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Sturmtänzer



in atemloser stille verharrt der raum im dunkeln und die schwarze dunkle nacht, gebietet über meinen schlaf- ohne traum.

müde, schlaff, erschöpft, erwache ich, an einen traum erinnere ich mich nicht. für einen moment ist mein kopf leer, wohltuend und frei, doch mein blick fällt auf den wecker und wie klebriger kleckernder honig tropfen die gedanken langsam in mein hirn.
das denken setzt ein, ich würde jetzt sogerne schreien. stöhnend erhebe ich mich von dem zerwühlten bett, dessen laken als klumpen am fußende liegt und die decke und kissen- egal.
schlürfend schleich ich mich ins bad, gebeugt und denkend. die gedanken ergeben keinen sinn, ein faden erwische ich, aber verliere ihn und die gedanken beginnen sich zu drehen. wie eine dunkle gewitterfront türmen sich all die gedanken auf, ergeben keinen sinn, beginnen sich zu drehen.
ich schaue in den spiegel und frage mich wer der kerl mit den tiefen furchen in dem gesicht und den eingefallenen augen wohl sein muss. hatte ich besuch? Aber mir wird klar, das ich das bin. älter als ich bin, verbraucht, kaputt, erschöpft und ausgelaugt durch das denken und den strapazen der letzten zeit.

gedanken- da sind sie, immer mehr vereinen sich mit der gewitterfront, schwellen langsam stück für stück an. das wird diesmal mehr als ein gewitter, das wird ein tsunami. mir wird klar, das diese langsam sich stetig wachsende wolke, mich einfach hinwegfegen wird, wenn sie ausbricht und den sturm über mich bringt- aber ich kann nix dagegen tun.

hilflos schaue ich in den spiegel, trostlose augen schauen mich an, und die gewissheit das der sturm nicht aufgehalten werden kann. absolute gewissheit durchströmt mich, heute erliege ich der wolke. auch diese gedanken gesellen sich zu dem schwarzen ding das immer mehr wächst und wächst.
Langsam beginnt es sich zu drehen, einem wirbelsturm gleich und zieht so immer mehr gedanken in sich auf, gedanken die ich nicht fassen kann, die keinen sinn ergeben, die alles beinhalten was mich umgibt in meinem leben und doch werd ich mich dem sturm ergeben.

der sturm nimmt zu, mein kopf dröhnt und langsam schlurfe ich zurück. der versuch mich anzuziehen erliegt auf halben weg. die jogginghose schlabbert mir um die beine, das denken wird schwieriger, obwohl ich gar nicht denke, aber der sturmt zieht alles zu sich. das gewaltige schwarze wirbelnde ding da saugt alles aus mir raus- sogar mein lebensmut löst sich auf.
ich ergebe mich dem sturm, erwarte seine zerstörerische kraft, warte darauf das er alles von mir einsaugt, mich in sich aufnimmt, mich nicht mehr denken lässt.

„tanze.“ langsam drehe ich mich um und wie zuvor im bad frage ich mich ob ich gäste habe, aber da ist keiner, niemand der hätte sprechen können. ich bin allein und diese tatsache saust in mir herum wie ein karussel, immer schneller und schneller, verwirrt mich und vereint sich mit dem schwarzen sturm.
wieder höre ich eine stimme, ganz leise, aber vemutlich schreit die stimme und ich höre es kaum weil das gewaltige dröhnen des sturms fast alles übertönt.

„tanze den tanz des lebens.“ tanz des lebens? leben? was ist leben? ich kenne die stimme, aber in meiner lethargischen selbstverachtung kann ich sie nicht zuordnen, ist auch egal und schon dröhnt diese schwarze alles vernichtende sturmwand in mir auf und kommt näher an meinen verstand. verstand... ein strapazierter, übermüdeter und vollkommen überlasteter verstand der sich der sturmwand mit freuden hingeben will. aber diese stimme hat anscheinend was dagegen.

„du hast das leben gekostet, du kennst die glückseeligkeit, das wohlgefühl, die freude und den spaß am leben. erinnere dich daran.“
erinnern... noch mehr das die sturmwand an nahrung in sich aufnimmt, noch mehr erinnerungen, noch mehr denken, noch mehr schwarz.
„erinnere dich an das leben, tanz den tanz des lebens.“ immer und immer wieder rief mir diese stimme das zu, tanz den tanz des lebens, aber was zum geier soll der tanz des lebens sein?
plötzlich spüre ich wie meine füße ganz leicht zu wippen beginnen, der rhytmus ist recht einfach und langsam- der rhytmus meines herzens. fasziniert schaue ich auf meine füße und plötzlich klappen meine hände auf meinen oberschenkeln den selben rhytmus. ist das der rhytmus des lebens, der beginn für den tanz?
ich will das die schwarze alles verzehrende wolke endlich über mich kommt, ein ende macht und mich erlöst, aber dieser rhytmus fasziniert mich und ich konzentriere mich darauf.

„tanz.“ ruft mir die stimme wieder zu und meine beine beginnen sich zu bewegen, ganz leicht nur aber der rhytmus hat was. stück für stück beginnt sich mein körper langsam in dem rhytmus zu bewegen, den mein herz vorgibt.

„tanz den tanz des lebens.“ und schon bewegt sich mein körper schneller, nicht nur der rhytmus meines herzens ist jetzt da, sondern noch was anderes, nur was, das weiß ich nicht zu deuten, aber es fühlt sich gut an.

„tanz für mich den tanz... TANZ.“ und plötzlich beginne ich zu tanzen. es läuft keine musik, aber ich spüre einen rhytmus dem ich nicht wiederstehen kann... und er ist stärker als die anziehung der schwarzen sich zu einem tsunami entwickelnden, alles verschlingenden und wild rotierenden sturmwand.

immer wieder höre ich das eine wort, immer schneller, immer lauter und ich bewege mich immer schneller in meinem tanz des lebens. ich spüre mein leben und plötzlich will ich das die vernichtende sturmwand weg ist.

„tanze den sturm.“ was soll das nun wieder heißen? kann die stimme sich auch mal entscheiden? erst den tanz des lebens, nun den sturm tanzen... oh, ich verstehe.
ich tanze meinen tanz des lebens und öffne mich dem sturm. ich spüre wie der tsunami über mich kommt mit all dem übel, ungeklärtem und anderen mist, den er aus mir herausgesogen hat.
aber ich tanze immer schneller, wirke mit meinem tanz des lebens dem sturm entgegen, lasse nicht zu das er mich verschlingt.
ich bin der sturmtänzer und langsam schwächt der sturm ab. auch mein tanz des lebens neigt sich dem ende entgegen, ich tanze den tanz des lebens, gegen meinen inneren sturm von müde sein des lebens.
ich bin der sturmtänzer und tanze meinen tanz des lebens.

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Texte: (c) Blitzbild von Jan Sevcik (von mir bearbeitet)
Tag der Veröffentlichung: 29.06.2009

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