Cover

Jens G. Kunze

Lavia (3)
Das Eistal

Band drei der Sky´s Chroniken Saga


Fantasyroman

Originalausgabe


Copyright © by Jens G. Kunze




Wer die Wahrheit sucht, der läuft Gefahr zu finden,
was er nie wahr haben wollte.
(Aus dem Roman von Bernhard Hennen – Elfenlicht)


Hier ist etwas, es zwingt mich zu sich, lockt mich, aber ich will nicht. Es ist immer da wenn ich schlafe, flüstert in meinem Kopf, zeigt mir das Grauen und die Unendlichkeit des Schmerzes.



Auszug aus Xamoeds Tagebücher – Das Uralte Etwas



Du schläfst und wanderst umher,
versuchst mir zu entkommen
und kannst nicht mehr.
Lauf nur, Lauf so schnell du kannst,
ich bin dir auf den Fersen, ganz dicht, nur noch ein Weilchen,
dann habe ich dich.
Ich jage dich, scheuche dich,
du bist in meiner Welt,
versuchst der Dunkelheit zu entkommen.
Ich bin dicht hinter dir,
höre dich schnaufen.
Höre das süße Pochen deines Herzens,
höre das liebliche Rauschen deines Blutes
und rieche den betörenden Duft deiner Angst.
Da ist ein Licht, läufst darauf zu,
bist genau richtig, gleich habe ich dich. Du glaubst das Licht rettet dich,
führt dich raus aus meiner Welt,
weg von den Schrecken,
weg aus der Dunkelheit,
aber da täuscht du dich.
Ohne zögern trittst du hinein.
Das Licht blendet dich,
es ist heiß, es verbrennt dich.
Als Aschewolke rieselst du zu Boden,
du entkommst mir nicht,
denn ich bin die Dunkelheit
und das Licht.
Täusche die anderen,
betrüge dich selbst,
vergewaltige das Leben,
aber es gibt kein Entkommen,
ich kriege dich.


PROLOG



Wie durch einen Schleier bemerkten die beiden, das sie sich nicht mehr in diesen Eisigen, ineinander verästelten Gängen befanden, die einem Irrgarten glichen, der nur aus purem Eis zu bestehen schien.
Völlig unvorbereitet waren sie auf den Eingang zu dieser Höhle gestoßen, aber auch hier war es keineswegs besser, als draußen.
Jeder Millimeter war mit einer Armdicken Eisschicht bedeckt, so wie alles andere auch und ehe sie sich versahen, waren sie soweit in die Höhle vorgedrungen, daß sie den Ausgang nicht mehr fanden.
Irgendwo mußte diese Höhle eine Abzweigung gehabt haben, die sie übersehen hatten und so waren sie in dieses Labyrinth geraten, ohne die geringste Aussicht jemals wieder Lebend heraus zu kommen.
Schon lange spürte Xamoed seine Füße nicht mehr und es war ihm ein einziges Rätsel, wie er dennoch einen Fuß vor den anderen setzen konnte, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Eigentlich spürte er seinen Körper überhaupt nicht mehr, sogar das Kribbeln, welches davon zeugte, daß Teile seines Körpers einfroren, war nicht mehr vorhanden.
Er wußte nicht, was ihn dazu bewegte, immer noch einen Fuß vor den anderen zu setzen, er wußte nur, daß er immer noch ging, aber nicht warum, oder gar wohin.
Es war vollkommen egal ob sie noch einen Meter, hundert Meter oder tausend Meter weitergingen, sie konnten sich gleich hier und jetzt auf diesen Eisboden setzten und auf den Tod warten, der sie anscheinend bereits auf seiner Warteliste ganz weit oben hatte.
Xamoed war nicht einmal mehr in der Lage seinen Kopf zu heben, um zu sehen, wohin sie gingen, aber das war auch egal.
Sein Blick war getrübt und er hatte das Gefühl, als wenn er durch eine Eisscheibe blicken würde. Aller Wahrscheinlichkeit nach befand sich sogar eine Eisschicht auf seinen Pupillen. Da er dieses Gefühl hatte und nicht mehr richtig sehen konnte, bemerkte Xamoed auch viel zu spät, das Rocra vor ihm gestolpert und gestürzt war.
Xamoeds Fuß verfing sich in Rocras Armbeuge und brachte ihn ins Stolpern. Verzweifelt ruderte er mit den Armen, versuchte irgendwie das Gleichgewicht zu behalten, aber an den glatten Eiswänden und auf dem glatten Eisboden, gab es keinen Halt.
Es schien Xamoed, als wenn sich die Zeit plötzlich verlangsamen würde.
Seine Beine schossen unter ihm weg, so als wenn sie ein Eigenleben angenommen hätten und plötzlich losrannten, scheinbar in einer so langsamen art, der der Wirklichkeit nicht entsprach und er nichts dagegen tun konnte.
Auf einmal befand sich sein Körper, für den Bruchteil eines Augenblicks waagerecht in der Luft und schien dort hängen zu bleiben.
Durch eine schnelle Drehung, die er instinktiv gemacht hatte, - dabei hatte er gedacht, nicht einmal mehr Kraft zu haben überhaupt noch irgend etwas anderes zu tun, als vorwärts zu schlurfen, - vollführte sein Körper eine neunzig Grad Drehung und er schaute dem Boden, anstatt der Decke entgegen.
Auch schien der Eisboden langsam auf ihn zuzukommen, aber er wußte genau, daß der Aufprall sehr hart sein würde.


EINS



Eis, Eis, Eis. Soweit sie auch schauten, überall nur Eis. Vor ihnen nichts als Eis, hinter ihnen Eis, links und rechts neben ihnen, nichts als Eis. Seit Tagen wanderten sie schon durch diese tödliche Umgebung, in der nichts und niemand lebte, in der es eigentlich unmöglich war überhaupt zu Überleben und dennoch waren sie dort.
Sie hatten vor zehn Tagen den Einschnitt in der Ragnier Bulc Bergkette passiert, der großspurig als Paß bezeichnet wurde.
Der Einschnitt war gerade groß genug, das sich ein erwachsener Mensch hindurchzwängen konnte. Die Pferde hatten sie zurück lassen müssen, das war ein großer Fehler gewesen, aber nicht anders machbar. Der größte Fehler aber war gewesen, daß sie überhaupt hier her gekommen waren.
Sie würden hier Sterben, dessen war Xamoed sich ziemlich sicher. Es war schon beängstigend, als sie den Paß durchquert hatten und auf der anderen Seite wieder herausgekommen waren. Sie schienen in einer vollkommen anderen Welt zu sein.
Sicherlich befanden sie sich noch in der Ragnier Bulc Bergkette, aber hier war schon lange keiner mehr gewesen, wenn überhaupt jemals.
Keiner auf Lavia wußte, daß es dieses Tal gab, niemand hatte je die Bergkette überwunden und hatte Interesse gehabt, heraus zu finden was sich dahinter verbirgt. Oder aber es hatte jemand diese Tour gewagt und war nie wieder zurück gekehrt, daß war natürlich auch möglich und so würde es ihnen auch ergehen, wenn die Götter von Lavia nicht gnädig mit ihnen waren.
Schon kurz nach dem sie den Spalt passiert und ein paar Schritte in dieses verwunschene Land getan hatten, war der Spalt nicht mehr zusehen.
Vergeblich hatten sie ihn zwei Tage lang gesucht, aber der Spalt war verschwunden.
Rocra hatte schließlich das Argument gebracht, da sie nun schon einmal hier seien, könnten sie auch das Land Inspizieren, vielleicht gab es ja irgendwo einen anderen Weg hier raus.
Das war vor acht Tagen, seit dieser Zeit gingen sie nun schon unaufhörlich immer Richtung Norden, immer tiefer in dieses Eiskalte tödliche Land hinein.
Hier gab es keine Bäume oder Sträucher, mit denen sie ein Feuer hätten machen können. Es gab keine Höhlen oder etwas Ähnliches in diesem Teil des Gebirges, das sie als Unterschlupf hätten verwenden können und überall, egal wie tief eine Spalte war, oder wie hoch ein Felsen, überall war eine Armdicke Eisschicht vorhanden.
Das Eis selbst wäre nicht das Problem gewesen, es war diese unerbittliche, alles durchdringende Eisige Kälte und der fast schon Sturmartige Wind, der die Temperaturen schier unerträglich machte. Xamoed hatte das Gefühl, daß er selbst schon zu Eis geworden war.
Seit fünf Tagen redeten Rocra und er kein Wort mehr miteinander, sie hatten einfach nicht mehr die Kraft dazu. Ihre Reserven waren erschöpft, ihre Nahrung neigte sich rapide dem Ende. Sie hatten Erfrierungen an Händen, Füßen und im Gesicht und nur aus einer reinen Mechanik heraus, so als wenn ihre Beine einen eigenen Willen hätten, stapften sie nur noch mühsam vorwärts.
Wenn sie jetzt eine Pause machen würden, sie würden vermutlich Einschlafen und erfrieren, aber vielleicht war das ja sogar besser, als sich weiter durch diese Eislandschaft zu quälen, mit Hoffnungen, die doch nicht eintreten würden.
Aber dennoch setzten sie immer weiter einen Fuß vor den anderen und Xamoed, der tief in Gedanken versunken war, stieß gegen seinen Freund, als dieser einfach stehen blieb.
Xamoed hatte nicht mehr die Kraft um sich zu Entschuldigen, oder zu Fragen warum Rocra stehen geblieben war und Rocra hatte nicht mehr die Kraft es ihm zu sagen. Statt dessen deutete er mit ausgestreckter Hand und seinem Zeigefinger, der schon ziemlich Blau angelaufen und so wie es aussah auch gefroren war, auf eine Stelle, die rechts unter ihnen lag.
Zuerst wußte Xamoed nicht was Rocra meinte, aber dann sah er es. Die Eisigen Felsformationen hatten sich geändert.
Hier waren keine Felsformationen zu sehen, statt dessen hatten diese Formationen Rechtwinklige Seiten. Es sah so aus, als würde es sich hierbei um Häuser handeln und zwischen den Häusern zeichneten sich quer- und Längslinien ab, dies mochten wohl einmal Straßen gewesen sein.
Aber nirgendwo zeichnete sich auch nur ein Hauch von Leben ab, denn auch das Dorf unter ihnen war mit dieser unsäglichen Armdicken Eisschicht überzogen.
Sie waren eigentlich schon seit zehn Tagen in diesem Eistal, aber erst jetzt wurde das wahr, was sie über dieses Tal gelesen und gehört hatten-, war das erst gut zwei Monate her?
Xamoed erschien es so, als wären Jahrhunderte vergangen.
Sie hätten sich damals nie träumen lassen, daß sich dieses Eistal einmal als ihr Grabtal entpuppen würde, dabei fing alles so vielversprechend an.


ZWEI



Xamoed wollte sich am Nachmittag mit Rocra in der Bibliothek von Haus Skys treffen, da er der Meinung war, etwas gefunden zu haben, das seinen Freund interessieren könnte.
Es war jetzt gute fünf Sommer her, daß Lady Diara, Efacsen für immer in die ewige Dunkelheit geschleudert hatte. Obwohl Efacsen, nach seiner Auferstehung, nicht mehr als zwei Monate gewütet hat, hatte er doch mehr Unheil angerichtet, als er damals, vor eintausend Sommer, in fast neun grausamen Sommern der Dunkelheit angerichtet hatte.
Über die Hälfte der Städte auf Lavia waren nur noch Geisterstädte. Ihre Bewohner waren von Efacsen und seinen dunklen Kreaturen vernichtet, oder irgendwo hingeschleppt worden, wo sie sicherlich jetzt große Leiden hatten.
Die Städte selbst standen zwar noch, aber sie waren leer, ohne Leben und das war etwas, daß unheimlicher war, als wenn es nur Ruinen gewesen wären.
Der Schrecken bei den Überlebenden saß sehr tief und es dauerte lange, bis die Menschen nicht mehr zusammenzuckten, sobald sie ein kleines Geräusch hörten.
Es waren viele versprengte Gruppen gewesen, die aus ihren Häusern und ihrer Heimat geflohen waren, die aber alle irgendwie von Haus Skys angezogen wurden und sich in dessen unmittelbaren Nähe niederließen.
Haus Skys und die nähere Umgebung, war bald wieder erfüllt von Lärm und den Geräuschen des Täglichen Lebens, aber es dauerte wiederum lange, bis auch das Lachen wieder Einzug in das Leben der Menschen fand.
Lady Diara hatte Xamoed, kurz nachdem Efacsen vernichtet worden war, zu ihrem Mann genommen und vor drei Sommer, wurde Lady Diaras Nachfolger geboren, ein Junge und sein Name war Ritilsi, Ritilsi Skys.
Auch Rocra und Ellov hatten geheiratet, aber wie bei Sir Oontz und Ixa, wollte sich bei ihnen kein Nachkomme einstellen, aber davon ließen sie sich nicht das Leben verderben.
Rocra und Xamoed hatten viel Zeit im Haus Skys verbracht, daß nicht ein bißchen unter der Herrschaft von Efacsen gelitten hatte.
Nur die Skys Gärten und der weiße Palmenhain waren zerstört worden, verwüstet und verdorrt und es würde sehr lange und sehr viel mühevoller Kleinarbeit bedürfen, diese Gärten wieder herzustellen. Von dem weißen Palmenhain konnte nur ein einziges Blatt gerettet werden, aus dem nun die Gärtner versuchten eine neue Palme zu züchten, um den Grundstock für einen neuen Palmenhain zu legen.
Viel Zeit hatten die beiden in der Bibliothek des Hauses verbracht, obwohl Efacsen dort vernichtet worden war, waren die gesamten Bücher noch vorhanden und wie sie wußten, stand in einem dieser Bücher, die Legende von Lady Diara und vielleicht würden sie ja noch auf weitere Legenden stoßen, denen man nachgehen könnte.
Die beiden sehnten sich danach, wieder in ihren Sattel zu steigen und etwas zu erleben. Die Reise, die sie mit Lady Diara und Sir Oontz unternommen hatten, hatte ihr Abenteuerherz gepackt und wollte es nun nicht mehr loslassen.
Und jetzt hatte Xamoed in einem dieser Bücher wieder so etwas wie eine Legende gefunden und mit Sicherheit war dies etwas, womit sie ihr Fernweh begründen konnten.
Es würde sicher nicht so einfach werden, ihre Frauen davon zu Überzeugen, dieser Sache auf den Grund zu gehen, aber andererseits wußten ihre Frauen genau wie es in ihnen aussah, aber Xamoed drängte diese Überlegungen weit von sich, die wollte er erst anstellen, wenn es denn tatsächlich soweit kommen sollte.
Er war wieder in dem Buch vertieft, als Rocra endlich die Bibliothek betrat.
„Na, mein Freund, alles klar bei dir? Also, was hast du so Interessantes gefunden?“ Begrüßte Rocra seinen Freund, aber dieser Antwortete nicht, sondern reichte ihm nur das Buch, deutete auf eine Stelle darin und forderte ihn auf, dies zu Lesen.
„Ich habe keine Lust zu lesen. Warum erzählst du es mir nicht einfach?“ Verlangte Rocra und schaute sich das Buch an. Heute hatte er keinen guten Tag gehabt. Er hatte schlecht geschlafen, hatte eine böse Meinungsverschiedenheit mit Ellov gehabt, hatte sich im Stall mit zwei Knechten angelegt, weil er ihnen vorschreiben wollte, wie sie die Pferde zu versorgen hatten und wurde von Sir Oontz schließlich dazu verdonnert, sich bis auf weiteres nicht mehr im Stall einzufinden. Und jetzt sollte er sich auch noch hinsetzen und ein Buch lesen, das war nun wirklich nicht das, was er jetzt auch noch brauchte.
„Ließ es einfach, sonst glaubst es doch nicht und vielleicht kommst du ja von selbst auf die Idee, welche ich gehabt habe.“ Meinte Xamoed und grinste seinen Freund an.
Rocra schaute ihn nachdenklich an und zuckte schließlich mit den Schultern. Da war ein glitzern in den Augen Xamoeds, daß Rocra sagte, daß es hier tatsächlich um etwas ging, daß wichtig zu sein schien.
Er setzte sich, legte das Buch auf den Tisch und begann zu lesen. Zuerst nur langsam und widerwillig, aber je mehr er las, desto schneller und begeisterter las er das, was Xamoed gemeint hatte.
Es war nur ein kurzer Absatz in dem Buch, aber dieser Absatz hatte das in Rocra geweckt, was auch in Xamoed geweckt worden war und er schaute seinen langjährigen Freund mit strahlenden Augen an.
„Wenn ich dein Gesicht so ansehe, dann denke ich, daß du jetzt dasselbe denkst, wie ich.“ Vermutete Xamoed und Rocra nickte.
„Es ist ziemlich vage, was hier steht. Mehr hast du nicht herausgefunden?“ Wollte Rocra wissen, aber diesmal schüttelte Xamoed seinen Kopf.
„Nein, in den Büchern steht leider nichts mehr. Aber ich kenne da ein paar alte Leute, die viele Legenden kennen und gehört haben, vielleicht können die uns weiterhelfen.“
„Warum nicht, ein Versuch ist es wert. Viele Legenden haben irgendwo einen wahren Kern, wie wir ja selbst in Erfahrung gebracht haben.“ Meinte Rocra und las erneut die Stelle in dem Buch, die Xamoed so begeistert hatte.
„Das ist wohl wahr. Gleich morgen früh machen wir uns auf den Weg und suchen diese alten Leute. Mal sehen, was sie uns noch alles berichten können.“ Damit stand Xamoed auf und wandte sich dem Ausgang zu.
Im ersten Moment hatte Rocra gar nicht zugehört, was Xamoed gesagt hatte, da er sich bereits wieder mit dem Buch befaßte, aber kurz bevor Xamoed die Bibliothek verließ, reagierte Rocras Verstand, zwar spät, aber er Registrierte die Worte.
„Warte. Wieso bis morgen warten? Es ist noch früh am Tage und es wird noch eine ganze weile hell bleiben, warum also nicht heute schon ein paar dieser alten Leute aufsuchen?“
„Theoretisch hast du ja recht, aber ich habe noch ein paar dringende Dinge zu erledigen und die können nicht bis morgen warten. Aber gleich nach dem Frühstück können wir los.“ Versprach Xamoed und verließ die Bibliothek, ohne auf einen weiteren Einwand seines Freundes zu warten.
Rocra nickte nur und starrte gedankenverloren die geschlossene Tür an.
Er war jetzt schon in Gedanken bei der Vorbereitung auf ihre Reise und das Abenteuer, daß sie erwarten würde.
Nichts sehnlicher wünschte er sich, als endlich hier wieder heraus zu kommen. Für eine Weile war es ja ganz nett im Hause Skys zu leben, es war auch groß genug, aber dennoch fiel ihm schon seit einiger Zeit die Decke auf den Kopf und das Gefühl in einem Gefängnis zu sitzen, schien von Tag zu Tag übermächtiger zu werden.
Sicherlich konnte er hingehen, wo immer er auch hin wollte, aber mit der Eheschließung von Ellov, hatte er auch einige Pflichten übernommen, die Lady Diara ihm übertragen hatte.
Am Anfang war er hellauf begeistert gewesen. Eine schöne Frau, ein Haus, das zwar nicht ihm gehörte, aber dennoch lebte er hier und es war ein Prachtvolles Haus.
Eigentlich ein Schloß, aber ihm machte der Unterschied nicht viel aus, ob nun Haus oder Schloß, tolle Gewänder, die seiner Position angemessen waren, Verantwortung und er genoß auch das Vertrauen von Lady Diara und Sir Oontz.
Sir Oontz war eigentlich der wirkliche Herrscher über Nevaeh, aber er hielt sich im Hintergrund, so wie er es auch schon all die Sommer vorher getan hatte. Aber sein Wort galt und wenn man sein Vertrauen genoß, dann konnte man schon viel machen, ohne ständig über die Schulter zu schauen, ob jemand neben einem stand und einem auf die Finger starrte.
Aber er hatte es sich alles viel Aufregender vorgestellt und die Wirklichkeit hatte ihn schneller eingeholt, als ihm lieb gewesen war und schon nach kurzer Zeit hatte er angefangen, sich zu langweilen.
Er sehnte sich nach seinem alten Leben zurück, nach den Wäldern, in denen er immer Jagen gewesen war, nach dem Duft der Bäume, nach dem Wind, wenn er wehte und die Felder und Wiesen in Bewegung brachte, eben nach dem wirklichen Leben.
Das was er hier hatte, daß war nicht sein wirkliches Leben, daß war sein Gefängnis und er wollte endlich aus diesem Gefängnis ausbrechen, endlich wieder Leben und frei sein und er wußte, das Xamoed ebenso dachte.
Die Aufgabe als Ehemann von Lady Diara war nicht sehr schwierig und eigentlich hatte Xamoed noch weniger zu tun, als Rocra. Im Prinzip hatte er nichts weiter zu tun, als sich immer in ihrer Nähe aufzuhalten und auch für Xamoed war es am Anfang ein angenehmes Leben, aber auch er war ein Mann der Natur, auch er war Jäger und sehnte sich nach den selben Dingen, nach denen Rocra sich sehnte.
Ihre Frauen würden sie verstehen, wenn sie sich auf den Weg machten, um ihrem neuen Abenteuer auf die Spur zu kommen und wenn nicht, dann würde es einen kleinen Streit geben.
Und wenn schon, die Frauen würden sich schon wieder beruhigen und was war schon ein Streit, wenn man endlich wieder das Leben spüren konnte.
Rocra wußte, daß Sir Oontz sie nicht begleiten würde. Er hatte mehr als genug hier zu tun und auch in den umliegenden Ortschaften, da hatte er keine Zeit und auch keine Muße mehr, irgendwelchen Abenteuern entgegen zu reiten.
Aber das war Rocra auch ganz recht so. Er mochte Sir Oontz zwar und sie waren auch Freunde geworden, aber bei weitem nicht solche Freunde, wie er es sich vor einiger Zeit einmal gewünscht hatte und in letzter Zeit war Sir Oontz auch recht Nervig geworden.
Ständig hatte er etwas an dem auszusetzen, was Rocra gerade tat, oder anordnete und schon mehr als einmal waren sie sich in die Haare geraten, allerdings mehr mit Worten, als körperlich.
Aber dennoch hatte Sir Oontz bei ihm viel Ansehen verloren und er konnte es nicht mehr erwarten, das der nächste Morgen anbrach und sie sich zu den alten Leuten begeben konnten, die vielleicht nähere Informationen zu ihrem nächsten Ziel haben würden.
Eigentlich stand nicht viel in diesem Buch, nur das es einer Legende nach, ein Tal geben sollte, das irgendwo im Norden Lavias lag und von den Göttern verflucht sein sollte.


DREI



Die alten Menschen, die Xamoed und Rocra aufgesucht haben, kannten viele Legenden und alte Sagen, aber niemand hatte je von solch einem Tal gehört, mit einer Ausnahme.
Es gab eine Frau, die fast genauso alt war wie Lavia selbst.
Die ehemalige Göttin Munital Seiherie, Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit. Auf Lavia selbst eher bekannt als die Wahrsagerin Esröp. Sie kannte dieses Tal und wußte was es mit diesem kleinen Eintrag in der Bibliothek auf sich hatte, aber sie wollte nicht so recht mit der Sprache herausrücken.
Sie hatte etwas davon gemurmelt, daß es sich um eine längst vergessene Zeit handeln sollte, in der dieses Tal sein Schicksal herausgefordert hatte, aber mehr hatten Rocra und Xamoed am Anfang nicht aus ihr heraus bekommen.
Sie hatten Esröp fast täglich in den Ohren gelegen, immer und immer wieder hatten sie sie nach dem Eistal gefragt und es hatte fast einen Sommer gedauert, bis Esröp endlich etwas über dieses Tal erzählte.
Lange, bevor auf diesem Teil Lavias, auf dem sie sich jetzt befanden, Leben entstanden war, gab es Leben auf zwei anderen Teilen Lavias.
Auf den beiden Teilen Lavias gab es Menschen, die technisch sehr weit fortgeschritten waren, viel weiter, als Rocra und Xamoed es sich vorstellen konnten.
Diese Menschen bauten Schiffe aus Stahl und bestellten ihr Land mit sehr Modernen Werkzeugen, aber irgendwann war eine Zeit angebrochen, in der ihr Land zu klein und unfruchtbar geworden war.
Keiner dieser Gruppen wußte von dem anderen, sie hatten sich nie gesehen und bei dem einen war es genau so wie bei dem anderen.
Die Anführer dieser Gruppen faßten nun den Entschluß, große Schiffe zu bauen und damit über die großen Meere zu Segeln, um nach neuem Land Ausschau zu halten.
Beide wußten daß sie sich beeilen mußten, denn viele ihrer Landsleute starben bereits an Ermangelung von Essen und Gesundheit.
Es ergab sich nun, daß beide Gruppen fast gleichzeitig diesen Teil Lavias entdeckten, der eine im Norden, der andere im Süden.
Zu dieser Zeit gab es hier noch keine Menschen, nur üppige und sehr Fruchtbare Natur. Beide dieser Gruppen waren sehr groß, was die Anzahl an Menschen anging, aber es dauerte viele Sommer, bevor der eine von dem anderen Erfuhr.
Nachdem das Land nun entdeckt worden war, begannen die ersten damit einige Behausungen zu bauen, während die anderen zurücksegelten, um die nächsten ihres Volkes zu holen.
Es waren viele große Schiffe gebaut worden, um all diese Menschen in ihr neues Land zu bringen und jede dieser Gruppe segelte ständig an dem anderen vorbei, ohne das dieser auch nur einen Zipfel eines Segels des anderen erahnte.
Sie hatten viele große Heiler und noch viel größere Zauberer.
Diese Zauberer waren viel mächtiger, viel stärker als die heutigen Zauberer. Die Macht der damaligen Zauberer erschreckte Esröp und sie rief die Götter Lavias um Hilfe, denn die Zauberer hatten Macht, die der eines Gottes gleichkam.
Am Anfang taten die Götter nichts und schauten nur zu, denn viel mehr als mit Zauberkraft Wälder zu roden, Land zu bestellen, zu Heilen und gelegentlich Leben zu erschaffen, taten diese Zauberer nicht, egal auf welcher Seite und erst als diese beiden Gruppen eines Tages aufeinander trafen, wurde klar, wie groß die Macht dieser Zauberer wirklich war.
Millionen und aber Millionen Menschen lebten damals in gewaltigen Städten, auf beiden Seiten und auch hier wurde das Land wieder zu klein und beide Seiten weiteten sich aus.
Von Anfang an war es ein erbitterter Kampf um das Land, das beide so sehr brauchten um Überleben zu können.
Es wurden Schlachten geführt und viele Millionen Menschen starben, bis nur noch wenige übrig waren und im Grunde für diese wenigen Menschen wieder genug Land zur Verfügung stand. Aber beide Seiten wollten den jeweils anderen vernichten, um Lavia für sich alleine zu beanspruchen.
Die Menschen im Norden hatten sich in ein Tal zurückgezogen, daß hinter einem kleinen Bergkamm lag.
Damals gab es die Ragnier Bulc Bergkette noch nicht, sie entstand erst, als die Zauberer ihre Macht entfalteten und diese Bergkette aus dem Boden Lavias heraufbeschworen.
Es war ein Schutzwall, der nur sehr schwer überwunden werden konnte und auch nur an einer einzigen Stelle. Und von diesem Tal aus erdachten sich die Zauberer des Nordens einen Plan, um die Gegenseite vollends auszulöschen.
Zuerst erschufen sie Wesen der absonderlichsten Art, die unglaublich groß, gefährlich und ohne Gnade waren und alles töteten, was sich ihnen in den Weg stellte.
Bald sah Lavia alles andere als fruchtbar aus, es war nur noch eine dunkle verbrannte und verwüstete Masse, das einmal sehr furchtbares Land gewesen war.
Aber diese Kreaturen wurden von den Gegnerischen Zauberern immer wieder besiegt und die Zauberer im Norden taten sich zusammen, um eine Ultimative Waffe zu entwickeln.
Die Götter schauten zu, wie diese Waffe entwickelt wurde und sie sahen daß es eine verheerende Magische Waffe war, die alles in einem unglaublichen Feuer vernichtete und nichts als geschmolzenes Erdreich zurück ließ.
Es fiel den Zauberern schwer, diese Kräfte unter Kontrolle zu halten und die Götter erkannten, daß diese Zauberer auch vor ihnen nicht halt machen würden, wenn sie mit dieser Waffe erst einmal Erfolg hatten und umzugehen wußten.
Die Götter traten mit den Zauberern in Verbindung, sie warnten sie vor dem was die Zauberer geschaffen hatten und das sie diese Waffe niemals einsetzen durften, wenn sie sich nicht den Zorn der Götter zuziehen wollten.
Aber die Zauberer waren zu überheblich geworden, zu sehr von sich und dieser verheerenden Kraft überzeugt, daß sie sich nicht darum scherten, was die Götter sagten.
Sie vernichteten mit eben dieser Waffe ihre Gegner und ließen niemanden am Leben und dort, wo sich einmal der Rest der Menschen befunden hatte, die im Süden lebten, gab es nichts weiter als totes, zu Glas geschmolzenes Land.
Und dann machten diese Zauberer einen Fehler, als sie sich tatsächlich mit den Göttern stritten und weder einsehen wollten das sie falsch gehandelt hatten, noch das sie eine Strafe für ihr tun annehmen wollten und wollten dann diese Waffe gegen die Götter richten.
Und dann setzten die Götter ihre Mächte ein.
Innerhalb weniger Stunden verwandelten sie das Tal in eine Eiswüste und begruben alles darunter, was lebte. Sie sorgten dafür, daß dieses Tal niemals aus diesem Eis befreit werden konnte, weder von Menschenhand, noch von irgendeiner anderen Hand.
„Ein paar Menschen, die sich nicht in dem Tal, oder auf der anderen Seite befunden hatten, als die Zauberer und die Götter ihre Macht einsetzten, haben Überlebt und hatten aus diesem ganzen Grauen eine Lehre gezogen und erschufen das Lavia, daß ihr jetzt kennt“. Hatte Esröp mit ihrer Geschichte geendet und Rocra und Xamoed wußten nun, was es mit diesem Eistal auf sich hatte.
Es hörte sich nicht gut an, es hörte sich gefährlich an, aber ihre Abenteuerlust hatte alle Einwände beiseite geschoben und bereits ein Monat später hatten sie sich auf den Weg gemacht.


Kapitel 4 bis ?? folgt in kurze!


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.07.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Lars!

Nächste Seite
Seite 1 /