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Alpha wider Willen

Mission Rollentausch 2

Copyright Text © Ni Jica 2019

 

 

Kontakt: nijica@gmx.de

 

Covergestaltung: Ni Jica

Bildmaterial: © Lynn Bystrom - 123rf.com

 

Korrektur und Lektorat: Iris Biehl-Drucks

 

 

Inhalt: Es brauchte nur eine Nacht, um das Leben von Kyle, Blake und Sven für immer zu verändern. Eine Nacht, in der die unüberwindbaren Gesetze der Wolfswandler plötzlich nicht mehr zählten, das Schicksal neue Rollen verteilte und ein einzigartiges Rudel geboren wurde. Doch wer wird ihr Anführer sein?
Kyle, der als Alpha geboren wurde?
Sven, den man in diese Rolle hineinzwängen will?
Oder ist es gar Blake, mit dem das Schicksal noch etwas vorzuhaben scheint?
Die Antwort darauf ist nicht weniger wert, als das Leben aller drei Männer und doch könnte es sie zugleich alles kosten.
Wer wird Alpha des neuen Rudels? Oder wurde am Ende gar die falsche Frage gestellt?

 


Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und andere Verwendung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Vervielfältigungen und Veröffentlichungen sind nicht gestattet.

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden und entspringen meiner Fantasie. Ähnlichkeiten jeglicher Art wären demnach rein zufällig.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen homoerotischen Roman und wendet sich an Leser, die an sexuellen Handlungen zwischen zwei Männern keinen Anstoß nehmen.

Und jetzt die letzte Anmerkung: Denkt im wahren Leben bitte immer an Safer Sex!

Prolog

- Kyle -


»Kyle, warum hältst du an? Wir müssen endlich von hier verschwinden!«, flüsterte Blake verstohlen in die Dunkelheit des Waldes, während ich es mir hinter einem dichten Busch gemütlich machte. Mein Versteck schützte mich vor den Blicken etwaiger Feinde, wobei ich die kleine Waldhütte in einiger Entfernung noch gut im Auge hatte.

»Halt die Klappe. Ich verschwinde hier erst, wenn Ramon seinen ... wenn er Julian gefunden hat.«

Schnaubend ließ sich Blake neben mir nieder, wobei er vorher den leicht lädierten Körper von Sven neben sich in den Dreck befördert hatte. Der junge Mann ächzte und rollte sich zusammen, doch weder Blake noch ich zollten ihm in diesem Moment große Aufmerksamkeit.

»Du kannst es nicht einmal aussprechen? Mann, du hast echt ein Problem.«

Das war mir auch ohne seine Klugscheißerei klargewesen. Fakt war, der Gefährte meines Bruders war immer noch mein Traummann. Jetzt, nachdem ich wusste, dass er sogar meiner Spezies angehörte, traf das leider noch umso mehr zu. Bruderliebe hin oder her, wie sollte ich mir diesen Omega aus dem Kopf schlagen, wenn er fast jeden meiner Gedanken beherrschte? Ich musste nun über mich selbst wutschnaubend den Kopf schütteln. Als ob ich im Moment nicht dringendere Sorgen hätte.

»Danke für deine Anteilnahme«, zischte ich leise, behielt dabei aber die Hütte im Blick. Dort drinnen befand sich Julian. Seine Hitze hatte eingesetzt und er war nun ganz allein. Oh, wie wünschte ich mir, ich könnte der Mann sein, der ihm in dieser Zeit beistand und ihm Erleichterung schenkte.

»Immer wieder gerne und jetzt schick deinem Bruder eine Nachricht, damit wir verschwinden können.«

»Geht nicht«, erwiderte ich. »Ramon wird längst auf der Suche nach seinem Schatz sein und mit Sicherheit wird er sich kein Handy an seinen Wolfskörper geklebt haben. Wir warten bis er eintrifft und dann können wir gehen.«

Blake seufzte. »Du bringst uns noch um, aber okay, du bist der Boss. Lass uns Babysitter spielen, während Drechsler und sein räudiges Wolfspack uns in Ruhe aufspüren und in Stücke reißen kann.«

Ich verdrehte die Augen. »Drechsler jagt nicht uns, sondern Julian. Umso wichtiger ist es, dass wir auf ihn aufpassen. Uns kann er dank dem Schutzzauber doch noch nicht einmal wittern, den Jungen jetzt leider schon.«

»Hast recht«, gab Blake zu meiner Verwunderung zu und wandte sich dann an unsere gefangene Geisel. »Was sagst du dazu, Sven? Du hast uns noch gar nicht erzählt, was dein Alpha von Julian will. Ist es, weil er ein Omega ist?«

Der junge Mann hob den Kopf und sah Blake mit einem leeren Blick an. »Das darf ich euch nicht sagen.«

»So loyal also, hm?«

Blake zuckte die Schultern und beließ es dabei. Ich hakte auch nicht genauer nach, denn wir alle kannten die Gesetze der Wolfsrudel und wie schwer es für einen Beta war, sich gegen seinen Alpha aufzulehnen. Im Drechsler-Rudel war dies mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar völlig unmöglich, denn die Wölfe dort lebten noch wie im Mittelalter und kannten nur die Strenge und Härte ihres Anführers.

Eine Zeitlang blieb es still um uns herum und wir hingen alle unseren Gedanken nach, bis Sven wieder das Wort ergriff. »Ich kann euch aber sagen, dass er nah ist. Sehr nah. Er wird nicht aufgeben.«

»Wer? Drechsler?«, hakte ich beunruhigt nach, denn das hätte uns gerade noch gefehlt. Die Nacht war schon lange und ereignisreich genug gewesen und ich verspürte wenig Lust, mich jetzt auch noch mit einem Alpha anlegen zu müssen.

»Mein Alpha vergibt nicht. Er wird den Jungen in der Hütte bekommen und mich wird er aufgrund meines Versagens töten.«

Ziemlich pessimistisch der Kleine. Irgendwie tat er mir leid und Blake sah mich so an, als würde er dasselbe fühlen. Er strich dem jungen Beta über den Kopf und versuchte ihn zu beruhigen. »Wir werden keins von beidem zulassen.«

Ich freute mich über die Anteilnahme, die Blake zeigte, hatte er doch bis vor kurzem nur seinen eigenen Schmerz über den Verlust seiner Gefährtin gekannt. Das bestätigte mir nur, dass er wieder in Ordnung kommen würde. Blake war stark und die Zeit würde es richten.

Plötzlich registrierte ich eine Bewegung auf der Lichtung vor uns und jeglicher Gedanke außer einem erstarb: Ramon! Der Alpha des Montabaur-Rudels rannte in seiner mächtigen Wolfsgestalt auf die kleine Hütte zu und ich stieß erleichtert meinen Atem aus. Julian war nun sicher, denn sein Gefährte hatte ihn gefunden.

»Na endlich!«, flüsterte Blake mir zu. »Lass uns abhauen.«

Er stand auf und zog auch Sven auf die Beine, bevor er mit dem Jungen tiefer in den Wald verschwand. Ich sah mit Wehmut noch ein letztes Mal zur Hütte und schloss mich ihnen dann an. Wurde Zeit, dass diese Nacht endlich ein Ende fand.

 


Tat sie nicht! Jedenfalls nicht auf die Art, wie ich es mir erhofft hatte. Nur einen halben Kilometer von meiner alten Heimat Wolfsbergen entfernt, trafen wir auf ein Hindernis in Form von drei nicht gerade freundlich knurrenden Wölfen. Der mittlere war eine riesige Graumähne und hob sich deutlich von den anderen ab. Ein Laut von ihm reichte und Sven riss sich von Blake los und ließ sich wimmernd in den Dreck fallen.

Selbst wenn ich ihn nicht längst am Geruch erkannt gehabt hätte, wäre mir spätestens jetzt bewusst geworden, dass ich dem Alpha des Drechsler-Rudels gegenüberstand. Sven winselte und bot dem Widerling seine entblößte Kehle an, woraufhin sich Blake schützend vor ihn stellte. Er würde Wort halten und nicht zulassen, dass Malcom Drechsler den Jungen verletzte. Ich war stolz auf ihn, befürchtete aber, dass uns genau dieses Verhalten nur umso angreifbarer machte.

»Malcom, was für eine Ehre«, versuchte ich die Situation zu entschärfen, obwohl ich gerade nichts lieber getan hätte, als diesem Mistkerl die Kehle herauszureißen. »Was führt dich in diesen Wald?«

Eine dumme Frage in Anbetracht dessen, dass wir einen seiner Betas gefangen hielten und wir alle wussten, dass ich auf seiner Abschussliste stand. Genau deshalb blieb er mir wohl auch eine Antwort schuldig, denn er dachte gar nicht daran, sich zurückzuverwandeln und mit mir ein Schwätzchen zu halten. Nein, dieser kranke Perversling wollte nur eines: meinen Tod. Zum Glück hatte ich dabei aber noch ein Wörtchen mitzureden. Kaum machte er sich zum Angriff bereit, verwandelte auch ich mich.

»Ich kümmere mich um seine Betas, konzentrier du dich auf den Alpha!«, schrie Blake noch in meine Richtung, dann verwandelte auch er sich und schaffte es sogar, noch vor Drechsler oder mir anzugreifen. Ohne großes Aufsehen wurde dem ersten Wolf mit seinen Krallen die Kehle zerfetzt, bevor er sich auf den nächsten stürzte, der leider besser vorbereitet war und verbissen um sein Leben kämpfte.

Ich war schwer beeindruckt, doch konnte ich diesem Schauspiel leider nicht länger zusehen, denn Drechsler hatte sich schnell von seiner Verwunderung erholt und griff mich an. Krallen trieben sich in das Fleisch meiner Flanken und Zähne rissen die Haut an meiner Schulter auf, bevor ich erstmalig reagieren konnte. Ich hörte Sven noch einen panischen Schrei ausstoßen, dann übernahm mein Überlebensinstinkt und ich kämpfte.

Malcom war stark, er setzte mir schwer zu, aber auch in mir steckte das Blut eines Alphas und dieser ließ nicht zu, dass ich unterlag. Unsere Körper wirbelten über den harten Waldboden, zerstörten alles auf unserem Weg.

Wir schenkten uns nichts. Mal lag er oben, mal ich. Ein Spiel zweier gleich starker Wesen, die nur noch durch die Wut ihrer Wölfe angetrieben wurden. Ein Ende erst dann in Sicht, wenn einer von ihnen starb. Ich wollte nicht dieser Jemand sein und das würde ich auch nicht.

Immer wieder versuchte ich seinen Bauch mit meinen Krallen zu erwischen, während ich in jede erreichbare Region seines Körpers biss und dabei meine eigenen empfindlichen Punkte schützen musste. Längst wusste ich nicht mehr, wessen Blut an meiner Schnauze hinablief und meine Zunge tränkte, als Malcom einen entscheidenden Treffer landete.

Von brennendem Schmerz erfüllt jaulte ich auf, bevor mich schlagartig jegliche Kraft verließ. Drechslers Krallen hatten sich in meinen Unterleib geschlagen, zerrten an mir und rissen mich auf.

Noch bevor ich reißende Zähne an meiner Kehle spürte und sich gleich darauf ein dichter Schleier über meine Augen legte, wusste ich, ich hatte verloren. Es war vorbei. Ein verzweifeltes Jaulen hallte durch die Nacht, dann riss plötzlich aufkommende Kälte mein Bewusstsein fort und alles hörte auf zu existieren ...

1. Kapitel

3 Monate später

- Sven -


Die Kneipe roch nach altem Schweiß und abgestandenem Alkohol. Es waren Gerüche, die meine empfindliche Nase nicht unbedingt willkommen hieß und doch saß ich wie fast jeden anderen Abend in den vergangenen Wochen hier an der Theke und beobachtete die Gelassenheit der Menschen um mich herum.

Vielleicht war es genau das, was mich so an diesen Ort zog; die Ausgelassenheit. Zwar gab es auch ein paar so jämmerliche Gestalten wie mich, die ihren Kummer im Alkohol zu ertränken versuchten, aber die Mehrheit hatte sich hier eingefunden, um mit ihren Freunden zu feiern, neue Leute kennenzulernen oder einfach jemand Heißes für die Nacht aufzureißen.

Ich tat nie etwas davon und blieb der stille Beobachter des Treibens. Dabei kamen durchaus auch mal Menschen auf mich zu oder versuchten mit mir zu flirten. Es schmeichelte mir und doch erstickte ich jegliches Interesse im Keim und verhielt mich distanziert. Was sollte auch schon Gutes dabei herauskommen, wenn ich mich mit einem Menschen einließ? Ich war keiner von ihnen und gehörte damit nicht in ihre Welt. In meine eigene gehörte ich allerdings auch nicht mehr.

Seufzend sah ich auf das Glas Scotch in meiner Hand hinab. Ich wünschte mir oft, der Alkohol hätte auf mich dieselbe Wirkung wie auf die Menschen, jedoch blieb das bloß Wunschdenken. Für mich gab es kein Vergessen, egal wie viel davon ich in mich hineinschüttete. Warum ich es dann überhaupt trank, war mir selbst schleierhaft. Mir schmeckte dieses Zeug noch nicht einmal und doch würgte ich einen Schluck nach dem anderen meine Kehle hinunter. Wenigstens hinterließ die Flüssigkeit eine wärmende Spur auf dem Weg in meinen Bauch.

»Noch einen?« Lukas, der Barmann, lächelte mich freundlich an, während er nach meinem leeren Glas griff. Ich nickte nur und bekam sofort ein neues vor die Nase gestellt. »Ich bin mal wieder beeindruckt. Du verträgst echt viel. Wie schaffst du es nur immer wieder, auf zwei Beinen diese Bar zu verlassen?«

Mein Mundwinkel zuckte. Die kleine Dorfkneipe als Bar zu bezeichnen hielt ich für gewagt, aber ich wollte ihm auch nicht seine Illusionen nehmen, daher zuckte ich nur gelangweilt die Schultern.

»Willst du damit andeuten, ich trinke zu viel?«

»Das tust du definitiv.«

Aus dem Zucken wurde ein leichtes Schmunzeln, das sich gegen meinen Willen auf meine Lippen stahl. »Sollte ein guter Barkeeper wirklich so reden? Denk an dein Trinkgeld.«

Lukas lachte ganz offen. »Oh, aber das tue ich doch. Umso länger ich meine Lieblingsgäste am Leben erhalte, desto länger habe ich auch etwas von ihren großzügigen Trinkgeldern.«

Schlauer Mann.

»Auch wieder wahr.«

Lukas wollte noch etwas sagen, aber da verlangte auch schon ein anderer Gast nach ihm und ich hatte wieder nur meinen Drink als Gesellschaft. Das war okay. Der Barkeeper war viel zu gutaussehend und süß, um sich zu lange mit ihm zu beschäftigen. Nicht, dass der Mann irgendwann noch mal zu einer Versuchung für mich werden würde.

Ich beschloss, dass es Zeit wurde nach Hause zu gehen, legte einen Schein auf den Tresen, leerte mein Glas und winkte Lukas sogar zum Abschied zu.

Wohltuende Nachtluft traf mich vor der Kneipe und ich ließ mir von ihr die weniger angenehmen Gerüche von eben aus der Nase spülen, während ich mehrmals tief einatmete. Der Mond stand tief, hüllte meinen Körper in prickelndes Licht und ich seufzte. Wie gerne würde ich mir nun die Kleidung vom Leib reißen, meinen Wolf herauslassen und laufen. Nur ein paar Stunden. Nur ...

Ich schüttelte meinen Kopf und trat stattdessen meinen Heimweg auf zwei Beinen an. Eine Verwandlung stand nicht zur Diskussion. Ich durfte nicht. Vielleicht würde ich es nie wieder tun dürfen. Das war ein Gedanke, so schrecklich wie das Verbrechen selbst, das vor gar nicht so langer Zeit begangen wurde und ich begann in der Kühle der Nacht zu zittern.

Was jammerte ich hier überhaupt? Ich lebte, während andere Wölfe nur noch bloße Erinnerung waren. Ich hatte eine Strafe verdient und so würde ich sie auch ertragen.

Ich wurde es leid, über mein verkorkstes Leben nachzudenken, und richtete meine Aufmerksamkeit stur auf meine Umgebung. Ich hatte den kleinen Vorort am Rande des Vordertaunus schnell durchquert und meine Augen trafen schon bald auf hügelige Waldstücke zu meinen Seiten. Durchbrochen wurden sie nur von einer wenig befahrenen Landstraße, ein notwendiges Übel, die mein Zuhause mit der Zivilisation verband.

Ich überquerte sie, ohne nach links oder rechts zu sehen und betrat einen kleinen privaten Waldweg, der mich nach dreißig Minuten Fußmarsch in mein Heimatdorf führte. In das Dorf meines Rudels, in dem ich seit zwei Monaten wieder lebte und das ich gleichzeitig hasste und verehrte. Ich verband viele schlechte Erinnerungen mit diesem Ort. Damals, als Malcom hier noch als Alpha regierte ...

Ich musste mich wieder schütteln. Das war erneut ein Gedanke, den ich lieber nicht weiterverfolgte. Malcom war tot und das Rudel immer noch ohne Alpha. Es war ein Zustand, der nicht ewig so weitergehen konnte, wenn die Wandler, die es nur gewohnt waren zu gehorchen, überleben wollten. Sie würden einen neuen Alpha bestimmen oder ihr Zuhause verlassen und sich ein neues Rudel suchen müssen, aber im Moment taten sie nichts von alledem. Sie waren lethargisch, wie erstarrt und warteten lieber auf einen neuen Befehlshaber, der sich ihrer erbarmte, anstatt selbständig zu denken und zu handeln.

Es waren Dummköpfe, allesamt und doch konnte ich sie besser verstehen, als jeder andere, denn ich war nicht besser und tat auch nichts anderes.

Ein paar ältere Wölfe saßen noch draußen vor ihren Häusern und unterhielten sich leise. Sie nickten mir kurz zu, als ich an ihnen vorbei ging, beachteten mich aber ansonsten kaum. Ich registrierte es nur am Rande, war es gewohnt, schließlich stand sich hier jeder nur selbst am nächsten.

Das war eine Eigenschaft, die man hier früh lernte, wenn man überleben wollte. Du siehst und hörst nichts. Du gehorchst und schweigst. Diese Regeln waren so tief verankert, dass Malcoms Tod wohl so schnell auch nichts daran ändern würde.

Meine Schritte verlangsamten sich, als ich meinem Zuhause näherkam. Mich erfasste jedes Mal Wehmut, wenn ich das alte Gasthaus sah, das früher einmal meine Eltern geleitet hatten. Es erinnerte mich an die unbeschwerten Zeiten meiner Kindheit. Damals, als ich mich noch geliebt und beschützt gefühlt hatte, als ich noch ein naiver und verspielter Wolf gewesen war, der davon träumte, einmal genauso wie sein Vater zu werden.

Doch mein Vater war nie so stark, wie ich immer dachte und so folgte er meiner Mutter in den Tod, als sie während eines Autounfalls starb und ließ mich im Alter von zwölf Jahren zurück. Ich wusste, es war dumm so zu denken, denn das Band wahrer Gefährten ließ nichts anderes zu - starb ein Partner, so starb man auch selbst. Aber Gefühle waren meist nicht logisch. Nicht, wenn mit dem Tod der Eltern das schlimmste Martyrium des eigenen Lebens begann.

»Kommst du jetzt rein oder willst du noch ein paar Stunden auf die alte Backsteinmauer starren?«

Ich blinzelte und sah dann zu dem Hausanbau neben dem maroden Gasthaus. Blake stand dort im Hauseingang und schüttelte über mich den Kopf. Das machte er ständig, als sei ich ein Kind, das nur Unsinn anstellte.

Er kam zu mir, stellte sich neben mich und wies mit dem Kopf zum Gebäude. »Ich habe es dir schon einmal gesagt, wir könnten es renovieren, wenn du willst. Ein paar Nägel, etwas Spachtel und Farbe und der alte Kasten wäre wieder so gut wie neu.«

Ich schnaubte. »Und dann? Was soll ich mit einem Gasthaus, in das keiner kommt?« Ich senkte meine Augen und entging damit Blakes eindringlichem Blick. »Außerdem weiß ich doch gar nicht, wie lange ich noch hierbleiben werde.«

Und wieder ein Kopfschütteln. »Es ist dein Rudel, Sven. Du ...«

»Ist auch egal«, unterbrach ich ihn rasch, um gar nicht erst diese alte Diskussion aufkommen zu lassen. Blake konnte ein hartnäckiger Mistkerl sein und ich war zu müde, um mich wieder mit ihm zu streiten. »Ich gehe ins Bett.«

Ohne auf einen weiteren Kommentar zu warten, ging ich ins Haus und dort sofort hinauf in mein Zimmer. Da das Haus schon vor Jahren geräumt worden war, gab es hier nichts außer einer Matratze und einigen Decken, die ich mir nach meiner Rückkehr besorgt hatte. Es sah armselig aus, aber mehr brauchte und verlangte ich gar nicht.

Ich hatte mich kaum hingelegt, da schlich sich ein Wolf in mein Zimmer und legte sich neben mich. Zuerst war ich angespannt und auch verärgert, doch als der große schwarze Wolf mich mit der Nase anstupste und mir verspielt über das Gesicht und den Hals leckte, konnte ich nicht anders und musste sogar etwas lachen.

Ich packte in das seidige Nackenfell des Tieres und begann es dort zu kraulen, was mir ein erfreutes Winseln einbrachte. Die Wärme des Körpers tat gut. Ich merkte, wie kalt mir inzwischen wirklich war und ich wollte mehr davon spüren, schmiegte mich enger an das Fell und vergrub meinen Kopf an den Hals des Wolfes. Dass er das gestattete, war ein großes Zeichen von Vertrauen und machte mich jedes Mal wieder sprachlos. Ich hatte das nicht verdient und doch war ich zu schwach, um seine Güte nicht anzunehmen.

Der warme Körper und sein Geruch beruhigten mich und ich schloss entspannt meine Augen. Selbst, als ich Blakes Schritte näherkommen hörte, reagierte ich nicht und blieb, wo ich war.

»Du wirst nicht ewig wegrennen können«, hörte ich ihn flüstern, dann legte auch er sich zu mir und wärmte mir den Rücken. Der Wolf auf meiner anderen Seite knurrte leise und mahnend, woraufhin Blake seufzte. »Nimm ihn nicht immer in Schutz. Er ist kein Welpe mehr.«

Noch ein Knurren, dann war Ruhe und ich musste grinsen, als Blake einen Arm über unsere Körper legte. Blake meckerte zwar gerne und viel mit mir, aber er war nicht besser. Zufrieden und beschützt von meinen Freunden eingekeilt, fühlte ich mich tatsächlich wie ein kleiner Welpe und glitt genauso sorglos in den Schlaf.

 


Mehr als maximal drei Stunden Schlaf am Stück schaffte ich nie und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass ich als erstes wieder aufwachte. Die Sonne war kurz vorm Aufgehen und ich beschloss, Frühstück zu machen.

Blake schlief so fest, dass er gar nicht merkte, wie ich mich vorsichtig aus seinen Armen wand, aber bei dem Wolf sah das natürlich ganz anders aus. Unsere tierischen Instinkte ließen uns immer in Alarmbereitschaft sein, aber in Wolfsform waren sie noch um einiges verschärft.

Ich legte mir einen Finger an die Lippen, während grüne Raubtieraugen aufmerksam diese Geste verfolgten. Er verstand, sein Blick wurde allerdings missmutig, wie es sich für einen ordentlichen Morgenmuffel gehörte. Schulterzuckend stand ich trotzdem auf und ließ die beiden allein zurück. Sie würden schnell folgen, sobald der Geruch von Eiern und gebratenem Speck das Haus erfüllen würde.

Die Küche war, wie der Rest des Hauses eher spartanisch eingerichtet. Die Einbauschränke und der Herd waren bei unserem Einzug noch vorhanden gewesen und so hatten wir uns nur ein paar Pfannen, andere lebenswichtige Utensilien und einen neuen Kühlschrank zulegen müssen. Aus ebenjenen nahm ich alles, was ich für ein herzhaftes Frühstück brauchte und warf dann erst mal die Kaffeemaschine an.

Ich hatte kaum den Herd angestellt und die ersten Speckstreifen in die Pfanne gelegt, da hörte ich auch schon, wie sich leise Pfoten in die Küche schlichen. Ein Hoch auf mein gutes Gehör, dem ich es zu verdanken hatte, dass ich nicht vor Schreck mit der Pfanne um mich warf, als sich urplötzlich ein nackter Körper von hinten an mich schmiegte. Wirklich niemand konnte sich so geräuschlos und schnell verwandeln, wie dieser Mann.

»Was soll das?«, protestierte ich, als flinke Finger den Herd wieder ausschalteten und ich so schnell herumgewirbelt wurde, dass mir davon schwindelig wurde.

Als Antwort darauf wurde mir der Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss verschlossen, der mir jeglichen Atem aus den Lungen saugte. Ich war nicht immun gegen die Leidenschaft des Mannes. Nein, absolut nicht und so schmolz ich in seinen Armen dahin und ließ mich mitreißen.

»Ich will dich auf dem Tisch«, knurrte es an meinen Lippen und mein Unterleib zog sich lustvoll zusammen. Mein Schwanz richtete sich auf und fand die Idee alles andere als schlecht, aber trotzdem musste ich nachhaken.

»Bist du sicher? Ich glaube nicht, dass uns das alte Ding aushält.«

»Willst du etwa widersprechen?«

Erneut wurde ich herumgewirbelt und landete schon wenige Sekunden später mit dem Oberkörper auf der holzigen Oberfläche unseres Tisches. Meine Beine wurden mit einem Tritt gespreizt und ich krallte instinktiv meine Finger in die Kanten des Holzes. Inzwischen stand mein Schwanz wie eine Eins und pochte zwischen meinen Beinen. Ich wollte einen harten, schnellen Fick. Oh ja, ich wollte ihn sogar sehr.

Eine Hand schob sich zielstrebig in meine Pospalte und massierte mein Loch, das sich bei dieser Stimulation lustvoll zusammenzog.

»Deine Finger. Gib sie mir«, forderte ich krächzend, wofür ich sofort einen festen Schlag auf meine linke Arschbacke erntete.

»Du stellst Forderungen? Oh, Sven, du solltest es doch besser wissen.«

Ich biss mir auf die Lippen und genoss das intensive Brennen, das sich einen Weg durch meine Nerven bahnte. Ich liebte den Moment, wenn sich Schmerz in Lust verwandelte und alles andere zur Nebensächlichkeit wurde.

Der nächste Schlag traf die andere Seite und rang mir ein Stöhnen ab. »Mehr. Fester.«

»Noch mehr Forderungen? Da will es heute aber einer wissen.«

Oh ja, ich wusste es besser, als den Mann hinter mir zu reizen, aber ich konnte an diesem Morgen einfach nicht widerstehen. Ich brauchte mehr und ich wusste auch genau, wie ich es bekommen konnte.

Eine Hand krallte sich in mein Haar und zerrte grob daran, was meine Kopfhaut auf äußerst angenehme Weise kribbeln ließ. »Wer hat hier das Sagen? Na los, sprich dich aus, Sven.«

»Du«, stieß ich sofort hervor, konnte aber nicht anders, als lasziv mit dem Hintern zu wackeln, bis er erneut Bekanntschaft mit einer sehr harten Hand machte.

Lautes Klatschen erfüllte den Raum und ich seufzte versonnen. Immer mehr Schläge sorgten dafür, dass sich meine Haut weiter erwärmte und mich die Empfindungen des Lustschmerzes ganz benommen machten. Als sich Finger in mein gereiztes Fleisch gruben, schrie ich leise auf und wurde dann ganz ruhig.

Das war es. Berauschender Nebel legte sich über meine Sinne und ich konnte nur noch fühlen. Ließ los und mich davontreiben.

»Na also, da ist ja mein gehorsames Wölfchen. Noch irgendwelche Forderungen, die du stellen willst?«

»Nein, Sir«, hauchte ich ergeben und meine Haare wurden freigelassen, damit sich die Hand in meinen Nacken legen konnte. Sie drückte leicht zu. Eine Warnung, die ich ab jetzt nur zu gerne beherzigen würde.

»So ein guter Junge. Und so bedürftig.«

Ich keuchte hektisch, als sich feuchte Finger gegen mein Loch drängten und sich ohne viel Aufhebens in mich hineinschoben. Noch mehr Brennen. Dann ein Streicheln an meinem geheimen Punkt und ich hob endgültig ab.

»Komm für mich.«

Als ich den leisen Befehl hörte, hätte ich den festen Griff an meinen Schwanz gar nicht gebraucht. Meine Eier zogen sich krampfhaft zusammen und ich kam, genoss die Blitze, die durch meinen Körper jagten und ihn zum Beben brachten.

»Brav. Dann kommen wir mal zu deiner Belohnung.«

Die Finger aus meinem Inneren verschwanden und eine dicke Eichel zwängte sich durch meinen engen Muskelring. Ich schrie leise, befand mich noch immer im festen Griff meines Höhepunkts und war daher völlig überreizt. Jetzt war es amtlich, der Kerl wollte mich umbringen!

Ein heiseres Lachen drang an meine Ohren und ich knurrte mein Missfallen hinaus.

»Was denn? Dachtest du, nur du kommst hier zum Abschuss?«

Was für ein Arsch!

»Nee, aber du hättest mich ja wenigstens mal Luftholen lassen können, du Vollpfosten!«

»Wo bleibt denn da der Spaß? Übrigens, wo ist das Sir geblieben?«

Mit einem Ruck versenkte er sich ganz in mir und ich begann unkontrolliert zu zittern. Heilige Scheiße, war das gut. Er gab mir genau die richtige Menge an Schmerz, um erneut geil zu werden.

»Mistkerl! Verdammter! Das Sir muss man sich verdienen.«

»Hab ich doch!«

Mit wohldosierten Stößen begann er mich erneut anzuheizen und streichelte meinen Schwanz dabei so gekonnt, dass dieser keine Zeit zum Abschwellen bekam. Ich wusste, er würde mich erneut zum Kommen und Schreien bringen. Und wie ich mich kannte, würde ich ihm danach vor Dankbarkeit sogar die Füße lecken wollen.

»Sven?« Sein heißer Körper beugte sich über mich und er pustete mir warmen Atem über die verschwitzte Haut an meinen Nacken. Oh, er spielte wirklich unfair. »Komm schon, Kleiner. Sag es noch mal. Es klingt so schön aus deinem Mund.«

Er leckte mir über die feuchte Haut, fickte mich dabei tief und langsam und ich war verloren. »Du hast gewonnen. Besorg es mir bitte fester ... Sir

Und das tat er dann auch.

2. Kapitel

- Blake -


Ich lag auf meiner Matratze und starrte genervt an die Decke. Dank meines guten Wolfsgehörs, war es unmöglich, das Gebrabbel und Gestöhne aus dem Raum unter mir zu überhören.

Scheiße, warum muss das immer wieder passieren? Ich hab Hunger.

Mein Magenknurren machte dem Geräusch aus meiner Kehle alle Ehre und ich beschloss, dass das Rumgeficke lang genug gedauert hatte. Ich würde jetzt runter in die Küche gehen, meinen Magen füllen und das Pärchen dabei gar nicht beachten.

Die Idee war gut, aber an der Umsetzung haperte es, denn kaum hatte ich die Tür des Schlafzimmers geöffnet, schallte mir ein Ja, härter, Sir! Fick mich, Sir! entgegen und ich knallte die Tür ganz automatisch wieder zu. Das konnte ich mir einfach nicht geben.

Es war ja nicht so, dass ich etwas gegen ein bisschen Druckabbau hatte – Wölfe waren in dieser Hinsicht alles andere als verklemmt – und sicher hätten mich die beiden auch mitmachen lassen, aber allein der Gedanke erzeugte in mir ... Ablehnung.

Es wäre nicht richtig gewesen, jemals wieder einen anderen Menschen oder Wolf auf diese Weise zu berühren. Nicht, nachdem es Viola in meinem Leben gegeben hatte. Viola, meine geliebte Gefährtin und zugleich mein größter Verlust.

Die Gedanken an sie schmerzten und Schuld fraß sich durch mein Innerstes. Ich war der denkbar schlechteste Gefährte für sie gewesen. Ich hatte ihren Tod nicht verhindern können und es dann nicht einmal geschafft, ihr zu folgen. Dabei war genau das ein ungeschriebenes Naturgesetz unter Wölfen. Starb ein Gefährte, so verging auch der Verlassene an einem gebrochenen Herzen.

Was hält mich also noch hier? Wie konnte es sein, dass nicht einmal der Schmerz ihres Verlustes mich umbringen konnte?

Es war ein Mysterium, aber ich glaubte noch immer an das Schicksal und dass es für alles einen Grund gab. Und wenn es nur darum ging, meine beiden Wolfskumpanen wieder in die richtige Spur zu bringen. Wenn es so war, würde ich jedenfalls alles daran setzen und mich dann friedlich ins Totenreich verabschieden, um dort endlich in Violas Arme zu sinken.

Ich sinnierte noch einige Minuten vor mich hin, dann erstarben die Geräusche in der Küche endlich und ich machte mich langsam auf den Weg dorthin. Ich kam gerade rechtzeitig herein um zu sehen, wie Sven den Tisch mit einem feuchten Lappen abwischte und mir dabei sein ansehnliches Hinterteil entgegenstreckte.

Ich war trotz allem kein Kostverächter und so sah ich natürlich hin. Wie hätte ich es auch nicht tun können? Der Arsch des Mannes leuchtete in einem solch tiefen Rot, dass mir allein der Anblick Schmerzen bereitete. Da hatte jemand ganze Arbeit geleistet und so wie Sven verträumt vor sich hin lächelte, wurde diese Arbeit auch sehr wertgeschätzt.

Kopfschüttelnd riss ich meinen Blick los und marschierte schnurstracks zum Fenster, um es aufzureißen und somit wenigstens etwas den Geruch von Sex loszuwerden. Das blieb nicht unbemerkt.

»Dir auch einen wunderschönen Guten Morgen, Blake«, ertönte es spöttisch hinter mir. »Hast du gut geschlafen?«

Ich wirbelte zu meinem langjährigen Freund herum und funkelte ihn miesgelaunt an. »Das hätte ich bestimmt, wenn sich gewisse Personen nicht mal wieder das Hirn aus dem Leib gefickt hätten!«

Eine dunkle Augenbraue wanderte langsam in die Höhe. »Eifersüchtig?«

Ich sorgte nun dafür, dass mein Mittelfinger in die Höhe wanderte. »Fick dich, Kyle!«

Kyle lachte. »Ich hätte ja dich gefickt, aber du lässt mich ja nie. Und dabei könnte ich dir so viel Gutes tun. Frag Sven, der hat sich bisher noch nie beschwert.« Ein verschwörerisches Funkeln schlich sich in seine Augen, bevor er sich vertraulich zu mir beugte. »Ich könnte dir auch den Arsch brennen lassen. Na, wie wär’s?«

»Versuch' auch nur in die Nähe meines Arsches zu kommen und ich verspreche dir, dass du dich danach mindestens eine Woche nicht mehr rühren kannst.«

Kyle winkte unbeeindruckt ab. »Ach nee, lass mal. Das Vergnügen hatte ich schon, als man mir den Bauch aufgeschlitzt hat. Auf eine Wiederholung bin ich ganz bestimmt nicht scharf.«

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Sven zusammenzuckte, als Kyle sich über seinen Bauch strich, dem man dank seiner Wandlergene allerdings nichts mehr von seiner damaligen Verletzung ansah. Kyle merkte nicht mal, wie sehr Sven das Thema immer noch mitnahm und plapperte munter weiter.

»Na ja, wenigstens lag ich nur eine Woche flach. Man stelle sich mal vor, meine Kehle hätte es auch noch erwischt. Malcoms Klauen hatten es aber auch in sich. Ein Hoch auf meinen Retter, der ...«

Ein nasser Lappen flog durch die Luft, traf Kyle am Hinterkopf und stoppte so endlich sein dummes Gerede. Fragend wandte er sich an Sven, der jedoch einfach missbilligend mit dem Kopf schüttelte und dann aus dem Raum stürmte. Mit meinen Superohren hörte ich, wie er sich anzog und wenig später die Haustür hinter sich zuschlug.

Ich seufzte. »Das hast du ja mal wieder toll hingekriegt. Warum musst du immer wieder damit anfangen?«

»Was denn? Wer von uns wäre denn fast krepiert? Er oder ich?«

Kyles Augen richteten sich verständnislos auf mich, dabei wusste ich genau, dass er sehr genau wusste, was er Sven damit antat. Er reizte den Jungen absichtlich und das fand ich nicht in Ordnung. Genau deshalb antwortete ich auch nicht, sondern stand weiterhin abwartend da.

Nach einem kurzen Blickduell gab Kyle endlich auf. »Ist ja gut! Ich versuche ihn einfach ein wenig mehr aus seinem Schneckenhaus herauszulocken. Ist das so schlimm? Der Junge muss sich endlich mit dem Geschehen auseinandersetzen. Ich kann ihn schließlich nicht jedes Mal ficken, wenn er schlecht drauf ist.«

»Ach? Kannst du nicht? Schien dir bisher aber auch nichts auszumachen«, konnte ich darauf nur knurren.

Kyle grinste dreckig. »Tut es auch nicht. Wir haben schließlich beide ein schweres Trauma zu bewältigen und trösten uns ein wenig. Daran ist nichts Verwerfliches.« Sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich ernst. »Trotzdem müssen wir auch an die Zukunft denken. Wir alle befinden uns in einer ziemlich verfahrenen Situation. Wir beide werden immer noch wegen Mordes gesucht und Sven ...«

»Ich weiß«, bestätigte ich leise. »Wir müssen endlich eine Lösung finden, bevor uns die Scheiße um die Ohren fliegt.«

Mein bester Freund lachte freudlos. »Das ist sie doch schon längst! Sieh mich doch an, Blake. Bis vor kurzem war ich noch ein Alpha, den man respektierte und was bin ich heute? Ein Nichts. Ich bin ein verbannter Wolf ohne Rudel und Ehre. Wenn mich der Rat in die Finger bekommt, werde ich wahrscheinlich sogar mein beschissenes Leben verlieren. Und bei dir sieht es nicht besser aus. Malcom Drechsler hat dafür gesorgt, dass alle Welt dich für einen Massenmörder hält. Wie willst du beweisen, dass es nicht so ist?«

»Keine Ahnung.« Ich bekam Magenschmerzen und musste mich setzen. »Ich weiß das alles selbst, Kyle, aber darüber zu verzweifeln hilft nicht. Wir müssen nachdenken.«

Kyle nickte und setzte sich zu mir. »Und genau das habe ich getan, lange und sehr ausführlich. Und willst du wissen, was jedes Mal dabei herausgekommen ist?«

Ich schüttelte den Kopf, denn ich wusste, was für eine Lösung ihm vorschwebte. Ich selbst war auch immer wieder auf dasselbe Resultat gekommen. Es gab nur eines, was uns den Arsch retten konnte. Oder besser gesagt, einer. Aber trotzdem ...

»Wir können den Jungen nicht vor den Rat treten lassen. Er ist nicht bereit dazu.«

Kyles Knurren war so laut, dass man es wahrscheinlich durch den ganzen Ort hören konnte. »Ach wirklich? Sieh mal an, das ist mir schon selbst aufgefallen. Aber genau deshalb müssen wir dafür sorgen, dass sich das ändert.«

Ich seufzte. Kyle war ein Hitzkopf. Ich mochte diese Eigenschaft an ihm, auch wenn sie uns in der Vergangenheit schon oft Ärger eingehandelt hatte. In dieser Sache musste allerdings Ruhe bewahrt werden. Ich hatte das längst verstanden und bisher hatte ich das auch von Kyle angenommen, der sich bei jeder aufkommenden Diskussion schützend vor Sven gestellt hatte. Ich war bisher der Buhmann gewesen und nun wollte er die Rollen tauschen? Okay, konnte er haben.

»Da hast du absolut recht. Selbstverständlich muss sich etwas ändern«, stimmte ich ihm zu und blickte

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 26.09.2019
ISBN: 978-3-7554-2895-4

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