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Jens G. Kunze


Lavia
Entscheidung


Band zwei der Sky´s Chroniken Saga


Fantasyroman

Originalausgabe




Copyright © by Jens G. Kunze


Prolog



Esröp schien die Rage, die Sir Oontz auf der Zunge lag, in seinem Augen zu lesen, denn sie schüttelte den Kopf.
„Ich habe keine Ahnung, was das hier alles zu bedeuten hat. Ich habe die fünf nie in dieser Gestalt kennengelernt, ich weiß nur, daß sie als der Holzfäller erschienen sind, der Lady Diaras Mutter geschwängert hat und ich kenne sie in der Form, in der sie sich hier aufhalten. Ich weiß nicht, wer sie noch alles sein sollen und ich bin genauso Überrascht, wie ihr, daß könnt ihr mir glauben.“ versuchte Esröp zu erklären und irgendwie glaubte Sir Oontz ihr diesmal.
Irgendwie schien ihre Überraschung zu echt zu sein, als das sie gespielt sein konnte, aber dennoch blieb ein kleiner Rest an Zweifel übrig, aber dann nickte er und wandte sich an Xamoed, der sich immer noch um Lady Diara kümmerte.
„Wie geht es ihr?“
„Sie scheint immer noch ohnmächtig zu sein. Aber sie atmet ruhig und ihr Puls ist stark und gleichmäßig. Ich glaube, sie müßte gleich wieder aufwachen.“ gab Xamoed eine Erklärung ab und Sir Oontz nickte. Er drehte sich etwas nach links und schaute auf Ellov hinab, die ebenfalls immer noch ohnmächtig war und er fragte sich, wieso sie in Ohnmacht gefallen war, aber dennoch fragte er Rocra, wie es ihr ging.
Rocra gab ihm die gleiche Auskunft, wie zuvor Xamoed und auch diesmal nickte Sir Oontz und gemeinsam mit den anderen, wartete er darauf, daß die beiden Frauen wieder aus ihrer Ohnmacht erwachten.
Was für ein Schock mußte es für Lady Diara gewesen sein, den Mann plötzlich wieder vor sich zu sehen, den sie mit Leib und Seele liebte und der seit zwei Sommer tot sein sollte.
Sie hatte auf dieser Reise damit begonnen, ihn zu vergessen, obwohl das wohl kaum möglich sein würde, aber ihn dennoch soweit in ihren Erinnerungen freigelassen, daß sie sich nicht mehr an ihn klammerte und sich einem anderen Mann zuwenden konnte, wenn auch nur sehr zaghaft, aber dennoch.
Aber auch für Sir Oontz selbst war es ein großer Schock. Er hatte diesen Mann ebenso sehr geliebt, wie Lady Diara, wenn auch nicht körperlich, dann aber doch mit seiner Seele, in der er den meisten Platz beanspruchte. Sie waren zwar keine Brüder, jedenfalls keine leiblichen, aber dennoch waren sie mehr als das. Sie hatten ihr Blut getauscht und hatten sich zu Blutsbrüdern gemacht, hatten fast den ganzen Tag miteinander verbracht, waren Freunde und auch hier wieder mehr als nur das. Irgendwie gehörten sie zusammen, aber irgendwie auch wieder nicht. Ritilsi Sky´s war all das, was er nie gehabt hatte, ein Bruder, ein Freund und eine Person die er lieben und der er blind vertrauen konnte, hatte Sir Oontz jedenfalls bisher geglaubt, aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
Diese Gefühle waren zwar noch da, aber lange nicht mehr so Intensiv, wie bisher und das lag nicht nur an dem tot des Mannes - an den angeblichen tot.
Diesen Mann als Geist vor sich zu sehen, daß war schon ein Schock gewesen und jetzt diesen Mann leibhaftig und lebendig wieder zu begegnen, daß war mehr als nur ein Schock, aber auch die Erkenntnis, daß die fünf wieder nur ein Spiel gespielt hatten, zumindest liefen seine Überlegungen darauf hinaus, war alles andere als angenehm.
Letztendlich war da auch das Gefühl betrogen worden zu sein, benutzt worden zu sein, für ein Spiel, das er niemals gewinnen konnte.


Eins

Sie sind tot und dennoch leben sie. Sie sind um mich rum. Starren mich an. Die anderen sind nicht mehr da, niedergemacht von diesen Kreaturen. Die Toten, sie leben und wollen, daß die lebenden tot sind, oder ist es jemand anderer, der uns tot sehen will?


Lady Diara Sky´s - Auszug aus Sky´s Chroniken
Reisetagebuch 2. Tag.




Der Morgen dämmerte bereits, als zwei Dinge gleichzeitig geschahen und allen ihr bestes abverlangte.
Mit einemmal schrie Lady Diara laut auf, richtete sich auf und tastete mit den Händen in der Luft herum.
Sir Oontz war mit einem Satz auf den Beinen und bei Lady Diara, sofort erkannte er, daß sie eine Vision hatte und sprach sie an.
„Lady Diara, ich bin es, Sir Oontz. Beruhigt euch, ihr habt eine Vision.“ murmelte er und berührte Lady Diara an der Schulter, aber Lady Diara schrie erschrocken auf und schlug nach ihm.
Ihre Hand berührte nur ganz leicht seine nackte Brust, aber diese Berührung reichte aus, um ihn vor Schmerz aufschreien zu lassen. Es war nichts zu sehen, aber Sir Oontz verspürte einen Schmerz, als ob sie ihm mit einem Messer die Haut aufgeschlitzt hätte.
Sofort war ihm klar, daß dies wieder ein Teil ihrer geheimnisvollen Kräfte war und er trat schnell einen Schritt zurück.
Jetzt waren alle wach und hatten sich um Lady Diara versammelt. Wenn dies nicht eine solch ernste Situation gewesen wäre, dann hätte er wohl amüsiert gegrinst, bei dem Anblick der verschlafenen Gesichter, aber jetzt war Sir Oontz überhaupt nicht zum Lachen.
„Ixa und Ellov, ihr packt sofort alle Sachen zusammen und zwar schnell. Artep und Raunaj, ihr Sattelt die Pferde, Rocra, du bleibst in der Nähe von Lady Diara, aber fas sie nicht an, ich erklär es dir später und Xamoed, du kommst mit mir.“ gab Sir Oontz plötzlich Befehle, die keiner der anderen so richtig verstand und ihn etwas verwirrt ansahen.
„Na los, bewegt euch. Ich hab da draußen was gesehen, was mir nicht gefällt, los jetzt.“ und mit einemmal war das kleine Lager in hektischer Betriebsamkeit.
„Was ist los?“ wollte Xamoed wissen, als er sich neben Sir Oontz stellte und in den aufkommenden Tag hinein blickte, aber dann sah er es auch.
Es waren noch dunkle Schatten, die sich an den heller werdenden Tag, abzeichneten, aber Xamoed, ein sehr erfahrener Jäger, erkannte sofort worum es sich handelte.
„Wölfe.“ flüsterte er und schien Überrascht zu sein.
„Stimmt was nicht?“ wollte Sir Oontz wissen, ließ die Wölfe aber nicht aus den Augen. Sie bewegten sich noch langsam voran, aber das konnte sich von einem Augenblick zum anderen ändern.
„Allerdings stimmt was nicht. In diesem Teil von Lavia gibt es keine Wölfe. Sie leben viel weiter im Süden und selbst wenn sich ein paar hier her verirrt haben sollten, so wären es Garantiert nicht so viele. Es besteht kein Zweifel, sie kommen direkt auf uns zu, was ich auch nicht verstehe. In den Wäldern gibt es genug Fleisch für sie, warum sollten sie uns was tun?“
„Weil es keine normalen Wölfe sind. Schau dir an, wie groß sie sind und die Augen.“ erwiderte Sir Oontz und Xamoed mußte ihm zustimmen.
Die Wölfe waren halb so groß wie Kuhkälber und ihre Augen schienen zu brennen. Normalerweise leuchteten die Augen in einem hellen gelb, wenn Licht auf sie viel, aber nie hatte Xamoed und Sir Oontz, rotleuchtende Augen bei Wölfen gesehen, die wie glühende Kohlen aussahen.
„Das gefällt mir nicht.“ meinte Xamoed, als er bemerkte, wie die Wölfe zwar etwas langsamer wurden, aber nicht anhielten und sich dann verteilten und einen leichten Halbkreis zu bilden begannen.
„Sie wollen uns Einkreisen.“ stellte Sir Oontz sofort fest und drehte sich zum Lager um.
Ixa und Ellov waren immer noch damit beschäftigt, die Sachen einzupacken, allerdings hatten sie das meiste bereits verstaut und bis auf drei Pferde, waren alle gesattelt.
„Beeilt euch.“ rief Sir Oontz und im selben Moment stieß Xamoed einen leisen Quiekton aus, der Sir Oontz herumwirbeln ließ. Die Wölfe waren schneller geworden und kamen rasch auf sie zu.
„Schafft Lady Diara und die Frauen hier weg, aber faßt Lady Diara nicht mit bloßen Händen an.“ schrie Sir Oontz und machte sich bereit, gegen die Wölfe anzutreten.
Die Jäger im Lager handelten sofort. Sie schnappten sich Ellov und Ixa und setzten sie auf die Pferde und gaben den Pferden einen Klaps, so daß diese sofort lossprengten. Die beiden Frauen hatten gar keine Zeit sich zu beschweren.
Dann wollten sie sich um Lady Diara kümmern, die jetzt aufgestanden war und sich in Richtung der angreifenden Wölfe wandte.
„Lady Diara, ihr müßt hier weg.“ meinte Rocra und ging auf Lady Diara zu, aber diese schüttelte den Kopf.
„Es wird hier zu gefährlich für euch. Kommt.“ versuchte Rocra Lady Diara zu Überreden, aber wiederum schüttelte sie den Kopf.
„Tut mir leid.“ entschuldigte Rocra sich und griff Lady Diara um die Hüfte, aber im selben Moment wurde er ein ganzes Stück weggeschleudert.
„Mir auch.“ erwiderte Lady Diara murmelnd und wandte sich dann wieder den Wölfen zu.
Die anderen beiden hatten gesehen, was mit Rocra geschehen war und wagten es nicht, Lady Diara anzufassen, außerdem hatte Sir Oontz sie gewarnt. Statt dessen nahmen sie ihre Bögen und Pfeile zur Hand und rannten zu Sir Oontz und Xamoed. Sie haben sofort gesehen das Rocra nicht verletzt war und jetzt gab es wichtigeres, als sich um den verletzten Stolz eines Jägers zu kümmern.
Sir Oontz und die Jäger machten sich bereit, für einen gewaltigen Kampf, aber plötzlich waren zwischen den Männern und den Wölfen ein Knistern und Flimmern. Erschrocken wichen die Männer einen Schritt zurück, aber die Wölfen, die jetzt in vollem Lauf waren, konnten nicht mehr bremsen und liefen genau in dieses Flimmern hinein, kamen auf der anderen Seite aber nicht mehr heraus.
Schließlich verschwand das Flimmern genau so schnell, wie es gekommen war und Sir Oontz schaute sich schnell um, aber von den Wölfen war nichts mehr zu sehen.
Rocra hatte sich wieder hochgearbeitet, während die anderen beiden Jäger zu Sir Oontz und Xamoed liefen und hatte sich, trotzdem, was gerade mit ihm geschehen war, wieder neben Lady Diara gestellt, um auf sie acht zu geben.
Rocra sah genau, daß Lady Diara die Arme hob und einige seltsame Worte flüsterte, die er nicht verstand und er sah auch, was mit den angreifenden Wölfen geschah und er griff instinktiv zu, als Lady Diara erschöpft zusammenbrach.
Diesmal wurde er nicht davon geschleudert, oder erhielt irgendwelche anderen schmerzhaften Schläge und er begann sich um Lady Diara zu kümmern.
Er hielt Lady Diara in den Armen und legte sie sachte auf den Boden. Ihren Kopf legte er auf eine der Satteltaschen, die noch auf dem Boden lagen und griff schnell nach einem Schlauch, aus Ziegenleder, in dem sie Trinkwasser mitführten.
Lady Diara, die zwar nicht in Ohnmacht gefallen, aber doch recht schwach geworden war, griff nach Rocras Arm und zog ihn zu sich heran.
„Entschuldigt bitte.“ meinte sie nur und ihm war klar, das Lady Diara die Situation meinte, in der er devongeschleudert worden war, aber Rocra wischte ihre Entschuldigung beiseite.
„Ihr bracht euch nicht zu Entschuldigen. Ich war selber schuld. Derfla hat mich schließlich gewarnt und mir ist nichts geschehen. Aber eine Bitte habe ich.“
Lady Diara schaute ihn an und wollte wissen, welche Bitte es sei, aber sie ahnte schon die Antwort.
„Es wäre von Vorteil, wenn ihr uns die Wahrheit über eure Reise sagen würdet, nicht zuletzt deswegen, weil wir euch Geleitschutz geben sollen und dabei sicherlich besser fahren, wenn wir wissen was los ist.“ erwiderte Rocra und schaute Lady Diara tief in die Augen.
Mit Ausnahme dessen, wenn Rocra eine Frau ansprechen sollte, die er mochte, war er ein Mann, der sich selten fürchtete oder in Verlegenheit geriet. Auch bei Lady Diara fürchtete er sich nicht. Es war ihm zwar nicht ganz klar, wie Lady Diara ihn so einfach Beiseiteschleudern hatte können, aber er wußte, daß hier mehr im Spiel war und er wollte jetzt endlich die Wahrheit erfahren.
Das Schweigen dauerte nicht lange und schließlich nickte Lady Diara.
„In Ordnung. Ihr habt recht. Wenn wir unser zweites Ziel, daß Land Nemerb erreicht und ich mit euerem Herrn, Lord Mungram gesprochen habe, werden wir uns alle zusammensetzen und ich werde euch darüber Informieren, welches Ziel diese Reise hat und warum und jetzt helft mir bitte wieder auf, es wird Zeit aufzubrechen.“ meinte Lady Diara und hielt Rocra ihre Hand hin, damit er ihr auf die Beine helfen würde.
Rocra griff sofort zu und erwiderte, daß er mit ihrem Vorschlag einverstanden sei.
Artep, Raunaj, Xamoed und Sir Oontz hatten sich aufmerksam in der näheren Umgebung umgesehen, aber nirgendwo ein Zeichen gefunden, daß noch mehr Wölfe auftauchen würden, ebenso waren keine Spuren der Wölfe zu finden, die gerade hier aufgetaucht waren, so als wenn sie nie dagewesen wären.
„Ich finde das recht seltsam.“ meinte Artep, sagte aber weiter nichts dazu und schließlich machten sie sich zurück zum Lager.
Rocra und Lady Diara standen da und schauten ihnen entgegen und Sir Oontz sah, daß Rocra einen Arm um Lady Diara geschlungen hatte und sie stützte. So, wie die anderen Männer und Sir Oontz selbst auch, mit Ausnahme von Xamoed, der die letzte Wache übernommen hatte und bereits angekleidet war, stand Rocra mit nacktem Oberkörper da.
Wenn sie sich für den Abend fertig machten, zogen sie sich, mit Ausnahme der Hosen, aus, so wie sie es auch in ihren Gemächern taten und die Frauen hielten es genauso, allerdings hatten sie oben herum etwas an.
Alle drei Frauen, hatten zwar ihre Schlafgewänder dabei, zogen diese aber nicht an, wenn sie draußen schliefen, sondern hatten so etwas wie ein Hemd an, allerdings war es allen etwas zu kurz, warum dies so war, vermochte Sir Oontz nicht zu sagen, aber es störte ihn auch nicht.
Aber Sir Oontz sah, daß Rocra Lady Diaras Haut berührte und sich nicht vor Schmerzen windete und Sir Oontz stellte fest, daß die geheimnisvolle Kraft, sich wieder zurück gezogen haben mußte, jetzt, da die Gefahr vorbei war.
„Lady Diara, alles in Ordnung bei euch?“ wollte Sir Oontz wissen, als sie die beiden erreicht hatten und Lady Diara nickte.
„Gut, ich denke, wir sollten alles zusammenpacken und hier verschwinden. Wir machen dann später eine Rast und Frühstücken. Ich hoffe nur, daß Ixa und Ellov irgendwo dort vorne auf uns warten, nicht das sie bis zur Küste durchreiten.“ meinte Sir Oontz zum Schluß und erntete ein Gelächter.
Rocra mußte Lady Diara stützen, auch als sie ihre Reitkleidung anzog und half ihr schließlich auf das Pferd, während Sir Oontz und die anderen, die restlichen Sachen einpackten und auf die Pferde verstauten.
Sir Oontz gab schließlich das Zeichen zum Aufbruch und erneut in zweier Gruppen, ritten sie gemächlich in die Richtung, in die Ixa und Ellov verschwunden waren. Es war klar, daß sie nicht im vollen Galopp über das Land preschen konnten, dafür war Lady Diara noch zu schwach und bevor sie vom Pferd fiel und sich womöglich etwas brach, ging es halt etwas langsamer voran, so daß sie an diesem Tage auch nicht die Strecke zurücklegen konnten, wie Sir Oontz gedacht hatte.
Die Sonne war gerade dabei aufzugehen und stand als halborange Scheibe am Himmel, als sie das Lager verließen.
Als die Sonne schließlich gänzlich zu sehen und ihre warmen Strahlen bereits zu spüren waren, erreichte die Gruppe Ellov und Ixa. Sie saßen auf ihren Pferden, immer noch in ihren Schlafgewändern und schauten ihnen entgegen, sagten aber kein Ton.
„Guten Morgen die Damen.“ meinte Sir Oontz nur und auch Lady Diara begrüßte sie freundlich und bat Ixa an ihre Seite. Lady Diara teilte ihr kurz mit, was geschehen war und das sie in kürze eine Rast einlegen würden, um zu frühstücken und Lady Diara bat Ixa, ein Fürstliches Frühstück vorzubereiten, soweit dies möglich war.
Ixa versprach ihr, ihr möglichstes zu tun und schwieg dann wieder. Ixa schaute Sir Oontz an und war unsagbar froh darüber, daß ihm nichts geschehen war, natürlich war sie auch froh darüber, daß den anderen nichts geschehen war. Sie schaute sich kurz um und sah Rocra an, um zu sehen, wie es ihm ging, aber Rocra war damit beschäftig, mit Ellov zu scherzen und Ixa mußte grinsen.
Dann sah sie Lady Diara wieder an und stellte zum wiederholten male fest, daß sie sich stark verändert hatte.
Lady Diara war nicht mehr die, die Ixa Kennen- und Liebengelernt hatte, sie gab sich zwar immer sehr freundlich und hatte, wie immer, für jeden ein freundliches Wort und scherzte auch ab und zu, aber Ixa spürte genau, wie sehr ihr die Visionen und jetzt auch diese unheimliche Kraft, zusetzten.
Lady Diara veränderte sich immer mehr. Ixa schien es so, als wenn Lady Diara von innen heraus verzerrt wurde und sie würde auch nicht wirklich überrascht sein, wenn Lady Diara schmerzen haben sollte. Ixa machte sich Gedanken um Lady Diara und wußte nicht, wohin dies alles noch führen sollte, aber sie wünschte sich, bei allen Göttern von Lavia, daß sich alles zum Guten wenden würde.
„Ixa, mach dir nicht so viele Gedanken. Ich sehe zwar nicht so aus, aber mir geht’s gut. Keine Angst, es wird alles Gut werden.“ meinte Lady Diara neben Ixa, so als wenn sie ihre Gedanken gelesen hätte und wiederum wünschte Ixa sich, daß für jemand anderer diese Legende und alles was damit zu tun hatte, bestimmt gewesen wäre und schaute Lady Diara an.
Lady Diara erwiderte den Blick und ein wissendes Lächeln lag auf ihren Lippen.
Als die Sonne schließlich gelb und strahlend am Himmel stand, gab Sir Oontz das Zeichen, daß sie eine Rast einlegen würden.
Er hatte sich wiederum einen Baum ausgesucht, der recht groß war und Schatten spendete und in dessen Nähe sich ein See befand. Dort konnten sie sich frisch machen und vielleicht war es ihm sogar vergönnt ein wenig schwimmen zu gehen.
Während Ixa und Ellov das Frühstück vorbereiteten, daß Lady Diara verlangt hatte, begannen die Männer damit, die Pferde zu versorgen, allerdings blieb Xamoed wieder in der Nähe von Lady Diara.
Sir Oontz beschlich ein ungutes Gefühl, er vermochte zwar nicht zu sagen warum das so war, aber irgend etwas schien hier nicht zu stimmen, aber er wollte jetzt auch keine Eile, oder Panik aufkommen lassen, zumal Lady Diara diese Pause unbedingt nötig hatte. Sie hatte zwar keine weiteren Schwächeanfälle gezeigt, begann aber, sich nur sehr, sehr langsam zu erholen und wenn sie heute noch einen Teil ihres Weges schaffen wollten, dann mußte Lady Diara wieder zu Kräften kommen.
Sir Oontz glaubte zwar nicht, daß sie an diesem Tage so schnell voran kommen würden, wie an den beiden letzten Tagen, aber dennoch wollte er heute noch einen großen Teil schaffen, wenn nichts dazwischen kam und wieder war diese seltsame Gefühl da, daß etwas nicht richtig war.
Nachdem die Pferde getränkt worden waren, wurden sie wieder frei zum Grasen gelassen und Ixa rief, daß das Frühstück fertig sei.
Wie Ixa versprochen hatte, hat sie alles nur erdenkliche getan, um das Frühstück Fürstlich zu gestalten. Zwar waren ihre Vorräte jetzt fast aufgebraucht, aber gegen Abend, oder am frühen Morgen, würden sie das Haus Gidnurg, in dem Lord Mungram lebte, erreichen und dort konnten sie ihre Vorräte wieder auffüllen. Keiner erwähnte die Wölfe, oder dieses unheimliche Flimmern, auch nur mit einem Wort und es wurde sich über belanglose Dinge unterhalten.
Die Jäger gaben auch wieder einige ihrer Erlebnisse zum besten und wiederum wurde gelacht. Schließlich beendeten sie das Frühstück und Artep, Raunaj und Xamoed, begaben sich auf einen Spaziergang, mir der Begründung, sich einmal in der Nähe umzusehen. Ellov, Rocra und Sir Oontz begannen damit, das Geschirr und die anderen Kochutensilien wieder einzupacken und Ixa unterhielt sich mit Lady Diara, aber diese Unterhaltung dauerte nicht lange und Ixa begab sich zu Sir Oontz, Ellov und Rocra.
Lady Diara hatte sich merklich erholt, sie war jetzt wieder bei Kräften, so das sie wieder schneller würden Reiten können, allerdings brachen sie nicht sofort auf.
Lady Diara hatte Ixa mitgeteilt, daß sie noch ein wenig in dem See schwimmen gehen wollte, danach würde sie sich wohler fühlen und Ixa teilte diese Entscheidung Sir Oontz mit, der zwar nickte, allerdings nur mit einem Ohr hinhörte.
Er hatte sich in ein Gespräch mit Rocra vertieft und Ixa und Ellov standen etwas abseits und Ixa redete mit Ellov, über Rocra.
„Dir ist aufgefallen, daß Rocra dir zugetan ist, nicht wahr?“ wollte Ixa von Ellov wissen und diese nickte.
„Ja sicher. Er ist ein netter Mann, macht viele Scherze und hat immer etwas Interessantes zu sagen und wenn ich ehrlich bin, dann wäre ich nicht abgeneigt, ihn näher kennen zu lernen.“
„Ich versichere dir, daß er genauso denkt, aber er hat Sir Oontz gestanden, daß er sich nicht traut, dich zu fragen, ob du in festen Händen bist, oder nicht. Und Sir Oontz und ich, haben ihm versichert, daß wir mit dir reden werden, um es ihm etwas leichter zu machen, in dem du den ersten Schritt machst.“ erwiderte Ixa und Ellov sah sie leicht grinsend an.
„Du meinst, daß er Schüch...“ begann Ellov, wurde aber unterbrochen, als Sir Oontz plötzlich nach Lady Diara rief.
Ganz plötzlich, von einem Moment zum anderen, war Sir Oontz eingefallen, was an diesem Ort nicht richtig war, es war der See und die Tatsache, daß Lady Diara, darin schwimmen gehen wollte.
In dem Moment, als sein Gehirn endlich registriert hatte, daß Lady Diara in dem See schwimmen gehen wollte, fiel ihm sofort sein Alptraum wieder ein und er rief nach Lady Diara.
„Was ist los?“ wollte Ixa wissen, die sich erschrocken zu ihm umgewandt hatte.
„Lady Diara darf nicht in dem See schwimmen gehen. Sie muß da raus, sofort. Geh und hole sie, bevor etwas schreckliches passiert.“ meinte Sir Oontz und in seiner Stimme schwang soviel Angst und Schrecken mit, daß Ixa, ohne zu zögern, sich umdrehte und auf den See zurannte und einen Moment später rannte Ellov hinter ihr her.
Sir Oontz und Rocra folgten den beiden Frauen, aber sie blieben hinter einem Busch stehen, so daß sie das Ufer nicht sehen konnten, denn wenn Lady Diara sich in dem See befand, dann würde sie nackt sein und ihr Schamgefühl, egal wieviel Angst Sir Oontz hatte, verbot es, sie so zu sehen.
Sir Oontz hörte Ixa nach Lady Diara rufen, nicht laut, aber dennoch klar zu verstehen und einen Moment später erhielt sie eine Antwort.
Lady Diaras Stimme war auch klar und deutlich zu vernehmen, also war sie noch nicht weit vom Ufer entfernt und würde noch Grund unter den Füßen haben.
„Ihr müßt aus dem See heraus kommen, unverzüglich.“ und obwohl Ixa es nicht wollte, klang ihre Stimme befehlend und gerade das war es, was Lady Diara dazu veranlaßte, sich wieder dem Ufer zu nähern und einige Zeit später traten Ixa, Ellov und Lady Diara hinter dem Busch hervor und Lady Diara wollte von Sir Oontz wissen, warum er befohlen hatte, daß sie nicht in dem See schwimmen gehen sollte.
Zwischenzeitlich hatten sich auch Artep, Raunaj und Xamoed eingefunden und Sir Oontz sah in die Runde und begann dann von seinem Alptraum zu erzählen.
Als er geendet hatte, blickte er in leicht verstörte Gesichter und es herrschte Schweigen, das von Lady Diara unterbrochen wurde.
„Ich habe oft gehört und es auch Selbst ein oder zweimal erlebt, daß Träume wahr werden können. Das heißt nicht daß euer Traum gerade jetzt, hier und heute hätte wahr werden können, aber es ist auch nicht erwiesen, daß dies nicht geschehen wäre. Wenn ich ehrlich sein soll, dann bin ich froh, daß ihr euch an den Alptraum erinnert habt und irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, daß ihr mir das Leben damit gerettet habt.“ meinte Lady Diara und sprach nach einer kleinen Pause weiter.
„Aber genug der Rederei, wir haben noch einen langen Weg vor uns und sollten uns jetzt auf den Weg machen, wenn wir heute eventuell noch Haus Gidnurg erreichen wollen. Also, meine lieben Freunde, auf geht’s.“ und damit hakte sich Lady Diara bei Xamoed unter, der sie zu ihrem Pferd begleitete.
Ixa nahm ihren Sir Oontz in die Arme und Ellov faßte nach Rocras Hand, der ziemlich verblüfft schaute, sich aber schnell wieder fing und dann lächelte. Mit einem Lächeln schaute Rocra zu Sir Oontz und Ixa und nickte ihnen leicht zu. Es war ein stilles Dankeschön und Ixa und Sir Oontz, nahmen es stillschweigend hin, wohl wissend, daß Rocra sich noch ausgiebig bei ihnen bedanken würde.
Schließlich machte sich die Gruppe wieder auf den Weg, Sir Oontz wieder an der Spitze, neben sich diesmal Ixa und Lady Diara ritt hinter ihm und Xamoed neben Lady Diara. Danach kamen Rocra und Ellov und die letzten waren Artep und Raunaj.
Die Sonne ging schneller unter, als alle erwartet hatte, aber Sir Oontz wußte, daß sie nicht mehr weit von Haus Gidnurg entfernt waren, da sie wieder in vollem Galopp ritten, hatten sie die Strecke schnell hinter sich gebracht und Sir Oontz wollte nun bis dorthin durchreiten, womit alle einverstanden waren.
Jeder von ihnen sehnte sich nach einem Bett und am nächsten Tag vielleicht ein Bad.
An dem Tor wurden sie von den Wachen aufgehalten, aber Sir Oontz kannte die Wachen und die Wachen kannten ihn und auch die vier Jäger, daher wurden sie ohne Umschweife eingelassen und Sir Oontz bat darum, daß Lord Mungram Informiert werde, daß Lady Diara eingetroffen sei.
Sir Oontz wußte, daß Lady Diara sich mit Lord Mungram unterhalten mußte, daß es wichtig war und Sir Oontz wußte auch, wie es um die Gesundheit dieses alten Mannes gestellt war und daher war es angebracht, sich so schnell als möglich mit Lord Mungram zu Unterhalten.
Während Lord Mungrams Tochter, Elanruf, ihrem Vater Bescheid gab, wartete die Gruppe in der großen Halle.
Haus Gidnurg war bei weitem nicht so groß wie Haus Sky´s. Die große Halle war nur ein drittel so groß, wie der große Saal von Haus Sky´s, aber er war Prachtvoll und Edel eingerichtet und zeugte von dem Kunstgeschmack, seines Herrn.
Schließlich kam Elanruf wieder herunter und sprach Lady Diara an.
„Mein Vater sagt, ich soll euch sofort zu ihm bringen und euch.“ wandte sie sich an Sir Oontz, der jetzt etwas verblüfft wirkte. Er wollte auch noch ein paar Worte mit dem alten Lord Mungram wechseln, daß war schon richtig, aber er hatte nicht erwartet, daß er sie beide zur selben Zeit empfangen würde.
„Eure Begleiter, werden gleich die Räume gezeigt, in denen sie Übernachten können. Folgt mir, Lady Diara.“ meinte Elanruf und drehte sich um.
Während Lady Diara und Sir Oontz hinter Elanruf aus dem Saal gingen, erschien eine andere Magd, die sich an die anderen sechs wandte und sie bat, ihnen zu folgen, damit sie ihnen die Gemächer zeigen konnte.
Ellov ging mit Rocra in dessen Raum, wie selbstverständlich und Artep, Raunaj und Xamoed, grinsten wissend und zogen sich dann in ihre Gemächer zurück. Ixa erhielt ebenfalls ein Gemach, daß ein großes Bett beherbergte und sie würde warten, bis Sir Oontz zu ihr kam und Lady Diara sollte ein Schlafgemach in den Privaträumen von Lord Mungram bekommen. Die Gastfreundschaft des Lords war sehr fürsorglich. Kaum das sie ihre Gemächer betreten hatten, erschienen Mägde mit Tabletts, auf denen sie Teekannen und eine Kleinigkeit zu Essen hatten, damit sie noch eine kleine Stärkung zu sich nehmen konnten, bevor sie sich zu Bett legten.
Was Lord Mungram Lady Diara zu berichten hatte, war im Prinzip das, was sie selbst schon in Erfahrung gebracht und erlebt hatte. Er sagte ihr auch, daß er ihr noch viel mehr sagen könnte, dies aber nicht durfte, da die Götter ihm verboten hatten, mehr zu sagen, als das, was bis zu diesem heutigen Tage geschah. Es war egal, wie sehr Lady Diara diesen alten Mann bedrängte, aber sie bekam nichts aus ihm heraus, was ihr noch auf ihrer Reise geschehen würde. Allerdings sagte er ihr, daß sie ihr Ziel unbeschadet erreichen würden. Letztendlich war es nicht so wichtig gewesen, so schnell als möglich Haus Gidnurg und somit Lord Mungram aufzusuchen, da hätte Lady Diara auch noch einen Tag bei ihren Zieheltern verbringen können, daß wäre sinnvoller gewesen. Aber sie änderte ihre Meinung schnell, als Sir Oontz von den Zwischenfällen berichtete, die sich bisher ereignet hatten und Lord Mungram sah sehr besorgt aus.
„Das sind keine guten Neuigkeiten, die ihr mir da berichtet, Sir Oontz.“ war Lord Mungrams Meinung und Lady Diara wollte wissen warum.
„Nun, daß bedeutet, daß es bereits begonnen hat. Das dunkel beginnt seine Fühler aus zu strecken, zwar noch sehr zaghaft, aber sie werden stärker und auch brutaler werden, daß kann ich euch versprechen und es bedeutet auch, daß eure Kraft, Lady Diara, jetzt schon in euch am wirken ist und diese euch und euere Begleiter, automatisch schützt, wenn ihr in Gefahr seid. Ich weiß, was ihr jetzt denkt, Sir Oontz. Warum sollten denn so viele mit auf die Reise gehen, wenn diese Kraft Lady Diara schützt, aber das hat schon seine Richtigkeit.
Diese Kraft, die in Lady Diara wohnt, wirkt sich nur direkt auf die schwarze Magie aus, also nur dort, wo schwarze Magie anzutreffen ist, wird Lady Diaras Macht einschreiten. Wenn jetzt aber die Wölfe echt gewesen wären, also nicht von schwarzer Magie beseelt, dann hätte Lady Diaras Kraft, nichts ausrichten können. Also seht ihr, daß Lady Diara sehr wohl Geleitschutz benötigt. Sir Oontz, würdet ihr mir den Gefallen tun und mir die Jäger einmal herschicken? Ich muß noch mit ihnen reden.“ bat Lord Mungram zu Abschluß und Sir Oontz, der damit entlassen war, nickte und verließ das Gemach des alten Lord.
„Diara, mein Kind, ich sehe dir an, daß dich eine Frage quält, stell sie bitte, vielleicht kann ich sie beantworten.“
Lady Diara schaute den alten Mann an und lächelte.
„Siehst du es mir an, alter Mann, oder ließt du es in meinem Kopf?“ wollte Lady Diara wissen, aber Lord Mungram lächelte nur. Lady Diara war sich mit einemmal klar darüber, daß dieser alte Mann mehr war, als nur der Lord von Nemerb und sehr viel mehr verbarg, als er zeigte, oder sagte.
„Ja, du hast recht. Wie ich deinem Brief entnommen habe, bist du ein Seher. Du kannst in die Zukunft blicken und das sehen, was immer du willst. Dein Brief war zwanzig Sommer alt, aber du hast gewußt, was alles in der heutigen Zeit geschieht und ich frage mich, ob du auch gesehen hast, daß mein Mann, Lord Sky´s, ein Unglück geschieht und ob du es nicht verhindern hättest können.“
Lord Mungram sah sie eine weile an, aber dann schüttelte er den Kopf.
„Es ist zwar richtig daß ich ein Seher bin. Aber ich habe nur das gesehen, was mit dir geschieht, leider habe ich nicht auf deinen Mann geachtet, sonst hätte ich ihn gewarnt, daß kann ich dir versichern.“ erwiderte Lord Mungram auf Lady Diaras indirekte Frage und sank plötzlich auf seine Kissen zurück.
Lord Mungram war erschöpft. Es war sicherlich nicht einfach seine Kräfte zu mobilisieren, um die Fragen einer jungen Frau zu beantworten und Lady Diara hielt es für angebracht, diesem alten Mann seine Ruhe zu gönnen.
„Mein lieber Mungram. Ich bin etwas müde und werde mich jetzt zurück ziehen und ihr braucht auch eure Ruhe.“ begann Lady Diara, wurde aber von dem alten Lord unterbrochen.
„Unsinn, ich brauche keine Ruhe. Ich strotze vor Energie und Kraft. Ruhe habe ich nach meinem Tod genug.“
„Ja, natürlich.“ erwiderte Lady Diara und lächelte den alten Mann an. „Aber nichtsdestotrotz, bin ich müde und werde mich jetzt zurück ziehen. Wenn ihr nichts dagegen habt, dann Unterhalten wir uns morgen früh weiter.“ meinte Lady Diara und Lord Mungram nickte ihr zu.
„Gut. Ich wünsche dir eine angenehme Nachtruhe, alter Mann, Schlaf gut.“ und dann gab Lady Diara diesem alten Mann, den sie tief in ihr Herz eingeschlossen hatte und den sie wie ihren eigenen Großvater betrachtete, einen Kuß auf die Stirn.
„Gute Nacht Diara. Elanruf wird dir dein Gemach zeigen.“ und damit verschwand Lady Diara aus dem Gemach des alten Lord Mungram.
Während Lady Diara sich in das Gemach zurück zog, welches ihr zugedacht worden war, brachte Sir Oontz, die vier Jäger zu ihrem Lord.
Lord Mungram entließ Sir Oontz aber sofort wieder, der sich bedankte und sich ebenfalls in das Gemach zurück zog, in dem Ixa schon auf ihn wartete.
Sir Oontz teilte Ixa mit, über was sie mit Lord Mungram gesprochen hatten, aber Ixa meinte nur, daß es nichts neues wäre und wandte sich darauf hin anderen Aktivitäten zu, bei der man nicht reden brauchte.


Zwei

Die Nächte werden länger und kälter, je mehr wir uns unserem Ziel nähern. Mir fällt auf, wie einsam ich mich fühle und je näher ich mich an das Feuer lege, desto kälter scheint es mir zu werden. Die Kälte scheint in mir drin zu sein und ich habe das Gefühl, daß ich mich beeilen sollte, daß die Zeit sehr knapp werden wird.


Lady Diara Sky´s – Reisetagebuch 3. Tag.
Auszug aus Sky´s Chroniken




Die Abreise aus Haus Gidnurg und die Verabschiedung von Lord Mungram und seiner Familie, war herzlich.
Lord Mungram hatte es sich nicht nehmen lassen und war dabei, als die Gruppe um Lady Diara, sein Haus verließ.
Lord Mungram hatte seinen Jägern die Bitte mit auf den Weg gegeben, sehr gut auf Lady Diara und die anderen zu achten, wobei er Sir Oontz ausschloß, da dieser selbst sehr gut, auf sich achten konnte.
Rocra versicherte ihm, daß sie alles in ihrer Macht stehende tun würden, um seinem Wunsch nachzukommen und wie Rocra Lord Mungram auch versicherte, bis in den Tod, wenn es sein sollte, der Meinung waren auch Artep, Xamoed und Raunaj. Mit einem etwas besseren Gefühl, hatte Lord Mungram Lady Diara und die anderen verabschiedet, obwohl er wußte, daß einige von ihnen Haus Sky´s niemals wiedersehen würden.
Das behielt er allerdings für sich.
Die weitere Reiseroute verlief fast ausschließlich über weit ausgestreckte Wiesen und auch durch einige kleinere Wälder. Am sechsten Tag war die Hälfte ihres Proviants aufgebraucht und die Jäger begannen damit, ihrem eigentlichen Geschäft nachzugehen, dem Jagen.
Sie versorgten die Gruppe in den nächsten sechs Tagen mit frischem Fleisch, bis der Tag kam, an dem sie auch keine anderen Lebensmittel mehr hatten.
Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die nächste Ortschaft aufzusuchen, um ihren Proviant wieder aufzufüllen.
Es war der fünfzehnte Tag ihrer Reise und die Gruppe war zu einer richtigen Gemeinschaft geworden, wo jeder jedem half.
Es war etwas anderes, wenn man eine Person nur ab und zu sah, um sich mit ihr zu unterhalten, oder ob man nun auf Dauer mit ihr zusammenleben mußte.
Aber in ihrer Gruppe gab es keine Probleme. Es gab keine Streitereien, oder andere Dinge, die eine Gruppe auseinandertreiben konnte und sie verstanden sich immer besser.
Jedem war klar, daß Lady Diara die jenige war, die das sagen hatte, allerdings überließ sie es, fast immer, Sir Oontz oder Ixa, irgendwelche Entscheidungen zu treffen.
Ellov und Rocra lernten sich in dieser Zeit immer besser kennen und was das wichtigste war, sich auch lieben und niemand, auch nicht Rocras Kameraden, verübelten ihm dies. Jeder von ihnen wußte das Rocra schon mehr als zehn Sommer lang alleine war. Ab und zu hatte Rocra mal eine Liebschaft gehabt, aber es hatte nie länger als ein paar Tage gedauert und es war auch nie Liebe im Spiel gewesen, aber so wie es jetzt aussah, lagen die Dinge anders.
Rocra war früher einmal verheiratet gewesen, aber durch eine Krankheit, die seine Frau kurz vor der Geburt ihres Kindes bekommen hatte, starben sie und das Kind, während der Geburt.
Er war lange nicht darüber hinweggekommen und seine Freunde hatten viel darauf verwendet, ihn auf andere Gedanken zu bringen und um so mehr freuten sie sich jetzt für ihn, daß er die Liebe zu einem anderen Menschen wieder entdeckt hatte und allem Anschein nach, wurde diese Liebe auch erwidert.
In den letzten Tagen machten sie zwar oft eine Rast an einem See, aber Lady Diara kam gar nicht mehr auf die Idee, auch nur daran zu denken, in dem jeweiligen See schwimmen gehen zu wollen. Aus Rücksicht auf Lady Diara, verzichteten auch die anderen darauf, obwohl Lady Diara ihnen versichert hatte, daß es ihr nichts ausmachen würde, wenn sie schwimmen gehen wollten.
Sir Oontz und Ixa, lebten ihre Liebe, wo immer sie konnten und sie ungestört waren, daß war zwar nicht oft, aber es kam vor und Sir Oontz führte die Gruppe weiterhin durch Lavia, da er den Weg der Route kannte, den sie nehmen wollten, oder auch schon genommen hatten.
„Wir befinden uns nun schon seit einem Tag im Lande Gatsnie und die nächst größere Ortschaft, in der wir vermutlich nicht so sehr auffallen, liegt anderthalb Tagesritte von hier entfernt und heißt Arikasch. Dort können wir unsere Vorräte ungestört auffüllen und ich kenne dort einen Gasthof, der auch ein Bad hat. Ich glaube, wir können alle ein heißes Bad gebrauchen. Wenn ihr nichts dagegen habt, Lady Diara, dann können wir dort einen Tag ausruhen und uns dann wieder auf die Reise machen.“ sprach Sir Oontz Lady Diara an und diese schaute in die Runde.
Sie sah jeden einzelnen von ihnen an und konnte in jedem Gesicht sehen, daß sie alle gerne einen Tag mal wieder richtig ausruhen und entspannen wollten und obwohl Lady Diara das Gefühl immer stärker überkam, daß sie sich beeilen mußte, stimmte sie zu.
Sie war der Meinung, daß eine zufriedne Mannschaft besser wäre, als eine, die ständig mürrisch sein würde.
„Warum eigentlich nicht, ich glaube, daß ich auch ein wenig Ruhe gebrauchen könnte. Auf geht’s.“ rief sie und schoß mit ihrem Pferd bereits voraus.
Mit einemmal war es Sir Oontz, als hätten sie sich in kleine Kinder verwandelt, denn sie begannen zu lachen und die Jäger grölten und riefen irgendwelche Laute, die sie bei der Jagd manchmal anwendeten, wenn sie ein Tier in eine Richtung treiben wollten, als sie im gestreckten Galopp hinter Lady Diara Herritten und Sir Oontz bildete dabei keine Ausnahme.
Die Ordnung, die sie bisher auf ihrer Reise beibehalten hatten, war plötzlich dahin und es schien so, als wenn sie ein Wettrennen machen wollten, wer als erstes den Ort Arikasch erreichen würde.
Aber da sie schon den ganzen Tag unterwegs waren und die Pferde müde wurden und die Sonne bald untergehen würde, dauerte das Wettrennen nicht lange an.
Sir Oontz suchte wieder einen Platz, an dem sie ihr Nachtlager aufschlagen konnten und entdeckte eine Fläche, die von hochgewachsenen Trauerweiden umschlossen wurde und durch deren Mitte ein Bach floß.
Wie Sir Oontz und auch die Jäger meinten, wäre dieser Platz hervorragend und auch sehr schön und die Frauen stimmten ihnen zu.
Dieses Abendessen, so kläglich es auch ausfiel, war das lustigste und ausgelassenste, daß sie seit beginn ihrer Reise hatten und es wurde bis spät in die Nacht hinein geredet, gelacht und scherze gemacht.
Die Nachtwache verlief so, wie immer und obwohl in den letzten zehn Tagen nichts geschehen war, waren sie doch immer sehr angespannt und aufmerksam. Rocra und Sir Oontz hatten die zweite Wache, während Artep die letzte Wache übernehmen sollte und in dem Moment, als Rocra Artep zur Wachablösung wecken wollte, bekam er einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf.
Rocra bekam überhaupt nicht mit, wie ihm geschah und fiel bewußtlos zu Boden. Sir Oontz, der am Rande der Trauerweiden stand und dem Lager den Rücken zukehrte, bemerkte nichts. Erst als ihm die Zeit zu lang erschien, in der Rocra Artep wecken wollte, drehte er sich um und schaute zum Lager. Aber das Lager lag da wie immer, sehr ruhig und alles schien zu schlafen und gerade das war es, was Sir Oontz sorgen machte.
Normalerweise hätte er dort mindestens zwei Leute sehen müssen, die dort standen, aber da war niemand und plötzlich von innerer Unruhe erfüllt, eilte er zum Lager zurück und fiel prompt über Rocra. Schnell schaute Sir Oontz nach, ob Rocra noch lebte, stellte fest, daß er nur Ohnmächtig war und entdeckte eine sehr große Beule am Hinterkopf. Sir Oontz schüttelte Rocra und rief ihn an und schließlich erhob Rocra sich stöhnend und Sir Oontz wollte wissen, was geschehen sei.
„Ich habe keine Ahnung. Ich bekam plötzlich einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf und dann gingen bei mir die Lichter aus. Mehr weiß ich nicht.“
Sofort sprang Sir Oontz auf und rannte zum Lager und als er auf die Schlafstätten der einzelnen schaute, bekam er einen tiefen Schreck, Lady Diara und Ixa waren verschwunden.
Sir Oontz weckte jeden einzelnen und alle schauten ihn aus verschlafenen Augen und sehr benommen an, stark verwundert darüber, daß sie jetzt geweckt wurden, mitten in der Nacht, wo sie noch nicht lange geschlafen hatten.
„Was ist denn los?“ wollte Artep schließlich wissen und Sir Oontz erklärte, daß Lady Diara und Ixa verschwunden waren.
Alle hatten genau verstanden, was Sir Oontz gesagt hatte, aber irgendwie schienen sie es nicht richtig zu kapieren.
„Wie weg?“ fragte Ellov nach.
„Das ist eine gute Frage. Wie. Ich habe keinen blassen Dunst. Es wäre möglich daß die beiden in der Nähe einen Spaziergang machen, aber das halte ich für unwahrscheinlich, eine von ihnen hätte Bescheid gegeben. Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber Rocra sagte, er habe einen Schlag auf den Kopf bekommen, so, daß auch er nichts bemerkt hatte. Gut, mit Reden kommen wir nicht weiter und ich werde nicht hier herumsitzen und darauf warten, daß die beiden durch Zufall wieder auftauchen sollten. Ellov, du packst sofort alles ein und zwar schnell. Raunaj und Rocra, ihr sattelt die Pferde und die anderen kommen mit mir und suchen die nähere Umgebung ab. Vielleicht finden wir ja Spuren, die uns weiterhelfen können.“ gab Sir Oontz Anweisungen und alle machten sich sofort und sehr hektisch an die Arbeit.
Es war Sir Oontz, der als erster eine Spur entdeckte und die anderen beiden zu sich rief, um zu erfahren, was es damit auf sich hatte. Wie schon ein paar mal in den letzten Tagen, beglückwünschte Sir Oontz sich auch diesmal wieder, daß er die Jäger mit auf die Reise genommen hatte. Sie waren nicht nur hervorragende Jäger, sie konnten ebenso hervorragend Kämpfen und konnten auch Fährten lesen, die schon ein paar Tage alt waren.
„Es sind eindeutig Männliche Fußspuren und er trug keine Schuhe. Sie sind ziemlich groß und wenn ich mir so die tiefe der Spuren anschaue, dann wird der Mann ziemlich schwer sein müssen. Hier sind noch andere, kleinere, aber eindeutig Männliche Fußspuren. So wie es aussieht, waren es fünf und die Spuren zeigen eindeutig zum Lager.“ erklärte Artep und richtete sich wieder auf.
„Gut, jetzt wissen wir, mit wie vielen wir es zu tun haben. Jetzt müssen wir nur noch wissen, wo sie lang gegangen sind.“ meinte Sir Oontz und sie machten sich wieder an die Suche, Spuren zu finden, die vom Lager wegführen würden und wurden kurz darauf auch fündig.
„Hier, ich habe sie gefunden.“ rief Artep und begann die Spuren bereits wieder zu Untersuchen.
„Es sind dieselben Fußabdrücke und wie es scheint, scheinen zwei von ihnen etwas zu tragen, da sich diese Spuren tiefer eingraben als die anderen. Was ich nicht so ganz verstehe, was wollen diese Kerle mit Ixa und Lady Diara?“ murmelte Artep, aber auch Sir Oontz hatte sich diese Frage schon gestellt, war aber zu keiner befriedigenden Antwort gekommen.
„Vielleicht haben diese Typen uns schon einige Zeit beobachtet. Vergeßt nicht, wir sind fremd hier und diese Typen kennen sich hier aus. Vielleicht haben sie gedacht, daß sie was bei uns finden können und als dem nicht so war, haben sie sich die beiden Frauen mitgenommen.“ vermutete Rocra.
„Und warum?“ wollte Ellov wissen.
„Keine Ahnung, vielleicht wollen sie versuchen mit einer Erpressung Geld zu bekommen, oder einfach nur ihren Spaß haben.“ erwidere Rocra und schaute Sir Oontz an.
„Das werden wir zu verhindern wissen. Xamoed, du reitest mit Ellov in den Ort, wo wir hin wollen, aber paß auf, das du nicht in einen Hinterhalt gerätst. Ihr beginnt schon mal die Vorräte zu besorgen, die wir für die nächsten fünfzehn bis zwanzig Tage brauchen. Wir anderen suchen Ixa und Lady Diara und kommen dann nach. Es wird nicht lange dauern.“ versprach Sir Oontz, begab sich zu seinem Pferd und schwang sich auf den Sattel. Rocra, Artep und Raunaj taten es ihm sofort nach und Artep, der die Spuren anscheinend am besten lesen konnte, übernahm die Führung.
Sir Oontz kümmerte sich nicht um Ellov und Xamoed, er wußte, daß er sich auf den Jäger verlassen konnte und daß sie zu diesem Zeitpunkt in keinen Hinterhalt kommen würden.
Leider sollte die Suche nach Lady Diara und Ixa, sich schwieriger erweisen, als Sir Oontz gehofft hatte. Die Spuren führten aus dem Ring der Trauerweiden heraus und dann halb um diesen herum. Dann entdeckte Artep Pferdespuren, die nicht von ihren eigenen Pferden stammten und verfolgten diese weiter.
Die Spuren führten zuerst geradeaus, in die Richtung, aus der sie am Abend zuvor gekommen waren, machten dann einen scharfen Knick nach rechts und führten auf einen kleinen Wald zu.
Direkt vor dem kleinen Bach, der auch bei dem Lager floß, verschwanden die Spuren. Sie führten in den Bach hinein, aber an der anderen Seite nicht mehr hinaus.
„Verflucht, die können doch nicht einfach weg sein.“ schimpfte Sir Oontz und trat gegen einen kleinen Kieselstein, der im großen Bogen davon flog.
„Die sind schlauer, als wir gedacht haben. Die sind im dem Bach weiter geritten, um ihre Spuren zu verwischen. Irgendwo werden sie den Bach wieder verlassen haben, aber es ist nicht zu sehen, ob sie stromaufwärts, oder stromabwärts gegangen sind und sie können ewig in dem Bach weiter gehen, aber sie müssen auch mal eine Pause machen und dann werden sie den Bach verlassen müssen. Das einzigste was wir tun können, ist, wir teilen uns auf. Je zwei Mann. Zwei reiten dann stromaufwärts und die anderen zwei, stromabwärts.“ schlug Rocra vor und schaute Sir Oontz an.
„Mir gefällt das zwar nicht, aber es scheint die einzigste Möglichkeit zu sein. Wenn die Spuren wieder auftauchen, dann wird dieser Punkt gekennzeichnet und einer folgt den Spuren und der andere reitet zurück und holt die anderen. Einverstanden?“ wollte Sir Oontz wissen und schaute die anderen an.
Die Jäger waren alle damit einverstanden und ohne weitere kostbare Zeit zu vergeuden, ritten Sir Oontz und Rocra stromabwärts und Artep und Raunaj, stromaufwärts, daß schien zwar ein wenig unsinnig zu sein, da sie sich ihrem Lager somit wieder näherten, aber sie wollten alle Wege versuchen.
Aber seltsamerweise, war genau dieser Weg, der, den die Männer genommen hatten. Sie waren in die Richtung zurück geritten, in der das Lager lag, aber noch vor den ersten Trauerweiden, auf der anderen Seite aus dem Bach geritten. Artep machte ein Zeichen an die Stelle, wo die Fährte wieder begann und Raunaj ritt so schnell er konnte zurück, um Sir Oontz und Rocra zu holen. Artep machte sich indessen an die Verfolgung. Sie wollten die Spur nicht zu lange aus den Augen lassen, das Gras würde sich schneller aufrichten, als einem lieb sein konnte und dann konnten sie die Verfolgung vergessen.
Die Sonne war bereits aufgegangen und Artep mußte vorsichtig sein, damit er nicht in einen Hinterhalt lief. Artep wußte nicht, wie schlau die Männer waren, aber daß sie ihre Spuren versucht hatten zu verwischen, zeugte davon, daß sie davon ausgingen, daß man sie verfolgen würde und in dem Fluß zu reiten, war keine schlechte Idee, mußte er anerkennend zugeben.
Die Spuren wurden immer deutlicher und das Gras lag immer noch flach auf dem Boden. Die Männer konnten nicht sehr weit vor ihm sein. Entweder fühlten sie sich sicher, oder aber sie machten extra langsamer, um dann einen Hinterhalt zu legen.
Artep blieb einen Moment unschlüssig stehen, aber dann faßte er den Entschluß, daß er die Spur weiterverfolgen wollte.
Die Spur war so deutlich vor ihm, daß er vom Pferd abstieg und sich zu Fuß weiter der Verfolgung widmete, ein weiser Entschluß, wie er kurz darauf feststellen mußte.
Keine dreißig Schritte später, entdeckte er eine Stelle, an der die Reiter abgestiegen waren. Es waren überall frische Fußspuren zu sehen, die sich alle in eine Richtung bewegten.
Etwas weiter vor sich sah Artep einen kleinen Wald. Er war sich fast sicher, daß die Männer eine, oder aber auch mehrere Männer als Wache aufgestellt hatten und daher blieb Artep hinter einigen Büschen liegen und wartete auf Raunaj, Rocra und Sir Oontz.
Artep brauchte nicht lange auf die anderen zu warten und als Sir Oontz sich neben ihn kniete und in die Richtung des Waldes blickte, wollte er von Artep wissen, wie es aussah.
„Die Spuren sind ganz frisch, Sie sind dort vorne abgestiegen und den Rest zu Fuß gegangen, genau auf diesen Wald zu. Ich denke, daß sie sich dort verborgen halten. Ich weiß aber nicht, ob sie eine Wache aufgestellt haben, oder nicht.“ berichtete Artep und Sir Oontz nickte.
Er schaute sich sehr aufmerksam um und wandte sich dann an die drei Jäger.
„Wir gehen wie folgt vor. Artep, du wendest dich nach links und kommst anschließend von der linken Seite auf den Wald zu, aber bleib in Deckung. Raunaj, du machst es genauso, von der rechten Seite und Rocra und ich gehen direkt frontal vor. Nimmt eure Bögen zur Hand und wenn ihr freies Feld habt, dann erledigt die Bastarde. Egal wie ihr es macht, aber sie müssen ausgeschaltet werden. Sie vermuten wahrscheinlich nicht, daß wir schon da sind und erst recht nicht, daß wir von drei Seiten kommen. Wir haben den Überraschungseffekt auf unserer Seite. Wenn ihr jeweils in Position seid, dann gebt ein Zeichen. Ihr beherrscht alle den Adlerruf?“ wollte Sir Oontz wissen und erhielt ein einstimmiges nicken.
„Gut, dann jeweils ein Ruf, wenn ihr in Position seid und wenn ich zweimal direkt hintereinander den Ruf erklingen lasse, dann schlagen wir sofort los und es muß sehr schnell gehen.“ meinte Sir Oontz und deutet mit einem Handzeichen an, daß sie sich auf ihre Positionen begeben sollten.
Während Artep und Raunaj nach links und rechts davon krochen, huschten Sir Oontz und Rocra, geschickt die Büsche als Deckung nutzend, zum Waldrand vor.
Es war niemand zu sehen, aber ein Stück weiter vor sich, hörten sie lautes Gegröle und Sir Oontz gab Rocra ein Zeichen, daß sie weiter heran mußten.
Es waren sechs Männer, wie Sir Oontz feststellte und Rocra gab das verabredete Zeichen, daß sie an ihrem Platz waren, kurz darauf erklang von rechts und knapp danach von links, derselbe Ruf.
Lady Diara und Ixa saßen mit gefesselten Händen auf dem Boden und die Männer, allen voran ein Hüne von einem Kerl, genau wie Artep vermutete hatte, trieben ihre Späße mit den Frauen und riefen ihnen Obszöne Dinge zu.
Sir Oontz war nicht unbedingt zart besaitet, aber diese Ausdrücke ließen ihm doch die Haare zu berge stehen und auch Rocra erging es nicht anders, wie Sir Oontz mit einem schnellen Seitenblick feststellte.
Rocra hatte bereits seinen Bogen gespannt und zielte auf einen der Männer. Sir Oontz schaute ihn an, hob fragend die Augenbrauen und Rocra nickte. Sir Oontz nickte leicht zurück und stieß gleich darauf zweimal den Ruf des Adlers aus.
Der letzte Ruf war noch nicht einmal richtig verklungen, als auch schon drei der Männer zu Boden fielen. Kurz danach folgten die anderen drei und Sir Oontz, der aufgesprungen war und bereits auf die kleine Lichtung zurannte, um sich um die Männer zu kümmern, die nicht sofort zu Boden fallen würden, blieb erstaunt stehen.
Sir Oontz wußte, daß die Jäger hervorragende Schützen waren, aber daß sie auch so schnell hintereinander zwei Pfeile abschießen konnten, damit hatte Sir Oontz nicht gerechnet und mit einem Blick sah er, daß jeder ihrer Pfeile sein Ziel getroffen hatte. Bei allen Männern, die zu Boden gefallen waren, ragte der Schaft eines Pfeils aus der Stirn und Sir Oontz brauchte sich nicht mehr die Mühe machen, um nachzusehen, ob einer von ihnen noch am Leben sein sollte.
Schulterzuckend wandte er sich dann den beiden Frauen zu und bückte sich, um deren Fesseln durchzuschneiden. Lady Diara und Ixa schauten Sir Oontz mit einem leichten Lächeln an und beide fragten zur gleichen Zeit, warum er so lange gebraucht hatte und dann lachten sie, als Sir Oontz, und jetzt auch die Jäger, die schnell herbeigeeilt waren, sie mit offenen Mündern anstarrten.
„Wir hätten uns wahrscheinlich gar nicht so beeilen brauchen. Ihr hattet ja anscheinend euren Spaß in deren Begleitung.“ erwiderte Sir Oontz, aber er konnte ihren Gesichtern ansehen, daß dem nicht so war.
„Eigentlich nicht. Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich Todsängste ausgestanden. Meine geheimnisvolle Kraft hat keinen Alarm geschlagen und sich auch, während wir unterwegs waren nicht gemeldet. Genau wie der alte Mungram es vorhergesagt hatte. Wie konnten die überhaupt in das Lager kommen?“ wollte Lady Diara wissen und schaute die Jäger an, die betreten ihren Kopf schüttelten.
„Ich habe keine Ahnung. Sie haben sich angeschlichen, als wir gerade die Wache wechseln wollten. Nachdem ich Rocra mit einer dicken Beule am Kopf, gefunden hatte, haben wir uns sofort auf die Suche gemacht. Ab sofort, wird eine Wache immer beim Lager bleiben, um so etwas zu vermeiden.“ erklärte Sir Oontz und half Ixa auf die Beine.
„Und was machen wir jetzt mit denen da?“ wollte Artep wissen, wobei er auf die toten Männer zeigte.
Sir Oontz überlegte einen Moment und dann entschied er sich.
„Wir lassen sie wo sie sind. Wir haben keine Zeit und auch nicht mehr genug Kraft, um sie zu Begraben. Die Natur wird sich um sie kümmern, wie auch immer. Wir müssen uns beeilen. Ellov und Xamoed sind bereits in Arikasch und besorgen den nötigen Proviant und wir sollten so schnell als möglich zu ihnen stoßen. Außerdem denke ich, daß wir jetzt mehr denn je ein heißes Bad gebrauchen können.“
Ixa war zwar ein wenig Überrascht, über diese Kaltblütigkeit, mit der Sir Oontz die toten Männer behandelte, aber dennoch sah sie ein, daß er recht hatte. Sie durften keine Zeit mehr vergeuden, denn Ixa spürte, daß ihnen eben diese davonlief.
„Worauf warten wir dann noch?“ wollte Lady Diara wissen und machte sich, gestützt von Raunaj, auf den Weg zu ihren Pferden.
Da sie die beiden Reiterlosen Pferde von Lady Diara und Ixa am Lager gelassen hatten und Xamoed diese mit in den Ort genommen hatte, ritt Ixa bei Sir Oontz mit und Lady Diara bei Raunaj.
Es wurde bereits dunkel, als sie den Ort Arikasch erreichten und Sir Oontz sofort die Herberge ansteuerte, in der er Xamoed und Ellov vermutete.
Xamoed und Ellov saßen in der hintersten Ecke der Gaststube und sprangen sofort auf, als sie Sir Oontz und die anderen hereinkommen sahen, aber Sir Oontz gab mit einem schnellem Wink zu verstehen, daß sie den Mund halten und sich wieder setzen sollten.
Mit gedämpften, aber sehr freudigen Worten wurde sich Begrüßt und als Sir Oontz für sie alle Ubrebier bestellt hatte und dieses vor ihnen stand, schilderten er und Rocra, wie die Verfolgung gelaufen war.
„Und euch geht es wirklich gut?“ wollte Ellov an Lady Diara gewandt wissen, die doch etwas müde und ausgelaugt wirkte.
„Ja, mir geht’s gut. Ich bin nur etwas müde, aber wie sieht’s bei euch aus? Habt ihr alles bekommen, was wir benötigen?“ fragte Lady Diara zurück und Ellov nickte.
Xamoed berichtete, daß sie ziemlich dumm angeschaut worden waren, als sie den Ort erreichten, da sie zwei Reiterlose Pferde dabei hatten und als sie die Menge an Proviant kauften, die sie ja für sechs Personen benötigten, kam der Ladenbesitzer aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Xamoed erzählte dies so anschaulich, daß den anderen nichts anderes übrig blieb, als zu lachen und als Ellov dann genau so anschaulich berichtete, wie sie hier her kamen, nach mehr als nur einem Zimmer fragten, dann gleich sieben Zimmer bestellten und dem Herbergsbesitzer dabei fast die Augen ausfielen, Ellov amte ein sehr anschauliches Gesicht des Besitzers nach, verschluckten Sir Oontz und Rocra sich dabei, als sie gerade von dem Bier tranken und gleichzeitig lachen mußten, was die anderen in lautes Lachen versetzte.
Sir Oontz stand nach einiger Zeit dann auf und begab sich zu dem Herbergsbesitzer, um Essen für sie zu bestellen, da auch Xamoed und Ellov noch nichts gegessen hatten und wollte anschließend noch wissen, ob sich die Möglichkeit noch geben ließe, für sie alle ein Bad herzurichten.
„So eine große Badewanne habe ich nicht.“ meinte der Besitzer und grinste, als er Sir Oontz verdutztes Gesicht sah, aber dann lachte Sir Oontz und nickte.
„Ich gebe zu, daß ist ein Verführerischer Gedanke, aber es wäre besser, wenn wir jeweils eine Wanne für einen bekommen könnten. Wäre das machbar?“ fragte Sir Oontz nach und der Herbergsbesitzer nickte.
„Ich möchte euch nicht zu nahe treten, aber ihr seht so aus, als ob ihr eine lange Reise hinter euch habt.“ meinte der Herbergsbesitzer und Sir Oontz nickte.
„Darf ich fragen, wo her ihr kommt?“ wollte der Mann wissen und Sir Oontz schaute ihn einen Moment an und nickte dann erneut.
„Sicher dürft ihr das Fragen. Wir kommen aus Haus Sky´s, aus dem Lande Nevaeh.“ erwiderte Sir Oontz und der Herbergsbesitzer stieß einen leisen Pfiff aus.
„Das ist aber ein verdammt langer Weg.“
„Da habt ihr recht und wir müssen morgen schon wieder weiter. Wie ist es nun mit dem Essen und dem Bad?“ fragte Sir Oontz nach, da er diese Unterhaltung beenden wollte.
„Das Essen kommt sofort und selbstverständlich könnt ihr danach noch ein Bad nehmen.“ erwiderte der Besitzer der Herberge und Sir Oontz wandte sich um, um zu den anderen zurückzukehren, aber der Mann hielt ihn noch einmal auf.
„Lady Diara ist doch die Herrscherin von Nevaeh, nicht wahr?“ fragte der Mann und Sir Oontz nickte.
„Ich habe schon einiges über diese Frau gehört, sie soll ja unsagbar schön sein, aber wie ich sehe, ist sie wohl nicht dabei, bei eurer Runde da.“ und Sir Oontz schüttelte den Kopf.
„Glaubt ihr allen ernstes, daß Lady Diara sich auf einem Pferderücken, quer durch Lavia, bis hier her bemühen würde?“ wollte Sir Oontz wissen und schaute den Mann durchdringend an.
Diesmal schaute der Herbergsbesitzer etwas verblüfft und schüttelte dann den Kopf.
„Ein Punkt für euch. Nein, wohl kaum. Das Essen kommt gleich und das Badewasser bereite ich vor.“ erwiderte der Mann und ließ Sir Oontz dann stehen.
„Was wollte er?“ wollte Xamoed wissen, nachdem Sir Oontz sich wider an den Tisch gesetzt hatte. Xamoed hatte sich zwar an den Gesprächen am Tisch beteiligt, aber dennoch sehr aufmerksam Sir Oontz und den Wirt beobachtet.
Er erklärte den anderen, daß er Essen bestellt habe und das sie danach noch ein Bad bekommen würden und das der Mann wissen wollte woher sie kamen und Sir Oontz ihm dies gesagt habe. Allerdings verschwieg er, daß der Herbergsbesitzer Lady Diara als eine unsagbare Schönheit bezeichnet, diese aber nicht erkannt hatte. Er wollte später alleine mit Lady Diara darüber reden.
Sie brauchten nicht lange zu warten, bis das Essen serviert wurde und wie Sir Oontz fand, war es sehr gut und auch reichhaltig und nach dem Essen bekamen sie noch eine Runde Ubrebier, die der Herbergsbesitzer auf Kosten des Hauses spendierte.
Schließlich kam die Bedienstete, die ihnen auch das Essen gebracht hatte, eine recht korpulente, aber sehr nette Frau, die in sauberen Kleidern steckte, was nicht immer selbstverständlich war, wie Sir Oontz des öfteren schon erlebt hatte und erklärte ihm, das daß Badewasser fertig sei.
Allerdings hätten sie nur drei Wannen, die auch alle in einem Raum stünden, setzte die Frau noch hinterher und Sir Oontz nickte ihr zu. Wie es sich gehörte, entfernte sie sich etwas von dem Tisch und wartete darauf, daß sie ihre ersten Gäste in das Badehaus führen konnte.
Sir Oontz beugte sich über den Tisch und verlangte ein klein wenig Ruhe, die er auch bekam.
„Mir wurde gerade gesagt, daß das Badewasser fertig sei, Moment, nicht so hastig. Sie haben nur drei Wannen und die stehen alle in einem Raum. Ellov und Ixa, ihr geht zusammen mit Lady Diara zuerst Baden. Rocra, Artep und Raunaj, ihr geht hinter das Haus und achtete darauf, daß sich niemand dem Zimmer des Badehauses nähert, wir anderen beziehen vor der Tür Posten. Wir können uns keinen Schnitzer mehr erlauben und das ist im Moment der sicherste Weg.“ meinte Sir Oontz und sofort standen die drei Frauen und die drei Jäger, die hinter das Haus gehen sollten, auf. Bevor Lady Diara jedoch den Tisch verlassen konnte, wandte Sir Oontz sich noch einmal schnell an sie.
„Tut mir einen Gefallen und sagt niemanden euren Namen, es hat seine Gründe.“ versicherte Sir Oontz schnell, als er Lady Diaras Blick begegnete und diese nickte. Sie wußte, daß Sir Oontz nicht umsonst so etwas sagte und solange sie sich in der Gegenwart fremder Menschen befanden, würde sie gar nichts sagen, entschied sie für sich selbst.
Während Rocra, Artep und Raunaj, sich schnell hinter das Haus begaben, führte die Bedienstete die drei Frauen und Sir Oontz und Xamoed, in dem hinteren Teil der Herberge, dort wo auch die Küche lag.
Allerdings gingen sie an der Küche vorbei und hielten zwei Türen weiter an. Die Bedienstete meinte, daß hinter dieser Tür die Wannen stehen würden, und daß das Wasser noch heiß wäre, dann drehte sie sich um und verließ sie wieder, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Sir Oontz betrat als erster den Raum, schaute sich schnell, aber gründlich um und gab dann den Weg frei.
„In Ordnung, auf zum vergnüglichem planschen. Laßt euch Zeit, Xamoed und ich sind vor der Tür, wenn was sein sollte.“ meinte Sir Oontz und Lady Diara bedankte sich, ebenso wie Ixa, die ihm einen schnellen Kuß aufdrückte.
Das Baden verlief ohne Komplikationen und die Frauen begaben sich anschließend in ihre Gemächer, wo Sir Oontz vor den Türen Posten bezog, während Xamoed und Artep hinten Wache bezogen und die anderen ihr Bad genossen. Sir Oontz war der letzte, der schnell Baden ging und er empfand es als eine sehr erholsame Wohltat.
Allerdings wollte er sich nicht zu lange, diesem erholsamen Badespaß aussetzen, da er immer noch an den frühen morgen denken mußte. Sie waren zu leichtsinnig geworden, hatten nicht mehr so genau ihre Pflicht getan und darum konnten diese Kerle auch in ihr Lager kommen, aber das würde nie wieder geschehen, versprach er sich selbst.
Die Wache wurde so eingeteilt, daß sich immer zwei Mann an der Rückfront des Hauses befanden und einer auf dem Gang seinen Posten bezog, während die anderen beiden Schlafen sollten.
Sir Oontz schickte zuerst Rocra und Xamoed ins Bett, weil Rocra, starke Schmerzen hatte, wo ihn der Schlag am Kopf getroffen hatte und Xamoed, weil dieser bereits alles Vorbereitet und gekauft hatte, als sie hier ankamen. Rocra würde die letzte Wache mit übernehmen, da er sich erst einmal richtig ausschlafen sollte. Zwar würde das unter den gegebenen Umständen nicht so Funktionierte, wie es eigentlich hätte sein sollen, aber dennoch würde Rocra sie nicht im Stich lassen, dessen war Sir Oontz sich sicher. Er brauchte Rocra auch nicht zu wecken, da dieser von allein Aufstehen würde, wenn seine Zeit da war, um die Wache abzulösen.


Drei

Wenn man viele Tage lang, nur auf der Erde schläft, lernt man schnell eine weiche Matratze und eine dicke Decke zu schätzen. Besonders nach einem langen wohltuenden Bad.
Ich habe an diesem Tag festgestellt, daß meine geheimen Kräfte, mir nicht gegen Menschen helfen. Ich weiß aber, wenn ich diese Kraft beherrschen lerne, daß ich sie auch zu jederzeit und gegen jedwede Gefahr, einsetzen kann.


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 16. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Sir Oontz, der die ganze Nacht über, die Wache auf dem Gang, vor ihren Zimmern gehalten hatte, weckte die anderen schon sehr früh am Morgen.
Durch den gestrigen Zwischenfall, hatten sie doch mehr Zeit verloren, als er dachte und auch Sir Oontz spürte und sah, daß ihre Zeit langsam knapp wurde.
Keiner von ihnen hatte richtig Ausgeschlafen, aber es murrte auch keiner und Artep und Raunaj, sattelten die Pferde, während die anderen den Proviant auf die Pferderücken verteilten.
Der Ort Arikasch lag noch im tiefen Schlaf, als die acht Reiter, langsam aus dem Ort herausritten.
Erst als sie den Ort ein kleines Stück hinter sich gelassen hatten, gab Sir Oontz die Zügel frei und das Pferd schoß im vollen Galopp über das Land, so wie in den vergangenen letzten sechzehn Tagen. In den nächsten drei Tagen machten sie nur jeweils eine Rast und immer nur die Rast, wenn sie ihre Nachtruhe einlegten. Sir Oontz hatte den Proviant begutachtet, den Xamoed und Ellov in Arikasch besorgt hatten und war zu dem Entschluß gekommen, daß sie, ohne einen weiteren Zwischenstop in irgendeinem Ort einzulegen, die Bergstadt Selgna, mit diesem Proviant erreichen könnten.
Von Arikasch mußten sie erst einen Bogen reiten, da sie den direkten Weg verlassen hatten, um wieder auf die richtige Route zu gelangen und das kostete sie einen Tag. Mit der Rast in Arikasch und den Zwischenfällen, hatten sie gut zwei Tage verloren und die wollte Lady Diara jetzt wieder heraus holen, wie sie Sir Oontz mitgeteilt hatte.
Von Arikasch aus, mußten sie noch gute vierzehn Tage rechnen, bis sie Selgna erreichen würden und der schwierigste Teil davon war, der Weg durch die Berge.
Aber soweit waren sie noch nicht. Es konnte noch alles mögliche bis dahingeschehen, Sir Oontz wollte es zwar nicht heraufbeschwören, aber passieren konnte immer etwas. Nach dem vierten Tag legten sie wieder zwei Pausen am Tag ein und ab dem siebten Tag mußten die Jäger wieder ihre Bögen und Pfeile hervor holen und sie mit frischem Fleisch versorgen. Und wie Sir Oontz vermutete hatte, geschah am zwölften Tag ihrer Abreise aus Arikasch, eben dieser Zwischenfall, der sie erneut in ihrem Zeitplan nach hinten warf.
In dem kleinen Wald, in dem die Jäger auf Jagd gingen, gab es auch ein Rudel Hirsche.
Aber irgend etwas war anders als sonst. Für gewöhnlich liefen diese Hirsche weg, wenn sie jemanden in ihrer Nähe spürten, aber diese nicht. Entweder hatten sie die Jäger nicht bemerkt, was für die Jäger sehr schmeichelhaft war, oder sie witterten einfach keine Gefahr, von den Menschen, die ihnen begegneten.
Aber als Xamoed mit einem Pfeil eine Hirschkuh niederstreckte, war es mit der Ruhe in diesem Wald geschehen.
Sofort hatten die Hirsche den Geruch des Todes in der Nase und begannen in Panik zu geraten.
Und auch jetzt verhielten sie sich nicht so, wie sie es normalerweise taten, sie liefen nicht weg, sondern rannten auf die Jäger zu.
Xamoed und Raunaj waren an diesem Tage auf der Jagd und Raunaj war so verblüfft darüber, daß die Hirsche auf ihn zukamen, daß er wie erstarrt, einfach nur da stand.
Xamoed hatte sich schnell auf einen Baum geflüchtet und er rief Raunaj noch zu, daß er da weg sollte, aber es war zu spät.
Ein riesiger Hirschbulle, senkte den Kopf und rammte Raunaj sein Geweih genau in die Leibesmitte, hob ihn hoch in die Luft, wo der Jäger sich ein paar mal in der Luft drehte, erwischte ihn dann noch einmal mit dem Geweih, wonach Raunaj erneut in die Luft geschleudert wurde.
Xamoed sah, daß Blut aus Raunajs Mund spritzte und hoffte inständig, daß es nur eine aufgeplatzte Lippe sein würde. Schließlich landete Raunaj hinter dem Hirschbullen und fiel genau in den Weg, der durchgedrehten Herde und wurde von mehreren Hufen böse getroffen.
Schließlich war der Spuk vorbei und Xamoed sprang von seinem Baum herunter und eilte auf Raunaj zu, der bewegungslos auf dem Boden lag.
Vorsichtig berührte er ihn und drehte ihn auf den Rücken, aber Xamoed stellte sofort fest, daß hier nichts mehr zu machen war, obwohl Raunaj noch atmete.
Aber der Brustkorb war stark eingefallen und Xamoed war sich sicher, daß er zerquetscht war, ebenso wie das Gesicht, in dem anscheinend die Kiefer mehrmals gebrochen waren, zumindest hatten sich Spitze Knochen durch die Wangen gebohrt.
Raunaj machte noch einmal kurz die Augen auf und schaute Xamoed an. Er konnte sehen, daß Raunaj keinen Schmerz empfand, wahrscheinlich war er dem Tod schon näher, als dem Leben, aber Raunaj griff nach seiner Hand und in dem Moment, als er sie drückte, um seinem langjährigen Freund Trost zu spenden, erlosch das Leben in den Augen seines Freundes und der Kopf fiel auf die Seite.
Er verspürte im Moment keine Trauer, auch keinen Schmerz, sondern eher so eine Art Gefühl des Verlustes. Noch war der Verlust seines Freundes ihm nicht richtig zu Bewußtsein gekommen, aber das würde wohl bald geschehen. Langsam hob er den Toten Raunaj auf und ging mit ihm auf den Armen, zurück zum Lager.
Sir Oontz sah ihn als erster und er mußte zweimal hinschauen, bis er erkannte, wen, oder was, Xamoed da auf den Armen trug.
„Oh ihr Götter.“ meinte Sir Oontz und dieser Ausruf war so voller Entsetzen, daß alle anderen ihre Aktivitäten einstellten und ihn ansahen, aber Sir Oontz rannte bereits auf Xamoed zu und dann sahen die anderen auch, was Sir Oontz so in Entsetzen versetzt hatte.
Bewegungsunfähig und völlig erstarrt vor Schrecken, über den leblosen Körper, den Xamoed in Armen hielt, sahen sie zu, wie Sir Oontz und Xamoed das Lager erreichten.
Xamoed ging zu der Stelle, an der eigentlich der Schlafplatz von Raunaj sein sollte, legte ihn auf dessen Decke und deckte ihn dann zu. Anschließend trat er einen Schritt zurück und schaute die anderen an.
„Er ist tot.“ meinte Xamoed nur und alle hielten die Luft an. Schließlich trat Sir Oontz neben ihn und wollte wissen wie es geschehen war.
Xamoed erzählte Sir Oontz und auch den anderen, wie es dazu gekommen war und er zeigte immer noch keine Trauer, sondern schien verwirrt zu sein, verwirrt darüber, daß Raunaj tot sein sollte, daß er nie wieder mit diesem Mann seine Späße machen konnte und dann schien es in seinem Bewußtsein Klick zu machen und Tränen begannen über seine Wangen zu laufen.
Sir Oontz überließ es Ixa, sich um Xamoed zu kümmern, da er wußte, wie stark ihre tröstenden Berührungen und Worte waren und winkte Rocra zu sich heran.
„Du bleibst hier und achtest ein wenig mit auf Xamoed, Artep und ich sehen uns in der Nähe um, nur um sicher zu gehen, daß diese Herde nicht durch Zufall unser Lager überrennt.“ sprach er Rocra dann an und mußt ihn etwas anstoßen, um sicher zu gehen, daß er ihn verstanden hatte.
„Ja, ist in Ordnung.“ murmelte Rocra und starrte auf den Leichnam seines Freundes. Auch Artep hatte Schwierigkeiten, sich auf die Aufgabe zu Konzentrieren, die Sir Oontz mit ihm vorhatte, aber die beiden durchkämmten die nähere Umgebung, konnten allerdings keinerlei Anzeichen einer Hirschherde entdecken, nur die tote Hirschkuh fanden sie, ließen sie aber vorerst noch da liegen, wo sie war.
Lady Diara war genauso Schockiert über den toten Raunaj, wie alle anderen auch, aber sie ließ sich nichts anmerken.
< Du bist also der erste, der auf der Strecke bleibt. Aber ich habe nicht damit gerechnet, daß eine einfache Hirschherde dich töten würde, oder war das keine einfache Hirschherde? Aber meine Kraft hat sich nicht gemeldet. Jedem war klar, daß diese Reise gefährlich werden könnte, aber ich bin sicher, das Xamoed nicht lange brauchen wird, um mir die Schuld zu geben. Wird er die anderen gegen mich Aufhetzen? Wird er sich von unserer Gemeinschaft abwenden und wieder nach Hause reiten? Was kann ich tun? Nichts kann ich tun. Ich muß meinen Weg weitergehen, egal was kommt, und wenn ich alleine weiterreiten muß, dann werde ich dies tun. Und wenn die anderen mir weiterhin folgen, wie viele von ihnen werden noch den Tod finden? Wie viele müssen noch sterben, bis alle anderen nicht mehr weiter wollen? > Fragen über Fragen stürmten auf Lady Diara ein und sie machte sich Vorwürfe, daß sie so viele Leute auf ihrer Reise begleiteten. Zwar war der Schutz natürlich besser, aber auch die Gefahr, schneller jemanden zu verlieren und dann alle gegen sich aufzuwiegeln, war größer. Sie spürte, wie ein großer Schatten sich über ihre Reise legte und alles versuchte gegen sie zu wenden, aber das wollte sie nicht mit sich machen lassen.
Bevor jemand auf die Idee kommen konnte, sie mit Worten anzugreifen, ging sie zu Xamoed und Rocra hin, die sich mit Ixa unterhielten.
„Xamoed, es tut mir leid.“ meinte sie dann zu Xamoed gewandt, aber Rocra winkte ab. Allerdings antwortete Xamoed, bevor Rocra was sagen konnte.
„Was tut euch leid?“ wollte Xamoed wissen und schaute sie aus Tränenverschleierten Augen an, aber kaum das er sie gefragt hatte, verstand er auch schon, was Lady Diara meinte.
„Ihr glaubt, daß ihr schuld an Raunajs Tod seid? Ich bitte euch, Lady Diara. Es war ein ganz normaler Jagdunfall, nichts womit ihr, oder diese Reise in Verbindung zu bringen wärt. Er hat nicht schnell genug reagiert, war einen Moment lang zu verblüfft und das hat ihn das Leben gekostet.“ erklärte Xamoed und Lady Diara sah und spürte, daß er es ernst meinte, daß er nicht ein bißchen Groll gegen sie hegte.
„Danke.“ war alles, was Lady Diara darauf hin erwiderte und ließ ihren Gefühlen freien Lauf.
Sie beugte sich zu Xamoed hinunter, nahm ihn in die Arme und drückte ihn fest an sich und in diesem Moment liefen auch Lady Diara die Tränen über.
Sie wollte es nicht, wollte nicht weinen, wollte nicht den ganzen Druck frei heraus lassen, der sich in ihrer Brust gesammelt hatte, aber sie konnte nichts dagegen machen und für eine geraume Zeit, standen Xamoed und Lady Diara engumschlungen in ihrem Schmerz da und trösteten sich gegenseitig.
Als Xamoed ihr erklärte, übrigens auch Rocra und die anderen Jäger, erklärten ihr, daß es ein Jagdunfall war, der immer wieder einmal geschah, fiel ihr ein Stein vom Herzen und ihr Befürchtungen, daß ihre Gruppe, die sich in dem guten Monat, den sie nun schon unterwegs waren, fast zu einer Familie zusammengefügt hatte, auseinanderbrechen würde, erfüllte sich nicht.
Nachdem Sir Oontz und Artep wieder im Lager angekommen waren, hatten sich die Anwesenden etwas beruhigt. Sir Oontz teilte ihnen mit, daß die Hirschherde nirgends zu sehen gewesen wäre und wahrscheinlich keine Gefahr von dieser Seite aus zu befürchten sei.
Nach einem kurzen Ratschlag, wurde beschlossen, Raunaj an diesem Ort seine letzte Ruhe zu gönnen. Er hatte keine Eltern mehr und auch sonst keine lebenden Verwandten und von daher wäre es Xamoed, der sein bester Freund gewesen war und auch den anderen Jägern, recht, wenn sie Raunaj dort beerdigen würden, wo die wilden Tiere ihn nicht ausgraben konnten.
Es wurde eine Grab ausgehoben, bei deren Arbeit sich die Männer abwechselten und das gut zehn Fuß tief war. Die, die nicht an dieser Arbeit beteiligt waren, begannen die Hirschkuh zu zerlegen und für den Verzehr vorzubereiten.
Ellov und Ixa hatten ganz in der Nähe einige kleinere und größere Felsbrocken gefunden, die sie dazu benutzen wollten, das Grab abzudecken.
Lady Diara fertigte aus Ästen und einigen Blumen und anderen Dingen, ein sehr schönes Kreuz zurecht, daß sie als Grabdenkmal benutzen wollten, außerdem steckte Xamoed noch Raunajs Schwert direkt neben das Kreuz und die anderen beiden Jäger legten den Boden und die Pfeile auf das Grab.
Sir Oontz hielt eine ansehnliche Rede über das Leben von Raunaj, daß er ein sehr guter Jäger und Freund gewesen sei und das er immer für einen da war, wenn er gebraucht wurde.
An diesem Tag wurde nicht mehr viel gesprochen, aber sie machten sich am nächsten Tag nicht sogleich wieder auf die Reise, so schwer es Lady Diara und auch Sir Oontz fiel.
Lady Diara hatte einen Tag Ruhe verhängt, so daß sie alle genug Zeit haben würden, sich von dem verstorbenen zu verabschieden, aber besonders dachte sie dabei an Xamoed, der doch sehr unter diesen Verlust litt.
Auch dieser Tag verlief sehr ruhig. Es wurde zwar geredet und sich unterhalten, aber das Gelächter, welches sonst die Runde auflockerte, wenn sie an einem Lagerfeuer saßen, fehlte.
Schließlich war der Trauer genüge getan und die Gruppe machte sich wieder auf den Weg, lediglich das Reiterlose Pferd, welches sie nun bei sich führten, zeugte davon, daß einer aus ihrer Gruppe fehlte.
Die Tage vergingen, ohne das ein erneuter Zwischenfall sie aufgehalten hätte und am einunddreißigsten Tag ihrer Reise erreichten sie die ersten Ausläufer der Ragnier Bulc Bergkette.
Sie befanden sich kurz vor dem Land Gatreif und würden noch knappe drei Tage benötigen, um zum fuße der Bergkette zu gelangen, wo sie dann einen sehr beschwerlichen Weg in die Berge nehmen mußten.
Die Bergkette selbst, war schon als gezackte Linie am Horizont zu sehen und man konnte erahnen, daß die Ragnier Bulc Bergkette eine sehr mächtige Felsformation war und eine sehr schöne dazu, wie Lady Diara bei sich feststellte.
Lady Diara hatte ihr ganzes Leben lang in Nevaeh zugebracht und bewunderte natürlich die Landschaft um sich herum, die ihr so fremd war, wie einem neugeborenen Baby seine Umwelt. Sie fand viele der Gegenden sehr schön, hatte aber auch erfahren müssen, daß sich überall Gefahren verbargen. Und wenn sie die Ragnier Bulc Bergkette hinaufreiten würden, dann würde es richtig gefährlich werden, wie Sir Oontz ihr einmal versichert hatte. Dort gab es tiefe Schluchten, die anscheinend ins nichts führten und aus denen man wohl nie wieder herauskommen würde und teilweise so steile und enge Wege, daß jeder falsche Schritt tödlich enden konnte. Aber dennoch empfand Lady Diara diese gewaltige Bergkette, die sich, je näher sie ihr kamen, scheinbar bis in den Himmel erstreckte, vielleicht sogar bis zu den Göttern hinaufreichte, als sehr schön und -göttlich-, ein anderes Wort fiel ihr dafür nicht ein, aber es spiegelte ihr empfinden wieder.
Ixa und Ellov erging es genauso und obwohl Sir Oontz und auch die Jäger, schon oft hier gewesen waren, empfanden auch sie, diese Gigantische Form der Natur, als erhaben.
Schließlich erreichten sie den Fuß der Bergkette und Sir Oontz führte sie einen weiteren Tag lang da entlang, bis er den Weg gefunden hatte, der sie hinauf, nach Selgna bringen würde.
Lady Diara wußte, neben den Berichten der Menschen, die hier wohnten und ein oder zwei mal zu ihr gekommen waren, von Sir Oontz, daß diese Gegend eigentlich recht stark bevölkert sein sollte, aber sie waren die ganze Zeit über, niemandem begegnet, woran mochte das wohl liegen?
War das Böse hier schon eingezogen und versteckten die Menschen sich jetzt, oder mußte sie als Gefangene irgendwo Arbeiten?
< Du bist wirklich schon leicht durchgedreht. Natürlich gibt es hier nichts böses. Das große Sommerfest steht an, zu Ehren von Rolyad und dafür machen sich die Leute fertig. Du solltest immer daran denken, daß auch die Leute, die nicht zu deinem Sommerfest kommen, dieses Fest feiern und dafür sind viele Vorbereitungen von Nöten, also mach nicht immer so einen Tanz. > schollt sie sich selbst und mußte grinsen.
„Hier ist der Anfang von dem Weg, der uns nach oben führt. Wir werden knapp einen ganzen Tag für den Aufstieg brauchen. Es wird bald dunkel und der Weg ist schon bei Tageslicht recht gefährlich und des nachts, ist er so gut wie tödlich, wenn man ihn nicht auswendig kennt. Wir werden hier Rasten und morgen, kurz vor Sonnenaufgang, aufbrechen, so können wir Selgna noch erreichen, bevor es wieder dunkel wird.“ teilte Sir Oontz mit und saß bereits ab.
Während Ixa, Ellov, Artep und Xamoed sich in der Nähe umsahen, um Holz für ihr Lagerfeuer zu sammeln, bereiteten Sir Oontz, Rocra und Lady Diara das Lager vor. Sir Oontz sattelte die Pferde ab und versorgte sie, während Rocra und Lady Diara Vorbereitungen für das Abendessen trafen.
Sie würden heute das meiste ihres Proviants verbrauchen, aber sie konnten sich ja in Selgna wieder versorgen.
< Selgna, > dachte Lady Diara, <Sir Oontz hatte die Jäger bis hier her verpflichtet sie zu Begleiten. Selgna ist das erste Ziel, aber nicht das letzte. Ich muß erst einige Erkundigungen einziehen, bevor ich weiter machen kann. Ab Selgna steht es den Jägern frei weiter mit zu kommen, oder aber nach Hause zurückzukehren, aber darüber werde ich mir morgen Gedanken machen. > entschied Lady Diara.
„Was habt ihr?“ wollte Rocra wissen, der Lady Diaras sorgenvolle Mine sah, aber Lady Diara winkte ab.
„Nichts von Bedeutung, jedenfalls nicht heute. Kommt, laßt uns unsere Reste zu einem halbwegs vernünftigem Mahl zusammenstellen, die anderen werden hoffentlich bald wieder da sein, damit wir Essen können, so langsam bekommen ich Hunger.“ lenkte sie Rocra ab, was allerdings nicht Funktionierte, aber Rocra spürte, daß Lady Diara nicht darüber reden wollte, daher schwieg er und half ihr bei den Vorbereitungen.
Es war nicht das erste mal, das Rocra bei den Vorbereitungen für ein Mahl half und es hatte sich schnell herausgestellt, daß er ein hervorragender Koch war.
Es war alles andere, als ein ruhiges Abendessen, es wurde viel geredet, viel geplappert und es wurde sogar, daß erste mal, seit dem Tod von Raunaj, wieder gelacht. Sie alle waren aufgeregt, sie hatten ihr erstes Ziel erreicht und wurden zusehend ungeduldiger, endlich nach Selgna zu kommen. Und obwohl sie am nächsten morgen früh aufstehen wollten, gelang es niemanden von ihnen, an diesem Abend, sich früh schlafen zu legen.
Sir Oontz stand zwischendurch einmal auf, um sich die Beine zu vertreten, wie er sagte und bat die Jäger, mit ihm zu kommen.
„Ihr kennt die Berge genauso gut, oder schlecht, wie ich. Ihr wißt aus Erzählungen, oder eigenen Erfahrungen, daß sie gefährliche Tiere beherbergen, die meistens des Nachts Jagen. Wir sollten uns nicht zu weit vom Lager entfernen und das Feuer immer groß halten, daß wird sie auf Distanz halten, wenn sie sich nähern sollten. Also, haltet alle eure Sinne offen, es wäre doch recht widersprüchlich, wenn uns kurz vor unserem Ziel etwas geschehen sollte.“ bat Sir Oontz die Jäger und diese versicherten ihm, daß sie genau wußten, wie gefährlich die Bergtiere waren und das sie sehr genau Obacht geben würden.


Vier

Ich habe schon oft von Leuten gehört, die von Schnee berichtet haben und diesen auch gesehen haben, aber ich selbst habe dies noch nie gesehen, bis heute. Und ich muß den Leuten recht geben, er ist weich, weiß, leicht, aber auch naß und sehr kalt, jedenfalls für mich. Sie haben auch davon berichtet, daß der Schnee, wenn er in großen Massen auftritt, gefährlich werden konnte, aber anscheinend hatten wir in dieser Beziehung Glück.


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 34. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


In dieser Nacht, bekamen Lady Diara und ihre Begleiter, zum ersten mal mit, daß neben der warmen Tage und auch Nächte, die sie bisher verlebt hatten, es auch unangenehme kalte Zeiten auf Lavia gab.
Sir Oontz und Artep hatten die zweite Wache übernommen und schauten verblüfft zum Himmel. Sir Oontz wußte sehr wohl, daß diese Gegend kälter war und er hatte auch schon Schnee gesehen, aber bisher war es ihm nicht klar gewesen, daß es hier auch im Sommer schneien würde.
Andererseits war Lady Diaras Geburtstag mitten im Winter und der war nur noch knapp einen viertel Sommer entfernt. Sir Oontz mußte sich selbst eingestehen, daß er diese Gegend, um diese Jahreszeit, gar nicht kannte.
Er wußte nur, daß es in dieser Gegend, besonders in den Bergen selbst, sehr kalt werden konnte, wenn der Winter erst einmal da war und er wußte aus Erzählungen, daß man sich nicht draußen Aufhalten sollte, wenn neben dem Schnee, auch noch ein Sturm aufkam, dann war man fast immer verloren. Aber der eigentliche Winter war noch weit weg, dieser Schnee war nur ein Vorbote, aber dennoch ziemlich kalt.
Lady Diara, die von dem weichen Flocken aufgewacht war, die auf ihr Gesicht fielen, schaute verwundert auf diese weiße wirbelnde Pracht und wollte von Sir Oontz wissen, was dies sei.
„Schnee.“ erwiderte er nur und mußte lächeln, als Lady Diaras Augenbrauen entzückt nach oben schossen. Der Schnee fiel schon einige Zeit und hatte eine kleine weiße Decke auf dem Boden gelegt, so als wenn sich das Land schlafen legen wollte. Lady Diara hockte sich hin, klaubte mit ihren Händen etwas Schnee zusammen und hielt es sich dann vor die Augen. Plötzlich sprang sie auf, warf den Schnee über ihren Kopf und drehte sich lachend um sich selbst. Sie stand da, mit erhobenen Händen und den Kopf in den Nacken gelegt und kicherte wie ein kleines Mädchen, als die Schneeflocken sich auf ihr Gesicht legten.
„Ich nehme an, daß sie noch nie Schnee gesehen hat.“ stellte Xamoed flüsternd fest, als er neben Sir Oontz trat.
„Nein, sie ist bisher nie aus Nevaeh herausgekommen, zumindest nicht soweit, als das sie Schnee gesehen hätte.“ raunte Sir Oontz zurück und lächelte über Lady Diaras Kindliches Verhalten.
Xamoed, der ebenfalls grinste, bückte sich, klaubte mit den Händen ebenfalls Schnee zusammen und formte einen kleinen Schneeball. Er warf den Ball in Richtung Lady Diara und traf genau ihr Hinterteil.
„Hey.“ rief Lady Diara erschrocken, wirbelte herum und schaute in die beiden grinsenden Gesichter, von Sir Oontz und Xamoed.
„Ja, daß sieht euch jungen Schnösel ähnlich, kleine wehrlose Mädchen hinterrücks zu erschrecken, na wartet.“ rief Lady Diara, dann bückte sie sich, formte schnell einen Ball und schaute Xamoed an. Als sie schließlich ausholte und warf, traf sie allerdings Sir Oontz mitten ins Gesicht.
Sir Oontz wurde vollkommen Überrascht, da er angenommen hatte, daß Lady Diara auf Xamoed werfen würde, aber ihre Finte hatte voll getroffen.
Innerhalb kurzer Zeit, entbrannte eine heftige Schneeballschlacht, in die auch die anderen mit hineingezogen wurden.
Rocra, Ixa, Ellov und Artep hatten, durch den Lärm geweckt, natürlich auch mitbekommen, daß es bedeutend kühler geworden war und daß es schneite.
Aber statt sich an dem Schnee zu erfreuen und sich an der Schneeballschlacht zu beteiligen, zogen die vier es vor, noch weiter unter ihre Decken zu kriechen und sich einzumummeln.
Aber Lady Diara hatte soviel Spaß, an dem Schnee, daß sie kurz Entschlossen, jedem eine große Hand voll Schnee unter die Decke schob.
Erschrocken aufquiekend, sprangen sie in die Höhe und wollten sich revanchieren, wodurch sie natürlich in eine Schneeballschlacht hineingezogen wurden.
Schnell waren die Frauen auf einer und die Männer auf der anderen Seite und eine Schlacht der Geschlechter entbrannte, wobei sich herauskristallisierte, daß die Frauen bedeutend besser zielten und trafen, als die Männer.
Irgendwann wurde die Nächtliche Schneeballschlacht beendet und alle lagen schwer atmend und immer wieder kichernd, dicht zusammen gedrängt, an dem großen Lagerfeuer.
Je mehr sich ihre Körper beruhigten, desto mehr spürten sie die Kälte. Auf einem Geheiß von Sir Oontz hin, zogen sie sich auch ihre anderen Kleidungsstücke zusätzlich an, so wenige es auch waren und die, die keine Wache hatten, legten sich eng aneinander und dicht ans Feuer, um sich zu wärmen und nicht im Schlaf zu erfrieren.
Sir Oontz und Xamoed, nahmen ihre Wache wieder auf, wobei sie um das Lager herumgingen, sich aber immer in dem Schein des Lagerfeuers hielten.
Keiner von ihnen hatte die dunklen Augen bemerkt, die sie schon eine ganze Weile Bobachteten und sich nun, völlig geräuschlos, zurückzogen.
Sir Oontz und Xamoed, übernahmen auch den Rest der Wache, keiner von ihnen war müde und sie würden sich in Selgna ausruhen können.
In der Nacht wurde es langsam wieder wärmer und der Schnee begann zu schmelzen und am nächsten Morgen war es so warm, wie an den letzten anderen Tagen auch und der Schnee war weg. Nur der Boden war noch etwas feucht, so als wenn es geregnet hätte. Als Lady Diara aufstand, tat sie es voller Vorfreude, wieder in dem Schnee rumtoben zu können, aber sie schaute enttäuscht in die Runde.
„Hab ich das nur geträumt, oder hat es über Nacht geschneit?“ wollte sie von Sir Oontz wissen.
„Ihr habt nicht geträumt, aber es wurde schnell wieder wärmer und der Schnee schmolz, aber daß ist auch nicht so wichtig. In den Bergen, etwas höher, gibt es genug Schnee. Wir sollten uns jetzt auf den Weg machen, sonst schaffen wir es nicht bis zur Dunkelheit nach Selgna.“ meinte Sir Oontz und trieb die anderen zur Eile an, um das Lager abzubrechen und die Sachen zusammenzupacken.
Sir Oontz und Rocra gingen zu der Stelle, an der sie ihre Pferde für die Nacht angebunden hatten und Sir Oontz fiel sofort eine Unregelmäßigkeit auf.
„Da fehlen welche.“ rief er und Rocra zählte schnell durch. Rocra hatte während der Reise gelernt nicht nachzufragen, sondern den Ahnungen und Vermutungen von Sir Oontz zu folgen, da er meistens, eigentlich fast immer, richtig damit lag, so auch diesmal.
„Zwei Stück fehlen. So wie es aussieht, daß Pferd von Raunaj und das von Lady Diara. Aber wie kann das sein?“ wollte Rocra wissen.
„Keine Ahnung, und das ist mir jetzt auch vollkommen egal. Wer, oder was immer die Pferde auch vertrieben oder weggenommen hat, der will, daß wir nicht am Tage nach Selgna kommen, aber da hat er sich verrechnet. Wir werden die Tiere nicht suchen. Raunajs Pferd brauchten wir ja so oder so nicht mehr und Lady Diara wird bei dir mitreiten.“ stellte Sir Oontz fest und griff nach den Zügeln, der anderen Pferde.
„Warum bei mir?“ wollte Rocra wissen, griff aber ebenfalls nach den Zügel.
„Weil du mit Abstand einer der besten Reiter in unserer Gruppe bist und das Pferd mit einer Person mehr, genauso führen kannst, als wärst nur du darauf, deswegen.“ erwiderte Sir Oontz und damit war für ihn die Sache erledigt.
Sir Oontz hatte zwar recht, aber alles in ihm sträubte sich dagegen, Lady Diara auf seinem Pferd mitzunehmen. Nichts gegen Lady Diara persönlich, aber seit sie diese Reise begonnen hatten, passierte immer wieder irgend etwas, bei dem Magie, oder sonstwas, mit im Spiel war und alles deutete darauf hin, daß Lady Diara ihr Ziel nicht erreichen sollte. Sie war eine potentielle Gefahr, nicht nur für sich selbst, sondern jetzt auch noch für ihn.
Aber war sie das nicht schon von Anfang an gewesen? Und war er und seine Freunde nicht mitgekommen, um Lady Diara zu schützen, warum also regte er sich gerade jetzt darüber auf? Er wußte es nicht. Schließlich zuckte er die Schultern und ging hinter Sir Oontz her, der schon fast wieder das Lager erreicht hatte und den anderen mitteilte, das zwei Pferde verschwunden waren, als er Selbst das Lager erreichte.
„Lady Diara, ihr reitet mit Rocra zusammen, auf dessen Pferd. Wir werden hintereinander Reiten, anders geht es nicht, jeweils mit einer halben Pferdelänge abstand. Ich reite vor, dann Rocra, Ixa, Artep, Ellov und Xamoed bildet den Schluß. Wir werden keine Rast einlegen, davon einmal abgesehen, gibt es auf dem Weg nach oben keine Möglichkeit eine Rast einzulegen. Wir haben genug Zeit vertrödelt. Aufsitzen.“ befahl Sir Oontz, der in der Zwischenzeit einige ihrer Sachen auf die Pferderücken verteilt hatte und nachdem alle in ihren Sätteln saßen, Lady Diara saß vor Rocra, so daß Rocra Lady Diara mit seinem Körper Schützen konnte, machten sie sich auf den Weg.
Zu Beginn ihres Aufstiegs, war der Weg noch relativ sicher. Zur rechten boten, die hoch in den Himmel reichenden Felsmassive, Schutz und zur linken, gab es eine Art natürlichen Wall, der, trotzdem sie auf Pferden saßen, ihnen bis zur Hüfte reichte, aber das änderte sich rasch.
Sir Oontz hatte sich wirklich gute Pferde ausgesucht. Sie fanden trittsicher ihren Weg, so daß sie gut voran kamen. Als der Tag kurz vor der Mittagszeit stand, änderte sich der Weg rapide. Er wurde sehr schmal, fast schon zu schmal und der Wall, der bisher an der linken Seite zu sehen gewesen war, war plötzlich verschwunden, so daß es auf dieser Seite sehr steil nach unten ging. Wenn die Pferde jetzt einmal einen falschen Tritt machten, dann wäre es um denjenigen geschehen. Sie hatten gar nicht mitbekommen, wie hoch sie schon waren und als Lady Diara nun versuchte auf der linken Seite den Grund zu sehen, mußte sie feststellen, daß dies nicht möglich war, hier schien es Bodenlos zu sein. Sie machte eine Bemerkung dieser Art, in Richtung Sir Oontz, aber der schüttelte den Kopf.
„Nein. An dieser Stelle geht der Abhang in eine tiefe Spalte über, die sich trichterförmig verjüngt und somit den Anschein erweckt, Bodenlos zu sein, wurde mir mal gesagt. Ob dem aber so ist, weiß ich nicht, ich hab es nie ausprobiert.“ erklärte Sir Oontz ihr und dann schwiegen sie wieder.
Alle Konzentrierten sich auf den Weg und je höher sie kamen, desto enger schien dieser Weg zu werden und dann kamen sie an eine Stelle, die richtig Gefährlich war.
Von einem Augenblick zum nächsten, war auch die Wand an der rechten Seite verschwunden und sie standen auf einer Art Plateau, hoch oben, aber von der Stadt Selgna war weit und breit nichts zu sehen.
„Wir müssen doch nicht da rüber?“ wollte Ixa wissen und schüttelte sich schaudernd.
„Ich fürchte ja, es ist der einzigste Weg, den ich kenne, der nach Selgna führt.“ erwiderte Sir Oontz und schaute auf den weiterführenden Weg.
Der Berg, den sie bisher bestiegen waren, endete hier und machte einer tiefen breiten Schlucht Platz. Auf der anderen Seite ging es weiter und da war der Weg auch wieder breiter und auch sicherer, aber zuerst mußten sie über eine Steinbrücke rüber.
Es war eine Brücke, die von der Mutter Natur, zumindest erschien es so, zwischen den beiden Bergen geformt worden war. Sir Oontz hatte nie herausgefunden, wie dieses Stück Natur entstanden war, aber es war da und es war der ihm einzigste bekannte Weg. Auf ihrer Seite ragte ein großer langer Felsen, weit in die Schlucht herein und von der anderen Seite war ein ebenso großer Felsen zu sehen. Das Stück, daß in der Mitte frei geblieben war, wurde von kleineren Felsen ausgefüllt, die von unten, unter den großen Felsen, heraufkamen, dann einen leichten Bogen machten, die Stelle zwischen den beiden großen Felsen ausfüllte und dann unter dem anderen großen Felsen wieder in der Tiefe verschwanden.
Obwohl Sir Oontz oft versucht hatte, heraus zu bekommen, wie diese Brückenkonstruktion entstanden war, konnte es ihm jedoch niemand erzählen. Er war diese Strecke schon oft geritten und war auch immer ohne große Bedenken darüber gegangen. Die Brücke war schon so lange da, wie die Bewohner von Selgna denken konnten und da diese Konstruktion, wie immer sie auch entstanden sein mag, die einzigste Verbindung nach Selgna war, die er kannte und die Brücke bisher auch immer gehalten hatte, so unwahrscheinlich diese Felsformation auch sein mochte, war er immer, ohne darüber nachzudenken, darüber geritten.
Sicherlich war es gefährlich, da der Weg nicht viel breiter war als ein Pferd und auf beiden Seiten keinerlei Geländer hatte, so daß ein Fehltritt auch der letzte war, aber die Pferde vermochten selbständig ihren Weg zu finden, besonders diese Pferde.
Aber um ganz sicher zu gehen, wollte Sir Oontz, daß alle Abstiegen. Er wollte, daß sie zu Fuß diese Brücke überquerten und die Pferde an den Zügel hinter sich her gingen ließen. Er glaubte zwar nicht, daß die Pferde einen Fehltritt machen würden, aber sicher war sicher.
Ohne weitere Diskussionen, ging Sir Oontz vor und betrat mit seinem Pferd, die Brücke. Als er sich ein Stück entfernt hatte, folgte ihm Lady Diara, dann Rocra mit seinem Pferd. Anschließend kam Ixa, gefolgt von Xamoed und dann Artep.
Arteps Pferd schien Nervös zu sein, da es leicht tänzelte und Xamoed hatte die Brücke bereits zu dreiviertel überquert, als Artep es endlich gelang, sein Pferd auf die Brücke zu bugsieren.
Arteps Pferd ging sehr unsicher und blieb immer wieder stehen und Sir Oontz, wie auch Rocra, die von der anderen Seite beobachteten, ob auch alle sicher herüber kamen, befürchteten das schlimmste.
Sir Oontz rief Artep zu, daß er das Pferd stehen lassen sollte, aber genau in diesem Moment wehte ein starker Wind durch die Schlucht und riß Sir Oontz die Worte von den Lippen.
Das Pferd erschrak sich, durch den plötzlichen Windanstieg und tänzelte stärker als zuvor. Man sah deutlich, daß das Pferd Angst hatte und dann geschah das, was keiner von ihnen wollte, daß Pferd trat mit der rechten Hinterhand ins leere.
Das Pferd stieß einen panischen Wieherlaut aus und zog an seinen Zügeln, so daß Artep das Gleichgewicht verlor und der Länge nach auf dem schmalen Weg fiel, aber er hielt die Zügel fest.
„Oh ihr Götter.“ murmelten Rocra, Lady Diara und Ixa, wie aus einem Mund und wiederum rief Sir Oontz Artep etwas zu, aber erneut strich ein heftiger Windstoß durch die Schlucht und erneut kamen seine Worte nicht an.
Wiederum erschrak das Tier heftig und trat erneut ins leere, diesmal geriet es in Panik und wollte sich umdrehen, bei diesem schmalen Weg, ein Ding der Unmöglichkeit und das unvermeidbare geschah. Durch den plötzlichen Ruck wurde Artep nach vorne geschleudert und hing plötzlich an den Zügeln über dem Abgrund, während das Pferd zu Dreiviertel auf der anderen Seite über dem Weg hing und dann fiel es herab.
Der schwere Körper des Pferdes, fiel plötzlich wie ein Stein in die Tiefe und Artep hatte überhaupt nicht mehr die Möglichkeit zu einer Reaktion und wurde, immer noch die Zügel festhaltend, mit in die Tiefe gezogen.
Das Makabere daran war, daß weder das Pferd, noch Artep selbst, einen Ton der Überraschung oder des Entsetzens ausstießen, lediglich für einen kurzen Moment konnten sie alle einen Ausdruck der Ungläubigkeit, auf Arteps Gesicht sehen, bevor er in die Tiefe gezogen wurde.
„NEIIIIIIIIN.“ hatte Sir Oontz geschrieen, als er sah, was geschehen würde und das Echo, seines Rufes, hallte noch von den Wänden der Schlucht wieder, als Artep und das Pferd schon lange nicht mehr zu sehen waren.
„Es war das Pferd.“ murmelte Rocra, „Es hatte Angst.“ und dann ging er zu seinem Pferd und saß wieder auf. Die anderen sagten nichts, sie waren mehr als nur geschockt, aber sie begaben sich ebenfalls zu ihren Pferden und saßen auf. Rocra half Lady Diara auf das Pferd, als er sich bewußt wurde, daß einer auf seinem Pferd fehlte.
Schweigend setzten sie sich in Bewegung und erreichten kurz vor Sonnenuntergang die Stadt Selgna.
Keiner von ihnen hatte die dunklen Augen gesehen, die sie beobachteten und die triumphierend blitzten, als Artep und sein Pferd, in die Tiefe stürzten.


Fünf


Wir haben endlich unser erstes Ziel erreicht. Ich weiß noch nicht genau, wie es von hier weitergehen soll, aber das ist mir im Moment auch nicht so wichtig. Erneut habe ich einen meiner Begleiter verloren und es scheint mir, daß irgend etwas nicht will, daß ich das Ziel erreiche, welches ich erreichen muß. Aber so schmerzhaft es auch sein mag und so unmöglich es auch klingt, ich werde nicht eher ruhen, bevor ich nicht genau dies erreicht habe.


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 35. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Sie hatten Selgna bei Anbruch der Dunkelheit erreicht und Sir Oontz hatte in der einzigsten Herberge, die es hier gab, für sie alle Zimmer bekommen. Nachdem Rocra die Pferde versorgte hatte, was inzwischen relativ schnell ging, es waren ja nicht mehr viele übrig, hatten die Frauen sich in ihre Zimmer zurück gezogen. Sir Oontz hatte von den Jägern verlangt, daß sie sich ebenfalls in ihre Zimmer zurückzogen und er hatte die komplette Nachtwache übernommen.
Xamoed und Rocra hatten zwei ihrer langjährigen Freunde verloren und Sir Oontz konnte sich sehr gut vorstellen, was jetzt in ihnen vorging. Aber auch mit der Ankunft in Selgna, waren ihre Dienste beendet. Er hatte die Jäger nur bis hier her Verpflichtet und am morgigen Tag würden sie sich auf den Rückweg machen, zurück zu ihren Familien.
Artep hinterließ eine Frau und zwei Kinder, es würde für sie sicherlich nicht einfach werden, aber Sir Oontz war sich sicher, daß Xamoed gut auf sie acht geben würde.
Sir Oontz hatte nicht damit gerechnet, daß sie tatsächlich zwei aus ihrer Gruppe verlieren würden, eigentlich hatte er damit gerechnet, niemanden zu verlieren.
Irgendwie fand Sir Oontz es doch merkwürdig. Sie hatten dieses komische Ding in dem großen Wald schadlos überstanden, dann diese unheimlichen Wölfe besiegt, gegen die sie eigentlich gar nicht gekämpft hatten, aber bei diesen beiden Zwischenfällen war eindeutig Magie mit im Spiel gewesen. Und sie mußten ausgerechnet bei einfachen Unfällen, sofern man sie einfach nennen konnte, zwei Leute verlieren.
Oder waren es gar keine einfachen Unfälle?
Was war mit den Hirschen, die sich nicht so verhalten hatten, wie sie es eigentlich sollten und warum hatte Arteps Pferd sich plötzlich so merkwürdig verhalten?
Aber nichts deutete bei diesen Unfällen darauf hin, daß Magie eingesetzt worden war, da Lady Diaras geheimnisvolle Kraft, sich nicht gemeldet hatte.
Aber warum waren dann die Tiere von einem Moment zum anderen, mehr oder weniger durchgedreht und warum kam in dieser Schlucht plötzlich Wind auf, wenn Sir Oontz etwas rufen wollte? War doch eine geheimnisvolle Kraft am Werk, die verhindern wollte, daß irgend jemand Hilfe leisten konnte?
Sir Oontz zermarterte sich den Kopf über diese Fragen und noch einigen anderen, aber so sehr er sich auch diesen Fragen widmete, er fand keine Antwort.
Schließlich kam er zu dem Schluß, daß er vielleicht nie die Antworten auf diese Fragen bekommen würde, oder aber später, irgendwann einmal.
Kurz vorm Morgengrauen und bevor die Herberge sich wieder mit Leben füllte, kniete Sir Oontz sich nieder und betete zu den Götter von Lavia, daß sie Arteps und Raunajs Seele bei sich aufnehmen mögen, damit sie es besser hatten, als auf Lavia.
Gerade als er sich wieder aufgerichtet hatte, kam Ixa aus ihrer gemeinsamen Schlafkammer, in der er allerdings nicht gewesen war.
„Warst du die ganze Nacht über, hier auf dem Gang?“ wollte Ixa wissen und umarmte Sir Oontz.
„Nein, nicht die ganze Nacht. Zwischendurch bin ich nach Nevaeh geritten und habe nachgesehen, ob dort alles in Ordnung ist.“ erwiderte Sir Oontz und grinste vor sich hin.
„Ja, natürlich, wie konnte ich nur so vermessen sein und erwarten, daß du die ganze Nacht auf diesem schmalen Gang Wache hältst. Und wie sieht’s zu Hause aus, alle wohl auf?“ fragte Ixa nach und spielte das Spiel mit.
„Wie immer.“ erwiderte Sir Oontz und gab Ixa lachend einen Kuß.
„Na, ihr müßt es aber nötig haben.“ ertönte eine Stimme hinter Sir Oontz und lächelnd drehte er sich um.
„Nicht so sehr wie du.“ gab Sir Oontz zurück und grinste Ellov an, die nun doch leicht errötete.
„Wieso wie ich?“ wollte Ellov scheinheilig wissen und Sir Oontz erklärte ihr, daß sie nicht so leise waren, wie Ellov vielleicht gedacht hatte und lachte dann schallend auf, als sich ihr Kopf plötzlich in eine überreife Tomate zu verwandeln schien.
„Nicht so laut, du weckst die anderen noch.“ rügte Ixa ihn und versetzte ihm einen leichten Klaps auf sein Hinterteil.
„Dieser Ansammlung nach zu Urteilen, sind wir bereits alle wach.“ kam eine weitere Stimme hinter Ixa zu Wort und als sie sich umdrehte, sah sie sich Lady Diara und Xamoed gegenüber und zur gleichen Zeit kam Rocra aus seiner und Ellovs Schlafkammer.
„Nun, da wir schon mal alle hier sind, können wir auch nach unten in den Wirtsraum gehen. Vielleicht ist die Küche ja schon auf und wir bekommen was zu Essen.“ meinte Sir Oontz und wandte sich der Treppe entgegen, die direkt hinter ihm lag.
Da sie gestern alle nichts mehr gegessen hatten, waren sie hungrig und wären nicht abgeneigt, wenn Sir Oontz Vorschlag umzusetzen wäre.
Während die anderen sich einen großen runden Tisch aussuchten, an dem sie alle Platz hatten, begab Sir Oontz sich in die Küche, um zu sehen, ob dort schon jemand anzutreffen war. Noch, bevor er die Tür zur Küche überhaupt sah, hörte er schon die Töpfe und Tassen klappern und als er in die Küche eintrat, nahm die Frau des Herbergsbesitzers, gerade ein großes Tablett in die Hand.
„Guten Morgen, verehrte Frau. Ich muß sagen, ich bin doch etwas Überrascht, euch so früh am Morgen schon in der Küche zu sehen.“ begrüßte er die Frau und erhielt einen ebenso freundliches „Guten Morgen“ zurück.
„Ich bin schon ein wenig länger auf den Beinen. Noch, bevor der Morgen graute, bin ich in die Küche gegangen und habe das Frühstück vorbereitet. Ich dachte mir schon, daß ihr und eure Freunde sehr früh auf den Beinen sein würdet. Der Tee ist bereits fertig und das Brot braucht noch einen Moment, dann bringe ich auch dies. Den Tee wollte ich gerade bringen.“ meinte die Frau und hielt das Tablett dabei etwas in die Höhe.
„Macht euch nicht die Umstände, ich nehme es gleich mit, dann spart ihr euch einen Weg.“ erwiderte Sir Oontz und nahm der Herbergsfrau das Tablett ab.
Sie bedankte sich dafür, aber Sir Oontz meinte, da er sowieso wieder in den Wirtsraum zurück ginge, brauchte er dies nicht mit leeren Händen tun und verließ die Küche wieder.
Als er zu den anderen zurück kehrte, befanden diese sich zwar in einem Gespräch, aber es ging dabei nur um belanglose Dinge, wie Sir Oontz heraus hörte.
Als schließlich jeder einen Becher Tee vor sich stehen und einen Schluck getrunken hatte, fühlten sich alle besser und Lady Diara ergriff das Wort.
„Zu aller erst möchte ich euch von eurem Vertrag entbinden. Wir haben unser Ziel erreicht, zumindest das Ziel, bis zu dem euch Sir Oontz verpflichtet hatte. Unser Weg führt uns noch weiter, aber das braucht euch nicht mehr zu stören, ihr könnt jetzt wieder nach Hause zurück kehren.“ sprach Lady Diara die beiden Jäger an und zuerst meldete Xamoed sich zu Wort.
„Es ist richtig, daß Sir Oontz uns nur bis hier her verpflichtet hat, aber unsere Befehle, die wir von unserem Lord erhalten haben, besagen, daß wir euch folgen sollen, egal wohin. Nein, Lady Diara, ihr braucht euch nicht aufzuregen, es wird euch nichts nutzen. Lord Mungram wußte genau was er tat und er war ein sehr mächtiger Mann. Lord Mungram hat uns bei der Göttin Tmasteib, der Göttin des Lichts und der Reinheit, einen Schwur leisten lassen, der uns, von diesem Augenblick an, dazu verpflichtet, euch zu folgen, egal wohin und wenn es bis in den Tod sein sollte.“ endete Xamoed und Rocra nickte zustimmend.
„Was soll das heißen? Meint der alte Mann, daß ich meine Leute nicht selbst dazu bringen kann, mir zu folgen? Hört zu, ich habe diese Entscheidung nicht getroffen und euch auch nicht diesen Schwur leisten lassen, von daher steht es euch frei, zu gehen.“ erwiderte Lady Diara und Sir Oontz bemerkte sehr genau, daß sie mächtig wütend war, obwohl ihre Stimme nicht darauf schließen ließ, wohl aber ihre Körperhaltung.
Aber Rocra schüttelte den Kopf.
„Genau das hat uns Lord Mungram vorhergesagt, daß ihr dies niemals verlangen würdet. Ihr könnt soviel und so lange wie ihr wollt, euch darüber aufregen, aber dennoch werdet ihr uns nicht los werden. Selbst wenn Lord Mungram uns diesen Schwur nicht hätte leisten lassen, würden wir weiter mitgehen. Erstens werde ich Ellov nicht mehr alleine lassen, dafür Liebe ich dieses Frauenzimmer mittlerweile viel zu sehr und Xamoed hat einen Narren an euch gefressen. Und zweitens sind wir, in den ganzen langen Tagen, in denen wir nun schon auf der Reise sind, zu einer eingeschworenen Gemeinschaft geworden, auch wenn zwei davon nicht mehr unter uns sind. Aber auch Artep und Raunaj haben diesen Schwur geleistet und sind jetzt dort, wo sie nichts mehr schaden kann. Außerdem können wir unseren guten Derfla nicht einfach in die Hände von drei Frauen geben, der Gute ist doch damit vollkommen überfordert.“ beendete Rocra seine Rede und hatte damit klar zu verstehen gegeben, daß die beiden Jäger, Lady Diara folgen werden, so oder so und grinste Sir Oontz schelmisch an.
„Wenn ich das richtig sehe, dann habe ich hier überhaupt nichts mehr zu sagen.“ stellte Lady Diara fest, aber Xamoed widersprach ihr.
„Das ist so nicht ganz richtig. Natürlich habt ihr was zu sagen, ihr müßt uns immerhin sagen, wo wir hin müssen.“
„Na, daß ist aber nett, dann bin ich ja nicht vollkommen nutzlos.“ erwiderte Lady Diara und mußte grinsen.
„Genau.“ meinte Rocra darauf hin und dann lachten sie alle. Für diesen Moment war die gedrückte Stimmung verflogen, zwar dachten alle noch an die beiden verstorbenen Jäger, aber was für alle Anwesenden dieser kleinen Gruppe wichtig war, sie würden weiterhin zusammenbleiben. Lady Diara fiel ein großer Stein vom Herzen. Sie hatte sich zwar gewünscht, daß die Jäger weiterhin mitgehen würden, aber sie war sich fast sicher gewesen, daß sie nach Hause zurückkehrten. Allerdings hatte Lady Diara auch nie damit gerechnet, daß der alte Lord Mungram dafür gesorgt hatte, daß sie dies nicht tun würden.
Aber was hatte Rocra gesagt, auch wenn sie diesen Schwur nicht geleistet hätten, wären sie weiter mitgegangen.
Bei Rocra konnte sie es ja noch verstehen, Ellov und er hatten sich ineinander verliebt, aber was meinte Rocra damit, das Xamoed einen Narren an ihr gefressen hätte. Sie beschloß, sich nach dem Frühstück, einmal allein mit Rocra zu Unterhalten.
Das Frühstück verlief so harmonisch, wie schon lange nicht mehr, es wurde viel geredet und viel gelacht und Lady Diara dachte nicht einmal im Traum daran, jemanden zu Fragen, wo sich dieser Mysteriöse Zauberer aufhalten sollte.
Sie verdrängte bewußt diesen Gedanken, weil sie genau wußte, daß sich alle eine Erholungspause verdient hatten, am nächsten Morgen war auch noch ein Tag und Sir Oontz, der sich in der letzten Zeit wenig um Ixa gekümmert hatte, sollte diesen Tag mit ihr verbringen.
Lady Diara selbst wollte ihre Chroniken weiterführen und ergänzen und sie war sich sicher, daß Xamoed ihr dabei Gesellschaft leisten würde.
Nach dem Frühstück wandte sie sich an Sir Oontz und meinte, daß sie seinen Dienst für den heutigen Tag nicht mehr gebrauchen würde und er sich Schlafen legen sollte.
„Nix da, keine Widerrede. Ich befehle es, auch wenn ich eigentlich nur sagen soll, wo es hingeht.“ setzte Lady Diara noch mit einem leichtem Lächeln hinzu.
„Na gut, ich beuge mich der Gewalt, aber nur unter allergrößtem Protest.“ rief Sir Oontz grinsend und erhob sich von seinem Stuhl.
„Ja, ja. Protestiert, soviel ihr wollt, aber leise.“ meinte Lady Diara, scheinbar gelangweilt und setzte dann noch lachend hinzu, daß Ixa ihn abführen möge.
Ixa sprang sofort auf, rief „zu Befehl“ und nahm Sir Oontz in den Arm. Arm in Arm durchquerten sie den Raum und alle sahen ihnen nach.
„Die beiden sind wirklich ein wundervolles Paar.“ stellte Lady Diara fest und fragte sich, warum die beiden so lange damit gewartete hatten, zueinander zu finden, wo doch jeder auf Haus Sky´s sehen konnte, wie die beiden sich ständig angehimmelt haben, seit Ixa auf Haus Sky´s eingetroffen war.
Aber gut, daß war Vergangenheit, jetzt sind sie endlich zusammen und Lady Diara wandte sich an Rocra.
„Rocra, hättet ihr wohl Zeit für mich? Ich möchte mit euch reden. Xamoed, ihr könnt mit Ellov einmal versuchen, ob wir hier irgendwo ein gutes Pferd auftreiben können. Ich habe nämlich keine Lust, ständig bei jemandem mitzureiten.“ bat Lady Diara und Xamoed kam ihrer Aufforderung sofort nach.
< Wie ein Hund, der sofort springt, wenn sein Herrchen ruft. > dachte sie sich, schämte sich aber sofort für diesen Gedanken und verdrängte ihn augenblicklich wieder.
„Aber laßt euch Zeit. Es hat keine Eile, heute werden wir nirgendwo mehr hingehen.“ rief sie den beiden nach und gleich darauf waren Ellov und Xamoed auch schon aus der Tür hinaus.
„Worüber wollt ihr mit mir reden?“ wollte Rocra schließlich von Lady Diara wissen, nachdem eine geraume Zeit verstrichen war.
„Was?“ fragte Lady Diara nach, da sie aus ihren Gedanken gerissen worden war, aber dann erinnerte sie sich.
„Ach ja. Ihr sagtet vorhin, daß Xamoed einen Narren an mir gefressen hat, was genau meint ihr damit?“ wollte Lady Diara wissen, aber Rocra druckste herum.
„Nun kommt schon, wenn ihr etwas in den Raum werft, dann müßt ihr auch begründen warum. Keine Angst, ich werde schon niemanden den Kopf abreisen, oder ihn in eine Kröte verwandeln.“ forderte Lady Diara Rocra auf und grinste ihn an.
Rocra grinste zurück, wohl wissend, daß sie damit auf ihre geheimnisvollen Kräfte anspielte, die in ihr schlummerten.
„Also, gut. Xamoed hat mir vor einigen Tagen gestanden, daß er euch mehr als nur nett findet. Zuerst meinte er, daß er euch interessant findet, dann hatte er so etwas gesagt, wie, daß er die Schönheit sehen würde, die in euch steckt und als ich ihn bat dies genauer zu erklären, da stieß er hervor, daß er sich in euch verliebt habe.“ erklärte Rocra schließlich und schaute Lady Diara an.
Rocra war darauf gefaßt, daß Lady Diara gleich in Lachen ausbrechen würde, aber sie tat es nicht.
„So etwas in der Art habe ich mir schon gedacht. Aber ihr wißt nicht was er damit meinte?“ wollte Lady Diara wissen und obwohl sie nicht genau definierte, was sie damit sagen wollte, begriff Rocra sehr wohl, daß sie den Ausdruck innere Schönheit meinte.
Lady Diara hatte sich, während ihrer Reise, immer mehr verändert. Es war nicht sofort geschehen, sondern eher so, wie eine schleichende Krankheit, aber Rocra war ein guter Beobachter und hatte diese Veränderung wohl bemerkt.
Ihre Augen waren immer roter geworden und hatten mittlerweile ein dunkles rot angenommen. Ihr Haar war fast weiß geworden. Jegliche Farbe war daraus entwichen und es war brüchig und spröde geworden. Ihre Haut, die schon bei ihrer Abreise nicht mehr so schön weiß war, wie früher, war einem mattem grau gewichen und tiefe Falten gruben sich in ihr Gesicht.
Wenn Rocra es nicht besser gewußt hätte, dann hätte er meinen können, eine alte Frau von mindestens siebzig vor sich zu haben. Aber sie hatte immer noch die Vitalität und Gewandtheit, einer dreißig Sommer alten Frau.
Obwohl Lady Diara, seit ihrer Abreise vor fünfunddreißig Tagen aus Haus Sky´s, in keinen Spiegel mehr geschaut hatte und die anderen sich nicht anmerken ließen, daß sie sich immer mehr in eine alte Frau verwandelte, war es ihr nicht entgangen, schließlich war es ihr eigener Körper und da mußte sie es wohl wissen.
„Ich möchte euch nicht zu nahe treten, Lady Diara und entschuldigt bitte, wenn ich dies tun sollte, aber ihr wißt selbst, daß ihr nicht mehr die Schönheit seid, die ihr noch vor zwei Monaten in Nevaeh gewesen seid. Ihr habt uns von der Legende berichtet und was dort stand, wenn ihr eure Aufgabe beendet habt und Xamoed meinte, daß er dies sehen könne, daß, was aus euch dann werden wird. Ich bin jetzt so vermessen und sage, daß ich dies nicht kann. Bitte versteht das nicht falsch, nicht daß ich mir nicht eine gewisse Schönheit bei euch vorstellen könnte, daß schon, schon allein deswegen, weil ich weiß, wie ihr früher gewesen seid. Aber diese Schönheit, von der die Legend spricht, kann ich nicht sehen, deswegen nicht, weil ich es mir nicht einmal Vorstellen kann.“ versuchte Rocra zu erklären, und obwohl es ziemlich konfus klang, wußte Lady Diara doch sehr genau, was er meinte, denn auch sie konnte sich nicht Vorstellen welche Schönheit die Legende meinte, da klang es um so merkwürdiger, daß gerade Xamoed dies sehen konnte.
Sie mochte Xamoed, ebenso, wie sie Rocra mochte, aber Xamoed sah grob aus. Nicht das er brutal wirkte, aber neben der Größe, er war einen guten Kopf größer als die anderen, wirkte er grob. Seine Gesichtzüge waren fast immer ausdruckslos seine Augen lagen unter einer dicken Stirn, seine Nase, die recht breit war, schien schon einige male gebrochen gewesen zu sein und sein schmaler Mund wirkte alles andere als freundlich, im großen und ganzen sah er auf den ersten Blick nicht wie ein freundlicher Zeitgenosse aus, aber dennoch wußte Lady Diara, daß er genau das war.
Sie hatte sich schon lange abgewöhnt die Menschen nach ihrem ersten Eindruck zu beurteilen, zumindest nicht sofort. Der erste Eindruck war zwar meistens Entscheiden darüber, ob man einen mochte oder nicht, aber meistens zeigte sich im besserem Kennenlernen, daß gerade diejenigen, die nicht sofort wohlwollen weckten, gerade jenige waren, denen man Vertrauen konnte, meistens jedenfalls.
Und genauso hatte Lady Diara die andere Seite erfahren, diejenigen, die sofort wohlwollen weckten, bei denen man sofort ein gutes Gefühl hatte, waren oft diejenigen, die einen versuchten übers Ohr zu hauen.
Aber hatte sie sich wirklich dermaßen in Xamoed geirrt, daß sie seine wahre Natur nicht erkannte? War Xamoed wirklich so Sensibel, daß er sehen konnte, was aus ihr werden würde? Und von einem Moment zum anderen, beschloß sie, sich einmal ausführlich mit ihm zu befassen.
„Rocra, würdest ihr Xamoed bitte ausrichten, wenn er wieder auftauchen sollte, daß ich in meinem Gemach bin und ihn dort erwarte?“ wollte Lady Diara von Rocra wissen und dieser sagte ihr zu, daß er dies machen werde.
Als Lady Diara verschwunden war, kam Ixa in die Wirtsstube und gesellte sich zu Rocra.
„Ist das wahr, daß der alte Lord Mungram euch befohlen hat bei Lady Diara zu bleiben?“ wollte Ixa plötzlich wissen, da sie sich nicht vorstellen konnte, daß er so etwas tat, aber Rocra nickte.
„Sei versichert, Ixa, als Raunaj starb, wären Xamoed und ich liebend gerne wieder nach Hause gegangen, aber der Schwur, den wir geleistet haben, hinderte uns daran und er hindert uns auch weiter daran, wenn wir jemals diesen Wunsch hegen sollten. Aber was ich vorhin sagte, daß wir jetzt so oder so nicht mehr gegangen wären, daß stimmt. Ich habe mich in Ellov mächtig verliebt und ohne dich und Derfla, wäre ich wohl immer noch nicht soweit und dafür schulde ich euch meinen Dank. Ich werde eine große Party machen, wenn wir wieder nach Nevaeh und Haus Sky´s kommen.“ versprach Rocra und Ixa schaute ihn an.
„Glaubst du, daß wir Haus Sky´s wiedersehen werden?“ wollte Ixa schließlich wissen und Rocra schwieg lange.
Sie hätte sich gewünscht, daß er sofort zustimmen würde, oder wie auch immer, aber daß er so lange darüber Nachdenken mußte, beruhigte sie nicht gerade.
„Ich weiß es nicht.“ gestand Rocra schließlich und Ixa nickte, was anderes hatte sie auch nicht erwartet. Während Rocra und Ixa über ihre Gedanken nachgrübelten, kehrten Xamoed und Ellov wieder zurück. Xamoed berichtete, daß er ein Pferd aufgetrieben hatte, daß zwar nicht ganz so gut war wie die ihrigen, aber doch recht ansehnlich war und er glaubte, daß das Pferd mit den anderen mithalten würde können.
Rocra versicherte ihm, daß dies eine gute Nachricht war und bestellte ihm dann, daß Lady Diara ihn in ihrer Kammer erwartete. Erschrocken blickte Xamoed ihn an, aber er konnte sofort sehen, daß Rocra keine Ahnung hatte, was Lady Diara von ihm wollte. Xamoed zuckte dann die Schultern und wandte sich zur Treppe, um nach oben zu gehen und Lady Diara aufzusuchen. Ellov, Ixa und Rocra schauten ihm zwar nach, sagten aber nichts.
Es war nicht ungewöhnlich, daß Lady Diara einzeln mit ihnen sprach, daß hatte sie auch schon mit Ixa und Rocra mehrmals getan, nur mit Ellov noch nicht, fiel Ixa auf, sagte aber nichts.
Irgendwann, kurz vor dem Mittag, kam auch Sir Oontz wieder herunter und gesellte sich zu den dreien, die immer noch an dem Tisch saßen und über ihre bisherige Reise sprachen, über die wundervolle Landschaft, die sie gesehen hatten und in welchen Teilen sie dort wohl ein Haus bauen würden, um da dann zu Leben.
Sie hatten gar nicht bemerkt, wie die Zeit verstrichen war und erst als Sir Oontz die drei fragte, wo denn Lady Diara und Xamoed seien, fiel ihnen auf, daß Xamoed immer noch bei Lady Diara war. Es war ein recht langes Gespräch, was Lady Diara mit Xamoed führte, dachten sich die drei, und Ixa meinte, daß Xamoed bei Lady Diara sei.
„Warum?“ wollte Sir Oontz wissen und schaute Ixa an.
„Ich habe keine Ahnung.“ gestand sie und hielt ihn zurück, als er aufstand und meinte, daß er mal nach den beiden sehen wollte.
„Nix, du bleibst schön hier. Lady Diara kann schon ganz gut auf sich selbst aufpassen und wenn es Schwierigkeiten geben sollte, dann ist Xamoed da, oder wird uns rufen. Du hast kein recht da einfach hinein zu platzen. Laß Lady Diara auch ihren Freiraum, den braucht sie mehr als du ahnst.“ zwar war Sir Oontz nicht sehr davon angetan, daß konnte man sehen, aber er gestand sich ein, daß Ixa recht hatte und ließ sich direkt neben Ixa auf einen Stuhl nieder, allerdings blieb er dort nicht lange sitzen.
„Derfla, könnte ich dich mal kurz sprechen? Ich habe da eine Frage, die ich nicht so ganz verstehe.“ meinte Rocra und schaute Sir Oontz an.
„Natürlich.“
„Laß uns ein wenig draußen Spazieren gehen.“ verlangte Rocra und begab sich bereits zur Tür, während Sir Oontz ihm folgte.
Rocra blieb vor der Tür stehen und atmete die frische klare Bergluft tief ein, dann schaute er sich in dem kleinen Dörfchen um.
Selgna ist keine richtige Stadt, nur etwas größer, als ein normales Dorf und Rocra fragte sich, wovon sie hier lebten.
„Es ist schön hier.“ bemerkte Sir Oontz und holte ebenfalls tief Luft.
„Na ja, ich kann mir schönere Ecken vorstellen. Aber ich wollte dir nicht die Schönheit dieses Dorfes zeigen. Wir sind nun schon eine ganze Weile unterwegs und ich habe so einiges Begriffen. Warum du mit dabei bist, ist klar, bei Ixa ist es auch klar, sie ist die Persönliche Magd von Lady Diara und deine Freundin, aber warum muß Ellov dabei sein?“ wollte Rocra wissen und schaute Sir Oontz an, aber der zuckte nur mit den Schultern.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich weiß nur, daß Lady Diara Ellov mitnehmen mußte, sie habe einen besonderen Grund dafür, mehr wollte sie mir dazu auch nicht sagen. Aber vielleicht solltest du sie einmal selbst fragen, vielleicht bekommst du ja eine Antwort.“ und dann begann Sir Oontz die kleine schmal Strasse entlang zu gehen.
Rocra schaute ihm einen Moment nach und folgte Sir Oontz dann. Als er sich neben ihm gesellte, meinte Rocra, daß Xamoed und Ellov vorhin los gewesen seien und ein neues Pferd aufgetrieben hätten, so daß Lady Diara nun nicht mehr auf einem der ihrigen Pferde mitreiten mußte.
„Ich nehme an, daß wir heute nicht mehr weiterziehen werden.“ wandte sich Sir Oontz an Rocra und dieser Schüttelte den Kopf.
Schließlich kehrten sie zu dem Wirtshaus zurück und genehmigten sich ein reichhaltiges und ausgiebiges Mittagessen. Der Rest des Tages verlief ruhig und unterhaltsam und am Abend, übernahm Sir Oontz erneut die erste Wache und Xamoed und Rocra die Zweite. Sir Oontz bestand auf eine Wache, da sie sich immer noch auf der Reise befänden und es nicht auszuschließen sei, daß sie hier nicht Angegriffen wurden.
Schließlich stimmte Lady Diara zu, aber die Nacht verlief ohne besondere Ereignisse.


Sechs

Am heutigen Tag haben wir geruht, haben Kraft und Energie gesammelt, da ich glaube, daß unsere weitere Reise sehr beschwerlich werden wird. Ich habe mich heute mit Xamoed lange Unterhalten und habe vieles über diesen Mann erfahren. Er ist ein sehr sinnlicher und Poetischer Mann, ich habe nicht gewußt, daß es so schöne Gedichte und Erzählungen gibt. Ich war begeistert und ich habe erfahren, daß er sich in mich verliebt hat, aber jetzt kann ich auch verstehen, warum er das sieht, was die Legende berichtet.


Lady Diara Sky´s – Reistetagebuch 36. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Am nächsten Morgen, waren die sechs Reisenden wieder vor dem Sonnenaufgang, auf den Beinen.
Nach einem ausgedehnten Frühstück, bereiteten Rocra und Xamoed die Pferde vor, während Ellov und Ixa Proviant für die weitere Reise einpackten.
Außerdem hatte Lady Diara die beiden Frauen noch darauf hingewiesen, sich in dieser Ortschaft umzusehen und wenn machbar, warme Kleidung für alle zu erstehen, der Preis sollte egal sein.
Sir Oontz und Lady Diara verwickelten unterdessen den Herbergsbesitzer in ein Gespräch, um heraus zu bekommen, wo sich dieser Geheimnisvolle Zauberer aufhalten sollte.
„Guter Mann, ich muß euch ein Lob aussprechen. Wir hatten lange nicht eine so gute Herberge und auch schon lange nicht mehr so gutes Essen, wie bei euch.“ sprach Lady Diara den Mann mit Engelszungen an.
Der Herbergsbesitzer war sichtlich stolz darauf und warf sich sofort weiter ins Zeug.
„Nun ja, man tut was man kann. Ich will ja nicht prahlen, aber meine Herberge ist die beste, die ihr weit und breit finden könnt.“ und schenkte noch einmal Tee nach.
< Es ist auch die einzigste weit und breit, Stinktier. > dachte sich Sir Oontz und fragte gleich darauf, ob er jemanden kenne, der in den Bergen wohnt und der gelegentlich hier einkaufen komme.
„Warum?“ fragte der Mann vorsichtig nach und schien gar nicht erfreut über diese Frage zu sein.
„Nun, wir suchen einen Mann, der eventuell schon älter ist. Er soll ziemlich zurückgezogen leben, vielleicht sogar mit einer Frau zusammen. Dieser Mann ist mir noch etwas schuldig und das will ich jetzt eintreiben.“ erwiderte Lady Diara und ihre Stimme klang verbittert und drohend zugleich.
< Das klingt überzeugend. Das würde sogar ich glauben, wenn ich es nicht besser wüßte. > dachte sich Sir Oontz und schaute Lady Diara von der Seite her an.
„Was schuldet euch dieser Mann denn?“ wollte der Herbergsbesitzer wieder wissen.
„Ich denke nicht, daß es euch etwas angeht. Es ist auf jeden Fall äußerst wertvoll. Also, wo finde ich diesen Mann?“ wollte Lady Diara wissen und beugte sich etwas zu dem Herbergsbesitzer hinüber, damit er es ihr leise sagen konnte.
Lady Diara handelte geschickt. Mit dieser Aktion versuchte sie eine Situation zu erschaffen, die etwas Geheimes hatte, so daß der Mann glaubte, an etwas großem teilzuhaben.
Und Lady Diaras Finte gelang. Der Herbergsbesitzer beugte sich ebenfalls vor und meinte leise, so das kein anderer, außer Lady Diara und Sir Oontz es hören konnte, daß es tatsächlich einen Mann in den Bergen gäbe, der sehr zurückgezogen lebt und nur alle viertel Sommer hier her kam, um einzukaufen.
Allerdings wußte er nicht, wie der Mann hieß, oder was er machte, auch konnte er nicht sagen, ob sich eine Frau bei diesem Mann befindet, aber er konnte ihnen zumindest eine Wegbeschreibung geben, nach der Sir Oontz eine kleine Karte zeichnete.
Wie der Herbergsbesitzer meinte, war es eine Reise von knapp vier Tagen und sie war nicht ungefährlich. Bis zu einem gewissen Punkt kam man noch mit dem Pferd voran, aber dann würde der Weg so eng und gefährlich, daß man nur noch zu Fuß weiter gehen könne.
Sie hatten aus diesem Mann herausbekommen, was sie wissen mußten und mit einem kurzem „danke“, verabschiedeten Sir Oontz und Lady Diara sich bei ihm und verließen die Herberge.
Die anderen waren bereits auf den Pferden und warteten auf Sir Oontz und Lady Diara. Sir Oontz wollte von Ixa wissen, ob sie warme Kleidung bekommen hätten, da er genau wußte, daß sie diese bald brauchen würden.
Er wußte genau, wie kalt es in den Bergen werden konnte, zwar war er noch nie, im nahenden Winter, in den Bergen gewesen, aber auch im Sommer gab es Tage, an denen es kalt wurde.
„Ja. Ich muß sagen, daß die Leute hier sehr nett sind. Wir haben zwar kein Geschäft gefunden, aber bei einigen Anwohnern nachgefragt und die haben uns sehr bereitwillig einige ihrer Kleidungsstücke überlassen.“ gab Ixa Auskunft und deutete auf einige Bündel, die auf den Rücken der Pferde festgebunden waren.
„Es wird ein ziemlich beschwerlicher Weg, also paßt genau auf, wo ihr hingeht, oder hintritt, also dann mal los.“ gab Sir Oontz den Befehl zum Aufbruch und die kleine Gruppe setzte sich in Bewegung.
Hier in den Bergen war es nicht möglich im Galopp zureiten, allenfalls ein schneller Trab war machbar und solange es der Weg zuließ, würden sie diese Gangart benutzen. Der Weg führte sie in Gegengesetzter Richtung, aus der sie gekommen waren und schon nach einigen Schritten, nachdem sie das letzte Haus passiert hatten, wurde der Weg wieder so eng, daß sie nur hintereinander Reiten konnten.
Auch hier waren wieder zur rechten, die steilen Felswände und zur linken ging es steil abwärts, anscheinend erneut ohne sichtbaren Boden.
Keiner von ihnen sah die dunklen Augen, die sie beobachteten und ein zufriedenes Brummen war zu hören, allerdings waren die Reiter schon zu weit entfernt, als das sie es vernehmen konnten.
Der Weg änderte sich nicht einmal und erst als es begann dunkel zu werden, entdeckte Sir Oontz einen Höhleneingang, der breit genug war, auch die Pferde hindurch zu lassen.
Auf sein Geheiß hin, blieben sie alle stehen und Sir Oontz stieg ab. Lady Diara, die hinter Sir Oontz ritt, wollte wissen, was er vorhabe und Sir Oontz erwiderte, daß er sich die Höhle einmal anschauen wollte, ob sie groß genug sei, sie alle, mitsamt den Pferden, aufzunehmen.
Bereits nach kurzer Zeit kehrte Sir Oontz zurück und berichtete, daß die Höhle fünfmal so viele, wie sie waren, aufnehmen konnte.
Einer nach dem anderen, betrat die Höhle. In der Höhle war es bedeutend dunkler, als es ohnehin schon war und ein Schauer lief Ixa über den Rücken, aber sie war nicht die einzigste, der es hier unheimlich war.
„Wir sollten erst einmal ein Feuer machen, hier so im dunkeln, finde ich es überhaupt nicht angenehm.“ meinte Rocra und keiner von ihnen fand es merkwürdig, daß ausgerechnet Rocra es unheimlich fand, in einer dunklen Höhle zu sitzen.
„Gute Idee.“ war Sir Oontz Kommentar dazu und obwohl sie kaum noch etwas sehen konnten, fanden sie dennoch etwas Holz hier, daß sie zu einem kleinen Lagerfeuer aufstapelten.
Niemand von ihnen verschwendete auch nur einen Gedanken daran, wie ausgerechnet in diese Höhle, die inmitten von Bergen lag, auf denen nicht ein Baum, oder sonst irgend etwas grünes wuchs, Holz kam.
Sir Oontz versuchte mit seinen Feuersteinen, das Holz in Brand zu setzen, aber es wollte nicht so recht Funktionieren.
„Geht mal einen Schritt zur Seite.“ murmelte Lady Diara, was kaum zu verstehen gewesen war, aber Sir Oontz bemerkte sofort, daß sie erneut in einem Zustand war, den sie nicht direkt Kontrollieren konnte.
Schnell entfernte er sich ein paar Schritte und wartete darauf, was Lady Diara machen würde.
Aber er sah nur, daß sie ihre Hände hob und Worte vor sich hinmurmelte, die keiner von ihnen verstand, aber kurz darauf brannte das Lagerfeuer, hell und warm.
Es war kein Anzeichen zu sehen, daß irgendeine geheime Kraft am Werk gewesen ist, kein Feuerball, der aus Lady Diaras Fingerspitzen geschossen kam, oder irgend etwas anderes in der Art, daß das Holz in Brand gesetzt hatte. Es brannte plötzlich einfach, aber allen war klar, daß hier wieder die geheimnisvolle Kraft von Lady Diara am Werk gewesen war.
Obwohl es immer wieder Faszinierend und erschrecken zugleich war, was Lady Diara mit nur ein paar seltsamen gemurmelten Worten, alles fertig brachte, schien es dennoch so, als wenn niemanden, der hier Anwesenden, dies weiter störte.
Sie hatten sich auf ihrer langen Reise daran gewöhnt, daß das unmögliche möglich war und das seltsamste normal erschien, von daher irritierte es auch niemanden, daß das kleine Lagerfeuer plötzlich in Flammen stand.
Sie waren nur froh darüber, daß diese Höhle jetzt nicht mehr in absoluter Dunkelheit lag.
Wie Sir Oontz es gesagt hatte, war die Höhle groß genug, um fünfmal so viele von ihnen aufzunehmen und obwohl doch noch ein großer Teil in Zwielichtigem Schatten und Dunkelheit lag, fühlten sie sich doch etwas besser.
Während die Frauen erneut das Essen vorbereiteten, sattelten die Männer die Pferde ab und gaben ihnen etwa zu trinken und etwas zu Essen. Xamoed hatte in weißer Voraussicht genug Wasser und auch Futter für die Pferde mitgenommen, so daß diese nicht zu kurz kamen.
Nach dem Essen teilten Sir Oontz und Lady Diara den anderen mit, wo sie ihr Weg noch Langführen würde und das es, nach den Worten des Herbergsbesitzers, gefährlich werden würde.
„Wohl aber nicht gefährlicher, als der Weg, den wir bisher gegangen sind, oder gefährlicher, als diese komische Brücke.“ warf Rocra ein, womit er die Natursteinbrücke meinte, bei der sie Artep verloren hatten.
„Ich habe keine Ahnung. Aber selbst wenn der bevorstehende Weg nicht gefährlicher sein sollte, sollten wir dennoch mehr als sonst auf der Hut sein. Der Mann meinte, daß es eine vier Tagereise sein würde und ich weiß nicht warum, aber ich habe ein ungutes Gefühl.“ meinte Sir Oontz und teilte anschließend die Wachen ein. Er selbst würde die erste Wache übernehmen, dann sollte Rocra ihn ablösen und zum Schluß würde Xamoed Wache halten.
Die Nacht verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, eigentlich gar keine Zwischenfälle, nur ab und zu war das Heulen des Windes zu hören, ansonsten war es recht ruhig.
Derjenige, der gerade Wache hatte, blieb immer in der Nähe des Lagers und im Lichtschein, des Lagerfeuers, das doch einen großen hellen Schein warf und einen großen Teil der Höhle ausleuchtete.
Aber obwohl sie von Sir Oontz darauf hingewiesen worden waren, genau auf ihre Umgebung zu achten, bemerkte keiner von ihnen, daß Schattenhafte Wesen, daß sie mit ihren dunklen Augen beobachtete und mit den dunklen Schatten in der Höhle, dort, wo das Feuer nicht hinkam, verschmolz.
Das Wesen war nicht hier, um die Reiter anzugreifen, oder gar zu verletzen, obwohl es für ihn mehr als nur ein Kinderspiel gewesen wäre. Es war geschickt worden, um diese Gruppe zu beobachten. Das Schattenwesen sollte berichten, wo sich die Reiter hinbegaben und sollte von Mißgeschicken berichten und das, was es bis jetzt berichtet hatte, schien seinem Herrn sehr zu gefallen.
Die Gruppe war um zwei Mitglieder dezimiert worden und wenn sie weiterhin so unachtsam und irritiert sein würden, wenn etwas unvorhergesehenes geschah, dann würden sicherlich noch mehr von ihnen zu ihren Ahnen gehen.
Dieses Wesen war aber nicht erschaffen worden, um zu denken, sondern, um zu beobachten und zu berichten und das tat es. Das Wesen brauchte keinen Schlaf, so wie alle anderen Lebenden Geschöpfe, es brauchte nicht einmal Nahrung und dank seines, fast durchsichtigen Körpers, brauchte es sich nicht einmal in irgendeine Deckung zu begeben, um zu beobachten.
Das einzigste, was man sehen konnte, wenn man genau hinsah, waren die beiden schwarzen Augen, aber die konnte keiner sehen, wenn es sich in den dunklen Ecken der Höhle aufhielt. Und am Tage schien die Sonne einfach durch den Körper hindurch und es befand sich immer in einem ausreichenden Abstand, so daß auch am Tage, von keinem der Reiter, diese Augen gesehen werden konnten.
In dieser Nacht würde nichts weiter unvorhersehbares geschehen und das formlose durchsichtige Wesen, entschied sich, zu seinem Schöpfer zurückzukehren und Bericht zu erstatten. Noch war der Schöpfer dieses Wesens nicht in der Lage durch seine Augen zu sehen, er war noch nicht bei vollen Kräften, aber das sollte sich demnächst ändern, dann brauchte das Wesen auch nicht immer hin und her wandern, sondern konnte immer in der Nähe der Reiter bleiben.
In dem Moment, als der Wind draußen erneut ein leises heulen von sich gab, glitt das Wesen aus der Höhle heraus, aber nicht, bevor es noch einen letzten Blick auf die jetzige Wache geworfen hatte.
In dem Moment, als das Wesen die Höhle verlassen hatte, verschwand das seltsame Gefühl, daß Xamoed schon den ganzen Tag über gespürt hatte. Er hatte dieses Gefühl schon von dem Tag an gehabt, an dem sie Haus Gidnurg, in dem Lord Mungram lebte, verlassen hatten.
Zwischendurch war es dann wieder verschwunden, kam aber nach kurzer Zeit zurück und das war etwas, was ihm gar nicht gefiel.
Als der Morgen graute und noch bevor die Sonne richtig aufgegangen war, befanden die sechs sich wieder auf diesen schmalen Pfad, der sie immer weiter nach oben brachte und immer tiefer in die Berglandschaft der Ragnier Bulc Bergkette.
Aber kaum das sie die Höhle verlassen hatten, kehrte dieses komische Gefühl, welches Xamoed immer hatte, wieder zurück.
< So als wenn jemand kurz hinausgegangen wäre und sich jetzt wieder an der Runde beteiligte. > dachte er sich und brachte dieses aufkommen und verschwinden dieses Gefühls, mit einer geselligen Runde in Verbindung.
Wenn er gewußt hätte, daß dieses Wesen alles andere war, als gesellig, dann hätte er diesen Vergleich ganz sicher nicht gezogen.
Aber dennoch entschied sich Xamoed jetzt dazu, sich darüber einmal mit Sir Oontz zu unterhalten, mal sehen, was der dazu zu sagen hatte.
Es bestand keine Möglichkeit, auf diesem schmalen Weg, der immer enger zu werden schien, anzuhalten und eine Rast einzulegen. Daher aßen sie alle auf den Rücken ihrer Pferde eine Kleinigkeit und am Ende des Tages erreichten sie ein kleines Plateau, daß nur halb so groß war, wie die Höhle am Abend zuvor.
Auch hier fanden sie einige kleinere Holzstücke, um ein kleines Feuer zu machen und diesmal bekam Sir Oontz es auf Anhieb, mit seinen Feuersteinen, in Gang.
Diesmal diente das kleine Lagerfeuer mehr zum Kochen des Tees und einige anderen Dingen, anstatt des Lichtes wegen.
Da sie sich unter freiem Himmel befanden und der Mond voll am Himmel hing, er war hier oben zum Greifen nahe, war es mehr als hell genug.
Es war eine Sternenklare Nacht und zum ersten mal, bekamen die sechs Menschen mit, wie kalt es in den Bergen werden konnte. Da sie sich unter freiem Himmel befanden, waren sie auch der Kälte und des Windes ausgeliefert, aber die warme Kleidung, die Ixa und Ellov besorgt hatten, taten genau das, was sie sollten, sie hielten warm.
Als die anderen sich schließlich zum Schlafen niederlegten, und Xamoed die erste Wache übernehmen sollte, fragte er Sir Oontz, ob er ihn wohl kurz sprechen könne. Zusammen gingen sie ein kurzes Stück von dem Lager weg, ließen es aber nicht aus den Augen.
„Ich weiß nicht recht, wie ich es Beschreiben soll, vielleicht ist es ja auch bloß Einbildung, aber seit dem wir Haus Gidnurg verlassen haben, habe ich so ein komisches Gefühl, daß ständig kommt und geht. Ich weiß nicht genau, wie ich es Beschreiben soll, es ist wie...“
„... als wenn uns jemand beobachtet und sich von Zeit zu Zeit zurück zieht.“ beendete Sir Oontz den Satz und Xamoed schaute ihn Überrascht an.
„Ja genau, daß kommt dem in etwa nahe. Also bin ich nicht der einzigste der das spürt.“ meinte Xamoed und schaute Sir Oontz aus großen Augen an.
„Nein, daß bist du nicht. Lady Diara, Ixa, Rocra und ich spüren es auch. Einzig Ellov hat sich diesbezüglich noch nicht geäußert, aber das hat nichts zusagen. Wir werden allem Anschein nach beobachtet, aber wir können nichts dagegen tun, außer die Augen und Ohren offen und sehr genau Ausschau zu halten. Nun, da du jetzt weißt, daß du nicht verrückt bist, übernimmst du jetzt deine Wache und ich lege mich aufs Ohr.“ meinte Sir Oontz und wandte sich um, um zu seinem Schlafplatz zu gehen.
Es war nicht nötig Xamoed extra darauf hinzuweisen, daß er, mehr als sonst, die Augen und Ohren offen halten sollte, daß tat er schon von sich aus, da er genau wußte, das es etwas gab, daß sie beobachtete und sie Überraschen konnte, wenn er nicht Vorsichtig war.
Auch in dieser Nacht geschah nichts, aber das seltsame Gefühl, verschwand auch nicht.
Das Gefühl blieb auch in den nächsten Tagen vorhanden und wenn es nicht immer mal wieder verschwand, um nach einer kurzen Zeit erneut aufzutreten, dann wäre dieses Gefühl wohl irgendwann zur Normalität geworden und niemand hätte sich diese Gefühls mehr erwehrt und auf Vorsicht gesonnen.
Aber dadurch, daß es immer mal wieder verschwand und dann plötzlich erneut auftauchte, war allen immer klar, daß da etwas war, das nicht da sein sollte.
Dieses seltsame Gefühl, daß dieses Schattenhafte, durchsichtige, formlose Wesen hervorrief, begleitete sich auch am nächsten Tag.
Der Weg wurde immer schmaler und auch gefährlicher und kurz nach der Mittagszeit des dritten Tages, nachdem sie von der Herberge in Selgna aufgebrochen waren, war für die Pferde die Reise zu Ende, jedenfalls ab hier.
Zu ihrem Glück gab es in der Nähe eine Höhle, in der sie die Pferde unterbringen konnten und sie würden sie wieder abholen, wenn sie diesen Zauberer gefunden und sich dann auf den weiteren Weg gemacht hatten.
An diesem Tage erreichten sie weder eine Höhle, die groß genug für sie und die Pferde war, in der sie die Nacht verbringen konnten, noch ein Plateau. Sir Oontz stellte seinen Gefährten zwei Möglichkeiten zur Aussicht. Einmal konnten sie weitergehen und hoffen, irgendwann in der Nacht eine Höhle oder etwas anderes zu erreichen, oder sie setzten sich hier auf den Weg und schliefen im sitzen.
Aber da hätte er auch gleich vorschlagen können, in die Tiefe zu springen. Wenn sie sich hier auf den Weg setzten, dann baumelten ihre Füße über dem Abgrund und wenn sich einer im Schlaf bewegte, dann bestand die Gefahr, das er eine unbedachte Bewegung machte und ebenfalls in die Tiefe stürzte, also entschieden sich alle, dem Weg weiter zu folgen.


Sieben

Früher habe ich oft daran gedacht, eine Reise in die Berge zu machen, es hat immer geheißen, daß die Berge einen Entspannen würden, aber nun bin ich nicht mehr so sicher.
Seit Tagen schon, eigentlich schon, seit wir die Ragnier Bulc Bergkette betreten hatten, sehe ich nichts als Felsen. Graue, grobe Felsen, die sich links und rechts von mir erstrecken und ich habe noch nie eine Landschaft gesehen, die unwirklicher und unheimlicher und gefährlicher ist, als diese Berge.
Ein zweites mal werde ich ganz sicher nicht in die Berge reisen, von Entspannung kann ich hier nichts spüren.


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 40. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Es war der vierte Tag, nach ihrer Abreise aus Selgna, als sich der Weg unmerklich verbreiterte.
Es gab zwischenzeitlich Stellen, an denen sie sich eng an die Felswand pressen mußten, um nicht in dem Abgrund zu stürzen und mehr als nur einmal, stießen sie kleine Kiesel mit den Fußspitzen an, die sofort in den Abgrund fielen.
Ellov war die erste, die bemerkte, daß der Weg wieder breiter wurde, weil sie diejenige war, die am meisten Angst gehabt hatte.
Die anderen hatten zwar auch ein wenig Angst, schließlich war Angst ein Gefühl, daß einen die Sicherheit nicht aus den Augen verlieren ließ.
Aber Ellov hatte zu dem enorme Höhenangst und war sichtlich froh darüber, dem unmittelbarem Abgrund nicht mehr in die Augen sehen zu müssen, jedenfalls im Moment nicht und ihr graute davor, wenn sie an den Rückweg dachte.
Schließlich war der Weg wieder so breit, daß sie mit zwei Mann nebeneinander gehen konnten und sofort schlang Ellov ihren Arm um Rocra.
Als an der linken Seite, der Seite des Abgrunds, dann auch noch ein natürlicher kleiner Wall entstand, entschied Sir Oontz sich dafür, eine Pause einzulegen. Sie waren anderthalb Tage, ununterbrochen, über diesen schmalen Steg gewandert und hatten sich nun eine Pause verdient und aufseufzend, fielen alle auf den Boden.
Keiner von ihnen hatte im Moment noch die Kraft, auch nur daran zu denken, ein Lagerfeuer zu machen, oder das Abendessen vorzubereiten. Obwohl die Sonne bereits dabei war unterzugehen, der vierte Tag neigte sich nun dem Ende entgegen, war Sir Oontz noch nicht dazu bereit, hier ihr Lager aufzuschlagen.
„Vielleicht finden wir ja noch eine Höhle, wo wir etwas geschützter sind, als hier.“ erklärte er und obwohl alle nicht mehr die geringste Lust dazu verspürten, sich noch einmal zu erheben, stimmten sie ihm zu und standen schließlich doch auf.
Sir Oontz hatte bemerkt, daß sich dunkle Wolken über die Bergkämme schoben und wenn er sich nicht vollends täuschte, dann würde es nicht mehr lange dauern und es würde zu Regnen beginnen.
Er verspürte nicht das geringste Interesse daran, sich durchweichen zu lassen, was bei der immer stärker werdenden Kälte sicherlich nicht angenehm war und so wie es aussah, sollte es sogar ein Sturm werden, deren erste Ausläufer sie bereits spürten.
Der Wind hatte zugenommen und fegte, mit einer immer größer werdenden Geschwindigkeit, durch die Berge und wenn es erst einmal zu regnen begonnen hatte, dann würde dieser Weg ganz sicher so etwas wie einen natürlichen Ablauf abgeben. Und wenn der Regen stark genug war und sich genug Wasser sammelte, dann konnte es geschehen, daß sie von den Füßen gerissen und in den Abgrund gespült wurden und das wollte Sir Oontz vermeiden, sollte es sich denn vermeiden lassen.
Schließlich war er der Meinung, daß sich alle lange genug ausgeruht hatten und verlangte, daß sie weitergehen sollten.
Zwar nur widerwillig, aber dennoch seinem Befehl gehorchend, setzten sich die anderen wieder in Bewegung und schleppten sich weiter den Weg hinauf.
Sie hatten alle das Gefühl, daß der Aufstieg immer steiler wurde, aber vielleicht war das auch Einbildung und dann ganz plötzlich, nahm der Wind noch mehr zu und brachte Schnee mit sich.
Es war kalt genug hier oben, so daß der Regen, den Sir Oontz erwartet hatte, ausblieb und es statt dessen zu schneien begonnen hatte, aber gleichzeitig setzte auch der Sturm ein.
Innerhalb weniger Augenblicke, war die ganze Berglandschaft um sie herum, in eine weiße Schneedecke gehüllt und es hatte den Anschein, daß es noch eine ganze Weile so weitergehen sollte.
Der Sturm peitschte ihnen die Schneeflocken entgegen, so das sie kaum noch etwas sehen konnten und sie hielten sich alle dich an der Felswand und tasteten sich dort entlang, um nicht versehendlich in den Abgrund zu stolpern, der zwar jetzt nicht mehr zusehen, aber immer noch präsent war.
Als sie um eine neuerliche Biegung kamen, blieb Sir Oontz abrupt stehen, was die anderen nicht mitbekamen und auf ihn aufliefen.
Der Wind war mittlerweile so stark, daß er zwischen den Felsen heulte und jegliche Unterhaltung unterband, außer, wenn man sich direkt neben einem befand und in dessen Ohr schrie, was Lady Diara gerade tat.
„Warum seid ihr stehengeblieben?“ aber Sir Oontz antwortete nicht, jedenfalls nicht mit Worten, sondern zeigte auf einen Fleck, der vor ihnen lag.
Lady Diara schaute in die Richtung und konnte ein helles Rechteck ausmachen, mehr aber nicht, dafür war der Schneesturm zu dicht.
„Was ist das?“ wollte sie wissen.
„Vermutlich das Haus das wir suchen.“ schrie Sir Oontz zurück und setzte sich gleich darauf wieder in Bewegung.
Um sich nicht zu verlieren, hielten sich alle an den Händen und jeder bekam mit, daß es weiterging.
Der helle Fleck war weiter entfernt, als Sir Oontz vermutet hatte und er glaubte schon gar nicht mehr, daß sie ihn erreichen würden, als er plötzlich vor einer Tür stand.
Das helle Licht, welches sie gesehen hatten, kam von einem Fenster, daß oberhalb der Tür, in die Wand eingelassen worden war, aber das Fenster schien bedeutend kleiner zu sein, als das Licht, welches sie gesehen hatten.
Aber darüber dachte Sir Oontz jetzt nicht nach, sondern griff nach der Türklinke und öffnete die Tür, die ihm sofort von dem Sturm, aus der Hand gerissen wurde. Er machte sich nicht die Mühe und klopfte an, daß hätte der, oder die Bewohner, sicherlich gar nicht mitbekommen.
Einer nach dem anderen stolperte in das Zimmer, in dem ein großer Kamin brannte und Wärme verbreitete. Vollkommen erschöpft und vor Kälte zitternd, lagen Sir Oontz, Lady Diara, Ixa, Xamoed, Ellov und Rocra, wie auf einem Haufen geworfen da und versuchten erst einmal wieder zu Atem zu kommen.
Sir Oontz blickte sich um, aber in dem kleinen Teil, den er sehen konnte, war niemand zu sehen und er vermutete schon, daß sich hier niemand aufhalten würde, aber das konnte nicht sein, schließlich mußte jemand das Feuer in dem Kamin entfacht haben und das waren ganz sicher nicht Sir Oontz, oder einer der anderen gewesen.
Nach und nach erhoben sie sich wieder und Sir Oontz, der als erster hineingestolpert war, stand als letzter auf und schaute auf die beiden Personen, die auf zwei großen Sesseln, die mit einigen Fellen ausgelegt waren, saßen.
Der Mann stand schließlich auf und ging auf einen Gang zu, der zur Rechten von Sir Oontz lag und ohne ein Wort gab er ihnen ein Zeichen, daß sie ihm folgen sollten.
Auf dem Gang führten Türen in Räume, die recht groß und sehr bequem eingerichtet waren. Aber bevor Sir Oontz etwas sagen konnte, sprach der Mann sie an.
„Ich würde Vorschlagen, bevor wir uns zusammensetzen und plaudern, daß sie sich zuerst ihrer dreckigen und vollkommen nassen Kleidung entledigen und sich etwas frisches und trockenes Anziehen. Die alte Kleidung brauchen sie dann nur vor die Türen zu legen, ich werde mich später darum kümmern. Ich weiß, daß ihr keine sechs Zimmer benötigt, auch wenn ihr sechs Leute seid, aber in jedem Zimmer steht eine Wanne mit heißem Wasser bereit, so daß ihr euch erst einmal Entspannen könnt und in der Kommode, liegt für jeden etwas zum Anziehen bereit. Ich werde später alle eure Fragen beantworten, aber erst wenn ihr etwas zur Ruhe gekommen seid.“ beendete der Mann seine Rede und wies dann jedem von ihnen ein Zimmer zu.
Sie waren alle viel zu sehr Überrascht und viel zu müde, um sich jetzt mit dem Mann auseinanderzusetzen und die Aussicht auf ein heißes Bad, ließ sie alle in die Zimmer trotten, ohne etwas zu sagen.
Erst sehr viel später fragten sie sich, wieso ein Mann, der fast immer allein gelebt hatte, dazu noch hoch oben in den Bergen, wo nie jemand hinkam, ein Haus hatte, in dem es für jeden von ihnen ein Zimmer gab und dazu noch ein heißes Bad.
Aber die Antwort erhielten sie, als sie sich alle wieder in dem Raum versammelten, in dem sie vor einer kurzen Zeit einfach hineingeplatzt waren.
Aber der Raum schien plötzlich größer zu sein, als Sir Oontz, oder auch die anderen, in Erinnerung hatten, denn statt der beiden großen Stühle, die fast am Eingang der Tür gestanden hatten – und dahinter hatte Sir Oontz nichts als Felsen gesehen, stand jetzt ein gewaltiger Tisch in dem Raum, um den sich acht Stühle reihten und der Tisch war mit vielen Leckereien und auch heißem Tee gedeckt.
Und auch jetzt sagte noch keiner von ihnen etwas und statt wie Statuen vor dem Tisch zu stehen, setzten sie sich auf die Stühle und warteten auf den Mann, dem dieses Haus gehörte. Aber auch von der Frau war nichts zu sehen und gerade als Sir Oontz etwas zu Lady Diara sagen wollte, kam der Mann wieder in den Raum und lächelte sie an.
Nichts an dem Mann deutete darauf hin, daß er den sechs Freuden etwas zu leide tun wollte, ganz und gar nicht. Wenn dem so sein wollte, dann hätte er mehr als nur eine Gelegenheit dazu gehabt, als sie das Haus betreten hatten, oder besser gesagt, hineingestolpert waren.
„Eßt, greift zu, es ist mehr als genug da.“ rief er und schien sich darüber zu freuen, Besuch bei sich zu haben, den er beköstigen konnte, aber niemand rührte sich, bis Sir Oontz schließlich das Wort ergriff.
„Ich möchte euch nicht zu nahe treten und mich auch keinesfalls undankbar gegenüber ihrer Gastfreundschaft zeigen, genausowenig, wie meine Freunde, aber warum tut ihr das? Ich meine, wir platzen einfach so herein und ihr gebt uns ein Zimmer, ein heißes Bad, was zum Anziehen und dann dieses Essen. Es sieht vorzüglich aus und mir läuft das Wasser im Munde zusammen, aber zuerst möchten wir wissen, wer uns die Gastfreundschaft schenkt und wo ist die Frau, von vorhin?" wollte Sir Oontz wissen und schaute dem Mann direkt ins Gesicht.
„Ich bin hier.“ erklang eine melodische Stimme aus der Richtung, in der die Zimmer sich befanden und alle schauten dorthin, entzückt alleine durch die Stimme, aber das Aussehen der Frau war bei weitem besser.
< Eine Yonos Fee. > stellte Sir Oontz fest und beobachtete sie, wie sie an den Tisch ging, nein, sie schien zu gleiten und sich dann setzte.
Ihr blondes Haar, schien aus Gold gesponnen zu sein und fiel ihr bis auf die Füße. Ihre Gesichtszüge waren so fein und glatt, als wenn sie aus Marmor gemeißelt seien und ihre Haut hatte dieselbe Farbe, wie die von Lady Diara, bevor die Verwandlung in ihr begonnen hatte.
Ihre Orangeleuchtenden Augen glänzten und blitzen vor Intelligenz und Sir Oontz konnte ahnen, daß sie für jeden Spaß zu haben war.
< Aber wenn sie eine Yonos Fee ist, dann dürfte sie keine Orangen Augen haben, > dachte sich Sir Oontz und ganz plötzlich fiel ihm die Ähnlichkeit mit der alten Lady Diara auf.
Er war nun schon eine ganze Zeit lang mit der neuen Lady Diara unterwegs, die sich so sehr verändert hatte, daß er ihre ursprüngliche Schönheit, verdrängt hatte und mit einemmal, wußte Sir Oontz, wer diese Frau war.
„Ihr seid Ococh Anirac, die Königin der Yonos Feen.“ stellte Sir Oontz fest und bemerkte, wie Lady Diara zusammenzuckte.
„Das ist richtig, ihr habt eure Hausaufgaben gemacht, Sir Oontz.“ erwiderte die Yonos Feen Königin, schaute Sir Oontz einen Moment lang an und wollte ihm damit zu verstehen geben, daß auch sie ihre Hausaufgaben gemacht hatte, dann wandte sie sich an Lady Diara.
„Diara, wie lange mußte ich auf diesem Augenblick warten, das ich mich dir Offenbaren durfte.“ meinte Lady Diaras Mutter, machte aber keine Anstalten aufzustehen, oder auch nur Lady Diara zu berühren.
Sie spürte, daß dies der falsche Augenblick dazu war und mehr kaputt machen würde, anstatt die beiden wieder zusammen zu bringen, daher blieb sie einfach sitzen und wartete was kommen würde.
„Mutter... ich weiß nicht... ich meine... woher... Ach verdammt.“ brach Lady Diara dann ihr Gestotter ab, bevor sie sich noch mehr verhaspelte, statt dessen stand sie auf, ging um den Tisch herum, ging auf ihre Mutter zu und nahm sie in die Arme.
Für eine lange Zeit blieben die beiden nur so stehen, der eine den anderen im Arm haltend und sagten nichts, aber Sir Oontz konnte sehen, daß Lady Diara die Tränen über die Wangen liefen und erleichtert sah er, daß dies bei der Yonos Fee ebenso war.
Schließlich schob Ococh Anirac, Lady Diara etwas von sich ab und schaute sich ihre Tochter genauer an.
„Die große Veränderung hat bereits begonnen.“ stellte sie dann fest und Lady Diara nickte.
„Königin Anirac.“ begann Sir Oontz, wurde aber sofort unterbrochen.
„Also bitte. Tut mir in Gefallen, daß gilt für euch alle. Nennt mich nicht Königin. Ich habe dieses Amt vor langer Zeit abgelegt, auch wenn diese verbohrten Idiotinnen von Priesterinnen es nicht wahrhaben wollen. Ich bin keine Königin mehr, sollen sie sich jemanden anderen suchen. Wenn ihr mit mir sprecht, so nennt mich einfach Ococh, oder Anirac, aber nicht Königin. Verstanden?“ fragte Lady Diaras Mutter in die Runde und alle nickten.
„Lady Anirac.“ begann Sir Oontz erneut und Ococh Anirac verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Sie mochte es nicht, mit irgendwelchen Titeln belegt zu werden, aber sie wußte auch, daß sie dies aus Sir Oontz nicht herausbekommen würde, also ließ sie es dabei.
Da die Yonos Fee nichts sagte, sprach Sir Oontz dann weiter.
„Eine Frage habe ich, was macht ihr hier und wer ist dieser Mann da?“ wollte Sir Oontz wissen und deutete auf ihren Gastgeber, der bisher am Tisch gestanden hatte, ohne etwas zu sagen.
Auch jetzt sagte er nichts, sondern ließ Ococh für sich Antworten.
„Ich bin hier, weil ich die Nachricht erhalten habe, daß ihr auf den Weg hier her seid und dieser Mann dort, ist ein sehr guter Freund von mir, außerdem der mächtigste und älteste Zauberer, der noch auf Lavia lebt.“ erklärte Lady Diaras Mutter, aber den Namen hatte sie immer noch nicht genannt.
„Und wie alt?“ wollte Rocra wissen, der bisher nur gespannt das geschehen verfolgt hatte. Rocra hatte sich vor langer Zeit einmal mit Zauberern beschäftigt und herausgefunden, daß einige von ihnen fast einhundertfünfzig Sommer alt wurden, da war es nicht weiter verwunderlich, daß er erfahren wollte wie alt dieser Zauberer war.
„Das Interessiert mich im Moment herzlich wenig. Wie ist euer Name?“ warf Sir Oontz dazwischen und der Zauberer schaute Sir Oontz aus Augen an, die viel Schmerzhaftes erlebt und noch viel schrecklicheres Gesehen hatten, viel Trauer, Leid und Tod erlebt hatten und die ihm sagten, daß er dies nie wieder sehen wollte und Sir Oontz wußte mit einemmal, daß dieser Zauberer Uralt sein mußte.
„Mein Name ist Gnilowr.“ erwiderte der Zauberer und für einen kurzen Augenblick schien die Welt still zu stehen, aber dann sprengten die, um den Tisch sitzenden, auseinander, als wenn ein Blitz in den Tisch gefahren wäre, nur einzig Sir Oontz blieb sitzen.
Er sah den Zauberer an und sah für einen kurzen Moment, wie alt der Mann wirklich war und wie schmerzhaft das handeln der anderen ihn traf, dann hatte er sich aber wieder unter Kontrolle, schaute aber weiterhin Sir Oontz an, der keinerlei Anstalten machte, zu Flüchten, oder auf ihn loszugehen.
Sir Oontz zeigte nicht die geringste Spur von Angst, lediglich ein Ausdruck von Bedauern und Mitgefühl lag auf seinem Gesicht und dann sprach er die anderen an, daß sie sich wieder setzen sollten.
Xamoed wollte etwas erwidern, aber Sir Oontz schnitt ihm das Wort ab.
„Er ist nicht der, für den ihr ihn haltet. Wenn dem so wäre, dann würden wir jetzt nicht hier sitzen und seine Gastfreundschaft genießen, sondern schon lange irgendwo verrotten.“ dabei ließ er das Gesicht des Zauberers keinen Moment aus den Augen und konnte für einen kurzen Moment, so etwas, wie Dankbarkeit darin lesen.
Ganz langsam setzten sich Sir Oontz Freunde wieder an den großen Tisch und auch Lady Diara, die von ihrer Mutter gewichen war, kam um den Tisch herum und setzte sich neben Sir Oontz, auf den Stuhl, der für sie gedacht war.
Als das Schweigen fast unerträglich wurde, keiner wagte etwas zu sagen, begann der Zauberer von sich aus zu sprechen. Er hatte das Gefühl, den Anwesenden eine Erklärung schuldig zu sein, die er nun versuchte zu geben.
„Was Sir Oontz gesagt hat ist richtig. Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Ich bin Gnilowr, aber nicht der Gnilowr von einst.“ begann der Zauberer zu erklären, wurde aber von Xamoed unterbrochen.
„Soll das heißen, daß sie gar nicht vernichtet worden sind und nichts böses mehr im Sinn haben?“ aber der Zauberer schüttelte den Kopf.
„Nein, daß soll es nicht heißen. Ich bin nie vernichtet, oder in die Dunkelheit geschleudert worden, weil ich nicht der dunkle Magier von einst bin. Aber laßt mich erklären, damit ihr alles besser versteht. Ungefähr zweihundert Sommer, bevor die große Dunkelheit begann, habe ich mich in die Lehre des größten und mächtigsten Zauberers begeben, den Lavia jemals gesehen hat. Sein Name war Sky´seryunum und er war der Gründer der Sky´s Gärten und der Stammvater der Sky´s, einer sehr langen Ahnengalerie, wenn ich dies einmal hinzufügen darf. Neben mir, bildete Sky´seryunum, noch zwei weitere Schüler aus. Zeitgleich mit mir begann Efacsen und dann war da noch Muim. Er war schon seit mehr als fünfzig Sommer bei dem Zauberer und stand vor der großen Prüfung, die er damals bestanden hatte, danach habe ich ihn nie wieder gesehen. Nun, Efacsen und ich wurden Freunde und wir waren versessen darauf, all das zu erlernen, was für einen großen Zauberer von Nöten war. Erst viel später begriff ich, daß Efacsen sich nur Ausbilden ließ, um seine Macht dafür einzusetzen, Reichtum zu erlangen, aber da war es schon zu spät.
Ein großer Teil der Ausbildung bestand darin, Zauber gegen das Böse zu verwenden, aber um diese Zauber auch effektiv einsetzen zu können, gehörte ein Teil dazu, der uns die dunkle Seite der Zauberei lehrte und es bedarf sehr fester und starker Willenskraft, nicht dieser Dunklen Seite zu verfallen. Leider war Efacsen nicht stark genug, aber vielleicht wollte er es auch nicht, da er sah, daß das Böse zwar sehr mächtig sein konnte, aber auch einen sehr großen Tribut dafür forderte, die Seele. Efacsen war es egal, sah er doch einen Weg, schnell an Reichtum und Macht zu gelangen.
Sky´seryunum bemerkte viel zu spät, daß er Efacsen nicht mehr auf den richtigen Weg zurückbringen konnte und als er ihn aus seinem Haus verbannte, nahm Efacsen die Bücher über die schwarze Magie mit sich und lernte im geheimen, deren Mächte. Am Tage meiner großen Prüfung, fünfzig Sommer, nachdem ich begonnen hatte, kehrte Efacsen zurück und stellte Sky´seryunum zum Kampf.
Es war ein langer, harter und unerbittlicher Kampf, den Efacsen am Ende gewann. Sehr zu meinem Entsetzen, wenn ich das einmal sagen darf, aber Sky´seryunum hatte mir ausdrücklich verboten einzugreifen, oder gegen Efacsen anzutreten. Sky´seryunum hat gespürt, daß Efacsen sehr mächtig geworden war, im Umgang mit der schwarzen Magie und ich war noch lange nicht stark genug, ihm gegenüber zu treten.
Sky´seryunum war sehr beliebt im ganzen Land, da er immer sehr viel gutes tat und ständig ein gutes Wort übrig hatte und als die Kunde umging, daß er von einem schwarzmagischen Magier vernichtet worden sei, der einmal der Lehrling gewesen war, da spann Efacsen eine Intrige.
Er behauptete, daß ich der schwarzmagische Magier sei und behauptete, daß ich Efacsen sei, den Sky´seryunum vor langer Zeit verstoßen hatte und er gab sich für mich aus.
Die Leute brauchten einen Sündenbock, aber meine ganzen Beteuerungen halfen nicht und schließlich flüchtete ich, um nicht totgeschlagen zu werden. Efacsen nahm meinem Namen an und verbreitete von da an Tod, Verderben und Schrecken und verbündete sich sogar mit der Finsternis und ging als Gnilowr, der dunkle Magier, in die Geschichte ein. Ich konnte nichts tun, mir blieb lediglich dieser Zufluchtsort, den ich magisch abschirmte, um vor den Häschern der Dunkelheit sicher zu sein.
Efacsen hätte mich mit einem Handstreich sicherlich vernichten können, aber er tat es nicht. Bis heute weiß ich nicht warum, aber ich vermute, er glaubte, daß von mir keine Gefahr für ihn ausging. Vielleicht nicht direkt für ihn, aber ich tat, was immer ich konnte, um seinen Herrschaaren, erhebliche Verluste beizufügen. Allerdings brachte das nicht viel. Für jeden der fiel, kamen drei neue und schließlich sammelte ich die fünf Magier, aus Haus Sky´s, um mich herum und schickte sie los, einen zu finden, der Efacsen, oder Gnilowr, wie er sich damals nannte, zu vernichten.
Sie fanden Rolyad, den Rest kennt ihr und ich war dabei, als Efacsen in die Dunkelheit geschleudert wurde, aber er lachte mich aus, schien keine Angst zu haben und winkte mir zu, so als wenn er nur eine kleine Reise machen würde und bald zurück käme, erst vor sechshundert Sommer, erfuhr ich auch warum.
Rolyad hatte ihn zwar in die Dunkelheit geschleudert, aber er würde wieder kommen. Der Zauber wirkte nur für eintausend Sommer, weil ihn einer Ausgesprochen hatte, der nicht in direkter Linie von den Sky´s abstammte. Nur ein echter Sky´s, der in direkter Linie von dem großen Sky´seryunum abstammt, kann Efacsen mit diesem Spruch endgültig vernichten. Die eintausend Sommer laufen bald ab und die ersten Anzeichen für Efacsens Rückkehr, sind nicht zu übersehen, aber es gibt einen direkten Nachfahren von Sky´seryunum und ihr alle kennt sie sehr gut.“ beendete Gnilowr seine Gesichte, die die ganzen Erzählungen und Niederschriften aus dieser Zeit, auf den Kopf stellte.
Lange Zeit herrschte Schweigen in dem Raum. Keiner sagte etwas, sie mußten erst einmal all das Verdauen, was sie soeben gehört hatten. Es war gar nicht so einfach zu realisieren, daß der Gnilowr, gar nicht der Gnilowr war, sondern Efacsen, aber andererseits Gnilowr doch Gnilowr war, nur eben nicht Efacsen.
Aber am schlimmsten war es zu Akzeptieren, daß der Gnilowr vor ihnen, nicht der Gnilowr sein sollte, der sich damals mit der schwarzen Magie befaßt und sich mit der Finsternis verbündet hatte. Tief in ihnen drin, war der Name Gnilowr, verbunden mit Tod, Verderben, Schrecken und elendes Leid, es war schwierig den Namen Gnilowr in diesem Zusammenhang zu löschen und statt dessen Efacsen einzutragen.
Rocra war der erste, der erneut zu sprechen begann, allerdings wollte er nichts von dem wissen, was der Zauberer ihnen eben erzählt hatte, sondern griff den Faden von vorhin wieder auf.
„Dann müßt ihr gute eintausendzweihundert Sommer alt sein.“ schätzte er, aber der Zauberer schüttelte den Kopf und mußte Lachen, als er Rocras verblüfftes Gesicht sah.
„Das ist nicht ganz richtig, Rocra. Genaugenommen bin ich eintausendzweihundertdreißig Sommer alt. Ich war dreißig Sommer alt, als ich in die Lehre bei Sky´seryunum ging.“ erklärte der Zauberer und sah sich dann einer neuen Frage gegenüber, die Ixa stellte.
„Ihr sagtet vorhin, daß an dem Tag eurer Prüfung, also fünfzig Sommer, nachdem ihr begonnen hattet, Efacsen erschienen sei und den alten Zauberer Sky´ser... wie auch immer, vernichtet habe, ist dann nicht auch am selben Tag die Dunkelheit über das Land gekommen?“ aber erneut schüttelte der Zauberer den Kopf.
„Nein. Efacsen zog sich zurück, er hatte sein eigentliches Ziel, seinen ehemaligen Meister zu besiegen, erreicht. In den darauffolgenden einhundertfünfzig Sommern, nutzte er die Zeit und studierte die schwarze Magie, bis in jede Einzelheit, solange, bis er sie vollkommen Beherrschte und ständig kamen neue Zauber hinzu, die er sich ausdachte. Irgendwann begann er dann die schwarze Magie zu nutzen und gegen die Bewohner Lavias einzusetzen. Schon nach kurzer Zeit erhielt er die Macht und den Reichtum, den er haben wollte. Er beherrschte ein paar Landstriche, mit sehr viel Terror und Gewalt und als die Bewohner dann immer weniger wurden, teils, weil sie gestorben waren, teils aber auch, weil sie einfach woanders hinzogen, da war es vollkommen um seinen Verstand geschehen und er wollte alleiniger Herrscher von ganz Lavia sein und von dem Tage an begannen die dunklen Zeiten.“
„Fand denn die Schlacht, die Rolyad, gegen Gnilowr, äh... Efacsen, führte, statt? Oder ist dies auch nur eine Geschichte, so, das es die Schlacht gar nicht gab? Gab es die Stadt Qapmo überhaupt, oder ist dies auch nur eine Geschichte?“ wollte diesmal Lady Diara wissen und schaute den Zauberer an, aber diesmal antwortete ihre Mutter.
„Die Schlacht zwischen Rolyad und Efacsen fand statt und die Stadt Qapmo gab es damals tatsächlich. Aber sie wurde vollkommen zerstört, lediglich die Mauerreste einer alten Burg blieben stehen, obwohl in ihrem Zentrum der Kampf stattfand. Die fünf Magier, übrigens drei von ihnen sind direkte Nachfahren des Zauberers Sky´seryunum, kamen, nachdem die Dunkelheit vertrieben worden war, in ihre Heimat zurück, eben Qapmo. Sie begannen auf den Mauerresten der Burg eine neue Zufluchtstätte zu bauen und nannte sie...“
„ ...Haus Sky´s.“ vollendete Sir Oontz den Satz, es war das erste mal, das er sich zu Wort gemeldet hatte, seit der Zauberer seine Geschichte beendet hatte.
„Genau. Woher wißt ihr das?“ wollte Ococh Anirac, die Yonos Fee wissen, aber Sir Oontz winkte ab.
„Aus dem, was ich bisher gehört habe, und dem was ich bisher wußte, habe ich meine Schlüsse gezogen und so langsam wird mir einiges, oder auch vieles, wenn nicht alles, klar. Aber darüber will ich jetzt nicht reden. Ich habe Hunger.“ stellte Sir Oontz zum Schluß noch fest und griff nach einer Hähnchenkeule, die immer noch dampfend auf dem Tisch stand.


Acht

Sind all die Geschichten, die Erzählungen, die Eintragungen in die Sky´s Chroniken, über die Dunkle Zeit, nichts als Lügen?
Aber warum sollte man das tun? Hatten die Leute irgend etwas zu verbergen, das nicht Rechtens war und darum diese Dunkle Zeit erfunden?
Aber andererseits spüre ich, daß hier etwas Böses am Werk ist und daß uns der Zauberer Gnilowr, die Wahrheit gesagt hat, aber was will er von mir? Was soll ich hier tun?


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 42. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Nur sehr zögernd, beteiligten sich die anderen an dem Essen. Aber nachdem sie die ersten Bissen getan hatten, bemerkten sie, wie hungrig sie waren und aßen, soviel sie konnten.
Und obwohl sie das Essen, daß immer noch heiß auf dem Tisch stand, obwohl schon eine ganze Zeit verstrichen war, seit es aufgetragen wurde, hinunterschlangen, dachten dennoch alle über das gehörte nach.
Es klang alles so unwahrscheinlich, sosehr anders, als alle Überlieferungen es ihnen sagten, daß es schon wieder wahr sein konnte.
Am Interessantesten fanden sie die Feststellung, daß die Schlacht zwischen Rolyad und Gnilowr, oder besser Efacsen, auf dem heutigen Haus Sky´s ausgetragen worden war. Eine Feststellung, die Sir Oontz nicht mehr sonderlich Überraschte, da sich nun so langsam alle Teile zusammenfügten und auch Lady Diara schien nicht wirklich Überrascht zu sein.
Aber bisher hatte keiner davon gesprochen, oder daran gedacht, daß sie den direkten Nachfolger von dem angeblichen großen Zauberer Sky´seryunum kennen sollten, obwohl Sir Oontz auch darauf die Antwort schon kannte.
Sir Oontz hatte bewußt sich dem Essen gewidmet, um seinen Begleitern und Freunden, die Möglichkeit zu geben, über das Gehörte nachzudenken und in die richtigen Bahnen zu bekommen.
Sir Oontz fiel zwar auf, daß der Zauberer nichts aß, sagte aber diesbezüglich nichts. Schließlich lehnten alle Satt und zufrieden in den Stühlen, wirkten etwas träge und müde, was auch Gnilowr auffiel.
„Ihr müßt müde sein, die lange Wanderung hier her, war sicher anstrengend.“ begann er, wurde aber von Sir Oontz unterbrochen.
„Die Wanderung war anstrengend, da habt ihr recht und sicherlich sind wir auch müde, aber dennoch habe ich zwei Dinge, die ich noch geklärt haben möchte. Auf euerer Bemerkung von vorhin zurück kommend, daß wir den direkten Nachfolger dieses, doch so mächtigen Zauberers, kennen, gehe ich davon aus, wenn ich mir die Verwandlung von Lady Diara in den letzten zwei Monaten ansehe, daß sie die direkte Nachfolgerin ist.“ stellte Sir Oontz eine Behauptung auf und erneut war es die Yonos Fee, die ihm zustimmte, dabei aber ihre Tochter ansah.
„Gut. Und die zweite Sache ist, da ihr euch ja so gut mit der Geschichte um die Dunkelheit, diesem Efacsen und auch der Legende und allem anderen, daß damit zu tun hat, auskennt, was soll Ellov in diesem Spiel?“ wollte Sir Oontz wissen und schaute den Zauberer herausfordernd an.
Auch die anderen, aber ganz besonders Ellov selbst, starrte den Uralten Mann an, der sie alle der Reihe nach anschaute und anscheinend über diese Frage nachzudenken schien, aber dann schüttelte er den Kopf.
„Ich wünschte, ich könnte es euch sagen, aber ich weiß es nicht. Ich könnte jetzt auch sagen, die Götter alleine wissen es, aber auch das wäre gelogen. Ich kann euch nur soviel sagen, daß eure Reise hier noch nicht zu Ende ist und ihr an euerem endgültigem Ziel, zu dem Lady Diara Reisen muß, all eure Fragen beantwortet werden, denn dort sind die, die all dies Eingefädelt haben.“ erwiderte der Zauberer und hob seine Hand, als Rocra etwas sagen wollte.
„Für heute ist es genug. Ihr solltet euch nun Ausruhen, da euch bald wieder eine anstrengende Reise bevorsteht. Morgen können wir weiter reden, vielleicht kann ich euch mehr erklären und euch so die Verwirrung etwas nehmen.“ und damit stand Gnilowr, der älteste noch lebende Zauberer auf Lavia, auf und wandte sich dem Gang zu, in dem die Zimmer lagen.
Auch die anderen standen auf und folgten dem Zauberer, nur die Yonos Fee blieb sitzen.
Lady Diara achtete nicht auf sie, sie war viel zu Übermüdet, um sich weitere Gedanken um sich, ihre Mutter, oder gar der Reise zu widmen und als sie sich auf ihr Bett legte, schlief sie fast sofort ein.
Auch die anderen, schlief, kaum das sie in ihren Betten lagen, ein und niemand hatte auch nur die geringste Möglichkeit, irgend etwas anderes zu tun.
Es war ein tiefer, fast Totenähnlicher Schlaf, ohne irgendwelche Träume, den Lady Diara und ihre Begleiter schliefen, aber er war sehr erholsam und voller Tatendrang und Wissensdurst, sahen sie diesem Morgen entgegen.
Lady Diara eilte in den großen Raum, in dem sie gestern gegessen hatten, aber heute Morgen war er wieder nur so groß, daß ein kleiner Tisch und die beiden Stühle darin Platz fanden. Sie hatte vermutet, daß sich der alte Zauberer, sie brachte es noch nicht fertig, den Namen des Mannes ohne schaudern zu denken, oder gar auszusprechen und ihre Mutter sich hier befinden würde, was nur zum Teil der Fall war.
„Guten Morgen.“ meinte die Königin der Yonos Feen, als sie ihre Tochter sah.
„Guten Morgen Mutter.“ erwiderte Lady Diara und kam auf ihre Mutter zu. Die beiden Frauen nahmen sich in die Arme und hielten sich einige Zeit eng umschlungen. Lady Diara fand es ausgesprochen erholsam und beruhigend, ihre richtige Mutter kennengelernt zu haben und sie in den Armen halten zu dürfen, Ococh Anirac erging es genauso.
Schließlich trat Lady Diara einen Schritt zurück und schaute ihre Mutter an, die gut einen Kopf größer war, als sie selbst.
„Ich möchte nicht unhöflich erscheinen und dich am frühen Morgen schon mit Fragen nerven, aber mich Interessiert eine ganz besonders.“ begann Lady Diara und ihre Mutter sah sie auffordernd an.
„Wie kommt es, daß ich neben der Gabe, auch noch diese unheimliche Kraft in mir trage und warum soll ich ein direkter Nachfahre des großen Sky´seryunum sein? Ich bin keine geborene Sky´s, ich habe Lord Ritilsi Sky´s geheiratet und wurde damit zur Sky´s, oder nicht?“ wollte Lady Diara wissen und schaute ihre Mutter an.
Die Yonos Fee erwiderte den Blick ihrer Tochter und es verging eine lange Zeit, ehe sie den Blick senkte und sich etwas von ihrer Tochter wegdrehte.
„Warum sagt ihr es nicht?“ wollte plötzlich eine Stimme hinter Lady Diara wissen, aber sie war nicht im mindesten Überrascht, daß es Sir Oontz Stimme war.
Die Yonos Fee schaute nun Sir Oontz an und schließlich sprach sie ihn an.
„Warum sagt ihr es ihr nicht, wenn ihr schon alles wißt.“ raunzte sie ihn an, aber Sir Oontz ließ sich nicht beeindrucken.
„Ich weiß nicht alles, aber ich denke, daß ich schon einen ziemlich großen Teil davon weiß. Zum Beispiel warum Lady Diara die direkte Nachfahrin des Sky´seryunum ist. Es ist relativ einfach, wenn man sich die Mühe macht und die ganzen Teilchen zusammensetzt. Es hat mit den fünf Magiern vom Hofe der Sky´s zu tun. Ich bin mir ziemlich sicher, daß diese fünf noch irgendwo leben, oder zumindest Existieren. Sie haben sich damals zu einem Verbunden und euch geschwängert. Ich gehe davon aus, daß es dieser geheimnisvolle Holzfäller gewesen war, da er ja nie wieder gesehen wurde und da drei dieser Zauberer direkt von dem großen Zauberer Sky´seryunum abstammen, ist Lady Diara eine direkte Nachfahren dieses Mannes, oder liege ich da falsch?“ wollte Sir Oontz von der Yonos Fee wissen und schaute sie herausfordernd an. Aber Ococh Anirac schaute verlegen zu Boden und als Lady Diara noch einmal nachfragte, ob das stimmte, was Sir Oontz gerade gesagt hatte, da nickte sie und murmelte, daß es wahr sei.
„Und wo finden wir diese fünf jetzt?“ wollte Sir Oontz wissen. Langsam hatte er genug von diesem Katz und Maus Spielchen und wollte nun gerade heraus wissen, was hier alles gespielt wurde.
„Es gibt nur eine die das weiß und die ist nicht hier.“ erklang die Stimme von Gnilowr, dem Zauberer, hinter Sir Oontz und als er sich umblickte, sah er, daß auch die anderen den Raum betreten hatten. Alle schauten mit einer Mischung aus Neugierde, aber auch mit großer Achtung, auf Lady Diara.
„Ich habe schon immer gewußt, daß ihr was besonderes seid, Lady Diara.“ meinte Xamoed plötzlich, um das unangenehme Schweigen zu brechen und Lady Diara mußte lachen, auch wenn ihr nicht danach zu mute war.
“Wo finden wir die, die weiß, wo die fünf zu finden sind?“ griff Sir Oontz den Faden wieder auf und schaute den Zauberer mit einem so grimmigen Gesichtsausdruck an, als wenn er seit Tagen im Regen stehen würde, aber der Zauberer schien nicht beeindruckt zu sein.
„Ihr müßt sie nicht suchen, sie wird bald hier sein. Ich habe nach ihr geschickt, als ihr gestern hier eingetroffen seid.“ erwiderte der Zauberer ruhig und setzte sich auf den freien Stuhl, der sich noch in dem Zimmer befand, da sich die Yonos Fee wieder gesetzt hatte.
„Dann sollten wir uns fertig machen.“ meinte Sir Oontz und drehte sich um, um in das Gemach zu gelangen, in dem seine Kleider lagen und ein wenig wunderte es ihn schon, daß weder der Zauberer, noch die Yonos Fee, ihn aufzuhalten versuchte.
< Aber warum sollten sie auch? Es ist alles gesagt, was gesagt werden mußte und den Rest werden wir später in Erfahrung bringen. > dachte sich Sir Oontz und bemerkte, daß sich auch die anderen umdrehten, um zu ihren Gemächern zu gelangen und sich wieder Reisefertig zu machen.
Nur Lady Diara blieb zurück und schaute ihre Mutter an.
„Wirst du mit uns kommen?“ wollte sie wissen, aber die Yonos Fee schüttelte den Kopf.
„So gern ich es auch möchte, aber es ist mir nicht vergönnt, jedenfalls jetzt nicht. Aber ich werde später zu euch stoßen.“ erwiderte sie und schaute in das verblüffte Gesicht ihrer Tochter.
„Hab ich was falsches gesagt?“ wunderte sich Ococh Anirac, gab aber gleich darauf selbst die Antwort.
„Oh, ich verstehe. Nein. Ich weiß nicht, wo sich die fünf Aufhalten, aber ich habe ihre Zusage bekommen, daß sie später nach mir schicken werden. Nichts wünschte ich mir sehnlicher, als bei dir zu sein, und dich zu Unterstützen, aber sie haben es mir verboten.“ und damit schien alles gesagt zu sein, denn Lady Diara nickte und begab sich dann ebenfalls in ihr Zimmer, um sich für die weitere Reise fertig zu machen.
Es bedarf einer geraumen Zeit, bis sich Sir Oontz und auch die anderen, ihre alten Kleider wieder angezogen hatten. Sie ließen sich extra etwas Zeit dabei, um die Ankunft des Gastes, der ihnen sagen konnte, wo sich die fünf Zauberer von Haus Sky´s befanden, nicht in dem kleinen Raum verbringen zu müssen, in dem Gnilowr und die Yonos Feen Königin sich aufhielten.
Aber als sie sich in diesen Raum begaben, wurden sie erneut Überrascht, obwohl sie eigentlich nicht mehr viel Überraschen konnte, aber der Raum war wieder zu der Größe angewachsen, wie am Abend zuvor, als sie zu Abend gegessen hatten, auch der Tisch und die Stühle, waren wieder da, nur der neue Gast fehlte.
Sir Oontz und auch die anderen, schienen etwas Enttäuscht zu sein, was der Zauberer sehr wohl bemerkte und auch richtig deutete.
„Keine Angst, unser Gast wird bald hier eintreffen. Sie mußte nur einen kleinen Umweg nehmen, daher wird es etwas länger dauern. Aber wie wäre es, wenn ihr euch erst einmal setzt und eine Kleinigkeit zu euch nehmt. Ich glaube, daß ihr noch nicht Gefrühstückt habt.“ meinte der Zauberer und von einem Moment zum anderen, war der Tisch mit frischem Brot und Brötchen und allerlei anderen Köstlichkeiten gedeckt. Im ersten Moment waren sie etwas verblüfft, aber nicht wirklich Überrascht, schließlich befanden sie sich im Haus des größten und mächtigsten noch usw. usw. usw. dachte Sir Oontz und setzte sich ohne Worte an den Tisch.
Der Mann hier, mochte sich vielleicht als der älteste, noch lebende Zauberer bezeichnen, was wahrscheinlich auch richtig war, aber sicherlich war er nicht mächtig, jedenfalls nicht mächtig genug, um gegen diesen Efacsen anzutreten, dafür mußte dann schon ein junges, dreißig Sommer altes Mädchen her halten.
Nein, dieser alte Knacker beeindruckte Sir Oontz nicht wirklich, obwohl er zugeben mußte, daß er einige gute Tricks auf Lager hatte, daß Essen schmeckte jedenfalls recht gut.
Auch die anderen setzten sich wieder an den großen Tisch und begannen zu Frühstücken. Keiner sagte etwas und schweigen breitete sich in dem Raum aus, daß aber nicht Verlegen wirkte, sie hatten im Moment nur nichts zu sagen, daß war alles.
Das Frühstück hatten sie schließlich beendet und jeder von ihnen hielt einen Becher Tee in der Hand, als es an der Tür klopfte.
„Ah, unser Gast ist da.“ rief der Zauberer erfreut und ging zur Tür, um diese zu öffnen.
Da die Tür nach innen aufging und der Zauberer in der Tür stand, konnten sie auch nicht sehen, wer sich da angekündigt hatte und erst als die Tür geschlossen wurde und der Zauberer zur Seite ging, konnten sie erkennen, um wen es sich handelte.
„Esröp?“ riefen Sir Oontz, Ixa, Ellov und Lady Diara wie aus einem Mund und nun waren sie doch Überrascht.


Neun

Heute gab es eine Überraschung, wieder mal. Wir haben einige Überraschungen erlebt, während unserer Reise, aber sie scheinen nicht enden zu wollen. Was wird uns noch alles erwarten? Was für Überraschungen werden wir noch erleben? Was verbirgt Esröp noch alles, wer ist sie wirklich?


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 43. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Völlig verdattert, schauten Lady Diara, Sir Oontz, Ixa und Ellov Esröp an, die sie lächelnd anschaute. Es war ihnen nicht möglich etwas zu sagen, zu groß war ihre Überraschung, die alte Wahrsagerin aus Haus Sky´s hier zu sehen.
Sie war die letzte, die sie erwartet hatten. Eigentlich hatten sie niemanden bestimmtes erwartet, aber nicht einmal im Traum wären sie auf Esröp gekommen.
Es wurde immer mysteriöser, je mehr Leute sich in diese Sache einmischten und Sir Oontz nahm sich vor, sich nicht mehr Überraschen zu lassen, egal was geschehen, oder wer sich ihnen noch alles Anschließen würde, aber er wußte nicht, daß dieser Vorsatz nicht lange anhalten würde.
„Guten Morgen, alle zusammen.“ wurden die Anwesenden von Esröp angesprochen, aber außer dem Zauberer, der Yonos Fee, Xamoed und Rocra, erwiderte niemand ihren Gruß.
„Was macht ihr denn hier?“ stieß Lady Diara schließlich hervor, vor lauter Überraschung hatte sie den Atem angehalten, den sie nun wieder ausstieß.
„Wie kommt ihr hier her?“ wollte Sir Oontz fast im selben Moment wissen, so daß Esröp nicht sofort auf Lady Diaras Frage Antworten konnte.
Esröp lächelte immer noch vielsagend, aber statt die Fragen der beiden zu beantworten, wandte sie sich zuerst an den Zauberer.
„Ist für die Abreise alles vorbereitet?“ und der Zauberer nickte.
„Gut.“ war Esröps Erwiderung und wandte sich dann wieder Lady Diara und den anderen zu.
„Nun, warum ich hier bin, daß wißt ihr, ich werde euch Begleiten, euch den Weg zeigen, bis zu den fünf, die eins sind und wie ich hier her gekommen bin, na ja, ziemlich schnell, wenn ich das mal so sagen darf.“ und auf die letzte Bemerkung mußte der Zauberer lachen, aber er verstummte sofort wieder, als er Bemerkte, daß niemand mitlachte.
„Uf.“ machte Sir Oontz und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen, von dem er aufgesprungen war, ebenso, wie die anderen auch, aber die blieben stehen.
Sir Oontz Blick wanderte von Esröp, zu Gnilowr, dann zu Ococh Anirac und wieder zurück zu Esröp. Das wiederholte er zwei mal und wandte sich dann an den Zauberer.
„Was wird hier gespielt? Und was soll sie hier?“ aber der Zauberer schien mit einemmal ungehalten zu sein, doch bevor er Antworten konnte, ergriff Ococh Anirac das Wort.
„Wie meint ihr das, was wird hier gespielt? Ihr wißt doch sehr genau, um was es hier geht und wenn ihr eben zugehört hättet, was Esröp gesagt hat, dann wüßtet ihr, was sie hier soll.“ meinte die Yonos Fee, aber Sir Oontz wollte ihr nicht so recht glauben.
„Ihr meint, diese alte Wahrsagerin kennt den Weg zu den fünf Zauberer von Haus Sky´s? Und ihr wollt mir weiß machen, daß weder dieser, ach so mächtige Zauberer Gnilowr hier, noch ihr selbst, den Weg kennt, na danke, ich glaube euch kein Wort.“ brachte Sir Oontz aufgebracht hervor und erntete sich einige Seitenblicke ein.
„Ihr seid in meinem Haus und ich verbiete mir, so über mich zu reden.“ rief Gnilowr aus, aber Sir Oontz winkte nur verächtlich ab und schaute die Yonos Feen Königin an.
Anscheinend hatten Esröp und die Königin der Yonos Feen, bedeutend mehr zu sagen und wahrscheinlich wußten sie auch mehr, als dieser Zauberer hier.
„Ich verstehe eure Verärgerung nicht so ganz, Sir Oontz, denn es ist genauso, wie wir gesagt haben. Gnilowr und ich kennen den Weg zu der Behausung der Fünf nicht. Und was Esröp angeht, so muß ich euch wohl noch eine Aufklärung geben. Ihr kennt Esröp nun schon so lange, wie ihr Denken könnt, aber Esröp ist noch sehr viel älter, als ihr vermutet.“ begann Ococh Anirac und Sir Oontz fiel ihr wieder dazwischen.
„Sie ist älter als sechzig Sommer?“ meinte Sir Oontz, es sollte Beleidigend und Spöttisch klingen und schaute Esröp dabei an, aber diese lächelte nur leicht und wirkte keineswegs beleidigt, was Sir Oontz doch etwas aus dem Konzept brachte.
<Sie ist älter als sechzig Sommer, vielleicht ist sie ja hundert Sommer alt, aber warum sollte nur sie wissen, wo die fünf Zauberer jetzt waren? > fragte sich Sir Oontz und verschluckte sich beinahe an seiner eigenen Zunge, als Ococh Anirac weitersprach.
„Oh ja, Esröp ist bedeutend älter als sechzig Sommer, sie ist sogar älter als Gnilowr hier. Wenn ich jetzt etwas falsches Sage, dann korrigiere mich bitte Esröp.“ wandte sie sich an die alte Wahrsagerin und als diese nickte, fuhr die Yonos Fee fort.
„Lavia besteht schon ewiglich, keiner weiß mehr genau wie lange es schon existiert, vielleicht Zweimillionen Sommer, vielleicht Dreimillionen, oder noch mehr, aber ebensolange wandelt Esröp nun schon auf Lavia.“
Sir Oontz schaute die Yonos Fee an und wollte lachen. Er vermutete, daß sie einen Scherz machte, aber er sah keinerlei Anzeichen dafür in ihren Gesichtzügen und als er Esröp anschaute, lächelte diese zwar, aber es sah keineswegs nach einem Scherzhaften Lächeln aus.
Sondern eher nach einem wissendem Lächeln, wissend darüber, wie sehr Sir Oontz sich jetzt bemühte seinen Kopf anzustrengen und nach ihrem alter zu Forschen und wie unglaublich dies klingen mußte, aber er gab schon nach einem kurzem Moment wieder auf.
Er schaute sich um und sah seine Freunde an, die alle mit aufgerissenen Augen und Mündern dasaßen und Esröp anstarrten.
„Wie... ich meine, warum... wieso...“ begann Sir Oontz zu stottern, aber Esröp winkte ab und Sir Oontz verstummte.
Tief aufseufzend, aber immer noch lächelnd, wandte sie sich an die sechs Freunde, als sie nun zu sprechen begann.
„Ich sehe schon, wir kommen hier nicht eher weg, bevor ich nicht einiges klargestellt habe. Im Prinzip ist das richtig, was Ococh Anirac gesagt hat, aber andererseits auch wieder nicht. Mein richtiger Name lautet Munital Seiherie.“
„Die Göttin der Fruchtbarkeit.“ stieß Ellov keuchend hervor und erstarrte.
„Das ist richtig, zumindest war ich dies früher einmal. Ich war schon lange vorher da, bevor die großen Götter überhaupt daran gedacht haben, Lavia zu erschaffen. Zu der Zeit war ich noch die Göttin der Fruchtbarkeit und ich habe viele Millionen von Welten mit erschaffen. Aber keine war so wunderschön und so friedlich, wie Lavia. Wir waren uns alle einig, daß wir bis dahin unsere beste Welt erschaffen hatten, vielleicht sogar jemals erschaffen würden. Aber ich hatte keine Lust mehr, andere Welten zu erschaffen, da ich spürte, daß keine andere jemals Lavia Übertreffen würde können. Ich trat vor unseren großen Götterrat und bat darum, auf Lavia wandeln zu dürfen.
Aber es gibt ein Gesetz der Götter, die es ihnen verbietet, auf den Welten zu erscheinen, oder sie jemals zu betreten, die sie erschaffen hatten.
Das Gesetz kannte ich, selbstverständlich, aber ich kannte auch die Ausnahme davon. Wenn sich einer der Götter dazu entschließen sollte, auf der Welt leben zu wollen, die sie erschaffen hatten, dann wäre das möglich, aber nur unter der Bedingung, daß er all seine Mächte verlor, mit Ausnahme, seiner Unsterblichkeit und das Wissen, daß er bereits erlangt hatte. Und es würde für ihn niemals wieder ein zurück geben. Es gab einige Götter, die gerne auf den Welten gelebt hätten, die wir erschaffen hatten, aber alle zuckten davor zurück, ihre ganze Macht aufgeben zu müssen und fast, wie normale Sterbliche, zu leben und das für alle Ewigkeit.
Allein das Wissen, ewiglich auf einem Planeten zu wandern, aber alles Wissen zu behalten, daß man bis dahin erworben hatte, ebenso das Wissen über die Macht, über die man als Gott verfügte und diese Macht dann nicht mehr zu besitzen und etwas zu Unternehmen, sollte mal etwas schiefgehen, ließ alle ihren Vorsatz wieder vergessen.
Ich habe mich zu diesem Schritt entschlossen, schon lange, bevor ich vor den Götterrat trat und solange ich nun schon auf Lavia wandle, habe ich diesen Schritt niemals bereut. Auch nicht, als die große Dunkelheit kam, denn ich war es, die das Leben auf Lavia erschaffen hat und ich bin stolz darauf, ein Teil von Lavia zu sein.“ beendete Esröp ihre Geschichte und zu jeder anderen Zeit, an jedem anderen Ort, hätte Sir Oontz sich totgelacht, aber nicht hier, nicht jetzt und er spürte sehr deutlich, daß die Worte dieser Frau, die einst eine Göttin gewesen ist, wahr waren.
Schweigen breitete sich in dem großen Raum aus, tiefes langes Schweigen.
Sie alle mußten erst einmal verdauen, einer wahrhaftigen Göttin gegenüber zu stehen, auch wenn sie es jetzt nicht mehr war, so verdankten sie ihr dennoch ihr Leben, mehr oder weniger. In diesem Moment war allen klar, daß niemals wieder etwas so sein würde, wie es früher einmal war.
Und wie sollten sie sich jetzt gegenüber Esröp verhalten. Wie, bei allen Göttern, verhielt man sich gegenüber einer ehemaligen Göttin?
Esröp schien es spüren, worüber sie sich sorgen machten und immer noch lächelnd, sprach sie Lady Diara und die anderen an.
„Für euch, bin und bleibe ich, die alte Wahrsagerin Esröp und nichts anderes. Das gilt ganz besonders für dich Derfla.“ raunzte die alte Wahrsagerin Sir Oontz an und erschrocken blickte er hoch. Von einem Moment zum anderen, hatte sie die Manieren angenommen, die Sir Oontz von ihr kannte und es viel ihm schwer zu glauben, was er gerade von ihr gehört hatte.
Lady Diara schien sich schneller von dem Schock erholt zu haben, als die anderen und als sie Esröp ansprach, klang nicht ein Ton heraus, der besagte, daß sie es mit einer ehemaligen Göttin zu tun hatten.
„Also, gut Esröp, dein Wunsch ist uns Befehl, wir werden dich weiterhin so behandeln, wie wir es gewohnt sind. Aber jetzt möchte ich doch wissen, warum du den Weg zu den fünf, die eins sind, kennst und die anderen nicht. Nur das du unsterblich bist, ist kein Grund.“ erklärte Lady Diara und Esröp mußte lachen.
„Da habt ihr wohl recht. Nun, die Sache ist relativ einfach. Zu der Zeit, als die große Dunkelheit kam und Gnilowr hier, die fünf zu sich riefen ließ, war ich dabei, als sie durch Lavia Reisten, um den einen zu suchen, der stark genug war, sich Efacsen entgegenzustellen. Ich habe unterdessen bei ihnen Unterricht genommen und beherrsche einige Dinge der Zaubererei, bei weitem nicht soviel und lange nicht so gut, wie Gnilowr hier, der mittlerweile der mächtigste Zauberer auf Lavia ist, noch, wenn ich das mal so sagen darf, aber doch schon ein paar Dinge. Nun, als die Zauberer Haus Sky´s wieder aufgebaut und den weißen Palmenhain gepflanzt hatten, kam für sie die Zeit, in der sie ihre Sterbliche Hülle verlassen mußten. Da sie aber wußten, daß Efacsen nach tausend Sommern wiederkommen würde, blieben sie auf Lavia und wollten nach dieser Zeit dafür Sorgen, daß Efacsen für alle Zeit in der Dunkelheit bleiben würde. Ich bin viel rumgekommen auf Lavia und habe auch alle Meere befahren und habe viele wunderschöne kleine Inseln gesehen, die ihr niemals sehen werdet. Auf einer dieser Inseln, gab es eine Natürliche Höhle, die tief in der Erde von Lavia liegt und die Geschützt wird durch einen fast undurchdringlichen Dschungel. Ich habe die fünf dort hingebracht und nur ich kenne den Weg dorthin.
Es ist ein langer Weg, den man trotz aller Zauberei und einigen schnellen Wesen, nur auf dem Wasserweg befahren kann. Und wenn wir nicht bald aufbrechen, dann schaffen wir unseren Zeitplan nicht mehr und vielleicht ist es dann schon zu spät.“ erklärte Esröp und wandte sich nach Gnilowr um.
„Habt ihr genug Proviant eingepackt?“ wollte Esröp von dem Zauberer wissen und dieser nickte nur.
Bevor Esröp sich aber wieder an Lady Diara und die anderen wenden konnte, wollte Rocra etwas wissen.
„Esröp, ich kenne euch nur vom sehen, einmal ganz kurz, auf Haus Sky´s, aber ich kenne wohl die Göttin der Fruchtbarkeit. Ihr seid viel herum gekommen und kennt wahrscheinlich jedes Lebewesen auf Lavia und auch diesen Zauberer dort. Wenn er so mächtig ist, wie ihr sagt, warum vernichtet er Efacsen dann nicht selbst? Oder warum hält er die Zeit nicht an, damit wir genug davon haben?“ aber statt das Esröp antwortete, kam ein tiefes Stöhnen, aus Richtung der Yonos Fee.
„Habt ihr überhaupt zugehört, was hier erzählt worden ist? Er kann Efacsen nicht vernichten. Er kann ihn schlagen und vertreiben, daß wäre kein Problem, aber nur ein direkter Nachfahre von dem Zauberer Sky´seryunum kann Efacsen endgültig vernichten.“ erklärte Ococh Anirac mit lauter Stimme und bevor sie weitersprechen konnte, wurde sie wieder von Sir Oontz unterbrochen.
„Wenn ich mich nicht Irre, dann kann er die Zeit nicht anhalten, weil er nur ein Zauberer ist und kein Gott.“
Diesmal war es Esröp, die Erstaunt die Augenbrauen hob und sich dann an Sir Oontz wandte.
„Ich bin erstaunt. Ich wußte nicht, daß du denken kannst.“ meinte Esröp und es war eine der Spitzen, von der Esröp, die sie alle kannten.
„Wie es scheint, kennst du vieles noch nicht von mir, Möchtegern Göttin.“ schnauzte Sir Oontz zurück und man sah, daß er sich gekränkt fühlte, aber Esröp lachte auf und winkte ab.
„Entschuldige, ein Punkt für dich. Aber du hast recht. Nur den Göttern ist es vergolten, die Zeit anzuhalten, wann immer sie es für richtig halten.“ entschuldigte sich Esröp bei Sir Oontz, wurde aber gleich darauf wieder ernst.
„Genug des herum Gerede. Wenn ihr fertig seid, dann müssen wir jetzt los. Wir haben schon genug Zeit vertrödelt.“ meinte Esröp und machte eine Geste, daß sie ihr folgen sollten.
Sir Oontz und Lady Diara standen zwar auf, aber machten keine Anstalten Esröp zu folgen.
„Was ist?“ wollte diese wissen und schaute die beiden an.
„Wo geht’s überhaupt hin?“ wollte Lady Diara wissen.
„Wir müssen zur westlichen Küste, an den südlichsten Zipfel, in das Land Noitisop. Von dem Ort Omissip, werden wir dann mit einem großen Segler in See stechen.“ erklärte Esröp und schaute in das Gesicht von Sir Oontz, der sie mehr als nur anstarrte.
„Das ist von hier, eine Reise von fast drei Monten.“ meinte Sir Oontz schließlich, aber erneut lächelte Esröp vielsagend.
„Nicht ganz, aber das werde ich euch gleich erklären. Kommt jetzt, die Zeit drängt.“ forderte Esröp die Anwesenden noch einmal auf und diesmal folgten sie ihr.
Obwohl der Sturm sich gelegt hatte und die Sonne hoch am Himmel stand, standen sie dennoch in einem Schatten, obwohl das Haus des Zauberers auf einem der größten Berge stand und nirgendwo anders andere Berge zu sehen waren, die diesen Schatten werfen konnten.
Sir Oontz schaute nach oben und wunderte sich, daß er nicht die Sonne sah, sondern gegen eine Decke schaute. Aber es schien keine normale Decke zu sein, obwohl sie gute vierzig Fuß über ihn war, glaubte er Schuppen zu sehen.
<Was ist das denn jetzt schon wieder? > dachte sich Sir Oontz, aber anscheinend hatte er laut gesprochen, denn Esröp antwortete ihm.
„Das, mein lieber Derfla, ist der Bauch von Rieruk.“ erklärte sie und Sir Oontz schaute sie nur verständnislos an.
„Was ist Rieruk.“ wollte er dann wissen, aber erhielt nicht die Antwort von Esröp, sondern hörte eine Stimme, die weit über ihm erklang.
„Nicht was, sondern wer und Rieruk bin ich und ich bin ein Drache.“ und in dem Moment sah Sir Oontz, wie sich etwas langes vor ihm bewegte und dann ein gewaltiger Kopf sichtbar wurde, der nicht unbedingt schön zu nennen war.
Später stellte sich heraus, daß dieses lange etwas, der Hals des Drachen war, aber in diesem Moment war Sir Oontz alles andere als freudig Überrascht.
Selbstverständlich gab es Geschichten, Mythen und Legenden, von Drachen, die auf Lavia leben sollten, aber Sir Oontz hatte niemals zuvor einen gesehen, oder auch nur mit einem Menschen gesprochen, der einen gesehen hatte und er hatte es immer als das abgetan, war sie waren, Geschichten und sich jetzt einem leibhaftigen gegenüber zu sehen, daß versetzte ihm doch einen Schock.
Und von diesem Moment an, warf er sein Vorhaben, daß ihn nichts mehr Überraschen könnte, über Bord, denn er war mehr als nur Überrascht.
„Ein Drache.“ rief er und griff gleichzeitig nach seinem Schwert, aber im selben Moment schrie er erschrocken auf, als Esröp ihm kräftig auf die Finger schlug, so daß er den Griff seines Schwertes losließ und dieses wieder in die Scheide zurück fiel.
„Bist du von Sinnen?“ herrschte er Esröp an, „das ist ein Drache.“
„Na und? Ah, ich verstehe. Du hast noch nie einen Drachen gesehen, die anderen wohl auch nicht, wie ich vermute. Na gut, daß hier ist Rieruk, ein sehr guter Freund von mir. Ich habe ihn auf einen der zahllosen Wanderungen durch Lavia getroffen und einige hundert Sommer mit ihm verbracht. Er dürfte mittlerweile gute Zwanzigtausend Sommer alt sein und ist das friedfertigste Wesen, das ich kenne. Er wird uns zu dem Ort an der Küste bringen, wo wir in drei Tagen eintreffen werden. Rieruk, darf ich Vorstellen, daß hier sind die Leute, von denen ich dir erzählt habe. Das hier ist Lady Diara, Sir Oontz, Rocra, Xamoed, Ellov und Ixa.“ stellte Esröp sie einzeln vor und deutete mit der Hand jeweils auf den genannten.
„Hallo Freunde, es ist mir eine Ehre euch kennenzulernen. Ich habe schon einiges von euch gehört, besonders von dem Übermütigen Sir Oontz, an den Esröp anscheinend einen Narren gefressen hat.“ begrüßte der Drache sie und ließ ein tiefes Grollen hören, daß wohl als ein Lachen gelten sollte.
„Guten Tag Rieruk, es freut mich, daß du uns helfen willst.“ begrüßte Lady Diara den Drachen und ging sogar auf dieses häßlich Gesicht zu.
Sie schien nicht sonderlich Überrascht zu sein, einen leibhaftigen Drachen zu sehen, auch schien sie keine Furcht, oder Angst zu haben, streckte sogar die Hand aus und berührte dieses Monster.
„Ich bin kein Monster, ich bin ein Drache.“ dröhnte der Drache in Richtung Sir Oontz, anscheinend hatte Sir Oontz laut gedacht, hielt seinen Kopf aber weiterhin still und blinzelte mit seinen kleinen Augen Sir Oontz, wütend an.
Viel zu selten geschah es, daß Menschen einen Drachen streichelten, dabei mochten sie es so gerne, gestreichelt zu werden und ein tiefes Knurren klang aus seiner Kehle, ganz leise und es hörte sich fast so an, wie eine Katze, wenn sie schurrte.
„Ja, ich weiß das dir das Gefällt Rieruk, aber wir haben dafür jetzt keine Zeit. Wir müssen so schnell als möglich weiter und wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Knie dich etwas hin, damit wir Aufsteigen können.“ verlangte Esröp von dem Drachen und diese schnaufte verächtlich.
„Zeit, Zeit. Alle haben keine Zeit, aber davon haben wir doch genug.“ meinte der Drache wütend, machte aber keine Anstalten sich hinab zu beugen.
Esröp herrschte den Drachen nicht an, weil er sie nicht aufsteigen ließ, sondern ging zu ihm hin und legte ihre Hand zwischen seine Augen, auf die Stelle, wo normalerweise die Stirn war.
„Für uns, die wir Unsterblich sind, ist Zeit nicht von Bedeutung, da wir genug davon haben, aber für die Sterblichen ist Zeit alles, denn sie haben nicht genug davon. Für Lady Diara erst recht nicht, denn sie muß zu einer Insel, um zu lernen, was es mit ihrer Kraft auf sich hat. Denn die Zeit für Efacsen und die Dunkelheit ist bald wieder gekommen.“ erklärte Esröp dem Drachen und als sie Efacsen erwähnte, war der Drache so schnell in die Knie gegangen, daß Sir Oontz und die anderen es nicht einmal gesehen hatten.
„Efacsen kommt wieder?“ wollte der Drache in Richtung des Zauberers wissen und seine Stimme schien zu zittern, so als wenn er Angst hätte.
„Ja.“ erwiderte der Zauberer nur und ein kläglicher Laut entrang sich der Kehle des Drachen.
„Ihr müßt über den Fuß des Drachen, auf sein Bein klettern und dann die Schuppen hinaufsteigen, so als wenn ihr eine Leiter hinaufgeht.“ erklärte Esröp und Xamoed war der erste, der auf den Drachen kletterte.
„Hat er Angst?“ wollte Sir Oontz von Esröp wissen und diese nickte.
„Aber warum? Ich dachte er sei Unterblich, so wie du.“ meinte Sir Oontz und Esröp nickte erneut, setzte aber auch gleichzeitig eine Erklärung an.
„Die Waffen, die ihr auf Lavia habt, können einem Drachen nichts anhaben, wohl aber die schwarze Magie, eigentlich jede Magie, wenn ich mir das recht überlege. Aber vor der weißen Magie brauchen sie sich nicht zu Fürchten, denn die Zauberer wissen, daß sie niemandem etwas tun. Aber Efacsen beherrscht die schwarze Magie und er wollte die Drachen damals Zwingen, für ihn zu Arbeiten und sie sollten Tod und Verderben bringen. Aber die Drachen haben sich geweigert. Es gibt in ihnen keinen Funken an Dunkelheit, so wie in jedem anderen Wesen. Efacsen war es nicht gelungen, Macht über sie zu erlangen, aber er hatte begonnen, sie daraufhin zu vernichten. Er löschte sie nicht einfach nur aus, sondern verdammt sie in die ewige Dunkelheit, in das Reich der Ewigen Qualen und da gehen die Drachen ein. Bevor Efacsen begann die Drachen für seine Zwecke einsetzen zu wollen, gab es von ihnen etwas über zehntausend Exemplare, aber als Efacsen vertrieben wurde, waren nur noch vier von ihnen am Leben und Rieruk ist einer von ihnen.“ erklärte Esröp und Sir Oontz sah diesen Drachen plötzlich mit ganz anderen Augen und Empfang sogar Bedauern mit ihm.
„Aber sie müssen doch einen tiefen Groll gegen diesen Efacsen hegen, vielleicht sogar gegen die Menschen selbst.“ meinte Sir Oontz, aber Esröp klärte ihn weiterhin auf.
„Warum sollten sie gegen die Menschen tiefen Groll hegen? Sie waren doch genauso Opfer dieses dunkeln Magiers, wie sie auch. Wie ich eben schon sagte, es gibt keinen Funken Böses in ihnen, auch wenn sie nicht gerade vertrauenserweckend aussehen. Sie wollen niemandem etwas zu leide tun, sie wollen nur Leben und Spaß haben, so wie alle anderen auch und sie sind sehr empfindlich, was ihr Gemüt angeht. Ich habe die Drachen schon oft traurig gesehen, weil die Menschen sie nicht verstehen wollten und sie sogar teilweise gejagt haben. Ich will dir jetzt mal was sagen. Ich würde mein Leben bedenkenlos diesen Drachen anvertrauen. Ich habe noch kein Wesen gesehen, daß vertrauenswürdiger und loyaler ist, als diese Drachen, na ja, mit Ausnahme vielleicht von dir, denn du hast viel mit diesen Drachen gemeinsam.“ meinte Esröp und schaute Sir Oontz an.
Sir Oontz spürte, daß sie ihre Worte ehrlich meinte und plötzlich schien es ihm eine Ehre zu sein, mit diesen gewaltigen Geschöpfen verglichen zu werden.
Die anderen befanden sich bereits auf dem Rücken des Drachen und schauten zu den beiden herunter. Sir Oontz meinte zu Esröp, daß sie schon einmal hinaufgehen sollte, er wollte gleich nachkommen, drehte sich dann um und ging einige Schritte in die Richtung, in der sich der Kopf von Rieruk befand.
Esröp schaute ihm nach, lächelte und begann dann mit dem Aufstieg. Da sie es gewohnt war, auf den Rücken eines Drachen zu klettern, war sie sehr viel schneller oben, als die anderen.
„Rieruk.“ rief Sir Oontz und der Drache drehte seinen Kopf in seine Richtung.
„Warum schreist du mich so an? Ich habe ganz gute Ohren, ich kann dich auch verstehen, wenn du normal sprichst.“ meinte der Drache und er klang kein bißchen verärgert.
„Entschuldige, ich dachte nur, weil du so weit oben bist...“ begann Sir Oontz, wurde aber von dem Drachen unterbrochen.
„Oh, ich verstehe. Gut, was möchtest du?“
„Ich möchte mich Entschuldigen, daß ich mein Schwert gezogen habe, als ich feststellte, daß mir ein Drache gegenübersteht und ich möchte mich Entschuldigen, daß ich dich als Monster bezeichnet habe.“ meinte Sir Oontz und der Drache schaute ihn aus seinen kleinen Augen lange an.
Plötzlich hatte Sir Oontz das Gefühl, als wenn der Drache bis tief in seine Seele blicken würde und er lächelte, als der Drache feststellte, daß er es ehrlich meinte und seine Entschuldigung annahm.
„Danke.“ erwiderte Sir Oontz und drehte sich um, um sich auf den Rücken des Drachen zu begeben, aber der Drache hielt ihn zurück.
„Warte. Ich möchte, daß du mir Gesellschaft leistest. Du kannst hinter meinen Ohren sitzen, dort kann dir nichts geschehen.“ bat der Drache und Sir Oontz nahm ohne zu Überlegen sein Angebot an.
Der Drache senkte seinen Kopf, so daß Sir Oontz auf dessen Schnauze klettern konnte. Über den breiten Augenwulst, stieg er auf den Kopf des Drachen und ließ sich dann hinter den Ohren, in eine Falte, die wie eine Natürliche Sitzbank wirkte nieder.
Als der Drache seinen Kopf hob, wurde Sir Oontz für einen kurzen Moment schwindelig, da er noch nie so hoch über der Erde gewesen war, aber das verging schnell wieder und er genoß den Fantastischen Ausblick.
Esröp lächelte, als sie sah, daß Sir Oontz auf den Kopf des Drachen kletterte und wußte, daß Rieruk einen neuen Freund gefunden hatte.
Der Drache drehte seinen Hals soweit herum, daß er die anderen auf seinem Rücken ansehen konnte und wollte wissen, ob sie bereit seien.
„Natürlich, wir warten nur noch darauf, daß du dein Geplänkel einstellst und abhebst.“ erwiderte Esröp und mußte lachen, als der Drachen einen Ton von sich gab, der so klang, als wenn es ihm egal wäre, was Esröp sagte.
„Also, gut, dann haltet euch fest. Auf Wiedersehen Gnilowr.“ meinte Rieruk noch und spannte dann seine gewaltigen Flügel.
Mit einem einzigen Schlag schwang der Drache sich hoch in die Lüfte und binnen eines Augenblicks, war das Haus des Zauberers nicht mehr zu sehen und die Berge wirkten wie kleine Kieselsteine, die Kinder achtlos zu einer Mauer zusammengelegt hatten.
Der Flügelschlag und auch der Wind, der um die Passagiere pfiff, machte es unmöglich, sich zu Unterhalten, aber das war auch nicht nötig. Alle waren in ihre eigenen Gedanken vertieft und der Drache wußte auch so, wo er hinmußte. Ixa wäre zwar gerne zu Sir Oontz nach vorne gegangen, aber sie wagte es nicht, aufzustehen. Der Boden war doch recht weit Entfernt und sie würde einen Absturz aus dieser Höhe wohl kaum Überleben.
Aber jetzt erst fiel Ixa etwas auf, daß sie seit dem betreten des Hauses vermißt hatte. Sie wußte zwar nicht genau was es gewesen war, aber jetzt fiel es ihr wieder ein.
Dieses Gefühl des Beobachtet werden, war nicht mehr da. In dem Haus des Magiers konnte sie sich ja noch Vorstellen warum sie diese Gefühl nicht gehabt hatte, wahrscheinlich war das Haus und auch die Nähere Umgebung magisch abgeschirmt, aber warum sie jetzt, da sie wieder draußen und auf der Reise waren, nicht Beobachtet wurden, konnte sie sich nicht erklären.
Vielleicht lag es daran, daß sie zu schnell waren, als das ihnen einer folgte, oder der Drache hatte auch magische Fähigkeiten und deswegen konnten sie nichts fühlen.
< Das stimmt, ich habe magische Fähigkeiten. > klang die tiefe Stimme des Drachen zu ihr durch, aber das konnte kaum möglich sein, bei dem Lärm.
< Ich brauche auch nicht zu sprechen, genausowenig wie du, wenn du dich mit mir Unterhalten willst. Ich kann deine Gedanken hören, so wie du meine. > erklärte Rieruk Ixa und sie schien nicht wirklich Überrascht zu sein.
< Gut, du kannst also meine Gedanken lesen, werden wir denn noch beobachtet? > wollte Ixa wissen und erhielt auch gleich darauf eine Antwort.
< Ja. Aber was immer es ist, es kann euch nicht sehen, ihr seid magisch abgeschirmt. Das Ding sieht nur mich, aber es scheint etwas zu ahnen, da es nicht weggeht. >
< Können wir es nicht abschütteln? >
< Ich habe es schon versucht, aber egal wie schnell ich auch fliege, es hält ohne Probleme mit. Es gefällt mir nicht, aber im Moment geht keine Gefahr davon aus. Ich spüre zwar die Anwesenheit von schwarzer Magie, aber sie ist ganz schwach. > erkläre der Drache und das gefiel Ixa überhaupt nicht.
< Mach dir keine Gedanken. Solange ich hier bin, seid ihr Sicher. Darf ich dich mal was Fragen? > wollte der Drache wissen.
< Natürlich. >
< Dieser Sir Oontz, er ist dein Freund, nicht wahr? Wie gut kennst du ihn? >
< Ziemlich gut und schon recht lange. Warum? > wollte Ixa wissen und etwas an der Stimme des Drachen gefiel ihr nicht, aber er ging nicht auf ihre Frage ein.
< Und wie steht er zu dieser Frau, die diese Kraft in sich trägt? > wollte der Drache weiter wissen und Ixa runzelte leicht die Stirn.
< Lady Diara? >
< Ja. >
< Er ist so eine Art Freund, für sie. Er ist ihr Berater, Stellvertreter und etwas wie ein großer Bruder. Im Moment sind ihm ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen, sehr am Herzen gelegen, eigentlich immer und er ist ihr treu ergeben. Er hat ihrem Mann damals einen Schwur gegeben, immer auf sie zu achten und das tut er auch. Aber warum fragst du das alles? > wollte Ixa erneut wissen, aber wiederum wich der Drache aus.
< Nur so. Ich möchte gerne wissen, wem ich die Freundschaft gebe. > erwiderte der Drache und verstummte.
< Das ist nicht alles, also warum stellst du mir diese Fragen? > wollte Ixa wissen, erhielt aber keine Antwort darauf und sie spürte, daß Rieruk ihr auch nicht weiter zuhörte.
Mit einem Blick zur Seite schaute sie Esröp an und nahm sich vor, der ehemaligen Göttin davon zu erzählen, vielleicht wußte sie ja, warum Rieruk dies alles Fragte.


Zehn

Der erste Tag, auf dem Rücken des Drachen, geht zu Ende und ich wünschte mir, daß Esröp nicht solch ein Versteckspiel getrieben hätte, so daß wir den Drachen schon von Beginn an hätten nehmen können. Vieles wäre uns erspart geblieben und der Tod von Raunaj und Artep wäre nicht nötig gewesen. Aber wahrscheinlich gehörte dieser Teil der Reise zu einem bestimmten Plan, vielleicht, um die Ausgewählten zu einer Gemeinschaft zu machen, zu der Gemeinschaft, der wir jetzt sind.


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 44.Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Lange, bevor es dunkel wurde, begann Rieruk sich dem Boden zu nähern und wurde langsamer. Die Drachen auf Lavia hatten zwar ungeheuere Kräfte, aber die hielten nicht ewig an. Auch sie mußten Rasten und da Rieruk diese Strecke in einem Tempo zurück gelegt hatte, die ihre Zeit, die sie mit Gerede im Hause des Zauberers vergeudet hatten, wieder aufholte, war seine Kraft auch schnell verbraucht.
Sie hatten die westliche Küste bereits unter sich, aber die Berge waren immer noch als Schatten am Horizont zu erkennen, als Rieruk zur Landung ansetzte.
„Wo sind wir hier?“ wollte Sir Oontz wissen und riß erstaunt die Augen auf, als der Drache antwortete.
„Ihr Menschen, nennt dieses Land Fureb.“
„Das ist von dem Haus des Zauberers, eine Reise von fast einem Monat.“ erwiderte Sir Oontz und wandte sich dann an Esröp, die gerade von dem Rücken des Drachen herabkletterte und Xamoed und Rocra dabei half, ihren Proviant und die anderen Sachen von dem Drachen herab zu bekommen.
„Jetzt weiß ich was du meintest, als du sagtest nicht ganz, wie ich sagte, daß wäre eine Reise von gut drei Monaten.“ aber er wartete nicht auf eine Antwort, denn der Drache nahm Sir Oontz sofort wieder in Beschlag.
Sie waren mitten auf einer gewaltigen Grasfläche gelandet und der Drache lag auf allen vieren niedergesunken, wie ein Hund, hatte seinen Kopf auf den Boden gelegt und Sir Oontz saß auf seiner Schnauze und redete mit ihm, worüber war allerdings nicht zu hören.
„Esröp, kann ich dich mal sprechen?“ wollte Ixa wissen und nahm Esröp am Arm.
Esröp schaute auf und sah Ixa ins Gesicht. Sie sah eine gewisse Beunruhigung und nickte.
„Selbstverständlich.“
„Laß uns ein Stück gehen.“ bat Ixa und auch damit war Esröp einverstanden.
Erst als Ixa glaubte weit genug weg zu sein, aus der Hörweite des Drachen, erzählte sie Esröp, was der Drache sie gefragt habe und das sie dabei kein gutes Gefühl hatte, aber Esröp lachte plötzlich auf.
Verblüfft schaute Ixa Esröp an und wollte wissen, was daran so Lustig sei.
„Ich glaube, ich muß dir etwas erklären. Rieruk ist zwar ein Drache, aber kein Männlicher. Rieruk ist eine Frau, ein Weibschen und Sir Oontz und Rieruk sind sich sehr ähnlich. Sir Oontz ist auch den anderen Drachen sehr ähnlich. Ich vermute, daß Rieruk sich in deinen Sir Oontz verliebt hat und nur sehen wollte, wie du zu ihm stehst, oder er zu dir und Lady Diara. Aber du brauchst dir keine Gedanken zu machen. In zwei Tagen wird Rieruk uns wieder verlassen und davon mal abgesehen, ist der Größen- und der Gattungsunterschied, doch erheblich.“ und dann lachten beide, als Ixa dem letzten Satz zustimmte.
„Also ist Rieruk nur eifersüchtig auf mich?“ vermutete Ixa und Esröp stimmte ihr zu.
„Na, ich glaube, die zwei Tage kann ich damit Leben.“ meinte Ixa und gemeinsam machten die beiden Frauen sich wieder auf den Weg in das Lager, wo sich Ellov und Rocra bereits um das Essen kümmerten.
Sir Oontz saß immer noch auf der Schnauze des Drachen und unterhielt sich mit ihm und plötzlich schien die Erde zu beben.
Ixa sah, daß sich der Leib des Drachen schnell hob und senkte und ein tiefes Rhythmisches grollen aus seinem Rachen kam, daß nach einem Lachen klang.
„Rieruk, hör auf damit.“ rief Esröp dem Drachen zu und dieser schaute sich nach ihr um. Als er bemerkte, was er mit seinem Lachen anstellte, hörte er sofort auf und Entschuldigte sich hastig bei den kleinen Menschen.
„Ist nicht so schlimm, ist ja weiter nichts geschehen.“ meinte Ixa und Esröp fuhr Sir Oontz an, daß er aufhören sollte, Witze zu erzählen, sonst würde Rieruk tatsächlich noch ein Erdbeben auslösen und das sollte nicht sein.
„Wir können ja ein wenig woanders hinfliegen.“ schlug Rieruk vor, aber Esröp widersprach der Drachendame.
„Nein, daß könnt ihr nicht. Zum einen ist das Essen fertig und zum zweiten wird Sir Oontz hier gebraucht, um Lady Diara Schutz zu leisten und die Wachen aufzustellen.“ und damit schien das Thema erledigt zu sein, denn Esröp wandte sich um und widmete sich dem Kochtopf, in dem es ausgesprochen lecker brodelte.
„Ich... „ begann der Drache und seine Stimme dröhnte über das Lager hinweg. Aber Esröp brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
<Schweig. Wir haben eine Abmachung und die wirst du einhalten. Und von Sir Oontz läßt du die Finger, egal wie sehr ihr euch ähnelt. Verstanden? > befahl Esröp und sie sprach auf Gedanklicher Basis mit dem Drachen, so das keiner von den anderen mitbekam, was gesprochen wurde.
< Aber... > begann der Drache wieder, aber jetzt schon nicht mehr so vehement.
< Es gibt kein Aber. Ich habe dir ein Versprechen gegeben und das werde ich einhalten, und du wirst dich nicht zwischen die Bindungen der Menschen drängen, egal, wie sehr du dich in einen von ihnen verliebst, haben wir uns Verstanden? > wollte Esröp wissen und ihr Tonfall ließ keinen Widerspruch zu.
„Ja.“ antwortete der Drache wieder hörbar und sehr Resigniert.
„Gut. Das Essen ist fertig. Ich habe Hunger.“ und damit war das Thema erledigt.
Auch die anderen hatten mitbekommen, daß Esröp und der Drache einen Dialog führten, auch wenn sie nichts davon hörten, aber sie merkten, daß Esröp als Sieger hervorgegangen war. Schweigend setzten sich alle zusammen um das Feuer und begannen ihre Mahlzeit zu vertilgen.
Nach dem Essen, begaben sich Sir Oontz und Rocra, auf einen kleinen Spaziergang, um sich die nähere Umgebung anzusehen. Sir Oontz hatte zwar geglaubt, daß, wenn sie den Drachen dabei haben, sie genügend Schutz hätten, aber nachdem er einige Zeit darüber Nachgedacht hatte, was Esröp ihm erzählte, war er da nicht mehr so sicher.
Sicher, wenn normale Menschen sie Überfallen wollten, dann würde der Drache, alleine durch seine Anwesenheit und seinem häßlichem Aussehen, Schutz bieten, aber er war sich ebenso sicher, wenn es zu einem Kampf käme, daß der Drache dann Reißaus nehmen würde, wenn er tatsächlich so Gütig war und niemandem ein Leid zufügen konnte.
„Weißt du, Derfla, ich bin nur froh, daß es auch noch Menschen in meiner Umgebung gibt, die nicht über tausend, oder gar Millionen Sommer alt sind.“ meinte Rocra unvermittelt und Sir Oontz stimmte ihm zu.
„Ja, es ist schon unheimlich, wenn man darüber nachdenkt, was unsere ehemalige Göttin, der Drache und dieser Zauberer Gnilowr, in ihrem Leben schon alles erlebt haben. Ich habe mir oft gewünscht unsterblich zu sein, oder ewiglich leben zu können, aber ich bin mir da jetzt nicht mehr so sicher.“ erwiderte Sir Oontz und Rocra schaute ihn etwas Überrascht an. „Wieso? Ich stelle mir das Interessant vor, ständig auf Lavia herum zu wandeln, alles zu sehen und Zeit zu haben alles zu Genießen.“
„Ja, aber was ist, wenn du alles gesehen hast, wenn du alles genossen hast, wenn du aller Schönheit Überdrüssig wirst, was ist dann? Wenn du über alles Nachgedacht hast, über das man Nachdenken kann, wenn du so lange lebst, um für alle Probleme eine Antwort zu finden, wenn du alle die Menschen überlebst und sie altern und sterben siehst, die dir jemals etwas bedeutet haben, was machst du dann?“ wollte Sir Oontz wissen und schaute Rocra fragend an.
Rocra starrte Sir Oontz verblüfft an und schüttelte dann mit dem Kopf.
„Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Ich wußte gar nicht, daß du dir über so etwas Gedanken machst.“
„Du weißt vieles noch nicht über mich, dafür haben wir bisher nie wirklich Zeit gehabt. Davon einmal abgesehen, sind wir auch noch nie zusammen unterwegs gewesen.“ wandte Sir Oontz zum Schluß noch ein und Rocra stimmte ihm zu.
„Ich glaube aber, daß wir in der nächsten Zeit noch Gelegenheit genug haben werden, uns näher kennenzulernen, vielleicht können wir ja sogar Freunde werden.“ meinte Rocra und Sir Oontz schaute ihn nachdenklich an.
„Ich dachte, daß wir so etwas wie Freunde wären.“
„So etwas wie, daß ist richtig, aber vielleicht kann sich ja eine richtige tiefe Freundschaft entwickeln.“
„Möglich ist alles.“ gab Sir Oontz zu und schaute sich ein wenig in der Landschaft um.
„Was denkst du, wie Esröp mit ihrer Unsterblichkeit umgeht? Ob sie es schon bereut hat?“ wollte Rocra schließlich von Sir Oontz wissen und der drehte sich zum Lager hin um und schaute sich Esröp an.
„Ich denke, daß das bei ihr etwas anderes ist. Sie hat Lavia schließlich mit erschaffen, sie hat das Leben auf unserem wundervollen Land erschaffen, sogar in den Meeren, wenn ich es mir recht überlege. Nein, ich glaube nicht, daß sie es bereut hat, ihre Gottheit aufgegeben zu haben. Sie freut sich auf jedes Leben, das auf Lavia entsteht. Sie ist ein Teil von Lavia und sie wird wohl, solange auf Lavia verweilen, wie es ihn gibt. Vielleicht vergeht ihre Unsterblichkeit eines Tages einmal, wenn Lavia nicht mehr ist, aber ich denke, darüber brauchen wir uns keine Gedanken zu machen, solange werden wir wohl nicht leben.“ meinte Sir Oontz nachdenklich und schaute sich den Sonnenuntergang an.
Bisher hatte Sir Oontz sich nie für Sonnenuntergänge interessiert, aber jetzt, nach dieser Unterhaltung mit Rocra, hatte er das Verlangen danach, zu sehen, wie der Himmel in ein Orange getaucht wurde, daß immer mehr zu einem blutigen Rot verblaßte und schließlich von der Dunkelheit abgelöst wurde.
Mit einemmal hatte er das Verlangen Ixa in seinen Armen zu halten, wünschte sich, den Untergang mit ihr angesehen zu haben und mit einem energischem Ruck drehte er sich um und ging eiligen Schrittes in das Lager zurück.
„Ich übernehme die erste Wache.“ rief Rocra ihm hinterher und Sir Oontz hob die Hand, als Zeichen, daß er verstanden hatte.
Xamoed und die Frauen saßen um das kleine Lagerfeuer herum und unterhielten sich, während Rieruk, die Drachendame, sich etwas abseits hingelegt hatte und scheinbar zu schlafen schien.
Sir Oontz trat vor Ixa, hielt ihr die Hand hin und bat sie mitzukommen. Ixa schaute ihn zwar etwas Überrascht an, nahm aber die Hand und folgte ihm.
Sir Oontz führte Ixa weg von dem Lager und da der Mond noch nicht aufgegangen war, war es ziemlich dunkel geworden. Schließlich blieb er stehen, nahm Ixa in die Arme und hielt sie fest an sich gedrückt.
Ixa lachte verlegen auf, da sie nicht wußte, was sie von Sir Oontz Verhalten halten sollte und drückte ihn sanft, aber bestimmt, von sich.
„Was ist los?“ wollte Ixa schließlich wissen und schaute ihm in die Augen. Sir Oontz stockte einen Moment, aber dann erzählte er ihr von dem Gespräch mir Rocra, dann von dem herrlichem Sonnenuntergang und von den Gefühlen die er plötzlich hatte.
„Als ich den Sonnenuntergang gesehen habe, war mir plötzlich so komisch. Obwohl du ganz in der Nähe gesessen hast, hatte ich das plötzliche Gefühl, dich ganz stark zu vermissen. Ich Liebe dich Ixa, ich habe nie wirklich bemerkt, wie sehr, bis jetzt und ich will dich immer in meiner Nähe haben. Versprich mir, daß du mich niemals verläßt.“ bat Sir Oontz und Ixa sah ihn mit einem Ausdruck an, den er nicht deuten konnte.
„Ich kann deine Worte nur zurück geben, denn mir ergeht es genauso. Ich werde dich niemals verlassen, daß verspreche ich dir, egal was geschieht und ich möchte dich ebenso immer an meiner Seite haben und ich möchte, daß du mir das selbe versprichst.“ verlangte Ixa und Sir Oontz gab ihr das Versprechen.
„Ixa, “ begann Sir Oontz, nachdem sie sich innig geküßt hatten, “ willst du meine Frau werden?“
So sehr Ixa sich auch diese Frage gewünscht hatte, so überraschte sie sie doch hier und jetzt. Für einige Momente, war sie nicht in der Lage etwas zu sagen, aber dann stieß sie einen Jubelschrei aus und rief, daß sie nichts lieber wollte und sagte ja.
Schließlich gingen sie wieder zum Lager zurück und Sir Oontz wandte sich an Esröp.
„Esröp, ich habe eine Bitte. Wenn wir Noitisop erreicht haben, wäre es zuviel verlangt, in einem Dorf anzuhalten, in dem es einen Priester gibt?“
„Einen Priester, wozu denn das?“ wollte Esröp verblüfft wissen. Auch wenn Ixa laut gejubelt hatte, so hatten die anderen dennoch nicht mitbekommen, warum.
„Nun, Ixa und ich wollen Heiraten, noch bevor wir in See stechen.“ erklärte Sir Oontz und schaute nun doch in recht verblüffte Gesichter.
„Ihr wollt heiraten? Mann dann gratuliere ich aber.“ rief Xamoed und schüttelte Sir Oontz und Ixa als erster die Hand, auch Ellov und Lady Diara beteiligten sich an der Gratulation und Sir Oontz und Ixa lächelten Verlegen.
„Es liegt nicht an mir, zu Entscheiden, ob wir einen kleinen Umweg machen und Zeit verlieren. Da mußt du dich an Lady Diara wenden.“ erklärte Esröp, als sich der Trubel einigermaßen wieder gelegt hatte.
„Das ist ja wohl gar keine Frage. Eine Hochzeit, gerade zwischen meinen besten Freunden, ist es immer wert einen kleine Zeitverzögerung in Kauf zu nehmen.“ erklärte Lady Diara und Ixa fiel ihr um den Hals.
Im ersten Moment war Lady Diara viel zu Überrascht, daß Ixa ihr um den Hals fiel und gerade als Ixa klar wurde, wen sie da um den Hals gefallen war und gerade wieder loslassen wollte, schlang Lady Diara ihre Arme um Ixa und drehte sie im Kreis, bis beide Frauen lachten.
Ixa war es sehr wohl bewußt, daß sie immer noch die persönlichen Magd von Lady Diara war, aber ihre gemeinsame Reise und das, was sie bisher erlebt hatten, hatten den Abstand, zwischen dem Herrschaftlichem von Lady Diara und dem Status von Ixa als Magd, sehr schrumpfen lassen und es kam immer mehr die Freundschaft zwischen ihnen zur Geltung.
Als die beiden Frauen sich dann wieder von einander trennten, meinte Esröp, daß es nun an der Zeit sei, sich Schlafen zu legen, denn wenn Rieruk wieder bei Kräften war, dann wollten sie wieder Aufbrechen.
Sir Oontz erklärte Xamoed, daß er die zweite Wache übernehmen sollte und er selbst wollte dann die dritte Wache übernehmen, aber soweit kam es nicht.
Kurz vor Ende der zweiten Wache, meldete Rieruk sich wieder zu Wort und erklärte, daß sie wieder fit sei und sie sich auf die weitere Reise machen könnten.
Xamoed weckte die anderen und innerhalb kurzer Zeit, war das Lager abgebrochen, ihre Sachen wieder auf dem Drachen verstaut und als die Reisenden schließlich wieder auf dem Rück des Drachen saßen, schwang dieser sich, wieder mit nur einem gewaltigem Flügelschlag, hoch in die Luft.
Der Mond stand zwar hoch am Himmel, war aber nur als trüber Schatten zu erkennen, da Wolken aufgezogen waren und die Sicht erschwerte. Es war so dunkel, daß keiner von ihnen den Boden oder sonst irgend etwas sehen konnte und sie hatten das Gefühl, daß sie gar nicht flogen, sondern immer noch auf dem Boden standen und die Dunkelheit sie einhüllte und sie zwang, einfach erstarrt dazustehen und gar nichts zu machen.
Lady Diara fragte sich, wie Rieruk wohl bei dieser Dunkelheit den Weg finden konnten, wo doch keiner etwas sah und sie fragte Esröp danach.
„Rieruks Augen sind so beschaffen, daß sie auch im dunkeln sehen kann, als wenn es hellichter Tag wäre.“
„Aha.“ machte Lady Diara nur und schwieg dann wieder.
Sir Oontz, Ixa, Ellov und Rocra saßen eng zusammen geschmiegt und schliefen, nur Xamoed, der direkt neben Lady Diara saß, war wach.
Obwohl sie es nicht wollte, ja, nicht einmal direkt daran gedacht hatte, spürte sie plötzlich das Verlangen, sich an Xamoed zu schmiegen, was sie auch tat.
Xamoed schaute zwar etwas verdutzt, da er damit am allerwenigsten gerechnet hatte, aber er fing sich schnell wieder und legte sogar einen Arm um Lady Diara, als eine Art Zeichen, daß er ihr Schutz bieten wollte, was er auch tun würde, sollte dies nötig sein.
Schweigend flogen sie so dahin. Die Nacht verging und als der Morgen zu grauen begann, begann es zu Regnen. Zuerst nur in paar kleinere Tropfen, aber nach und nach wurden diese Tropfen stärker und schon bald hatten sie das Gefühl unter einem Wasserfall zu stehen. Es regnete nicht oft auf Lavia, aber wenn, dann schüttete es aus Eimer. Obwohl sie sich tief unter ihre Decken verkrochen, konnten sie es nicht verhindern, daß der Regen sie durchweichte. Das einzigste wovor die Decken sie schützten, war der Wind, der den Regen viel kälter machte, als er wirklich war, daß war aber auch schon alles.
Die natürliche Körperfalte des Drachen, in der sie saßen, wirkte als eine Art Ablaufrinne und in kurzer Zeit, lief sehr viel Wasser hindurch, so daß sie jetzt in einem Fluß zu sitzen schienen, was die Sache nicht viel angenehmer machte. Schließlich befahl Esröp dem Drachen, daß er irgendwo runtergehen sollte, damit sie sich Unterstellen konnten, da auch ihr es zu ungemütlich wurde.
Die Sonne war bereits aufgegangen, was den Tag aber nicht wirklich erhellte, als der Drache begann hinabzusinken.
Sie waren schon so gut, wie auf dem Boden, als Lady Diara vor ihnen eine Ortschaft ausmachte und kurzer Hand entschloß, daß sie sich dort eine Herberge suchen und sich wärmen und trockene Sachen anziehen wollten.
Sie wollte ebenfalls ein heißes Bad haben, um die innere Kälte aus ihren Knochen zu vertreiben und der Drache schwebte, solange über dem Boden dahin, bis er fast die Tore der Stadt erreicht hatte.
Als sie von dem Drachen schließlich heruntergestiegen waren, meinte Sir Oontz zu Rieruk, daß sie sich soweit entfernen sollte, bis sie außer Sichtweite war und wenn die Reise weitergehen konnte, würde er zweimal pfeifen, damit sie wieder her kam und sie aufnehmen konnte.
Der Drache war damit einverstanden und als sie die Stadtmauern erreicht hatten, schwang der Drache sich in die Höhe und verschwand in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren.
Mit den Decken umhüllt, um sich vor dem Wind zu schützen, der jetzt stärker wehte, gingen sie in Zweierreihen durch das Stadttor und die Hauptstraße entlang.
In dem Moment, als sie das Stadttor passierten, überkam Lady Diara ein Kribbeln.
Es begann auf ihrer Kopfhaut und sie tat es damit ab, daß ihr kalt war und sie fror, aber je weiter sie sich der Stadtmitte näherten, desto stärker wurde das Kribbeln. Es wanderte von ihrer Kopfhaut über ihren Nacken, ihren Rücken und als schließlich ihr gesamter Oberkörper kribbelte, blieb sie abrupt stehen.
Sir Oontz, der mit Ixa vorweg ging, bekam dies nicht mit und ging einfach weiter.
Xamoed, der neben Lady Diara ging und Esröp, die sich hinter ihr befand, wollten wissen, was los sei.
Aber Lady Diara antwortete nicht sofort. Sie starrte geradeaus, direkt auf den Marktplatz und das Kribbeln verstärkte sich.
„Hier stimmt was nicht.“ murmelte sie, so, als wenn sie in Gedanken ganz woanders war.
Aber Esröp wußte was los war. Die geheimnisvolle Kraft machte sich in Lady Diara breit und es war nur noch ein kleiner Funke von Lady Diara selbst, der dies sagte. Höchst alarmiert, schrie Esröp hinter Sir Oontz her, aber der und Ixa, waren schon soweit voraus, daß sie sie nicht hörten, auch war der Wind stärker geworden.
„Xamoed, Rocra, ihr bringt Lady Diara sofort aus der Stadt wieder heraus. Ich gehe Sir Oontz und Ixa nach und komme dann nach. Keine Fragen, tut es.“ rief Esröp über den Wind hinweg und die beiden Jäger schauten sie nur einen Moment lang an, griffen dann nach Lady Diara und wollten sie herumdrehen, damit sie sie aus der Stadt bringen konnten.
Aber Lady Diara schien plötzlich wie ein Baum zu sein. Sie wankte etwas hin und her, aber egal wie sehr sich die beiden Jäger auch anstrengten, sie konnten Lady Diara nicht vom Fleck bewegen.
Esröp unterdessen, war Sir Oontz hinterhergegangen und achtete nicht mehr auf Lady Diara und die anderen. Wenn die Kraft in Lady Diara sich schon zeigte, bevor sie überhaupt die Stadt richtig betreten hatten, dann stimmte hier wahrhaftig etwas nicht.
Plötzlich schrie Ellov auf und Rocra wirbelte zu ihr herum. Noch, bevor er was sagen konnte, sah er auch schon, warum Ellov geschrieen hatte.
Aus den Häusern kamen Gestalten heraus und im aller ersten Moment konnte man denken, daß es die Bewohner der Häuser waren, aber nach genauerem Hinsehen, stellte Rocra fest, daß dem nicht so war.
Diese Dinger waren so groß wie Menschen und gingen auch auf zwei Beinen, aber das war auch schon alles. Sie Bewegten sich abgehackt und wankten stark von einer Seite auf die andere, so als würden sie wie Marionetten bewegt werden, ihre Arme waren bedeutend länger, als die eines Menschen, sie reichten fast bis zu den Schienbeinen und sie hatten krallenbewährte Klauen, die ziemlich scharf aussahen.
Ihre Köpfe schienen in einem immerwährendem hin und her zu wallen, so als wenn der Kopf sich nicht entscheiden könne, ob er nun da sein sollte oder nicht, aber diese Fratzen mit den gewaltigen Reiszähnen, waren nicht zu Übersehen.
Aber am deutlichsten waren die Augen zu sehen, Augen die wie rotglühende Kohlestücke in den Augenhöhlen brannten und sie starrten sie an.
Aber das war nicht ganz richtig. Sie starrten nicht Rocra, Xamoed und Ellov an, sondern Lady Diara und allen war klar, daß diese Bestien Lady Diara haben wollten.
„Lauft, da sind Bestien und sie sind hinter u...“ schrie eine Stimme hinter ihnen und Rocra erkannte Sir Oontz, der abrupt seinen Satz beendete, als er die Gestalten sah, die nun auf die kleine Gruppe zukamen.
„Was sind das für Viecher?“ rief Ellov und sie klang leicht panisch.
„Schreckgestalten des dunklen Magiers, Vorboten der Dunkelheit.“ erklärte Esröp und alle starrten sie aus schreckensweiten Augen an.
„In Ordnung. Männer, schnappt euch eure Waffen. Wir müssen aus dieser Stadt raus und Rieruk rufen.“ meinte Sir Oontz und zog sein Schwert.
Auch die anderen beiden zogen ihre Schwerter und obwohl sie nicht wußten, ob sie gegen diese Bestien ankommen würden, gingen sie voran und wollten sich den Kreaturen stellen, aber im selben Moment fielen Rocra und Xamoed ein, daß Lady Diara sich gar nicht bewegen ließ.
„Bleibt dicht hinter uns, wir schlagen eine Bresche.“ rief Sir Oontz, aber Ixa rief ihn zurück.
„Das geht nicht, Lady Diara steht da, wie Festgewachsen, sie läßt sich nicht von der Stelle bewegen. Und ich werde sie nicht hier stehen lassen.“
Sir Oontz blickt zu den vier Frauen zurück und wie auf ein geheimes Kommando, stellten sich die drei Männer um die Frauen herum, im Mittelpunkt, Lady Diara, die immer noch wie erstarrt dastand und auf den Marktplatz starrte.
Das Kribbeln war nicht nur stärker geworden, sondern hüllte nun ihren ganzen Körper ein und sie spürte, daß sich eine geheimnisvolle Energie, aus ihrem tiefsten inneren, einen Weg nach oben bahnte.
Immer stärker wurde diese Energie und immer schneller, drängte sie nach oben. Kleine Funken tanzten plötzlich auf ihrer Haut, noch kaum sichtbar, aber das änderte sich schnell.
Diese unheimlichen Schreckenskreaturen, kamen immer näher, zwar langsam, aber sie kamen und sie kamen jetzt aus jedem Haus, daß sie sehen konnten.
Es waren viele, es waren unglaublich viele und es kamen immer mehr aus den Häusern und Sir Oontz glaubte, daß in jedem dieser Häuser eine geheime Tür sein mußte, die direkt in die Hölle führte.
Rocra, der ein Mann war, der eigentlich so gut wie nie Angst verspürte, hatte jetzt welche und was für welche. Solch ein Gefühl hatte er noch nie erlebt und er glaubte wimmern und weinen zu müssen, wie ein kleines Baby, aber er riß sich zusammen und starrte auf die Kreaturen, die immer näher kamen.
Lady Diaras Energiefluß schoß plötzlich aus ihr heraus und die Funken tanzten immer stärker auf ihrer Haut und griffen jetzt auch auf Esröp über. Im ersten Moment wollte Esröp zurück zucken, aber sie spürte, daß diese Funken ihr nichts anhaben und mit einemmal verstand sie.
Sie schrie Ellov an, daß sie Lady Diara anfassen sollte, ebenso wie Ixa und als diese nicht verstanden und vor den tanzenden Funken zurückzuckten, griff Esröp nach ihren Händen und zerrte diese auf Lady Diara zu.
Als die beiden Frauen merkten, daß diese Funken ihnen nichts taten, legten sie freiwillig ihre Hände an Lady Diara und Esröp meinte, daß sie nun ihrerseits die Hände auf die Männer legen sollten.
Kaum das die Frauen die Männer berührten, schlugen die Funken auf sie über und auch auf die Schwerter, die sie den Kreaturen entgegenreckten.
Die ersten waren schon soweit herangekommen, daß die Spitzen der Schwerter, sie in dem Moment berührten, als die Funken auf ihnen tanzten und von einem Moment zum anderen, waren sie nicht mehr da.
Verblüfft starrten die Männer die Stelle an, an der eben noch die Monster gewesen waren, aber viel Zeit, um sich zu wundern, hatten sie nicht, denn schon waren sie nächsten heran.
Sir Oontz hielt sein Schwert nun nicht einfach nur so hin, sondern schwang es, in einem weiten Bogen, hin und her und mit einem Schwung, traf er gleich sechs dieser Kreaturen.
Das seltsamen daran war, mit jedem verschwinden einer dieser Kreaturen, schienen die Funken mehr zu werden und auch heller zu leuchten, aber darum kümmerten die drei Männer sich nicht, sie sahen nur, daß die Kreaturen verschwanden.
Obwohl die Schreckensgestalten, die von hinten nachdrängten, sehen mußten, was mit ihren vorderen Kumpanen geschah, drängten sie immer weiter vor, aber auch ihnen erging es nicht anders als den anderen.
Esröp bemerkte sehr wohl, daß das leuchten der Funken immer heller wurde, ebenso, wie die Funken immer stärker und mehr wurden und sich langsam zu einem Ball zu formen begannen.
Auch das, was die meisten, oder eigentlich alle Zauberer auf Lavia, für unmöglich hielten, geschah hier. Mit jedem Vergehen der schwarzmagischen Kreaturen, saugte Lady Diaras Kraft, deren Energie auf, verwandelte sie in weißmagische und speiste so ihre eigenen Energie, die sie verbrauchte. Das grenzte schon fast an ein Wunder, denn bisher hatte es immer geheißen, daß schwarzmagische Energie, niemals umgewandelt werden konnte, genausowenig, wie ein schwarzmagisches Wesen, plötzlich weißmagische Energie erzeugen konnte.
< Die fünf mußten wirklich viel Studiert haben, um das hinzubekommen. > dachte sich Esröp und empfand sehr viel Respekt vor den Zauberern.
Der Ball, den diese Funken formten, wurde immer größer, je mehr dieser schwarzen Kreaturen vergingen und dann, ganz plötzlich, ließen die Kreaturen von ihnen ab und zogen sich zurück.
Binnen weniger Augenblicke, waren sie verschwunden, sehr viel schneller, als sie gekommen waren und nirgends war noch eines dieser Kreaturen zu sehen.
In dem Moment, als die Gefahr für den ersten Moment abgewandt zu sein schien, erloschen die tanzenden Funken und Lady Diara wäre in sich zusammengesunken, wenn Esröp und Ixa sie nicht festgehalten hätten.
„Xamoed.“ rief Ixa und dieser drehte sich um, immer noch mit großen verwunderten Augen, die nicht richtig verstanden, was hier gerade geschehen war.
Als er Lady Diara aber zwischen den beiden Frauen hängen sah, sprang er schnell hinzu und nahm sie auf die Arme.
„Weg hier und zwar sofort.“ rief Esröp und alle machten sich sofort auf den Weg, hinaus aus der Stadt.
Obwohl alle so schnell als möglich hier weg wollten, weg von den Schrecklichen Kreaturen, die einem Alptraum der übelsten Sorte entsprungen zu sein schienen, blieben sie doch alle zusammen und Sir Oontz und Rocra schauten sich nach allen Seiten um, um Schutz zu bieten, sollten diese Monster sich wieder sehen lassen.
Aber die Bestien blieben verschwunden. Ungehindert erreichten sie das Stadttor und als Sir Oontz hinaustrat und nach Rieruk Pfeifen wollten, stolperte er regelrecht über den Drachen, oder besser gesagt, über einen seiner Krallen.
Die Drachendame stand genau vor dem Stadttor und hatte sich bereits hingekniet, damit die Menschen schnell auf ihren Rücken klettern konnten.
Als sie die Menschen sah und auch feststellte, daß alle anwesend waren, stieß die Drachendame einen zufriedenen Seufzer aus und erklärte, als Sir Oontz wissen wollte, was sie hier tat, warum sie hier war, wo sie doch warten sollte, bis Sir Oontz nach ihr rief.
„Ich hatte mich gerade gemütlich hingelegt, als ich die Anwesenheit von schwarzer Magie spürte. Es war nicht dieses leichte Kribbeln des Beobachters, sondern sehr viel stärker und es wurde von Augenblick zu Augenblick immer stärker. Ich habe mir Sorgen gemacht und bin dann hier her geflogen, um auf euch zu warten. Ich bin nur froh, daß es euch gut geht.“ meinte die Drachendame und richtete sich auf, als alle auf ihrem Rücken waren.
„Wir danken dir, du bist wundervoll.“ erwiderte Sir Oontz und Rieruk schnurrte leise.
Im selben Augenblick spannte sie ihre gewaltigen Flügel und schwang sich mit einem Schlag hoch in die Lüfte.
Binnen eines Augenblicks, war die Stadt nicht mehr zu sehen und als sie ein kurzes Stück geflogen waren, hörte der Regen auf und die Sonne kam durch die Wolken.
< Wenn das kein gutes Omen ist. > dachte sich Sir Oontz und ließ sich aufseufzend zurücksinken.


Elf

Das, was ich mir niemals gewünscht habe, ist geschehen. Meine Alpträume und meine Visionen sind Wirklichkeit geworden und meine Freunde, wurden darin verwickelt. Und je näher mein dreißigster Geburtstag kommt, desto stärker spüre ich diese Kraft und sie zerrt an mir, nimmt mir immer mehr Kraft und ich muß mich beeilen und damit umzugehen lernen, sonst wird diese Kraft, die ich einsetzen soll, um das Böse zu vernichten, mich vernichten.


Lady Diara Sky´s – Reisetagebuch 46. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Sie saßen auf dem Rücken der Drachendame und obwohl die Sonne jetzt wieder schien, so wie es immer war, auf ihrer bisherigen Reise, froren sie immer noch.
Ihre Kleider waren immer noch bis auf die Haut naß, aber niemanden schien das im Moment zu stören. Sie saßen alle da und waren in sich gekehrt.
Lady Diara war das erstemal, seit langer Zeit wieder, Ohnmächtig geworden. Die Kraftanstrengung war wohl doch zuviel für sie, obwohl sie die schwarze Magie in weiße umgewandelt und die Kraft daraus gezogen hatte, die sie benötigte, um diese tanzenden Funken aufrecht zu erhalten. Aber die Kraft, und Energie, die sie verwendet hatte, um diese Funken hervorzurufen, hatte doch wohl mehr an ihr gezerrt und insgeheim fürchtete Sir Oontz diese Kraft.
Esröp kümmerte sich um Lady Diara, wobei sie allerdings nicht mehr machen konnte, als sie in den Arm zu nehmen und die Decke über Lady Diara auszubreiten, damit sie nicht friert.
Die Sonne erreichte die Mittagszeit und am Nachmittag, setzte Rieruk erneut zu einer Landung an. Der Drache suchte sich eine große Wiese aus, wo nirgendwo ein Wald herum zu sehen war, oder irgend etwas anderes, hinter dem sich die dunklen Kräfte und ihre Kreaturen, verbergen konnten.
Es herrschte immer noch Schweigen, als die kleine Gruppe von dem Drachenrücken herab stieg und Ellov und Ixa sich daran machten, das Abendessen vorzubereiten.
Niemand von ihnen war wirklich Hungrig, der Schreck und die unglaubliche Angst, steckte immer noch in den Knochen und vertrieb das Hungergefühl. Aber allen war klar, daß sie ihre Kräfte brauchten, wenn sie die weitere Reise überleben wollten.
Während die Frauen die Kochutensilien hervorholten, gingen die Männer los und suchten, in der näheren Umgebung, nach Holz, daß sie für ein Lagerfeuer benutzen konnten.
Schließlich sprach Rocra das an, worüber sie zwar alle Nachdachten, aber nicht sprechen wollten.
„Was waren das für Dinger?“ er sprach weder Sir Oontz, noch Xamoed direkt an, aber beide schauten ihn an und zuckten mit den Schultern.
„Ich glaube, da fragst du die falschen.“ erwiderte Sir Oontz und hob einen Ast auf.
Als die drei Männer zurück zum Lager kamen, sahen sie, daß Lady Diara auf dem Boden lag und sich zusammengerollt hatte, wie ein kleines Kind und Esröp meinte, daß sie jetzt schliefe.
„Diese Frau, mit der Kraft in sich, sie ist stark, nicht wahr?“ rollte eine tiefe Stimme über das Lager und Esröp drehte sich zu der Drachendame um.
Für eine geraume Zeit schaute sie den Drachen nur an, aber dann nickte sie.
„Ja. Ich denke schon. Sie ist jetzt schon ziemlich stark und sie wird noch sehr viel stärker werden. Warum fragst du?“ wollte Esröp wissen und obwohl sie nicht auf eine Antwort gefaßt war, antwortete der Drache.
„Ich habe ihre Kraft gespürt, viel früher und viel stärker, als die schwarze Magie. Und die weiße Magie, in ihr, wurde beständig stärker, sie hat fast alles andere Überschattet. Ich weiß, daß diese Frau mir nichts tun würde, aber die Macht, die ich spürte, sie hat mir Angst gemacht. Aber ich wußte das sie die schwarze Magie besiegen würde, aber es scheint sie auch viel Energie gekostet zu haben.“ vermutete die Drachendame und Esröp starrte Rieruk verdutzt an.
Niemals zuvor hatte sie erlebt, oder gehört, daß die Drachen Angst hatten, nicht einmal zu der Zeit der großen Dunkelheit hatten sie Angst. Esröp hatte immer geglaubt, daß die Drachen nicht einmal wußten was Angst ist, aber daß die Drachendame jetzt davon sprach, daß verwirrte Esröp sehr.
„Es ist irgendwie komisch.“ meinte Rieruk weiter.
Und als Esröp und auch Sir Oontz gleichzeitig wissen wollten, was, sprach die Drachendame auch diesmal weiter.
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, oder mich daran gewöhnen, daß in dieser zarten Haut, von Lady Diara, solch eine Macht wohnen soll.“
„Und dennoch ist es so.“ stellte Esröp fest und wandte sich dann an Rocra, der ihr eine Frage stellte.
„Was waren das für Dinger?“
„Wie ich schon sagte, es sind Kreaturen der dunklen Seite, Vorboten von Efacsen. Ich weiß nicht, wie man sie nennt, oder was sie darstellen sollen, aber sie sind sehr gefährlich, wenn sie in Vollbesitz ihrer Kräfte sind. Efacsen ist noch nicht wieder vollständig da, daher haben sie auch nicht soviel Kraft gehabt. Wenn sie bei voller Kraft sind, dann sind sie zwanzigmal stärker und zäher, als jetzt und sie wären sicherlich nicht so einfach in das dunkle Reich zurückgeschleudert worden. Ich möchte jetzt nicht zuviel Angst verbreiten, aber diese Wesen waren einfache Kreaturen und wenn Efacsen die wirklich Bösen Kreaturen ruft, dann könnt ihr euch eine Kraft und Macht vorstellen, die hundertmal größer ist, als diese Kreaturen, denen wir heute begegnet sind.“
„Hundert mal stärker?“ murmelte Sir Oontz und da es keine direkte Frage an sie war, sah Esröp sich auch nicht dazu veranlaßt, darauf zu Antworten.
Obwohl die Gruppe nicht gespürt hatte, wie stark diese Wesen waren, weil sie nicht direkt, gegen sie kämpfen mußten und darüber waren sie äußerst dankbar, fiel es ihnen dennoch schwer sich vorzustellen, sich Gestalten gegenüber zu stehen, die fast die Kräfte eines Drachen haben sollten, wenn nicht sogar noch mehr, schätzten sie diese Kräfte jedenfalls ein und sie lagen gar nicht mal so daneben damit.
Wie zuvor Rocra, das Ausgesprochen hatte, was sie alle nicht wissen wollten, fragte nun auch Ellov etwas, was sie alle eigentlich gar nicht wissen wollten.
„Ich habe gesehen, wie diese Dinger, in einem nicht enden wollendem Strom, aus den Häusern kamen. Was ist mit den Bewohnern dieser Häuser geschehen?“ aber statt das Esröp antwortete, erklang eine Stimme hinter ihnen.
„Ich glaube nicht, daß du dies wirklich wissen willst.“ meinte Lady Diara und setzte sich aufrecht hin, wobei sie sich an der Flanke des Drachen anlehnte.
Alle ahnten was mit den Bewohnern geschehen war, nur Ellov anscheinend nicht, da sie trotzdem nachfragte.
„Natürlich will ich das wissen. Wenn sie geflohen sind, dann könnte man ihnen doch helfen.“
Sir Oontz wußte zwar, daß Ellov nicht unbedingt die klügste war, aber das sie so Naiv war, daß wollte er nicht glauben, aber dennoch schien es ihr ernst zu sein.
Auch Rocra starrte seine Freundin an, als wenn sie den Verstand verloren hatte, aber vielleicht war dies ja geschehen. Vielleicht hatte sie den Verstand ja verloren, als sie diese Kreaturen gesehen hatte, vielleicht sträubte sich ja ihr Unterbewußtsein gegen das, was eigentlich klar auf der Hand lag. Vielleicht hatte sie noch nicht richtig Registriert, was sie da bekämpft hatten, aber in ihrem Gesicht konnte Rocra sehen, daß sie genau wußte, was ihnen gegenüber gestanden hatte.
Vielleicht glaubte sie aber auch, da diese Kreaturen der Finsternis noch nicht stark genug gewesen seien, nach Esröps Meinung, so, daß das unfaßbare nicht eingetreten sei.
Es waren eindeutig viel zu viele Vielleicht und hilfesuchend, schaute Rocra Lady Diara an.
Als er Lady Diara anschaute, sah er keine Spur von Spott, Hohn oder Belustigung, über Ellovs Meinung, sondern er sah ein Lächeln, daß auf ihrem Gesicht lag und ihr Gesicht zeigte Verständnis, Bedauern und etwas entschuldigendes lag darin, aber er konnte sich nicht vorstellen, warum Lady Diara sich entschuldigen sollte.
„Ellov, setz dich ein wenig zu mir.“ verlangte Lady Diara und deutete neben sich auf die Decke und ihr Tonfall war freundlich, nett und liebevoll.
Ellov bemerkte sehr wohl die Blicke der anderen, die Unverständnis und Überraschung ausdrückten, aber sie verstand nicht warum. Nur Lady Diara und auch Esröp, schauten sie an, als verstünden sie sie, so als würden sie ihre Meinung teilen und ganz plötzlich hatte Ellov das Gefühl, daß sie sich in Lady Diaras Nähe wohler fühlen würde, als inmitten dieser ungläubigen Blicke.
Ellov ging schnell zu dem Platz, auf den Lady Diara gedeutet hatte und setzte sich. Sie schaute Lady Diara an, aber diese sagte noch nichts, auch wenn sie Ellov direkt anblickte.
„Du warst auch dabei, als ich euch von meinen Visionen und meinen Alpträumen berichtet habe. Das, was wir heute in dieser Stadt erlebt haben, habe ich in einer meiner Visionen schon gesehen und da waren wir noch auf Haus Sky´s. Es war die Vision, als ich zu meinen Zieheltern wollte und vom Pferd gestürzt bin, an dem Tag, als ihr mich alle gesucht habt. Die Vision zeigte mir, daß wir durch ein Stadttor geschritten sind und mit diesen Kreaturen gekämpft haben, allerdings zeigte sie mir nicht, daß ich diese Kraft einsetzen würde. Aber sie zeigte mir auch, was mit den Bewohnern dieser Stadt geschehen war, bevor wir dort eintrafen.“ begann Lady Diara zu erklären und schaute Ellov an, in deren Gesicht es zu arbeiten schien, so, als wenn sie sehr intensiv Nachdenken würde und plötzlich trat Begreifen in ihr Gesicht.
Ellov zuckte zusammen, als sie bemerkte, welche Erkenntnis ihr Begreifen mit sich brachte.
„Sie sind alle tot, nicht wahr?“ flüsterte sie und schaute Lady Diara und auch die anderen, mit einem Blick an, der besagte, daß sie ihr sagen sollten, daß dem nicht so war.
Aber je länger sie auf eine Antwort warten mußte, desto klarer wurde ihr Verstand und sie Registrierte, das ihr Ausspruch der Wahrheit entsprach.
„Ich weiß nicht ob sie tot sind, oder ob sie in die Dunkelheit geschleudert wurden, um dem Fürst der Finsternis dienlich zu sein. Vielleicht müssen sie auch unglaubliche Qualen erleiden, die keiner von uns sich vorstellen kann, aber ich weiß nicht, ob sie tot sind. Auf jeden Fall, sind sie nicht mehr auf Lavia, sie sind einfach verschwunden. Aber was ich weiß, ist, das die Dunkelheit, wenn nicht sogar Efacsen selbst, dies zu verantworten hat.“ erklärte Lady Diara in einem sehr freundlichem Ton Ellov, so als wenn sie ihr erklärte, wie die Bienen Honig machten, aber gerade diese Art war es, die das Grauen intensiver machte.
„Warum hat Ellov das gefragt?“ wollte Xamoed von Esröp wissen, „hat sie den Verstand verloren?“
Aber Esröp schüttelte den Kopf und schaute ihn an. „Nein, sie hat nicht den Verstand verloren. Das Erlebnis war nur zuviel für ihren Verstand und er weigert sich, das Grauen so zu erkennen, wie es ist und erst recht, daß eine ganze Stadt ausgelöscht sein soll. Aber dir scheint es nicht so sehr zuzusetzen.“ stellte Esröp fest und schaute Xamoed an.
„Da irrst du dich, alte Frau. Ich bin genauso Entsetzt, wie alle anderen auch. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, daß all die Bewohner, all diese Menschen, einfach verschwunden sein sollen. Aber letztendlich kann ich nicht mehr das ändern, was geschehen ist. Ich trauere um die Menschen und sie haben mein tiefstes Mitgefühl, was immer sie jetzt auch erleben mögen, aber wie ich schon sagte, was geschehen ist, ist geschehen und weder ich, noch ihr, könnt dies ändern. Warum also, soll ich mir länger Gedanken darum machen, als nötig?“ wollte Xamoed wissen, aber Esröp antwortete nicht.
Sie sah ihn nur lange und durchdringend an und dann nickte sie, so als wenn sie ihn verstehen würde.
Esröp sah ein, das Xamoed recht hatte. Sie konnten nicht mehr ändern, was geschehen war, aber sie konnten versuchen, daß schlimmste zu verhindern. Es war nur noch knapp anderthalb Monate, bis zu Lady Diaras dreißigsten Geburtstag und die Fahrt über das Meer würde fast ebensolange dauern. Wenn sie Glück hatten und das Wetter ihnen ein wenig gesonnen war, dann würde Lady Diara bei den fünf Magiern sein, bevor ihre geballte Macht auf sie eindrang und sie zerschmetterte, aber sie durften keine Zeit mehr verlieren und bis Lady Diara soweit war, daß sie gegen Efacsen antreten konnte, würde noch einmal einige Zeit vergehen.
Den Beginn der großen Dunkelheit würden sie nicht mehr aufhalten können und die Schreckgestalten der Finsternis, würden sich über das Land ausbreiten, wie eine Eitrige Wunde, die immer größer wurde.
Die ersten Vorboten der Finsternis hatten sie heute gesehen und gespürt und wenn Efacsen auferstehen würde, dann würde es sehr viel grausamer und brutaler zugehen, als sie es heute erlebt hatten. Aber Esröp vertraute auf die fünf Magier und auch auf Lady Diara, die alles daran setzen würde, um diese unglaubliche Kraft in ihr, unter Kontrolle zu bringen.
Am liebsten wäre Esröp wieder auf den Drachen gestiegen und weitergeflogen, aber die andern brauchten ein wenig Ruhe, besonders Lady Diara, die immer noch ziemlich ausgelaugt war.
Ellov saß immer noch neben Lady Diara und versuchte das zu verarbeiten, was ihr Verstand ihr klar zu machen versuchte, während sie gleichzeitig immer noch nicht Glauben wollte, was Lady Diara ihr soeben erklärt hatte.
Schließlich war es Rocra, der das unangenehme Schweigen im Lager brach und Ellov an die Hand nahm und sanft, aber sehr bestimmt, in die Höhe zog. Er nahm sie in den Arm, ohne das sie sich wehrte und ging mit ihr einige Schritte Spazieren, während er mit ihr sprach, um zu versuchen, daß sie verstand, was heute geschehen war.
Ixa sah den beiden nach und empfand so etwas wie Mitgefühl und Bedauern mit Ellov. Aber nur einen Augenblick später, wandte sie den Blick von den beiden ab und wandte sich an Lady Diara.
„Wie fühlt ihr euch?“
„Wenn ich dir jetzt sage, daß ich mich gut fühle, würdest du das Glauben?“ fragte Lady Diara zurück, aber es lag kein Spott in ihrer Stimme.
„Ich Glaube nicht.“ gab Ixa wahrheitsgemäß zurück und bekam ein freundliches Lächeln von Lady Diara.
„Dir kann man nicht viel vormachen, was? Es wird langsam wieder, aber ich fühle mich, als wenn ich unter die Hufe einer ganzen Herde Rinder gekommen wäre, wie erschlagen. Obwohl ich weiß, daß ich mit ein bißchen Ruhe wieder auf den Damm käme, weiß ich doch, daß ich diese Ruhe jetzt nicht bekomme, nicht wahr Esröp?“ wandte Lady Diara sich an Esröp und schaute in ein Gesicht, daß keinerlei Regung zeigte, sie antwortete auch nicht sofort und das war mehr, als eine Antwort.
„Ixa, mach uns doch bitte einen Tee, Sir Oontz kann dir dabei behilflich sein. Der Tee wird mich wieder ein wenig auf die Beine bringen, danach machen wir uns wieder auf den Weg. In Ordnung?“ wollte Lady Diara von Esröp wissen und diese nickte.
Nicht, daß Lady Diara diese Pause auf dem Boden hätte nehmen müssen, ganz sicher nicht, den sie konnte sich auch auf dem Rücken des Drachen erholen, aber auch die anderen brauchten eine kleine Verschnaufpause und ihnen allen würde auch ein Tee gut tun. Aber letztendlich entschied sich Esröp für eine Pause, wegen dem Drachen.
Rieruk war so lange geflogen, bis ihre Kräfte nachließen und sie hatte sich ebenfalls eine Pause verdient.
Und der Weg war auch nicht mehr weit, bis Noitisop und die kurze Pause würde der Drachendame reichen, um bis dorthin durchzufliegen.
Esröp wandte sich von den anderen ab und ließ Lady Diara und die anderen allein.
Xamoed, der im Moment nicht viel zu tun hatte, trat an Lady Diara heran und fragte sie, ob er ihr Gesellschaft leisten dürfe.
„Natürlich. Setz dich.“ bat Lady Diara und deutete mit ihrer rechten Hand auf den Platz, an dem vor einigen Augenblicken noch Ellov gesessen hatte.
Schweigend, schauten sie Ixa und Sir Oontz zu, wie sie das Feuer entfachten und den Kessel mit dem Wasser auf ein eisernes Dreibein stellten. Sir Oontz und Ixa kümmerten sich nicht um Xamoed und Lady Diara, sie waren mit sich Selbst Beschäftigt und in Gedanken vertieft.
Keiner von ihnen hatte erwartet, daß sich Lady Diaras Visionen so schnell in die Wirklichkeit verwandelten und wenn sie den Aussagen von Lady Diara glauben durften, dann war dies erst der Anfang und es würde sicherlich noch sehr viel mehr geschehen und weit aus Schrecklicheres.
Sir Oontz graute jetzt schon vor den nächsten Bildern, die er sehen würde, wenn die Finsternis wieder zuschlagen sollte und das würde sie, dessen war er sich sicher.
„Darf ich euch etwas Fragen?“ wandte Xamoed sich an Lady Diara und diese nickte.
„Nicht das ihr denkt, daß ich jetzt unhöflich sei, oder so etwas, aber ihr macht nicht den Anschein, als hätte euch das Erlebnis vorhin sonderlich erschreckt.“
Lady Diara, die ihre Augen geschlossen hatte, weil sie kaum noch die Kraft hatte, ihre Lieder aufzuhalten, hob diese aber wieder und schaute Xamoed an.
Er konnte sehen, wie müde Lady Diara war und ihre Augen, die mittlerweile vollkommen rot geworden waren, nicht einmal die Pupille war mehr zu sehen, wirkten stumpf und ausdruckslos und Xamoed konnte sehen, wie erschöpft sie sein mußte.
„Ich hoffe nur, daß du jetzt nicht glaubst das ich unhöflich wäre, aber diese Kreaturen haben mich nicht erschreckt, nein. Wie ich vorhin schon zu Ellov gesagt habe, habe ich dies alles schon einmal gesehen und noch sehr viel mehr und noch viel Schrecklichere Bilder. Meine Visionen und auch die Alpträume die ich hatte, haben mich auf diesen Moment vorbereitet, wenn man so will. Mittlerweile bin ich nicht mal mehr Überrascht darüber, wie sich mein Kraft diesmal gezeigt hat.“ erklärte sie und Xamoed schaute sie mit Nachdenklichem Ausdruck an.
„Ich verstehe.“ meinte er dann nur und lehnte sich wieder an die Flanke des Drachen, um seinen Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Er verstand zwar, daß die Visionen von ihr, sie auf diese Begegnungen vorbereitet hatte, aber er verstand nicht, wieso sie nicht erschreckt, oder Angst gehabt hatte. Wenn er an ihrer Stelle gewesen wäre, egal ob ihn nun Visionen vorbereitet hatten, oder nicht, er wäre sicherlich vor Angst gestorben, im Grunde war er das ja auch, aber er zeigte es nicht.
Und diese Geheimnisvolle Kraft, die Lady Diara in sich hatte, erschreckte ihn fast mehr, als diese dunklen Kreaturen. Er wußte nicht genau warum, aber vielleicht ahnte er ja auch, wie mächtig diese Kraft werden konnte und sie konnte sie alle ins Verderben stürzen, sollte sie außer Kontrolle geraten. Aber darum waren sie ja unterwegs, damit Lady Diara lernte, damit umzugehen, wenn sie noch rechtzeitig da ankamen, wo sie hinwollten, nein, hinmußten.
„Warst du sehr Schockiert über den Anblick dieser Finsteren Kreaturen?“ wollte Lady Diara dann nach einer Weile von Xamoed wissen. Er antwortete nicht sofort, sondern schaute sie an, so als wenn er über ihre Frage erst Nachdenken müsse, aber dann nickte er, schüttelte aber gleichzeitig den Kopf.
„Ja und nein. Ich wußte ja, warum wir diese Reise machen und mir war klar, daß wir früher, oder später, auf die Geschöpfe der Dunkelheit treffen würden. Auch sahen sie nicht wirklich besonders furchterregend aus, fand ich zumindest, von daher war ich nicht wirklich Schockiert. Schockiert war ich eher über die Tatsache, daß sie uns so mühelos in eine Falle haben laufen lassen und das wir, wenn auch nur für einen kurzen Moment, getrennt worden waren, daß hatte mich ein wenig schockiert. Nicht einmal die Funken, die über unsere Körper tanzten, haben mich wirklich Überrascht. Ich weiß nicht welch eine Kraft in euch ist und euch so sehr verändert, aber sie muß ebenso grausam sein, wie die Kräfte der Finsternis. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich lange nicht so durchgehalten hätte, wie ihr es tut.“ erklärte Xamoed und schaute dann wieder in die Ferne.
Das er Lady Diara anlog, in dem er sagte, daß er keine Angst gehabt habe, oder nur sehr wenig, hatte nichts damit zu tun, daß er sich schämte, zuzugeben, daß er Angst hatte, daß war es nicht. Xamoed spürte lediglich, daß die jetzige Situation weniger nach Angst, denn mehr nach Kraft und Zuversicht verlangte.
Lady Diara nickte einmal ganz kurz, sie war sich nicht einmal sicher, ob er das überhaupt gesehen hatte, seufzte einmal tief auf und ließ sich dann an Xamoeds Schulter sinken.
Etwas verblüfft drehte er den Kopf und schaute auf Lady Diaras Kopf herab.
„Andererseits bin ich aber auch froh, daß ihr diese Kraft in euch tragt.“ meinte Xamoed dann und Lady Diara hob nicht einmal den Kopf, als sie antwortete.
„Warum?“ murmelte sie, zu mehr war sie im Moment nicht fähig, sie hatte schon kaum das verstanden, was Xamoed gesagt hatte, da sie schon fast in den Schlaf gesunken war.
„Weil ich sonst nicht das Vergnügen gehabt hätte, daß ihr euch so an mich schmiegt.“ murmelte er zurück, so das kein anderer es verstand, er glaubte nicht einmal, daß Lady Diara es Verstanden hatte, da er vermutete, daß sie Eingeschlafen war.
Aber er wurde eines Besseren belehrt, als sie ihren Kopf etwas anhob und ihn lächelnd ansah.
„So gesehen mag es vielleicht sogar stimmen.“ und dann lächelte sie ihn voller Wärme, Zuneigung und Freundschaft an, daß ihm ganz warm ums Herz wurde und er verlegen seinen Blick wieder in die Ferne schweifen ließ.
Mit diesem Lächeln auf dem Gesicht, schlief Lady Diara an der Breiten Brust von Xamoed ein, aber schon kurz darauf wurde sie wieder geweckt.
„Hier, ich habe einen Becher Tee für euch.“ meinte Xamoed und reichte ihr den besagten Becher.
Schlaftrunken und mit einem unterdrückten Gähnen, nahm sie den Becher in Empfang und trank vorsichtig einen Schluck.
Kaum das der Dliefnitee, den Ixa stärker als sonst zubereitet hatte, ihre Lippen berührte, spürte sie schon seine wohltuende und berauschende Wirkung. Als sie den Becher geleert hatte, war ihre bleierne Müdigkeit zwar nicht wie weggewischt, aber doch schon ein wenig erträglicher geworden und sie verlangte einen zweiten Becher davon. Als sie den zweiten Becher ebenfalls geleert hatte, war ihre Müdigkeit weg und sie fühlte sich wieder fit genug, ihre Reise weiterzuführen.
Auch die anderen waren von dem Tee wieder munter und belebt und nicht mehr so niedergeschlagen, wie noch vor kurzer Zeit und alle brannten plötzlich darauf, wieder auf den Drachen zu klettern.
Der Kessel, in dem der Tee gekocht worden war, war noch halb voll und Sir Oontz und Rocra begannen den Rest des Tees, in die Ziegenschläuche zu füllen, die leer waren.
Bevor sie das Lager jedoch abbrachen, wandte Esröp sich an die Drachendame und wollte von ihr wissen, ob sie schon soweit wieder erholt war, daß sie bis zu ihrem Ziel fliegen würde können.
Rieruk meinte, daß dies kein Problem wäre und auf einen Wink von Esröp hin, brachen Sir Oontz und Rocra das Lager ab, verstauten alles wieder auf dem Rücken des Drachen und kletterten dann selbst hinauf. Als letztes standen Sir Oontz und Esröp noch unten und Sir Oontz nahm sich Esröp einmal zur Seite.
„Das wir vorher noch einmal bei einem Priester vorbeischauen, das ist dir nicht entfallen, nicht wahr?“
„Es ist mir nicht entfallen, nein. Ihr wollt es also wirklich tun?“
„Warum nicht? Vielleicht jetzt noch eher, als vorher.“ erwiderte Sir Oontz und Esröp nickte.
„Also, gut. Bevor wir aufbrechen, werden wir noch bei einem Priester vorbei schauen und jetzt sieh zu, daß du auf den Rücken kommst.“ herrschte Esröp Sir Oontz an und scheuchte ihn mit huschenden Handbewegungen den Drachen hinauf.
Kurz darauf schwang der Drache sich wieder in die Höhe. Die Sonne war bereits untergegangen und der Mond stand kurz davor aufzugehen.
Die Reisenden drängten sich aneinander und hatten sich die Decken wieder übergelegt. Die Rast war nicht lang genug, als das ihre Kleider hätten trocknen können und der Wind, der ihnen jetzt wieder um die Ohren pfiff, ließ die Nacht kälter erscheinen, als sie war.
Als der Mond aufgegangen war, er war noch nicht vollständig zu einem Vollmond geworden, dazu fehlten noch ein paar Tage, spendete er genug Licht, damit die Reisenden ihre Umgebung sehen konnten, sofern sie dies wollten.
Sir Oontz und Ixa schaute sich die Umgebung an, sofern man diese kleinen Punkte unten auf der Erde, als Umgebung bezeichnen konnte und schmiegten sich eng aneinander.
Es war von soweit oben nicht auszumachen, was Häuser und Dörfer waren und was nicht. Nur wenn sich eine größere Fläche zeigte, konnten sie sie unterscheiden, nach Gras oder Waldfläche.
Aber letztendlich waren Sir Oontz und Ixa es auch egal, ob dort unten Häuser standen, oder nicht, sie genossen einfach nur den Anblick, und den Augenblick, der von hier oben eine friedliche Ruhe ausstrahlte, die Trügerisch war, wie sie selbst gemerkt hatten. Aber auch daran verschwendeten sie jetzt keinen Gedanken.
Sie lagen sich in den Armen und genossen den Augenblick der Ruhe und des Friedens, genau wie Ellov und Rocra und Xamoed und Lady Diara, die sich wieder an seiner breiten Brust geschmiegt hatte.
Xamoed war nicht ganz klar, was er von dem Verhalten, von Lady Diara, halten sollte. Sie wußte das er sich in sie Verliebt hatte, daß hatte er ihr gestanden und sie wußte wie seine Gefühlswelt aussah, aber ob sie nun, mehr als nur Freundschaft empfand, oder überhaupt etwas für ihn empfand, das wußte er nicht zu sagen.
Xamoed war klar, daß Lady Diara ganz andere Sorgen hatte und er wußte, daß sie ihm dankbar war, für ein wenig Körperliche und Seelische Zuneigung. Er wollte ja nicht meckern, er war ja froh darüber, daß sie sich an ihn schmiegte und in ihm ein Gefühl wach rief, daß stark an seinen Beschützerinstinkt rührte. Aber schließlich seufzte er tief auf, schüttelte leicht den Kopf und gab sich ganz dem Moment hin.
Der Mond war beständig weiter gewandert und kündete bald darauf an, daß Mitternacht vorbei war.
Esröp bemerkte, daß ihr der Wind nicht mehr ganz so stark um die Ohren wehte, zwar machte er immer noch so gut wie eine Unterhaltung unmöglich, aber gegenüber den letzten beiden malen, wo sie auf dem Rücken der Drachendame gesessen hatte, doch erheblich leiser. Daraus schloß Esröp, daß Rieruk etwas langsamer flog, damit sie ihre Kräfte einteilen konnte, um die Strecke auch zu schaffen.
Sie hatte Rieruk darauf hin gewiesen, das sie, bevor sie Noitisop ansteuerten, noch bei einem Priester vorbei sehen mußten. Esröp kannte ein Kloster, das in der Nähe von Noitisop lag. Für gewöhnlich war es gut ein halber Tagesritt, aber für die Drachendame würde es nicht mehr als ein kleiner Hüpfer sein.
Als Rieruk wissen wollte, warum sie dorthin mußten, sagte Esröp die Wahrheit, die der Drachendame nicht sonderlich gefiel.
Wie Esröp es vermutet hatte, hat Rieruk sich tatsächlich in Sir Oontz verliebt. Es war der Drachendame zwar klar, daß diese Liebe, davon einmal abgesehen, daß die Liebe eines Drachen ganz anders war, als bei den Menschen, natürlich nicht Funktionieren konnte.
Obwohl sie es wußte, gefiel es ihr dennoch nicht, daß Sir Oontz und Ixa Heiraten wollten, aber mit einem kurzem „aha“, tat die Drachendame es ab und schwieg seitdem beharrlich.
Der Mond war erst ein kleines Teil über Mitternacht hinausgewandert, als Esröp sich an den Drachen wandte.
< Es dürfte nicht mehr weit sein. Du kannst direkt vor den Mauern des Klosters landen. Dort gibt es weit und breit keine anderen Behausungen und die Priester dort wissen von euch. Einige haben sogar einen deiner Brüder kennengelernt und freuen sich jedesmal, wenn sie sie besuchen kommen. Aber du mußt aufpassen. Das Kloster steht mitten in einem kleinen Wald. Zwar ist, drum herum, eine große Lichtung, aber es wird doch etwas eng werden für dich. Am besten ist, wenn du etwas hinuntergehst, damit ich mehr sehen und dich Lotzen kann. >
< Du brauchst mich nicht Lotzen, ich weiß wo das Kloster ist. Aber glaubst du wirklich, daß die Herren erfreut sein werden, daß ihr sie mitten in der Nacht aus dem Bett holt? > wollte Rieruk wissen und hoffte insgeheim, daß Esröp diese Landung nun doch nicht machen wollte.
< Darüber brauchst du dir keine Gedanken machen. Ich kenne den obersten Hohepriester und er ist mir noch ein oder zwei Gefallen schuldig. > erklärte Esröp und Rieruk ließ alle Hoffnungen fahren.
Aber Rieruk kam nach einigen Überlegungen zu der Überzeugung, daß es eh egal war, ob die beiden heirateten, oder nicht, da Sir Oontzs Herz voll und ganz Ixa gehörte.
Bei der Unterhaltung, die die beiden geführt hatten, war der Drachendame sehr wohl aufgefallen, daß Sir Oontz sehr oft und in den höchsten Tönen, von Ixa sprach. Wenn Rieruk genauer darüber nachdachte, dann war Sir Oontz Ixa mit Leib und Seele und Haut und Haaren verfallen und anders herum, war es wohl genauso.
Innerlich seufzte die Drachendame tief auf und zuckte mit den Schultern, was bei diesem Gigantischen Wesen, eher absurd aussah.
Langsam, aber beständig, verlor die Drachendame an Höhe und kurze Zeit später kreiste sie über ein Waldstück, in deren Mitte sich ein Kloster befand. Wie Esröp gesagt hatte, war die Lichtung doch recht klein und Rieruk mußte sehr genau acht geben, damit sie nicht die Mauern des Klosters mit ihren gewaltigen Flügeln streifte und zerstörte.
Etwas härter, als gewöhnlich, setzte die Drachendame auf dem Boden auf, was aber daran lag, daß sie ihre Flügel stark einfahren mußte und somit keine sanfte Landung möglich war.
Bis auf Sir Oontz und Esröp, hatten alle geschlafen und schauten nun schlaftrunken um sich und Lady Diara wollte wissen, ob sie schon da seien.
„Noch nicht ganz. Wir haben bei diesem Kloster halt gemacht, um Sir Oontz und Ixa die Möglichkeit zu geben, ihre Hochzeit zu vollziehen.“ erwiderte Esröp und stieg von dem Drachenrücken herunter.
Als auch Ixa schließlich den Boden erreichte, ging das groß Tor des Klosters auf und was Esröp am wenigsten erwartet hatte, alle Mönche und Priester, kamen heraus.
Esröp war schon des öfteren hier gewesen und wußte, daß hinter diesen Mauern mehr als zweihundert Priester, Mönche und solche die es werden wollten, lebten und es hatte den Anschein, das nun all diese Menschen sich vor dem großen Tor versammelten.
Es war zwar schwierig alle diese Menschen auf dem Platz zu versammeln, da Rieruk den meisten Platz in Anspruch nahm, aber das störte die Anwesenden nicht.
Wie Esröp schon gesagt hatte, freuten die Priester und Mönche sich immer, wenn ein Drache sie Besuchen kam und diese Männer wußten, daß die Drachen es liebten gestreichelt zu werden, die Berührungen der Menschen genossen und keiner von ihnen benötigte eine Aufforderung von Seiten des Drachen.
Aus dieser Masse an Leibern, die aus dem Kloster drangen und sich um den Drachen versammelten, schälte sich eine große Imposante Gestalt.
Der Mann war knapp sechseinhalb Fuß groß und überragte damit sogar Xamoed um Haupteslänge. Sein Körper war in einem violetten Samtfarbenen Anzug gehüllt und um seine Schulter lag ein rotfarbener, mit goldenen Zeichen verzierter Samtumhang. Der Mann mußte schon älter sein, da sein Haar schlohweiß war und weit über den Rücken fiel. Auch sein weißer Bart war lang und reichte fast bis zu den Hüften. Es dauerte lange, sich solch einen Bart wachsen zu lassen.
Aber wenn der Mann so alt war, wie sein Haar und sein Bart andeuteten, ließ er nicht viel davon sehen. Mit schwungvollen Schritten und hoch aufgerichtet, trat er durch das Tor und kam auf die kleine Gruppe zu, die sich in der Nähe des Kopfes von Rieruk aufhielt.
Der Mann schien verwirrt zu sein, schließlich kam es nicht oft vor, daß mitten in der Nacht ein Drache vor der Haustür landet und noch seltener, daß Menschen mit dem Drachen kommen.
Langsam kam er auf die Reisenden zu und als er in dem Mondlicht Esröp erkannte, hellte sich sein Gesicht auf und er Beschleunigte seinen Schritt.
Von weitem begann er schon zu rufen.
„Na sieh mal einer an, die verlorene Göttin ist auch mal wieder da.“ und dann nahm er Esröp in die Arme und drückte sie herzlich.
„Munital Seiherie, du bist lange nicht hier gewesen und wen hast du mir da mitgebracht?“ wollte der alte Mann wissen und schaute die anderen neugierig an.
„Nertka, du hast dich kein bißchen verändert.“ begrüßte Esröp den alten Mann und dann stellte sie ihre Begleiter vor.
„Darf ich vorstellen, daß hier ist Lady Diara, Herrscherin von Nevaeh und Yonos Feenprinzessin, daß neben ihr ist Xamoed, ein Jäger, dann Rocra, ebenfalls ein Jäger, daneben steht Ellov, eine Magd im Haus Sky´s und Rocras Braut und diese beiden hier sind Sir Oontz, Berater von Lady Diara und Ixa seine Braut und Persönliche Magd von Lady Diara. Das hier, meine Freunde, ist Nertka, der oberste Hohepriester des Seiherie Ordens und ein guter Freund.“ beendete Esröp die Vorstellung und wandte sich dann wieder an Nertka.
„Wir haben nur wenig Zeit, eigentlich gar keine. Du weißt, selbst wo wir hinwollen und das uns die Zeit davonzulaufen beginnt. Aber bevor wir unsere Reise weiterführen können und die fünf, die eins sind, aufsuchen, wollen Sir Oontz und Ixa sich noch trauen lassen. Es ist keine Zeit für das übliche Prozedere, am besten machen wir die Kurzform und auch gleich hier draußen.“ meinte Esröp und schaute den Priester an.
Aber der schien sich nicht sonderlich um Esröp zu kümmern, sondern sah Lady Diara an und kam dann auf die zu.
„Ihr also, seid Lady Diara. Ich habe schon viel von euch gehört und auch von der Legende, die man über euch und die Dunkelheit erzählt.“ begrüßte der hohe Priester Lady Diara und diese nahm die Hand entgegen und verneigte sich leicht.
„Es ist mir eine Ehre, euch kennenzulernen, Nertka. Die Legenden und das drum herum, sind leider alle wahr, oder besser gesagt, erfüllen sich. Aber darum sind wir nicht hier. Wie Esröp eben schon gesagt hat, haben wir nicht allzuviel Zeit, eigentlich gar keine, aber die Hochzeit meiner besten Freunde, ist ein Umweg wert.“ erklärte Lady Diara dem Hohepriester und trat einen Schritt zurück.
„Wir wollen nichts großes. Es wäre recht, wenn ihr uns hier und jetzt, mit einer kleinen verkürzten Zeremonie, vor den Göttern Lavias vermählen würdet.“ erklärte Sir Oontz und Nertka wandte sich ihm zu.
„Auch von euch habe ich schon so einiges gehört, Sir Oontz und wie ich sehe, scheint davon einiges richtig zu sein. Ungeduldig und ungestüm.“ meinte Nertka, aber Ixa antwortete, anstelle von Sir Oontz.
„Er ist nicht ungestüm oder ungeduldig, jedenfalls nicht sehr, aber darum geht es auch gar nicht. Uns drängt die Zeit und Lady Diara muß dringendst zu den fünf, die eins sind. Lady Diara hat diesem Umweg zugestimmt, von daher sind wir ihr eine schnelle Vermählung schuldig.“ versuchte Ixa zu erklären und Nertka schaute sie an.
Seine Eisgrauen Augen zeugte von einer großen Weisheit und unendlicher Güte und Geduld, und schienen nun, durch die Augen von Ixa, tief in sie hineinzusehen.
Obwohl ihr dieser Blick unangenehm war, wandte sie den Blick doch nicht ab. Ixa war zu stolz, um verlegen zur Seite zu blicken, auch wenn sie sich innerlich dazu zwingen mußte, dem Blick des Hohepriester standzuhalten.
Schließlich nickte Nertka und wandte sich um, um zu der Treppe zu gehen, die zum großen Tor führte und Ixa atmete innerlich auf.
Als er auf der obersten Stufe stand, drehte er sich um und schaute auf den Vorplatz herunter, der mehr als nur Überfüllt war.
Schließlich breitete er die Arme aus und rief seine Brüder zu sich. Alle scharrten sich um diesen Mann, der eine Ruhe und Überlegenheit ausstrahlte, der man sich kaum widersetzen konnte. Wenn er nicht, wie die Drachen selbst, keinerlei Böses in sich gehabt hätte, dann wäre dieser Mann sicherlich einer der besten Männer gewesen, um eine Revolution, oder gar einen Krieg zu führen.
Aber beides gab es auf Lavia nicht mehr. Seit der großen Dunkelheit waren die Kriege und Revolutionen verschwunden. Die große Dunkelheit hatte viele Opfer gefordert und niemandem war daran gelegen, noch mehr Menschen durch Krieg und Revolution zu verlieren, davon einmal abgesehen, hatte niemand einen Grund, derartiges zu tun.
Nertka setzte seine unglaubliche Aura für das Gute ein und das Kloster und auch deren Bewohner, kam dies mehr als nur zu gute.
„Brüder, hört mich an.“ meinte Nertka dann, als sich alle ihm zugewandt hatten. Seine Stimme war nicht laut, sondern er sprach in einem ganz normalen Ton, aber dennoch wurde seine Stimme in jedem Winkel der Lichtung vernommen.
„Wir haben hier zwei Menschen unter uns, die sich vor den Göttern von Lavia, das Eheversprechen geben wollen. Es muß eine schnelle Zeremonie werden, da unsere Gäste keine Zeit haben. Ich bitte euch, stellt euch hier und jetzt so auf, wie wir es immer tun, wenn diese Zeremonie vollzogen wird.“ verlangte Nertka und Bewegung kam in die Mönche auf der Lichtung.
Sie Bewegten sich schnell und sicher. Jeder von ihnen wußte was er zu tun hatte, oder wo sein Platz war und binnen weniger Augeblicke, war das Gewusel der Mönche wieder vorbei.
Trotz dieser Masse an Menschen, war so gut wie kein Geräusch zu hören gewesen. Sie bewegten sich äußerst geschickt und sehr leise.
Die Aufstellung, die der Hohepriester verlangt hatte, war nicht mehr als ein Spalier. Die Mönche hatten einen Gang gebildet, der von dem Eingang des Klosters begann, quer über die ganze Lichtung, direkt an Rieruk vorbei ging, an ihrem Ende eine Biegung machte und dann auf Lady Diara und die anderen zulief.
Der Gang war breit genug, um drei Menschen nebeneinander Platz zu bieten und Ixa und Sir Oontz wollten sich in Bewegung setzen, da sie ahnten, daß sie durch diesen Gang gehen mußten, aber Esröp hielt sie noch zurück.
„Wartet. Nertka ist noch nicht soweit. Wenn er ein Zeichen gibt, dann beginnen die Mönche mit einem Gesang und dann erst dürft ihr dort hindurch gehen.“ und die beiden schauten Esröp an und nickten.
Schließlich senkte Nertka seine Arme, die er erhoben hatte, als er zu sprechen begann und ein leises murmeln setzte bei den Mönchen ein. Das Murmeln war so leise, das die Worte nicht zu verstehen waren und Esröp gab den beiden einen leichten Stoß und Sir Oontz und Ixa bewegten sich auf den Anfang des Spaliers zu.
Die Mönche hatten ihre Köpfe erhoben und blickten in den Himmel, während sie dieses Murmeln von sich gaben und als die beiden den hinteren teil von der Drachendame umrundeten, wurde das Gemurmel lauter.
Sir Oontz konnte nun einige Worte verstehen, es waren Namen von den Göttern Lavias. Aber die anderen Worte waren ihm fremd. Wahrscheinlich war es eine Sprache, die schon lange keiner mehr sprach, aber von den Mönchen in Ehren gehalten wurde.
Das Gemurmel wurde lauter und verständliche Worte waren zu hören und immer noch nahm der Geräuschpegel dieser Worte zu und begannen dann, von einem Moment zum anderen, in einen Gesang überzugehen.
Auch dieser Gesang war in der gleichen Sprache, die Sir Oontz und Ixa nicht verstanden, aber die Tonlage war fröhlich und nach einen Moment später begannen die Mönche sogar in die Hände zu Klatschen.
Als sie die Treppe betraten und zu dem Hohepriester hinaufstiegen, wurde der Gesang wieder leiser und verstummte schließlich, als sie die oberste Stufe erreicht hatten.
Nertka hatte ihnen mit einem Zeichen zu verstehen gegeben, daß sie heraufkommen mögen, was sie auch taten.
Als sie oben angekommen waren, hatten sich die Mönche und auch ihre Freunde, rund um die Treppe, versammelt.
Ixa und Sir Oontz knieten sich vor diesen großen alten Mann hin und er legte seine Handfläche, au ihre Köpfe, bevor er zu sprechen begann.
„Hier bei mir, sind zwei Menschen, die sich eingestehen, zueinander zu gehören. Die bereit sind, den Rest ihres Lebens, miteinander zu verbringen. Die bereit sind, Freud, Leid, Verantwortung und alles andere, miteinander zu teilen. Ich Frage nun dich, Sir Oontz, unter den Blicken der Götter von Lavia, willst du dich dieser Frau hier, anschließen und sie gemeinsam durch den Rest ihres Lebens begleiten, so gelobe, bei den Göttern von Lavia, dies zu tun.“ verlangte der Hohepriester und Sir Oontz gelobte es.
„Und du, Ixa, unter den Blicken der Götter von Lavia, willst du dich diesem Mann hier, anschließen und ihn gemeinsam durch den Rest seines Leben begleiten, so gelobe, bei den Göttern von Lavia, dies zu tun.“ verlangte Nertka nun auch von Ixa und auch sie gelobte es.
„Wir haben hier zwei Menschen, die sich gegenseitig und bei den Göttern von Lavia, gelobt haben, gemeinsam das Leben des anderen zu gehen. Ich, Nertka, Hohepriester des Seiherie Ordens, habe das Recht und die Kraft dazu, dieses Band unlösbar zu verknüpfen und habe die Freude diese beiden Menschen als vermählt zu nennen. Jetzt müßt ihr nur noch zwei, oder mehr Zeugen, nennen, die dies, vor den Göttern Lavias bestätigen.“ verlangte Nertka zum Schluß und Sir Oontz nannte sofort Esröp, Lady Diara, Rocra, Xamoed, Ellov und die Drachendame Rieruk.
Das war mit Sicherheit etwas außergewöhnliches, er glaubte nicht, daß ein Drache schon einmal bei einer menschlichen Trauung, Zeuge gewesen war.
Ixa bestätigte diese Namen und niemand schien Überrascht darüber zu sein, das Rieruk benannt worden war, außer der Drachendame selbst.
Da die Drachendame kaum auf die Treppe kommen konnte, verlagerte Nertka kurzer Hand die weitere Zeremonie auf die Lichtung, direkt vor Rieruks Kopf.
Nachdem Nertka die Namen noch einmal genannt hatte und alle zugestimmt hatten, sprach der Hohepriester weiter.
„So schwört, bei den Göttern von Lavia, dieser Zeremonie beigewohnt zu haben und Zeugen des Zusammenschluß dieser beiden Menschen geworden zu sein.“ verlangte er und die angesprochenen schworen.
„Nun, damit ist die Vermählung abgeschlossen. Ich gratuliere euch beiden.“ meinte Nertka zum Schluß und ein Ohrenbetäubendes Hochgerufe erklang, aus zweihundert Mündern gleichzeitig.
Ixa und Sir Oontz bedankten sich bei dem Hohepriester, daß er sie so kurz Entschlossen zu Mann und Frau gemacht hatte und begaben sich dann wieder auf den Rücken des Drachen, bei dem sie sich besonders bedankten.
Nachdem alle wieder auf den Drachenrücken aufgestiegen waren, warteten sie noch auf Esröp, die sich noch einen Moment mit Nertka unterhielt.
„Es hat begonnen.“ es war mehr eine Feststellung, statt eine Frage, von Nertka, aber Esröp antwortete trotzdem.
„Ja. Es hat schon begonnen, kurz, nachdem die Reise begonnen hatte. Aber gestern war es am schlimmsten. Wir waren mittendrin, eingekreist, von den Kreaturen der Finsternis und wäre Diaras Kraft nichtgewesen, dann würden wir uns wohl kaum Unterhalten können.“ und Nertka nickte bedächtig.
„Paß gut auf unsere Freunde auf, Munital Seiherie und viel Glück.“ bat der Hohepriester des Seiherie Ordens, wandte sich dann um und ging zurück in das Kloster.
Nertka war auch ein Zauberer. Nicht ganz so mächtig wie Gnilowr, aber er verstand einiges davon. Nertka war sehr viel älter, als er aussah, er war sogar älter, als die Dunkelheit und wenn Esröp richtig rechnete, dann war Nertka so um die zweitausend Sommer alt.
Sie hatten zusammen viele Tage, Monate und Sommer, zusammen auf Lavia verbracht, aber irgendwann war diesem stolzen aufrichtigem Mann, daß herumwandern zu langweilig geworden.
Er wußte natürlich was Esröp früher wirklich gewesen war und nur er sprach sie mit ihrem richtigen Namen an.
Aus einer Laune heraus, hatte er vor langer Zeit dieses Kloster gegründet, er wollte einen Ort der Ruhe, des Friedens und der Abgeschiedenheit schaffen, in dem die Menschen Zuflucht, oder auch einfach nur ein Zuhause sehen konnten.
Er lehrte in seinem Kloster die Kräuterkunde, lehrte seinen Jüngern, wie sie aus den Kräutern Tränke machen konnten, die heilten, oder auch nur Entspannten oder auch aufputschten. Und er lehrte ihnen die Geschichte der Götter Lavias.
Die meisten dieser Leute, es waren nicht nur Männer, sondern auch Frauen darunter, blieben in diesem Kloster, aber einige von ihnen zogen auch wieder auf Wanderschaft, um ihre Künste in der Heilung der Menschen, weiter zu geben.
Nertka war nicht Unsterblich, bei weitem nicht, aber durch seine Zauberkünste und den Kenntnissen in der Kräuterkunde und der Tränke Zubereitung, hatte er sein Alterungsprozeß verlangsamt und genoß es, sein Wissen weiter zu geben.
Nertka kannte selbstverständlich auch die Tränke, mit denen man sich die Menschen gefügig machen, oder vergiften konnte, aber dieses Wissen behielt er für sich und gab es niemals Preis.
Esröp wandte sich schließlich von dem Kloster ab, in das sich die Mönche nun zurück zogen und kletterte schnell auf den Rücken des Drachen.
Kaum das Esröp sich gesetzt hatte, schwang der Drache sich mühsam in die Höhe, da er seine Schwingen nicht vollständig ausbreiten konnte und hatte so seine Probleme, an Höhe zu gewinnen.
Aber schließlich hatte Rieruk das Kloster unter sich, spannte ihre Flügel zur vollen breite aus, schlug einmal kräftig und binnen eines Augenblicks, war das Kloster und der kleine Wald, nicht mehr zu sehen.


Zwölf

Ist es nicht paradox, daß an dem Tag, an dem wir feststellen mußten, daß die Dunkelheit bereits auf Lavia Einzug hält und die Bewohner einer ganzen Stadt vernichtet hat, daß an dem Tag eine Hochzeit stattfindet und das Glück zweier Menschen ihren Lauf nimmt? Kann ich das jetzt als gutes Zeichen für die kommende Zeit sehen, oder muß ich darum bangen, daß dieses Glück nicht lange halten wird und durch die Dunkelheit zerstört wird?


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 48. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Wie Esröp es sich gedacht hatte, war der Weg von dem Kloster, bis zur Küste Noitisop, für Rieruk nichts weiter als ein kleiner Hüpfer.
Kaum das die Drachendame sich in die Lüfte geschwungen hatte, setzte sie auch schon wieder zur Landung an.
Esröp hatte zwar einen Segler besorgt, aber die Mannschaft, sowie auch der Kapitän, befanden sich in der Stadt und warteten auf sie.
Sie hatte die letzte Stadt, in die sie gegangen waren, um Unterschlupf vor dem Regen zu finden, nicht vergessen. Denn statt des Unterschlupfes, hatten sie das Grauen gefunden und das wollte sie so schnell nicht wieder erleben.
Esröp dachte einen Moment nach und wandte sich dann an die Drachendame.
Sie wußte, daß die Drachen Schwingungen der Magie, egal welcher Art, auffangen konnten.
< Rieruk, kannst du irgendwelche schwarzmagischen Schwingungen spüren? Hier, oder in der Stadt? > wandte sie sich gedanklich an den Drachen.
< Nein, hier scheint alles in Ordnung zu sein. Auch die weiße Magie von Lady Diara, scheint im Moment ruhig zu sein. > klärte Rieruk Esröp auf, nachdem die Drachendame sich eine geraume Zeit Konzentriert hatte.
„Also, alles Absteigen. Ihr könnt schon mal zum Strand gehen. Da muß irgendwo ein Ruderboot liegen, daß uns zum Segler bringen wird. Die Sachen könnt ihr schon verstauen. Ich werde mich in die Stadt begeben und den Kapitän und seine Mannschaft holen. Die warten auf mich. Es dauert nicht lange.“ wandte Esröp sich an die anderen und ging dann mit raschen Schritten auf das Stadttor zu.
Obwohl Stadttor etwas übertrieben war, da Noitisop eher einem größerem Dorf glich, denn einer Stadt.
Wie jedes größere Dorf, oder auch Stadt auf Lavia, hatte auch Noitisop einen Wall, um sich und zwei Eingänge, oder Ausgänge, daß kam auf die Perspektive an. Aber diese Wälle hatten lediglich einen Traditionellen Grund.
Früher, vor der großen Dunkelheit, wurden alle Städte mit Wällen umgeben, um sich zu schützen und in der heutigen Zeit, baute man die Wälle, weil sie dem Dorf, oder auch der Stadt ein ganz anderes Bild gaben. Aber die Wälle boten auch heute noch Schutz, zum Beispiel gegen die Winde, die bei einem Sturm doch recht stark waren und an den Wällen gebrochen wurden, so daß sie keinen größeren Schaden anrichten konnten.
Während Esröp sich in das Dorf begab, hier und auch schon in der nähe des Walles und des Strandes, konnte man genau sehen, wovon die Bewohner lebten, überall hingen Fischernetzte, machten sich die anderen daran, das Gepäck vom Rücken der Drachendame herunter zu nehmen.
Von ihrem Standpunkt aus, war das Boot, wovon Esröp gesprochen hatte, nicht zu sehen. Sir Oontz und Xamoed, machten sich daher auf den Weg und begannen am Strand, nach diesem Ruderboot zu suchen.
Hier am Wasser, war es ziemlich windig und auch erheblich kühler, als mitten in Lavia selbst, aber das machte Sir Oontz nicht sehr viel aus. Es würde auch nicht mehr lange kühl bleiben, da der Morgen bereits dämmerte und die orangerote Sonne, ihre Strahlen schon über das Land schickte.
So, wie Sir Oontz und Rocra, vor kurzem noch den Sonnenuntergang beobachtet hatten, so beobachtete er nun, den Sonnenaufgang.
Orangerote Lichtreflexe tanzten auf dem Wasser und brachen sich an den Wellen und erneut überkam Sir Oontz dieses seltsame Romantische Gefühl.
Er hatte wieder diese Verlangen, nach Ixa zu rennen und sie in die Arme zu nehmen, aber er zwang sich zur Ruhe und als Xamoed ihn anstieß, auch er konnte solch einem Sonnenaufgang etwas Romantisches Abgewinnen, suchten sie weiter nach dem Ruderboot.
Es war noch ziemlich still hier, aber nicht so still, daß es Gefahr bedeutet hätte, sondern solch eine stille, die immer morgens herrschte, bevor die Menschen erwachten und ihrer Arbeit nachgingen.
Nur das leise plätschern der Wellen, die an den Strand rollten, war zu hören und alles zusammen, vermittelte eine friedliche und ruhige Oase des Friedens, aber sie wußten, daß dieser Frieden trügerisch war, sie hatten es selbst erlebt.
Schließlich fanden sie das Boot, als Xamoed über ein Seil stolperte und der länge nach in den Sand fiel.
Ein Pflock war in den Strand getrieben worden, an dem sich das Seil befand und hinaus auf das Meer führte, aber nicht sehr weit.
Es war ein großes Boot und eigentlich nicht zu übersehen gewesen, aber vielleicht gerade, weil es so groß war, hatten sie es übersehen, vielleicht auch nur, weil sie mit ihren Gedanken ganz woanders waren.
„Da passen ja dreimal so viele von uns rein.“ stellte Xamoed fest und Sir Oontz nickte nur und bückte sich nach dem Seil.
„Komm, hilf mal mit. Wir ziehen es an Land, dann können wir schon die Sachen einpacken.“ verlangte Sir Oontz und Xamoed bückte sich ebenfalls nach dem Seil und gemeinsam zogen sie das Boot an den Strand.
Allerdings war das Boot zu groß und auch zu schwer, als das sie es ganz an Land hätten ziehen können, daher begnügten sie sich damit, daß etwas mehr als die Spitze des Bootes auf dem Sand lag und banden das Seil so an dem Pflock fest, daß es nicht zurück ins Wasser gleiten konnte.
Als Sir Oontz und Xamoed zu den anderen zurückkehrten, stellten sie fest, daß diese ihre Sachen bereits auf den Rücken geschnallt hatten und nur darauf gewartet hatten, daß sie ihnen das Boot zeigten, damit sie ihre Last loswerden konnten. Auf einen Wink von Sir Oontz, kamen die anderen heran und Xamoed und Sir Oontz, führten sie zu dem Boot.
Keiner von ihnen sagte ein Wort, sie wußten nicht, was sie hätten sagen sollen und schweigend überquerten sie den Strand und kamen zu dem Boot.
Sir Oontz kletterte hinein und nahm die Sachen entgegen, die ihm gereicht wurden, um sie dann so zu verstauen, damit sie nicht im Weg lagen. Als schließlich alles verstaut war, sprang er wieder aus dem Boot heraus und gesellte sich zu den anderen an den Strand.
Sie warteten jetzt nur noch auf Esröp und den Kapitän und seine Mannschaft, um ihre Reise weiter zu führen.
„Wißt ihr, was wir vergessen haben?“ wollte Ellov wissen, der plötzlich etwas eingefallen war.
„Was?“ fragte Lady Diara nach.
„Ich denke, wir sollten uns noch bei Rieruk verabschieden. Wer weiß, wann wir sie wiedersehen.“ erwiderte Ellov und schaute die anderen an.
„Du hast recht. Die Drachendame hat ein recht darauf. Schließlich hat sie uns hier her gebracht und uns auch schnell aus der anderen Stadt herausgebracht.“ meinte Sir Oontz und spielte auf das Erlebnis mit den Kreaturen der Dunkelheit an.
Alle nickten zustimmend und fanden es irgendwie seltsam, daß sie nicht von selbst darauf gekommen waren, daß sie es nicht für selbstverständlich hielten, sich zu verabschieden.
Waren sie schon soweit abgestumpft, daß sie alles für selbstverständlich hinnahmen, wenn ihnen jemand half, egal ob es nun ein Mensch, oder Drache, oder sonst etwas war? Scheinbar ja, aber vielleicht waren sie auch nur viel zu aufgeregt und voller Anspannung, was ihre weitere Reise anging, so daß sie es nur vergessen hatten.
Aber wie dem auch sei, manchmal ist es besser sich später zu bedanken, oder zu Entschuldigen, oder was auch immer, als nie.
Wiederum gingen sie schweigend über den Strand und zurück zu der Drachendame, die immer noch dort lag, wo sie gelandet war. Sie war weit genug von der Stadt entfernt, so daß ein zufälliger Beobachter, den Leib des Drachen, vielleicht als einen Berg ansehen mochte, denn so gewaltig war dieser Drachenkörper, daß er den Anschein erweckte, vor einem Berg zu stehen.
Es war nur eine kurze Zeit gewesen, in der sie auf dem Drachen –geritten- waren, aber jeder für sich, hatte die Drachendame, auf seine Art ins Herz geschlossen.
Da Sir Oontz sich allerdings intensiver mit der Drachendame beschäftigt hatte, übernahm er das Reden, zumindest den Anfang.
„Rieruk? Schläfst du?“ wollte Sir Oontz wissen, da sie ihren gigantischen Kopf, auf die Seite gelegt und die Augen geschlossen hatte.
„Ich schlafe niemals, ich ruhe nur.“ erwiderte die Drachendame, öffnete aber weder die Augen, noch bewegte sie sich.
„Entschuldige bitte, wenn wir dich stören, aber ab hier trennen sich unsere Wege und wir wollten uns von dir verabschieden.“ sprach Sir Oontz weiter und jetzt öffnete die Drachendame ihre Augen.
„Ihr wollt euch verabschieden?“
„Natürlich, daß gehört sich doch so und uns auch bei dir bedanken, denn es ist ganz und gar nicht selbstverständlich, daß du uns hier her gebracht hast.“ erklärte Lady Diara und trat dicht an den Drachenkopf heran.
Rieruk bewegte sich immer noch nicht, aber ihr Auge blinzelte verwirrt.
„Warum ist es nicht selbstverständlich? Ist es nicht normal, daß man sich untereinander hilft? Tut ihr das nicht?“ wollte die Drachendame wissen und jetzt war es Lady Diara, die verwirrt schaute.
„Ja und nein. Es gibt viele Menschen, die sich untereinander helfen, auch fremden gegenüber, aber es gibt auch Menschen, die sich nur um ihre eigenen Dinge kümmern und niemandem helfen, aber meistens ist die Hilfe untereinander nicht umsonst. Und es gibt nur ganz wenige Menschen, für die ist es selbstverständlich, andern zu helfen, die Hilfe nötig haben.“ versuchte Lady Diara zu erklären.
Rieruk schwieg einige Zeit, es schien so, als wenn sie über etwas nachdachte, dann hob sie ihren Kopf und schaute auf die kleinen Menschen herab.
„Ihr Menschen seid mir zu Kompliziert. Alle brauchen mal bei irgend etwas Hilfe, aber niemand bietet diese Hilfe freiwillig und uneigennützig an. Man kann anderen damit eine Freude bereiten und sich selbst auch. Ich muß ehrlich sagen, ich bin froh, daß ich kein Mensch bin.“ gestand die Drachendame und den kleinen Menschen blieb nichts weiter übrig, als darüber zu lachen.
Aber sie lachten die Drachendame nicht aus, oder über sie, sondern, über das, was sie gesagt hatte. Rieruk wußte zwar nicht, was daran lustig sein sollte, aber sie beließ es dabei und legte, mit einem kurzen Kopfschütteln, ihren Kopf, wieder auf den Boden.
„Na ja, wie dem auch sei. Wir wollten uns bei dir bedanken, daß du uns hier her gebracht hast und uns verabschieden. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“ begann Sir Oontz noch einmal einen Abschied und legte seine flache Hand, auf die Schnauze der Drachendame. Er hoffte nur, daß sie jetzt nicht Niesen mußte, denn dann würde er unweigerlich weit hinaus aufs Meer geschleudert werden.
Die anderen taten es ihm nach und traten dann ein paar Schritte zurück, damit die Drachendame sie alle zusammen im Blickfeld hatte.
„Lebt wohl, meine Freunde und gebt gut auf Lady Diara acht, oder auch umgekehrt, ganz nach belieben.“ und wieder mußten diese kleinen Menschen lachen und begaben sich dann zurück zu dem Ruderboot.
Sir Oontz begann langsam unruhig zu werden. Esröp hatte gesagt, daß sie nur den Kapitän und seine Mannschaft holen wollte, da sie auf sie warteten. Wenn dem so wäre, dann hätte der Kapitän jederzeit abreisefertig sein müssen. Es dauerte ihm eindeutig zu lange und langsam begann er mit dem Gedanken zu spielen, in die Stadt zu gehen und nach Esröp zu suchen.
Mit einem Seitenblick vergewisserte sich Sir Oontz, daß Lady Diara ruhig und entspannt dastand und keinerlei Anzeichen ihrer Kraft zu sehen war.
Lady Diara stand ganz entspannt da und lächelte sogar ein wenig, also gab es keinerlei Anzeichen für schwarze Magie und damit für diese dunklen Kreaturen.
Sir Oontz begann unruhig zu werden und er sah, daß es Rocra und Xamoed ebenso erging. Irgend etwas stimmte da nicht und von einem inneren Drang getrieben, bat er die Frauen sich schon einmal in das Boot zu setzen.
Er sprach in einem ganz normalen ruhigen Ton, aber sein Gesichtsausdruck sagte etwas anderes und ohne ein Widerwort, kletterten die Frauen in das Boot und setzten sich so hin, daß sie nicht im Wege waren, wenn die anderen ebenfalls ins Boot kletterten.
„Das dauert mir eindeutig zu lange.“ flüsterte Rocra Sir Oontz und Xamoed zu und beiden nickten nur.
„Sollen wir nachsehen?“ wollte Xamoed wissen, aber Sir Oontz schüttelte den Kopf.
„Noch nicht, vielleicht kommt sie ja gleich. Vermutlich schlafen die Männer noch und sie muß sie erst wecken.“ stellte Sir Oontz eine Vermutung an, aber so ganz wollte er selbst nicht an seine Worte glauben, aber die anderen sagten nichts dazu.
Es verging einige Zeit, in der die Sonne von einem dunklem Orange, zu einem sehr hellem Orange, schon fast gelb geworden war und gerade, als Sir Oontz sich entschlossen hatte, nach Esröp zu sehen, kam diese ihnen entgegen.
Aber Esröp rannte und das war alles andere als normal. Sir Oontz mußte sich eingestehen, daß Esröp, trotz ihres hohen alters, noch sehr flink auf den Beinen war. Sie schien sich ziemlich verausgabt zu haben, denn ich Gesicht war verzerrt vor Anstrengung und Schweiß glänzte auf ihrer Stirn.
In dem lockerem Sand, wurde Esröp deutlich langsamer und wenn Xamoed nicht gedankenschnell reagiert hätte, dann wäre sie der Länge nach auf den Boden geschlagen, als sie ins stolpern geriet.
„Bringt... das Boot... zu Wasser. Schnell.“ keuchte sie abgehackt und versuchte zu dem Boot zu gehen, sackte aber schon nach dem zweiten Schritt entkräftet zusammen, so daß Xamoed erneut zugreifen mußte. Er nahm sie einfach auf den Arm und legte sie in das Boot, wo sich die drei Frauen sofort um sie kümmerten.
„Was...“ begann Sir Oontz eine Frage zu stellen, wurde aber sofort von einer herrischen Geste Esröps unterbrochen.
„Später. Das Boot ins Wasser, schnell.“ meinte Esröp noch einmal und ein gehetzter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.
Das allein, war für Sir Oontz Grund genug, ihrem Wunsch sofort nachzukommen.
„Xamoed, das Seil ab und dann das Boot zu Wasser.“ befahl Sir Oontz sofort und begann auch gleich darauf, das Boot in Richtung Wasser zu schieben. Rocra eilte ihm zu Hilfe und kurz darauf kam auch Xamoed, er hatte schlichtweg den Pflock aus dem Boden gerissen, ohne sich lange die Mühe zu machen, das Seil zu entknoten und gemeinsam schoben sie das große Boot ins Wasser.
Es war schwer, denn mit dem zusätzlichem Gewicht der vier Frauen an Bord, lag es etwas tiefer im Wasser und der Rumpf scheuerte noch ein ganzes Stück über den Sandigen Boden.
Aber schließlich hatten sie es weit genug draußen, daß es frei schwamm und die drei Männer sprangen, fast gleichzeitig, in das Boot.
Ohne lange zu Überlegen, schnappten sie sich jeder ein Paddel und begannen zu Rudern. Durch die Kraftvollen Züge, die sie machten, entfernte sich das Boot schnell vom Strand, aber anscheinend nicht schnell genug und jetzt sahen sie auch den Grund, warum Esröp so gehetzt wirkte.
Eine Horde von vielleicht zwanzig Männern, stürmte über den Strand und alle schwangen Schwerter, oder andere Gegenstände, die sie als Waffen benutzen konnten.
Sie schrieen und grölten und schienen wütend zu sein und als sie das Boot sahen, rannten sie in das Wasser und wollten ihnen hinterher. Sir Oontz konnte im ersten Moment nicht verstehen was sie riefen, aber als er sich darauf Konzentrierte, verstand er einige Wortfetzen.
„... da ist die alte...“ „... macht sie nieder...“ „... wir wollen dich hängen sehen...“ „... komm sofort wieder her...„ und noch einiges mehr, aber das überhörte er geflissentlich und blickte Esröp einen Moment lang fragend an, aber dann schaute er wieder zu dieser Meute von grölenden Männern, die nicht sehr vertrauenserweckend aussahen.
Obwohl sie kraftvoll ihre Paddel in das Wasser stachen, schienen sie doch plötzlich nicht mehr so schnell von der Stelle zu kommen.
Der Wellengang, wurde etwas stärker, als sie ein gutes Stück vom Strand entfernt waren und die Wellen schoben sie jedesmal, wenn sie einen kraftvollen Zug getan hatten und sich ein Stück entfernten, genau die Hälfte dieses Stückes, wieder zurück, so als wenn das Meer der Meinung sei, daß sie sich mit den Männern auseinander setzen sollten.
Der Strand war flach und zog sich lang hin, bis er irgendwann steil abfiel und dieses Flache Stück, hatten Sir Oontz und die anderen noch nicht hinter sich und vier dieser Männer, kamen hinter ihnen her.
Sie hüpften mehr, als das sie gingen, aber sie kamen immer näher.
„Schneller.“ rief Sir Oontz Rocra und Xamoed zu, aber zwei dieser Kerle, kamen bis auf Armeslänge heran und schrieen immer wieder, daß sie sie alle umbringen würden.
Sir Oontz hatte kein Interesse daran, dies heraus zu finden, nahm kurzer Hand sein Paddel aus dem Wasser und hieb den beiden Männern, in schneller Folge, das Paddel auf den Kopf.
Auch wenn die Schläge nicht richtig trafen, so taten sie doch ihre Wirkung. Die Männer sahen, daß Sir Oontz, mit dem Paddel nach ihnen schlug und wollten sich ducken. Aber anscheinend, hatten sie vergessen, daß sie sich im Wasser befanden, mittlerweile stand ihnen das Wasser bereits bis zur Brust und in dem Moment, als sie sich duckten, tauchten ihre Köpfe unter Wasser, womit sie anscheinend nicht gerechnet hatten.
Fast im gleichen Moment kamen sie prustend wieder hoch und in diesem Moment traf der Paddel sie. Der Schlag war nicht stark ausgeführt worden und sollte lediglich dazu dienen die Männer zu beschäftigen, was Sir Oontz auch gelungen war.
Und endlich wechselte das flache Stück, das zum Strand hinauf führte, sich mit der tiefen dunklen See ab.
Die schreienden Männer blieben zurück und mit jedem Paddelschlag, glitt das Boot weiter auf das Meer hinaus und Sir Oontz, so wie auch die anderen, hatte nicht die geringste Ahnung, wohin er paddelte, aber Esröp nahm ihnen diese Entscheidung ab.
„Wir müssen an den Klippen da hinten vorbei. Dahinter liegt das Segelschiff. Es liegt ziemlich weit draußen.“ erklärte Esröp und ließ sich schwer aufatmend, zurück sinken.
Esröp mußte schon eine ganze Zeit lang, ziemlich stark gerannt sein, denn ihre Brust hob und senkte sich immer noch in rascher folge und versuchte ihre Lungen wieder mit Luft zu füllen.
Sir Oontz wollte Esröp fragen, warum die Männer so aufgebracht gewesen seien, aber er verschob die Frage auf einen späteren Zeitpunkt, wenn sie an Bord des Seglers und unterwegs waren.
Schweigend saßen sie da und die drei Männer stachen kraftvoll ihre Paddel in das Wasser und das Boot glitt rasch voran, genau auf die Klippen zu, von denen Esröp gesprochen hatte.
Als sie schließlich um die Klippen herum waren, sahen sie das Segelschiff. Es war noch ein gutes Stück entfernt, aber Sir Oontz konnte sehen, daß es ein Dreimaster war und wenn sie unter vollen Segeln fuhren und der Wind günstig stand, dann würden sie recht zügig voran kommen.
Langsam näherten sie sich dem Schiff, aber was Sir Oontz etwas verwirrte, war, daß er keine Menschenseele an Bord sehen konnte, zumindest war niemand auf Deck zu sehen.
Erst als sie mit dem Ruderboot an dem Schiff anstießen, was ein vernehmliches Poltern zur folge hatte, erschienen drei Gesichter über der Reling und schauten nach unten.
„Das wurde aber auch mal Zeit, daß ihr hier auftaucht. Ich hätte nur noch heute gewartet und dann wäre ich wieder abgefahren.“ wurden sie begrüßt und eine Strickleiter wurde heruntergelassen, damit sie an Bord gehen konnten.
Als sie auf Deck waren und sich umgesehen hatten, bemerkte Sir Oontz, wie ruhig es auf dem Schiff war.
„Es ist früh am Morgen und die Sonne scheint und solch ein großes Schiff muß doch viel Besatzung haben. Wo sind die anderen?“ wollte Sir Oontz schließlich wissen, als sich auch nach einiger Zeit, in der sie ihr Gepäck aus dem Boot heraufgebracht hatten, niemand an Deck sehen ließ.
„Nun, wir drei sind die einzigsten hier. Eure Freundin hier, “ damit wies der Kapitän auf Esröp, „wollte, daß ich nur alleine das Schiff steuere, aber ich alleine kann kaum die Segel setzen, das Steuer halten und auch noch Navigieren und dann hat sie gesagt, daß ich nur zwei Mann zusätzlich mitnehmen sollte. Na ja, sie hat einen schönen Preis gezahlt. Aber erst einmal herzlich willkommen auf meinem Schiff. Ich bin Kapitän Odar und diese beiden sind Eleips und Mor.“ begrüßte sie der Kapitän und Esröp stellte sie der Reihe nach vor.
Als die Formalitäten schließlich beendet waren, zeigte Kapitän Odar ihnen ihre Unterkünfte.
Unterkünfte waren zuviel gesagt. Lediglich die Damen erhielten zwei Kabinen, die sie sich jeweils zu zweit teilen mußten. Die Männer mußten mit Hängematten vorlieb nehmen, die an den Wänden hingen.
Weder Lady Diara, noch Ellov, noch Ixa, noch Sir Oontz, oder einer der anderen, war mit dieser Aufteilung zufrieden, aber nichts desto trotz, nahmen sie sie hin und nachdem sich alle etwas frisch gemacht hatten, gingen sie wieder an Deck.
Das Schiff lag noch immer da, wo es war, als sie es betreten hatten und Sir Oontz schien darüber etwas verwundert zu sein, denn er nahm an, daß sie sofort ablegen würden, sobald sich die Gäste an Bord befanden.
Er entdeckte den Kapitän am hinteren Teil des Schiffes, wo er vor einem gewaltigen Ruder stand. Der Kapitän schien ihn gar nicht wahr zu nehmen, denn er schaute unverwandt zu den Masten hoch und als Sir Oontz seinem Blick folgte, sah er, wie die beiden anderen Männer, dort oben herumturnten.
Es sah Faszinierend aus, die beiden Männer dort oben, so leichtfüßig herumklettern zu sehen, aber Sir Oontz wußte auch, wie gefährlich dies war, wo doch jeder falsche Tritt, den Tod bedeuten konnte.
Schließlich wandte er sich von dem Bild ab und wandte sich dem Kapitän zu.
„Wenn ich es richtig deute, dann werden wir Segel setzen?“
„Genau. Tut mir leid, daß wir nicht schon unterwegs sind, aber mit nur zwei Männern dauert es alles etwas länger. Aber keine Sorge, sobald die beiden dort oben das erste Segel gesetzt haben, werden wir uns von der Stelle bewegen. Zwar nur langsam, zuerst, aber wir werden voran kommen.“ erklärte der Kapitän und nicht einmal wandte er die Augen von seinen Männern.
„Gut. Habt ihr hier eine Feuerstelle, an der man Kochen kann?“ wollte Sir Oontz wissen und der Kapitän nickte.
„Wenn ihr zu den Unterkünften geht, dann ist auf der rechten Seite eine Tür, ohne Griff. Es ist eine Schwingtür und dort befindet sich die Kochstelle.“ gab der Kapitän Auskunft und Sir Oontz bedankte sich.
In der Zwischenzeit waren auch die anderen auf dem Deck erschienen und Sir Oontz bat, Ixa und Ellov, mit ihm zu kommen.
Während Sir Oontz den beiden Frauen die Küche auf dem Schiff zeigte, gingen Lady Diara und Esröp nach vorne, zum Bug des Schiffes und schauten auf das Meer hinaus.
Rocra und Xamoed, folgten den beiden, blieben aber soweit zurück, daß sie die beiden Frauen nicht störten.
Lady Diara wollte gerade etwas sagen, als es einen Knall gab und die vier sich duckten und herumwirbelten.
Erst nach einigen Augenblicken, wurde Rocra bewußt, daß es die Segel waren, die so geknallt hatten, als sie plötzlich abgerollt und sich in dem Wind gespannt hatten.
Dieses Knallen erfolgte noch sechs mal und mit jedem Knallen, nahm das Schiff mehr Fahrt auf, bis es schließlich sehr schnell, durch das Meer glitt.
„Wie lange werden wir unterwegs sein?“ wollte Lady Diara schließlich von Esröp wissen.
„Wenn wir weiterhin solch guten Wind haben und nichts unvorhergesehenes dazwischenkommt, dann denke ich, werden wir es in nicht ganz einem Monat schaffen.“ gab die alte Wahrsagerin bereitwillig Auskunft.
„Wenn wir einen Monat dafür benötigen, warum haben wir dann nicht Rieruk genommen und sind auf ihrem Rücken zu dieser Insel geritten?“ wollte Lady Diara weiter wissen.
„Ich hätte nichts lieber als das getan, Lady Diara, daß könnt ihr mir Glauben. Ich finde es auch nicht sonderlich beruhigend, ungeschützt über diese weiten des Meeres zu Fahren. Sicherlich legt Rieruk in kurzer Zeit, eine Strecke zurück, für die wir normalerweise einen Monat benötigen, aber das Problem liegt darin, daß die Insel mitten im Meer liegt und weit und breit ist nirgendwo anderes Land zu sehen. Egal, in welche Richtung ihr Segelt, müßt ihr erst einen, oder mehrere Monate unterwegs sein, bevor ihr wieder auf Land trefft. Die Sache ist die, daß Rieruk zwischendurch eine Pause einlegen muß, da ihre Kräfte nicht unerschöpflich sind, daß geht aber nicht, wenn sie zu dieser Insel fliegen würde. Sie würde ins Meer fallen und ertrinken und wir dazu, sollten wir zu diesem Zeitpunkt auf ihrem Rücken sein. Nicht gerade angenehm, daher nehmen wir das Schiff.“ klärte Esröp Lady Diara auf.
„Ich dachte Rieruk sei Unsterblich?“ fragte Lady Diara nach und Esröp nickte.
„Ist sie auch, ebenso wie ich, aber ihr seid es nicht, ebensowenig, wie Sir Oontz, Ellov und die anderen.“
„Das Leuchtet ein.“ gestand Lady Diara und verfiel in Schweigen und Nachdenken.
„Esröp? Könnte ich dich mal sprechen?“ erklang die Stimme von Sir Oontz und Esröp entschuldigte sich bei Lady Diara.
Lady Diara blickte ihr nach und als sie Rocra und Xamoed sah, winkte sie die beiden zu sich und bat darum, daß sie ihr Gesellschaft leisteten, da sie nicht alleine bleiben wollte und die beiden taten ihr selbstverständlich den Gefallen.
„Was liegt an?“ wollte Esröp von Sir Oontz wissen und dieser bat sie ein paar Schritte mitzukommen.
„Warum waren die Männer am Strand vorhin hinter dir her?“ wollte Sir Oontz dann wissen und schaute Esröp an.
„Das ist relativ einfach. Diese Männer waren die Besatzung dieses Schiffes. Ich habe dafür gesorgt, wie der Kapitän schon gesagt hatte, daß nur er und zwei weitere Männer, seiner Mannschaft, mit auf die Reise gehen sollten. Dafür habe ich auch viel gezahlt. Nun, der Kapitän mußte diesen Männern nun sagen, daß sie nicht mit dabei seien und wer nicht mit auf die Reise geht, bekommt auch keinen Lohn. Ich bin ja in das Dorf gegangen, um den Kapitän zu holen und als ich die Gaststube betreten habe und nach ihm gefragte hatte, haben mich zwei dieser Männer erkannt und wollten ihren Ärger, über das verloren gegangene Geld, an mir auslassen. Ich bin schon lange nicht mehr so schnell gelaufen und mit einigen Haken und verschiedenen Wegen durch die Stadt, hatte ich sie für einen Augenblick abgehängt, nun ja, den Rest hast du ja selbst erlebt.“ erklärte Esröp schmunzelnd und Sir Oontz schaute sie nachdenklich an.
„Das war alles?“ fragte er schließlich doch nach, da er sich nicht vorstellen konnte, daß Esröps Erzählungen wahr sein sollten.
„Wenn dir das nicht gereicht hat, dann kannst du ja zurück schwimmen und selbst nachfragen. Also, mir hat’s gereicht.“ erwiderte Esröp und schien verärgert zu sein.
Mit recht, wie Sir Oontz eingestehen mußte, er hatte kein recht an den Aussagen von Esröp zu zweifeln, aber dennoch wollte er einmal mit dem Kapitän sprechen, ob seine Männer wirklich so ungehalten sein konnten. Aber nicht nur, um sein eigenes Gewissen zu beruhigen, sondern, weil er auch wußte, daß Esröp in der Vergangenheit vieles verschwiegen, oder auch verdreht hatte.
Er vertraute dieser Uralten Frau, zumindest, bis zu einem gewissen Grad. Es stand hier viel zu viel auf dem Spiel, als das er sich nicht Gedanken über so manche dinge machen mußte.
Aber er verschob sein Gespräch mit dem Kapitän, auf einen späteren Zeitpunkt, der Kapitän würde ihm ja nicht weglaufen.
Die beiden Männer, die auf den Mästen herumgeklettert waren, um die Segel zu setzen, waren bis zum Mittag damit fertig und waren vollkommen erschöpft.
Nachdem sie sich an dem Mittag beteiligt hatten, das Ellov und Ixa bereitet hatten, zogen sie sich zurück, um wieder zu Kräften zu kommen.
Das Schiff entfernte sich immer mehr von der Küste und am frühen nachmittag war überhaupt kein Land mehr zu sehen, nur noch diese unendliche Weite des Meeres und Sir Oontz wollte gar nicht so recht daran Denken, wenn ihnen hier etwas geschehen sollte.
Wer würde sie dann retten? Was für Kreaturen mochten wohl, hier in diesen tiefen, wohnen? Wer würde dann Lavia retten, aber diese Gedanken schob er weit von sich.


Dreizehn

Unendliche Weiten voll Wasser. So weit das Auge blicken konnte, war nichts weiter zusehen, als dieses unendliche Meer.
Ich wußte, daß Lavia größer ist, als nur Nevaeh, oder eines der anderen Länder, die ich kenne, aber niemals habe ich damit gerechnet, daß es so groß ist. Wie Esröp sagte, ein Gigantischer Planet und viele Teile sind noch lange nicht Erforscht und werden es wohl auch niemals.
Aber egal, wie groß Lavia auch sein mag, für mich scheint er im Moment viel zu klein.


Lady Diara Sky´s - Reisetagebuch 78. Tag
Auszug aus Sky´s Chroniken


Tag für Tag glitt das große Segelschiff durch das Meer. Das Wetter war ihnen bisher gut gesonnen gewesen. Ständig wehte ein starker Wind, der das Schiff schnell vorantrieb und meistens schien die Sonne.
Nur drei, oder vier mal hatte es geregnet, aber davon hatten sie nicht viel mitbekommen, da sie sich meistens unter Deck befanden.
Sie hatten nicht viel zu tun, gelegentlich halfen Sir Oontz, Rocra und Xamoed, dem Kapitän und seinen beiden Männern, bei den Arbeiten an und auf dem Schiff, aber die meiste Zeit saßen sie nur herum und unterhielten sich.
Rocra und Sir Oontz tauschten fast ihr ganzes leben aus und wurden in dieser Zeit richtige Freunde. Nicht zuletzt deswegen, weil sie bereits zusammen die dunklen Kreaturen bekämpft hatten.
Xamoed war zwar auch anwesend gewesen, aber Sir Oontz fand nicht so richtig den Draht zu ihm. Vielmehr unterhielt Xamoed sich viel mit Esröp und Lady Diara, die sich immer mehr und mehr zu ihm hingezogen fühlte.
Sie wußte zwar nicht genau warum, aber sie wehrte sich auch nicht dagegen, vielleicht aber auch deswegen, weil Xamoeds Seele, sehr viel Sensibler war, als es von außen den Anschein hatte.
Xamoed war sehr Romantisch veranlagt und schrieb auch Gedichte, von denen er den Frauen, meistens aber nur Lady Diara, vorlas, manchmal aber auch, aus dem Stehgreif heraus, einfach ein Gedicht ersann.
Tag für Tag verging so und an manchen Tagen schien die Zeit still zu stehen, so als wenn der Tag überhaupt nicht mehr enden wolle, aber schließlich rief einer der Seemänner, die der Kapitän regelmäßig seit drei Tagen in den Ausguck schickte, der sich hoch oben auf dem größten Mast befand, daß Land in Sicht sei.
„Wo?“ wollte der Kapitän wissen.
„Wir halten direkt darauf zu.“ erhielt er als Antwort und sofort befahl der Kapitän den beiden Männern, die Segel einzuholen.
Es würde lange dauern, bis die beiden Männer die Segel eingeholt hatten und das Schiff zum Stillstand kommen würde, daher meinte Sir Oontz, daß er und Rocra und Xamoed, bei dem Einholen der Segel helfen wollten.
Der Kapitän bedankte sich bei ihm, meinte aber, daß dies nicht notwendig sei.
Die Männer brauchten nicht auf den Masten herum zu klettern, so wie sie es gemacht hatten, als sie die Segel gesetzt hatten, sondern griffen nach einem Seil, mit dem sie vom Boden aus, das erste Segel einholen konnten. Der obere Quermast des Segels, glitt herunter, so das der Wind keine Möglichkeit mehr hatte, daß Segel zu straffen und wenige Augenblicke später flatterte es im Wind, wie ein alter Lappen.
Ein unmerklicher Ruck ging durch das Schiff, als das Segel zusammenfiel und alle spürten, daß das Schiff stark an Geschwindigkeit verlor.
Als die Insel in Sichtweite kam, war nur noch ein kleines Segel straff gespannt und das Schiff glitt sehr langsam auf die Insel zu.
Dieses Gewässer war für den Kapitän Neuland und er wußte nicht, ob es hier Riffe gab und wenn ja, wie weit sie vor der Insel lagen, aber Esröp erklärte ihm, daß es vor dieser Insel keine Riffe gab und es sogar eine Art Lagune gab, die man als natürlichen Hafen ansehen konnte.
„Aber dafür müssen wir ein gutes Stück um die Insel herum. Aber diese Mühe brauchen sie sich nicht zu machen. Sie können fast bis zum Strand heran fahren, erst kurz davor wird das Gewässer flacher und für den Rest nehmen wir dann wieder das Ruderboot.“ meinte Esröp und sah der Insel entgegen.
„Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber ich spiele mit dem Gedanken, den natürlichen Hafen anzulaufen. Daß erscheint mir sicherer zu sein, außerdem einfacher, um unsere Vorräte zu erneuern.“ setzte der Kapitän entgegen, aber Esröp schüttelte den Kopf.
„Das Meer ist hier tief genug und der Strand beginnt erst ein paar Fuß vor der Insel, flach zu werden. Wir können also bis fast zur Insel durchfahren und direkt an dem Strand Ankern. Bei dem Auffüllen der Vorräte, werden wir ihnen helfen und dann sehen sie zu, daß sie so schnell wie möglich wieder verschwinden.“ meinte Esröp und schaute den Kapitän an, aber dieser richtete seine Augen auf das Gewässer vor ihnen.
„Was meinen sie, wie die Männer reagieren werden, wenn sie hören, daß sie sofort weitersegeln sollen?“ erwiderte der Kapitän und es schwang ein Unterton von einer Drohung darin mit, den Esröp aber überhörte.
„Das ist mir völlig gleich. Wir haben eine Abmachung und ich habe ihnen eine menge dafür bezahlt, daß sie uns hier her bringen. Wir helfen ihnen noch ihre Vorräte wieder aufzufüllen und dann entfernen sie sich so schnell als möglich wieder. Das hier ist keine Vergnügungstour, hier geht es um das Wohlergehen Lavias und dafür werde ich vieles tun. Und wenn sie der Meinung sind, sich in den Weg stellen zu müssen, nun...“ Esröp sprach den Satz nicht zu Ende, aber es war auch so klar, was dann sein würde, notfalls würde sie ihn mit Gewalt zwingen.
„Würdest du auch mit deinem Leben bezahlen?“ murmelte der Kapitän und glaubte nicht, daß Esröp ihn verstanden hatte, da sie sich bereits entfernt hatte, aber sie hatte ihn verstanden.
„Wenn ich es könnte, würde ich auch mein Leben für das Wohlergehen Lavias geben, aber ich kann es nicht. Ihr Verlaßt die Insel sofort wieder, wen euere Vorräte gefüllt sind, wenn euch euer Leben lieb ist.“ damit drehte Esröp sich nun doch um und verließ den Kapitän endgültig.
Sie hatte sich schon so etwas gedacht. Als sie damals mit dem Mann gesprochen hatte, war er ihr schon nicht ganz geheuer vorgekommen und sie hatte ihm nur gesagt, daß er sie und ihre Gefährten, zu dieser Insel bringen sollte, mehr nicht und dafür hatte er eine Menge Geld bekommen.
Vielleicht glaubte dieser Kapitän ja, daß es hier auf der Insel noch mehr Geld zu holen gab, warum sonst sollten sie wohl hier her kommen, woher sollte dieser Einfaltspinsel auch wissen, was sie wirklich auf dieser Insel wollten?
Das Schiff näherte sich immer mehr der Insel und wie Esröp es gesagt hatte, konnten sie mit dem Schiff bis fast an den Strand heran.
Es war eine herrliche Insel. Nicht sehr groß, aber wunderschön, wie Lady Diara fand und weit und breit das einzigste Land, daß man sehen konnte.
Der Sandstrand war herrlich weiß und ein Stück weiter standen ein paar Palmen, wie in ihrem Garten, nur das diese einen gelblichen Stamm und türkisfarbene Blätter hatten. Dahinter war ein Urwald zu sehen, der in allen möglichen Farben schimmerte und ein paar seltsam aussehende Vögel kreisten über der Insel. Mittendrin stand ein Berg, der sich hoch in den Himmel erstreckte und alles Überschattete. Auch wenn er nicht besonders aussah, so strahlte er doch eine ungeheuere Majestätische Schönheit aus.
Lady Diara fühlte sich auf Anhieb hier wohl, es war ein Ort der Reinheit und des Friedens, aber sie glaubte nicht, daß sie viel von dieser Insel würde erkunden können, denn sie spürte, wie die Zeit, in der ihre innere Kraft ausbrechen würde, immer näher rückte.
Ihr dreißigster Geburtstag war nur noch drei Tage entfernt und sie hatten die Fahrt nicht so schnell als erwartet zurückgelegt, trotzdem sie beständigen Wind hatten.
Lady Diara stand an der Reling und beobachtete, wie das Schiff sich immer mehr dem Strand nähert und schaute sich die Umgebung an und mit einemmal hatte sie das große verlangen, endlich auf die Insel zu gehen, so als wenn sie das Gefühl hatte, nach hause zu kommen. Sie verspürte plötzlich Sehnsucht nach dieser Insel, obwohl sie nie zuvor hier gewesen war, ja nicht einmal davon gehört, oder sie in ihren träumen und Visionen gesehen hatte, aber dennoch hatte sie das Gefühl der Heimkehr.
„Wunderschön, nicht wahr?“ meinte eine Stimme neben ihr und als sie sich umdrehte, stand Sir Oontz neben ihr.
„Oh ja, das ist s...“ begann Lady Diara und verstummte abrupt. Sie begann zu zittern, so als wenn es plötzlich Eiskalt geworden wäre und starrte Sir Oontz mit offenen Augen an, die mit einemmal blind zu sein schienen.
Es war lange her, daß Lady Diara eine Vision bekommen hatte und fast hatte Sir Oontz die Anzeichen dafür vergessen, aber dies war eindeutig ein Anzeichen für eine Vision.
„Eine Vision?“ fragte Sir Oontz dennoch nach und Lady Diara nickte.
Sie konnte ihn hören, aber nicht sehen und sie krampfte sich heftig an der Reling fest. Ihrem Gesichtausdruck nach zu Urteilen, war es alles andere als eine Gute Vision.
Ihre Gesichtzüge waren verzerrt vor Ekel, Grausamkeit und Schrecken und ein leises wimmern, drang aus ihrer Kehle.
Ihr zitterten die Knie und gaben schließlich nach und bevor sie fallen konnte, fing Sir Oontz sie auf.
Sie hätte den anwesenden erzählen können was sie sah, aber die Schrecken und Schmerzen, die sie sehen und fast Körperlich ertragen mußte, raubten ihr schier den Atem und es war ihr nicht möglich zu sprechen.
Lady Diaras Körper zitterte immer stärker und sie sackte immer mehr in sich zusammen und verkrampfte sich zusehends.
Sir Oontz spürte, wie ihr Herz raste und wie ihr der Schweiß ausbrach, kalter Schweiß, Angstschweiß.
Wieder entrang sich ein kläglicher Wimmerlaut ihrer Kehle, der Sir Oontz und auch den anderen, die jetzt näher gekommen waren, mehr Angst machte, als ihr Zitternder Körper. Das Entsetzen, das sie durchlebte, schien sich von mal zu mal zu steigern. Der Ausdruck in ihrem Gesicht verstärkte sich und sie riß plötzlich ihre Augen weit auf vor, Entsetzen und schüttelte immer wieder ihren Kopf.
„NEIIIIIN.“ Schrie sie plötzlich voller Panik und ihre Stimme kippte über und ganz plötzlich war es vorbei.
Lady Diara sank schlaff zusammen, wurde aber nicht ohnmächtig. Sie zitterte immer noch, aber nicht mehr so stark, wie zuvor und begann leise zu weinen, bis schließlich Xamoed sich ein Herz fast und Lady Diara auf die Beine stellte und sie etwas abseits von den anderen führte.
Stirnrunzelnd und voller Unbehagen, schaute Sir Oontz, Lady Diara nach.
„Das war bisher die schlimmste Vision, die sie gehabt hat.“ murmelte er, aber die anderen hatten ihn sehr wohl verstanden. Sie waren alle bei zwei oder drei Visionen dabei gewesen und hatten zugehört, welche Schrecken Lady Diara dann immer gesehen hatte, aber das, was sie jetzt erlebt hatten, daß mußten Schrecken von unvorstellbarer Art gewesen sein und keiner wollte so recht wissen, was Lady Diara eigentlich gesehen hatte.
Zum Glück war der Kapitän und seine Männer damit beschäftigt gewesen, den Anker zu setzen und einen Steg, der sich an Bord des Schiffs befand, herab zu lassen, so das man nun bis fast auf den Strand gelangen konnte, ohne über die Reling springen zu müssen.
Zwar würden sie bis zu den Oberschenkeln im Wasser stehen, aber das war das kleinste Problem und wäre bei den Temperaturen hier, eine erfrischende Abkühlung.
Xamoed und Lady Diara kamen schließlich zu den anderen zurück und Esröp wollte wissen, ob wieder alles in Ordnung sei?
Lady Diara lächelte gequält und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
„Nein, nichts ist in Ordnung, ganz und gar nicht. Ich möchte euch nicht zu sehr in Angst versetzen, aber Efacsen wird heute noch zurück kommen und das Dunkel über Lavia bringen und sehr viel mehr Schrecken verbreiten, als das, was wir bisher gesehen und erlebt haben und was die Dunklen Chroniken berichten. Sehr viel Schlimmer.“ meinte Lady Diara und schaute die anderen der Reihe nach an, aber niemand sah weg, oder sagte irgend etwas und Lady Diara konnte spüren, daß diese Menschen zu ihr halten würden, egal was kommen sollte.
Selbst Ellov, von der Lady Diara immer noch nicht wußte, was sie auf dieser Reise sollte, stand voll und ganz hinter ihr und alle würden ihr leben opfern, sollte damit Lavia gerettet werden können.
Aber Lady Diara wußte daß da mehr zugehörte, als nur sechs oder sieben leben zu Opfern.
Esröp nickte schließlich und nahm Sir Oontz ein Stück zur Seite, so daß die anderen nicht mehr mitbekommen konnten, was die beiden redeten.
„Hör zu Derfla, es ist wichtig. Der Kapitän scheint Schwierigkeiten machen zu wollen. Er hatte den Auftrag uns hier her zu bringen und dann sofort wieder abzureisen, aber jetzt will er erst noch den Proviant wieder auffrischen und länger bleiben als nötig. Ich weiß nicht warum, vielleicht vermutet er hier einen Schatz, oder etwas in der Art, keine Ahnung. Die Sache ist folgende. Weder der Kapitän, noch einer seiner Männer, darf sich weiter als bis zum Rande des Urwalds bewegen. Dort hausen Kreaturen, die jeden Eindringling, der hier nichts zu suchen hat, ohne wenn und aber, vernichten werden. Ihr, daß heißt Rocra, Xamoed, Ellov, Ixa und du, müßt für den Kapitän den Proviant besorgen, vor allem aber frisches Wasser und dann dafür Sorgen, daß er noch heute, spätestens aber am frühen Morgen, hier wieder verschwindet. Ich werde mich in der Zwischenzeit mit Lady Diara zu dem Berg begeben. Die Insel scheint klein zu sein, aber sie ist größer als du ahnst und der Marsch dorthin dauert fast einen ganzen Tag und dann ist die Höhle, in die wir müssen, auf der Hälfte des Berges zu finden und der Aufstieg wird wiederum einige Zeit in Anspruch nehmen, aber genau die haben wir nicht. Wenn ihr das hier erledigt habt, dann kommt so schnell nach, wie möglich. Aber der Kapitän und seine Männer dürfen unter keinen umständen hier bleiben, egal wie, verstanden?“ wollte Esröp von Sir Oontz wissen und sie sprach in ihrer ruhigen Art, die Sir Oontz jedesmal aufs neue Alarmierte.
Er nickte nur und begab sich wieder zu den anderen, die bereits damit begonnen hatten, das Schiff zu verlassen.
„Was wollte sie?“ wollte Rocra wissen, schaute dabei aber unverwandt auf den Strand.
„Erzähle ich euch nachher.“ gab Sir Oontz schnell zurück und verstummte dann, als der Kapitän an der Reling erschien.
Xamoed war der erste der das Schiff verließ, dann kamen Lady Diara und Ellov, danach Rocra mit Ixa und Esröp und zum Schluß ging Sir Oontz von Bord und behielt den Kapitän, sowie auch seine beiden Männer, genau im Blick.
Als sie alle auf dem Strand waren, meinte Esröp, daß sie und Lady Diara einen Spaziergang machen werden, sofort wollten sich Xamoed und Ellov anschließen, aber Sir Oontz hielt sie zurück.
Widerwillig gehorchte Xamoed und als die beiden Frauen in dem Dschungel verschwunden waren, wandte er sich an Sir Oontz.
„Und wenn sie da drin von irgend etwas angegriffen werden?“ zischte Xamoed wütend.
„Das werden sie nicht.“ erwiderte Sir Oontz und schaute sich nach dem Kapitän und seinen Männern um. Zwar war einer der Seemänner als erster von Bord gegangen, aber gleich darauf wieder an Bord gegangen, um ein paar leere Fässer auf Deck bereit zustellen, die sie mit Trinkwasser füllen konnten. Da Sir Oontz und die anderen nun alleine auf den Strand waren, erzählte ihnen Sir Oontz schnell, was Esröp ihm gesagt hatte.
„Dieser Dreckskerl.“ zischte Rocra wütend und stapfte auf den Steg zu, aber Sir Oontz hielt ihn zurück.
„Wo willst du denn hin?“
„Dem Dreckskerl einmal den Kopf waschen.“ erwiderte er wütend und er schien wirklich wütend zu sein. In den Gesprächen, die Sir Oontz mit Rocra geführt hatte, war deutlich hervorgekommen, daß er den Kapitän und seine Männer nicht ausstehen konnte, warum das so war, daß vermochte Rocra nicht genau zu sagen, es war einfach ein Gefühl der Abneigung, vielleicht auch deswegen, wie der Kapitän und seine Männer Ellov und Ixa anstarrten, wenn sie glaubten ungesehen zusein.
Aber auf seinen Wunsch hin, hatte Rocra sich nichts anmerken lassen und so verlief die Schiffahrt doch recht ruhig. Und nun so etwas, daß war genau das richtige für Rocra.
„Noch nicht. Esröp hat genau gesagt, daß wir helfen sollen den Proviant wieder zu füllen und daß der Kapitän und seine Männer nicht den Strand verlassen dürfen, während der Proviantsuche. Aber wenn er hinterher nicht so schnell als möglich von hier verschwindet, dann können wir nachhelfen. Esröp hat ausdrücklich gesagt, daß wir erst den Proviant zusammenstellen sollen und dann soll der Kapitän verschwinden, tut er das nicht, sollen wir Nachhelfen. Wie hat sie das gesagt? , <die drei dürfen unter keinen umständen Lebend auf der Insel bleiben. >“ machte Sir Oontz, Esröp, fast täuschend echt nach und schaute die andere der Reihe nach an.
„Soll das heißen...“ begann Xamoed, aber Sir Oontz unterbrach ihn.
„Was immer das heißt, sie dürfen nicht Lebend auf der Insel bleiben. Es gibt nur zwei Möglichkeiten.“ Erklärte Sir Oontz, sagte aber nicht, welche Möglichkeiten es waren.
Aber das war auch nicht nötig, schließlich wußten alle, daß es nur zwei Möglichkeiten gab. Entweder der Kapitän verließ die Insel auf dem Schiff, freiwillig, oder unter Druck, oder er verließ die Insel nicht und würde sterben, so einfach war das.
Auf Deck hatten die Männer ungefähr ein Dutzend Fässer bereit gestellt, die alle leer waren und nun kamen der Kapitän und seine Männer herunter und hatten einige Eimer dabei.
„Wir helfen euch bei der Proviantbeschaffung. Dann geht’s schneller.“ meinte Sir Oontz, als der Kapitän schließlich als letzten von dem Schiff herunter gekommen war.
„Das ist nicht nötig, wir finden unseren Proviant auch allein.“ erwiderte der Kapitän und wollte an Sir Oontz vorbeigehen, aber dieser vertrat ihm schnell den Weg.
„Das mag ja durchaus sein. Aber nicht hier und nicht jetzt. Ihr und euere Männer bleiben hier am Strand, während wir den Proviant besorgen, was, soviel ich weiß, eigentlich gar nicht nötig tut. Soviel ich weiß, ist der Bauch des Schiffes, mit mehr als genug Proviant gefüllt, um die Rückreise unbeschadet zu Überstehen.“ gab Sir Oontz seine Vermutung sehr ruhig an den Kapitän weiter und dieser war gar nicht so ruhig und gelassen, wie er immer tat.
„Soll das heißen, daß ihr uns des Lügens bezichtigt?“ wollte der Kapitän wissen, was allerdings mehr eine Rhetorische Frage war, denn einer richtigen, da er genau wußte, daß dies der Fall war und seine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut und unterdrücktem Haß.
Sir Oontz hatte zwar keine Ahnung, warum der Kapitän sie hassen sollte, aber dieses Gefühl hatte Sir Oontz schon seit einiger zeit gespürt und es kam nun an die Oberfläche.
„Wenn ihr es so nennen wollt, ja.“ gab Sir Oontz zurück und der Kapitän lief rot an vor Wut.
Der Kapitän sagte nichts mehr, sondern stürzte sich plötzlich auf Sir Oontz, der aber damit gerechnet hatte.
Durch das viele Training und durch die Regelmäßigen Wettkämpfe in den Turnieren, waren Sir Oontz Reaktionen sehr gut geschult und er wich der Faust des Kapitäns im letzten Moment aus und schlug seinerseits im gleichen Moment seine Faust in die Magengrube des Mannes.
Der Vorwärtsdrang des Kapitäns wurde abrupt unterbrochen und er klappt zusammen und sein Mund öffnete und schloß sich, wie bei einem Fisch auf dem trockenen, als er nach Luft schnappte.
Sir Oontz war von einem Moment zum anderen wieder der Kämpfer und nur noch kalt, hart und berechnend. Es war ein Zustand, den er selbst nicht so gerne mochte, aber der in solchen Situationen unerläßlich war und auch die anderen hatten diesen Sir Oontz bisher nur dreimal erlebt.
„Das ist keine gute Idee.“ meinte Xamoed und hatte plötzlich sein Schwert in der Hand, als einer der beiden anderen Männer, seinem Kapitän zu Hilfe eilen wollte, blieb aber so abrupt stehen, als wenn er vor eine Wand gelaufen wäre.
Ebenso erging es dem zweiten Mann, der von Rocra in Schach gehalten wurde.
Ixa hatte Sir Oontz schon des öfteren kämpfen gesehen, meistens nur in der Arena, aber da ging es nicht um leben oder Tod, sondern nur um Spaß, aber dies hier war ganz anders. Es bestand zwar eine Ähnlichkeit mit dem Sir Oontz aus der Arena, aber nur ein klein wenig, denn dieser Sir Oontz hier, war bei weitem härter.
Es war ein Sir Oontz, der ihr ganz und gar nicht gefiel. Er schien ganz plötzlich kalt, hart, unbeherrscht und auch unberechenbar zu sein, obwohl er genau wußte was er tat, aber es war nicht voraus zusehen, es bestand überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Sir Oontz, der er sonst immer war.
Auch Ellov schien Überrascht zu sein, Sir Oontz so zu sehen, aber keiner sagte etwas, sondern alle warteten, was weiter geschehen würde.
Sir Oontz war etwas zur Seite getreten, um dem Kapitän die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen und zu erheben, aber es dauerte eine ganze Weile, bis der Mann wieder soweit war.
Der Kapitän schaute sich nach seinen Männern um und sah sofort, was los war. Eigentlich hatten er und seine Männer gar keine Chance mehr, aber das wollte er anscheinend nicht wahrhaben.
Mit einem Schrei der Wut und Ärger ausdrückte, schnellte der Mann auf Sir Oontz zu, aber der hatte auch das bereits erwartet und trat mit einem schnellen Schritt zur Seite, so daß der Kapitän an ihm vorbeilief und trat im selben Augenblick zu.
Diesmal traf er den Oberkörper des Mannes und es knirschte verdächtig, als sich die Rippen des Mannes, unter den Tritt verbogen, aber sie brachen nicht.
Sir Oontz schaute zu dem Kapitän herab und schüttelte unmerklich den Kopf.
„Das reicht jetzt. Ihr zwei, schnappt euch eueren Kapitän, bringt ihn aufs Schiff, setzt Segel und verschwindet hier, so schnell als es möglich ist, ansonsten werdet ihr nirgendwo mehr hingehen.“ sprach Sir Oontz die beiden Seemänner an und diese setzten sich zuerst zögernd in Bewegung.
Sie hatten immer noch die Schwerter von Xamoed und Rocra unter der Nase, aber diese senkten ihre Schwerter etwas, aber nicht viel.
Schnell gingen die beiden Männer zu ihrem Kapitän zerrten ihn hoch und schleiften ihn mehr, als das sie ihn trugen, auf das Schiff zurück.
Innerhalb einer kurzer Zeit, war der Steg wieder hochgezogen und der Anker gelichtet worden und schließlich hatte einer der beiden Seemänner ein Segel gesetzt, während der andere am Ruder stand und darauf achtete, daß sie nicht auf Grund liefen.
Langsam entfernte sich das Schiff von der Insel und wurde zusehends kleiner und als die Sonne begann im Meer zu versinken, war auch von dem Schiff nichts mehr zusehen.


Vierzehn

Wir haben die Insel endlich erreicht, nach fast einem Monat auf See. Das Schiff ist wieder weg, aber ich frage mich, wie wir hier wieder wegkommen sollen. Wir sind endlich in der Höhle angelangt, in der die fünf Magier leben sollen, aber es deutet nichts darauf hin, daß überhaupt ein Mensch hier lebt. Es ist einfach nur eine Höhle, so wie eine Höhle sein muß.

Lady Diara Sky´s – Die Reise hat geendet
Auszug aus Sky´s Chroniken


Sir Oontz, Rocra, Xamoed, Ellov und Ixa, betraten den Urwald, an der Stelle, an der sie Esröp und Lady Diara haben reingehen sehen.
Obwohl die Sonne bereits Untergegangen und der Mond noch nicht aufgegangen war, war es dennoch nicht dunkel, in dem fast undurchdringlichen Dschungel.
Ein kleiner Pfad führte durch den Dschungel und die Bäume an seinen Rändern, schimmerten in einem leuchtenden Rosa licht, daß direkt aus den Bäumen selbst zu kommen schien.
Obwohl das leuchten der Bäume nur sehr gering war, erzeugte die große Anzahl der Bäume doch genug Licht, das sie ihre Umgebung erkennen konnten und sahen, wohin sie gingen.
Je tiefer sie in die Insel eindrangen, desto dichter schien der Wald zu werden und mit dem untergehen der Sonne, erwachte ein Leben und eine Geräuschkulisse, die sie noch nie gehört hatten.
Sehen konnten sie keine Tiere, dafür war es hinter den leuchtenden Bäumen viel zu dunkel und der Urwald viel zu dicht, aber sie konnten das Leben hören.
Es waren nicht nur angenehme Geräusche die sie hörten, denn neben dem normalem Vogelgezwitscher, der Nachtjäger, gab es auch ein paar mal knurrende Laute, aber was sie am meisten beunruhigte, war ein beständiges tiefes Brummen, daß aus dem Wald kam und sie begleitete.
Ab und zu kam das Brummen näher, entfernte sich aber kurz darauf wieder und folgte in einem konstanten Abstand. Sie vermochten nicht zu sagen, was dieses Brummen hervorrief, aber sie dachten auch nicht weiter darüber nach, verdrängten es aus ihrem Denken, so gut es ging und gingen schneller den schmalen Pfad entlang.
Irgendwann endete der Pfad auf eine kleine Lichtung, die ebenso erhellt wurde, wie der Pfad selbst und Sir Oontz und Rocra machten sich daran, den weiterführenden Pfad zu suchen, den sie schließlich auch, ein wenig rechts von sich, fanden.
Auch auf der Lichtung war das Brummen zu hören, aber es war weiter weg als zuvor, allerdings kam es wieder näher, als sie den neuen Pfad betraten. Obwohl Rocra und Xamoed, nach der kurzen Einlage am Strand, ihre Schwerter wieder weggesteckt hatten, hatten sie sie, ebenso wie Sir Oontz, doch wieder gezogen, nachdem sie eine weile auf dem Pfad gewandert waren, sie fühlten sich einfach sicherer, wenn sie ihre Schwerter kampfbereit in der Hand hatten.
Ganz plötzlich endete der Pfad und sie standen vor dem gewaltigen Gebirge, das inmitten der Insel stand.
Genau wie Esröp es gesagt hatte, war die Insel viel größer, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. Der Berg schien sehr viel näher dran zu sein, wenn sie vom Strand aus zu ihm hinschauten, als er tatsächlich war.
Von dem Blickwinkel vom Strand aus, war es nur ein kurzer Weg, nicht viel länger, als der Weg von Haus Sky´s zum weißen Palmenhain. Der Mond war schon lange aufgegangen und hatte Mitternacht weit Überschritten, als sie an dem Berg endlich ankamen.
Sie wußten daß es irgendwo auf der Hälfte des Berges eine Höhle geben sollte, die sie erreichen mußten, aber von dort, wo sie standen, gab es keinen Weg, der auf den Berg hinauf führte, zumindest sahen sie keinen. Unschlüssig darüber, wie sie jetzt weiter vorgehen sollten, standen sie an dem Berg und schauten an dessen Wänden empor, die doch recht steil und glatt aussahen, fast ein Ding der Unmöglichkeit, dort hinauf zu klettern.
Ellov war es schließlich, die den Weg hinauf fand. Es waren zwei Seile, die eng zusammenhingen und zwischen denen, in regelmäßigen Abständen, Holzstreben eingearbeitet waren, so, daß es fast wie eine Leiter aussah. Die Seile waren kaum zu sehen, da sie eng an den Felsen anlagen und relativ dünn aussahen und die Holzstreben waren so beschaffen, daß sie sich nicht von dem Bergmassiv abhoben und dessen Farbe hatten.
Sie standen vor der Leiter und starrten sie an. Sir Oontz schaute an den Seilen entlang nach oben, aber er konnte nicht sehen, wohin sie führten, da sie sich in der zunehmenden Dunkelheit verloren.
„Wir müssen jedenfalls da hinauf, das steht fest. Ich gehe als erster, dann kommt Ixa. Rocra nach Ixa und dann Ellov und Xamoed macht den Schluß.“ befahl Sir Oontz und begann gleich darauf, die Leiter zu erklimmen.
Die Seile waren fest mit der Erde und dort, wo sie auf dem Berg begannen, verbunden, da sie sich nicht ein Stück bewegte, als Sir Oontz die ersten Holzstreben erklommen hatte und sie schien auch recht stabil zu sein.
Einer nach dem anderen bestieg diese Improvisierte Leiter und sie hielt auch weiterhin stand. Sir Oontz wollte gar nicht daran Denken, wie lange diese Leiter nun schon hier hing, aber letztendlich war das auch egal, Hauptsache, sie hielt ihr Gewicht und brachte sie sicher nach oben.
Zuerst war es nur ein langsames hinauftasten, immer langsam und Stufe für Stufe, aber mit jedem weiteren Schritt und je höher es ging, wurden die Aufsteigenden sicherer und begann beständig schneller hinaufzuklettern.
Ganz plötzlich und unvermittelt, endete die Leiter auf einem Plateau und sie fanden sich einige hundert Fuß, über dem Boden wieder.
Ihnen war gar nicht aufgefallen, daß sie so hoch geklettert waren, da sie auch nicht allzulange auf der Leiter verbracht hatten, aber dennoch war das Leuchten, das der Urwald unter ihnen abgab, nicht mehr als ein winziges glimmen.
Aber die Aussicht von hier oben, war gewaltig. Nicht nur das sie die gesamte Insel sehen konnten, zumindest das, was sie mit diesem leuchten in Verbindung brachten, denn das Plateau zog sich fast einmal ganz herum, sie konnten auch bis zum Horizont sehen, allerdings, sahen sie nicht mehr als nur Wasser.
Der Mond stand hoch am Himmel und spendete genug Licht und auch die Sterne leuchteten heller als sonst und in allen vier Himmelsrichtungen, war nichts weiter als Wasser zu sehen, mit Ausnahme dieser Insel.
„Hier soll sich doch irgendwo die Höhle befinden, oder nicht?“ wollte Rocra wissen und schaute sich demonstrativ um.
„Eigentlich schon. zumindest, gehe ich mal davon aus, wenn wir denn die hälfte des Berges erreicht haben, so wie Esröp gesagt hat.“ erwiderte Sir Oontz und schaute über den Rand des Plateaus, nach unten. Allerdings konnte er nicht hinauf blicken, um zu sehen, wie hoch der Berg noch war, damit er feststellen konnte, ob sie die Hälfte erreicht hatten oder nicht, aber es war der einzigste Weg, den sie hatten gehen können.
Aber bevor einer von ihnen noch etwas sagen konnte, erklang Esröps Stimme hinter ihnen und wenn Rocra, Ellov nicht festgehalten hätte, dann wäre sie aller Wahrscheinlichkeit nach, hinterrücks, über den Rand des Plateaus gefallen, da sie sich sehr erschrak und fast zurücksprang.
„Ihr seid schon hier?“
„Wie du siehst. Der Kapitän und seine Männer sind bereits auf den Weg nach Hause und da wir nicht länger warten wollten als nötig, haben wir uns auf den Weg hier her gemacht.“ erklärte Sir Oontz und schaute Esröp herausfordernd an.
Aber Esröp sagte nichts dazu. Sie nickte schließlich nur einmal ganz kurz und bat sie dann, ihr zu folgen.
Esröp umrundete das Plateau einmal und hielt exakt, auf der gegenüberliegenden Seite, an der sich die Leiter befand, an und deutete auf den massiven Fels.
Sir Oontz und auch die anderen, schauten auf den Felsen und dann auf Esröp, so, als wenn sie den Verstand verloren hatte.
„Und wo ist die Höhle?“ wollte Sir Oontz schließlich wissen, da er nichts mit dem Anfangen konnte, was er sah.
„Ihr steht direkt vor ihrem Eingang.“ erwiderte Esröp und es schien ihr voller ernst zu sein.
Sir Oontz schaute erneut auf den massiven Felsen und dann wieder auf Esröp.
„Na sicher. Und gleich kommen die Götter herunter und lachen sich schief.“ meinte Sir Oontz verärgert, da er im Moment keinerlei Interesse an ihren Spielchen hatte, außerdem war er vorhin an dieser Stelle vorbeigegangen und hatte nichts bemerkt.
„Na gut, dann eben nicht.“ erwiderte Esröp und trat auf den Felsen zu und war im nächsten Moment verschwunden.
Ungläubig starrten die anderen auf die Stelle, an der Esröp eben noch gewesen war und zuckte erschrocken zurück, als Esröps Kopf plötzlich wieder erschien.
Es sah ziemlich bizarr aus, nur Esröps Kopf zu sehen, noch dazu hing er mitten auf der Felswand, so als wenn er dort angenagelt worden wäre.
„Ihr kapiert es immer noch nicht, oder? Das hier ist ein Geheimer Zugang, der nur betreten werden kann, wenn man weiß, wo er sich befindet. Oder wenn man von den fünf erwartet wird. Da ihr nicht wußtet, wo sich der Zugang befindet, konntet ihr ihn auch nicht finden, aber ihr könnt hindurchtreten, da ihr erwartet werdet.“ erklärte Esröp und kurz darauf war ihr Kopf wieder verschwunden.
Xamoed schien als erster zu Begreifen, was Esröp da gerade gesagt hatte, denn er ging auf die Felswand zu und war gleich darauf ebenso verschwunden, wie Esröp zuvor.
Jetzt erst, schienen die anderen ebenfalls zu begreifen, denn einer nach dem anderen, trat auf die Felswand zu und verschwand darin.
Sir Oontz war der letzte, der hindurchging, auch wenn ihm dieser Geheimdurchgang nicht wirklich gefiel, so blieb ihm dennoch nichts anderes übrig.
Er wußte nicht, was er erwartet hatte, vielleicht hatte er irgendwie ein Kribbeln oder sonst eine andere Empfindung erwartet, als er durch den Geheimgang ging, aber nichts der gleichen geschah und er befand sich, von einem Moment zum anderen, in einer Höhle.
Sir Oontz registrierte, daß die anderen ein paar Schritte von dem Eingang entfernt standen und ihn ansahen, aber er achtet nicht darauf, sondern drehte sich um und war doch leicht Überrascht.
Von außen war der Durchgang nichts als Felsen gewesen, jedenfalls sah es so aus, aber als er sich umdrehte, um sich den Durchgang von dieser Seite anzusehen, vielleicht aber auch nur, um sicher zu gehen, daß er nicht geträumt hatte, war dort keine Felswand zusehen.
Er konnte von hier aus hinaus sehen, so als wenn er aus einem Fenster hinaus sah.
Der Eingang war anderthalb Mann hoch und zwei mal so breit und verlief in einer rechteckigen Form, so als wenn er von Hand eingerichtet worden war. Sir Oontz konnte das Stück Plateau erkennen, auf dem sie eben noch gestanden hatten und auch ein kleines Stück von dem Himmel, der sich hinter dem Plateau ausbreitete und in dem die Sterne wie winzige Glühwürmchen schimmerten.
Schließlich wandte er sich wieder um und schaute die anderen an, die wieder etwas näher getreten waren und ebenso Fasziniert den Eingang betrachteten, wie er.
Erst jetzt betrachtete er sich die Höhle etwas genauer und als erstes fiel ihm auf, daß es hier drinnen hell war. Es war keine Helligkeit wie von einer Fackel, oder einem Lagerfeuer, sondern vielmehr kam diese Helligkeit aus dem Bergmassiv selbst und schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen, so daß keine Schatten zu sehen waren.
Die Höhle an sich war recht klein, nicht mehr als zehn Schritte im Durchmesser und Sir Oontz fragte sich Instinktiv, wie fünf Zauberer sich hier wohlfühlen sollten, noch dazu, waren sie hier überhaupt nicht zu sehen.
Er schaute einen nach dem anderen an und bei allen konnte er sehen, daß sie Überrascht und Enttäuscht waren. Überrascht, daß diese Höhle so klein war und Enttäuscht, daß hier keine Zauberer zu sehen waren.
Schließlich wandte sich Sir Oontz an Esröp, die immer wieder hinter sich schaute, so als wenn aus dem Massiven Felsen hinter ihr jemand zu erwarten wäre.
„Und wo sind jetzt die fünf?“ wollte er dann wissen und schaute dabei Esröp an.
„Die kommen noch.“ erwiderte sie und schaute erneut hinter sich.
„Ist die Höhle nicht ein bißchen zu klein, um uns alle aufzunehmen?“ wollte Sir Oontz weiter wissen und stellte die Frage, die sie alle Beschäftigte.
Aber statt einer Antwort, begann Esröp zu lachen, als ihr klar wurde, was Sir Oontz damit meinte.
„Natürlich ist diese Höhle zu klein, aber wir werden nicht hier bleiben. Das hier ist nur die Vorhalle, wenn man so will. Die eigentlichen Räume liegen woanders und wir warten hier, bis die fünf kommen um uns zu holen.“
„Und wo soll es hingehen?“ wollte diesmal Xamoed wissen und Esröp erwiderte, daß sie noch weiter in den Berg mußten.
„Vielleicht noch einen halben Tag, dann sind wir da, wo wir hinwollen.“ erklärte Esröp und schaute erneut hinter sich.
Sir Oontz wandte sich an Lady Diara und wollte von ihr wissen, wie es ihr ginge. Gegenüber der anderen Tage, sah sie zwar etwas frischer aus, aber ihre Haut war noch bleicher geworden, sie schien schon fast durchsichtig zu sein und Sir Oontz bildete sich ein, ihre Knochen sehen zu können, wenn auch nur Schattenweise und ihre Augen, die schon seit einiger zeit gänzlich rot waren, schienen zu leuchten und gerade dieses leuchten deutete darauf hin, daß sie sich etwas besser fühlte.
„Oh, mir geht es soweit gut. Ich fühle, daß wir nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt sind.“ erklärte sie und schaute jetzt auch auf den Felsen hinter Esröp. Instinktiv schaute jetzt auch Sir Oontz dahin, aber er konnte nichts sehen, außer nackten massiven Felsen, oder war das wieder nur ein Trugschluß? Ihm fielen sofort wieder die Worte von Esröp ein, <wir müssen noch weiter in den Berg hinein, > fragte sich nur, wie weit sie noch gehen wollte. Und was hatte sie gesagt von einem halben Tag? So groß war der Berg nun auch wieder nicht, als das sie noch einen weiteren halben Tag darin herumspazieren konnten, oder war der Berg genauso, wie die ganze Insel, daß er viel größer war, als er den Anschein hatte?
Das waren viele Fragen, die sich Sir Oontz da stellte und er war darauf erpicht, Antworten zu bekommen, allerdings bekam er keine Gelegenheit mehr, Esröp irgendwelche Fragen zu stellen.
Ganz plötzlich wurde das leuchten in der Höhle heller, so das man jetzt ganz genau seine Umgebung sehen konnte und nun öffnete sich die Stelle in dem Felsen, die Esröp die ganze zeit angestarrt hatte.
Eigentlich war es kein richtiges öffnen, sondern viel mehr ein plötzliches verschwinden, obwohl es eigentlich auch wieder nicht so plötzlich geschah. Zuerst wurde die Stelle, an der sich der Durchgang befand, leicht verschwommen, so als wenn sich ein leichter Schleier über die Augen gelegt hatte, wenn man sie sich rieb, aber das verschwimmen wurde Intensiver und der angebliche Felsen begann zu flackern und war dann ganz verschwunden und ließ eine Öffnung entstehen, die dem Eingang zu dieser Höhle nicht unähnlich war.
„Ah, unsere Gastgeber kommen.“ meinte Esröp und drehte sich nun vollends dem neuen Eingang zu.
Aber auch jetzt geschah nichts, was Sir Oontz dazu veranlaßt hätte können, zu staunen. Vergeblich schaute er in den Gang, der in demselben trüben Licht leuchtete, wie die Höhle selbst, aber außer den Felswänden, war nichts und niemand zu sehen.
Wenn jetzt die fünf Magier auftauchen sollten, die hier angeblich lebten, dann ließen sie sich aber ganz schön viel zeit und ganz plötzlich hatte er das Gefühl, daß diese fünf ihm recht bekannt vorkommen würden, sollte er ihnen denn Begegnen.
„Dein Gefühl täuscht dich nicht, wir kennen uns, oder besser gesagt, du kennst uns, oder mich, oder wie immer du es auch betrachten möchtest.“ erklang einer Stimme hinter den Anwesenden, die ihnen allen doch bekannt vorkam und Lady Diara stieß einen erstickten laut aus, bevor sie sich umdrehte.
Alle, auch Esröp, waren Überrascht, diese Person hier zusehen, die sie doch zwei Sommer lang, tot geglaubt hatten.
„Ritilsi.“ keuchte Sir Oontz und Lady Diara fiel im selben Augenblick in Ohnmacht, ebenso wie Ellov und alle anderen stöhnten geschockt auf.


Fünfzehn

Ich weiß, daß es ein Leben, nach dem Tod, gibt. Viele glauben, daß sie Wiedergeboren werden und schon einmal gelebt haben, aber niemals hatten sie das Aussehen des früher gelebten. Und dann gibt es so etwas, wie die Zauberer und deren Gestaltveränderungen und Intrigen und das bringt mich in Rage.


Lady Diara Sky´s - Meine Kräfte richtig einsetzen
Auszug aus Sky´s Chroniken


„Lady Diara.“ rief Xamoed und stürzte zu der am Boden liegenden Diara.
„Ellov.“ rief Rocra und tat dasselbe wie Xamoed.
„Was... „ begann Sir Oontz und schaute sich gehetzt um, so, als wenn er sich in einer Falle befinden würde und nun nach einem Ausweg suche. Ixa tat gar nichts, sie stand nur da, wie erstarrt und starrte die Gestalt an, die dort am Eingang zu der Höhle stand, ebenso wie Esröp, aber wiederum war es Esröp, die sich anscheinend sehr viel schneller an das gewöhnt hatte, was die Situation mit sich brachte.
„Entschuldigt bitte das Durcheinander hier, aber es ist doch etwas Schockierend, jemanden vor sich zu sehen, der eigentlich tot geglaubt sein sollte.“ entschuldigte sich Esröp bei dem ehemaligem Lord Sky´s, aber dieser winkte ab.
„Das kann ich wohl sehr gut verstehen. Aber ich glaube, wir sollten vorsichtiger sein, mit der Person, mit der wir hier auftraten.“ meinte die Gestalt am Eingang und immer noch konnte Sir Oontz es nicht richtig fassen, daß sein Blutsbruder vor ihm stand.
„Soll das heißen, daß du noch andere Personen bist, die wir kennen?“ fragte Sir Oontz nach und erhielt ein zustimmendes nicken. Langsam kehrte Sir Oontz Fassung wieder zurück. Seinen Blutsbruder innerhalb kurzer Zeit gleich zweimal wieder zusehen, wo er doch tot sein sollte, war auch für einen Mann mit recht guten Nerven, nicht so einfach zu verkraften und je mehr er sich beruhigte und seine Fassung wiedererlangte, desto mehr kam in ihm das Gefühl des Betrogenwerdens auf und er wurde langsam wütend.
„Würdest du mir bitte einmal erklären, was das hier nun wieder soll?“ wollte Sir Oontz von der Gestalt wissen, die sich als Ritilsi Sky´s ausgab.
„Später. Wenn ihr euch alle wieder einigermaßen von dem Schreck erholt habt und wir uns da befinden, wo wir hinwollen, dann erkläre ich euch alles weitere, aber jetzt sollten wir uns erst einmal um Diara und Ellov kümmern.“ wich Lord Sky´s aus und wollte zu Lady Diara und Ellov gehen, aber Sir Oontz und auch Ixa, vertraten ihm den Weg.
Verdutzt blieb Ritilsi Sky´s stehen, schien aber nicht wirklich Überrascht zu sein.
„Ihr wißt, daß ich euch mit nur einem Fingerzeig, zur Seite schleudern kann?“ wurden die beiden gefragt und beide nickten.
„Wenn du der bist, für den du dich ausgibt, oder für den wir dich halten, dann ist uns dies sehr wohl bewußt, aber dennoch ist es nicht ratsam, jetzt in den Blickfeld von Lady Diara zu kommen und sie der Gefahr auszusetzen, ihren Verstand zu verlieren. Sie sollte zuerst einmal den Schock überwinden und sich gedanklich damit abfinden, ihrem Todgeglaubten Ehemann wieder gegenüber zu stehen.“ erklärte Sir Oontz und der ehemalige Lord Sky´s schaute ihn an und nickte dann seinerseits.
„Ja, daß klingt einleuchtend. Ich denke, wir werden uns jetzt zurückziehen und aus der Richtung kommen, in der sich das zweite Tor geöffnet hat und die Gestalt annehmen, die wir die meiste Zeit haben.“ meinte Ritilsi Sky´s und war von einem Moment zu anderen nicht mehr da.
Es war kein langsames zerfließen der Gestalt, oder ein Auflösen, es kam auch kein Nebel, oder etwas in der Art, in der Lord Sky´s verschwand, er war einfach nicht mehr da.
Mehr als nur verwirrt starrten Sir Oontz und Ixa die Stelle an, an der eben noch der ehemalige Lord Sky´s gestanden hatte und schließlich drehten sie sich um und schauten Esröp an.
Auch sie schien verwirrt zu sein, allerdings nicht in solch einem Ausmaß wie die anderen.
Esröp schien die Rage, die Sir Oontz auf der Zunge lag, in seinem Augen zu lesen, denn sie schüttelte den Kopf.
„Ich habe keine Ahnung, was das hier alles zu bedeuten hat. Ich habe die fünf nie in dieser Gestalt kennengelernt, ich weiß nur, daß sie als der Holzfäller erschienen sind, der Lady Diaras Mutter geschwängert hat und ich kenne sie in der Form, in der sie sich hier aufhalten. Ich weiß nicht, wer sie noch alles sein sollen und ich bin genauso Überrascht, wie ihr, daß könnt ihr mir glauben.“ versuchte Esröp zu erklären und irgendwie glaubte Sir Oontz ihr diesmal.
Irgendwie schien ihre Überraschung zu echt zu sein, als das sie gespielt sein konnte, aber dennoch blieb ein kleiner Rest an Zweifel übrig, aber dann nickte er und wandte sich an Xamoed, der sich immer noch um Lady Diara kümmerte.
„Wie geht es ihr?“
„Sie scheint immer noch ohnmächtig zu sein. Aber sie atmet ruhig und ihr Puls ist stark und gleichmäßig. Ich glaube, sie müßte gleich wieder aufwachen.“ gab Xamoed eine Erklärung ab und Sir Oontz nickte. Er drehte sich etwas nach links und schaute auf Ellov hinab, die ebenfalls immer noch ohnmächtig war und er fragte sich, wieso sie in Ohnmacht gefallen war, aber dennoch fragte er Rocra, wie es ihr ging.
Rocra gab ihm die gleiche Auskunft, wie zuvor Xamoed und auch diesmal nickte Sir Oontz und gemeinsam mit den anderen, wartete er darauf, daß die beiden Frauen wieder aus ihrer Ohnmacht erwachten.
Was für ein Schock mußte es für Lady Diara gewesen sein, den Mann plötzlich wieder vor sich zu sehen, den sie mit Leib und Seele liebte und der seit zwei Sommern tot sein sollte.
Sie hatte auf dieser Reise damit begonnen, ihn zu vergessen, obwohl das wohl kaum möglich sein würde, aber ihn dennoch soweit in ihren Erinnerungen freigelassen, daß sie sich nicht mehr an ihn klammerte und sich einem anderen Mann zuwenden konnte, wenn auch nur sehr zaghaft, aber dennoch.
Aber auch für Sir Oontz selbst war es ein großer Schock. Er hatte diesen Mann ebenso sehr geliebt, wie Lady Diara, wenn auch nicht körperlich, dann aber doch mit seiner Seele, in der er den meisten Platz beanspruchte. Sie waren zwar keine Brüder, jedenfalls keine leiblichen, aber dennoch waren sie mehr als das. Sie hatten ihr Blut getauscht und hatten sich zu Blutsbrüdern gemacht, hatten fast den ganzen Tag miteinander verbracht, waren Freunde und auch hier wieder mehr als nur das. Irgendwie gehörten sie zusammen, aber irgendwie auch wieder nicht. Ritilsi Sky´s war all das, was er nie gehabt hatte, ein Bruder, ein Freund und eine Person die er lieben und der er blind vertrauen konnte, hatte Sir Oontz jedenfalls bisher geglaubt, aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
Diese Gefühle waren zwar noch da, aber lange nicht mehr so Intensiv, wie bisher und das lag nicht nur an dem tot des Mannes - an den angeblichen tot.
Diesen Mann als Geist vor sich zu sehen, daß war schon ein Schock gewesen und jetzt diesen Mann leibhaftig und lebendig wieder zu begegnen, daß war mehr als nur ein Schock, aber auch die Erkenntnis, daß die fünf wieder nur ein Spiel gespielt hatten, zumindest liefen seine Überlegungen darauf hinaus, war alles andere als angenehm.
Letztendlich war da auch das Gefühl betrogen worden zu sein, benutzt worden zu sein, für ein Spiel, daß er niemals gewinnen konnte.
Für ihn war es schon schlimm gewesen, wie mochte es wohl erst Lady Diara ergehen, wenn sie sich diesen Gedanken stellte, wenn sie auf die Schlußfolgerung kam, daß sie betrogen und benutzt worden war, daß alles nur dazu diente, sie hier her zu bringen, damit sie lernte, ihre neue Kraft zu beherrschen, um die Dunkelheit für immer zu besiegen.
Würde sie weiter machen und lernen, so wie es geplant war, oder würde sie alles hinschmeißen und sich dem stellen, was kommen mochte, sollte die geballte Ladung der weißmagischen Energien, der fünf Zauberer des Hauses Sky´s, sich auf einmal in ihr ausbreiten, sich in ihr entladen - dem Wahnsinn?
Oder hatte sie soviel Pflichtbewußtsein, Mitleid und Mitgefühl mit den anderen Menschen auf Lavia, daß sie trotzdem weitermachte und allein deswegen, die Dunkelheit und diesen Efacsen vernichtete?
Sir Oontz war sehr gespannt auf ihre Reaktion.
Esröp hatte sich nach Xamoed und Rocra begeben, die dicht beieinander saßen und sich um die Ohnmächtigen Frauen kümmerten. Ixa war auch dort, wandte sich aber jetzt ab und kam zu Sir Oontz.
„Kannst du mir erklären, was das eben sollte?“ wollte sie von ihm wissen und sie klang eindeutig verwirrter, als er war.
„Ich weiß es nicht. Aber ich vermute, daß Lord Sky´s nicht der war, für den wir ihn bis vor zwei Sommer noch gehalten haben. Ich bin mir auch fast sicher, daß wir noch einige Überraschungen erleben werden, was diese fünf Zauberer angeht und auch was vielleicht einige Menschen angeht, die wir zu kennen geglaubt haben, aber die nicht das sind, was sie vorgeben zu sein.“
„Wie meinst du das?“ wollte Ixa wissen, aber Sir Oontz zuckte nur mit den Schultern.
Er hatte keine Erklärung für das, was er soeben gesagt hatte, es war nur eine Vermutung, daher konnte er es auch nicht näher bestimmen und zuckte die Achseln.
Schweigen breitete sich schließlich in der kleinen Höhle aus und nach einiger Zeit kam zuerst Ellov und dann Lady Diara wieder zu sich.
Lady Diara schaute sich in der Höhle um, so als suche sie jemanden und als sie denjenigen nicht entdecken konnte, wandte sie sich an Sir Oontz.
„Ich habe das nicht geträumt, oder?“
Sir Oontz schüttelte den Kopf und reichte ihr einen Ziegenlederbeutel mit Wasser, den sie dankbar entgegen nahm und einen tiefen Schluck daraus trank.
Noch, bevor einer von ihnen wieder etwas sagen konnte, erklang abermals eine Stimme, diesmal allerdings, aus der Richtung des neuen Ganges.
„Wie wir sehen können, haben sich alle recht gut erholt.“
Irgendwie saßen alle mit dem Gesicht zum Ausgang der Höhle, so daß sie alle dem neuen Gang den Rücken zukehrten, so wie es vorhin umgekehrt der Fall gewesen war.
Diesmal gab es keinen Schock und auch keine Ohnmachtsanfälle, aber dennoch war ein erstaunter Ausruf nicht zu überhören.
Es war keine Person zu sehen, jedenfalls keine direkte Person, sondern eher eine Menschähnliche Gestalt, die allerdings nur aus Licht zu bestehen schien.
Es gab keinerlei Konturen, keine Augen, keinen Mund, oder etwas anderes, das auch nur entfernt an einen Menschen erinnern könnte, sondern nur einfache reine Energie.
< Entweder ist das wieder nur ein Trick dieser Zauberer, oder sie haben tatsächlich einen Weg gefunden ihre Seele in Energie umzuwandeln. Wenn ihnen das gelungen ist, dann sind sie so gut wie unsterblich. > dachte sich Sir Oontz und erhielt ein zustimmendes nicken, wenn er die Bewegung dieses Wesens richtig gedeutet hatte.
Nichts deutete an diesem Wesen mehr darauf hin, daß es vor ein paar Augenblicken noch Ritilsi Sky´s gewesen war und das schien Sir Oontz sogar noch mehr zu beunruhigen, als es eigentlich sollte.
Allein durch diese Erkenntnis, daß die fünf, die eins sind, sich zu diesem einen Lichtwesen zusammengetan haben und auch noch jederzeit ihre Gestalt ändern konnten, sich in jeden Menschen verwandeln konnten, den sie wollten, machte ihm Angst.
Sir Oontz war schon klar, daß die fünf sich nicht mit der Gestalt eines, mehr schlecht als recht, lebenden Bauern abgeben würden, aber was, wenn doch, was, wenn sein Vater nicht der gewesen war, für den er ihn immer gehalten hatte?
Dieser Gedanke ließ ihn Frösteln und ihm wurde klar, daß die fünf eine Macht hatten, die schon fast der eines Gottes glich und das machte ihm wirklich Angst.
„Wenn alle wohlauf sind, dann wäre es jetzt angebracht, wenn wir uns beeilen und in das eigentliche Quartier aufbrechen. Es ist noch ein halber Tagesmarsch und dann könnt ihr euch Ausruhen.“ versprach diese Lichtgestalt und bewegte sich wieder auf den Gang zu, aus der sie eben gekommen war.
Alle starrten diese Lichtgestalt an und allen war an den Gesichtern abzulesen, daß ihnen dies nicht geheuer war, mit Ausnahme von Esröp, die die fünf ja so kannte.
Keiner sagte etwas und alle setzten sich der Reihe nach in Bewegung und folgten der Lichtgestalt in den neuen Gang.
Auch hier war es nicht vollkommen dunkel und der Felsen spendete genug Licht, daß sie sehen konnten, wohin sie gingen.
Der Gang war gerade groß genug, daß einer allein aufrecht darin gehen konnte, ohne an die Decke oder die Wände zu stoßen und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als einer nach dem anderen, den Gang zu betreten, wobei Sir Oontz wieder den Anfang machte.
Lady Diara betrat als zweite den Gang, dann kam Ixa, gefolgt von Rocra und Ellov und zum Schluß gingen Esröp und Xamoed.
Kaum das Xamoed als letzter den Gang betreten hatte, schloß sich das Tor wieder und es war nichts als nackter Felsen zu sehen. Der Gang selbst sah aus wie eine Röhre, mit Ausnahme des Bodens, auf dem sie gingen, war der Gang Rund.
Er schien nicht von Hand gemacht, oder mit Magie geformt worden zu sein, denn die Wände waren nicht glatt, sondern rauh, so wie es sich für Felsen gehörte und ab und zu standen scharfe Kanten hervor, bei denen sie aufpassen mußten, wenn sie sich nicht daran verletzen wollten.
Es war ein eintöniges Marschieren. Der Gang änderte nicht einmal seine Form oder Richtung. Beständig ging es aufwärts, so daß sie immer höher den Berg hinauf kamen und irgendwann bemerkte Sir Oontz vor sich, neben dem Leuchten der fünf Zauberer, ein weiteres Flackern.
Allem Anschein nach endete der Gang dort vorne, denn das Flackern rührte von Fackeln, die dort angebracht worden waren und als sie schließlich den Gang verließen, verschlug ihnen der Anblick den Atem.
Sie hatten erneut eine Höhle betreten, aber diesmal war diese Höhle gigantisch. Das Dach der Höhle war soweit über ihnen, daß sie es nicht richtig sehen konnten und um die Höhle zu durchqueren, brauchte man sicherlich mehr als zwei oder drei Tagesmärsche.
Soweit sie blicken konnten, hingen an den Wänden Fackel und erleuchteten die Höhle fast taghell, es mußten Tausende von Fackeln sein.
Nirgendwo war eine Menschenseele zusehen und Sir Oontz konnte sich nicht wirklich vorstellen, wie es sein mußte, Jahrhunderte sommerlang, hier zu leben.
Vor ihnen, vielleicht einhundert Fuß entfernt, brannte ein großes Lagerfeuer, daß einzigste, daß sie hier sehen konnten und auf dieses Lagerfeuer bewegte sich die Lichtgestalt.
Erst gute zehn Schritte vorher, wandte es sich nach rechts und ging an dem Lagerfeuer vorbei. Erst jetzt konnte Sir Oontz eine Anzahl an Hütten sehen, die knappe hundert Schritte von dem Lagerfeuer entfernt standen.
Davor war ein großer Tisch zu sehen, an dem sie alle Platz hatten und er war gedeckt, mit vielen leckeren Dingen. Diesen Tisch steuerte das Lichtwesen, oder die fünf Zauberer, an.
„Setzt euch und macht es euch bequem. Wir denken, daß wir erst einmal Essen sollten und dann können wir reden.“ versprach das Wesen und deutete auf die Stühle, die sich um den Tisch herum befanden.
Keiner von ihnen sagte etwas, sie waren alle viel zu sehr erstaunt über die Gewaltigkeit dieser Höhle, aber sie setzten sich und begannen sogar nach einigen Augenblicken zu Essen. Erst jetzt bemerkten sie, wie hungrig sie eigentlich waren und sie verschlangen fast alles, was sich auf dem Tisch befand und nach dem Essen überkam sie eine wohltuende Müdigkeit.
Normalerweise hätten sie nichts lieber getan, als zu schlafen, aber das Lichtwesen, die fünf, die eins waren, wandte sich ihnen zu und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Zauberern ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
„Wir sind froh, daß ihr es rechtzeitig bis hier her geschafft habt. Morgen ist Lady Diaras Geburtstag und der Tag, an dem sich ihre gesamte Kraft entwickeln wird. Nur hier ist es uns möglich ihr zu helfen. Es wird sicherlich schmerzhaft werden, daß gesamte Wissen der letzten eintausendzweihundert Sommer zu verarbeiten, aber sie wird nicht daran zerbrechen, was geschehen wäre, würde sie nicht hier sein. Wir wissen daß ihr eine anstrengende Reise hinter euch habt und wir wissen auch, daß ihr zwei eurer Gefährten verloren habt. Seid versichert, daß lag nicht in unserer Absicht, aber was geschehen ist, ist geschehen. Die lange Reise war nötig, um euch als Gemeinschaft zusammen zu formen. Denn nur die Menschen werden erst zu einem Team, wenn sie lange genug zusammen sind und gemeinsam einige Gefahren gemeistert haben, so wie ihr.“
„Entschuldige bitte, daß ich unterbreche, aber wer bist du wirklich und wer bist du, den wir kennen?“ unterbrach Sir Oontz die Lichtgestalt und schaute doch recht verblüfft, als er plötzlich Lord Mungram gegenüber saß.
Nicht nur Sir Oontz, sondern auch die anderen, besonders die Jäger, zogen scharf die Luft ein, allerdings hatten sie keine Gelegenheit sich zu äußern, da die fünf Zauberer, erneut ihr Aussehen wechselten.
Jetzt saß ihnen wieder Lord Sky´s gegenüber und kurz darauf Lady Diaras Vater. Dann eine Gestalt, die Ähnlichkeit mit einem Holzfäller hatte, wahrscheinlich der Holzfäller, der Lady Diaras Mutter geschwängert hatte.
Dann saß ihnen plötzlich die Frau gegenüber, die ihnen das Frühstück serviert hatte, bei ihrem Stop in der ersten Herberge in Arikasch, dann war plötzlich der Herbergsbesitzer aus Selgna zu sehen, der Kapitän, der sie hier her gebracht hatte und zum Schluß nahmen die fünf, die eins waren, eine Gestalt an, die sie alle recht gut kannten, die Gestalt von Rieruk, der Drachendame.
„Das sind die, die ihr kennt, wir sind noch mehr, aber die kennt ihr nicht.“ dröhnte die Stimme der Drachendame über sie hinweg, wurde aber kurz darauf wieder normal, als die fünf erneut die Gestalt änderten und sich als Holzfäller mit an den Tisch setzte.
„Wir denken, daß diese Gestalt besser ist, um mit euch zu reden.“ sprach der Holzfäller sie an, aber allen hatte es die Sprache verschlagen.
Es dauerte lange, bis die Anwesenden sich von ihrer Überraschung erholt hatten, selbst Esröp war mehr als nur Überrascht, bei dem Gedanken der Vielzahl an Menschen, mit denen sie es zu tun gehabt hatte und nie bemerkte, daß die fünf Zauberer das waren, aber auch wie offen diese zugaben, die Gestalten gewechselt zu haben.
Wahrscheinlich dachten sie sich, daß es besser wäre, von Anfang an, mit offenen Karten zu spielen und damit gleich das Menschliche Verhalten des Mißtrauens, auszuschalten.
Aber selbst Esröp, die bisher immer gedacht hatte, die fünf zu kennen, war sich nicht mehr so sicher, daß dies wirklich der Fall war.
Sir Oontz war schließlich wieder der erste, der etwas sagte.
„Ihr habt uns die ganze Zeit über beobachtet?“ wollte er von dem Zaubererholzfäller wissen, aber dieser schüttelte den Kopf und nickte gleichzeitig.
„Nein, beobachtet möchten wir nicht sagen. Wir haben zwar die verschiedenen Menschlichen Formen angenommen, aber nicht aus dem Grund euch zu beobachten. Alles was wir in Form dieser Menschen gesagt und getan haben, meinten wir so, wie wir es gesagt haben und wir geben auch zu, daß letztendlich, all dies dazu gedient hat, euch auszusuchen und hier her zu bringen. Nicht nur Lady Diara ist eine Auserwählte, ihr alle seid auserwählt und dazu bestimmt, daß dunkle von Lavia für immer zu vertreiben. Sicherlich hat Lady Diara unsere gesamte Macht und unser gesamtes Wissen in sich, aber auch sie allein ist nicht in der Lage das Dunkle zu vernichten. Sie hat im eigentlichen Sinne nur die Aufgabe ihre gesamte Kraft auf Efacsen zu richten und ihn zu vernichten, aber um dort hin zu gelangen, müßt ihr viele Hindernisse überwinden und dafür braucht sie euch. Ihr seid auf dieser Reise zu einem Team geworden, zu einer Einheit verschmolzen, die fast gleich denken und handeln und das war der Sinn dieser Reise. Ihr werdet, ebenso wie Lady Diara, ein Unterricht bekommen, der euch die Kreaturen der Dunkelheit leichter vernichten lassen. Ihr,“ und damit deutete der Holzfäller auf die beiden Jäger, auf Sir Oontz, Ixa und auch auf Ellov, „ müßt den Weg bahnen, für Lady Diara.“
Sir Oontz schien plötzlich alles und auch nichts zu verstehen. Er verstand den Sinn der Reise und die Strapazen, die sie dabei durchgemacht hatten und er gestand sich ein, daß die fünf, die eins sind, recht hatten, sie waren zu einer Gemeinschaft geworden, die sich blind vertrauten, die im Handeln und Denken eins waren, aber er verstand im Moment noch nicht, was sein ganzes bisheriges Leben damit bedeutete.
Aber darüber wollte er jetzt auch nicht Nachdenken, es waren schon viel zu viele Informationen, die sie bekommen hatten und er war müde.
Schwer stützte er sich auf die Tischplatte und stemmte sich in die Höhe.
„Ich glaube, für heute haben wir genug Informationen bekommen, die wir erst einmal verarbeiten müssen. Wir sind alle müde und brauchen etwas Ruhe. Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns morgen weiter unterhalten.“ erklärte Sir Oontz und der Holzfällerzauberer nickte.
„Selbstverständlich. Ruht euch aus, aber morgen werden wir keine Gelegenheit zum Reden haben. Wir werden unsere ganze Energie und Aufmerksamkeit auf Lady Diara lenken müssen, aber es kommt sicherlich der Tag, an dem wir Reden können.“ meinten die fünf Zauberer des Hauses Sky´s und deuteten dann in die Richtung der Hütten.
„Es ist egal welche Hütte ihr nehmt. Es sind genug vorhanden. Wir werden uns jetzt auch zurück ziehen und wünschen euch angenehme Träume.“ und damit war der Holzfäller erneut einfach verschwunden, wie schon einmal, in der kleinen Höhle unten.
Alle starrten den Platz an, am dem der Holzfäller eben noch gesessen hatte, aber dann erhoben sie sich und wandten sich zu den Hütten um.
Keiner von ihnen sagte ein Wort, sie waren jetzt nicht in der Lage zu sprechen, vielleicht am nächsten morgen, jetzt wollten sie nur noch schlafen.
Auch Esröp wandte sich den Hütten zu, denn sie ahnte, daß sie keine Gelegenheit mehr bekommen würde, mit den fünf heute zu sprechen. Sie wußte, daß sie noch einige Vorkehrungen treffen mußten, aber Esröp war genauso schockiert über die Verwandlungen der Zauberer, wie die anderen auch und sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß die fünf sie nur als ein Werkzeug benutzten.
Sie hatte mit einigen der Personen zu tun gehabt, die die fünf gewesen waren, oft sogar über viele Sommer lang, aber niemals war auch nur ein Zeichen gekommen, daß es sich um die fünf handeln sollte und sie war sich nicht ganz sicher, was sie in diesem Spiel sollte.
Aber schließlich schlief sie über diesen Überlegungen ein und schlief Traumlos.


Sechzehn


Heute hat sich der Tag meines Geburtstags zum dreißigsten mal eingestellt und die Kraft der fünf, die eins sind, hat sich schlagartig in mir ausgebreitet. Es war schmerzhaft, sehr schmerzhaft und es war fast unvorstellbar, all dieses Wissen auf einmal in mich aufzunehmen, aber die fünf haben mir geholfen, so wie es in der Legende steht.


Lady Diara Sky´s – Die Ausbildung hat begonnen
Auszug aus Sky´s Chroniken


Sie wurden am nächsten Morgen durch Lady Diaras markerschütternde Schreie geweckt. Im ersten Moment waren alle etwas verwirrt, da sie sich nicht sofort zurecht fanden, aber schon kurze Zeit später trafen sich alle vor den Hütten wieder, sogar Esröp war bei ihnen.
Noch, bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, erklang erneut ein markerschütternder Schrei von Lady Diara, der nicht nur die Hütte, in der sie sich befand, vollkommen ausfüllte, sondern auch noch die gesamte Höhle, in der sie sich befanden.
Diese Schreie waren keine Angstschreie, so, als wenn man vor jemandem, oder etwas Angst hatte und nicht mehr weiter wußte, es waren Schmerzensschreie und wenn sie an die Intensität und tiefe dieser Schreie dachten, dann mußten die Schmerzen, die Lady Diara mit dem Beginn ihres dreißigsten Geburtstags ausstehen mußte, gewaltig sein.
Niemals zuvor hatte Sir Oontz, oder auch einer der anderen, solche Schreie gehört, die in solch hohen Tönen und Lauten ausgestoßen wurden, wie jetzt und er vermochte sich nicht vorzustellen, welche Kräfte jetzt bei ihr am Werk waren, um so etwas hervorzubringen.
Kaum das der letzte Schrei verklungen war, erklang ein neuer Schrei, der noch höher, noch schmerzvoller und noch mehr Pein in sich trug, als der letzte und sie wußten alle, daß sie nichts für Lady Diara tun konnten.
Und das war das schlimmste an der ganzen Sache. Diese Schmerzen, die Lady Diara ertragen mußte, waren nicht natürlichen Ursprungs, so daß sie sie nicht lindern konnten, da mußte sie ganz alleine durch und Sir Oontz fragte sich, wieviel Schmerzen wohl ein ausgemergelter Köper, wie der von Lady Diara, ertragen konnte. Wieviel Schmerzen konnte ein Mensch überhaupt ertragen, bevor er zusammenbrach und den Verstand verlor? Würde Lady Diara den Verstand verlieren, oder würde sie es durchstehen? Er wußte zwar, daß Lady Diara eine ziemlich Willensstarke Frau war, aber irgendwann mußte auch ihr Maß erschöpft sein.
Wieder erfüllte ein Schmerzenschrei die große Höhle und wiederum schien er noch mehr Schmerzen und Pein zu beinhalten und Sir Oontz schlug sich die Hände auf die Ohren, um diese Laute nicht mehr hören zu müssen. Es war nicht so, daß nur Lady Diara schmerzen hatte, auch Sir Oontz hatte Schmerzen, die ihm auf der Seele brannten. Er wußte das er nichts tun konnte und dennoch drängte alles in ihm danach, ihr zu helfen und dieses Ohnmächtige Gefühl des Nichtstun Könnens, schmerzte ihn fast so sehr, wie Lady Diaras Kraft, die sich endgültig in ihr entfaltete.
Drei oder vier mal, erklang noch Lady Diaras Schreien, aber von mal zu mal wurden die Schreie leiser und schienen auch nicht mehr so schmerzgepeinigt zusein, wie noch zu Beginn und dann verstummten sie ganz.
Gebannt blickten alle zu der Hütte hinüber, in der Lady Diara lag und waren nicht im geringsten überrascht, als der Holzfällerzauberer, aus dieser Hütte kam.
Sofort gingen sie ihm entgegen und Ixa wollte wissen, wie es Lady Diara ging.
„Oh, sie ist stark, sie ist unglaublich stark mit ihrem Willen. Sie hat unser gesamtes Wissen und unsere Kraft, die wir ihr schenkten, sehr viel besser und schneller aufgenommen, als wir es je für möglich gehalten haben. Das schlimmste hat sie überstanden, aber jetzt beginnt für sie das Training. Sie muß mit dieser Kraft umzugehen lernen und das wird einige Zeit beanspruchen, wenn auch nicht so lange, wie wir gedacht haben. Sie ist vollkommen erschöpft und schläft jetzt. Ich denke, wir sollten erst einmal Frühstücken und dann sehen wir weiter. Vielleicht beginnen wir auch schon mit eurem Training.“ meinte der Holzfäller und deutete auf sie alle, wobei er Esröp allerdings ausschloß.
Der Tisch war bereits gedeckt, dampfende Brötchen, heißer Tee und noch einige andere leckere Dinge standen darauf, aber Sir Oontz machte keinerlei Anstalten sich zu setzen.
„Lady Diara hat gesagt, daß Efacsen wieder erwacht sei und sehr viel schlimmer wütet, als er damals gegangen war. Stimmt das?“ wollte Sir Oontz von den fünf Zauberern wissen, die eins waren und diese nickten.
„Ihr habt doch sicherlich gewußt, daß Efacsen bereits am wüten ist, wenn Lady Diara ihre Kraft bekommt. Wieso habt ihr es dann nicht so eingerichtet, daß wir Efacsen bereits dann erwarten, wenn er auftauchen sollte?“ wollte Sir Oontz weiter wissen, aber er glaubte nicht, daß er wirklich eine Antwort bekommen würde, wurde aber Überrascht.
„Sicherlich wäre das möglich gewesen, aber die Sache ist eigentlich relativ einfach erklärt. Bestimmt erwartet ihr jetzt eine Erklärung, die so Kompliziert ist, daß sie niemand versteht, aber da werde ich euch enttäuschen müssen. Es gibt ein Gesetz der Götter, daß das Gute und das Böse immer im Einklang sein müssen und nicht einmal unsere Götter mischen sich da ein. Da könnt ihr unsere ehemalige Göttin fragen.“ meinte der Holzfäller und deutete auf Esröp und als diese nickte, fuhr er in seiner Erklärung fort.
„Das eine darf das andere nicht überwiegen. Stellt es euch wie eine Waage vor. Auf der einen Schale sitzt das Gute und auf der anderen, das Böse. Jetzt nehmt einmal an, daß das Gute langsam, aber beständig zunimmt, was geschieht?“ fragte der Holzfäller und schaute Ellov an.
„Das Gute bekommt Übergewicht.“ erklärte sie und der Zauberer nickte.
„Genau. Das Gute wird die Oberhand gewinnen und das Böse endgültig verdammen, aber das darf nicht geschehen. Wenn es das Böse nicht mehr gibt, ob nun in Gestalt von Efacsen, oder aber in den Herzen der Menschen, dann wird das Gute übermächtig und wird sich dem Bösen zuwenden. Wenn das Gute sich dem Bösen zuwendet, dann gibt es nur noch das Böse, dann gibt es kein Gleichgewicht mehr, niemanden, der das Gleichgewicht wieder herstellen könnte, es würde dann kein Gut mehr existieren. Das Gute auf Lavia, hat seit der letzten Finsternis überhand genommen und droht nun Böse zu werden und da Efacsen wieder gekommen ist, wird sich das Gleichgewicht wieder herstellen. Wir müssen Efacsen vernichten, weil das Böse in ihm und mit ihm, zu mächtig werden würde und die völlige Kontrolle über Lavia bekommen könnte und das ist genauso falsch wie anders herum.“ versuchte der Holzfällerzauberer zu erklären und sah in den Gesichtern der anderen, daß ihm dies auch fast gelungen war.
„Wenn ich das richtig verstanden habe, dann kann das Gute nicht ohne dem Bösen bestehen und nur das Gute wird Böse werden, aber wenn es nun nur das Böse gäbe, würde das dann nicht Gut werden?“ wollte Rocra von den fünf, die eins waren, wissen, aber der Holzfäller schüttelte den Kopf.
„Was Böse ist, bleibt böse. Wir haben viele Experimente in dieser Richtung unternommen und wir glaubten sogar zweimal, daß es möglich sei, aber das Böse wurde wieder zu dem was es war, böse. Das Böse ist und bleibt böse und kann niemals Gut werden. Efacsen wird für eine gewisse Zeit das Zünglein an der Waage sein, sogar die Oberhand gewinnen, aber diese Oberhand brauchen wir, um das Gute auf Lavia beizubehalten. Es wird lange dauern, bis das Gute wieder ein Gleichgewicht auf Lavia hergestellt hat, mehr als zehntausend Sommer, aber dann wird wieder jemand da sein, der dieses Gleichgewicht beibehält.“ war die Antwort auf Rocras Frage und gleichzeitig hatten die Zauberer wieder was zum Nachdenken gegeben.
Jetzt wurden sie doch langsam hungrig und nahmen die Einladung der Zauberer von vorhin an und setzten sich an den Tisch, um zu Frühstücken.
Es war ein sehr schweigsames Frühstück, bei dem sie alle ihren eigenen Gedanken nachhingen.
Nach dem Frühstück wollte der Holzfäller mit Rocra, Sir Oontz und Xamoed das Training beginnen, zwar waren alle drei nicht sonderlich erbaut darüber, aber dennoch sahen sie ein, daß es nötig sein würde.
Es stellte sich heraus, daß das Training, welches die fünf Zauberer mit den Herren machten, nichts weiter war, als Fechtkunst und Bogenschießen.
Obwohl alle drei geglaubt haben, sehr gut mit dem Bogen oder auch mit dem Schwert umgehen zu können, stellten sie dennoch fest, daß dem nicht so war. Sogar ohne Zauberkräfte, gelang dem Holzfäller es spielerisch, die drei zu Entwaffnen und bei dem Bogenschießen seine Treffsicherheit unter beweiß zu stellen. Schließlich gaben die drei zu, daß es wohl doch besser sei, wenn sie sich dem Training unterzogen.
Der Holzfällerzauberer teilte den Tag in drei Schichten ein. In dem ersten Teil, der von Sonneaufgang, bis zur Mittagszeit reichte, unterrichtete er die drei Männer und gab ihnen zu verstehen, daß sie selbst auch noch üben sollten, wenn er nicht dabei sein konnte.
Der zweite Teil war für Ellov und Ixa gedacht, in denen er den beiden Frauen die Künste der Heilkraft und Trankzubereitung lehrte, sowie auch ein paar ganz kleine Zaubersprüche, die notwendig sein würden, sollten sie ein Teil Lavias erreichen, in dem es keine Kräuter gab, so konnten sie sich die benötigten Zutaten einfach herbeizaubern, aber auch ein paar Zaubersprüche, gegen die dunklen Kreaturen der Finsternis, bekamen die beiden Frauen vermittelt.
Den Rest des Tages, verbrachten die fünf, die eins sind, mit Lady Diara. Vom Äußerlichen her, hatte sie sich nicht ein bißchen verändert, aber im inneren, da tobte eine Vielzahl an Empfindungen, Gedanken und Emotionen, die sie nie für möglich gehalten hatte, aber auch eine Kraft und Energie war in ihr, die es ihr schier unmöglich machte, still zu sitzen, oder zu schlafen und sie lernte unglaublich schnell.
All die Zaubersprüche und Bewegungen, die jeweils dafür von Nöten waren, verinnerlichte sie sich so stark, daß sie sie schon nach kurzer zeit wie im Schlaf beherrschte. Selbst die Auswirkungen, die jeder einzelne Zauberspruch mit sich brachte lernte sie und bereits zwei Monate, nachdem sie die Insel betreten hatten, war Lady Diara soweit, daß sie sich Efacsen entgegenstellen konnte.
Auch Sir Oontz, Rocra und Xamoed, hatten ihr Training erfolgreich absolviert und hatten eine Eleganz und Zielsicherheit erreicht, die sie nie für möglich gehalten hatten und auch ohne Zauberkräfte, erreichten sie fast das Ergebnis, welches die fünf Zauberer aus dem Hause Sky´s, mit ihren Zauberkräften, vorlegten.
Und Ellov und Ixa, waren wohl die am besten ausgebildeten Heiler, die auf ganz Lavia zu finden waren, wohl auch die Kräuterkundigsten.
„Die Zeit ist gekommen, an der wir euch nichts mehr beibringen können. Ihr wißt nun alles, was wir wissen und könnt alles, na ja, fast alles, was wir können. Die zeit des Abschieds ist da. Ihr seid gerüstet, um gegen Efacsen anzutreten. Wir werden uns nie wieder sehen, denn mit dem Tag, an dem Efacsen vernichtet wird, vergehen auch wir. Wir haben unsere Schuldigkeit getan, jetzt seid ihr an der Reihe.“ sprach der Holzfäller sie nach dem Frühstück an und obwohl alle diesen Tag herbeigesehnt hatten, so fürchteten sie ihn auch.
Es war eine anstrengende, aber nichts desto trotz, eine angenehme zeit gewesen, in der sie nicht nur über sich selbst mehr gelernt hatten, sondern auch die anderen noch besser kennengelernt hatten und jetzt, mehr denn je, als eine Gruppe dachten und handelten, wenn nicht sogar, wie nur ein Mensch.
„Und wie kommen wir hier weg?“ wollte Ellov wissen und schaute die anderen an.
„So wie ihr hergekommen seid, durch den Tunnel und den Berg wieder hinab.“ entgegnete der Holzfäller und grinste leicht, denn er wußte genau, was Ellov meinte.
„Das ist mir soweit schon klar, aber das Schiff ist weg, wenn ich das richtig weiß.“ erklärte Ellov und schien den Scherz der Zauberer gar nicht mitbekommen zu haben.
„Oh, darum wird Lady Diara sich kümmern.“ meinten die fünf, die eins waren und drehte sich auf seinen Stuhl leicht nach links. Kurz darauf bückte er sich und schien etwas vom Boden aufzuheben.
„Das hier sind Amulette. Wir möchten jeden von euch solch ein Amulett mitgeben. Es sind Glückbringer, sie legen zwar kein Schutzschild um euch, warnen euch aber, wenn Gefahr droht.“ erklärte der Holzfällerzauberer und begann die Amulette zu verteilen.
Es waren eigentlich keine besonderen Amulette, nur eine Silberschimmernde Scheibe, die an einem Lederband hing, aber auf der Scheibe waren Zeichen und Schriftzüge eingraviert worden, die sehr fremdartig aussahen und aus einer zeit zu stammen schienen, die sehr weit zurück lag und dessen Sprache heute niemand mehr sprach.
Aber dennoch zweifelten die sieben Menschen nicht an dem Wahrheitsgehalt dessen, was die fünf, die eins sind, über diese Amulette gesagt hatten.
„Also gut, es ist Zeit für euch, aufzubrechen. Handelt weise und Überlegt, bei jedem Schritt den ihr tut. Efacsen ist sehr stark geworden und seine Herrschaft ist grausam und unerbittlich. Egal was geschieht, handelt, denkt und lebt, wie einer, dann kann er euch so gut wie nichts anhaben. Und jetzt geht.“ meinte der Holzfällerzauberer, war aber nicht länger ein Holzfäller, sondern wieder die Gestalt, in der Ureigensten Form, der Energie.
Die Lichtgestalt deutete auf den Ausgang und alle rückten ihre Taschen zureckt, in denen sie etwas Proviant hatten. Die fünf, die eins sind, waren der Meinung, daß sie nicht viel brauchen würden und setzten sich dann in Bewegung.
Sie alle hatten irgendeine Waffe, oder einen Gegenstand von den Zauberern bekommen, der ihnen weiterhelfen sollte, im Kampf gegen das Böse. Die Männer hatten Schwerter bekommen, die aus einem Stoff gefertigt worden waren, daß es auf Lavia nicht zu finden gab, Sternenstaub.
Es hatte die fünf mehrere hundert Sommer lang an zeit gekostet, genug Material für drei Schwerter zu bekommen und diese dann zu fertigen. Die Schwerter waren leicht wie eine Feder, aber bei weitem Widerstandsfähiger als Metall, oder sonst ein Stoff, den Sir Oontz, oder die anderen, kannten und es zerschnitt einen Felsen, der die Größe eines Mannes hatte, in zwei Hälften, so lässig, wie ein warmes Messer durch Butter schneidet.
Mit diesen Schwertern hatten sie Trainiert und waren darin zur Perfektion gelangt und die fünf, die eins sind, haben die drei zu Kampfmaschinen ausgebildet.
Auch die Frauen haben ein Geschenk bekommen, einen Topf, der aus demselben Metall gefertigt worden war, wie die Schwerter und in dem sie ihre Tränke und Salben vorbereiten konnten. Außerdem hatten sie ihnen ein paar Zaubersprüche gelehrt, die ausschließlich mit der Natur zu tun hatten und diese Naturgesetze gelegentlich sogar außer Gefecht setzen konnten.
Auch die Frauen waren dermaßen gedrillt worden, daß sie Perfekt in dem waren, was die fünf ihnen beigebracht hatten und früher, zu einer Zeit, die weit zurück liegt und über die es keine Aufzeichnungen gibt, gab es ein Wort für Ellov und Ixa, Hexen.
Nur Lady Diara bekam nichts, jedenfalls keinen Gegenstand aus Sternenstaub, aber die fünf hatten ihr mehr gegeben und etwas sehr viel wertvolleres, als Sternenstaub, ihr gesamtes Wissen über die Zauberkunst und das war mehr, als jemals ein sterblicher erwarten durfte.
Sie verließen die Höhle, auf dem Weg, den sie gekommen waren und befanden sich einen halben Tag später wieder in der kleinen Höhle, die genau in der Mitte des Berges lag. Sie verhielten keinen Moment und machten sich sofort an den Abstieg, um kurz darauf, den Weg durch den Urwald anzutreten.
Die Sonne war zwar bereits dabei unter zu gehen, als sie schließlich den Strand erreichten, aber dennoch waren sie der Meinung, daß dieser Weg, bei weitem nicht so lang war, wie der Hinweg, aber vielleicht mochte das auch täuschen, weil sie jetzt Ausgeruht waren.
Sie kamen überein, daß sie hier jetzt ihr Lager aufschlagen und erst am frühen Morgen weiterreisen wollten.
Sir Oontz hatte zwar sein Denken, was das Kämpfen anging, gründlich umgestellt und war zu einer wahren Kampfmaschine geworden, ebenso wie Xamoed und Rocra, aber dennoch war er derselbe Sir Oontz geblieben, der er immer war, sehr nachdenklich.
Efacsen war zu dem Zeitpunkt zurückgekommen, an dem sie hier eingetroffen waren und die fünf, die eins sind, hatten gesagt, daß Efacsen sehr viel grausamer und unehrbitterlicher herrscht, als damals.
Wenn Lady Diaras Visionen und Alpträume auch nur einen Funken an Wahrheit beinhalteten – und daran zweifelte er keinen Moment, dann wußte Efacsen, daß Lady Diara eine Kraft in sich hatte, die ihm gefährlich werden konnte. Würde er nicht nach ihr suchen und alles daran setzen, sie zu vernichten? Was, wenn er sie nicht findet, daß konnte er ja nicht, schließlich waren sie auf dieser Insel und die war gut geschützt, würde er dann nicht vor lauter Zorn alles Vernichten, was sich ihm in den Weg stellte?
Und wenn ja, wie schnell waren diese Kreaturen der Finsternis, wie schnell würden sie Lavia überrennen und alles Auslöschen?
Würden sie noch rechtzeitig kommen, um wenigstens ein paar Menschenleben retten zu können, oder würde alles schon vorbei sein, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte?
Sir Oontz hatte gar nicht bemerkt, daß er gedankenverloren in dem Lagerfeuer herumstocherte und zuckte zusammen, als Ixa ihn ansprach.
„Woran denkst du?“ wollte sie wissen und schmiegte sich eng an ihn, und ein Gefühl der unglaublichen tiefen Ruhe überkam ihn, so wie jedesmal, wenn Ixa ihn berührte.
„Eigentlich an nichts besonderes.“ meinte er und zuckte die Schultern, aber als er in ihr Gesicht blickte, sah er, daß sie ihm nicht glaubte.
„Oder, eigentlich doch. Ich denke an Efacsen. Wenn er so wütet, wie die fünf gesagt haben, haben wir dann überhaupt noch eine Chance, die Menschen auf Lavia zu retten? Ist es nicht schon zu spät?“ wollte er von Ixa wissen und schaute in das Lagerfeuer.
„Ich weiß nicht, ob es schon zu spät ist, aber ich denke nicht. Denn wenn es so wäre, würden uns die Zauberer denn noch losschicken, um das zu retten, was noch zu retten ist? Ich bin mir ziemlich sicher, daß etliche Menschen ihr Leben lassen müssen, wenn sie sich gegen Efacsen auflehnen, aber ich glaube nicht, daß schon alles zu spät ist.“ versuchte Ixa ihn zu beruhigen und er hörte an ihrer Stimme, daß sie es ernst mit dem meinte, was sie sagte, es sogar selbst glaubte, aber dennoch waren seine Zweifel nicht verschwunden.
Sir Oontz sagte nichts mehr, sondern stocherte wieder gedankenverloren in dem Lagerfeuer herum.
Ixa saß noch eine weile bei ihm und stand nach einiger Zeit auf. Sie gab ihm einen Kuß auf die Wange und wandte sich dann an Lady Diara, die etwas abseits auf dem Strand stand und auf das Meer hinausblickte.
„Haben wir eine Chance?“ fragte Ixa dann und schaute Lady Diara an.
Lange Zeit sagte Lady Diara nichts, sondern starrte weiterhin auf das Meer, aber dann zuckte sie die Schultern.
„Ich weiß es nicht. Ich meine, eine Chance hat man immer, auf jeden Fall dürfen wir nicht an uns zweifeln und das nicht sehen, was Efacsen angerichtet hat. Wir müssen ihn Vernichten, egal was es kostet.“ meinte Lady Diara sehr leise, aber Ixa konnte hören, daß es ihr ernst damit war.
Diese Worte waren nicht einfach nur so dahin gesagt, sondern würden schon sehr bald bitterer ernst werden. Koste es, was es wolle, selbst ihr leben mußten sie geben, sollte dadurch Efacsen vernichtet werden und sie würden es sogar tun, darum waren sie hier, darum hatten sie Lady Diara begleitet und darum wurden sie von den fünf Zauberern von Haus Sky´s, ausgebildet, um ihr Leben zu geben, sollte dies von Nöten sein.
Ganz langsam drehte Ixa sich um und ging zurück zum Lagerfeuer, wo sie sich wieder neben Sir Oontz setzte.
Ganz plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, daß dies alles ausreichte, was die fünf ihnen gelehrt hatten, um Efacsen zu vernichten.


Siebzehn

Vor zweieinhalb Monaten ist Efacsen auferstanden und verbreitet Schrecken, Tod und Verwüstung. Heute machen wir uns auf den Weg, diesem treiben ein Ende zu bereiten, aber wird es uns auch gelingen?

Lady Diara Sky´s – Der Kampf beginnt
Auszug aus Sky´s Chroniken


Noch, bevor die ersten Sonnenstrahlen auf die Insel fielen, waren Lady Diara und die anderen bereits wieder auf den Beinen. Der Morgen graute, während sie ihr Lager abbrachen und Lady Diara damit begann ein Fortbewegungsmittel zu bekommen, welches sie von dieser Insel herunterbringen würde.
Es war nicht genau zu erkennen, was Lady Diara da tat, mit Ausnahme, daß sie die Arme erhoben hatte und leise Worte vor sich hinmurmelte, die man nicht verstehen konnte, war nicht klar was sie da tat.
Sir Oontz war sich nicht ganz sicher, aber er vermutete, daß sie ein Tier rufen würde, daß sie hier wegbrachte, vielleicht einen dieser gigantischen Raubvögel, von denen er schon gehört hatte und die eigentlich in dem großen Wald Nevar leben sollten.
Sir Oontz lag nicht ganz so daneben, was seine Vermutung anging, daß Lady Diara ein Tier rief, aber es war kein Vogel, sondern ein gigantischer Wal.
Dieses riesige Tier erschien so unvermittelt und so dicht vor der Insel, daß die umstehenden leicht zusammenzuckten, als der Wal seine Luft herausblies.
Selbstverständlich war der Wal viel zu groß, als das er soweit an den Strand kommen konnte, damit sie ungehindert auf seinen Rücken klettern konnten, aber auch dafür gab es eine Lösung.
Der Wal drehte sich soweit herum, daß er seine Schwanzfloße, die schon alleine eine Größe hatte, die dem Schloß von Haus Sky´s, sehr nahekam, auf den Strand auflegen konnte, somit konnten Lady Diara und ihre Begleiter, über die Schwanzflosse, auf den Rücken dieses Ungetüms steigen.
Der Wal war weiter nichts als ein Tier und tat ihnen den Gefallen, sie von der Insel herunter zu bringen, keineswegs freiwillig. Lady Diara zwang ihn, dies zu tun und wie sich herausstellte, war der Wal, bei weitem schneller, als das Segelschiff, welches sie hier her gebracht hatte.
In nur knapp fünf Tagen, in denen Lady Diara nicht einmal geschlafen hatte, weil sie sich Konzentrieren mußte, damit der Wal nicht seinem Urinstinkt nachgab und abtauchte und sie dabei ertrinken würden, erreichten sie die Küste von Noitisop.
Es war fast dieselbe Stelle, an der sie das Boot gefunden hatten und Esröp war es etwas unwohl in ihrer Haut, als sie an die aufgebrachten Seeleute dachte.
Sie hoffte nur, daß diese Männer nicht mehr hier waren und anderweitig beschäftigt sein würden.
Die Männer waren nicht mehr hier, darüber brauchte sie sich keine Gedanken mehr zu machen, dafür aber etwas anderes.
Die Kreaturen der Dunkelheit hatten sich hier bereits breit gemacht und noch bevor sie richtig einen Fuß auf den Strand gesetzt hatten, wurden sie auch schon aufgelauert.
Sir Oontz und Xamoed hatten als erste den Strand betreten und sahen sich sofort Kreaturen gegenüber, die mit sehr grotesken Bewegungen, auf sie zugerannt kamen. Nicht nur die Bewegungen, sondern auch ihre Körperhaltung erinnerte an die eines Affen, an einen sehr großen Affen.
Nur ihre Messerscharfen Klauen an Händen und Füßen, sowie ihr Raubtiertaftes Gebiß und ihre Rotglühenden Augen, ließen darauf schließen, daß sie es hier mit etwas anderem zu tun hatten, als mit Affen.
Und so grotesk und unbeholfen ihre Bewegungen auch sein mochten, diese Wesen waren verdammt schnell. Kaum das Sir Oontz und Xamoed sie gesehen haben, da befanden sie sich noch am Rande der letzten Häuser, waren sie auch schon auf dem Sand und kamen ihnen entgegen.
Sie hatten keine Waffen in den Händen, aber bei diesen Klauen, brauchten sie das auch nicht und Sir Oontz entging nur mit etwas Glück dem ersten Hieb.
Aber ebenso schnell, wie diese Wesen auf den Beinen waren, ebenso schnell, war Rocra mit seinem Bogen. Bevor diese Wesen erneut angreifen konnten, hatte er zwei von ihnen ausgeschaltet, so daß nur noch zwei weitere übrigblieben, für jeden einen.
Noch, bevor der Kampf richtig begonnen hatte, war er schon wieder vorbei. Mit zwei schnellen Schlägen, hatten Sir Oontz und Xamoed, mit ihren Schwertern, den angreifenden Bestien jeweils ihre linke Hand abgehackt und bevor diese sich von ihrer Überraschung wieder erholt hatten, mit einem weiteren schnellen Schlag den Kopf von den Schultern getrennt.
Die Körper hatten noch nicht einmal richtig den Boden berührt, als sie auch schon begannen sich aufzulösen. Rauchwolken stiegen aus den Körpern hervor, die stark nach verbrannten Fleisch und Haaren rochen und den Anwesenden beinahe den Atem nahmen, bevor die Kreaturen in einem hellen Feuerblitz verschwanden. Danach war weiter nichts mehr von ihnen zu sehen, mit der Ausnahme eines verbrannten Flecks, der sich auf dem Sand abzeichnete.
Schnell schauten sich Sir Oontz, Xamoed und Rocra in der näheren Umgebung um, konnten aber keine weiteren Angreifer feststellen, so daß jetzt auch die Damen von dem Wal herunter stiegen und sich zu den Herren gesellten.
„Es sieht so aus, als wenn sich in der näheren Umgebung keine weiteren Monster aufhalten. Allerdings sollten wir uns nicht darauf verlassen. Wir müssen vorsichtig sein. Es ist durchaus möglich, daß sich in dem Dorf selbst noch einige dieser Wesen aufhalten. Da sie keinen Ton von sich gegeben haben, glaube ich nicht, daß sie irgendeine Warnung geben konnten. Außer, wenn sie sich gedanklich verständigen. Also, gut, wie gehen wir weiter vor?“ wollte Sir Oontz von Lady Diara wissen, schaute aber auch die anderen dabei an, um zu zeigen, daß er für jeden Vorschlag offen war.
„Es ist eigentlich klar. Wir sollten uns nicht mit diesen Handlangern aufhalten, sondern müssen das Übel bei der Wurzel packen. Wie beim Unkraut, es mit Stumpf und Stiel herausreißen.“ meinte Ellov und auch sie hatten unter der Obhut der fünf Zauberer eine Wandlung durchgemacht.
War sie auf ihrer Hinreise immer sehr verschwiegen gewesen und hatte das Unschuldslamm gespielt, daß von nichts eine Ahnung hatte und in nichts hineingezogen werden wollte, so war sie jetzt jemand, der sagte was er dachte und auch die Führung an sich nehmen konnte. Sie hatte gelernt nachzudenken und die Konsequenzen, die aus einem Vorschlag resultierten, im voraus zu sehen.
Sie hatte viele gute Ideen und ihre Gedankengänge waren immer klar und einfach zu verstehen, ebenso wie ihre Vorschläge.
Auch ihr jetziger Vorschlag war klar zu verstehen, aber so einfach war es nun auch wieder nicht, wie Lady Diara feststellte.
„Sicherlich ist die Idee richtig, aber wir müssen sehr vorsichtig sein, nicht schon im Vorfeld, in einen Hinterhalt zu geraten und damit von vornherein, alles zunichte zu machen, was in uns gesetzt wird. Und ich bin mir ziemlich sicher, das Efacsen ein, oder auch mehrere, Hinterhalte eingerichtet hat.“ erklärte Lady Diara und schaute in die Runde.
„Also gut, was also machen wir? Gehen wir in das Dorf und sehen nach, ob noch mehr dieser Kreaturen da drin sind, oder umgehen wir Noitisop weiträumig und versuchen unterwegs irgendwo Pferde aufzutreiben, um schnell nach Nevaeh zu gelangen?“ wollte Sir Oontz wissen und schaute Lady Diara an.
Sie wußten alle, das sie diese Sache so schnell als möglich hinter sich bringen mußten, schon alleine wegen des Überraschungseffekts und sie wußten alle, wo Efacsen sich aufhielt, nämlich dort, wo damals alles geendet hatte. Damals hatte dieser Ort zwar noch Qapmo geheißen, heute hieß er jedoch Haus Sky´s und dort mußten sie hin.
„Ich weiß wie schwer es euch fällt, auch mir fällt es nicht leicht, aber wir lassen alle Dörfer, Städte und Siedlungen unbeachtet und machen uns auf direktem Weg nach Nevaeh. Je schneller desto besser und wenn ich richtig gerechnet habe, dann haben wir gute fünfzehn Tage Reise vor uns.“ entgegnete Lady Diara und wandte sich um, um sich das Fischerdorf Noitisop anzusehen.
Das Dorf lag dunkel und ruhig vor ihnen, viel zu ruhig und allen war klar, das sich dort keine Menschenseele mehr aufhielt, daß alle Menschen, die sich hier jemals befunden hatten, in den Fängen von Efacsen und seinen Kreaturen befanden.
Sehr wahrscheinlich würde es sogar bei fast allen Dörfern und Städten so aussehen, auf die sie stießen und ein Gefühl der Trauer machte sich in Lady Diara breit, aber sie verdrängte dieses Gefühl wieder, es würde sie nur von ihrem Ziel abhalten und das war im Moment das wichtigste.
Sie zuckte schließlich mit den Schultern, wandte sich um und ging, ohne ein Wort zu sagen, an ihren Gefährten vorbei und ließ damit das Dorf Noitisop hinter sich.
Die anderen schauten für einen Moment schuldbewußt zu dem Fischerdorf, zuckten dann ebenfalls mit den Schultern und folgten Lady Diara.
Sie hatten Noitisop hinter sich gelassen und hielten sich, so gut es ging, meistens in Wäldern auf, so, daß sie nicht gesehen werden konnten.
Es war erschreckend.
Vor gar nicht allzu langer Zeit, waren die Wälder voll mit Leben gewesen. Mit Vögeln, mit Fliegen, Eichhörnchen und anderen Kleingetier, aber jetzt war nichts mehr zu hören.
Nirgendwo regte sich etwas, nicht einmal der Wind bewegte sich, es war, als wenn jemand die Zeit eingefroren hätte, so, das alles zur absoluten Starre erstarrte und somit kein Ton mehr zu hören war.
Da sie nichts hörten - und daß in den Wäldern anscheinend kein leben mehr war, daß erschreckte sie fast mehr, als die Tatsache, daß die Kreaturen der Dunkelheit wirklich waren und gegen sie kämpfen mußten.
So wie fast alle Menschen auf Lavia, liebte Sir Oontz die Natur und er war immer der Meinung gewesen, wenn die Natur stirbt, dann stirbt auch der Mensch und der Wald war am Sterben, daß konnte sie ganz genau fühlen und sie spürten, daß sie sich noch mehr beeilen mußten, als ohnehin schon.
Efacsen kannte keine Gnade, er wollte Rache für die Schmach, die ihm vor eintausend Sommer zugefügt wurde und er schlug schnell und erbarmungslos zu und er ließ keine Zeit verstreichen. Und Sir Oontz war sich immer weniger sicher, daß sie es rechtzeitig schaffen würden, aber wie sooft, kam ihnen auch diesmal das Schicksal zu Hilfe.
Sie befanden sich in einem Wald, den sie verlassen mußten und sahen sich einer weiten Grasfläche gegenüber, die nicht ein Stück an Deckung bot. Sie würden sich wie auf einem Präsentierteller bewegen, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig und Zeit, einen anderen Weg zu suchen, hatten sie nicht und gerade, als sie diese Grassteppe betraten, verdunkelte sich der Himmel über ihnen.
Im ersten Moment dachten sie, daß es sich um ein Gewitter handeln würde, dessen Vorboten sie nun zu spüren bekommen würden, als ihnen einfiel, daß bis vor wenigen Augenblicken die Sonne noch hell und strahlend am Himmel gehangen hatte und nirgendwo eine Wolke zu sehen gewesen war.
Und dann kam ihnen in den Sinn, daß sie von den Dunklen Kreaturen entdeckt worden waren und diese sich ihnen nun entgegenstellten, aber auch das stimmte nicht.
Da sie gegen die Sonne blicken mußten, konnten sie nicht viel mehr als einen Schatten sehen. Aber dieser Schatten war gewaltig und Sir Oontz hatte das Gefühl, daß er diesen Schatten schon einmal gesehen hatte, nur fiel ihm im ersten Moment nicht ein wo.
Erst als der Schatten sich ein Stück weit von ihnen entfernte und zur Landung ansetzte, wurde aus dem Schatten etwas sichtbares und sie waren doch alle etwas verblüfft dieses Wesen hier zu sehen. Zumal sie alle davon ausgegangen waren, daß es die Drachendame nicht wirklich gegeben hatte.
„Rieruk.“ rief Sir Oontz und rannte der Drachendame entgegen, blieb aber kurz darauf wieder stehen.
„Bist du das wirklich? Oder sind hier wieder die fünf am Werk?“ wollte er dann wissen und spielte auf die Verwandlung der fünf, die eins sind an, die sie in deren Höhle gesehen hatten.
„Ich bin es wirklich.“ dröhnte ihnen die Stimme der Drachendame entgegen und auf allen Gesichtern war der Ausdruck Freudigen Wiedersehens zu sehen.
„Ich habe euch auch zu beginn unserer gemeinsamen reise begleitet und an dem Tag, wo ihr das erste mal auf die dunklen Kreaturen gestoßen seid, da hat mich dieser Holzfäller angesprochen und gesagt, daß ich mich zurück ziehen sollte und das er ab jetzt übernehmen würde. Zuerst wußte ich nicht, was dieser kleine Mensch von mir wollte, aber dann hat er sich vor meinen Augen in mich selbst verwandelt und da hab ich es mit der Angst zu tun bekommen und bin geflüchtet. Ich habe mitbekommen, wie ihr angekommen seid und da habe ich mir gedacht, ob ich euch meine Hilfe anbieten kann.“
„Du bist genau im richtigen Moment gekommen. Wie immer. Ja, du kannst uns helfen. Wir müssen so schnell wie möglich nach Nevaeh, um genauer zu sein, nach haus Sky´s. Kannst du uns da hinbringen?“ wollte Lady Diara von Rieruk wissen und schaute die Drachendame an.
„Aber, da haust Efacsen.“ meinte die Drachendame und es war deutlich heraus zu hören, daß sie Angst hatte, sich dorthin zu begeben.
„Du brauchst uns nicht bis ganz dorthin zu bringen, es reicht, wenn du uns in die nähe bringen könntest und dann kannst du wieder verschwinden. Es ist wichtig und wir haben nicht viel Zeit.“ wandte sich Esröp an die Drachendame, aber immer noch zögerte Rieruk.
„Also, schön, na gut. Aber ich bringe euch nur soweit, daß ihr selbst noch einen halben Tag gehen müßt. Näher nicht. Und dann bin ich auch sofort wieder weg.“ ließ sich die Drachendame doch dazu herab, ihnen zu helfen.
„Dann rauf mit euch, worauf wartet ihr denn noch?“ wollte die Drachendame wissen, ging aber erst in diesem Moment in die Knie, so daß sie auf ihren Rücken steigen konnten.
Sir Oontz hatte gar nicht bemerkt, wie sehr ihm diese Art der Fortbewegung gefehlt hatte, wie sehr Rieruk ihm gefehlt hatte.
Auch wenn sie nur ein Drache war, so schienen sie doch mehr zusammen zu haben, als es normalerweise der Fall sein sollte, aber er verdrängte diese Gedanken schnell wieder und Konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihnen lag.
Sie wußten noch nicht genau, wie sie vorgehen wollten, daß würden sie dann entscheiden, wenn es soweit war, wenn sie sehen konnten, was sie erwartete, nur soviel war klar, das Sir Oontz, Rocra und Xamoed für viel Wirbel sorgen mußten, damit Lady Diara und die Frauen ungestört ihre Aufgabe vollführen konnten.
Wiederum schwang Rieruk sich, mit nur einem einzigen Flügelschlag, hoch in die Luft und binnen eines Augeblicks, war ihre Umgebung unter ihnen, nur mehr als kleine Punkte, sichtbar.
Sie hätten für die Reise nach Haus Sky´s, knapp einen Monat gebraucht, aber jetzt würden sie ihr Ziel in weit weniger als einem Tag erreichen, zumindest aber in dessen Nähe kommen.
Sir Oontz lehnte sich zurück, nahm Ixa in die Arme und genoß die Aussicht die sich ihm bot, wer wußte schon, wann er diese Aussicht so schnell wieder erleben durfte.


Achtzehn

Hier hat alles begonnen und hier wird jetzt alles enden, denn nach der Vernichtung von Efacsen, werde auch ich meine Kräfte nicht mehr haben und nicht mehr die sein, die ich war.
Aber ich weiß, daß alles gut werden wird, denn meine Freunde und ich sind gut Ausgebildet worden, um das dunkel zu vernichten.

Lady Diara Sky´s – Die Entscheidung
Auszug aus Sky´s Chroniken


Sir Oontz war eingenickt und wachte in dem Moment wieder auf, als Rieruk unsanft zur Landung ansetzte. Ohne ein Wort zu verlieren, steigen sie von dem Rücken des Drachen herunter und konnten in der Ferne Haus Sky´s erkennen und so wie es aussah, stand es noch in voller Pracht.
„Wir danken dir vielmals. Du kannst dich jetzt zurück ziehen, vielleicht werden wir uns ja noch einmal begegnen, wenn all dies hier vorbei ist.“ bedankte Lady Diara sich bei der Drachendame und diese nickte nur, wandte sich dann ab und bevor sie sich wieder in die lüfte schwang, rief sie ihnen noch etwas zu.
„Viel Glück.“ und dann war Rieruk wieder verschwunden.
Sir Oontz Rocra und Xamoed, hatten sich schnell, aber gründlich in der näheren Umgebung umgesehen, aber keinerlei Kreaturen der Finsternis ausmachen können, daß hieß allerdings nicht, das diese nicht da waren. Sie mußten jetzt, so dicht am Zentrum der Dunkelheit, besonders vorsichtig sein, denn grade hier lauerten die Gefahren an jeder Ecke.
„Was jetzt?“ wollte Ellov wissen, hatte aber niemand speziellen damit angesprochen.
„Wir werden näher heran gehen, um zu sehen, wie die Situation aussieht. Wenn wir wissen, was Sache ist, dann sehen wir weiter.“ erklärte Lady Diara und machte sich auch prompt auf den Weg.
Schulterzuckend schauten die anderen sich an und folgten ihr dann. Jede Deckung ausnutzend, näherten sie sich vorsichtig, aber dennoch schneller als erwartet, Haus Sky´s. Das merkwürdige an der ganzen Sache war, daß sie nirgendwo auf die Kreaturen der Finsternis stießen.
Fühlte Efacsen sich so sicher, daß er seine Kreaturen einfach wegschickte, glaubte er wirklich, daß ihm nichts geschehen konnte? Wenn dem tatsächlich so war, dann würde die Sache bedeutend einfacher werden, als sie es zunächst angenommen hatten.
Aber allem Anschein nach wurde es wirklich so einfach. Sie näherten sich Haus Sky´s, ohne auch nur die Haarspitze einer dunklen Kreatur zu sehen und das fast unmöglich geschah, sie drangen ungesehen in Haus Sky´s ein.
Von außen sah das Haus noch recht heile aus, praktisch so, wie sie es verlassen hatten, aber im inneren war alles zerstört worden, war auch nur zu zerstören war. Der große Saal war kaum wieder zu erkennen. Die Kristalleuchter, lagen zerschmettert auf dem Boden und überall lagen die Scherben herum und die Wandteppich waren alle zerfetzt worden, arbeiten, die über viele Sommer lang hergestellt worden waren, waren in wenigen Augenblicken einfach zerstört worden.
Als Lady Diara dies alles sah, über kam sie ganz plötzlich und ohne Vorwarnung ein Gefühl, daß sie nie zuvor gekannt hatte.
Das Gefühl denjenigen dafür zu Rechenschaft zu ziehen, der dies alles zu verantworten hatte, ihn für jeden einzelnen Wandteppich bezahlen lassen und Lady Diara fragte sich, was für ein Gefühl dies wohl sein mochte, Haß?
Je mehr sie von der Zerstörung sahen, die Efacsen angerichtet hatten, desto mehr verstärkte sich das Gefühl und als sie auf den Gang kamen, in dem die Gemälde der Herrscher von Haus Sky´s hingen und diese ebenfalls alle zerstört worden waren, kannte ihr Haß keine Grenzen mehr.
Sie hätte eigentlich mehr haß empfinden müssen, bei dem Gedanken, an all die Menschen, die Efacsen vernichtet hatte, aber in dieser Richtung tat sich nichts bei ihr, außer ein Gefühl der Trauer.
Aber das hier, daß war ihr Zuhause gewesen, ein Heim, daß sie lange Zeit bewohnt hatte und das sie sehr in ihr Herz geschlossen hatte, an dem viele Erinnerungen hingen und all dies war jetzt zerstört worden.
Sie waren mittlerweile bis zur Tür der Bibliothek vorgedrungen, ohne auf irgend jemanden zu treffen und das war doch recht merkwürdig und noch bevor sie die Tür öffneten, wußten sie, daß sie dahinter Efacsen finden würden und garantiert war auch die Bibliothek verwüstet worden.
Lady Diara straffte sich und öffnete mit einem Ruck die Tür zur Bibliothek und wie erwartet fanden sie dahinter Efacsen und noch etwa Zweidutzend dunkler Kreaturen und zur selben Zeit kamen von links aus dem gang und von recht, ebenfalls Kreaturen der Dunkelheit und umringten sie damit.
Sie saßen in der Falle.
Ohne daß es eines Wortes bedurft hätte, drehten sich Rocra und Xamoed um und stellten sich den Kreaturen auf dem Gang in den Weg. Ebenso wie Ellov und Ixa, die mit ihren Zaubersprüchen, sich an der Vernichtung der Kreaturen beteiligen konnten.
Aber noch griffen diese Wesen nicht an. Sie blieben einige Schritte entfernt stehen, so, als warteten sie auf etwas, wahrscheinlich den Befehl zum losschlagen.
Auch Die Kreaturen in der Bibliothek und Efacsen selbst, bewegten sich nicht, sondern standen nur da und schauten den Besuchern entgegen.
„Na sieh mal einer an, unsere Feenprinzessin ist also doch gekommen. Du siehst immer noch häßlich aus. Haben euch die fünf denn auch gut vorbereitet? Aber ich hoffe für euch, daß ihr einsehen werdet, daß ihr nicht wirklich eine Chance gegen mich habt, dann seid ihr nicht ganz so enttäuscht, wenn ihr verliert.“ meinte Efacsen höhnisch und von einem Moment auf den anderen, griffen die Kreaturen der Dunkelheit an.
Während Sir Oontz und Esröp sich um die Kreaturen kümmerten, wandte Lady Diara ihre volle Aufmerksamkeit Efacsen zu.
In dem Gewühl aus dunkeln Kreaturen und aufsteigenden Qualm, der von dem gefallenen Kreaturen aufstieg, die in kurzer zeit, eine beachtliche Zahl erreicht hatten, verlor Efacsen Lady Diara aus den Augen, sie dafür ihn aber nicht.
Mit einer blitzschnellen Bewegung ihrer Arme und Hände, die sehr Kompliziert aussehende Bewegungen vollführten – und geschrienen Worten, einer Sprache, die außer Lady Diara und vielleicht sogar Efacsen, niemand verstand, schleuderte sie ihm den entsprechenden Zauberspruch entgegen.
Efacsen hatte keine Chance. Er sah nicht, von wo der Angriff kam und die Macht einer längst vergessenen Zeit, traf ihn mit voller Wucht und die Erkenntnis das er verloren hatte und nun endgültig verschwinden würde, spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder und ein Schrei des Schreckens hallte noch durch die Bibliothek nach, als er schon verschwunden war.
Im selben Augenblick, in dem Efacsen in die tiefen der Dunkelheit geschleudert wurden, vergingen auch die Kreaturen der Finsternis und der Kampf war vorbei, noch ehe er richtig begonnen hatte.
Efacsen war besiegt und würde nie wieder kommen, aber das Chaos, welches er in dieser kurzen Zeit angerichtet hatte, würde noch lange vorhanden sein.
„Irgendwie habe ich mir das schwieriger vorgestellt.“ meinte Ixa und schaute Lady Diara an.
„Ich auch, wenn ich ehrlich bin, aber nichts desto trotz, bin ich auch froh, das es so schnell und so einfach ging. Ich glaube, wir haben uns jetzt ein bißchen Ruhe verdient, bevor wir ans Aufräumen gehen.“ erwiderte Lady Diara und wandte sich dem Ausgang entgegen, wurde aber plötzlich wie von einer unsichtbaren Faust, zurückgeschleudert.
Sie segelte quer durch den ganzen Raum und kam fast am anderen Ende der Bibliothek zum stillstand, aber damit war es noch nicht getan. Ein Leuchten erschien um Lady Diara herum und dieses leuchten mußte ihr schmerzen bereiten, denn sie schrie auf vor schmerzen.
Aber das leuchten hielt nicht lange an und auch die Schmerzen, die Lady Diara damit verbunden hatte, blieben nicht lange und nach kurzer Zeit, erhob sie sich wieder stöhnend zwar, aber aufrecht.
Der Teil, in dem sie eben noch gelegen hatte, lag im dunklen und als sie jetzt in das Sonnenlicht trat, erklang aus mehreren Kehlen ein Überraschter laut und sie schaute in sehr verblüffte Gesichter.
„Was habt ihr?“ wollte Lady Diara wissen und zuckte im selben Moment zusammen, als sie ihre Stimme hörte.
Es war nicht mehr die Stimme, die sie bis vor kurzem noch gehabt hatte, sondern eine Kristallklare reine Stimme und als sie nun an sich herunter blickte, mußte sie feststellen, daß sich die legende auch in der Richtung erfüllt hatte, als das sie noch schöner war, als zu dem Zeitpunkt, als alles begann.
Ihr Körper war wieder so weiß und glatt, wie polierter Marmor und ihre Augen strahlten wieder in einem hellen orange und ihr Körper schien von der Hand der Götter selbst geformt worden zu sein. Es hatte den Anschein, als wenn eine der Göttinnen Fleisch geworden wäre und Xamoed murmelte etwas von „Genau, was die Legende versprochen hat.“
„Genug jetzt, kommt, wir haben noch einiges zu tun.“ meinte Lady Diara und ging, nein, sie schien zu schweben, an ihnen vorbei und auf den Gang hinaus. Ihr Körper hatte sich zu dem einer Göttin gewandelt, aber innerlich war sie immer noch Lady Diara und das war alles was zählte, was nützte schließlich ein Körper, wenn die Persönlichkeit nicht stimmte?


Ende des zweiten teils der Sky´s Chroniken Saga

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meinen Bruder, der immer dann da ist, wenn ich ihn brauche! Danke

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