, es tat so weh, meine Haut drohte zu reißen, das war Feuer kein Wasser. Doch in Wirklichkeit, war das Wasser nur 37 Grad heiß. Ich wimmerte als er einfach weiter machte und meine Muskeln kräftig rieb, damit sie wieder funktionierten. Noch in der Wanne schlief ich ein und fand mich wieder in dem Bett, doch diesmal war ich nicht gefesselt. Schnell war ich auf meine Beine, naja ich wackelte wohl sehr viel. Das T-Shirt, wo ich anhatte, war eher ein Kleid, zum Glück, denn mehr hatte ich nicht an. Auf jeden Fall ging ich einfach aus der Tür, die Treppe hinauf und da standest du auch schon vor mir. Wenn man dich so genau ansah, warst du ein Riese, unheimlich und gar nicht gut drauf. Ich schaute kurz zur Tür und dann wieder zu dir. Du machtest mir eindeutig klar, dass das keine Option ist. Trotzdem lief ich los und du auch, aber ich lief nicht wie zu erwarten zur Tür, sondern in die andere Richtung und krachte mit voller Wucht in die Steinmauer. Blut lief über mein Gesicht und mein Kopf dröhnte, irgendjemand hämmerte darauf rum. Du hobst mich auch, brachtest mich zur Couch und holst irgendwelches Verbandzeug. Mein Kopf fand auf deinen Schoß Platz und du verbandest mich, danach bekam ich eine Schlafmaske und Kopfhörer aufgesetzt. Ich wollte das nicht, doch du warst einfach stärker und behieltest mich in der Position. Irgendwann schlief ich wegen der Schmerzen wohl wieder ein. Erst nach Stunden, kam wieder leben in meinen Körper, doch mein Kopf zeigte mir wieder die Hölle. Ich wackelte wohl etwas, denn du hobst mich hoch und jetzt saß ich auf deinem Schoß, zudem kam alles ab. Draußen war es schon Pech schwarz, doch wie lange war ich schon hier, ein Tag oder wohl eher zwei. Von dir kam nur: „Erzähl mir alles von dir.“

Ich schüttelte nur den Kopf und wollte runter von dir, doch deine Arme hielten mich fest, nicht grob eher sanft. „Doch“
Was sollte ich machen? Ich war hier an diesem fremden Ort, hatte nur ein T-Shirt an und dieser Mann zog mich zur Rechenschaft. Angst, was würde mit mir passieren, was würde er mir antun! Mich schlagen, mich missbrauchen, verkaufen oder was gab es denn noch so. Aber war das wirklich schlimmer, als das was ich zu Hause erlebte, eigentlich nein. Der Mann hatte mir nichts getan, eigentlich war er nett und freundlich. Dieser Fremder war netter als meine eigene Familie, warum zum Teufel? Der Schmerz wurde groß, die Trauer Übermenschlich. Tränen strömten aus meinen Augen, wollten nicht mehr aufhören. Du gabst mir Zeit, ließest mich ausweinen. Doch irgendwann wollte ich nicht mehr schweigen, alles erzählte ich dir. Von dem Schulstress, von dem Druck meiner Eltern, von meinem Versagen, von meiner Dummheit, von meiner Unfähigkeit und von meinem Todeswunsch. Ja, sterben wollte ich, töten wollte ich mich in dieser Nacht. So oft hatte ich darüber nachgedacht, es mir so sehr gewünscht und dann halte ich den Mut. Doch du kamst, meine Wut wurde unermesslich auf dich. „Warum hast du mich nicht sterben lassen? Du, Arsch, du hälst mich in der Hölle gefangen. Ich hasse dich, lass mich gehen, gehen in den Tod. Bitte, bitte,..“

Ein scharfes Nein durchfuhr meinen Redefluss und ich wusste, du würdest das nie zulassen. Du würdest mich vor mir selbst beschützen. Warum auch immer, ich weiß es nicht, weiß es nicht bis heute. Ich versuchte in der nächsten Zeit mich umzubringen und immer hast mich abgehalten und mich versorgt. Danach kam immer die Qual, du hast mich immer gequält und bestraft, die schlimmsten Strafen waren dir am liebsten. Aber nicht, dass du mich geschlagen hättest, oder sonst was mit mir getan hättest. Immer hast du mich in deinen Armen gehalten und ich musste reden, egal wie lange es gedauert hat, gedrängt hast du nicht, Ungeduld gab es nicht. Am Anfang war noch alles abgeschlossen, doch dann vor einer Woche kam ich raus.

Ich wollte nach Hause nicht um dort zu leben, sondern um dort zu sterben und ich wollte sehen, was meine Familie machte, ob sie mich suchten, vermissten. Als ich in unserer Straße ankam, sah ich sie, glücklich wie noch nie. Von mir war nichts mehr zu sehen, alle Sachen aus meinem Schlafzimmerfenster waren verschwunden. Ich hatte mich verändert, war viel schlanker geworden, kaum wieder zu erkennen. Ich ging zu meiner Mutter und fragte: „Entschuldigung, ich suche ihre Tochter, wir waren mal zusammen in der Klasse.“ Deine Antwort war knapp aber deutlich: „Entschuldige, du musst dich irren, aber ich habe keine Tochter und hatte auch nie eine.“ Sie lächelte und ich ging davon, diese Welt, war doch eh nur die Hölle.

Doch da wo ich war, hatte es mir doch gefallen und ich wollte zurück ins Leben. Die Anderen würden mich zwar für dumm halten, aber ich war frei, in einem verschlossenen Haus. Es ging mir eigentlich gut, du warst immer nett zu mir, hast mir nie weh getan, auch wenn es mir meist so vorkam. Ich schämte mich, weil ich weg von dir ging. Ich war mutig genug mich umbringen zu wollen, immer und immer wieder, aber hatte ich auch den Mut zurück zu gehen zu dir. Es dauerte drei Tage bis ich mir sagte, warum nicht, was könnte ich schon verlieren. Also ging ich zurück und sah dich auf dem Sofa sitzen. Als du die Tür hörtest, sprangst du auf und sahst mich einfach an. Ich blieb in der Tür stehen, wusste nicht was ich machen soll, reden fiel mir immer noch schwer. Schnellen Schrittens warst du bei mir und nahmst mich in den Arm, bevor du mir eine kräftig auf den Hintern pfefferste, was höllisch weh tat. Doch ich hatte es verdient. Ich wusste nicht, dass ich dir so viel bedeutete, aber deine Reaktion zeigte es mir. Die Tränen konnten wir beide nicht zurück halten, lange dauerte es bis wir uns wieder fingen.

Ach man, was war das eine Zeit, viel hat sich seit dem Tag geändert. Mein Zimmer ist schön eingerichtet, wir verstehen uns prächtig und nur noch manchmal muss ich, die Qual über mich ergehen lassen. Manche würden sagen ich ging von dem Leben in die Hölle, doch für mich ist es anders. Warum du das gemacht hast oder machst, weiß ich bis heute nicht, ist es wichtig, eigentlich nicht, auf jeden Fall nicht für mich. Hauptsache du bist da und verlässt mich nicht, doch wird das immer so sein, ich weiß es nicht. Denn sterben will ich immer noch, Angst davor gibt es einfach nicht.

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Tag der Veröffentlichung: 12.09.2010

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