Aus aktuellem Anlass zur Erinnerung an den Atombombenabwurf auf Hiroshima (06.08.1945) oder wie ich an einen Besuch im Hiroshima-Nagasaki-Park erinnert wurde (04.06.2017)
Mit meinem Freund schlenderte ich gemütlich zum Bahnhof, denn wir hatten Zeit - was natürlich für Großstadt Berlin eher ungewöhnlich erscheint. Eine Frau blieb vor uns und vor dem Bahnhofseingang stehen und schaute bedächtig auf den Boden. Da wir ja Zeit hatten, schauten wir nach, warum diese Frau solang auf den Betonboden starrte und nachdachte. Da stand es - in der prallen Sonnen, vor dem Schienenersatzverkehrsschild, mit weißer Kreide geschrieben, leicht verwischt durch Laufwege der Passanten und S-Bahnfahrer, ebenerdig:
„Der Tod lauert in Büchel Atombomben der USA...Hiroshima 06.08.1945 Atombombenabwurf“
Ich fragte meinen Freund, welcher Tag heute sei. Der 03.08. kam zur Antwort. Also in drei Tagen. Nun standen wir zu dritt um diese Kreideschrift und dachten: Wer hat‘ s geschrieben? Gibt es `ne Demo gegen Atomwaffen? Und wann?
Und dann erinnerte ich mich an meine Reise und meinen Besuch im Hiroshima-Nagasaki-Park in Köln.
Meine Reise begann mit dem Besuch meiner Schwester in Köln. Sie wohnte nur 30 Minuten Fußweg oder gar nur 7 Minuten Fahrzeit mit dem Auto von diesem Park entfernt. Wie praktisch für mich. Auf der Fahrt von der Innenstadt zu meiner Schwester machten wir einen Zwischenstop am Hiroshima-Nagasaki-Park. Es war Sonntag – also keine Parkgebühren und relativ gute Chancen bei der Parkplatzsuche an der Universitätsstraße. Als ich auf die digitale Karte schaute, fiel mir sofort auf, dass westlich – gegenüber dem Park – das Malteser Krankenhaus und die Humanwissenschaftliche Fakultät Universität zu Köln liegt. Das ist doch sinngemäß schön passend zum Thema des Parks. Nun hatten wir ein schönen Parkplatz unter der Baumallee auf der - doch für kölner Verhältnisse - breiten Straße gefunden. Die Sonne schien wunderbar und die Bäume waren immergrün. Mir fiel auf, dass auch auf der östlichen Seite des Parks direkt ein U-Bahnhaltestelle lag, die Molktestraße. Wir liefen über die breite und für einen Sonntag ruhige Universitätsstraße, am Parkrand, der nur so vor Grün der Bäume strahlte und erreichten ein Straßenschild Hiroshima-Nagasaki-Park. Das kleine Schildchen lasen wir natürlich aufmerksam durch: „Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima am 06.08. u. Nagasaki am 09.08.1845 waren das menschenverachtende Finale des 2. Weltkrieges“.
Zur unseren linken Seiten erreichten wir dann das Museum für Ostasiatische Kunst. Der Platz vor dem Museum ist gepflastert und mein Freund musste erst Mal Eine rauchen. Ok, das hieß für mich: Mal gucken was ich so alles von außen sehen kann. Das Museum ist ein eher flach- gedrungenes, rotes-Backsteingebäude. Zudem war es mit einfachen Strukturen, eckig und kantig gebaut worden. Alles im allen ein warmes Haus, was sein Zweck von Wissenstransfer erfüllt. Von der Seite am Gebäude entlang konnte ich einen Blick auf das angrenzende Café erhaschen. Ich fühlte mich wohl und mein Freund hatte endlich seine Zigarette fertig geraucht. Es ging nun also weiter. Durch die Glastür zum Museum rein in eine kleine Eingangshalle. Hier und da asiatische Kunst, eine Toilette und eine Art Empfangsschalter oder doch nur der Sicherheitsdienst?! Wir hatten uns kurz ausgetauscht wer nun fragen sollte, ob wir etwas für den Park bezahlen müssten. Da ich zum Park wollte, musste ich also auch fragen. Nun gut, gesagt, getan: Museum hatte nicht mehr offen, eine kleine asiatische Bücherei aber noch, das Café und natürlich kostet der Park nichts. Aber der Eingang zum Park wäre neben dem Museum. Sehr nett sind sie, die Kölner. Und es schien doch zwei Sicherheitsmänner gewesen zu sein. Ok, da wir unseren Informationen hatten, konnte ich jetzt auch in der Eingangshalle in Ruhe die öffentliche Toilette benutzen. Als ich wieder kam, sah ich meinen Freund etwas weiterlaufend auf dem Flur mit den Staturen. Zur rechten Seiten saßen in Stein gemeißelte – scheinbar – buddhistische Mönchsfiguren. Auf der linken Seite ein Zen- Garten, den man in Deutschland auch nicht sooft bewundern kann. Und am Ende des Ganges eine riesige Bronzefigur. Zu den Mönchen habe ich wenig finden können, aber sie waren schön anzusehen und sie wurden detailreich dargestellt.
Die Bronzeplastik „Usagi Kannon“ von Leiko Ikemura, die an der Stirnseite des weiträumigen Foyers ihren Platz gefunden hat, verbindet so Einiges. Die Künstlerin, die gerne europäische und japanische Kunst sowie Fremdheit und Vertraut verschmelzen lässt, hat dieses überlebensgroßes Wesen mit hasenähnlichen Ohren und menschlichem Antlitz in Tränen geschaffen. Es soll die Trauer versinnbildlichen. Denn Ikemura (ge)dachte an den nuklearen Fukushima – Unfall und dessen Folge, der Missbildung der Tiere. Der Glockenförmige Rock sollte gleichsam als schützender Tempel dienen.
Gegenüber den buddhistischen Mönchen lag der Zen – Garten, leider hinter Glas, in Ruhe und Stille.
Mit kleinen Flüsschen und Steinen und hier und da schönes Grün. Eigentlich könnte ich es auch kaum glauben, dass hinter den Mauern des japanischen - Gärtchen Köln lag.
So, jetzt sollte es aber weitergehen zum Hiroshima-Nagasaki-Park und dem Mahnmal. Wir gingen aus dem Museum und in den Park. Ganz klar, Bäume hier und da, auch ein Busch, Vögel und ein Park-Mäuschen. Einige Jogger liefen an uns vorbei und auch einige in tiefen Diskussionen oder Gesprächen versunkene Spaziergänger gingen hier auf den sauberen Wegen.
Von der westlichen Seite erreichten wir den Aachener Weiher, ein künstlich angelegter See. Auf Nachfrage, erzählte uns meine Schwester, dass er eher nicht zum Schwimmen geeignet ist, aber man dort angeln könne. Wir haben aber schließlich einige Arten schwimmender Vogelarten entdeckt. Und wie es so schön in dem Sommermonaten ist, waren auch hier auf dem Wässerchen eine Schwanenfamilie mit fünf Schwanennachwuchs unterwegs. Ein Anblick den gerne viele Parkbesucher verfolgten.
Von viel Vogelgesang abgesehen, den doch etwas lauteren Gesprächen der Parkbesucher im Spaziergang oder auf den Bänken oder auf dem Rasen, kam plötzlich ein lautes Gelächter aus der Richtung am mittigen Rande des Aacheners Weiher. Eine „Lach-Yoga-Gruppe. Es gibt sie wirklich. Ich hatte vorher nie eine gesehen, geschweige gehört. Aber hier im Hiroshima-Nagasaki-Park standen sie im Kreis, bunt und leger angezogen und lachten laut los. Einige von den anderen Parkbesuchern, wie auch wir, blieben in weiter Ferne stehen und beobachteten das Spektakel. Die Kreisgruppe lachte und lachte laut und lauter. Ich hatte das Gefühl, dass sie gar nicht mehr aufhörten zu lachen. Hm, es war eben Lach-Yoga. Was mich aber faszinierte, war, dass so Manche, die zu schauten und zu hörten, wie auch wir, an fingen mit zu schmunzeln.
Weiter ging es. Wir wollten doch das Mahnmal „Atomwaffen abschaffen“ und was den symbolischen Origami-Kranich zeigt und an das Schicksal von Sadako Sasaki erinnert. Denn der Hiroshima-Nagasaki-Park ist einer von drei weltweiten Parks, in dem ein Denkmal für internationale Friedensbewegung und Widerstand gegen den Atomkrieg besichtigt werden kann. Die Weiteren ist das Kinderfriedensdenkmal (in Hiroshima – Japan) und der Seattle Peace Park (in Seattle – USA).
Zur Zeiten des Nationalsozialismus wurden auf dem früher genannten Maifeld (jetzt Hiroshima-Nagasaki-Park) Tribünen errichtet. Nach dem 2. Weltkrieg wurde Schutt und Trümmer aufgeschichtet und erhielt somit den Beinamen Aachener Berg. Auf Initiative des Kölner Friedensforum wurde angeregt, eine Erinnerung an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zu schaffen. 2004 wurde der Park von Konsul Toshihiko Mochizuki und eines der Überlebenden des Atombombenabwurfs auf Nagasaki, Kazuo Soda eingeweiht. 2007 wurde das Mahnmal „Atomwaffen abschaffen“ enthüllt.
Wir mussten dieses Denkmal doch jetzt endlich bald finden, dachten wir uns und liefen über hüglige, grüne Flächen an deren Ränder Bäume, Trimme-dich-Pfade, Sport- und Wissenschafts- Geräte für jedermann bereitstand. Wir gingen krumme und verschnörkelte Wege, ein Blick auf Google- Maps geworfen und weiter die angegebene Richtung folgend. Wir kamen an einen kleinen niedrigen Turm an. Dort meinte mein Freund etwas Aussicht haben zu können, um das Mahnmal ausfindig zu machen oder gar zu erspähen. Uns ist ein Mann aufgefallen, der irgendwie nach irgendetwas suchte. Suchte er auch nach dem Denkmal? Es sollte doch hier in der Nähe sein? Sollte wir ihn fragen? Neee, wir wollten doch es alleine finden. Unterhalb des Türmchen war wieder ein Trimme-dich-Pfad mit roten Stangen, an denen man sich von Einer zur Nächsten schwingen musste. Zwei versuchten ihr Glück – Einer schaffte es sogar. Naja, gut. Wir hatten eine Mission und mussten weiter.
Wieder ein verschnörkelter und krummer Weg.
>>Dort vorne müsste es eigentliche sein<<
>>Dort wo der Typ auf der Bank sitzt<<
>>Weiß nicht, lass uns ma‘ gucken!<<
Nee, bei dem Typen, der auf der Bank saß war nichts in Richtung irgendeines Denkmals. …
Aber auf der andere Seite: umgeben von drei Bäumen, einen Gingo für Hiroshima, eine Japanische Blütenkirsche für Nagasaki und eine Schwarze-Pappel für Köln, lag ein großer Stein mit dem Symbol des Widerstandes gegen den Atomkrieg und Atomwaffen: Ein Origamie- Kranich.
Wir hatten es gefunden! Yes! Juhu! Also hübsch gemacht, aber so versteckt. Dieses kleine ruhige und idyllisches Örtchen mit den drei immergrünen Bäumen und Büschen, das Meer aus weißen runden Steinchen und dem Gedenkstein wirkten so harmonisch und komplett konträr zu dem, was ich auf der großen Erklärungs- und Aufrufs- Tafel Schockierendes las. Die Tafel stand etwas seitlich vor der Gedenkstätte . Ein Atompilz zeichnete sich im Hintergrund vom Text ab und die weiße, größere Schrift „atomwaffenfrei – jetzt“ stach heraus. Der Text wurde von dem Arbeitskreis Hiroshima-Nagasaki im Kölner Friedensforum 2016 verfasst. Sie beschreiben eindrucksvoll, dass der Hiroshima-Nagasaki-Park an die Toten des 2. Weltkrieg erinnern soll, aber gleichzeitig für friedliche Lösungen für das Zusammenleben der Völker aufruft. Die Atombombenabwürfe von den USA am 06.08. und 09.08.1945 auf Hiroshima und Nagasaki forderte insgesamt 186.000 Tote und läutete das Atomzeitalter ein. Durch das folgende ungezügelte Wettrüsten fielen bei Fallout der Atomwaffentestungen Millionen Menschen zum Opfer und ganze Landstriche wurden unbewohnbar. Die Autoren beschrieben ein Szenario, was für mich unvorstellbar war: Wenn zum Stand 2016 die 16.000 Atomsprengköpfe in 9 Ländern der Erde NUR ein Teil ihres Potential entfalten würden, würde es zur Vernichtung der Menschheit und des Lebens auf der Erde führen.
Weiter führen die Autoren aus, dass die Atomenergie zu risikoreichen Unfällen für Mensch und Umwelt führten (Tschernobyl und Fukushima) und die Endlagerung für die riesigen Atomabfälle weiterhin ungelöst bleiben.
Und mein Herz wurde schwer und es breitete sich Angst aus.
Die Autoren schrieben weiter: Deutschland stationiert 20 amerikanische Atombomben in der Eifel (Büchel), die von deutschen Soldaten im Einsatz geflogen und abgeworfen werden sollen, obwohl sich die deutsche Regierung 2010 für den Abzug der Atomwaffen einsetzte. Und ich dachte: >>Wo soll das hinführen?<<
Als Motivationsschub endete der Text, dass der Bürgermeister Hiroshimas und Köln Mitglieder der „Mayors of Peace“ seien, die sich für Ächtung und Verbote von Nuklearwaffen stark machen. Und dann sah ich auch hier das Zeichen der Widerstandes gegen den Atomkrieg und Atomwaffen: Ein Origamie- Kranich. Es heißt, dass ein junges japanisches Mädchen Sadako Sasaki, die nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima an den Spätfolgen der atomaren Strahlung an Leukämie erkrankte, 1000 Origamie- Kraniche faltete. Denn nach einer Legende sollte man dann einen Wunsch von den Göttern erfüllt bekommen. Viele Kinder, Schulkameraden und anderen Erkrankte gaben Sadakos Kranichen Hoffnung und die Kunde verbreitet sich bis die Origamie- Kraniche zum Symbol des Atomwaffenwiderstandes wurden.
Also faltet ein Origamie- Kranich und hängt ihn an die drei wunderschönen Bäumen, die ein Gedenkstein mit einem bronzenem Origamie- Kranich im Hiroshima-Nagasaki-Park säumen. Ein Park mit Begegnungen, asiatischer Kultur-Geschichte und aktueller denn je ein Statement für Atombomenabschaffung setzt.
Texte: isle.of.may
Bildmaterialien: isle.of.may
Cover: isle.of.may
Tag der Veröffentlichung: 07.08.2018
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