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Ein Tag Wie Jeder Andere



Wir waren auf dem Weg zu Dina, als die Abenddämerung eintrat und die Straßenlaternen mit einem Mal ansprangen. Eigentlich wurden die Laternen hier von niemandem gebraucht, da sowieso genügende Autos Licht erzeugten, genauso wie der Baumarkt, der direkt am Kreiverkehr stand. Er war auch nicht mehr, als ein hässlicher, eckiger, grauer Kasten, der nur unnötig Platz einnahm.
Mir gefiel die Gegend hier gar nicht, sie war so trist und grau, gar keine richtige Wohngegend, wegen dem hohen Einkaufskonsum. Denn direkt schräg gegenüber des Baumarktes stand ein ebenfalls grauer Einkaufsmarkt, der viele Leute anlockte.
"Schatz, Morgen aber nicht allzu spät. Du bekommst ja noch Besuch.", sagte meine Mom, die neben mir im Auto am Steuer saß. "Ja, schon klar. Gegen drei, dann schaff ich das noch alles." "Auch mit Zimmer aufräumen, duschen, fertig machen?" "Ja, Mom.", entgegnete ich ihr etwas genervt. Denn solche Sätze waren ihre Standartsätze und nervten mich mittlerweile mehr, als ich ihr zeigte. "Du kannst mich dann jetzt hier rauslassen. Die fünf Schritte kann ich auch selber gehen." "Ist gut, aber hast du dein Handy dabei? Ist es auch aufgeladen?" Ich verdrehte genervt die Augen, ehe ich die Tür zuschlug. So war meine Mom: sehr besorgt. Und genau deswegen telefonierte sie mir andauernd hinterher. Ich wünschte, sie könnte mich besser loslassen und mir mehr Freiraum geben. Zwar mochte ich sie, doch ich bin glücklich, dass ich nicht ganz so war, wie sie.
Rote Haare bedeckten ihren rundlichen, mit Sommersproßen bedeckten Kopf. Sie hatte grüne Augen und eine andeutende Knollnase. 1,66m, also kaum größer als ich mit meinen 1,60m.
Ich schritt die letzten Meter auf das Haus Nummer 54 zu und legte dann den Finger auf den Klingelknopf. Wie gewohnt dauerte es etwas länger bis die Tür von Stephan, dem Freund von Dinas Mutter, geöffnet wurde. Da ich schon länger nicht mehr hier gewesen war, grinste er freundlich und klang etwas erschrocken. "Oh, hey, Sophie. Schön dich auch nochmal hier zu sehen. Dina ist oben." Ich lächelte zufrieden, zog meine Schuhe aus, legte die Jacke auf den Jackenhaufen gleich neben der Treppe und ging hoch, ganz hoch bis unter das Dach, zu ihrem Zimmer. Vorsichtig machte ich die Tür auf nd sah mich erst suchend um, bis mich dann eine mir vertraute Stimme rief. Ich erschrak etwas, doch dann drehte ich mich um und fand Dina zusammen mit ihrem Freund Phil auf dem Bett. Sie löste sich aus der Umarmung und sprang direkt in die nächsten, in meine Arme. "Sophie! Toll, dass du da bist. Das ist Phil, mein Freund. Phil? Sophie. Sophie? Phil. Schön, dass ihr euch auch mal kennenlernt."
Phil. Ein durchaus älterer Junge als Dina selbst. Ich schätzte ihn auf ungefähr 16 oder 17. Er war sehr groß und hatte dunkelblondes Haar, das er mit Gel vollgeklatscht hatte. Nur war er nicht sonderlich hübsch, aber das war ja erstens Ansichtssache und zweitens zählten die inneren Werte auch.
Plötzlich hörte ich etwas vibrieren und zuerst dachte ich, dass es mein Handy sei, doch Dina schüttelte den Kopf: "Nein, nein. Das ist mein Handy. Wahrscheinlich ist es wieder Ella." Sie wandte sich Phil zu und streckte ihre Hand aus. "Wirf mal bitte, es liegt auf meinem Nachttisch." Fast wäre ihr ihr Handy aus den Händen geglitten, als sie es versuchte zu fangen. "Ich sag's ja: Ella." Sie schob ihr Handy auf und begann mit ihr zu reden. Währenddessen wandte ich mich an Phil. "Wieder? Wie oft hat sie denn schon angerufen? Und wieso?", flüsterte ich, um Dinas Gespräch nicht zu stören. "Zu oft.", stöhnte Phil genervt. "Immerwieder hat sie dazwischengefunkt, wenn wir grade mal ein wenig Zweisamkeit hatten. Es stört schon. Ach und wieso? Wegen so einer Silvesterparty bei Tine. Dina hat den Job bekommen, noch welche einzuladen, da so viele abgesagt haben." "Silvester!?" "Silvester, ja! Kommst du auch?", schaltete sich Dina auch dazu. Fragend sah sie mich an. "Ähm...ich weiß nicht, vor habe ich noch nichts, aber du weißt, dass ich meine Mom vorher noch fragen muss." Glücklich vertiefte sich Dina wieder in ihr Telefonat und saß dort auf ihrem Teppichboden.
Dina war ein glückliches Mädchen und ihre gute Laune färbte immer auf jeden ab. Der erste Eindruck, den sie auf andere Leute machte, ist nur positiv. Doch sie war der Typ von Mensch, den man entweder mag oder liebt oder das Gegenteil.
Blondes, schulterlanges Haar bedeckte ihren Kopf, das leicht ovale Gesicht bishin zu ihren Schultern.
Es gab mal eine Zeit, in der sie ihre Haarfarbe wechselte, wie ihre Unterwäsche. Von straßenköterblond, über orange, rötlich, feuerwehrrot, braun, das aussah wie schwarz, bis wieder zum derzeitigen blond.
Die Farbe passte auch am besten zu ihren blauen Augen und ihrem angenehm hellen Hautteint.
Sie war größer als ich, vielleicht einen halben Kopf.
Ihr Style besteht aus einem Launemix: Mal so, mal so; mal hüh, mal hott.
"Ich kann Timmi noch fragen. Ja und dann sag ich dir gleich Bescheid. Ciao". Fragend sah sie uns an: "Ist das okay, wenn ich noch eben Timmi anrufe? Ich bin gleich auch voll und ganz für euch da."
Phil und ich nickten nur eifrig, sie hatte unsere Antwort gar nicht erwartet, sindern gleich losgewählt.
Ich war ein bisschen unsicher, weil ich nicht wusste, ob ich Phil einfach ansprechen sollte oder ihn ignorieren. Ich entschied mich für letzteres und klickte mich wahllos durch die Fotos auf Dinas Laptop. Jedoch fühlte ich mich nach den schon wenigen Minuten selber so unsozial, dass ich mich einfach zu Phil umdrehte, der - nicht viel besser als ich - nur in der Gegend rumguckte.
"Ist dir auch langweilig?", fragte ich. "Ein bisschen.", er grinste und fügte noch hinzu: "Soso, du bist also die Ehefrau meiner Freundin?" "Sicher.", erwiderte ich sein Grinsen. "Und du bist also meine neue Konkurrenz? Nur schonmal vorab: Den Kampf gewinnst du nicht."
Wir lachten kurz auf und ich war glücklich, dass es gar nicht so schwer war, mit ihm klar zu kommen.
Danach brach allerdings eine Schweigepause ein und wir lauschten Dina, die gerade angefangen hat, zu flüstern. "Ja, Sophie kommt wahrscheinlich auch. ...ja, war klar, dass du das jetzt davon abhängig machst. Aber du musst doch gar nichts mit der machen. Und...oh."
Sie schaute auf, da sie wahrscheinlich die Stille bemerkt hatte und schaute mir mit einem entschuldigendem Blick in die Augen. Ich nickte ihr nur zu und gab ihr zu verstehen, dass es schon okay sei.
Timmi ist mein "Ex-Freund", inwiefern man in dem Alter ein Ex-Freund war. Genau 10 Monate und 16 Tage waren wir zusammen. Allerdings war das jetzt schon 1 Jahr und 2 Monate her und ehrlich gesagt konnte ich sein Problem mir gegenüber gar nicht verstehen. Er hatte unsere Beziehung beendet und damit wohlmöglich meine Existenz aus seinem Kopf gestrichen.
Doch darüber habe ich mir nicht weiter den Kopf zerbrochen, denn diesen Akt habe ich jetzt auch endlich abgeschlossen: gerundete 11 Monate waren eine lange Zeit für eine Beziehung in unserem damaligen Alter. Und 11 Monate sind schwer einfach zu vergessen (für mich jedefalls) und deshalb habe ich noch ein kostbares, halbes Jahr damit verbracht, ihm hinterher zu trauern. Alles nur Verschwendung - bekommen habe ich ihn dann doch nicht nocheinmal.
Und deswegen war ich nun glücklich keine Gefühle für irgendjemanden zu habe. So hieß auch mein Vorsatz für das kommende Jahr: Nicht sofort verlieben, sondern die Liebe kommen lassen.
Phil und ich waren in der Zeit, in der Dina "nur kurz" Timmi anrufen wollte, in das Spiel Mahjong auf dem Laptop vertieft. Es machte richtig Spaß, wie verrückt diese zusammenpassenden Bausteinchen mit Mustern zu finden.
Und zwar so viel Spaß, dass wir gar nicht mitbekamen, wie Dina zu uns aufs Bett gekrabbelt kam und uns Tipps gab. "Ich geh mal mein Telefonbuch auf'm Handy durch und guck mal, wen ich noch einladen könnte. ... Ey, wie wär's mit Valerian? Und Basti?"
Ich wusste nicht wieso, doch in mir drin sträubte sich alles, Valerian und Basti dabei zu haben.
"Ja, wieso nicht?", log ich, weil ich ihr nicht die Laune verderben wollte. "Boah cool. Ich schreib dem gleich ne Sms. Wo haben wir ihn denn... da! Valerian Balduin Etienne." "Valerian Balduin Etienne?!", fragte ich erstaunt und musste über den Namen fast lachen. Und dann fiel es mir wieder ein:
Valerian, also der Name, kam mir bekannt vor. Nur mir wollte partout nicht einfallen, woher. Doch an einem Abend, es war schon mehrere Tage her, habe ich zusammen mit Feline, Dinas bester Freundin, und Valerian telefoniert. Ich fand ihn nicht sonderlich toll oder nett, weil er kaum mit mir geredet hat. Trotzdem hab ich seine Freundschaftseinladung angenommen, die er mir bei schueler.vz geschickt hat. Und da Feline auch vorher schlechte Dinge von ihm erzählt hat, fand ich ihn eher überflüssig und wollte ihn nicht weiter kennenlernen.
Feline war momentan auf Rügen, um dort mit ihrer Familie eine Woche der Winterferien zu verbringen und konnte dementsprechend auch nicht zu Tines Silversterparty kommen.
Für Dina war das natürlich die reinste Qual: Das Jahr würde beginnen und sie konnten nicht einmal auf sich anstoßen. Fatal !
"Ich ruf den jetzt einfach an.", riss Dina mich aus den Gedanken. "Anrufen?", fragte Phil beißend. "Ja, ich meint doch Sms schreiben. Dachte nur, anrufen geht schneller." "Guck, das noch mit dem ... und da!", wandte Phil sich wieder mir zu. "Dann noch die N mit der N."
"Die N?", fragte Dina etwas verwirrt. "Schatz, es ist immer noch das

N." "Ne, die N-Karte." "Du bist auch gar nicht doof oder so, ne?", lachte sie ihren Freund spaßig aus. "Boah Leute.", unterbrach ich sie. "Guck mal, da ist noch ne Landschaftskarte, dahinten die andere. Dann da S und hier die."
So ungefähr verlief der ganze Abend. Nur, dass DIna das Spiel irgendwann zu langweilig fand und Yvette anrief, ihre Nachbarin und eine gute Freundin, um ihr mitzuteilen, dass sie Valerian und Basti noch eingeladen hat.
"Yvette! Valerian hat zurückgeschrieben. Warte: "Hey, ja cool. Wir sind gegen neun an eurer Schule. Holt ihr uns ab? Liebe Grüße, Larry." Gut oder gut!?", teilte Dina ihr mit.
"Wie lange das wohl noch dauern wird?!", fragte Phil extra mich extra so laut, dass auch seine Freundin es hören konnte.
"Du, Yvette, ich muss mal auflegen. ...ja, bist du sauer? ...okay, gut. Ja, Sophie und Phil sind hier. ...Genau, gut, Tschüss!" Ich weiß nicht wieso, aber ich musste Yvette leicht auslachen, weil ich genau wusste, dass sie leicht sauer war. Jetzt, da sie wusste, dass auch ich da war.
Yvette und ich waren nie die dicksten Freunde gewesen. Es hatte damals schon schlecht mit uns angefangen, als ich Dina kennengelernt hatte. Damals waren die beiden noch beste Freundinnen und da bin ich natürlich ungelegen dazugekommen, da es in ihren Augen so aussah, als würde ich mich zwischen sie quetschen.
Yvette war ein nicht allzu großes Mädchen, das etwas kräftiger war. Auf mich wirkte ihre Ausstrahlung alles, nur nicht positiv, da sie in meiner Nähe immer sehr zickig klang und mich nur allzu gerne mit Hass im Blick ansah.
Dina und sie hatten immer wieder so Phasen in denen sie mehr miteinander zutun hatten. In solchen Phasen fühlte sich Yvette immer besonders stark und toll, da Dina ja ein regelrecht beliebtes Mädchen war, was man von ihr nicht wirklich sagen konnte. Sie beanspruchte Dina dann immer sehr für sich allein.
"Ja, sie ist, glaube ich, etwas genervt.", antwortete sie auf unsere Frage, ob sie jetzt sauer sei. "Aber naja, ihr habt ja Recht. Können wir dann nicht etwas anderes spielen als Mahjong? Sophie? Wie sieht's aus mit Singstar?" "Hast du neue Spiele?" "Ja, zwei Stück zu Weihnachten bekommen.", und schon kramte sie nach ihnen hinter ihrem Sofa herum. Zu Weihnachten hatte sie tatsächlich zwei neue Spiele bekommen: Singstar Abba und "Best of Disney".
Auch Phil hatte irgendwie Spaß daran gefunden, Lieder rauf und runter zu trällern. Das Ganze machten wir so lange, bis wir müde wurden, alles ausschalteten und uns eindach nur aufs Bett legten. - Und wir beiden Mädchen einschliefen.
Irgendwann um viertel vor drei nachts weckte Phil und, um sich zu verabschieden, da er sowieso schon viel zu spät dran war.
So ging unser Abend zuende...

Neue Bekanntschaften


Wir wurden durch die ungewöhnliche Hitze im Raum geweckt. Die Sonne schien durch das große Dachfenster direkt auf uns und es war unerträglich heiß.
Dina knurrte ein wenig, als sie sich hin- und herwelzte; ich öffnete in der Zeit meine Augen und blinzelte direkt der Sonne entgegen.
"Der letzte Tag im Jahr verabschiedet sich mit gutem Wetter - im Winter.", nuschelte Dina neben mir und zog sich die Decke über den Kopf. Nicht mal fünf Minuten hielt sie es darunter aus; sie puppte sich aus der Decke und setzte sich hin.
"Halb elf.", sagte sie, nachdem sie einen Blick auf ihr Handy geworfen hatte. "Riechst du das auch? Es riecht nach Brötchen."
Eintönig knurrte ich nur und versuchte mit Mühe meine Augen offen zu halten.
"Komm, wir gehen runter."
Als wir dann nach zehn Minuten unten angekommen waren, schaufelten wir uns die frischen Brötchen nur so rein und überlegten derweil, was wir den Tag über machen sollten.
Wir entschieden uns für Singstar, danach fertig machen und dann zu mir, da meine Mutter uns fahren wollte.
Zwei Stunden verstrichen wie im Flug, wie immer, wenn wir uns mit Singstar beschäftigten. Nirgendwo sonst spielte ich dieses Karaokespiel und mit niemanden machte es mehr Spaß. Dina war immer eine ernst zunehmene Gegenerin gewesen, es macht sogar Spaß gegen sie zu verlieren.
Während sie duschte versuchte ich bei verschiedenen Liedern auf zehntausend Punkte zu kommen - zehn fehlten mir jedoch immer zum Erfolg. Als das Bad dann endlich frei war und ich es dann für mich beanspruchen konnte, überlegte Dina sich schonmal, was sie heute Abend anziehen könnte. Sie entschied sich für eine dunkelblaue Jeans, ein wasserblaufarbenes Top und darüber einen langärmligen, schwarzen Bolero. Sie trug einen süßen silbernen Blumenanhänger an einem schwarzen Band um ihren Hals.
Ich hingegen wollte mich nicht besonders herausputzen, weil Partys für mich nie das Größte waren. So steckte ich letztendlich in einer blauen Jeans, in einem weißen Top und darüber eine rote Sweatshirtjacke - okay, vielleicht etwas zu normal, dafür betonte ich mein Gesicht ein wenig mehr. Make-Up, Rouge (dezent!) und meine Wimpern tuschte ich mehr als gewöhnlich. Meine Haare trug ich in einem Pferdeschwanz nach hinten zusammengebunden. Wirklich zufrieden war ich nicht, aber was sollte ich auch gut aussehen? Niemand würde kommen, dem ich gefallen sollte, von daher war mein Aussehen gleichgültig.
Wir wurden von Dinas Opa zu mir gebracht, da ihre Eltern Tanzen waren und meine den Salat für Tines Party schonmal zubereiteten.
Bei mir zu Hause angekommen, rannte ich gleich hoch zu um mir eine Kette umzuhängen, die ich Weihnachten vor sieben Tagen bekommen hatte und noch "ungetragen" war.
"Sophie..", nörgelte Dina plötzlich. "Ich hab ein Problem." Fragend sah ich sie an: "Was ist los?" - "Ich hab meine Pille vergessen."
Mir war klar, dass sie sie nicht einen Tag aussetzen durfte - auch, wenn ich selber keine Pille nehme - aber mir war genauso klar, dass meine Mutter den Umweg nochmal zu Dina nicht berauschend finden würde.
Freunde sind Freunde - in guten, so in schlechten Zeiten. Also bat ich meine Mom ganz lieb und ihre Reaktion war wie erwartet: Angenervt und gestresst.
"Ja dann aber jetzt sofort, weil das mit der Zeit sonst nicht hinhaut. Kurz darauf saßen wir im Auto und fuhren so schnell es ging - wir sollten um punkt achtzehn Uhr bei Tine sein. Wir hatten halb.
Die Minuten verstrichen als ob sie Sekunden wären und wir hatten eine rote-Ampel-Welle. Als wir dann eine Viertelstunde später bei Dina eintrafen, fand sie partout ihren Schlüssel nicht. Es war ja klar, dass jetzt noch alles Schlechte passiert, damit wieder weitere Minuten draufgingen und meine Mom noch ungeduldiger wurde.
Kaum hatte Dina ihren Haustürschlüssel gefunden und sich aus dem Auto gestürzt, fing meine Mutter mit dem Gefasel an, auf das ich schon die ganze Zeit gewartet hatte.
"Sophie, dein Vater findet die Idee mit der Party und dem Übernachten bei dieser Tine nicht okay. Wir kennen sie nicht mal, geschweige denn ihre Eltern. Wer kommt da noch alles hin? Gibt es Alkohol?", sie setzte eine Pause und sprach dann mit einem schärferen Ton weiter: "Mir gefällt das Ganze auch nicht besonders."
Wie ich es hasste.
Jedes Mal das gleiche, wegen demselben Mist:
Die Leute sind uns fremd - da gehst du nicht hin und nach "da schlafen" brauchst du schonmal gar nicht fragen. - Achja und jeder Junge, den du irgendwie ansatzweise nett findest oder magst, kommt zu uns. Nur so hat man die Kontrolle, was genau bei euch passiert. Andersrum würde sicher die Post abgehen. -Genau, weil man das mit 14 ja auch so nötig hat, das das Normalste der Welt ist und ich ja auch, seitdem ich 4 bin, ständig versuche die Typen nur so ins Bett zu bekommen.
"Das ist natürlich sehr schade.", antwortete ich daher in einem sarkastischen Ton. "Und nun? Willst du Dina dahin bringen und mich dann wieder lieber mit nach Hause nehmen?"
Mir war klar, dass meine Mom nichts mehr rückgängig machen würde, deswegen verlangte ich auf die letzte Frage keine Antwort.
"Ja...", sagte sie kalt. Zu meinem Entsetzen klappte nur mein Unterkiefer herunter, den ich jedoch schnell wieder in seine ursprüngliche Position brachte, damit sie meine Reaktion nicht bemerkte.
Stattdessen entspannte ich mich und versuchte cool zu bleiben. "Joa, tu das, was du für richtig hälst."
Für einen kurzen Moment bereute ich den Satz, aber dann kam Dina auch schon wieder und so war die Diskussion beendet.

Bei Tine war gleich alles anders. Gute Laune, gute Musik. Die Party fand im Dachgeschoss statt und so kamen wir nicht drum rum, das ganze Haus einmal gesehen zu haben.
Es war groß und wundervoll. Nicht die Größe beeindruckte, sondern die Struktur, in der das Haus gebaut war. Wenn man durch die große, graue Tür den Flur betrat, konnte man gleich ein Teil des Wohnzimmers sehen. Neben der Eingangstür ging der Flur noch ein, zwei Meter nach rechts rein; der Weg führte zum Gästeklo. Wenn man ins Haus ganz normal hereinkam, war an der rechten Wand ein großer Spiegel, der bis zum Wohnzimmereingang führte. Auf der linken Seite, hinter einer kurzen Wand, führte eine eckige Treppe in den 1. Stock. Oben, auf dem Parkettboden, stand ein Kicker direkt vor dem Aufgang der nächsten Treppe. Es führten 2 Türen auf jeder Seite jeweils in weitere Zimmer. Was allerdings genau dahinter war, wusste ich nicht, denn die Türen waren geschlossen. An der Wand, an der keine Türen waren, standen 2 große Bücherregale, die von einer Zimmerpflanze getrennt wurden. Das Haus hatte bisher einen ziemlich luxeriösen Touch, der nicht Bonzen ähnlich sah, sondern einfach natürlich.
Die 2. Treppe war eine silberne Wendeltreppe, die direkt auf den Dachboden führte. Dieser war jedoch nicht ganz so luxeriös, da er noch nicht ausgebaut war. So wurden die Trennwände nur improvisiert, indem Tücher und Bettlaken über Wäscheleinen, die quer durch den Dachboden gespannt waren, gehängt wurden. Damit es nicht so schäbig aussah, hingen noch Lichterketten darüber. Allerdings war nur die Hälfte des Dachbodens so abgetrennt. Der andere Teil war die sogesagt "Tanzfläche", die gut beleuchtet war und auf der 2 große Boxen, ein Latop und zwei iPods waren. Aus den schwarzen, großen Boxen dröhnte schon lautstark wilde Musik. Der Bass war so hoch, dass es schon im Brustkorb vibrierte und wehtat.
Auf der Tanzfläche vergnügten sich drei Mädchen, von denen ich zwei kannte, das andere war mir unbekannt. Nunja, die zwei, die ich eigentlich kannte, Ella und Mena, erkannte ich nicht ganz so wieder. Sie hatten sich so ins Zeug gelegt, dass sie rund um aussahen, wie kleine Schlampen. Jede hatte einen superkurzen Minirock an, dazu Tops, die einen Ausschnitt bis zum Bauchnaben hatten. Dann hatten sie hautfarbene Seidenstrumpfhosen an, darüber die eine schwarze und die andere weiße Stiefelchen mit Pfenning-Absätzen. Die Haare waren zu sonst welchen Assi-Frisuren hoch- und zurückgesteckt worden. Auffallend war auch das Make-Up, das in ihren Gesichtern hing, wie schlechtgebräunte Tussen, die sowieso auf jeden Party gehen.
Ich stellte den Salat, den meine Eltern gemacht hatten, auf den kleinen Buffett-Tisch und musste erstmal mit der Situation fertig werden. Es waren zwar noch nicht viele da, doch diejenigen, die da waren, hatten es mächtig in sich. Die Mädchen alle wie Nutten, die Jungs alls besoffen oder hässlich.
Ich wollte nur noch weg hier.
"Sag mal, Dina, muss mein neues Jahr echt so beginnen? Mit solchen Leuten?", fragte ich sie so beiläufig, dass niemand es hörte.
"Hm.. ja, so wie es aussieht. Aber es kommen ja noch welche, die nicht so drauf sind. Valerian und Basti; Andy und Reva. Das sind normale Menschen, besonders Reva! Die hasst eigentlich Alkohol und Megapartys. Wenn die wüsste, was hier abgeht. Oh Gott, ne." "Hm, ja das mag sein, aber die mag mich nicht sonderlich, oder? Ich mein, wenn wir gleich noch dahingehen und die abholen?!", fragte ich etwas besorgt. "Ach das wird schon."
Und so waren wir auch schon unterwegs, nachdem wir uns noch kurz verabschiedet und uns für später wieder angekündigt hatten.
Der Weg zog sich sehr und wir sind der einen oder anderen schrägen Person begegnet.
Aber wir kamen heil an, nachdem wir 15 Minuten durch Opladen geirrt waren.
Dina klingelte und während wir warteten überlegte ich mir wie ich mich verhalten sollte, da wir ja eigentlich nichts miteinander zutun hatten.
Die Tür des Hochhauses sirrte als ich zu dem Ergebnis kam, mich offen und nett zu verhalten.
Reva verhielt sich mir ähnlich: Sie lächelte gutgelaunt und umarmte uns beide. "Ja, kommt rein. Ich bin noch nicht ganz fertig, außerdem muss ich noch Andy Bescheid sagen, dass ihr schon da seid." "Hast du immernoch keine Ahnung, wann er kommt?", fragte Dina. "Ne, wieso?" Dina schaute auf Revas Nachttischuhr, die halb 8 zeigte. "Wir müssen noch Larry und Basti an der Schule abholen, gegen 9 ist das. Alleine wissen die nicht, wo die hinmüssen." "Oh..", sagte Reva ahnungslos. "Ja, dann ruf ich den gleich mal an." Sie nahm ihr Handy und suchte in ihrem Telefonbuch nach seiner Nummer: "B..B..B.. man, wo ist der denn? Ah hier, Baumi." "Bau-mi?!", fragte ich etwas verwundert. Wieso nannte sie ihren Freund Baumi? "Ja, Andy ist halt mein Baumi."
Während sie telefonierte durchforschte ich ihr Zimmer. Ich mochte es. Es war klein, aber gemütlich. Das Zimmer war rechteckig und die Tür war links auf einer der kruzen Seiten. Neben der Tür, an dem noch freien Platz an der Wand. stand ein großer, moderner und schwarzer Schrank, der weiße Türen hatte. Links, an der langen Wandseite, stand ein offener Schrank mit verschiedenen Unterteilungen. Und auf der gegenüberliegenden Seite stand ihr Bett, das, wenn es nicht gebraucht wurde, als Sofa verwendet wurde. Die langen Wände waren beide weiß und hatten schwarze Blumen als Verziehrung über die ganze Fläche tapeziert. Außergewöhnlich. Außergewöhnlich cool. Und so stand an der letzten noch übrigbleibenden Wand der Schreibtisch.
Dina hatte sich auf das Sofa gesetzt und als ich sie ansah klopfte sie neben sich und ich setzt mich zu ihr.
"Ich mag's hier.", sagte ich leise. "Ja, ne? Ich auch.", grinste Dina und stand auf, um sich an den Schreibtisch zu setzen.
Vor mir stand der Schrank mit den viele Unterteilungen.
Ich bewunderte die vielen Mangas, die in fast jeder Abteilung standen. In allen Farben, in allen Größen, einfach in allen Ausführungen.
Während ich überlegte, ob sie auch schon wirklich alle gelesen hatte, fiel mein Blick auf eine etwas größere Abteilung des Schranks. Dort waren all ihre Kosmetiksachen.
Ich staunte ein wenig: SIe hatte alles, was ein durchgestyltes Mädchen nunmal haben musste. Nur dass ich sie niemals so eingestuft hätte. Eher, dass sie von all dem Zeugs nichts halten würde. Aber im Gegenteil, sie hatte ungefähr das gleiche wie ich - nur, dass ich all das, was ich sah, in zehnfacher Ausführung hatte, weil ich in Sachen Kosmetik echt maßlos übertrieb. Ich staunte so, weil ich es echt nicht erwartet hatte. Nicht, dass sie sich nicht stylen würde; sie stylte sich schon, nur nicht so, wie die anderen.
Reva war ein schlankes Mädchen, zierlich und auf eine Art sehr süß. Sie hatte schwarzes, rabenschwarzes Haar und im Kontrast dazu war sie sehr blass. Ihr Brust war ziemlich groß, dafür, dass der Rest an ihr so zierlich gebaut war.
Ihr Style war außergewöhnlich. Man bezeichnete sie in ihrer Stufe als "Emo".

[Eigentlich wäre ich auch in der 9. Klasse gewesen, aber damals wurden aus den Sechsklässlern die "Besten" Schüler herausgesucht, die dann die 7. Klasse übersprungen haben und direkt in die 8. kamen. Dieses Klasse wurde gebildet, damit die Chance auf spätere Studienplätze größer war, weil die Jahrgänge nach uns (die 8. also) nur noch 12 Schuljahre machten und somit die doppelte Menge (im Jahr 2013) an Schülern Studienplätze suchen werden.]

Reva malte sich immer nur die Augen rundherum schwarz. Nach "mehr" sah das nicht aus. Doch wie gesagt, da war alles dabei: Wimpernzange und -tusche, Kajal, Make-Up, Puder, Pinsel.
"Er kommt gegen 9.", sagte Reva schließlich als sie mit Andy aufgelegt hatte. "Aber 9!?", zögerte Dina. "Da holen wir doch Larry und Basti an der Schule ab." „Oh, das habe ich total vergessen. Und jetzt? Der hat ein Familienessen und kommt da nicht früher weg.“
Dina guckte auf die Uhr. Mittlerweile war es acht. „Ach, naja. Ich ruf die gleich an und sag, die sollen dann irgendwie hierhin kommen.“
Reva nickte und ging ins Wohnzimmer. „Kommt, wir gucken ein bisschen TV.“
Und wir setzten uns auf die Couch und aßen Schokomandel und Schokonikoläuse. Es war ziemlich seltsam, was um diese Uhrzeit an diesem Datum im Fernseher lief. Wir erwarteten irgendwelche Countdowns oder „Dinner for one“. Stattdessen saßen wir da und schauten einer Frau in einer Talkshow dabei zu, wie sie einer männlichen Ziege den Penis massierte um ihn zu erregen, weil sie dem Publikum zeigen wollte, dass diese Ziege bei Erregungen immer Kot abließ. Unglaublich – aber wahr. Wir mussten ziemlich lachen und bekamen uns nur schwer wieder ein. Zumal, dass diese Frau dies als das Normalste der Welt angesehen hat und das dazu auch noch fachmännisch mit gehobener Sprache erklärt hat. Während das Publikum um sie herum nur lachte und nicht ernst bleiben konnte.

Irgendwann klingelte es an der Tür, es war um kurz vor neun und Andy stand vor der Tür.
Andy, ein Junge mit blonden Haaren, etwas größer als Reva. Er sah keineswegs schlecht aus und ich beneidete sie für einen kurzen Moment dafür, dass sie von so jemand geliebt wurde. Doch ich freute mich für sie, weil Dina mir schon mal erzählt hatte, dass Reva von Jungs nicht so oft so angenommen wurde, wie sie war.
„Gut, dann kann ich ja jetzt Larry anrufen und dem sagen, wo wir sind. Wo sollen wir uns denn treffen?“, fragte Dina, die schon ihr Handy gezückt hatte.
„An der Unterführung am Busbahnhof. Also eher an der Bahnstelle.“
Ich konnte mich nicht an Dina hängen, während sie telefonierte. Also blieb ich bei Reva und Andy in Revas Zimmer und versuchte irgendwie mit ihnen zu reden. Allerdings hatte ich nicht lange die Gelegenheit, da Dina wieder ins Zimmer kann und mir ihr Handy gab: „Hier, erklär du denen mal, wo die hin müssen. Bei mir verstehen die das nicht.“
Ich hielt das Handy an mein Ohr „Hallo?“
„Ja, hey. Wir sind jetzt hier… so, keine Ahnung, wo.“, erklärte mir eine unbekannte Stimme. „Aha. Ja, dann kann ich euch leider auch nicht helfen.“, antwortete ich in einem sarkastischen Ton. „Ey, warte. Wir sind… hier bei Vergölst. Sagt dir das was?“
Bei Vergölst erst. Na das konnte ja noch dauern. „Jaja, klar kenn ich Vergölst. Pass auf, ihr fahrt jetzt bis zum Kreisverkehr runter. Sag Bescheid, wenn ihr da seid.“
Im Hintergrund rauschten die Autos und deswegen sprach dieser jemand am Handy sehr laut. „Ja, ist gut.“ Einige Sekunden sprachen wir nicht, bis der am anderen Ende plötzlich brüllte: „Hallo? Wir sind jetzt am Kreisverkehr.“ „Gut!“, brüllte ich übertrieben zurück, um ihn auf seine Lautstärke aufmerksam zu machen. „Dann nehmt jetzt die 3. Ausfahrt!“ „Also am Kiosk?“ „Kiosk?“, fragte ich. „Wo ist denn da ein Kiosk? Ich hab 3. Ausfahrt gesagt, du Schlaui. Nicht 2. oder 4.“ „Ja, aber hä? Wo denn dann? Außerdem: Schlau bin ich.“ „Ja klar, merk ich. Seid ihr auf der Pizza Pazza Seite? Wenn ja, dann die 2.“
Mittlerweile war derjenige am Handy total verwirrt. „Was? Erst 3., dann 2. Kannst du dich mal entscheiden?“ „Boah Gott. So dumm kann man doch gar nicht sein, oder? Fahrt doch einfach irgendeine raus.“
Im Hintergrund hörte ich Dina tuscheln: „Guck mal! Guck mal, die kennt die nicht und ist direkt knallhart. Geil, oder?“ Ich drehte mich zu ihr. zeigte ihr den Mittelfinger und grinste dabei breit. „Sei leise.“, sagte ich zu ihr, doch der Unbekannte fühlte sich ebenso angesprochen. „Ja, meine Güte ich sag doch gar nichts. Reg dich mal nicht so auf.“ Ich verlor meine Nerven, bei so viel Gewusel. „Boah, fühl dich doch nicht gleich angesprochen, du Opfer.“, entgegnete ich ihm genervt. Dina und Reva verfielen in ein lautes Gelächter, weil ich mit der Situation nicht klar kam.
„Wir sind jetzt an der Stadthalle am Marianum.“, teile man mir mit. „Ja, super. Kommt ihr jetzt alleine klar bis zur Unterführung? Mit wem red ich eigentlich überhaupt grade?“ „Ja jetzt finden wir das schon. Euhm, jetzt mit Valerian. Eben mit Basti, deswegen hat der auch nichts verstanden.“, erklärte er mir. „Jaja, schon klar. Bis gleich dann.“, ich legte auf.
Dina, Reva, Andy und ich zogen uns Schuhe und Jacken an und machten uns auf den Weg zur Unterführung. Gruselig, stockdüster und keine Menschenseele. Außerdem waren hier nur vereinzelt Straßenlaternen. Andy versuchte uns ein unterwegs ein bisschen Mut zu machen, in dem er uns die Böller erklärte.
„Also, es gibt China Böller in verschieden Ausführungen.“, fing er an. „A-Böller, B-Böller, C-Böller, D-Böller.“ „Aha.“, meinte Reva. „Also Alphabetsböller? Sophie, du bist dann S-Böller und ich R-Böller. Und Dina… ne, das ist dann ja langweilig.“
Endlich angekommen, fing Dina schon an, laut durch die Unterführung durch zu schreien: „ Laaaaarry? Laaaaryy! Huuhuuu.“ Doch da war niemand. „Komm, Sophie. Schreien wir auch 3? 1, 2,3!“ Und wir riefen so laut es ging. Doch wir bekamen immer noch keine Antwort und dann machte sich auf Reva die Mühe und schrie mit. Aber nichts kam, also gingen wir, mutig wie war waren, durch die Unterführung hindurch. Allerdings war das noch mal gruseliger als der ganze Weg bis hierhin, weil diese echt schwarz vor Dunkelheit war. Aber siehe da: 2 etwas ältere Jungs standen da und warteten.
„Habt ihr uns nicht gehört?“
„Doch, doch. Aber wir hatten keine Lust zu euch zu fahren.“, sagte der Blonde.
„Ach, wie nett von dir, Larry.“
Aha. Das war also Valerian. Er war relativ groß und stark gebaut. Seine Haare waren kurz, dunkelblond und waren mit Gel „gestylt“ worden. Sein Gesicht war rundlich und rot. Er hatte viele, kleine Pickel, die allerdings weiter nicht störten. Seine Augen waren blau. Sein Mund hatte ein volles rot. Jedoch war seine Nase das einzig unproportionale in seinem Gesicht – sie war zu groß.
Er trug eine dunkelblaue Jeans und dazu eine hellblaue Sweatshirtjacke.
Im Allgemeinen sah er ziemlich gut aus. Sehr sogar.
Der andere Junge neben ihr war dann wohl Basti. Er hatte braune Haare, braune Haut und braune Augen. Sein Körper war sehr dünn und schmal gebaut.
Valerian nahm sein Fahrrad und fuhr vor, soweit, bis er gleich am anderen Ende der Unterführung war. Ebenso machte es Basti.
Dina, Reva, Andy und ich folgten ihnen schnell, damit sie nicht weiter auf uns warten mussten. Reva nahm mich bei der Hand und sagte mir, dass sie es im Dunklen immer gruselig fand und jetzt meine Hand brauchte, damit sie nicht so alleine war.
Ich fand das ziemlich süß und war erleichtert, da ich jetzt genau wusste: sie mochte mich wirklich.

Das erste Mal, dass Reva und ich uns relativ gut verstanden haben, war im Sommer 2008, an Tetes Geburtstag. Damals war ich über ihre Offenheit mir gegenüber auch schon sehr überrascht, weil über sie immer nur negative Sachen erzählt wurden: Emo, unaufgeschlossen, mag nur ihre Freunde, Fremde fände sie doof.
Alles Vorurteile, wenn man erstmal die Gelegenheit hatte, was mit ihr zu machen.
Auf dem Geburtstag haben wir viel Unsinn gemacht und geredet. Tete feierte ihn im Juni am Baggerloch in Hitdorf nach. Und auf dem riesigen Klettergerüst kam unser erster Insider zustande: Gott und Bergziege. Ich Gott – Sie Bergziege.
Aus Treffen wurde nie irgendwas und da wir nur diesen einen Insider hatten, wurde es schnell langweilig, immer nur auf dem gleichen Insider rum zu reiten. Und so verloren wir uns auch wieder aus den Augen.

Als wir fast am Ende der Unterführung ankamen, flog uns irgendwas entgegen. Es knallte unerträglich laut und wir fingen an zu schreien vor Schreck. „Was war DAS?“, fragte Reva erschrocken laut. „Ich weiß nicht!“, antwortete ich ebenfalls erschrocken laut.
Doch da kam gleich das nächste, laute Ding angeflogen. Erneut schrieen wir auf.
Andy, der hinter ns war, lachte uns aus. „Ihr Schisser, das sind China-Böller. Um genau zu sein: D-Böller.“ „Ja schön, ist mir doch jetzt egal, welche Böller das sind, Mensch“, meckerte Reva ihn an. „Jaja, okay. Aber ihr könnt einfach durchgehen. Euch passiert schon nichts!“ Doch seine Freundin glaubte das nicht ganz. „Hallo, nein? Wir uns das auf den Kopf fliegt?“ „Ach, als ob.“, versicherte und Andy. „Aber wartet“ und mit diesen Worten verschwand er mit schnellen Schritten hinter der Unterführung. Irgendwann rief er: „Ihr könnt kommen!“ und wir kamen heil am anderen Ende an.
Den Weg lang zu Tines Haus beschäftigte sich Dina am meisten mit Larry und Basti. Andy pendelte von Revas Hand zu Larry und Basti um über Knaller und Böller zu reden und dann wieder zu Reva.
Und Reva und ich umklammerten immer noch unsere Hände und gruselten uns.
Auf dem halben Weg fing Larry wieder an, China Böller durch die Gegend zu werfen: mal in Büsche, mal in Gullis und mal ganz einfach auf die Straße.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.04.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für die Freunde dieser Zeit.

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