Ein ganz normales Mädchen
... nahmen sich in die Arme und küssten sich…
Nicht schon wieder so ein Schnulzenbuch! Gelangweilt lege ich das Buch weg. Klar in Geschichten darf jeder jeden lieben, keiner hat irgendwelche blöden Gesetzte zu fürchten, oder ihnen gar folge zu leisten.
Ich atme einmal tief durch, und schwinge mich vom Bett. Im wirklichen Leben wäre alles anders, vor allem bei normalen Menschen…
Im Spiegel ist eine circa 1,60m große fünfzehnjährige, mit einem blassen Gesicht und langen blonden Haaren zu sehen. Ihr Kleid ist knielang, aus weichem Stoff und in einem sanften grün gehalten, genau wie ihre Augen. Meine Augen. Sie erzählen einem keine Geschichten, so wie die der richtigen Elfen. Meine Augen sind aber auch nicht die einer richtigen Elfe.
Ich bin ein halber Mensch… und eine halbe Elfe.
Nur eine halbe Elfe und ein halber Mensch zu sein, stört mich nicht. Ich sehe es eher als interessant an, sowohl menschliche Gene, als auch die der Elfen zu haben. Normale Menschen wissen nichts von den Elfen. Andersrum sind Elfen aber eigentlich auch sehr darauf bedacht, die Menschen nichts von unserer Existenz wissen zu lassen.
Die Schattenseiten eines Lebens als Mischwesen, sind leicht. Man muss die Regeln von beiden Seiten einhalten, und viel mehr lernen. Das Lernen macht mir keine Probleme, eigentlich muss ich mich nicht einmal großartig anstrengen, denn meine Noten in der normalen Schule sind super, und richtige Elfen gibt es nur noch sehr wenige. Bis jetzt habe ich sogar nur einen richtigen Elf gesehen, und das war mein Vater.
Bevor ich geboren wurde, hat er sich verliebt. Das ist an sich schon ein schweres Vergehen, da es sich um einen Menschen handelte. Elfen dürfen nur Elfen lieben, das ist eins der ersten Gesetzte, die wir haben. Wer sich dennoch verliebt, wird schwer bestraft, wenn er sich auf die Liebe einlässt. Mein Vater hat meine Mum und mich verlassen, um sich dem Gesetzt nicht widersetzten zu müssen. Mum war damals mit mir schwanger.
Einige Jahre später, ich war drei, kam er eines Nachts wieder, und erklärte mir alles. Das ich nicht nur ein Mensch bin, unsere Gesetzte, dass ich auf Mum aufpassen soll, wie ich der Natur helfen kann… Er lies auch einige Bücher für mich da, die er im laufe dieser drei Jahre verfasst hatte. Dort fand ich auch einiges über die Wesen, die wirklich existieren, und die, die nur erfunden sind.
Ich lächle leicht, bei der Erinnerung daran, wie mich ein Gesetzt damals geschockt hatte. Es war das Erste, von denen, die mein Vater erwähnt hat. Seine Worte verfolgen mich heute manchmal noch, denn ich weiß, dass ich ewig leben werde.
Weißt du, meine Kleine, Menschen können lieben, aber ihre Liebe hält nie ewig. Sie vergessen zu schnell, können nicht verzeihen, und verletzten denjenigen, den sie lieben, obwohl sie wissen, dass es ihm wehtut. Genau aus diesen Gründen, ist es uns verboten, sich in sie zu verlieben. Elfen dürfen nur Elfen lieben.
Mum ist doch ein Mensch, oder? Darfst du sie also eigentlich gar nicht lieben?
Ja, und genau aus diesem Grund, kann ich auch nicht bei euch bleiben. Wir leben ewig, und wir lieben ewig.
Was ist mit Vampiren, oder Werwölfen, oder Gestaltenwandlern? Leben die nicht auch ewig?
Du hast Recht, es gibt all die Wesen, die du genannt hast, und ja, sie leben ewig. Allerdings sind nicht alle Vampire gut, und jeder Einzelne von ihnen ernährt wich von Menschenblut. Auch wenn sie kein Fleisch essen, so spricht es doch gegen unsere Natur, und unser Gewissen, wenn sie die Menschen einfach so aussaugen. Du spürst doch auch, was die Tiere und Pflanzen fühlen, oder?
Ja, ich spüre, wie es ihnen geht. Es ist furchtbar, wenn sie leiden. Werwölfe fressen dann wahrscheinlich auch Fleisch. Aber was ist mit den Gestaltenwandlern?
Er lachte kurz auf, und strich mir durchs Haar, dann schaute er mir in die Augen.
Wir dürfen einfach nicht. Egal wer es ist, solange es kein Elf ist, in den du dich eines Tages verlieben wirst, ist eure Liebe verboten.
Sein Blick war nun leer und er sah sehr traurig aus. Also sah ich ihn entschlossen an, und sagte ihm, dass ich mich dann einfach in einen Elf verlieben würde. Es schien ihn aber leider nicht zu beruhigen, wahrscheinlich, weil man sich nicht aussuchen kann, in wen man sich verliebt. Damals klang es ganz einfach für mich, doch je mehr ich darüber nachgedacht habe, umso verwirrter wurde ich. In den bisher fünfzehn Jahren meines Lebens, habe ich mich zum Glück nicht verliebt, und ich wünsche mir, dass es auch weiterhin so bleibt.
Finn, so heißt mein Vater, ist ein mächtiger Elf. Selbst er konnte sich nicht dagegen wehren, sich zu verlieben. Ich schätze, das ist eine der Gründe, aus denen ich so besorgt bin. Nicht einmal ein so mächtiger Elf wie er konnte sich dem widersetzten.
Der Anfang
„Payton! Kommst du? Wir fahren jetzt los!“, das war meine Mum. Wir wollten zusammen an die Nordsee fahren. Mein Koffer steht schon unten, also renne ich schnell die Treppen unseres Hauses runter. Meine Mum kann meine Schritte nicht hören. Sie sind zu leise, aber ich höre sie, und die Vögel draußen. Auch der kleine Hauch von Nervosität in ihrer Stimme ist für mich hörbar.
Als ich unten bin, wartet sie schon vor der Tür auf mich. Meine Mum sieht für ihr Alter noch richtig jung aus (sie ist vierzig). Sie ist blass, aber längst nicht so blass wie ich. Es sieht gesund aus. Ihre schulterlangen Haare sind braun, genau wie ihre Augen. Schokoladenbraun. Sie trägt schlichte Jeans und eine babyblaue Bluse. Anscheinend liegt nicht nur in ihrer Stimme, sonder auch in ihrem Gesicht ein Hauch Nervosität. Ich frage mich wieso, aber es ist mir unangenehm, ihre Gedanken zu lesen, also frage ich nach: „Wieso bist du denn so aufgeregt?“ Ich grinse sie breit an, und sie antwortet: „Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich wirklich alles dabei habe. Falls ich was vergessen habe…“ Alles klar. Sie macht sich wieder umsonst Sorgen.
Mein Gehirn arbeitet auch viel schneller als das von normalen Menschen, also kann ich schnell die Liste durchgehen: „Hast du das Buch mitgenommen? Das auf deinem Nachttisch meine ich.“ Jetzt grinst Mum breit: „Nein, das habe ich vergessen.“
Sie will wieder rein gehen, doch ich sage ihr, ich hätte auch noch was vergessen, und laufe zurück ins Haus. Zuerst gehe ich in Mum’s Schlafzimmer und hole ihr Buch. Ich habe es schon gelesen. Es war ganz okay, aber Mum scheint begeistert davon zu sein. Dann renne ich weiter in mein eigenes Zimmer. Es liegt im zweiten Stock.
Mein Zimmer ist das größte in dem Haus. In der Ecke vor dem Fenster, das gegenüber der Tür liegt, steht mein Bett. An der Wand steht dann der Schreibtisch. Direkt vor dem Fenster. Rechts stehen dann voll gestopfte Bücherregale. Es hat schon seine Vorteile, wenn man nur zwei Stunden Schlaf braucht. Man kann lesen, zeichnen, schreiben oder auch leise Musik hören. Egal was. Hauptsache es ist leise.
Meine Wände sind violett, so waren sie schon so als wir vor drei Jahren hier eingezogen sind. Damals war Mum auf der Suche nach einem Ort, der sie inspiriert. Hier hat sie ihn gefunden. Das Haus steht direkt vor einem Wald. Er ist fabelhaft! Die Bäume sind sehr alt, gesund und im Winter meistens von einer traumhaften weißen Hülle aus Schnee bedeckt.
Ich gehe geradewegs auf meinen Schreibtisch zu, öffne die Schublade und hohle ein kleines, rotes Säckchen heraus. In ihm sind besondere Steine. Bei jedem Urlaub, nehme ich einen besonderen Stein als Erinnerung mit.
Im Auto verstaue ich das Buch in Mum’s Handgepäck und gucke aus dem Fenster. Das ist das tollste an der ganzen Fahrt. Man sieht so vieles auf dem langen Weg in ein neues zu Hause. Ein zu Hause auf Zeit, an das man sich sein Leben lang erinnern wird, vor allem wenn man eine Elfe ist, und sich so wie so immer an jedes noch so kleine Detail in seinem Leben erinnern kann.
Die Begegnung
„So da wären wir!“, breit grinsend sieht Mum mich an. Ich steige aus und schaue mich genauer um. Es sieht sehr hübsch aus. Vor uns liegt ein langer Sandstrand. Direkt neben uns ist unsere Ferienhütte. Wir haben sie gemietet. Die ganzen Sommerferien werden wir hier verbringen, ganze sechs Wochen.
Mum ist schon dabei die Koffer ins Haus zu tragen. Ich gehe zum Kofferraum, und nehme die restlichen zwei Koffer heraus.
Im Haus steht sie wieder breit grinsend da. „Na wie gefällt dir Nordfriesland?“ Ich schaue sie an und antworte: „Noch habe ich es mir nicht richtig angesehen.“ Ihr grinsen wird noch breiter „Jedes Jahr das Selbe mit dir.“
Ich lächle leicht, und schnappe mir meine Koffer: „Welches ist mein Zimmer?“ Sie überlegt kurz, dann antwortet sie: „Such dir einfach eins aus.“ Das gehört mittlerweile auch zum jährlichen Ritual.
Ich gehe nach oben, stelle die Koffer in eine Ecke, und gucke mir die verschiedenen Zimmer an. Es gibt hier nur zwei Zimmer. Eins mit einer Tür zur Terrasse, die auf das Meer zeigt, und ein kleineres mit einem Balkon. Mum würde sich sicher über die Terrasse freuen, auch wenn sie das nicht sagen würde, wenn ich es mir nehme. Ein Balkon ist auch toll, also hohle ich die Koffer aus dem kleinen Flur und gehe in das helle Zimmer.
Es ist wirklich klein. Die Tür ist in der Mitte der Wand, gegenüber vom Balkon. Hinter ihr steht ein kleiner Kleiderschrank. Links vom Balkon steht dann mein Bett. Auch wenn es klein ist, es ist toll, weil es hell ist. Die Fenster vom Balkon lassen sehr viel Licht ins Zimmer. Ich mache die Tür auf und gehe hinaus. Wieder atme ich tief durch. Die Luft riecht nach salzigem Wasser. Klar ich bin am Meer.
Mum kommt ins Zimmer: „Hast du dir das kleine Zimmer genommen?“ Sie schaut leicht verwundert. Ich verdrehe die Augen „Mum das große Zimmer ist mir zu groß.“ Sie lächelt, denn auch diese Szene ist jedes Jahr gleich.
„Weißt du was? Ich gehe mal ein bisschen spazieren.“ Ich lächle sie leicht an, und warte auf ihre Antwort, die auch wie gewohnt ausfällt: „Aber sei so um neun wieder da.“
Schnell gehe ich wieder nach unten, und schnappe mir den Zweitschlüssel, der wie zu Hause auf dem Küchentisch liegt.
Als ich endlich draußen bin, gehe ich langsam los. Es ist fast schon schleichend langsam, da Menschen sehr langsam gehen. Sobald ich mir sicher sein kann, dass mich niemand sieht renne ich los. Die Geschwindigkeit ist berauschend. Die Dinge sind immer noch gestochen scharf zu erkennen, und die Gegend scheint wirklich toll zu sein. Der Strand ist sehr lang, aber das Wasser ist ziemlich kalt. Jetzt laufe ich noch schneller. Etwa zwei Kilometer weiter westlich kann ich einen Anhang erkennen. Das ist mein Ziel. Nun laufe ich noch schneller, und bleibe abrupt vor den Tiefen stehen. Unter mir schlägt das Wasser an die Felswand. Die frische Luft ist wirklich toll. Leise fange ich an zu summen. Es ist eine sehr alte Melodie der Elfen. Ich summe so leise, dass kein menschliches Ohr es vernehmen könnte. Tiere können mich hören, aber im Moment achte ich auf nichts, außer auf das Rauschen des Meeres. Es ist sehr beruhigend. Eigentlich ist die Melodie dazu da, die Pflanzen zu heilen, doch hier scheint es nicht nötig zu sein. Trotzdem ist es meine Lieblingsmelodie. Sie ist sehr gefühlvoll und bringt mich zum nachdenken, ohne dabei traurig zu klingen.
Im Moment sind nur die Melodie und das rauschende Meer wichtig, ich nehme gar nichts anderes wahr. Meine Augen sind geschlossen, meine Gedanken und Sinne, auf die Schönheit der Natur gerichtet. So ist es am Besten.
Plötzlich fahre ich zusammen. Jemand hat etwas gerufen. Ich drehe mich erschrocken um und habe das Gefühl, mein Herz bleibt stehen. Hinter mir steht ein Mensch. Erschrocken schaue ich ihm in die Augen, und sofort läuft mir ein warmer Schauer den Rücken runter. Er hat meerblaue Augen. „Die Melodie war sehr schön.“ Während er spricht, atme ich einmal durch. Er riecht nach Mensch … und nach Wolf? Bevor ich die Fassung verliere, schaue ich ihm noch mal in die Augen, und antworte dann nur knapp: „Ja, das ist sie.“ Komisch das er hören konnte, und wieso riecht er nach Wolf? … Ob ich seine Gedanken lesen soll? Eigentlich ist es mir immer sehr unangenehm, wenn ich die Gedanken lese, aber es interessiert mich wirklich sehr, wer oder was genau er ist. Mein Gedankengang findet schnell ein Ende, als er einen Schritt weiter auf mich zukommt. „Hallo. Mein Name ist Oliver, Oliver Lykos.“ Er grinst breit, und auch ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Mein Name ist Payton.“
Oliver sieht mir in die Augen, grinst dann wieder, und spricht weiter: „Du riechst wie ein Mensch, aber du bist kein richtiger.“ Dann macht er eine kurze Pause, und erzählt: „Ich bin auch kein normaler Mensch.“ Nun setzt er sich an den Rand der Klippe, und guckt gedankenverloren in die Tiefen des Meeres. Still setzte ich mich neben ihn. „Weißt du, die Gene eines Werwolfes in sich zu tragen ist schon komisch, man gewöhnt sich dran. Trotzdem gehört man nie wirklich zu einer Seite. Weder zu den Menschen, noch zu den Wölfen.“
Nun gucke ich ihn erschrocken an. Er ist ein Werwolf? Er sieht doch gerade in den Vollmond! Kann er das ohne sich zu verwandeln? Vater hat doch gesagt, sie würden sich verwandeln, sobald sie den Vollmond sehen. Manchmal würde ihnen sogar nur der Anblick des Monds reichen, selbst wenn es kein Vollmond ist.
„Wieso guckst du so erschrocken? Hast du noch nie einen Werwolf gesehen?“ Meine Gedanken sammeln sich nicht richtig. Sie sind immer noch dabei die gerade gesammelten Informationen zu sortieren. Er hat doch eindeutig gesagt, dass er die Gene eines Werwolfes hat. Vielleicht liegt es ja daran? Vielleicht ist es so, weil er die Gene vererbt bekommen hat? „Du bist eine Elfe, oder?“ Seine Worte haben immer noch keine genaue Bedeutung. Ich verstehe sie gar nicht richtig, sehe nur das er was sagt, aber nicht was.
Wenn er die Gene vererbt bekommen hat, müssten sie theoretisch stärker sein, als bei Menschen, die durch einen Biss zu einem wurden. Oder etwa nicht?
„Ist alles in Ordnung mit dir?“ Nun sehe ich seine Augen, und die ganzen Gedanken, die mir gerade durch den Kopf gegangen sind, scheinen egal zu sein, und treten in den Hintergrund. Ich lächle ihn leicht an und bringe nur ein kurzes „Ja“ raus.
„Also habe ich recht mit meiner Theorie?“ Der Mond scheint in sein Gesicht, so dass ich es endlich genauer betrachten kann. Seine Augen sind wirklich meerblau, sein Pony geht ihm bis kurz vor den Augen. Er hat braunes Haar, sieht sonst aber ganz normal aus. Keine weitern Besonderheiten. Er fängt an zu lächeln und fragt (obwohl es eher wie eine Feststellung klingt): „Du bist doch eine Elfe, oder?“ Jetzt verstehe ich, was er mit Theorie gemeint hat, und antworte ihm: „Entschuldige. Ich bin keine ganze Elfe…“ Es ist komisch darüber zu sprechen. Noch nie habe ich jemandem gesagt, dass ich kein richtiger Mensch bin.
„Verstehe. Das erklärt den Menschengeruch…“ Er macht eine kurze Pause „Hast du Angst?“
Angst? Ich hätte –glaube ich- alles erwartet, aber nicht, dass er fragt, ob ich Angst habe. Verwundert frage ich ihn: „Wieso Angst?“
Seine Antwort ist mindestens genauso ehrlich, wie sie traurig ist: „Weil ich ein halber Werwolf bin, und heute Vollmond ist. Vielleicht auch, weil wir genau vor dem Mond sitzen, und ich nun weiß wer du bist.“ Eigentlich hat er Recht, aber aus irgendeinem Grund habe ich keine Angst, ganz im Gegenteil. Ich fühle mich seltsamerweise wohl. Irgendwie geborgen und sicher. In seinen Augen kann ich sehen, dass er immer unruhiger wird, umso länger ich mit meiner Antwort warte. Schließlich seufze ich leise, und dann antworte ich: „Nein, ich habe überhaupt keine Angst. Es kann sein, dass es schlauer wäre welche zu haben, aber nein, ich habe keine.“
Die Erkenntnis
In den nächsten Tagen, lernte ich Oliver immer besser kennen. Wir trafen uns täglich, und gingen am Strand spazieren, oder machten irgendetwas anderes. Egal was, es war immer toll.
Oliver lächelt, steht auf, und reicht mir die Hand, um mir beim Aufstehe zu helfen. „Lass uns spazieren gehen.“ Ich nehme seine Hand an, und wir gehen zum Strand. „Weißt du, es ist komisch. Ich habe dich vorher noch nie gesehen, und kenne dich noch nicht mal richtig, aber trotzdem fühle ich mich…“ Er stockt und sieht auf den Boden. Er scheint leicht rot geworden zu sein. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob er weiß, dass ich ihn verstehen kann, flüstert er nur noch das Ende des Satzes „…dir trotzdem irgendwie verbunden.“. Nun werde auch ich rot, denn meine Gedanken lauteten ebenso, aber ich habe mich nicht getraut etwas zu sagen. Um die Situation nicht so dastehen zu lassen, sage ich schließlich: „Ja. Das ist merkwürdig…“ Das bringt uns nicht weiter. Mein letzter Versuch ist der, vom Thema abzulenken: „Wieso warst du eigentlich auf der Klippe?“ Das war zwar jetzt nicht das beste Thema zum Ablenken, aber alles andere hatte etwas damit zu tun, das er ein Werwolf ist, oder damit, dass ich mich ihm auch verbunden fühle. Allerdings scheint dieser Versuch geholfen zu haben, und er antwortet: „Eigentlich wollte ich den Mond ansehen, und ihn anheulen, aber dann warst du da, und ich habe das Alles einfach vergessen. Deine Melodie war so schön, sie hat so gut zu dir gepasst. Es war vollkommen. Also habe ich dich angesprochen, und als ich deine Augen sah, da wurde mir klar, dass es nicht an der Melodie, deinem Geruch, oder dem Aussehen liegt, sondern, dass ich dich einfach als Person kennen lernen muss, dass ich bei dir sein möchte...“
Ich bin überwältigt von seinen Worten, und sein Blick verrät mir, dass es alles was er gesagt hat wahr ist. Mir ist egal, dass er seinen Satz wieder nicht zu Ende gebracht hat, obwohl ich mir wünsche, er hätte es. Ich wünsche ich würde ihm genau das auch sagen können, und genau das wollte ich ihm gerade auch sagen, als mir plötzlich die Worte meines Vaters die Gedanken zerstören zerstören … es uns verboten, sich in sie zu verlieben. Elfen dürfen nur Elfen lieben…
…Wir dürfen einfach nicht. Egal wer es ist, solange es kein Elf ist, in den du dich eines Tages verlieben wirst, ist eure Liebe verboten…
Ich sehe Oliver in die Augen, diese meerblauen Augen, die erwarten irgendeine Antwort zu bekommen, egal welche. Obwohl wir uns gerade erst kennen gelernt haben, fühle ich mich ihm doch so verbunden. Mein Herz rast, ich möchte doch… Ich wollte mich doch nie… Wieso jetzt? Wieso ich? Wieso so schnell?
Ich kann nicht mehr, knie mich hin und fange an zu weinen. Es geht einfach nicht… Die Worte meines Vaters schallen immer wieder in meinen Gedanken, dann Olivers Worte, und schließlich noch irgendwelche neuen, die ich noch nie gehört habe… Ich verstehe die Person nicht, die sie sagt, ich weiß, dass ich die Stimme kenne, aber ich weiß nicht wer es ist.
Die Stimme wirkt so vertraut, so beschützend, so… Neue Gedanken, fügen sich immer wieder zu den Anderen hinzu, es wird immer mehr… Musste ich mich verlieben? Ist das überhaupt Liebe? Geht das wirklich so schnell?
Die Tränen wollen nicht mehr aufhören, die Gedanken nehmen kein Ende, ich kann nicht mehr. Ich halte mir die Ohren zu, auf dem Boden knie ich ja sowieso schon… Die Stimme!
Langsam fange ich an zu verstehen, was sie sagt Es tut mir leid, ich wollte dich nicht so damit überrumpeln!
Die Person klingt besorgt, fast schon panisch… Wieso hilft ihr den keiner?
Bitte hör auf zu weinen!
Weinen? Na komm! Du musst nicht traurig sein!
Traurig? Bitte!
Plötzlich erkenne ich die Stimme. Es ist Oliver! Er ist es, der besorgt und panisch klingt. Aber wieso denn? Payton! Bitte!
Er berührt meine Schultern… Kann er das einfach so? Ohne dass mein Schild ihn abwehrt? Das ist nicht möglich, dass geht doch nur, wenn ich es ihm erlaube, aber das habe ich nicht. Oder? Payton! Es ist doch alles in Ordnung! Komm hör auf zu weinen!
Vater hat gesagt, dass die Person, die mich mehr liebt als ihr eigenes Leben, und die ich ebenso liebe… Aber das kann nicht sein! Ich kenne ihn nicht richtig.
Die Stimmen in meinem Kopf wirbeln immer noch herum, und Oliver neben mir, versucht immer noch mich zu beruhigen. Bitte es ist nicht schlimm. Bitte hör auf zu weinen! Es ist doch gar nichts passiert!
Jetzt verstummen die ganzen Stimmen plötzlich. Mein Herz… Es tut weh, aber das ist egal. Ich muss Oliver sagen, dass es nicht geht. Payton!
Seine Stimme klingt verzweifelt.
Ich wische die Tränen aus meinem Gesicht, dann sage ich nur: „Du kannst mich berühren!“ Er sieht mich erschrocken an. „Natürlich kann ich dich berühren.“ Er ist verwirrt, die Panik ist noch deutlich zu sehen, und verzweifelt ist er auch. Wegen mir. Ich sehe ihn an, aber nicht in die Augen. „Das dürftest du nicht können. Du müsstest abgeblockt werden. So als ob eine unsichtbare Mauer um mich herum aufgebaut ist.“
Verwirrt? Verzweifelt? Traurig? Ich finde keine genaue Beschreibung für seinen Gesichtsaudruck. Ängstlich? Betrübt? Panisch? Nein es ist alles nicht das Richtige. Ich möchte ihn nicht so sehen… „Es tut mir leid. Ich musste gerade nur an etwas denken.“ Er sieht mich an. Deprimiert? Immer noch kann ich seinen Blick nicht deuten. Beschützend legt er seine Arme um mich. Es fühlt sich wirklich sicher an. So warm. Eben habe ich gar nicht gemerkt, dass er sich neben mich gekniet hat. Jetzt sitzen wir beide hier.
Es fühlt sich so richtig an. So sicher. Kein bisschen falsch, aber genau das ist es. Falsch. Verboten. Immerhin kann ich das noch beschreiben. Sein Gesicht kann ich jetzt nicht sehen.
Leise flüstert er: „Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht so damit überfahren dürfen. Wir kennen uns ja kaum. Und ich bin ein halber Werwolf… Du eine halbe Elfe… Das ist gefährlich für dich… Und vielleicht hast du ja schon jemand anderen…“ Seine Stimme hatte keinen richtigen Klang mehr… Wie eine Maschine… Leer… Ich muss ihn beruhigen… Ihm die Wahrheit sagen… Es ihm erzählen… Aber wie? Leise fange ich an es ihm zu erklären: „Ich habe keine Angst vor dir, weil du die Gene eines Werwolfes hast. Das ist egal… Es liegt nicht daran, was du gesagt hast… Oder daran, dass du es jetzt gesagt hast. Ich habe auch keinen Anderen…“ Meine Stimme klingt zwar immer noch so melodisch, aber nun zittert sie. Das habe ich noch nie erlebt. Das meine Stimme zittert, dass ich nicht weiß, wie ich etwas erklären soll, dass ich so etwas gefühlt habe.
Oliver guckt mich überrascht an: „Was ist es dann?“ Ich kann ihm nicht in die Augen sehen, ich würde ihm alles sagen, wenn ich das tun würde. Plötzlich nimmt er mein Kinn und hebt meinen Kopf so, dass ich ihm in die Augen gucken muss. Seine Augen sehen tief in meine, und er spricht weiter: „Payton! Ich liebe dich! Aber du musst mir sagen, was los ist. Ich weiß, dass wir uns nicht wirklich lange kennen, aber ich fühle mich dir so verbunden! Verstehst du? Ich möchte dich beschützen! Bei dir sein! Ich möchte, dass du glücklich bist! Ich liebe dich!“
Er ist verzweifelt. Wegen mir. Er hat gesagt, dass er mich liebt. Seine Augen... „Ich weiß! Ich liebe dich doch auch, aber ich darf nicht!“ Nun gucke ich zur Seite. Oliver kennt die Gesetzte der Elfen nicht, ich muss es ihm erklären. „Kennst du die Gesetzte der Elfen?“ „Nein, aber was haben die Gesetzte mit uns zu tun?“ Mein Herz setzt einen Schlag aus. Er hat uns gesagt, und trotzdem, es darf nicht so sein. Also erkläre ich es ihm: „Eines der Gesetzte besagt, dass Elfen keine Menschen lieben dürfen.“ „Ich bin kein ganzer Mensch.“ Er versteht es immer noch nicht. Nicht so wie es sein sollte. Ich schüttele leicht den Kopf. „Elfen dürfen nur Elfen lieben. Ich darf mich nur in einen Elfen verlieben.“
Oliver sieht mir in die Augen. Er ist geschockt. „Aber… Wie können die euch so etwas befehlen? Wie kann so etwas gesetzlich festlegen lassen? Dafür kann man doch nichts! Warum macht man so etwas?“ Er überlegt kurz, dann flüstert er mir zu: „Kann man das Gesetzt nicht irgendwie umgehen?“
Verneinend schüttle ich den Kopf, wieder atme ich tief durch. Ich habe das Gefühl, seine Fragen beantworten zu müssen, also fange ich an, es ihm genauer zu erklären: „Ich weiß nicht, wie man so etwas gesetzlich festlegen lassen kann, oder warum man es tut. Ich weiß, dass man nichts dafür kann, aber jeder der sich diesem Gesetzt widersetzt, wird umgebracht. Dem, der sich in die Elfe oder den Elfen verliebt hat, wird das Gedächtnis gelöscht. Diese Strafe ist in manchen Fällen noch schlimmer als der Tod, denn das Gefühl, dass einem etwas fehlt, bleibt. Ich möchte nicht, dass sie dein Gedächtnis löschen! Und der einzige Weg, dieser Strafe zu entkommen, ist die, dass ich verschwinde. Wenn man sich gegen die Liebe und nicht gegen das Gesetzt stellt, wird es akzeptiert, und du kannst dein Gedächtnis behalten. Du kannst dann glücklich werden!“
Eindringlich schaue ich ihm in die Augen. Er muss mich gehen lassen. Einfach die Arme von mir nehmen, und mich gehen lassen. Auch wenn ich ihn liebe. Ich werde weggehen. Meiner Mum sagen, dass es mir hier nicht gefällt. Wieder nach Hause fahren.
Um zu unterstreichen, wie ernst ich es meine, sage ich noch: „Bitte, Oliver. Das ist die einzige Möglichkeit. Lass mich einfach los, und ich bin weg. Du kannst glücklich werden. Du kannst dein Gedächtnis behalten. Du kannst so weiterleben, wie vorher!“
Oliver’s Entscheidung
Er sieht traurig aus, schüttelt verneinend den Kopf, und antwortet mir dann: „Das kann ich nicht.“ Die Tränen laufen mir wieder über die Wangen: „Wieso nicht?“
„Ganz einfach: Die Liebe eines Werwolfes ist genau wie unser Leben –unsterblich. Ich könnte nicht glücklich werden. Selbst wenn ich wollte.“
Meine Tränen laufen immer weiter, es scheint als wollen sie gar nicht mehr aufhören, aber ich möchte nicht, dass Oliver mich so in Erinnerung behält. „Wir kennen uns doch erst seit ein paar Tagen. Vielleicht triffst du ja doch jemanden mit dem du dann glücklich werden kannst. Länger als ein paar Tage lang.“
„Was ist mit dir? Wenn ich dich jetzt loslasse, bist du weg und ich werde dich nie wieder sehen. Du sagst, dass ich vielleicht jemand anderes kennen lernen werde. Glücklich werde. Was ist mit dir? Wirst du auch glücklich?“
Ich atme kurz durch. Ich weiß genau, was dann mit mir passiert. Er hat Recht, wir würden uns nie wieder sehen, weil ich nichts mehr sehen würde, und niemand mich je wieder sehen würde. Ich würde Mum einen Abschiedsbrief schreiben, in dem stehen würde, dass sie die beste Mum ist, die man sich wünschen kann. Nachdem ich den Brief geschrieben hätte, würde ich mich vielleicht von der Klippe ins Meer stürzen, und nie wieder vom Meeresgrund an die Wasseroberfläche gelangen. Es würde mich aber auch nicht interessieren, mein Leben wäre vorbei. „Ich würde schon irgendwie zu Recht kommen.“
„Bist du dir da sicher? Können wir nicht einfach nur leben? Wir sind immerhin beides nicht nur Mythen, sondern auch Menschen. Die Gesetzte der Menschen sind also auch für uns gültig. Lass uns doch einfach so lange zusammen leben, wie wir können.“
In den letzten Tagen, habe ich mich immer sehr bemüht zu verstehen, wie er denkt, und ich dachte, dass ich weiß, was er denkt, auch ohne sein Gedanken lesen zu können. Aber das kann ich nicht, denn anstatt mich loszulassen, hält er mich jetzt noch fester im Arm. Die Aufrichtigkeit seiner Worte ist erschreckend. Es ist schlimmer als der Tod so zu leben, wie er es vorhat. Egal auf welchem Weg ich ihn verliere, mein Ende wird das Selbe sein. Ich werde mich an ihn erinnern, und die Weise, auf die man stirbt ist nun wirklich egal.
Leider kann ich nichts von all dem sagen, ich bringe nur „Du wirst leiden, wenn wir es so machen“ ,heraus, bevor meine Stimme aufgibt.
„Ich leide noch mehr, wenn ich dich gehen lasse. Ohne dich macht es keinen Sinn mehr.“
Nein! Das ist das Todesurteil für uns. Für ihn. Für alles, was ich liebe, aber nicht lieben darf.
„Das werde ich nicht zulassen! Ich werde nicht zulassen, dass du so leiden musst. Einfach so. Ohne irgendwelche Erinnerungen… wie ein Roboter.“
Eine Träne fließt über seine rechte Wange: „Und ich kann ohne dich so wie so nicht leben. Roboter hin oder her.“
„Ich lasse es aber nicht zu! Lass mich los! Lass mich gehen!“
Statt mich loszulassen, drückt er mich noch fester an sich: „Ich liebe dich. Wenn du mir sagst, dass du nicht dasselbe für mich empfindest, lasse ich dich gehen, aber solange du mich liebst, werde ich bei dir bleiben.“
Seine Tränen laufen nun genauso wie meine –wasserfallartig. „Ich kann dir nicht sagen, dass ich dich nicht lieben würde. Es wäre gelogen.“
„Dann lass uns zusammenbleiben, bis das der Tod uns holt. Komm.“ Oliver nimmt meine Hand, und steht auf. Er scheint bedacht darauf zu sein, mich wirklich nicht loszulassen. Und obwohl ich zugeben muss, dass ich überglücklich bin, muss ich doch weg von ihm. Also beschließe ich in dem Moment, in dem er mich loslässt und nicht zu mir sieht, abzuhauen.
Die schönste Zeit im Leben
Soweit, dass er mich los lässt, kommt es aber nicht. Oliver hält mich die ganze fest. Nicht krampfhaft, es ist eher so, als würden wir Händchen haltend am Strand entlang gehen. Die Tränen sind längst getrocknet, und die Sonne geht bereits unter, als Oliver plötzlich stehen bleibt. Auch ich bleibe nun stehen, und frage ihn: „Was ist los?“
Es wäre vermutlich gut gewesen, zu hoffen, dass er mich nun loslassen und etwas wie „nun kannst du gehen“ sagen würde, aber so ist es nicht, denn ich habe Angst davor, dass er es sagt. Er hat Recht, es ist besser, die Zeit, die wir beide haben, zu genießen. Trotzdem ich würde gehen.
Meine Befürchtungen sind aber nur Hirngespenste, denn Oliver guckt mich nur breit grinsend an und sagt: „Du hast mich noch nie in Wolfsgestalt gesehen.“ Seine dramatischen Pausen liebe ich, genau wie ich alles andere an ihm auch liebe. „Ich werde dich nun ganz kurz loslassen, um sie dir zu zeigen, aber nur wenn du mir versprichst hier zu bleiben.
„Ich verspreche es.“ Anstatt mich wie erwartet los zu lassen legt er eine Hand auf meine
Wange, die Andere immer noch in meiner, und gibt mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Dann läuft er weg.
Jetzt wäre die perfekte Möglichkeit zu verschwinden, und für einen kurzen Moment, will ich auch weglaufen, aber ich habe es Oliver versprochen. Ich kann nicht weggehen. Statt wegzurennen, drehe ich mich um, und gehe einige Schritte ins Meer. Es ist das erste Mal, dass ich allen Grund habe wirklich glücklich zu sein, und ich bin es nicht. Das Meer ist so weit. So wundervoll. So unendlich. Es ist fast so wie meine Liebe zu Oliver.
Ich lege meine linke Hand an meine Kette. Mum hat sie mir geschenkt. Sie sagte, ich solle sie demjenigen schenken, den ich von ganzem Herzen liebe. Der Anhänger hat die Form eines Tulpenkopfes. Man kann es aufklappen. Dort stehen dann die Worte „Für meine wahre Liebe“.
Ich nehme die Kette ab, und mache den Verschluss wieder zu. Hinter mir höre ich eine Pfote in den Sand treten, und drehe mich um. Vor mir steht ein Wolf. Er ist braun, wie die Farbe von Olivers Haaren, und hat meerblaue Augen. Ich lächle ihn an und gehe einen Schritt auf ihn zu.
Oliver kommt nun zu mir gerannt. Einen Schritt vor mir bleibt er stehen. Ich lächle ihn an: „Du siehst toll aus.“ Nun kommt er auch den letzten Schritt auf mich zu, und guckt mir erwartungsvoll in die Augen. Ich weiß nicht genau, was ich tun soll, doch dann kommt mir eine Idee: „Oliver! Wir müssen nicht sprechen. Ich kann deine Gedanken lesen, und dich meine lesen lassen. Nur die, die du mir zeigen möchtest.“ Der Wolf nickt einmal kurz, und ich schließe die Augen. Es ist anstrengend Gedanken zu finden, aber jetzt fällt es mir ganz leicht. Sie klingen wie seine normale Stimme, und sie ist wundervoll.
Payton! Du hast gewartet!
Er klingt glücklich.
Ja. Ich muss dir später unbedingt etwas geben…
Ich denke an den Anhänger von Mum, und ihre Worte. Oliver lacht, dann denkt er: Das ist süß von deiner Mum.
Ich glaube eher, dass sie wissen möchte, wie ernst es mir mit jemandem ist, wenn ich jemanden mitbringe.
Dabei habe ich noch nie jemandem mitgebracht.
Ich habe so etwas in der Art auch bekommen. Ich werde es dir jetzt geben. Ich nehme dich mit.
. Er kniet sich hin, und denkt daran, wie er mich mitnimmt, also setzte ich mich auf seinen Rücken, und wir rennen los.
Wohin gehen wir?
Zu mir nach Hause.
Aber du wohnst doch im Schwarzwald, und wir sind hier an der Nordsee!
Egal.
Wieder lacht er. Er rennt jetzt noch schneller. So schnell wäre ich nicht, und es ist ein fantastisches Gefühl so schnell zu sein.
Weiß deine Familie, dass du ein Werwolf bist?
Ja. Es liegt mir im Blut. Mein Vater wurde von einem gebissen, und er dachte es ist hoffnungslos, nun noch weiterzuleben. Allerdings hat er drei Tage zuvor meine Mutter kennen gelernt, und es so geschafft, sich nicht seinem Instinkt hinzugeben, sondern auf dem Teppich zu bleiben, und ein normales Leben zu führen. Die einzigen Probleme gab es bei Vollmond. Es war meinem Vater zu gefährlich sich dann bei meiner Mutter aufzuhalten. Bei Vollmond, ging er also immer in den Wald, und versuchte sich nicht zu verwandeln.
Hat er es denn geschafft?
Nach einiger Zeit war es kein Problem mehr für ihn, sich nicht zu verwandeln. Als ich dann kam, war alles wie bei einer normalen Familie.
Oliver denkt an Teile aus seiner Kindheit. Sie war glücklich. Sein Vater und seine Mutter lieben ihn von ganzem Herzen.
Allerdings wurde schnell klar, dass ich die Gene eines Werwolfes übernommen habe. Ich musste lernen, mich nicht zu verwandeln, wenn meine Gefühle zu stark wurden. Wenn ich zu glücklich war, wurde ich zum Wolf, aber ich konnte mich immer beherrschen. Es war also eigentlich ganz leicht für mich. Ich musste nur lernen, mich nicht zu verwandeln.
Dann hast du ja noch Glück gehabt.
Stimmt, das habe ich, vor allem seitdem ich dich kenne.
Wieso seitdem wir uns kennen? So lange ist das jetzt doch auch noch nicht.
Ich muss lachen, und auch Oliver lacht. Zwar nur in Gedanken, denn er hat Angst, mir Angst zu machen, wenn er laut lachen würde, aber er lacht.
Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich sofort, dass du diejenige bist, die ich liebe. Diejenige, mit der ich mein Leben verbringen möchte. Deswegen muss ich dir jetzt auch etwas geben.
...Auf einmal unterbricht er sich selbst, dann fragt er im ernsten Ton:Riechst du das?
Ja, aber ich kann es nicht richtig einordnen… Es ist so, als wäre es etwas von allem.
Oliver nickt einmal.
Tag der Veröffentlichung: 27.12.2009
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