Mhmm...
Ich liebe ja Theater, aber dass ihre Majestäten gleich Unterricht für alle anordnen, verstehe ich nicht.
Ich möchte nicht mit allen, die zur königlichen Familie gehören in einem Raum sein und darauf aufmerksam gemacht werden, dass ich die letzte in der Rangfolge bin.
Die einzige, die mich normal behandelt ist Marie, aber sie ist mit William zusammen und hat deswegen kaum Zeit für mich.
Natürlich gehorche ich, also gut, ich atme tief ein und betrete den Raum. So viele Menschen auf engen Raum bin ich nicht gewohnt, deshalb bin ich froh, dass mich alle ignorieren, weil sie mit ihren Angelegenheiten beschäftigt sind.
Ich setzte mich in die hinterste Reihe wo ich hoffentlich nicht auffalle. Alle jungen Adeligen, die mit der königlichen Familie irgendwie in Verbindung stehen sind hier versammelt.
Aber ich kenne kaum jemanden, denn meine Zeit besteht darin unsichtbar zu sein.
Deshalb verbringe ich die meiste Zeit des Tages in der Bibliothek.
Ich sitze allein an meinen Tisch, denn die anderen stehen alle in Gruppen zusammen und unterhalten sich.
Nur ein Junge sitzt ebenfalls, sein Tisch steht rechts vor mir.
Kurz betrachte ich ihn, wie das Sonnenlicht sich in seinem kastanienbraunen Haar fängt.
Ich beobachte sehr gern die Leute, viel lieber als dass ich selbst am Geschehen teilnehme.
Doch nun senke ich den Blick und schaue die Platte meines Tisches an, denn er hat sich zu mir umgedreht.
„Schönen guten Tag Mademoiselle, mein Name ist Edward.
Darf ich so frei sein und nach den euren fragen?“
Stille um mich zu vergewissern, dass er nicht mich meint hebe ich leicht den Kopf.
Doch seine Sturm-grauen Augen ruhen auf mir und ich kann keinerlei Ungeduld in seinem Blick erkennen.
„Johanna, Monsieur.“
Meine Stimme ist nur ein Flüstern, doch er scheint es verstanden zu haben, denn ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.
Doch als er etwas erwidern will, betritt unser Lehrer der Maestro des hiesigen Theaters den Saal.
Alle laufen durcheinander um irgendwo einen Sitzplatz zu finden und plötzlich sitze ich nicht mehr allein, sondern bin umringt von fremden Personen.
Dieser Edward dreht sich noch einmal zu mir um und zwinkert mir aufmunternd zu.
Dann werde ich von meinem Nebenmann abgelenkt: „Hi, ich bin Brendel und du?“
Man merkt sofort, dass er einen viel niedrigeren Stand als dieser Edward haben muss.
„Mein Name ist Johanna mein Herr.“
Er grinst mich an und fängt eine lockere Unterhaltung über den Grund an, warum wir hier sitzen.
Doch dann räuspert sich der Maestro und unterbricht die leisen Gespräche. „Der Grund meine Damen und Herren, warum ihr hier sitzt ist allen bekannt, ja?“
Eine rhetorische Frage, doch trotzdem schüttelten einige den Kopf, was der Maestro natürlich übersieht: „Schön dann nun zu dem was sie erwartet. Wir werden zwei Gruppen bilden und beide Gruppen werden Romeo und Julia einstudieren.
Dann werden wir sehen welche Gruppe, die Größere Ambition zum Theater hat.“
Er gestikuliert mit mehreren Handbewegungen wild durch die Luft, bevor er anfängt einzelne Namen auf zu rufen.
Als Edward an der Reihe ist, traute ich meinen Ohren kaum.
Habe ich wirklich das Wort Prinz vor seinem Namen gehört.
Es muss so sein, denn der halbe Saal tuschelt. Mit Erschrecken wird mir erst jetzt klar, dass ich bereits seit einigen Jahren hier wohne und noch nie dem Thronfolger begegnet bin. Was einerseits sicherlich Glück für mich war, andererseits fühlte ich mich peinlich berührt, dass ich ihn nicht kannte.
Der Maestro zischt: „Ruhe.“
Dann macht er weiter mit einer Olivia und am Ende steht es fest wer welche Rolle spielen soll.
Warum muss ich die Julia sein, warum Marie wäre viel besser dafür geeignet.
Mein Spielgefährte ist mein Banknachbar Brendel und Prinz Edward spielt ebenfalls einen Romeo.
Als alle ihren Text haben, entlässt uns der Maestro Ich übe eisern meinen Text, doch außer den wenigen Tagen an denen ich mit Marie und ihrem Freund übe, weil sie meine Eltern spielen, trainieren wir das Zusammenspielen nur an den Tagen, wenn wir Unterricht haben.
Ansonsten spielt jeder für sich und meistens sitze ich allein im hinteren alten Teil der Bibliothek und stelle mir vor, dass auch ich einen Romeo habe, der um mich wirbt.
Eines Abends beende ich gerade meinen letzten Satz, da höre ich Romeos Erwiderung auf meinen Text.
Suchend drehe ich mich um meine eigene Achse, doch kann ich niemanden entdecken.
Also streife ich durch die Gänge und finde den Sprecher vorn am Lesetisch.
Edward hat einen Fuß auf einen Stuhl gestellt und spielt mit solch einer Überzeugung die Balkonszene, dass Julia dort oben, wo sein Blick hin fällt, wirklich stehen müsste.
Ich bin so überwältigt von seinem Spiel, dass ich mich nicht von der Stelle rühre.
Bis plötzlich ein Geräusch den Saal durchdringt, dass uns beide zusammen zucken lässt.
Die Wachen!
Edward schaut erschrocken zur Tür und entdeckt daraufhin auch mich die neben dieser verweilt.
Mit ein paar leichten Sätzen ist er an meiner Seite.
Nimmt reflexartig meine Hand und zieht mich zurück in den alten Teil der Bibliothek.
Wir passieren Bücherregale die sehr alt sind und kreuz und quer durcheinander stehen.
Einige sind sogar umgestürzt oder beherbergen sogar noch sehr, sehr alte vereinzelte Bücher.
Hinter uns kann ich die Wachen hören, wahrscheinlich haben sie unsere Schritte gehört und durchsuchen jetzt den Raum.
Unser Vorteil ist jedoch, dass nie irgendjemand vermuten würde, dass sich jemand in den hintersten Teil wagt, weil Erwachsene kaum zwischen den Regalen gehen können.
Mein Atem geht rasselnd und mein Herz klopft wild, doch nicht nur aus Angst.
Der Prinz bleibt erst stehen als wir eine Nische erreichen, wo es nicht mehr weiter geht.
Er zieht mich hinein und nun stehen wir eng aneinander und lauschen den klappernden Geräuschen, die die Wachen machen.
Dann höre ich nur noch Edwards Atem.
Reflexartig habe ich meine Hände gehoben als er mir so nah gekommen ist und nun ruhen sie auf seine Brust.
Als sein Atem sich beruhigt hat, vernehme ich das Klopfen meines Herzens. So laut, dass er es höre muss. Vorsichtig riskiere ich einen Blick in sein Gesicht.
Es ist in Richtung Ausgang gerichtet und hochkonzentriert, doch im gleichen Moment muss er beschließen, dass die Wachen abgezogen sind, denn er richtet seine Augen auf mich und ein Lächeln breitet sich über seine Züge aus.
„Das ist ja gerade noch einmal gut gegangen, nicht wahr My Lady?“
Dies und einen guten Nacht Wunsch sind die einzigen Worte, die ich von ihm an diesem Abend höre, nachdem er mich zu meinem Gemach gebracht hat. Von da an treffen unsere Wege häufiger aufeinander und mir fällt auf, dass er seine freie Zeit in der Bibliothek verbringt.
Wir üben nun auch miteinander für das Stück.
Er spielt den Romeo mit so viel Leidenschaft, dass ich beginne zu glauben die Gefühle gelten mir.
Mein Herz schlägt von da an jedes Mal schneller, wenn er mich auch nur ansieht.
Eines Morgens besuche ich das Theater in dem wir spielen werden und betrachte die fertigen Kulissen.
Bis der Maestro mich anspricht.
Wir sprechen über das Stück und ich erfahre, dass nur eine Besetzung von den jeweiligen Rollen die Premiere spielen kann.
Dass er mir damit sagen will, dass es nur eine Julia geben kann, entweder Olivia oder ich, kommt mir gar nicht in den Sinn.
Ich habe nur einen Gedanken, dass Edward in jedem Fall den Romeo spielen muss.
Deswegen flehe ich meinen Lehrmeister auch an: „Bitte, Maestro, er ist der perfekte Romeo.
Sie müssen ihn spielen sehen, er ist einfach wunderbar!“
Er bremst meine Euphorie: „Beruhigen sie sich Fräulein Johanna.
Wer die Erstbesetzung spielt, entscheidet nur das Stück selbst.
Sie werden mir zeigen können was sie können.“
Mit diesen Worten ist für ihn das Gespräch beendet und er widmet sich wieder den Bühnenarbeitern.
Je näher der Tag der Entscheidung desto nervöser werde und als der besagte Tag erwacht, zittern mir schon beim morgendlichen Mahl die Hände. Als ersten müssen Edward und Olivia miteinander die Balkonszene vortragen.
Ich bin so in Gedanken bei Edward und der Rolle, die er unbedingt bekommen muss, dass ich keinen Gedanken an mich selbst verschwende.
Doch schon als er die Bühne betritt, flammt Panik in mir auf.
Allein sein Gang ist schon anders wie in den Proben, und bei seinem Spiel taucht nicht die Leidenschaft auf, die ich jedes Mal gespürt habe. Irgendetwas scheint zu fehlen.
Er ist gut, ja sogar sehr gut aber etwas fehlt.
Panisch gleitet mein Blick zum Maestro und zu meiner Bestürzung scheint er es ähnlich zu sehen.
Er bricht die Szene ab und lässt Brendel in die Rolle des Romeos schlüpfen.
Edward schreitet an mir vorbei ohne einmal den Kopf zu heben.
Wut flammt in mir auf und ich bin der festen Überzeugung, dass Olivia daran die Schuld trägt.
Denn Edward ist der perfekte Romeo das weiß ist und das versuche ich auch unserem Maestro klar zu machen.
Er schaut kurz nachdenklich drein, dann grinst er mich an: „Wir haben ja noch eine Julia, das heißt er hat die Chance sich nochmals zu beweisen!“ Perplex schaue ich ihn an, doch mein Gehirn arbeitet sehr langsam, erst nach einem Augenblick sickern seine Worte zu mir durch.
Ich bin die zweite Julia.
Edward steht bereits neben dem Stuhl auf dem ich sitze.
Ich begreife, dass er jedes einzelne Wort mit angehört haben muss und meine Wangen beginnen zu glühen.
Er reicht mir jedoch elegant die Hand und lächelt mich an: „Wollen wir?“ Schon da erkenne ich bereits den Unterschied.
Seine Augen leuchten vor Aufregung.
Ich weiß, dass ich keine gute Julia bin, aber ich werde mein bestes geben.
Auch wir müssen die Balkonszene spielen und sobald wir die ersten Sätze ausgesprochen haben, spüre ich sie.
Die Liebe, die Edward in sein spielen legt.
Wie bei unseren Übungen, als wäre er wirklich Romeo und ich seine Julia, die die all seine Gefühle hegt.
Ich lasse mich von ihm mitreißen und schenke meine ganzen Gefühle meinem Romeo.
Als am Ende der Szene die Amme nach mir ruft, lege ich sanft meine Hand an seiner Wange und flüstere: „Auf bald, mein Liebster.“
Mit diesen Worten im Ohr, höre ich plötzlich ein Tosen, verwirrt schaue ich mich um, fast alle sind in tosenden Beifall ausgebrochen und der Maestro kommt aus seinen Lob reden gar nicht heraus.
Alles was er zusammenhängend sagen kann ist: „Das sind sie, das sind mein Romeo und meine Julia.
Man spürt sichtlich die Schwingungen zwischen euch.
Fantastisch, einfach fantastisch...“
Und schon verstrickt er sich wieder in einen Schwall aus Bravo, fantastisch, exzellent, grandios und so weiter.
Ich stehe da wie gelähmt und starre einfach in die Scheinwerfer, während Edward strahlend meine Hand nimmt und sich vor unserem Lehrer verneigt. Aus den Augenwinkeln kann ich erkennen, dass Brendel und Olivia vor Neid brodeln, doch mehr zeigen die beiden nicht, denn wissen, dass sich das nicht schickt.
Einige Tage nach diesem glücklichen Tag bin ich wieder einmal in der Bibliothek anwesend.
Ich durchstöbere die einzelnen Buchreihen auf der Suche nach den neusten Errungenschaften meines Königs.
Als ich plötzlich Brendels Stimme hinter einem der Regale höre.
Langsam auf Zehenspitzen, schleiche ich näher heran um mehr von der Unterhaltung mit zu bekommen.
Die Stimme seines Gesprächspartners ist mir völlig unbekannt. Doch was mich am meisten erschreckt ist das worüber sie sprechen.
Es geht um die Königin und ihre Liebhaber.
Jeder weiß, dass der König untreu ist, doch nur wenige wissen, dass er auch die Liebhaber der Königin akzeptiert.
Die königlichen Hoheiten verbindet drei Dinge eine Art Liebe, Freundschaft und natürlich der Prinz.
„Hör genau zu, du sorgst dafür, dass ihre Majestät auf falschem Fuß erwischt wird, genau genommen auf dem untreuen Fuß.
Ich werde mit dem König und seiner Leibgarde aufwarten, dann gibt es keine Möglichkeit das Vorgefallene zu leugnen.“
Die fremde Stimme kichert kurz gehässig in sich hinein: „Und vor allem keine Ausrede mehr für sie, denn dann muss der König sofort handeln.“ Wieder ein Kichern und die dunkle Gestalt will den Raum verlassen.
Wird von Brendel jedoch zurück gehalten: „Denk daran, wenn ich komme, darf dich niemand mehr sehen.“
Er nickt und verschwindet mit wehendem Umhang, ebenso Brendel.
Als ich mir sicher bin, dass der Weg frei ist, renne ich durch die Gänge. Doch als ich um die nächste Ecke biege, stoße ich mit jemand zusammen, doch ehe ich auf dem Boden pralle, hält mich jemand auf den Beinen.
Ich schaue auf und Blicke in die Augen des Prinzen.
„Ich... die Königin... Brendel...“
Meine Stimme zittert und ich kann nicht aufhören zu stottern.
Edward scheint kurz davor zu sein mich zu schütteln, doch er tut es nicht.
Sondern nimmt mein Gesicht in die Hände und zwingt mich so ihn anzusehen: „Johanna, ganz ruhig, atme tief durch und sage mir dann, was mit meiner Mutter ist.“
Sofort füllt sich meine Lunge mit Sauerstoff und es sprudelt nur so aus mir heraus.
Alles bis aufs letzte Detail, auch wenn ich bemerke, dass sich Edwards Augen mit jedem Satz den ich ausspreche, immer mehr weiten.
Seine Reitjacke spannt sich an den Oberarmen.
Am Ende meiner Erzählung schnappe ich hörbar nach Luft, das weckt ihn aus der Starre.
Sofort reagiert er, er wendet sich an seinen Freund, an seiner Seite: „Lauf und warne sie!“
Dieser nickt, doch bevor er los laufen will, wird er von Edward am Arm zurück gehalten: „Nimm den Gang durch die Statue im kleinen Festsaal!“ Wieder nickt sein Freund und entschwindet in den nächsten Gang.
Dann wendet sich der Prinz wieder mir zu: „Komm wir sollten uns beeilen.“ Ich folge ihm durch die Gänge und betrachte sein Gesicht.
Sein Mund ist eine strenge Linie und genauso angestrengt scheint er nach zu denken.
Wir gehen im Laufschritt, an meinem Gemach vorbei und biegen in den nächsten Gang.
Kurz vor den königlichen Gemächern bleibt Edward jedoch stehen und dreht sich zu mir: „Hör genau zu, folgendes wird passieren.
Brendel wird meinen Vater holen u dieser ist gezwungen dem Hinweis nachzugehen.
Also wird ein Trupp wachen die beiden begleiten.“
Er holt tief Luft und fährt sich durchs Haar: „Du wirst sie begleiten, wenn sie hier vorbei kommen, tu so als wolltest du ebenfalls zur Königin!“
Ich nicke um ihm verständlich zu machen, dass ich begriffen habe.
„Falls sie nach mir Fragen sollten und Brendel wird das, definitiv.
Du hast mich nicht gesehen und weißt nicht wo ich mich aufhalte, ja?“ Wieder ein Nicken meinerseits und ein kurzes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, dann beugt er sich zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Stirn, dreht sich auf dem Absatz um und eilt davon.
Ich bin allein und warte mit pochendem Herzen auf die schweren Schritte der Wachen und des Königs.
Als ich sie schließlich höre, werde ich nervös, doch ich spiele meine Rolle und laufe Richtung Königinnengemach.
Und genau wie Edward es voraus gesagt hat, will Brendel, dass ich sie begleite.
Mein Herz scheint gleich aus meiner Brust zu springen doch ich zwinge mich ruhig zu gehen.
„Der König verlangt Einlass!“
Die Wache pocht mit dem schweren Panzerhandschuh gegen die Tür.
Kurz darauf öffnen die Zofen zaghaft die Tür.
Ich schaue mich um wo Edward geblieben ist, doch da Brendel mich fixiert und ich kein Aufsehen erregen will, drehe ich mich wieder in Richtung Königinnengemach.
Woraufhin ich erstarre, der Verdacht ist wahr, die Königin liegt tatsächlich mit einem Jüngling in den Laken.
Oh mein Gott, ich schlage geschockt die Hände vor meinem Mund zusammen. Wie kann das sein, haben es Edward und sein Freund wirklich nicht rechtzeitig zu ihr geschafft.
Wurde sie vielleicht.
Sogar abgepasst, oder wollte die Königin vielleicht sogar ertappt werden. Aber wenn ja aus welchem Grund, was könnte der Anlass dafür sein?
Ich verstehe es nicht.
Nach der ersten Atempause richtet sich der König zu seiner vollen Größe auf und erhebt die Stimme: „Weib, was sehe ich.
Anzüglichkeiten mit einem anderen und dann auch noch hier im Palast.“ Seine Stimme donnert durch den Raum und doch höre ich die Qual heraus, diese Worte überhaupt aussprechen zu müssen.
Sofort zucken die Geliebten zusammen und fahren erschrocken auf.
Aber die Liebenden sind keine Liebende, denn der Jüngling, der in den Armen der Königin gelegen hat, ist ihr eigener Sohn Edward.
Ich glaube man müsste hören wie mir die Steine von der Seele fallen. Dieser Fuchs.
Mit einem Blick zum König erkenne ich, dass es ihm ähnlich ergeht und ich bilde mir ein, dass sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen abzeichnet.
Edward ist mit zwei großen Schritten bei seinem Vater angelangt und kniet vor ihm nieder.
„Verzeiht Vater, wenn es euch nicht passt, dann besuche ich Mutter nicht mehr, aber ich bitt euch, wenn ihr jemanden dafür bestrafen wollt, tut es mit mir.
Denn Mutter kann nichts dafür, dass ihr sie aufsucht um ihr mitzuteilen, dass er verliebt ist.“
Er hält kurz inne bevor er weiter spricht, doch das reicht um seine Worte zu mir durchdringen zu lassen.
Verliebt, die Steine sind wieder da und dazu noch ein stechender Schmerz. „Und, dass ihr Sohn die Hauptrolle in dem Stück des Maestros spielen wird.“
Der König beginnt schallend zu lachen: „Du spielst den Romeo?“
Edward nickt.
„Vortrefflich mein Sohn“ er umarmt ihn überschwänglich und schlägt ihm anerkennend auf die Schulter.
„Und wer ist deine Julia, die schöne Olivia?“
Spielerisch boxt er ihm in die Seite.
Edward allerdings schüttelt mit dem Kopf und nickt zu mir herüber.
Der König schaut mich mit großen Augen an und lacht dann wieder: „Unsere süße kleine Johanna also hätte ich nicht gedacht aber sie wirkt im Gegensatz zu Olivia zarter und vor allem natürlicher gute Wahl.
Was die andere Sache betrifft trifft dich keine Schuld.
Nicht wahr Brendel!“
Der König wendet sich an den Verräter, dieser jedoch schaut völlig unbeeindruckt drein: „Allerdings Majestät ich möchte mich in aller Form bei dem Prinz und der Königin entschuldigen.
Aber wo wir schon einmal bei guten Nachrichten angekommen sind, möchte auch ich etwas wahrlich Freudiges mitteilen.“
Kurz hält die Schlange inne, aber nur um im nächsten Moment zuzuschlagen. Mit einer blitzschnellen Bewegung kniet er mir nieder und nimmt meine Hand in seine: „Hiermit möchte ich offiziell dir meine Hand zum ewigen Bund reichen Johanna.
Nimm sie bitte an.“
Seine schmierige Stimme klingt im meinem leeren Kopf nach.
Brendel weiß, dass ich zum untersten Adel gehöre, im Gegensatz zu ihm und er weiß auch, dass ein Fräulein wie ich sich glücklich schätzen müsste über solch eine Fügung des Schicksals.
Doch das genaue Gegenteil ist der Fall.
Erst die Erkenntnis, dass Edward verliebt ist und nun das.
In diesem Augenblick frage ich mich nur eines, was habe ich verbrochen? Erstarrte schaue ich um mich.
Mein Blick streift erst Brendel, zu meinen Füßen, wandert dann zu meinem König und über die Königin, die entsetzt da sitzt, wandern meine Augen zu Edward.
Doch seine Haltung scheint mir unbegreiflich. Wut steht in sein Gesicht geschrieben.
Es scheint fast so als würde er gleich die Beherrschung verlieren.
Ich reiße mich zusammen öffne meinen Mund und sage: „Mein König bitte gewährt mir Zeit... Ich... benötige Zeit um darüber nachzudenken.“
Meine Stimme klingt gebrochen.
An seinem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass dem König meine Bitte missfällt, doch nach einem kurzen Seitenblick zu seiner Gemahlin lenkt er ungehalten ein: „Du hast Zeit bis nach der Theateraufführung, dann bekommt Brendel hoffentlich deine Zusage!“
Ich nicke und knickse zum Danke.
Doch das ist zu viel für meinen geschundene Seele, mir ist so schwindlig, dass ich wanke.
Und alles was ich noch wahrnehme ist die aufflammende Schwärze und Brendels harte Arme auf die ich pralle.
Ich versuche mich aus dieser Dunkelheit zu kämpfen und als es mir für einen Augenblick gelingt, spüre ich, dass ich getragen werde, doch ich halte meine Augen fest geschlossen.
Aber ich muss gestehen ich fühle mich geborgen, die Arme die mich halten umschließen mich beschützend und nicht wie bei Brendel fordernd und erdrückend.
Durch das Schaukeln schlafe ich erneut, erschöpft ein.
Als ich endlich vollends wieder zu mir komme, liege ich in meinem Bett und bemerke ich, dass eine Frau an meinem Bett sitzt.
Doch sofort bemerke ich, dass es sich nicht um meine Zofe, sondern die Königin handelt.
Sofort schrecke ich hoch, was ich jedoch augenblicklich bereue, denn mir schwirrt mein Kopf deshalb sinke ich wieder in die Kissen zurück und schließe meine Augen.
„Vorsichtig, nicht so hektisch.“
Beruhigt sie mich.
Ich spüre wie jemand meine Hände umklammert und öffne abermals die Augen. Edward sitzt auf der Bettkante, über mich gebeugt und hält meine Hände fest in seinen.
„Schatz belagere sie doch nicht gleich, sondern lass ihr etwas Luft!“ Doch bei dem Blick, dem der junge Prinz mir gerade schenkt, denke ich nur eins. `Belagre mich, belagre mich für den Rest meines Lebens! ´
Dann weicht er leicht zurück, doch meine Hände lässt er nicht los.
Ich lächle ihn leicht an, um ihm zu zeigen, dass es mich nichts ausmacht. Ich schaue zur Königin, nicht ohne wahr zu nehmen, dass Edward leicht meine Hände drückt.
„Mir geht es gut, verzeiht, dass ich so viel Aufsehen erregt habe.“ Lächelnd schüttelt Edwards Mutter den Kopf: „Es gibt nicht zu entschuldigen, vor allem weil du ja kein Aufsehen erregt hast.
Dafür hat Edward dich viel zu schnell davon getragen.“
Sie kichert sogar leicht mit vorgehaltener Hand.
Meine Wangen glühen und ich starre aus Verlegenheit auf meine Hände, die sich immer noch in denen von Edward befinden.
Er scheint keine Anstalten zu machen sie weg zu nehmen.
Dafür bin ich ihm sehr dankbar, denn nach und nach dämmert es mir, warum ich in Ohnmacht gesunken bin.
Er schenkt mir Wärme und vermittelt mir zumindest in diesem Augenblick Geborgenheit.
In mir ist momentan nichts als Kälte und wenn ich an Brendels Antrag denke, läuft mir ein weiterer Schauer den Rücken hinab.
„Meinst du, du fühlst dich in der Lage wieder unter die Menge zu treten?“ Meine Königin sieht mich besorgt an, doch ich nicke um ihre Sorgenfalte zu glätten.
Edward hilft mir auf meine wackligen Beine.
Doch er lässt meine Hände nicht los.
Er muss sich wirklich Sorgen um mich gemacht haben.
Für einen Moment blüht Hoffnung in mir auf, doch dann denke ich an seine Worte, dass er verliebt ist und alles ist dahin.
Dann erhebt sich die Königin ebenfalls nickt uns beiden zu: „Pass auf sie auf bis ich eine Lösung gefunden habe.
Edward.“
Ein nicken seinerseits genügt ihr und sie verlässt mein Gemach.
Plötzlich ist mir als würde ich ersticken, ich traue mich nicht einmal ihn anzusehen.
Er jedoch beugt sich zu mir herunter, sodass wir auf gleicher Höhe sind und schaut mir in die Augen.
Ich bin völlig überrumpelt und würde rückwärts taumeln, wenn er nicht meine Hände in seinen hätte.
„Du darfst Brendel nicht heiraten, hörst du!“
Irritiert sehe ich ihn an.
„Du darfst es nicht!
Er würde dich zerstören Johanna, dein ruhiges sanftes Selbst.“
In seinen Augen liegt ein Schmerz, der mich erzittern lässt.
Doch dann fasse ich mich und antworte ihm mit fester Stimme: „Das habe ich auch nicht vor.
Nur erwartet euer Vater, der König das von mir.
Weshalb ich den königlichen Hof nach dem Theaterstück in Ungnade verlassen muss.
Dann versagt mir die Stimme, beim Gedanken Edward nie wieder zusehen, aber ich schaue dem Prinzen weiterhin fest in die Augen.
Doch auf seine Reaktion auf meine Worte bin ich nicht gefasst.
Der Schmerz der in seinen Augen liegt ist fast unerträglich.
Aber bevor ich dem Blick von ihm lösen kann, hat Edward sich befreit, küsst mich auf die Stirn und sagt: „Ich lass mir was einfallen“ bevor auch er den Raum verlässt.
Nun da ich allein bin, stürzt alles wieder auf mich ein.
Ich setzte mich wieder aufs Bett und denke nach.
Ich glaube endlich begriffen zu haben was für Gefühle Edward für mich empfindet.
Geschwisterliebe, nicht mehr aber auch nicht weniger.
Ich scheine so etwas wie eine kleine Schwester für ihn darzustellen.
Was in mir gleichzeitig Wut und Trauer auslöst.
Dennoch ändern kann ich es nicht, deshalb bleibt mir nur eins.
Ich werde lernen müssen für Edward eine bessere Julia zu sein, sodass ich ihn beim Schauspiel nicht blamiere.
In den nächsten Tagen habe ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, die Vorstellung rückt immer näher und ich spüre förmlich Brendels Blick auf mir ruhen.
Ich fühle mich wie vor dem Treffen mit Edward, einsam und allein.
Wir sehen uns nur noch zu den Proben im Theater ansonsten scheint er mir aus dem Weg zu gehen, wenn er nicht seinen Pflichten nachgehen muss.
Also tue ich das was ich mein gesamtes Leben bereits getan habe.
Ich ziehe mich wieder in die Bibliothek zurück, wo meine einzigen Freunde sind, die mich niemals enttäuschen.
Die Bücher.
Als ich an einem Morgen wieder einmal ein Buch ins Regal zurück stelle, habe ich ein großes Problem, das sich vor mir aufbaut.
Vor dem Regal in das das Buch gehört, steht Edward mit einer Magd steht und mit ihr diskutiert.
Bis sie ihm das Wort abschneidet, indem sie sich nach oben streckt und ihm die Lippen mit ihren eigenen verschließt.
Sofort fallen mir Edwards Worte wieder ein: „Ich bin verliebt.“
Es rumst ein zweites Mal in meinem Körper.
Sämtliche Gefühle flammen wieder in mir auf, eine kleine Schwester, mehr bin ich nicht für ihn und werde es auch niemals sein.
Ich lehne mich gegen die Stirnseite des Regals.
Ich atme tief ein und aus um mich unter Kontrolle zu halten.
Weinen würde nichts nützen, genauso wenig wie ausrasten. Doch mir kommt augenblicklich der Tag in den Sinn, an dem Edward so resolut meine Hände fest umklammert hat.
Meine Selbstdisziplin sinkt auf null, ich kann mich genau an seinen besorgten Blick erinnern.
Ich lasse meine Hände sinken, sämtliche Kraft scheint aus mir heraus gepresst.
Zu spät bemerke ich, dass ich noch das Buch in der Hand halte.
´Eine kleine Schwester!`
Rums... ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und starre auf das Buch zu meinen Füßen.
Mit zittrigen Fingern greife ich danach und spähe kurz zu den beiden hinüber.
Beide schauen zu mir herüber.
Innerlich hoffe ich, dass es ihnen egal ist, welche Geräusche um sie herum geschehen.
Doch da täusche ich mich, denn ich blicke von dem erbosten Gesicht der Zofe, direkt in Edwards Augen.
Den Ausdruck darin kann ich jedoch nicht deuten.
Es liegt eine Mischung aus Wut und Leid darin.
Aber in diesem Moment möchte ich weder darüber nachdenken, noch an Ort und Stelle verweilen.
Also ist alles was ich mache lediglich eine Entschuldigung murmeln und dann laufe ich los ohne zurück zu blicken, laufe ich blind links durch die Gänge der Bibliothek.
Für einen kurzen Moment glaube ich, dass Schritte mich verfolgen, doch dann verstummen sie und ich tue sie als Nebengeräusch ab.
Ich werde erst langsamer als ich den hinter Teil der Bibliothek erreiche. Erst als ich sicher bin, dass ich niemand es Aufmerksamkeit mehr errege, sacken meine Knie ein und ich falle zu Boden.
Ich krieche in die Nische zwischen Zwei umgestürzten Regalen.
Fest drücke ich mich an die hintere Wand und presse das Buch gegen meinen Magen, ziehe meine Knie an und lasse meinen Kopf auf diesen sinken.
Dann kommen die Tränen, ich weine hemmungslos.
Sie wollen gar nicht mehr aufhören zu fließen, genauso wie da Schluchzen. All die aufgestauten Gefühle, quellen in mir hoch und entladen sich.
Nun spüre ich schmerzhaft das kleine Stück in mir welches immer noch zu hoffen gewagt hat.
Es ist also doch nur Geschwisterliebe.
Plötzlich höre ich auf dem Parkett- Boden Schritte.
Sofort beiße ich mir auf die Unterlippe um mein Schluchzen zu unterdrücken, doch die Tränen laufen unaufhaltsam weiter.
Denn der Schmerz in meiner Brust will einfach nicht vergehen.
Als ich Schuhe vor meinem Versteck stehen sehen, höre ich plötzlich wie eine Faust gegen die Wand schlägt.
Augenblicklich schrecke ich zusammen, halte den Kopf jedoch gesenkt und hoffe, dass die Dunkelheit auf meiner Seite ist und mich nicht verrät. Doch da hockt sie der junge Mann mit einem Knie auf dem Boden und dann werde ich in eine feste Umarmung gezogen.
Es sind dieselben Arme, die mich damals in mein Zimmer getragen haben und der Geruch von ihnen ist unverkennbar.
Ich versuche mich zu befreien, doch er gibt mir keine Chance dazu.
Fest hält er meine Hüfte umklammert und streicht mir mit der anderen Hand sanft übers Haar.
Ich fühle mich wie ein kleines Kind und abermals steigt Wut in mir auf. Doch verraucht sie, angesichts der Worte die mir Edward nun zu haucht: „Verzeih mir, erstens das gerade eben und zweitens, dass ich dich die ganze Zeit allein gelassen habe.
Aber ich musste doch unsere Flucht planen!“
Perplex stutze ich, habe ich gerade richtig gehört „unsere“ Flucht, warum „unsere“?
Ich schaue zu ihm auf, doch durch den Tränenschleier kann ich sein Gesicht nicht erkennen.
Also kann ich erst einmal nur eins machen, weiter seinen Worten zu lauschen: „Ich werde nicht zulassen, dass Brendel dich bekommt und wenn das bedeutet im Exil leben zu müssen, nehme ich das gern in Kauf!“
Wie zu Bekräftigung schließt er mich noch etwas fester in seine Arme und wischt endlich den Tränenschleier von meinen Augen.
Endlich sehe ich seine Augen und obwohl Trauer in ihnen geschrieben steht, kann ich mir nichts sehnlicher wünschen als jetzt in diese Augen zu blicken.
Ich will ihm sagen, dass es nicht notwendig ist, dass er mich begleitet und gleichzeitig seine Würde als Prinz aufgibt.
Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschen könnte als dass Edward bei mir ist.
Doch er ist mir wieder einmal einen Schritt voraus und scheint zu ahnen was ich will, denn er nimmt mein Gesicht in seine Hände, lehnt seine Stirn gegen meine und schaut mir tief in die Augen: „Johanna schlag die das aus dem Kopf.
Entweder wir gehen gemeinsam oder keiner von uns beiden.
Ich werde dich nicht allein gehen lassen!“
Das nächste was ich wahrnehme ist, sein Atem an meinem Ohr.
„Bleib bitte bei mir meine Johanna, bleib bei mir für immer.“
Mit diesen Worten rutschen seine Hände meinen Rücken hinab und er legt seinen Kopf so an meine Schulter, dass sein Mund an der Beuge zwischen meinem Hals und meiner Schulter ruht.
Ich spüre wie mein Herz schlägt und meine, dass er es auch hören muss, so schnell und heftig wie es pocht.
Außerdem meine ich zu fühlen wie Edward Mund sich zu einem Lächeln verzieht und dann kommt auch die Bestätigung dafür: „Bedeutet dieser schnelle Herzschlag, dass du einwilligst?“
Während er diese Worte haucht, kitzelt sein Atem meine Haut und mir läuft erneut ein Schauer über den Rücken, der mich erneut betäubt.
Aber ich nicke schwach um ihm zu antworten.
Dann löst sich endlich die Starre und ich schlinge ebenfalls meine Arme um ihn und fange wieder an zu weinen, jedoch dieses Mal vor Glück.
Edward schiebt mich daraufhin sanft von sich.
Wieder wischt er die Tränen fort.
„Johanna, du kannst einen Mann wirklich vollends verrückt machen!“
Ernste Worte, doch auf seinen Zügen liegt ein Lächeln und er setzt sich, wobei er einen Arm auf sein noch angewinkeltes Knie stützt.
Gespielt nachdenklich sitzt er vor mir und hält mit nur einer Hand meine fest umklammert.
„Ist dir eigentlich bewusst, dass wenn du mit mir ins Exil gehst, dein ganzes Leben sich von Grund auf verändert?“
Edward sieht mich fragend an, doch ich umschließe seine Hand fest mit meinen.
Als jedoch etwas darauf erwidern will, bemerke ich, dass ich mir immer noch auf die Unterlippe beiße.
Schreckhaft lasse ich locker und sofort bildet sich eine schmale Spur Blut auf meinem Mund.
Entsetzt sieht mich mein Prinz an und schüttelt dann den Kopf: „Ach, meine kleine, süße Julia...“
Mit diesen Worten beugt sich Edward zu mir vor und leckt mir mit seiner Zunge über die Lippen.
Wie unter Schock sitze ich da und bewege mich keinen Millimeter.
Meine Lippen fangen augenblicklich an zu beben und verlangen nach mehr, doch er zieht mich nur wieder an sich und so sitze ich schweigen an ihn gelehnt und genieße einfach.
Kein Kuss könnte inniger sein als diese Umarmung.
Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter und atme tief und befreit seinen Geruch ein.
Mein Glücksgefühl wird nur noch bestärkt als Edward seine Wange an meinen Hals lehnt und sich wie ein Kätzchen anschmiegt.
Einen weiteren Satz macht mein Herz als er daraufhin auch noch zufrieden seufzt.
Schweigend, die Zweisamkeit genießend sitzen wir noch Stunden so da, kein Zittern geht durch meinen Körper, denn solang Edward bei mir ist spüre ich nichts außer Glücksgefühle.
Erst weit nach Mitternacht bringt mich mein Prinz in meine Gemächer, doch zum Abschied gibt es keinen leidenschaftlichen Kuss wie bei Liebschaften. Ich streiche ihm sanft über die Wange und meine Hand ruht für einen Augenaufschlag dort.
Ich lächele ihm noch einmal zu und will in mein Zimmer verschwinden, da zieht Edward ein letztes Mal meine Hand zu sich und schmiegt seine weichen Lippen auf mein Handgelenk.
Es ist nur der Hauch eines Kusses, doch seine sturmgrauen Augen ruhen auf mir und mein Herz bebt. Nur allzu gern wäre ich ihm in sine Gemächer gefolgt, doch das zwischen uns ist keine banale Liebschaft.
Es ist schwer zu erklären was es ist.
Aber ich glaube am ehesten beschreibt es das Wort, Liebe. Mit klopfendem Herzen gehe ich zu Bett und kann noch lange Zeit nicht einschlafen, wegen diesem Gefühlschaos aus Glück, Verwirrung, Zufriedenheit und all den anderen Gefühlen, die sich nur schwer beschreiben lassen.
Die nächste Zeit ist gleichermaßen für Edward und mich sehr nervenaufreibend und anstrengend.
Wenn man nicht weiß was der andere für einen empfindet ist eine Sache. Aber zu wissen, dass er das gleiche empfindet und nicht die ganze Zeit seinen Blick zu suchen ist etwas völlig anderes.
Ich habe kein Problem damit von ihm getrennt zu sein, jetzt wo ich weiß, dass ich diejenige in seinem Herzen bin, doch ihn nicht an zu lächeln oder mich zu ihm zu setzen ist eine genauso harte Probe für mich wie für ihn. Das merke ich an seinen oft flehenden Blicken und wie gern würde ich ihm aufmunternd zusprechen oder ihm einfach nur ein Lächeln schenken, doch ich darf es nicht.
Es würde uns verraten.
Wenn die Nacht ihre Schleier über das Schloss legt und ich zu meinem Prinzen in die Bibliothek laufe, wartet er schon ungeduldig, schließt mich in seine Arme und überlässt mich erst weit nach Mitternacht wieder der Einsamkeit in meinen Gemach.
„Weißt du eigentlich wie nervös du mich machst mit deinen Blicken.
Ich muss mich ständig beherrschen, dass ich sie nicht erwider.“
Mein Ton klingt vorwurfsvoll, kann Edward mich doch anschauen wie und wann er will, ich stehe jedoch unter ihm und darf nur während der Theaterproben in seine wundervollen grauen Augen blicken.
Verträumt spiele ich mit seinen Händen, während ich auf eine Antwort von ihm warte.
Er fängt an zu lachen, wobei sein Atem meine Wange streift und mich betäubt.
Ich werde mich wohl nie an seinen unglaublichen Duft gewöhnen.
„Das liegt nur daran, dass du sie jetzt wahrnimmst.
Vorher hat dich das auch nicht gestört.“
Bemerkt Edward trocken und vergräbt sein Gesicht in mein Haar.
Ich halte den Atem an und er, er lacht wieder.
Jetzt erst begreife ich wie schwer es für ihn gewesen sein muss nicht mit mir zu sprechen, während er unsere Flucht plante.
Mittlerweile weiß ich so viel, dass ein Plan besteht, aber er will nicht sagen.
Was ich nicht weiß kann mir nicht schaden.
Also schmiege ich mich eng an ihm um ihm nochmals klar zu machen, dass ich nur zu ihm gehöre.
Edward versteht die Geste auch ohne Worte und schlingt seine Arme fester um mich.
Woraufhin ich lachen muss, weil er meins noch dazu sagt.
Ich lege meinen Kopf in den Nacken um mich an ihn anzulehnen.
Er nutzt die Gelegenheit und legt seine Lippe an die Mulde unterhalb meines Ohrs.
Ich genieße jede Sekunde, während der ich seine Gegenwart aufnehmen kann, doch viel zu schnell geht diese gemeinsame Zeit vorbei.
Edward zieht mich auf die Beine und wir machen uns auf den Weg zum Ausgang der Bibliothek.
Doch kurz bevor wir diesen erreichen, hören wir seltsame Geräusche seitens des Lesetisches.
Mein Prinz stellt sich vor mich und legt von vorn schützend seinen Arm um mich.
Als wir näher treten erkenne ich Brendels Stimme.
„Bleib hier ich schau nach dem Rechten!
Deshalb warte hier“ bedeutet Edward mir im hinteren Teil zu warten und schleicht sich nach vorn.
Doch da ich von Natur aus neugierig bin, schleiche ich hinter ihm her und nutze ebenfalls die Gelegenheit als er um die Ecke eines Bücherregals schaut und tue es ihm gleich.
Doch was ich da sehe bewirkt in mir einen Brechreiz.
Brendel und die Magd, die Edward geküsst hat, geben sich ungehindert ihrer Lust hin.
Angeekelt stolper ich zurück, Edward packt mich jedoch am Handgelenk und zieht mich in den Arm, bevor ich gegen das gegenüber liegende Bücherregal prallen kann.
Dann nimmt er mich auf den Arm und trägt mich behände, mit lautlosen Schritten außer Hörweite, von diesem widerwärtigen Spektakels.
Er setzt mich auf ein umgestürztes Regal ab und hockt sich vor mich. Seine Hände umklammern die meinen und ruhen in meinem Schoß Dann seufzt er: „Ich hatte doch gesagt, du solltest auf mich warten, aber anstatt darauf zu hören was gut für dich wäre.
Tust du das was unglaubliche Bilder in dir wachrufen wird.“
Ich verziehe nur das Gesicht, woraufhin er nochmals seufzt.
Dann legt er eine Hand an meine Wange und die andere streicht sanft über meinen Handrücken.
Seine Augen blicken besorgt in meine und ich bin zum ersten Mal richtig froh in seine Augen versinken zu dürfen.
Denn es hilft diese abscheulichen Bilder aus meinen Kopf zu tilgen.
Dann legt er seinen Kopf in meinem Schoss und seine Wange ruht an meiner Handfläche.
So bleiben wir sitzen und genießen unsere Zweisamkeit, denn wir können nichts weiter tun als zu warten.
Langsam greift die Müdigkeit auch nach mir und obwohl Edward sich bemüht, döst er auf meinem Schoss bereits ein.
Denn im Gegensatz zu mir, hat er noch anderes, am Tag zu tun außer schön aus zusehen.
Dazu kommen noch die Abende, die er bis spät in die Nacht mit mir verbringt, tragen auch nicht gerade zu seiner Ausgeschlafenheit bei. Sanft streiche ich ihm durchs Haar, er reagiert sofort, seine Arme schmiegen sich um meine Hüfte und er kuschelt sich in meinen Schoss. Jetzt habe ich ihn geweckt: „Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken.“ Meine Stimme ist nur ein Hauch.
Doch ich weiß, dass er mich gehört hat, denn er blinzelt zu mir hoch, mit verschlafenen Augen.
„Ich muss um Verzeihung bitten, schließlich bin ich auf deinem Schoss eingeschlafen.“
Ich will protestieren, doch Edward legt mir einen Finger auf die Lippen. „Lass uns nicht hier und nicht jetzt darüber diskutieren, wenn du auf das Thema zurückkommen willst, gern.
Aber bitte nicht zu dieser späten Stunde.“
Und wie zur Unterstreichung seiner Worte, muss mein Prinz gähnen. Woraufhin ich leise kichern muss.
Dann hebt er mich vom Bücherregal und wir schleichen wieder nach vorn um nach zu schauen, ob die Luft mittlerweile rein ist.
Die Bibliothek ist leer.
Edward und ich laufen durch die leeren Gänge des Schlosses.
Als wir jedoch an einem der Ostfenster vorbei kommen, stoppe ich abrupt. „Edward schau nur, die Sonne geht auf!
Schauen wir uns den Sonnenaufgang an, bitte.“
Sein aufkommender Protest, wird durch meine Bitte am Ende, zerschlagen.
Er kann mich nur ergeben anlächeln und mir die Hand reichen.
„Dann los.“
Sofort ergreife ich sie und ziehe ihn hinter mir her in den großen Schlossgarten.
Dort setzen wir uns ans Ufer eines kleinen Sees.
Edward legt von hinten sein Arme um mich und ich lehne mich gegen ihn. Sein Kopf ruht auf meiner Schulter und so schauen wir, Wange an Wange, zu wie unsere geliebte Nacht vergeht und der neue Tag beginnt.
Edward erhebt sich als erster wieder, greift von hinten unter meine Arme und zieht mich zu sich hoch.
„So, jetzt müssen wir uns erst einmal wieder trennen.“
Mein trauriger Blick streift den seinen und ich sehe die Wehmut in seinen Augen.
Edward verabschiedet sich wie immer, seit unseren ersten Abend, seine Lippen hauchen einen Kuss auf mein Handgelenk.
Doch flüstert er mir noch einen Satz zu: „Bitte erschrick nicht, wenn du Schritte hinter dir wahrnimmst.
Ich bin das und ich werde dafür sorgen, dass keiner dir auflauert, weder Brendel noch irgendein anderer.“
Dankbar sehe ich ihn an und schenke ihm zum Abschied mein liebstes Lächeln.
Er lächelt zurück und drückt seine Lippen noch einmal auf mein Handgelenk.
Dann dreht er sich wortlos um und spaziert davon.
Wie gern hätte ich ihn gern noch einmal in meine Arme genommen, doch wenn man darüber nachdenkt, wer das alles beobachten könnte, war diese Verabschiedung die beste.
Langsam mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer, da die Müdigkeit nur über mich hereinstürzt.
Wie Edward gesagt hat, höre ich kurz darauf seine Schritte in sicherer Entfernung zu meinen.
Wieder einmal spüre ich wie sämtliche Nervosität und Ängstlichkeit von mir abfällt, wenn er auch nur in meiner Nähe ist.
Ich laufe weiter ohne mich umzudrehen und werde er stutzig als die Schritte schnell näher kommen und als ich ihn schließlich neben mir spüre, spähe ich verstollen neugierig zu ihm rüber.
Alles was ich jedoch von ihm bekomme ist ein flüchtiger Seitenblick, dann führt er mich weiter den Gang entlang.
Woraufhin ich den Grund seiner Planänderung bereits vom Weiten erkennen kann.
Meine Finger krallen sich in Edwards Militärs Jacke fest, da ich meine Hand um seinen Ellbogen geschwungen habe.
Seine Geste kommt sofort, er zieht meinen Arme enger an sich.
Es signalisiert mir beruhigend, freiwillig wird er mich nicht frei geben.
Ich atme nochmals tief durch und richte dann meinen Blick ebenfalls auf Brendel und seine Gefährten, die vor meinen Gemächern mir auflauern.
Sie scheinen jedoch eingeschlafen zu sein.
Edward steuert jedoch nicht die Tür, sondern das Ende des Ganges an.
Als wir schnellen Schrittes an das Schlafende Gesindel vorbei schreiten, überrumpelt mich ein Schauer, der meinen Rücken hinab läuft.
Und wie auf Befehl erwacht Brendel aus seinem Schlaf: „Hey da halt.“ Obwohl er noch nicht einmal wahrnimmt, wer da an ihm vorbei spaziert, brüllt er erst einmal los.
Dann scheint er zu bemerken, dass es der Prinz ist, den er gerade Befehle erteilt hat.
Währenddessen, schiebt sich Edward kaum merklich zwischen mich und Brendel, ohne jedoch meinen Arm los zulassen.
„ Was willst du?“
Verächtlich sieht Brendel Edward an und mustert mit Genugtuung meine verängstigte Miene, die auf ihm ruht.
Ich spüre wie Edward sich verkrampft und werde nervöser.
„Von dir gar nichts mein Prinz.
Ich will mit meiner zukünftigen Braut sprechen!“
Kurz höre ich ein undefinierbares Geräusch, doch als es vorbei ist bin ich mir nicht sicher, ob es Einbildung war oder ob Edward gerade tatsächlich geknurrt hat.
„Zum einen ist sie noch überhaupt nichts von dir und zum zweiten muss ich dich leider enttäuschen, denn wir haben es eilig.
Die Königin verlangt nach uns!
Du verzeihst also!“
Ich höre deutlich mit welcher Anstrengung er das durch seine Zähne förmlich presst und drücke leicht und vor allem unauffällig seinen Arm. Edward macht einen Schritt auf Brendel zu.
Dieser weicht sogar einen Schritt zurück.
Er setzt gern die Gerüchte über unsere Verlobung in die Welt, woraufhin natürlich das halbe Schloss denkt, dass ich ihn heirate.
Das ist auch der Grund warum Edward sich vor allem von mir fern hält.
Der Gedanke treibt die Wut in mir hoch, doch Edward, zieht mich mit sich als er sich wieder in Bewegung setzt und mir bleibt keine Zeit zu reagieren.
Als der falsche Verlobte hinter der nächsten Biegung verschwindet, atmen sowohl ich als auch Edward erleichtert auf.
Sein Griff um meinen Arm lockert sich und erlegt zusätzlich seine andere Hand behutsam auf die meine.
Ich schaue zu ihm auf und sehe in seinen Augen, was er mit dieser Geste bezwecken will.
Fragend sieht er mich an ob er zu grob gewesen ist.
Ich werfe einen kurzen Blick in den Korridor, doch er ist vollkommen verlassen.
Diese Gelegenheit nutze ich, lege ihm behutsam meine Hand auf die Wange, stelle mich auf Zehnspitzen und drücke ihm schneller als er reagieren kann einen Kuss auf die Nasenspitze.
Verdutzt schaut er mich an.
Woraufhin ich meinen Druck auf seinen Arm verstärke und ihm ein Lächeln schenke.
„Mach dir nicht immer so viele Gedanken, was mich verletzten könnte und was nicht.
Mir geht es gut und wenn etwas nicht stimmen sollte bemerkst du es sowieso als erster.“
Ergeben lächelt mich Edward an und lässt sich bereitwillig von mir mitziehen, in Richtung königlicher Gemächern.
Welche wir auch ohne weitere Zwischenfälle erreichen.
Doch als er die schweren Türen hinter uns geschlossen hat, werde ich nervös.
Edward lässt seinen Arm sinken, doch anstatt sich von mir zu entfernen, nimmt er meine Hand in seine.
„Mutter, ich musste sie her bringen.
Brendel hat ihr aufgelauert.
Bitte entschuldige.“
Am Fenster sitzt Edwards Mutter und schaut der aufgehenden Sonne zu.
Ihre Hände sind in ihrem Schoss gefaltet und sieht uns nun leicht lächelnd an.
Sie richtet ihren Blick direkt auf mich: „Geht es dir gut oder hat er dir was getan?“
Verlegen schüttele ich mit dem Kopf, ich fühle mich bei ihr wie ihre Tochter, diese sanfte Stimme, bei der kann man sich nur geborgen fühlen. Edward drückt sich fest an meine Seite, als die Königin das sieht, beginnt sie leicht zu lachen: „Also er muss dich wirklich gern haben. Nicht einmal bei mir ist er so anhänglich bzw. als Kind gewesen.“
Röte steigt mir ins Gesicht, doch Edward legt mir demonstrativ den Arm um und zieht mich an sich.
Woraufhin seine Mutter nochmals beherzt lachen muss.
„Aber Edward um euch zu schützen, werde ich, sollte dein Plan nicht funktionieren, sofort nach der Vorstellung aus dem Schloss bringen lassen.
Wir dürfen deinem Vater nicht die Gelegenheit geben, Johanna nach dem Stück in der Garderobe auf zu suchen.“
An ihrer Stimme höre ich, dass sie keinen Widerspruch auf ihre Worte duldet.
Mein Prinz nickt stumm, doch außer, dass es um unsere Flucht geht, verstehe ich kein Wort.
Dementsprechend verständnislos schaue ich die beiden an.
Die Königin lächelt mich sanft an: „Ich lasse weder meinen Sohn unglücklich werden noch seiner großen Liebe in einer Ehe eingehen, die völlig abscheulich wäre.“
Sie schien diese Worte extra gewählt zu haben. Denn sie trieft es damit sehr genau, ich würde einfach sprichwörtlich eingehen. „Gut Edward, Johanna bleibt erst einmal bei mir.
Es würde auffallen, wenn du sie zu ihren Gemächern führst.“
Dann wendet sie sich wieder mir zu.
„Bleib erst einmal hier und schlaf ein wenig, meine kleine Sophie geleitet dich dann zurück in dein Reich.
Aber ruh dich erst einmal aus.“
Wieder dieses Lächeln.
Dann wendet sie sich zu ihren Zofen um mir und Edward noch einmal Zeit zu geben uns zu verabschieden.
„Also gut.
Ich ersehne die Nacht.“
Mit diesen Worten drückt er mich an sich, woraufhin ich mich auf Zehenspitzen stelle und ich drücke meine Lippen in die Mulde zwischen seinen Hals und seiner Schulter.
Daraufhin wird seine Umarmung stärker, bevor er die Gemächer seiner Mutter verlässt.
Die Zofen führen mich zum Bett wo ich mich nur widerwillig für ein paar Stunden zur Ruhe lege.
Als ich aufwache, sind die Fenster abgedunkelt, doch ich kann dennoch im Raum umher sehen.
Die Königin sitzt an ihrem Schreibtisch und unterzeichnet gerade ein Dokument als sie aufblickt und mich sanft anlächelt.
„Gut geschlafen?“
Verhalten nicke ich nur und bleibe stumm.
„Dann komm mal zu mir ich muss mit dir einige Dinge besprechen.“
Ich folge ihrer Anweisung als ich mich aus dem Bett befreit habe, ist bereits ein Zofe im meinem Alter zur Stelle und hängt ein Cape um meine Schultern.
„Johanna, ich nehme dich die Tage bis zu dem Schauspiel in mein Gefolge. Du wirst viele Aufträge für mich zu erledigen haben, damit Brendel nicht die Zeit hat dir auch nur ansatzweise nahe zu kommen.“
Sie schaut mich fragend an, ich nicke abermals.
„Das bedeutet aber auch eine Menge Arbeit für dich, bist du damit einverstanden?“
Wieder ein Nicken, dann folgt ein Kichern von der Königin: „Du bist wirklich so schüchtern und höflich wie mein Sohn dich mir beschrieben hat.
Ich werde rot um die Nasenspitze, woraufhin die Königin mich nur in den Arm nimmt.
„Du bist die Richtige für ihn, dass spüre ich.
Ich liebe dich schon jetzt wie eine Tochter.“
Ich glaube ein leichtes Schluchzen von Edwards Mutter zu hören, doch ehe ich es richtig realisieren kann, ist der Augenblick vorüber.
„Sophie, wird dich sicher zu deinen Gemächern führen.
Behalte aber dennoch vorsichtshalber die Kapuze auf!“
Mit diesen Worten zieht sie mir den Stoff tief ins Gesicht.
Dann übergibt sie mich der jungen Zofe und beschäftigt sich wieder mit ihren Schriftstücken.
„Ach und noch was Johanna.
Ich habe Edward gesagt, dass es besser für euch beide sei, wenn ihr euch erst einmal nicht mehr nachts in der Bibliothek trefft.
Er hat zu gestimmt.“
Ihr Ton klingt mitleidig, aber sie ist davon überzeugt, dass es das Beste für uns ist.
Schweren Herzens muss ich ihr zustimmen.
Die folgenden Tage sind anstrengend, nicht nur weil ich bei der Königin einiges zu tun und zu lernen habe.
Sie bringt mir bei wie man königlich schreitet und natürlich lerne ich die Umgangsformen der gehobenen Gesellschaft.
Ich gehöre zwar zum Adel, doch es ist ein riesiger Unterschied nun an der Seite der Königin zu dinieren und nicht am Ende des Raumes, gleich neben der Tür.
Doch am meisten vermisse ich Edward, seine Umarmungen, seinen Geruch, Blick wie er steht geht, ihn einfach an meiner Seite zu wissen und für ihn da zu sein.
Denn wenn ich der Meinung bin, dass es mir schlecht geht, dann geht es Edward miserabel.
Dunkle Schatten liegen unter seinen wunderschönen sturmgrauen Augen, die er durch seine Unausgeschlafenheit kaum noch offen halten kann.
Erscheint auch zu leiden, immer wenn sich unsere Blicke wie zufällig begegnen, erkenne ich die Wehmut in seinen Blicken.
Es ist zwar immer nur ein Augenaufschlag, bevor er seine Maske der Unbefangenheit wieder aufsetzt und mich aufmunternd anlächelt.
Jedes Mal, wenn wir uns begegnen, schaue ich ihn noch ein letztes Mal sehnsüchtig an bevor ich der Königin folge.
Ohne es wirklich wahr zu nehmen vergehen die Tage wie im Fluge und als mich eines Abends Edwards Mutter darauf aufmerksam macht, dass dies der letzte Abend vor der Theateraufführung ist, schrecke ich beinahe zusammen.
Natürlich bin ich auf das Stück vorbereitet, doch darauf, dass sich mein Leben danach von Grund auf verändert, kann ich mich nicht vorbereiten. „Du solltest früh zu Bett gehen, damit du morgen ausgeschlafen bist für all die Dinge, die dich morgen erwarten.“
Wieder einmal sieht mich die Königin sanft an, streicht mir übers Haar wie einer Tochter und sagt dann: „Du kannst jetzt gehen, aber ich habe noch eine letzte Bitte an dich...“
Ich nicke: „Bring diesen Brief bitte in die Bibliothek, dort wirst auf den Empfänger treffen. Übergib ihm den Brief und achte darauf, dass dich niemand sieht.
In Ordnung?“
Wieder ein Nicken von mir, woraufhin mich meine Königin in ihre Arme schließt: „Ich wünsche dir eine wundervolle Nacht.“
Mit diesen Worten entlässt sie mich und ich eile durch die menschenleeren Gänge des Schlosses.
Bis ich die großen schweren Holztüren, hinter der sich die Welt der Bücher befindet.
Leise schiebe ich den einen Flügel auf, bedacht darauf so wenig Geräusche wie möglich zu machen.
Erst als ich sicher bin, dass mich niemand gehört und gesehen hat, schaue ich mich um nach dem Empfänger um.
Nichts, die Bibliothek scheint verlassen, also bleibt mir nichts anderes übrig als zu warten.
Ich setze mich auf einen der großen Stühle am Lesetisch und betrachte gedankenverloren das Kuvert, für wen mag der Brief sein?
Meine Gedanken ziehen weitläufige Kreise, bis mich plötzlich eine zierliche Hand auf die Schulter tippt.
Kurz zucke ich zusammen, bevor ich mich umdrehe.
Eine zierliche kleine Magd steht vor mir und reicht mir mit zitternden Fingern einen Zettel.
Ich lächel sie an und für einen Moment scheint sie sich zu beruhigen, doch als ich ihr das Stück Papier abgenommen habe, huscht sie durch eine Nische in der Flügeltür wieder in die Dunkelheit davon.
Verwundert falte ich das Stückchen Brief auseinander und definiere die wundervoll geschwungene Handschrift sofort als die von Edward.
„Meine kleine Johanna,
leider kann ich dir diese Nachricht nicht persönlich mitteilen, doch der Brief den dir meine Mutter gab, hat bereits seine Besitzerin gefunden. Denn er ist ganz allein für dich bestimmt, Liebste.
In Ewigkeit der deine
Edward
Fassungslos starre ich das Schreiben und dann auf das Siegel des verschlossenen Kuverts.
Langsam und mit zitternden Fingern, breche das Siegel und öffne das Kuvert.
Ich entfalte das Blatt, welches in dem Brief steckt und beginne zu lesen. Zeile für Zeile und manchmal Zeilen wiederholend.
„Werte Johanna,
es tut mir leid, dass ich dir das nicht sofort erklärt habe, aber Edward wollte es so, damit kein Verdacht auf mich fällt und du außer Gefahr bist. Wenn du diese Zeilen liest, bitte ich dich in den hinteren Teil der Bibliothek zu warten bis Edward zu dir stößt.
Ich hätte dir eher davon erzählt, doch wie du weißt sind wir nie ganz unter uns.
Ich hoffe der Plan von Edward gelingt und du begegnest niemanden der etwas von dir will.
Gez. Letithia Pendan, Königin von Frankreich“
Während ich mir den Brief nochmals durchlese, muss ich ein wenig auf den Weg achten, sodass ich nicht an irgendein Bücherregal stolper oder rempel.
Ständig schaue ich mich suchend um, ob ich eventuell doch verfolgt oder beschattet werde.
Aber ich sehe nichts, außer den Mond der durch die Fenster strahlt.
Wie immer ist die Bibliothek verlassen und leer.
Ich stopfe den Brief in eine Tasche meines Kleides und spaziere an den alten ausrangierten Regalen entlang, nur ein paar Kerzenleuchter erhellen meinen Weg.
Plötzlich höre ich Schritte hinter mir, mit freudiger Erwartung drehe ich mich um.
Kann aber niemand sehen, also will nach Edward rufen, damit er mich findet, doch in diesem Moment werde ich von gepackt und in eine kleine Nische gezogen.
Da mir der Mund zugehalten wird, kann ich nicht einmal schreien.
Völlige Dunkelheit umgibt mich, doch als ich den Geruch des Fremden einatme, entspannt sich jeder Muskel in meinem Körper und ich sacke in Edwards Armen zusammen.
Jetzt erst bemerke ich, dass sein Griff alles andere als fest ist.
Ich drehe mich zu meinen Prinzen um und erschrecke wortlos.
Edward liegt mehr in der Nische als er hockt. Er wurde übel zugerichtet, mehrere kleine Platzwunden zieren sein schönes Gesicht.
Er klammert sich mehr an mich als das er mich umarmt.
Totenbleich kann ich nur eins fragen: „Wer“ doch mein Flüstern wird sofort von ihm durch ein Finger auf meinen Lippen unterdrückt.
In diesem Moment höre ich wie die Schritte näher kommen.
Wenn Edward hier bei mir sitzt, muss das sein Angreifer sein, schlussfolgere ich.
Entgegen meinem normalen Verhalten, überkommt mich eine unaussprechliche Wut.
Dieser Bastard.
Doch durch Edwards Arme werde ich zurück gehalten.
Sanft streiche ich ihm über die Wange und hauche Küsse auf seine Nasenspitze, Stirn und Wangen.
Er versucht mich an zu lächeln, doch er verzieht nur leicht den Mund. Dann legt er seinen Kopf in meinen Schoss und schläft ein.
Die ganze Zeit streife ich ihm durchs Haar und lausche seinem ruhigen, regelmäßigen und tiefen Atemzügen.
Heute Nacht darf ich einmal sein Schutzengel sein und über ihn wachen. Verträumt schaue ich ihn an bis ich plötzlich wieder Schritte höre. Dieses Mal sind es jedoch mehr als ein Paar Füße.
Ich höre ihre Stimmen näher kommen, als ich Brendels Stimme erkenne, wird mir spei übel.
Aber dennoch lausche ich angestrengt: „Sie ist nicht hier oder nicht mehr.
Glaubst du sie ist gewarnt worden!“
„Oder aber er hat sie früher erreicht als wir.“
Ich höre wie etwas Schweres gegen eines der Bücherregale, knallt und jemanden leise aufstöhnen.
„Er kann sie nicht vor uns erreicht haben, er konnte nicht einmal mehr aufstehen.
Also wie soll er bitte in so kurzer Zeit hier her gelangt sein, ungesehen und vor uns.
Idiot!“
Brendels Auswurf ist heftig und ohne Gnade.
Sofort fällt mein Blick auf den schlafenden Edward in meinem Schoss, er atmet etwas unregelmäßig, doch aufwachen tut er nicht.
Instinktiv schlinge ich meine Arme um seinen geschundenen Körper.
Ich traue mich kaum zu atmen und sitze starr in der Dunkelheit.
Hoffend und betend.
Schließlich nach einer unerträglichen Ewigkeit, setzt sich der kleine Trupp wieder in Bewegung und trappt davon.
Die letzten Worte, die ich wahrnehme sind, dass sie vor meinen Gemächern lauern und Brendel geschworen hat, dass er mich heut Nacht kriegt.
Dann zuckt mein Körper zusammen und ich schnappe heftig nach Luft, wodurch ich Edward wecke.
Verschlafen blinzelt er mit den Augen und betrachtet nachdenklich seine Umgebung, bis es ihm dämmert.
Augenblicklich schlingt er seine Arme um mein Becken und kuschelt sich in meinen Schoss.
Rasselnd zieht er die Luft und meinen Geruch ein.
„Ein Glück es war nur ein Traum.
Sie haben dich nicht erwischt.“
Seine Stimme ist nur ein Flüstern, was mir Angst macht, denn er wirkt so zerbrechlich.
„Edward...“
Ich warte ab, ob er überhaupt in der Lage und bereit dazu ist, mit mir zu sprechen.
Unter leichtem Stöhnen, blickt er mich an: „Ja?“
Das ist alles, doch es reicht mir: „Was ist passiert?“
Er seufzt bevor er anfängt: „Sie haben herausgefunden, dass wir irgendetwas geplant haben.
Also wollten sie genaueres herausfinden, denn irgendwie vermuteten sie, dass es mit dir zu tun hat.
Er will dich haben und da habe ich ihm gesagt, dass du nicht sein Eigentum bist.“
Er schaut in meine ausdruckslose Miene, bevor er weiterleitet: „Und dann habe ich ihm gesagt, dass ich dich liebe und dich niemals aufgeben werde!“
Er erzählt dass so nebensächlich als hätte er Brendel das heutige Wetter erzählt.
Es folgt wieder eine Pause, weil er mir über die Wange streicht.
Seine Wange ruht für einen Augenblick an meiner Handfläche und Edward verzieht gequält seinen Mund zu einem Lächeln.
„Das hat ihm gar nicht gepasst und er hat zwei seiner Freunde auf mich losgelassen.“
Wieder holt er Luft, genau wie ich.
„Wahrscheinlich dachte er, er kann mich so davon hier zu dir zu kommen. Doch um nichts in der Welt lasse ich zu, dass du ihm in die Hände fällst.“
Mit diesen Worten, legt er beide Hände an meinen Wangen und zieht mich bedacht, aber bestimmt zugleich zu sich herunter.
Mein Gesicht befindet sich jetzt kurz vor dem seinem.
Sein Atem kitzelt meine Wangen und sein süßer Duft vernebelt mir die Sinne.
Ohne zu überlegen, lasse ich meinen Kopf noch ein Stück sinken und berühre für einen Moment Edwards Lippen.
Als ich endlich begreife was ich gerade tue, schrecke ich zurück.
Doch im selben Augenblick ziehen Edwards Hände mich wieder zu sich und er verschließt meinen Mund mit seinem.
Sanft und gleichzeitig fordernd massieren seine Lippen die meinen.
Mir wird schwindelig, denn ich höre auf zu atmen.
Als mein Prinz mich wieder frei gibt, schnappe ich nach Luft.
Auch atmet schneller als zuvor.
Ein Hauch von mir streift seine Wange und er scheint meinen Duft einzusaugen. Dann als unser beider Atem sich beruhigt hat, ist Edward der erste, der wieder spricht: „Verzeih...“
Das ist alles was er raus bringt, woraufhin er sich aufsetzt.
Darauf bedacht eine gewisse Distanz zu mir zu waren.
Aber ich will das nicht, sofort greifen meine Hände nach ihm. Entschuldigend lächelnd entzieht er sich sanft meinem Griff, doch ich möchte das nicht, denn es verletzt mich.
Tut es ihm etwa Leid, dass er mich geküsst hat?
Verletzt sehe ich ihn an, doch das erste Mal bemerkt er nicht wie ich mich fühle.
Also gebe ich nach, drehe mich von ihm weg und sage: „Entschuldige, dass ich so zügellos war, das wird nicht nochmal vorkommen.“
Mühsam versuche ich meine Tränen über diesen Satz zu unterdrücken. „Johanna, du bist die letzte, die sich entschuldigen muss.
Ich bin es der zügellos war.“ Ich höre Reue in seiner Stimme, kann es nicht mehr zurückhalten und schniefe los.
„Nein, es tut mir Leid.
Ich sollte jetzt wohl besser gehen. Gute Nacht.“
Mit zitternder, aber ernster Stimme, presse ich diese Worte aus mir heraus.
Doch bevor ich mich erheben kann, schlingt Edward seine Arme um mich und zieht mich an sich.
„Bitte, geh nicht.
Sag was habe ich falsch gemacht, außer diesem Kuss.“
Jetzt tauscht sich die Trauer mit Wut, ich befreie mich aus seiner Umarmung und funkel ihn an: „Der Kuss... Der Kuss war also wirklich ein Fehler in deinen Augen?
Vielleicht war dann alles mit uns ein riesiger Fehler!“
Dann erhebe ich mich und wende mich zum Gehen.
Das letzte was ich in die Dunkelheit flüster ist: „Für mich war der Kuss kein Fehler, sondern das Beste was mir je passiert ist.“
Doch zum Gehen komme ich erst gar nicht, denn Edward ist schneller auf den Beinen als ich vermuten würde.
Er drückt mich gegen die gegenüberliegende Wand und drückt seine Lippen abermals auf meine.
Dieser Kuss ist fordernder als der zuvor, doch nach einem kurzen Widerstand meinerseits, vergrabe ich meine Hände in seinen Haaren und presse mich an ihn.
Nachdem wir uns heftig atmend, wieder voneinander gelöst haben, legt er seine Stirn an meine und schaut mir tief in die Augen.
„Abermals bitte ich dich um Verzeihung!“
Flüstert Edward, bevor er stöhnend vor Schmerz in die Knie geht.
Ich fange ihn halb auf und gehe ebenfalls zu Boden.
Wieder schmiegt sich sein Kopf in meinen Schoß.
„Warum schon wieder“ frage ich ihn verdutzt.
Ein leises Lachen ist darauf aus seiner Kehle zu vernehmen.
„Ganz einfach...weil ich in dir die Vermutung geweckt zu haben scheine, dass ich den Kuss nicht wollte, doch...“ er bricht ab und ich vermute, dass ihm die Röte ins Gesicht steigt, genau wie mir.
Langsam setzt er sich auf und sieht mich nun direkt an.
Ich will schüchtern den Blick senken, aber Edward hindert mich daran als er seine Stirn wieder gegen meine presst.
„Danke...“
Verdutzt erwidere ich: „Wofür?“
Edward lächelt und nimmt meine Hände in seine: „Dafür, dass es dich gibt und, dass du bei mir bist!“
Wieder holt er tief Luft und atmet meinen Duft ein.
Woraufhin er zufrieden seufzend wieder ausatmet.
Kaum merklich schüttel ich mit den Kopf: „Ich hab zu danke, dass du bei mir bist.
Immerhin hättest du jede haben können, aber du hast mich graue...“
Weiter komme ich nicht, denn er unterbricht mich: „Nein Johanna, ich gehöre dir, nur dir allein bis zu meinen letzten Atemzug!“
Wieder werde ich rot und daran, dass er mich mit seinen sturmgrauen Augen fixiert merke ich, dass er die Hitze in meinem Gesicht spüren muss.
Ich versuche ihn ab zu lenken: „Aber warum wolltest du jetzt unbedingt ein Treffen.
Ich denke es ist sicherer, wenn wir uns nicht treffen.
Immerhin hast du ja gesehen was dabei passiert.“
Ein Lächeln umspielt seine Züge, er hat das Ablenkungsmanöver bemerkt, geht aber dennoch darauf ein.
„Du hast Recht, es gibt noch einen weiteren Grund hierfür, außer meiner Sehnsucht nach dir.“
Meine Wangen glühen mittlerweile nur noch.
Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen wie selbstverständlich Edward es beschreibt wie viel ich ihm bedeute.
„Es geht um den morgigen Tag.
Sollte mein Plan schief gehen, schleust uns meine Mutter aus dem Palast. Jedoch möchte ich nicht, dass du alles was du besitzt und alle Erinnerung hier zurücklassen musst.“
Er holt Luft: „Ich möchte, dass du noch heut Nacht alles zusammen in eine Truhe packst, was du mitnehmen möchtest.
Zwei Pagen meiner Mutter holen die Truhe ab, wenn alle bei der Theateraufführung sind.“
Doch schon blitzen die Gesprächsfetzen von Brendels Unterhaltung mit seinem Gefolge in mir auf.
„Da gibt es nur ein Problem, Brendel hat andere Pläne.“
Ungläubig schaut er mich an, woraufhin ich ihm erzähle, was ich gehört bzw. belauscht habe.
Sofort verfinstert sich seine Miene für einen Augenblick.
„... und deswegen werde ich die Nacht wohl in der Bibliothek verbringen.“ Nachdenklich drückt Edward mein Handgelenk an seine Lippen, schaut mich dann jedoch geheimnisvoll an.
„Gut, dann betreten wir den Raum nicht durch den Vordereingang.“
Ich will schon protestieren, dass die Terrassenfenster fest verschlossen sind, doch er schüttelt mit dem Kopf: „Ich meine nicht die Terrasse!“ Plötzlich kommt mir ein Gedanke: „Sag mal Edward...“
Ich trau mich gar nicht die Frage auszusprechen, weil sie mir lächerlich erscheint.
„Mhm?“ kommt von ihm, worauf ich antworten muss.
„Glaubst du ich kann die meisten meiner Kleider hier lassen?“
Erstaunt sie er mich an, fängt jedoch dann an zu kichern.
„Also ehrlich du bist die erste Frau, die nicht ihren gesamten Hausstand für eine Reise einpacken will!“
Er versucht sich vergeblich zu fassen.
Ich schaue ihn schmollend an: „Ich dachte nur, dass es vielleicht hinderlich wäre, erstens so viel mit zu nehmen und zweitens solch prunkvolle Kleider dabei zu haben!“
Beleidigt drehe ich mich zur Seite, doch Edward hat meine Hand an seiner Wange und zwingt mich ihn anzusehen.
„Entschuldige, du hast natürlich vollkommen Recht.“
Mit diesen Worten nimmt er wieder mein Handgelenk und haucht mehrere kleine Küsse darauf.
Wieder werde ich rot, doch dieses Mal überrumple ich ihn und schmiege mich an ihn.
Die Reaktion kommt augenblicklich, indem Edward seine Arme um meine Taille und mich enger zu sich zieht.
„Mhmm.“ Ich höre Edwards leises Lachen.
Doch er streicht mir weiter übers Haar und übern Rücken.
Ich muss eingeschlafen sein, denn Edward weckt mich mit leisem Flüstern und Küssen an meinem Ohr.
Sein Atem kitzelt meine Haut und ich bekomme Gänsehaut.
Verschlafen blinzele ich und bemerke, dass ich an seine Brust gelehnt da sitze.
„Liebste, wir müssen los.
So gern ich deine Nähe spüre und ich dir beim Schlafen zusehe.“ Verschlafen nicke ich und richte mich auf, damit Edward aufstehen kann. Er zieht mich auf die Beine und legt einen Arm um die Hüften.
So zieht er mich mit sich zum Kamin in der hintersten Ecke des Raumes. „Was zum...“ kann ich nur sagen als die hintere Wand des Kamins zur Seite gleitet und einen Gang frei gibt.
„Komm, denk nicht darüber nach, solche Geheimgänge gibt es in jedem Zimmer des Schlosses.“
Als wir den Gang betreten wird mir das Ausmaß dieser Geheimgänge erst bewusst.
Innen herrscht eine undurchdringliche Dunkelheit und nur das Kerzenlicht das von der Bibliothek herein scheint erhellt den Weg etwas.
„Komm.“
Edward zieht mich mit sich und als sich hinter uns die Wand des Kamins wieder schließt, ist er mein einziger Bezugspunkt in der Finsternis. Unsere Schritte hallen von den Wänden wieder und immer wieder versuchen meine Augen in der undurchdringlichen Finsternis etwas zu erkennen, jedoch ohne Erfolg.
Plötzlich stoppt er abrupt und ich wäre gegen ihn geprallt, wenn er nicht schon vorsorglich den Arm ausgebreitet hätte um mich aufzufangen.
Seine Lippen treffen auf meine Stirn: „Warte hier ich schaue nach dem Rechten und hole dich dann, einen Augenblick.“
Gesagt getan, Edwards Gegenwart verschwindet, das einzige was ich spüre ist ein kurzer Lufthauch und dann umringt mich die erdrückende Dunkelheit.
Ich lausche jedem noch so winzigen Geräusch, obwohl mein Atem das Lauteste darstellt.
Wartend stehe ich da als plötzlich eine Hand mein Handgelenk umfasst und mich in den Mondlicht erhellten Raum zieht.
„Sie lauern vor der Tür, deswegen habe ich auch kein Licht gemacht.“ Nachdem Edwards Flüstern erstirbt, höre ich die lauten Gesprächsfetzen und Gelächter von der anderen Seite der Tür.
Dann deutet Edward auf die Truhe an meinem Bettende und ich nicke.
Öffne sie und schmeiße achtlos alles aufs Bett, Kleider Tücher Schärpen. Egal.
Edward sieht mich fragend an und ich deute auf den kleinen Sekretär der an der Wand neben dem Kamin steht.
Wortlos versteht mein Prinz und räumt ihn leer.
Bücher, Briefe, Federn, Tinte, Gedichte, einfach alles wandert in die Truhe.
Während Edward den Rest achtsam einpackt, hole ich noch zwei Reisekleider und ein Ballkleid, sowie drei Capes und zwei Paar Ersatzschuhe aus meinem Kleiderschrank und lege sie zusammen mit Unterwäsche in die Truhe.
Einige persönlichen Habseligkeiten wie dem Handspiegel meiner echten Mutter und die Spieluhr, die mir die Königin geschenkt hat, nehme ich ebenfalls mit.
Dann verschließt Edward nach meinem okay, den Deckel sorgsam und hält mir abermals seine Hand entgegen.
Ich ergreife sie augenblicklich und lasse mich wieder in den Geheimgang ziehen.
Als sie die Kaminwand hinter uns schließt, spüre ich sofort Edwards Lippen auf meinen, spüre die Erleichterung die durch seinen Körper strömt.
Doch als er mich gegen die kalte Wand drückt, beginne ich zu zittern und er gibt mich frei.
„Verzeih...“ nach Luft ringend legt er seine Stirn gegen die meine.
Ich lege ihm einen Finger auf die Lippen und erwider erbost: „Du sollst dich nicht immer entschuldigen, wenn du mich küsst!“
Daraufhin zieht er mich wieder an sich und ich schlinge nur meine Arme um seinen Körper.
Mein Kopf ruht an seiner Brust. „Und was nun?“
„Ich lasse dich auf keinen Fall hier.
Ich wette sobald sie mitbekommen, dass du in deinem Zimmer bist scheuen sie nicht davor zurück es zu betreten um zu bekommen was Brendel will! Wie ein Rudel Wölfe würden sie über dich herfallen.“
Den letzten Satz knurrt er fasst.
Ich muss über den Beschützerinstinkt meines Prinzen kichern und alles was ich darauf sagen kann ist: „Süß“
Seinen perplexen Blick daraufhin kann ich förmlich spüren.
„Was“ fragt er scharf, doch ich sage nur: „Nichts“ und nehme grinsend seine Hand fest in meine.
„Also wohin willst du mich entführen?“
Ein kurzes Grummeln ist zu vernehmen, doch dann zieht mich Edward mit sich.
Manchmal denke ich, er muss Katzenaugen besitzen, denn ich kann kaum die Hand vor Augen sehen.
Doch er bewegt sich so behände durch die Gänge als würde er den ganzen Tag nichts anderes machen.
Dann stoppt er plötzlich und dieses Mal pralle ich gegen ihn, doch seine Umarmung hindert mich daran zu fallen.
„Das nächste Mal sage ich vorher Bescheid.“
Doch seine Worte klingen als würde es ihn freuen, wenn ich gegen ihn laufe bzw. in ihm rein marschiere, was seine Umarmung noch unterstreicht. „So...“
Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Und nun?“ frage ich neugierig.
„Nun... Entführt dich der Wolf in seinen Bau.“
Wieder muss ich kichern als er mich gespielt knurrend an sich zieht und von den Beinen hebt.
So trägt er mich durch die bereits offene Kaminwand.
Augenblicklich vergeht mir mein Lachen, denn dieses Zimmer ist so kahl als würde gar niemand hier wohnen.
Edward setzt mich wortlos ab.
Das dies Edwards Zimmer ist, kann ich nur an dem Militärs Jackett erkennen, welches über einen der Stühle gelegt wurde.
Sofort drehe ich mich zu ihm um, da dieses Zimmer so gar nicht zu dem jungen Mann passt der mein Gefährte ist.
Sein Blick streift meinen und sofort erkenne ich den Schmerz darin. Plötzlich wird mir alles klar, jetzt weiß ich, warum er mir nie etwas von sich gezeigt hat, weil es nichts gibt.
Außer mir.
Ich bin die einzige, der er sich so zeigt wie er tatsächlich ist bzw. wäre.
Er hat mich nicht aus Anstand nicht hier her gebracht, sondern aus Angst. Angst, diese Leere könnte mich abschrecken.
Ich sah an seinem schmerzerfüllten Ausdruck, dass ich es nicht verbergen konnte, dass es genau das tat.
Es machte mir Angst.
Bedrückende Stille herrscht zwischen uns Edward geht zum Schreibtisch und lässt sich seufzend auf den Stuhl sinken.
„Entschuldige, ich hätte dich nicht hier her bringen sollen.
Das war ein Fehler.“
Dann legt er den Kopf in die Hände, sodass ich sein Gesicht nicht mehr erkennen kann.
Augenblicklich bin ich an seiner Seite und lege ihm meine Arme um die Schultern, bevor ich versuche etwas zu sagen.
„Es…“ ich ringe nach Worten, die mein Gefühl im Inneren beschreiben ihm aber gleichzeitig nicht erschrecken.
„Es ist so anders als du…“
Es ist nur ein Flüstern und ich nehme jeden Atemzug von ihm bedacht wahr. Er holt tief Luft und seufzt lediglich.
Also versuche ich es erneut: „Ich kenne einen solchen Edward nicht.
Du bist nicht jemand der… der so leer ist, so einsam.“
Am Ende meiner Worte höre ich mich selbst kaum noch, doch ich bin überzeugt, er hat mich verstanden.
Ich geh in die Knie und lege meine Hände auf seine.
Meine Stirn lehnt gegen seine.
Noch immer gibt er keinen Laut von sich.
Ich flüster in die Dunkelheit seinen Namen: „Edward?“ und nun endlich öffnet er die Augen und seine sturmgrauen schaue in meine rehbraunen. Doch alles was er wispert ist: „Entschuldigung!“
Entsetzt schaue ich ihn an, doch er hat seine Augen bereits wieder geschlossen.
Noch nie hat seine Stimme so verzweifelt geklungen.
Er kann doch nicht glauben ich habe Angst vor ihm, weil mir dieses Zimmer unheimlich ist?
Doch anders kann ich sein Verhalten nicht deuten.
Ich springe auf und lege meine Arme in seinen Nacken um ihn tröstend an mich zu ziehen.
„Edward, bitte entschuldige dich nicht es ist wie es ist, ich entschuldige mich auch nicht dafür wie mein Gemach aussieht oder weil ich dich mehr als alles andere auf der Welt liebe!“
Augenblicklich fährt wieder Leben in seinen Körper.
Seine Arme legen sich um meinen Körper und er zieht mich an sich.
Er hebt den Kopf und schaut mir tief in die Augen, woraufhin ich erst begreife was ich da gerade zu ihm gesagt habe.
Meine Wangen beginnen sich dunkelrot zu färben, aber genau das bringt Edward endlich wieder zum Lächeln.
Er nimmt meine Hand und küsst erst sanft die Fingerspitzen, dann die Handfläche und schließlich mein Handgelenk, was mir wohlige Schauer über den Rücken fließen lässt.
Dasselbe wiederholt er bei meiner anderen Hand, wobei er dabei den Mund öffnet: „Johanna, meine Johanna.“
Trotz meiner roten Wangen strahle ich ihn an, darauf küsst er meine Wangen, die noch mehr zu glühen beginnen und flüstert mir ins Ohr: „Ich vergöttere dich, meine Johanna.“
Mehr in Verlegenheit kann ich überhaupt nicht geraten, ich halte mir die Hände vor das Gesicht.
Nun lacht Edward vollends.
„Hach, meine süße kleine Johanna.
Ich glaube ich habe dir für heute genug zugemutet!“
Edward zieht mich zu sich, hebt mich mit Leichtigkeit auf seine Arme und trägt mich zum Bett.
„Du solltest etwas ruhen und Schlaf finden“ Ich verziehe das Gesicht und Edward lächelt abermals.
„Oder es zumindest versuchen“ korrigiert er sich.
Dann legt er mich auf die weiche Unterlage, haucht mir einen Kuss auf die Stirn und will sich entfernen, doch reflexartig schließen sich meine Finger um den weichen Stoff seiner Jacke.
Woraufhin er sich augenblicklich zu mir beugt.
„Was ist?“
In diesem Moment begreife ich, dass es kindliches Verhalten wäre zu sagen ich möchte nicht allein in diesem großen Bett schlafen.
Deshalb schüttel ich nur leicht mit dem Kopf, lächel ihn an und sage: „Nichts, ich wollte dir nur eine gute Nacht wünschen.“
Edward schenkt mir ebenfalls ein Lächeln, löst sanft meine Hand u küsst auch diese noch einmal, bevor er zur Kerze schreitet um sie aus zu pusten.
Dann hüllt sich der Raum so plötzlich in Dunkelheit, dass ich mich verloren darin vorkomme.
Leicht hebe ich den Kopf, doch in der Dunkelheit ist Edward nicht auszumachen und weil mich das Rascheln des Bettbezuges verraten könnte, lege ich mich kurz darauf wieder starr hin und schaue auf die Vorhänge die schwarz wirken nun da es kein Licht mehr gibt, welches diesen Raum etwas Wärme schenkt.
Ich fröstel obwohl mir nicht kalt ist und wieder raschelt der Bezug, woraufhin ich mich versteife damit das Zittern aufhört. Plötzlich beginnt der Stoff erneut zu rascheln, jedoch ohne mein Zutun und dann spüre ich wie mich Edward mit seinen Armen von hinten umschlingt.
Er zieht mich zu sich und augenblicklich fühle ich die wollige Wärme seines Körpers.
„Einsam“ flüstert er mir ins Ohr und ich kann nur nicken den Tränen nah. Nun durchströmt mich das vertraute Gefühl der Zufriedenheit und kurz darauf gleite ich, mit einem glücklichen Seufzer in die Traumwelt hinüber.
Als ich am nächsten Morgen geblendet meine Augen wieder schließe, bemerke ich, dass die Sonne direkt in die Fenster scheint.
„Wie hat er das gemacht?“
Mit einem Ruck setze ich mich auf und betrachte die Dahlien, die vor meinem Fenster wachsen.
Ich frage mich, warum ich nicht wach geworden bin.
Mein Blick streift das Sofa, wo meine Sachen, die ich letzte Nacht achtlos auf mein Bett geworfen habe, ordentlich über die Lehne gelegt sind.
Seufzend stehe ich auf und mache mich nachdenklich anständig fertig.
Als ich meine Haare aus dem Gesicht gesteckt habe, husche ich zur Tür. Ich öffne sie einen Spalt und spähe hinaus.
Tief ziehe ich die Luft ein.
Der Korridor vor mir ist leer, also schlüpfe ich hinaus und ziehe die Tür mit einem Ruck ins Schloss.
Schnellen Schrittes laufe ich den Gang zur Königin hinab.
Stehe jedoch kurz darauf unschlüssig davor, was wenn sie noch schläft u ich sie aus ihrer Ruhe reiße.
Doch schließlich klopfe ich leicht.
Im gesamten Schloss ist es still, wodurch mein Klopfen lauter als beabsichtig nachklingt.
Die Stimme, die sich der Tür nährt, klingt gedämpft, aber ich erkenne genau wem sie gehört.
Sophie, der jüngsten Zofe der Königin.
„Johanna“ antworte ich auf ihre Frage wer Einlass wünscht.
Meine Stimme klingt rau, von der plötzlichen Beanspruchung am frühen Morgen.
Ein Flügel der Tür öffnet sich und Sophie strahlt mich mit ihren blauen Augen an.
Dann vollführt sie einen Knicks: „Guten Morgen gnädiges Fräulein.
Tretet ein die Königin ist jedoch gerade im Bad.“
Mühsam schlucke ich die Verlegenheit herunter, ich habe sie beim frisieren gestört.
Schüchtern stelle ich mich ans Fenster und warte mit leicht gesenktem Blick.
Nach einer halben Ewigkeit, in der ich der Sonne beim Aufgehen zugesehen habe, fällt die Tür zum Waschraum ins Schloss.
Ruckartig drehe ich mich um und erblicke die Königin flatterhafter gekleidet als sonst, mit Bändern im Haar und in leichte Stoffe gehüllt.
“Guten Morgen meine liebe Johanna, hast du gut geschlafen.“
Ich höre den Unterton in ihrer Stimme, doch im Augenblick hänge ich an ihren Lippen, die sie zu einem Lächeln verzogen hat.
Jetzt ist mir klar woher Edward seine süße Art zu lächeln geerbt hat. Irritiert antworte ich mit: „Ja.“
Ihr Lächeln wird noch wissender: „Das kann ich mir vorstellen!“
Ihre Augen sind geschlossen, doch es ist keine Falschheit in ihren Zügen zu erkennen.
Dennoch spüre ich wie Nervosität mich packt und meine Wangen allmählich einen satten Rotton bekommen.
Ich schaue verlegen auf meine Füße, die in weißen Stiefeln stecken. Doch augenblicklich schließt Edwards Mutter ihre Arme um mich und drückt mich in eine feste Umarmung.
„Schon gut, das muss dir nicht unangenehm sein.
Ihr seid erstens alt genug und zweitens musste ich zugeben als ich euch dort liegen sehen habt.
Du unter der Decke und er voll bekleidet auf der Decke, dachte ich nur eins wie niedlich ihr zwei aussaht.“
Ihre Stimme ist nur ein sanftes Flüstern, doch durch ihre Worte wird die Röte in meinem Gesicht, wenn überhaupt möglich noch ein wenig intensiver. Doch plötzlich zuckt in mir die Erkenntnis hoch, ich schaue auf und mein Blick begegnet ihren.
Ihre graublauen Augen schauen mich sanft an und doch wissend an.
„Dann habt ihr Majestät...“
Doch meine Stimme versagt.
Sie nickt: „Ich war es die deine Kleider zu Recht gelegt hat, Edward geholfen hat, dich sicher durch den Geheimgang zurück zu geleiten.
Und ich war es auch die diesen Brendel und sein Pack.
Verzeih den Ausdruck.
Die die Knaben darauf hingewiesen hat, dass sie vor der Tür einer Dame nicht zu suchen haben.
Außerdem habe ich Brendel ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass er dich bis nach dem Theaterstück heut Abend in Ruhe zu lassen hat.“
Wenn überhaupt irgend möglich wurde ihr Blick noch ein wenig sanfter.
Es war unglaublich was diese Frau alles für mich tat.
Ein solches Gefühl der Dankbarkeit durchfuhr mich, sodass ich nur ein „Danke“ flüsterte und zum ersten Mal in meinem Leben, die Initiative ergriff.
Ich umarmte diese Frau, die eigentlich eine Fremde für mich war und die doch in wenigen Wochen wie eine Mutter für mich sorgte.
Und auch jetzt reagiert sie wie eine Mutter die ihre geliebte Tochter im Arm hat, sie nimmt mich fest in den Arm und streicht mir sanft über den Rücken.
„Kein Wunder, dass mein Sohn dich erwählt hat.
Ich liebe dich ja auch bereits wie eine Tochter.“
Wir verbringen den restlichen Vormittag zusammen.
Mir werden wie ihr Bänder ins Haar geflochten und sie verspricht mir, wenn alles gut geht bringt sie mir Harfe spielen bei.
Doch so schön die Zeit auch sein mag sie vergeht dennoch.
Manchmal denke ich sogar, gerade weil sie schön ist vergeht sie so schnell.
Viel zu schnell meinem Erachten nach begleitet mich Sophie zum Theater. Auf der schmalen Landstraße sind kaum noch Leute unterwegs, da die Königin den Moment abgewartet hat, wo der Hofstaat bereits im Theatersaal versammelt ist.
Als wir Schritte hinter uns hören, spannen sich automatisch meine gesamten Muskeln an.
„Zwei junge Ladies, allein unterwegs, dass hegt selbst am helllichten Tage eine gewisse Leichtsinnigkeit.“
Wie schnell sich meine Haltung von vorsichtig und wachsam, zu frei und entspannt wechselt, nur durch den Klang dieser Stimme.
Edward hat uns eingeholt und lächelt mich an, sodass mir schwindelig wird. „Darf ich die Ladies zum Theater begleiten?“
Er grinst Sophie an, die rot um die Nasenspitze wird und nur nickt.
Auch wenn er einen gewissen Abstand zu mir wahrt, bleibt mein Prinz dicht an meiner Seite.
Als wir das Spielhaus betreten, bleibe ich jedoch stockend stehen.
Es verschlägt mir regelrecht den Atem, so viele Menschen und ich soll vor ihnen die Julia spielen.
Meine Knie fangen an zu zittern, weswegen Edward Sophie einen Wink zu geben scheint.
Sie nimmt meinen Arm und geleitet mich nach hinten zu den Garderoben. Dort verabschiedet sie sich mit den Worten, dass sie gespannt unser Spiel von der Tür aus beobachten wird.
Ich umarme das Mädchen mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend, dass ich sie vielleicht nie wieder sehe.
„Endlich allein!“
Edward Atem kitzelt mein Ohr und haucht mir wieder einmal mehr einen Schauer über die Haut.
Er zieht mich in eine Umarmung und fragt besorgt: „Alles in Ordnung, du wirktest vorhin wie gelähmt.“
Ich winke ab: „Mach dir keine Gedanken, mir geht es gut.
Die Menge der Leute hat mich nur etwas betäubt.“
Er presst sein Gesicht in mein Haar und flüstert noch: „Ich bin ja bei dir!“, dann eilt er auch schon in die Garderobe für die männlichen Schauspieler davon.
Ich seufze und ziehe mich in meine, mit dem Gedanken hoffentlich wird alles gut, ebenfalls zurück.
Als ich mein Kleid erblicke, welches mir als Kostüm dient, klopft mein Herz in freudiger Erwartung.
Meine Haare werden leicht hochgesteckt u mit Bändern verziert.
Schneller als ich es festhalten kann, fliegen die Vorbereitungen dahin und schon stehe ich hinter der Bühne und beobachte gebannt die spielerischen Fertigkeiten der anderen.
Während ich mit pochendem Herzen auf meinen Einsatz warte und dann ist es soweit.
Der Tanz mit Edward ist nur der Anfang aber eine meiner beliebtesten Szenen.
Das erste Mal strahlt mich Edward mit verliebtem Blick vor allen Leuten an und ich kann es förmlich spüren wie sehr er die Szenen genießt. Genauso ergeht es mir.
Der erste Kuss so zart, obwohl ich bereits andere von ihm kenne, gefällt er mir gleichermaßen wie die Flügel eines Falters.
Wieder lächelt er mich an und auch wenn ich die einzige bin, die außer der Königin, seine wahren Gefühle kennt, seufzen viele auf den Zuschauerrängen.
Als ich meinen Romeo tot neben mir liegen spüre, drückt er für einen Augenblick meine Hand, dann erwacht Julia aus dem scheinbaren Todesschlaf.
Plötzlich fängt mein Herz an wie wild zu schlagen, als ich daran denke, dass ich ihn jetzt das erste Mal von mir aus küsse und das vor all den neugierigen Augenpaaren.
Ich seufze und spreche meinen Text: „Vielleicht hängt noch ein wenig Gift an deinen Lippen…“ dann beuge ich mich über ihn und sehe, dass sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen abzeichnet.
Kurz bevor ich meine Lippen auf seine legen kann, hebt mein Prinz kaum merklich den Kopf und presst seine auf meine.
Wofür ich ihm unendlich dankbar bin und wie immer dieses süße Schwindelgefühl wahrnehme.
Kurz darauf sterbe ich durch Romeos Dolch und breche über ihn zusammen. Edwards linke Hand findet automatisch meine rechte und umschlingt diese. Sanft streicht er mit dem Daumen über meinen Handrücken, während die letzte Szene spielt.
Dann flüstert er mir: „Liebste wunder dich bitte nicht, wenn ich ab jetzt nicht mehr von deiner Seite weiche und deine Hand bleibt in meiner.
Denn sobald der Vorhang fällt, beginnt Plan A“ zu.
Zur Bestätigung drücke ich seine Hand leicht.
Im Augenblick begreife ich noch nicht, was genau seine Worte bedeuten, doch sie machen mich unglaublich glücklich.
Dann bricht plötzlich ein tosender Sturm an Applaus auf uns ein und wird nur durch den fallenden Vorhang etwas abgebremst.
Sofort springt Edward auf und hebt mich mit hoch als würde kein Gewicht auf ihm lasten.
Edwards bester Freund William und seine Verlobte Marie kommen auf uns zu gelaufen.
„Bist du dir sicher, dass du es probieren willst, Edward?
Wir könnten euch sofort nach dem zweiten Vorhang raus schleusen, ohne dass jemand etwas bemerkt.
Dann hättet ihr einen größeren Vorsprung.“
Marie nickt und stimmt ihrem Verlobten so stumm zu.
Aber was meinen die beiden, fragend schaue ich in Edwards ernstes Gesicht.
Dieser schüttelt mit dem Kopf und antwortet: „Meine Mutter würde es mir zweifelsohne verzeihen aber ich würde genauso wie sie mein Leben lang darüber nachdenken.
Was wäre gewesen wenn…“
Dann bedenkt er mich mit einem sanften Blick und streicht mir über die Wange.
„Außerdem, wenn es nur den Funken einer Hoffnung gibt, dass wir zusammen sein können und Johanna das Exil erspart bleibt, muss ich es versuchen.“ Jetzt verstehe ich einigermaßen worum es geht, ehe ich allerdings etwas sagen kann, ergreift Marie das Wort: „Aber denk daran was ihr dann blüht Brendel wird als erstes über sie her fallen wahrscheinlich wartet er bereits in ihrer Kabine und der König…“
„Ich weiß deswegen wird sie, sollte es schief gehen ihre Geradrobe nicht mehr betreten, dafür hat meine Mutter gesorgt und ich werde nicht mehr von ihrer Seite weichen.“
In diesem Moment bestätigt sich Edwards Aussage, denn Sophie kommt auf mich zugeeilt.
„Mein Fräulein, eure Kette und restlichen Habseligkeiten aus eurer Geradrobe.“
Verblüfft nehme ich das kleine Bündel von ihr entgegen und bedanke mich. Sofort verschwindet die Zofe wieder im Hintergrund des Theaters.
Maries Gesicht hat sich indes aufgehellt.
„Das heißt, solltest du scheitern, steht fest dass ihr sofort weg gebracht werdet.“
Edward nickt und die beiden anderen ebenfalls.
Dann nimmt mich Marie noch einmal in den Arm und wünscht mir flüsternd viel Glück und alles Gute.
Wir nehmen unsere Positionen für den Vorhang ein, kurz bevor dieser hochgeht, flüstert mir Edward noch zu: „Du lehnst hier und jetzt Brendels Antrag offiziell ab ok Johanna.
Denn Rest übernehme ich.“
Für einen Moment erstarre ich, vor all den Leuten, das kommt einer Bloßstellung gleich.
Doch Edward drückt meine Hand, ich fühle das warme Gefühl wieder in mir aufsteigen.
Ich vertraue ihm voll und ganz, dennoch mit zitternden schaue ich in die Menge.
Noch schallt der Applaus über uns hinweg und es gibt hunderte Bravo und Jubelrufe.
Als diese abebben hebt Edward plötzlich seine freie Hand und abrupt herrscht Totenstille.
„Es gibt zwei Dinge, die hier an Ort und Stelle noch zu klären sind“ beginnt er.
„Allerdings betrifft das nur Johanna und mich!“
Mit diesen Worten verbeugen sich die anderen Schauspieler noch einmal und verlassen ohne großes Aufsehen die Bühne.
Ein Raunen geht durch die Menge.
Ich begreife, dass wir diesen reibungslosen Ablauf Marie und William zu verdanken haben.
Doch steigert sich meine Nervosität dadurch erheblich.
Aber ich weiß, trotzdem es mir die Kehle zuschnürt, werde ich nicht vor diesen Schritt zurückschrecken.
Edward macht eine einladende Geste und sagt: „Johanna, lady´s first!“
Ich mache einen unsicheren Schritt nach vorn und öffne, nach einigen Malen Luft holen meinen Mund: „Eure Majestäten, meine Damen und Herren. Hiermit möchte ich verkünden, dass ich Brendels Heiratsantrag vehement ablehne.“
Meine Stimme ist klar und deutlich, doch innerlich hoffe ich nur nicht zusammen zu brechen.
Schock und Fassungslosigkeit stehen in den Gesichtern der Leute geschrieben.
Haben doch alle schon fest mit einer Hochzeit gerechnet und mich als Brendels Verlobte betrachtet.
„Du…“ beginnt der König mit bebender Stimme, doch Edward zieht mich leicht schützend hinter sich und übertönte mit seiner gleichzeitig kraftvollen aber auch sanften Stimme, mit Leichtigkeit die seines Vaters. „Sie hat einen guten Grund dafür, Vater!“
Beginnt er, wartet jedoch die Reaktion seines Gegenübers ab.
Dieser wird selbstverständlich augenblicklich hellhörig und Edward spricht weiter: „Johanna kann nicht Brendels Verlobte werde, weil sie bereits versprochen ist.“
„Was ohne meine Einwilligung.“
Verdutzt und erbost zugleich blickt der König an seinen Sohn vorbei, ich ziehe ängstlich den Kopf ein und Edward schiebt sich noch ein Stück mehr in des Königs Sicht.
„Verzeih Vater, aber ich dachte der beste Zeitpunkt dir davon zu berichten, sei das heutige Theaterstück.“
Skeptisch schaut der Angesprochene nun zu Edward: „Was hast du damit zu schaffen, Sohn?“
Augenblicklich zieht mich Edward zu sich heran und lächelt mir ins Gesicht.
Dann schaut er auf und sagt mit fester Stimme: „Ich habe ihr den Antrag gemacht Vater!“
Erstarrt schaue ich erst zur Königin und dann zum König.
Für einen Moment ist dieser völlig sprachlos, doch dann bricht der Sturm los: „Wie kannst du es wagen.
Ich habe dir schon tausend Mal zu verstehen gegeben, dass du Mirabelle heiratest und damit ist Schluss…“
Zu mehr kommt er nicht, denn Edward fährt ihm schneidend ins Wort: „Dann lässt du mir keine andere Wahl Vater.
Ich lebe lieber ein Leben in Schande als ein Leben ohne Johanna an meiner Seite und eine andere zu ehelichen kommt überhaupt nicht in Betracht!“ Dann fällt plötzlich der Vorhang.
Edwad zieht mich an sich und haucht: „Komm Liebste“ zu.
Ein Kuss auf mein Handgelenk folgt, bevor er mich mit sich zieht.
Fort aus der behüteten Welt des Adels in der ich und er aufgewachsen sind.
In eine ungewisse Zukunft, jedoch unserer Zukunft.
Nie mehr werde ich deine Hand los lassen.“
Seine Worte hallen in meinem Kopf wieder, während wir von Vertrauten der Königin eskortiert werden.
„Nie mehr“ wiederhole ich flüsternd als Edward mir in die Kutsche hilft. Kurz ruht sein Blick auf mir, doch er lässt es auf sich beruhen.
Viel zu beschäftigt ist er mit unserer Flucht.
Erst als wir sicher die Grenze passieren atmet mein Prinz durch.
Seine Hand umklammert immer noch die meine.
Nun schaut er mir wehmütig in die Augen und nimmt meine beiden Hände in seine, legt eine an seine Wange und küsst mein Handgelenk.
„Verzeih mir, ich habe bis zuletzt gehofft, dir dieses Schicksal ersparen zu können.
Dass es nicht so weit kommen würde.“
Er verstummt und schmiegt sich an meine Hand.
Sanft wandert diese in seinen Nacken und ich zieh meinen Prinzen zu mir herunter, sodass sein Kopf auf meinen Schoss gebetet ist.
„Habe ich dir nicht gesagt du sollst aufhören dich ständig für irgendetwas zu entschuldigen.“
Ich schaue auf seine und meine Hand, die ineinander verschlungen sind und sage: „Es gibt nichts zu entschuldigen, ich darf bei dir sein und das macht mich glücklich.
Es ist egal wo wir sind oder hingehen.
Für mich zählt nur eins, da wo du bist ist für mich der Himmel.“
Edward zieht mich zu sich und bevor sich unsere Lippen berühren flüstert er:
„Du hast Recht, der Himmel ist da wo du bist!“
Tag der Veröffentlichung: 16.07.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle die, die alte Schule noch nicht verlernt haben und wissen wahre Gentlemen zu sein.