Es begann an einem regnerischen Spätabend. Ich lief eine enge dunkle Gasse entlang. Was ich da wollte, wusste ich nicht, genauso wenig, wie ich dahin gekommen war. Dunkelheit durchzog die Umgebung, wie lange Finger, die nach mir griffen. Es war kühl, und ich war durchnässt, aber trotzdem lief ich langsam. Ein eigenartiges Gefühl bildete sich in meiner Magengegend; ich konnte jedoch nicht sagen, was es war. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Der Rhythmus klang in meinen Ohren - schneller und schneller. Mir war es, als könne man ihn meilenweit hören.
Die Gegend wirkte unwirklich. Ich war nie zuvor dort gewesen. Die Stille war trügerisch. Jeder meiner Atemzüge hallte von den schwarzen Häuserwänden wider, die sich zu beiden Seiten dicht gedrängt, neben mir, wie drohende Riesen, auftürmten. Es waren nur Mauern, kein Fenster war zu sehen - kaum Licht, nur Grau, auf dem sich schwarze, herrenlose Schatten stetig bewegten. Von ihnen schien, ein leises Flüstern auszugehen. Oder war es nur der Wind, der anhaltend rau um die Ecken wehte?
Ich hatte kein Ziel; ich wusste nicht, wer ich war und woher ich kam. In meinem Kopf herrschte eine Leere. Gedanken flackerten immer wieder auf und zerfielen, bevor ich sie greifen konnte. Bald schwollen sie an und füllten die Leere mit einem Gewirr von Stimmen - Chaos. Erst versuchte ich, jede zu fassen und zu verstehen. Als das aber nicht gelang, versuchte ich, sie niederzukämpfen; kurze Zeit fürchtete ich, dem Wahnsinn zu verfallen, doch endlich gelang es mir, die Stimmen aus meinem Kopf zu verbannen. Nun herrschte dort wieder diese gähnende Leere - ich war mir nicht sicher, ob das besser war.
Endlich blieb ich stehen und sah zum Himmel auf. Er war trüb und wolkenverhangen. Es waren weder Mond noch Sterne zu sehen, nur ein grau-schwarzes Wolkenband, das wie ein Klotz am Firmament hing und kaum einen Lichtstrahl durchließ. Das wenige Licht ließ unheimliche Schatten auf den Wolken erscheinen - finster und bedrohlich. Dadurch wurde die Kälte noch verstärkt. Mein Atem blies kleine Kringel aus Wasserdampf in die Luft. Ich fröstelte, aber mir war nicht kalt. Ich spürte nichts außer einer tiefen Leere in mir...
Tag der Veröffentlichung: 30.03.2011
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