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Schon mein halbes Leben lebe ich hier in den Bergen in meiner eigenen Welt, obwohl ich erst 12 bin. Wie ich hier gelandet bin, kann ich euch sagen und ich hoffe euer Herz ist offen um zuzuhören, denn Worte gibt es in meinem Leben nicht. Mit meinen Eltern habe ich hier Urlaub gemacht, ich war begeistert von dieser Natur, es war wunderschön hier und ist es immer noch. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit mir, in den Stunden, wo ich so glücklichsten war, nahm es mir die Eltern und ich blieb allein hier zurück. Darum lebe ich seitdem Tag an hier in diesem Wald in einer kleinen, versteckten Hütte, die ich selbst repariert habe. Niemand soll mich hier finden, denn ich weiß nicht was sie mit mir machen würden, jedenfalls müsste ich meine Heimat verlassen und das will ich nicht. Aber sonst habe ich die Situation akzeptiert und bin sehr glücklich mit meinen Freunden, den Tieren. Sie hören mir zu und ich ihnen. Selten führt mich mein Weg ins Dorf, wo alle glauben, ich wäre eine Hexe. Sie wollen nicht verstehen, wollen nicht zuhören.

Heute ist wieder so ein Tag, ich muss ins Dorf, denn es hat angefangen mit schneien. Es wird wohl meine letzte Möglichkeit sein ins Dorf zu gelangen, bevor der Frühling wiederkommt. Der Weg ist beschwerlich, doch ich nehme es leicht, begleitet mich doch meine Freundin, das Reh Rotfell, ein Stück.

Unter den Blicken der Dorfbewohner betrete ich ein kleines Geschäft, wo ich etwas Mehl und Getreide kaufe, das Geld habe ich noch von meinen Eltern, doch bald werde ich es aufgebraucht haben. So schnell wie möglich möchte ich zurück in den Wald. Für sie bin ich einfach das Mädchen, das nie spricht. Ich weiß, eigentlich gehöre ich in diese Welt, doch hier bin ich so fremd und einsam. Ich weiß nicht wie diese Menschen sind, aber meine Erfahrungen haben mir nichts Gutes von den Menschen gezeigt. Wie oft musste ich schon einem Freunde helfen, weil sie durch die Menschenhand verletzt wurden.

Schnell laufe ich wieder nach Hause, denn jetzt beginnt die Arbeit. Der Winter kommt schon so schnell und ich bin noch nicht bereit. Holz wird gesammelt, sowie Nüsse, Kräuter, Beeren und was man noch so findet. Jedoch bin ich immer darauf bedacht, dass noch genug übrigbleibt für meine Freunde, die Tiere. Meine Ziegen, irgendwann sind sie aufgetaucht, begrüßen mich an der Haustür. Schnell riecht mein Haus nach einem bezaubernden Duft, der vom frisch gebackenen Brot kommt. Mein Häuschen ist spärlich eingerichtet, doch mehr brauche ich nicht. Es gibt nur eine Feuerstelle und ein Bett aus Stroh, was ich jeden Sommer neu herstelle. Ich bin glücklich mit dem was ich habe und die Natur bietet mir alle Möglichkeiten, die es nur gibt. Ich bin einfach frei.

Wie erwartet, ist am nächsten Morgen, der Waldboden weiß, doch was ist das? Dort im Schnee sind Fußspuren, denen ich folge und einen Jungen, in meinem Alter, finde. Er ist bewusstlos, deshalb nehme ich ihn mit in meine Hütte, wo er nach einigen Stunden erwacht. Er schreit mir förmlich die Worte entgegen: „Wo bin ich? Wer bist du? Was mach ich hier?“

Ich kann ihn nur anschauen, leicht mit dem Kopf schütteln und hoffen, dass er meine Antwort in seinem Herz hört. Doch er versteht mich nicht und fängt an mit flehen und betteln. Was soll ich nur machen? Doch dann sagt er: „Warte dich habe ich schon einmal gesehen… im Dorf, bist du etwa das Mädchen, das nie spricht?“
Ich nicke und lächele ihn an, doch er will weglaufen vor mir. Doch nicht einmal die Hütte kann er verlassen, denn wir sind eingeschneit.

Er setzt sich in eine Ecke und spricht kein Wort mehr mit mir. Damit tut er mir weh im Herzen, denn auch wenn ich nicht sprechen kann, ich kann hören und fühlen. Ich biete ihm mehrmals was zu essen an, doch er lehnt ab und verzieht sein Gesicht. Er hält mich wie alle anderen auch für eine Hexe, die die Menschen aus Rache vergiftet, doch ich bin niemandem böse.
„Bang“
Irgendwas ist gegen meine Tür gestoßen, ich ahne schon, dass es Rotfell ist, die ihr Frühstück abholt. Ich öffne die Tür und es ist tatsächlich meine Freundin, ich habe sie so ungefähr vor einem Jahr verletzt gefunden und gepflegt und geheckt. Der Junge ergreift seine Chance und flieht aus meiner Hütte, ich laufe ihm hinterher, denn er macht nicht den Eindruck als kenne er sich hier aus. Nachdem Rotfell etwas gefressen hat, verlässt sie meine kleine Hütte.

So schnell, wie meine Füße mich tragen können, renne ich dem Jungen hinterher, doch dann sehe ich die Menschen und bleibe stehen. Der Junge ruft nur: „Vater, endlich…“ und rennt ihm in die Arme. Ich will umkehren, doch ich werde von einer kräftigen Stimme aufgehalten, die schreit: „Du, blieb stehen! Was hast du meinem Jungen angetan?“

Ich versteh die Worte nicht und schüttele mit dem Kopf einfach nur „nichts“, doch dann kommen schon die ersten Schneebälle geflogen. Jedoch sind sie nicht aus feinem Pulverschnee sondern aus Eis. Mit flehendem Blick schaue ich den Jungen an, doch er bleibt einfach stumm.

Ich fange an mit laufen, denn es tut so weh, wie das Eis meine Haut verschneidet. Warum tun sie das, sogar der Junge schießt auf mich und trifft mich am Kopf, sofort falle ich zu Boden. Der Schnee verfärbt sich leicht rot, sofort kommen die Dorfbewohner auf mich zugerannt und umkreisen mich. Der Junge öffnet meine Mund und ist sehr erstaunt darüber, dass ich eine Zunge besitze.

Das Feuer in meiner Hütte schlägt große Flammen, wodurch die Holzhütte anfängt mit brennen, jedoch geschieht nicht viel wegen dem Schnee. In diesen paar Minuten haben die Dorfbewohner mir alles genommen. Ich kann es einfach nicht ertragen, es tut so weh, mein Herz zerspringt. Ich schließe meine Augen für immer.

Der Junge wird von großen Vorwürfen geplagt, so dass er aufhört zu sprechen. Und auch er verliert nach einiger Zeit seine Stimme für immer. Dadurch wird er von seinem Vater verstoßen und geht in die Berge, wo er meine kleine Hütte wiederaufbaut. Nach einiger Zeit übernimmt er meine Rolle und kümmert sich um die Tiere, die jetzt auch seine Freunde sind. Eines Abends geht er in den Wald spazieren und findet ein verletztes Rehkitz, was er mit in seine Hütte nimmt. Er gibt ihm den Namen Silence, denn er glaubt fest, dass ich es bin.

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Tag der Veröffentlichung: 23.05.2010

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