Cover

„ So läuft das nicht mehr.“ Ich weiß nicht wovon er spricht.
„Warum?“
„Du verstehst mich einfach nicht mehr.“ Das bildet er sich nur ein.
„Wo liegt dein Problem, Schatz?“
Er dreht sich um und starrt mir eisern in die Augen. „Du bist mein Problem.“
Das hat gesessen. „Was habe ich getan?“
Seine Lippen haben sich zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
Ich nehme ein paar Schnipsel vom Tisch in die Hand und bewege sie hin und her. Das tue ich immer, also Dinge nehmen und sich bewegen um mich von dem Ernst einer Lage abzulenken. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich habe auch keine Ahnung was ich tun soll. Also nehme ich diese Schnipsel und spiele mit ihnen. Ich mache vielleicht einen unguten Eindruck, als wäre ich kindisch und nicht in der Lage ernste Situationen zu verarbeiten. Aber das täuscht nur. Ich bin vielleicht gesetzlich noch nicht erwachsen, aber ich habe viel durchgemacht. Aber jede Situation ist neu, auch wenn wir sie schon 10 Mal durchgespielt haben. Also sitze ich hier unsicher auf der Couch und spiele mit meinen Schnipseln.
Aber diese schnipsel können mein Problem auch nicht Lösen. Ich seufze innerlich und lege die Schnipsel wieder auf den Tisch. Ich muss versuchen mich zu konzentrieren. Ich bin ein Problem. Gut, so weit sind wir gekommen, die Frage ist nur, was ich getan habe. Und das ist die allgemein zerstörende Frage. In diesem Moment kämpfen Herz, Seele und Kopf miteinander. Ich bin stur, sehr stur und früher habe ich nicht gerne Dinge eingesehen, inzwischen kann ich es - aber in diesem Moment versuchen gerade alle drei Teile meines Seins Recht zu haben.

Vielleicht hat er Recht. Vielleicht bin ich wirklich ein Problem. Was habe ich nur falsch gemacht? Habe ich in letzter Zeit schon wieder zu viel gemeckert? Ich weiß doch, dass er das nicht mag. Warum tue ich das? Er ist so eine liebe und ruhige Seele. Er kann doch keine Streitsituationen verkraften. Dafür hat er einen viel zu reinen Geist. Ich sollte mich entschuldigen und Verständnis zeigen. Vielleicht wird es ja dieses Mal besser. Ich sollte mich wirklich anstrengen, schließlich liebe ich ihn und will ihn ja nicht verlieren., so einfach geht das manchmal für das Herz.

Aber der Kopf sieht das Ganze öfters ganz anders. So ein Idiot! Er hat doch gar keine Ahnung wie sehr es mich öfters nervt. Ich habe ihn schon so oft um etwas gebeten und er hat es nie gemacht. Manchmal hab ich das Gefühl er denkt nur an sich. Wie ich schon sagte, so ein Idiot. Und bei ihm soll ich Rechenschaft abgeben? Darauf kann er warten, jetzt werde ich ihm erst mal ein paar Takte erzählen. Mal sehen, was er dann noch sagen will.

Und alle guten Dinge sind drei, deswegen gibt die Seele meist auch noch ihren Senf dazu. Ihr müsst euch auch immer wiedersprechen. Wieso könnt ihr euch beide nicht einfach vermischen? Eine Mischung aus Herz und Kopf würde alles viel einfacher machen. Hör zu: Kein Mensch ist perfekt, und man sollte auch nicht von einem verlangen perfekt zu sein, das geht nicht. Liebe ist manchmal einfach stärker als alles andere. Man muss lernen die richtige Balance zu finden. Man darf nicht nachgeben und die ganze Schuld auf sich laden, auf der anderen Seite darf man aber noch nicht so stur und blind sein und gleich jegliche Schuld von sich weichen. Das ist vielleicht nicht einfach, aber wenn man jemanden WIRKLICH liebt, dann muss man dieses Opfer einfach geben.



Ja, unrecht hat die Seele da ja nicht. Nur leider ist die Seele nicht so energisch wie der Kopf, wenn er einmal wutentbrannt seine Meinung abgeben will und leider ist sie nicht so drängend und ängstlich wie das Herz, das alles tun will um jemand nicht zu verlieren und einen dadurch manchmal in einen schwarzen Topf wirft um sich zu ergeben. Die Seele ist in diesem Zusammenhang immer sehr leise.
Inzwischen sind bereits 10 Minuten vergangen und ich weiß noch immer nicht was ich getan habe. Und meine 3 Freunde brennen darauf es zu erfahren. Ich muss nur die Weise wählen. Ich schaue meinen Freund an. Er steht mit dem Rücken zu mir und gleich brüllen alle durcheinander.
„Seh nur wie zerstört er ist, der arme Kerl.“ „Ist er sich jetzt zu schade um mich anzugucken, oder was?“ „Ich sollte zu ihm gehen und ihm erst mal zeigen, dass ich für ihn da bin, egal wie schmerzlich diese Situation ist.“
Wenn sich jede Seite beweisen will, ist es wirklich nicht leicht eine Entscheidung zu treffen. Vor allem die Richtige. Aber dann höre ich ein bebendes Ein- und Ausatmen und das zucken der Schultern.
Die ersten Anzeichen eines Schluchzens wo Tränen folgen. Und plötzlich ist alles still. Und ich entscheide mich, denn ich bin selber kurz davor zu weinen, denn egal wie sehr ich an die Schnipsel gedacht habe konnte ich meinen Geist nicht davon abbringen die Realität wahr zu nehmen, denn es heißt „Jetzt oder Nie!“. Auch wenn es mir nicht leicht fällt und sich 2 meiner Teile absolut sträuben und versuchen auf mich einzureden stehe ich auf und gehe zu meinem Schatz.
Inzwischen weint er wirklich und das nicht gerade wenig. Ich geselle mich mit meinen Tränen zu seinen und umarme ihn von hinten. Mein Gesicht drückt gegen seinen Rücken und wir weinen gemeinsam. Ein Streit erschüttert immer eine Beziehung und ruft Trauer und Leid auf den Plan. Beide Seiten haben Angst einander zu verlieren, wenn man sich wirklich liebt. Aber manchmal hat der eine eben mehr Mut als der andere um ihn zu sagen, dass die momentane Situation eine Art und Weise ist, mit der der nicht leben kann. Und sowas tut eben weh.
„Ich bin immer für dich da“, sage ich, auch wenn es mir zu Beginn nicht leicht fällt. Ein Teil lächelt.
Wie ich sagte, unrecht hatte die Seele nicht. Keine Beziehung ist perfekt und man kann nicht ständig in Harmonie leben. Es gibt Streits. Und sie werden einen bis zum Ende des Lebens begleiten. Und man muss in diesen Jahren lernen richtig zu streiten. Man muss lernen Entscheidungen und ihre Konsequenzen abzuwägen, egal um welche Sache es sich dreht. Und wie sehr es der Seele manchmal weh tut, muss man auch über seinen Schatten springen und nachgeben, auch wenn man weiß, dass irgendwann in der Zukunft wieder ein Streit wartet. Aber das sollte einen nicht Entmutigen. Denn, dass eine Beziehung wirklich gut läuft erkennt man daran, dass man sie weiterführen will, auch wenn einfach alles nervt.

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Texte: Text: Copyright by Christina Huhn
Tag der Veröffentlichung: 21.08.2011

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