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Die Waldgedanken und der Waldruf

Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Ich renne und renne unter den Sternen den unbekannten Weg entlang bis ich… ja, wo will ich eigentlich hin? Und wo ist eigentlich mein Schatzi?
Meine Gedanken wild, durcheinander und einfach stürmisch wie diese Nacht. Habe ich Angst? Ja, ganz sicher, denn wo ist nur mein Schatzi?

Ich bin angekommen. Am Wald. Es ist ein Wald, oder?

Für mich ist das alles ein wüster Wald, ein düsterer Phantasienwald und ich stehe am Rande des Waldes. Ich habe Angst hineinzugehen, weil er vernebelt, verschwommen und unwirklich ist. Er ist undurchdringbar – so scheint es – und ich weiß einfach nicht was sich in ihm verbirgt ist.

Ist mein Schatzi in den Wald gegangen? Wenn ich meine Angst runter schlucke, gehe ich hinein, um mein Schatzi zu finden! Aber wie komme ich wieder hinaus? Ich habe keinen gordischen Knoten und auch keine Taschenlampe.
Mein Schatzi ist vor gelaufen – es kann nur so sein – weil...weil er möglicherweise dazu gehört...zum Wald oder der Phantasiewald ihn ruft.

Ich bleibe noch am Rand stehen, nervös, springe von einem Bein auf das Andere. Ich habe Angst, um mein Schatzi. Wie ergeht es ihm da im Wald? Wo ist er? Hoffentlich verliert er sich nicht!

Wieso man diesen Wald nicht sieht? Diesen Wald in diesen Köpfen jener speziellen Menschen mit ADS, ADHS, Asberger Syndrom und so weiter oder so ähnlich.

 

Jep, und mein Schatzi hat es. Aber nun was hat er. Kein Vater in der Kindheit – das ist offensichtlich. Probleme mit sich selbst – ja irgendwie, ja. Es wurde schnell – so kommt es mir vor – ADS diagnostiziert. Er geht jetzt zur Therapie. Da wurde ihm angedacht, dass er zusätzlich oder - vielleicht doch nur – Asberger - Syndrom hat. Eine Sozial-Kommunikationsstörung. Übersetzt heißt es angeblich, im Vorderlappen des Gehirns (für logisches Denken) ist das Nervensystem stärker vernetzt als bei Menschen ohne Asberger Syndrom. Diese Menschen sehen Kommunikation/ soziales Verhalten angeblich logischer und haben möglicherweise – wenn sie es nicht anders kompensieren – Probleme mit sich selbst und/oder den Mitmenschen.
Soweit haben wir das bis jetzt in Erfahrung gebracht. Forschungen auf diesem Gebiet gibt es viele und allen noch in den Kinderschuhen – soweit ich weiß. Und da ist er, der düstere Wald in der dunklen und stürmischen Nacht.

Ich weiß es nicht...ich weiß nicht wie die Taschenlampe oder der gordische Knoten ausschaut. Aber ich hatte etwas, wie ein Ruf aus dem Wald gesehen – oder gehört? Ein Ruf aus der Mitte dieses Waldes, der bis zum Waldrand und zu mir drang.

Als ich eines abends mit meinem Schatzi sprach (er hatte fieberhaft im Internet nach Erklärungen gesucht) schielte er. Ich dachte ich sehe bestimmt falsch: Er schielt doch nicht. Ich ging durch den Raum. Seine Augen verdreht sich wieder in andere Richtungen: ich hatte Angst.
Ich: >>Du schielst. Schielst du? Hör auf zu schielen. Mir macht das Angst.<<
Er:>>Ich schiele? Ahh, ja ,jetzt merke ich es.<<


Er rieb sich die Augen. Machte sie auf und zu. Seine Augen schauten wieder in die gleiche Richtung. >Gott-sei-dank<


Er:>>Ich stehe total unter Druck! Ich muss das hinbekommen! Das mit mir! Ich beiße auch meine Zähne zusammen...vielleicht schiele ich deshalb. Ich habe es nicht realisiert, dass ich schiele!<<

 

Aber ich. Und das war mein erster Ruf, mein erster Schrei aus diesem Phantasienwald. Ich habe es in dieser dunklen und stürmischen Nacht am Waldrand sein Rufen gehört und erkannt, wie sehr er unter dem Druck mit seinem Gehirn, mit seinen Gedanken im Hier oder in diesem Wald steht.


***Aufbruch***


(Achtsamkeit sollten nicht nur die Betroffenen üben, sondern auch Angehörige und Partner. Denn es kann nützlich sein, den einen Ruf, das eine Lichtchen aus jenem undurchdringbaren Gedankenwald zu erkennen.)

Impressum

Texte: isle.of.may
Cover: isle.of.may
Satz: Es ist ein sensibler Text. >>Bitte mit Vorsicht lesen
Tag der Veröffentlichung: 30.09.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für mein Schatzi ; an alle Betroffenen & ihre (An-) Vertrauten

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