Cover

1.




Mir wurde sehr,sehr übel.'Nicholas',war das einzigste,was ich flüstern konnte. Er hatte es anscheinend gehört,denn er unterbrach den Kuss mit Elizabeth und schaute mich erschrocken an. Ich machte kehrt und rannte weg. Doch schon bald hatte er mich eingeholt und sagte:'Rachel. Es...ich...' Ich schaute ihn kalt an.'Du musst es nicht sagen,Nick',unterbrach ich ihn in einem scharfen Ton,'dass es dir leid tut,dass du es bereust. Das tust du nämlich nicht. Und jetzt hau ab,Nicholas.' Als ich das sagte,bemerkte ich,dass ich ihn nie wirklich geliebt hatte und dass es so viel besser war ohne ihn. Die Schulglocke ertönte. Zum letzten Mal für heute. Also eilte ich schnell zum Klassenzimmer zurück,wo nur noch unser Lehrer,Mr Heffner,und Cameron standen. Cameron war DER Mädchenschwarm der Schule und gleichzeitig auch nicht,denn er war so arrogant und ironisch und er ließ ein Mädchen nach dem anderen abblitzen. Deswegen betrachtete man ihn lieber nur aus der Ferne. Dichtes,schwarzes Haar und durchdringende,hellblaue Augen ließen so ziemlich jeden anderen Jungen einschüchtern. Ich hatte mit ihm bis jetzt nur ein paar Worte gewechselt. Das hatte mir gereicht,um hinter die Fassade zu blicken und sein wahres Gesicht zu sehen:Ein attraktiver,schlauer Junge,der ein höflicher Gentleman ist,sich aber durch irgendwelche Probleme eine Schutzmauer bildet. Seitdem mochte ich ihn,er war mir gegenüber aber genauso unausstehlich wie den anderen gegenüber. Mr Heffner und Cameron schauten zu mir rüber,als ich die Schulsachen in meiner Tasche verstaute. 'Ah,Miss Brighton!',meinte Mr Heffner,'Sie haben aber etwas länger auf der Toilette gebraucht!' Abrupt wurde ich rot. Ich schaute weg und war schon am Verlassen des Klassenzimmers,als er sagte:'Miss Brighton,würden Sie bitte einmal kommen.' Ich tat wie mir gesagt wurde und schaute den Lehrer an. Was hatte ich getan,dass ausgerechnet Cameron darin verwickelt war? 'Ja?' 'Also,Miss,Ihre Noten in dem Fach Gemeinschaftskunde sind nicht gerade die besten und Sie fehlen auch andauernd ohne Entschuldigung...' 'Das wird sich jetzt ändern!',unterbrach ich ihn,'ich weiß es nämlich,weil...' 'Ja? Warum sind Sie sich da so sicher?' 'Es gibt auf jeden Fall einen Grund,den ich Ihnen jetzt nicht näher erläutern kann. Wissen Sie,als ich unentschuldigt gefehlt habe,da bestand so eine Situation und jetzt eben nicht mehr!' 'Sie wissen aber,dass ich Ihnen so nicht glauben kann?' 'Ja,aber bitte.' Ich wollte auf keinen Fall Ärger von meiner Mutter. 'Was,bitte? Du hast deine letzte Chance verspielt. Es tut mir leid,Mr Eveshalo,dass Sie das mithören mussten,aber jetzt kommen wir zu Ihnen. Mr Eveshalo wird Ihnen nämlich Nachhilfeunterricht geben,Miss Brighton,da Sie ja anscheinend nicht wissen,was zu einer Gemeinschaft zählt.' 'Wie bitte?' 'Ja,Sie haben mich schon richtig verstanden,Miss. Und jetzt gehen Sie beide.' Er scheuchte mich und Cameron aus dem Zimmer und schloss die Tür. Komischer Kerl,dachte ich. 'So,Mr Eveshalo',ahmte ich ihn nach,'Sie werden mir also Nachhilfe geben. Wie,wann und wo,wenn ich fragen darf?' 'Am besten schnell,gleich und hier',antwortete Cameron mir mit einem zweideutigen Lächeln. Da kam plötzlich Nicholas um die Ecke und sah Cameron's Lächeln. 'So,ich bin nicht der Einzige',sagte er wütend und ging davon. Cameron grinste mich an. 'Dein Lover?' 'Mein Ex-Freund,um genau zu sein. Vor zehn Minuten.' Er lachte auf. Sein Lachen klang männlich und sexy. Rachel,sagte ich mir,kaum hast du keinen Freund mehr,willst du einen neuen! 'Hast du ihn mit 'ner anderen erwischt und dann habt ihr euch getrennt?' 'Geht dich nichts an,Cameron! Aber ja,es stimmt.' 'Und dir ist es egal,Miss Namenlose-die-meinen-Namen-kennt-Brighton?' 'Ja,es ist mir egal. Und ich bin Rachel. Außerdem kennt jeder deinen Namen. Und da wir seit zwei Jahren in einer Klasse sind,solltest du meinen auch kennen.' 'Hey,das war 'n Witz! Hast du keinen Humor oder was,RACHEL?' Er sprach den Namen einfach so schön aus wie sonst keiner. 'Und du hast einen schlechten.' 'Einen schlechten was?' Da. Er lächelte wieder. 'Humor. Soll ich dir das buchstabieren?' Er wurde wieder ernst. 'Wie wär's,wenn wir uns abwechseln?',fragte er und sah mich abwartend aus seinen hellblauen Augen an. Seine Wimpern waren so unglaublich dicht,schwarz und länger als bei den meisten Mädchen. 'Äh...was?' 'Um auf deine Frage zurückzukommen. Wie wär's,wenn wir mal einen Tag zu mir und den anderen zu dir gehen? Mr Heffner hat gesagt,wir sollten uns am besten zweimal die Woche,am Mittwoch und am Samstag treffen.' Die blauen Augen fixierten mich noch immer. Ich antwortete:'Okay. Warte mal...morgen ist doch schon Mittwoch!' 'Jep,Rachel. Ich seh dich dann morgen um halb sieben bei mir zu Hause. Bye.' 'Bye.' Er ließ mich (sprachlos) stehen und verließ das Schulhaus durch den mir sichtbaren Haupteingang. 'Wo wohnst du überhaupt?',rief ich ihm noch hinterher, doch er hörte mich wohl nicht mehr und dann machte ich mich ebenfalls ans nach Hause laufen.

'Hi Amos,hi Israel.' Meine beiden älteren Brüder lagen auf der Couch und schauten The Fast and the Furious 5 an. Ich ließ mich ebenfalls auf die Couch fallen,nachdem ich meine Schuhe und meinen Mantel ausgezogen und meine Tasche in mein Zimmer gebracht hatte. 'Wo ist Ma?' Unsere beiden Kater,Sphinx und Will,machten es sich neben mir gemütlich. 'Beim Inder. Essen bestellen.',antwortete Amos und grinste mich an,'na,wo ist denn Nicholas? Sonst kommt er dienstags doch immer mit.' Meine Stimmung verdunkelte sich. 'Wir haben uns getrennt. Habe ihn mit Elizabeth Harleys erwischt. Aber er ist mir komischerweise scheißegal.' Amos und Israel schauten mich bemitleidend an,Israel nickte. 'Ja,mach dir nichts draus,kleine Schwester. Es gibt bessere Typen.' 'Ja. Euch zum Beispiel.' Sie fingen an,mich wie zwei kleine Jungs scherzhaft zu boxen und zu kitzeln. 'Hey,hört auf!',sagte ich prustend vor Lachen. Ich hatte meine Brüder wirklich sehr gern. Wie meine jüdische Mutter hatten auch sie schwarze,lockige Haare und beinahe schwarze Augen. Ich hatte nur die dunklen Augen von meiner Mutter und die braun-roten Haare von meinem Vater,den ich nie kennengelernt hatte. Meine Mutter hatte meinen Vater Eric in Israel geheiratet und sie waren dann hierher gezogen. Mein Vater war schon vor meiner Geburt an Krebs gestorben. Eigentlich waren Amos,Israel und ich,Rachel,genauso wie meine Mutter Esther,Juden. Aber meine Mutter achtete schon lange nicht mehr auf jüdische Gesetze und Festtage,sie hatte uns jüdische Namen aus dem Grund gegeben,weil sie sie schön fand. Wir achteten nicht auf koscheres Essen oder die Bar bzw. Bat Mizwa. Meine Mutter sagte aber,dass wir selbst entscheiden dürften,was wir sein wollen. Ich blieb,genauso wie meine Brüder,lieber eine nicht-jüdische Jüdin.
Bald hatten sich meine Brüder eingekriegt und wir schauten den Film zu Ende. Dann kam meine Mutter rein. 'Hallo,ich habe Chicken Tikka Masala dabei!' Wir stürtzten uns auf das "Hühnchen-in-der-Souce"-Gericht. Dann sprach Israel meine Trennung mit Nicholas an. 'Ich denke,das ist besser so',meinte meine Mutter. 'Das ist nicht gerade sehr aufheiternd,das weißt du',gab ich zurück. Meine Brüder grinsten sich an. 'Ach ja,Mam',sagte ich,'ich muss morgen um halb sieben noch zu Nachhilfe.' 'Bitte,was?',fragte sie,'in was für einem Fach?' 'Gemeinschaftskunde.' Sie seufzte. 'Ich kann ja doch nichts machen. Wo soll ich dich abholen? An der Schule?' 'Nein,Ma. Mr Heffner hat gesagt,dass ich Unterricht bei einem Schüler zu Hause kriege. Es ist Cameron Eveshalo.' Amos und Israel prusteten los. Sie konnten sich kaum wieder einkriegen. 'Cameron... Eveshalo',stieß Amos aus. 'Wer ist das?',fragte unsere Mam,'der Name kommt mir bekannt vor.' 'Einer der reichen Schnösel',meinte Israel,'ich glaub,seine Mutter ist 'ne Schauspielerin beim Royal Theatre und sein Vater hat ein Künstleratelier mit sehr erfolgreichen Bildern. Ich wette,die wohnen in Chelsea.' 'Ehrlich gesagt,weiß ich das nicht',sagte ich kleinlaut,'woher ihr immer so viel wisst.' 'Tja,wenn du mehr den Leuten zuhören würdest,wüsstest du auch mehr. Hey!' Amos schien plötzlich ein Licht aufzugehen. 'Ich weiß,wo er wohnt!' 'Ach ja,woher denn?',fragte ich skeptisch. 'Das weiß eigentlich FAST jeder.' 'Ja,und wo?' 'In unserem schönen London in Chelsea,wie Israel es gesagt hat.' 'Genauer bitte?' Ich war mir nicht ganz sicher,ob Amos es so genau wusste. 'Irgendwo am Fluss. Warte... mir fällt's gleich ein. Irgendwas mit Beau...' Er grübelte vor sich hin. 'Ah,er wohnt in der Beaufort Street im Eveshalo House!',rief er nach einer Weile triumphierend aus. 'Ist das nicht in der Nähe vom Chelsea Embankment?',fragte ich,'so ein altes Haus aus dem 19.Jahrhundert oder so?' 'Genau,Schwester,du hast es erfasst! Sag mal,kennst du deine Klassenkameraden denn gar nicht?' 'Doch! Ich weiß,dass Elizabeth Harleys irgendwo an der Pimlico Road wohnt. Also wieder eine reiche Schnöselgegend. Obwohl ... hier in Mayfair sind die Häuser auch nicht gerade billig',meinte ich. 'Vor allem nicht in der South Street in der Reichweite des Hyde Parks',meldete sich jetzt auch meine Mutter zu Wort,'also ... wo waren wir stehengeblieben? Ach ja,dann soll ich dich morgen also in Chelsea abholen,Rachel?' 'Ja',sagte ich,'und außerdem auch am Samstag.' 'Samstag? Das können dann deine Brüder übernehmen. Stimmt's,Jungs?' 'Warum fährt sie nicht einfach mit der U-Bahn,wie ein ganz gewöhnlicher Londoner?',Amos seufzte,'Na gut. Ich freu mich schon drauf,dich auslachen zu können,Schwesterherz!' Jetzt lachte er und Israel stimmte mit ein. 'Oh,ihr könnt mich mal!' 'Rachel.' Meine Mutter guckte tadelnd. 'Ja,ja.' Ich stand auf und ging in mein Zimmer. 'Mache Hausaufgaben!',rief ich noch meiner Mutter zu. Mein Zimmer lag im 2.Stock,so wie alle Schlafzimmer. Wir wohnten übrigens auch in einem alten viktorianischen Haus aus dem 19.Jahrhundert (mit blau-pastellfarbener Häuserfront!). In meinem Zimmer stand ein einfaches Bett, eine Kommode und eine ganze Wand voller Bücherschränke. Ich liebte Bücher! Anstatt meine Hausaufgaben zu machen,rief ich eine Freundin an. Ich hatte eigentlich keine richtig beste Freundin,so mit allem Drum und Dran,aber Katie war mir am liebsten. Mein Freundeskreis bestand hauptsächlich aus Jungs,weil ich mich einfach besser mit ihnen verstand (Und jetzt bitte nicht falsch denken. Und ich bin auch kein Tomboy!),aber auch unter ihnen hatte ich keinen besten Freund. 'Hi,Rachel! Das tut mir sooo leid mit Nick,ehrlich. Eure Trennung ist eine Sensation! Obwohl du davor kaum beachtet wurdest,lachen dich jetzt alle Schulzicken aus! Ich meine, Nick ist schließlich seehr beliebt und es war ein Wunder,dass er ausgerechnet dich...'So meldete Katie sich meistens zu Wort: Mit einem nicht enden wollendem Wortschwall. 'Häh? Was...wie? Woher weißt du überhaupt davon?' Ich hatte keinen blassen Schimmer von wem sie es erfahren haben könnte. Außer... 'Natürlich. Cameron',sagte ich laut,'hat Cameron allen eine SMS geschickt?' 'Waas?',plötzlich war Katie die Verwirrte,'nein! DER doch nicht! Es war natürlich Elizabeth Harleys! Aber warte mal... was läuft eigentlich zwischen dir und Cameron Eveshalo, dem heißesten Typen der Schule?' Wütend erwiederte ich: 'Wer hat den dieses Gerücht verbreitet? Zwischen uns läuft NICHTS!' 'Okay, ganz ruhig Rachel. Es war wieder Elizabeth. Sie hat dich, sagen wir mal so, verfolgt. Bis zum Klassenzimmer. Und da hat sie dieses "Nachhilfegespräch" mitangehört.' 'Warum sollte sie das bitte schön tun?' 'Ach, ich denke sie ist einfach eifersüchtig und will dich gaaaaanz unten sehen.' 'Aber ICH habe ihr nichts gemacht, sondern SIE mir!' 'Oh doch, du hast was gemacht. Sie war schon jahrelang scharf auf Nicholas, das weiß doch jeder. Und DU hast ihn ihr weggeklaut.' 'Was heißt hier "weggeklaut"? ER war es, der mich als erstes angemacht hat, nicht ICH! Gott, ich bin SO froh ihn los zu sein.' 'Ach Süße, sei nicht traurig (als ob ich traurig war!). Mit Came... ähh... mit IRGENDWEM wird es schon irgendwann klappen.' Wir redeten noch eine Weile, dann machte ich wirklich meine Hausaufgaben. Anschließend machte ich mich fürs Bett fertig und legte mich um halb elf ins Bett. Ich grübelte noch lange über die Geschehnisse dieses Tages. Irgendwann schlief ich schließlich völlig erschöpft ein.


2.



Am nächsten Morgen wachte ich davon auf, dass Will, dieser freche Kater, sich neben mich aufs Kopfkissen legte und zu schnurren anfing. Ich kraulte ihn dennoch hinter den Ohren und wunderte mich, wie er in mein Zimmer gekommen war. Da sah ich die offene Tür, die ich vergessen hatte abzuschließen. Auf meinem Wecker stand 6 Uhr. Noch viel zu früh für die Schule, die bei uns erst um 8.45 Uhr anfing und wo ich doch nur 20 Minuten bis zur Schule brauchte. Trotzdem schleppte ich mich vom Bett bis zu meiner eigenen Dusche in meinem eigenen Badezimmer und wusch mir die Haare. Meine rötlich-braunen Haare trockneten extrem langsam. Deswegen föhnte ich sie noch ein bisschen nach, zog meine Schuluniform an (zum Glück nicht grün, das steht mir gar nicht, sondern blau) und schon war es 6.45 Uhr. Noch immer zu früh um zu frühstücken. Glücklicherweise hatte ich ja Katie, die exakt in dem Moment anrief, in dem ich dachte, dass ich vor Langeweile sterben würde. 'Guten Morgen, Raye (das war ihr Spitzname für mich)! Ich hoffe du bist gestern nicht vor Liebeskummer gestorben, oder?' 'Haha, Katie. Ich hab´ dir doch gesagt, dass er ein Arschloch war und dass keine Selbstmordgedanken in meinem Kopf rumspuken! Es hört sich vielleicht komisch an, dass ich ihm nicht hinterhertrauere, aber ich merke erst jetzt, dass hinter unserer Beziehung keine echten Gefühle steckten.' 'Ach Raye, du bist die Eiskönigin höchstpersöhnlich. Und, musst du heute zu Cameron ins Eveshalo House?' Wie konnte sie nur so schnell das Thema wechseln? 'Ja, leider. Meine Mum holt mich von dort ab. Warum hast du mich jetzt also angerufen?' Ich konnte das Thema genauso schnell wechseln wie sie. 'Also...', fing Katie an,'ich wollte dich eigentlich fragen, ob du am Freitag zum Halloweenball kommst oder ehergesagt zu der Aftershowparty bei Fynn. Du weißt schon, ohne Lehrer und so...' 'Hört sich gut an, aber ich weiß nicht... ach, was soll´s! Ich komme! Und DAS wolltest du mir unbedingt so früh am Morgen sagen?' 'Äh... ja. Sorry, aber ich will, dass du Spaß hast, Raye!' 'Nenn mich nicht immer Raye, Katie!', sagte ich, genervt. 'Okay, bye. Dann sehen wir uns ja später', sagte sie gut gelaunt und legte dann auf.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch allen,die es überhaupt "aufschlagen".

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