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Was würde wohl sein, wenn sie irgendwann zu groß sein würde, wenn sie zu schwer sein würde. Könnten sie sie dann noch mitnehmen? Vielleicht würden sie sie dann nicht mehr tragen können. Was sollte sie machen, wenn es soweit kam? Sie konnte ja wohl kaum selber fliegen. Schon oft hatte Anna davon geträumt, in der Schule, wenn der Lehrer sie mal wieder langweilte, oder wenn Max, dieser Gemeine, sie mal wieder ärgerte indem er sie anschaute und sich dann die Nase zuhielt. Dann fingen die anderen immer zu lachen an. In der Pause umrundete Max sie immer und musterte sie von oben bis unten.
‚Würde ihm das nie langweilig werden?’ hatte sich Anna schon ein paar Mal gefragt. Aber anscheinend wurde es ihm nie langweilig.
„Du stinkst, weißt du das?“
In den ganzen drei Jahren, seit sie nun schon zur Schule ging, hatte Anna ihm nicht einmal darauf geantwortet. Aber gedacht hatte sie
‚Natürlich weiß ich das.’
Ja, sie wusste es wirklich. Anna schämte sich jeden Tag dafür, aber was konnte sie machen? Es war doch nicht ihre Schuld, dass Mama immer vergaß die Wäsche zu waschen. Sie hatte es selbst versucht, aber die Waschmaschine hatte einfach zu viele Knöpfe. Anna hatte Angst den falschen zu drücken. Wenn sie die Maschine kaputt machen würde, dann würde Papa ausrasten. Also war stinken wohl das kleinere Übel. Dann hatte sie ihren Pulli im Waschbecken gewaschen, mit viel Wasser und ein bisschen Seife. Sie musste sich die Seife einteilen. Immerhin musste sie sich selbst auch damit waschen und Mama vergaß manchmal neue zu kaufen.
Aber das war gar nicht so einfach. Es dauerte immer sehr lange bis der Pulli trocken war und sie hatte nur zwei. Sie konnte doch nicht tagelang immer den gleichen Pulli tragen. Zudem war manchmal kein Wasser da. Ein paar Mal hatte Anna nachgefragt, warum es kein Wasser gibt, aber das hatte sie schnell wieder seinlassen. Es war nicht so gut, Mama Fragen zu stellen. Sie wollte nicht gestört werden, wenn sie ihre Serien sah. Papa zu fragen, kam Anna erst gar nicht in den Sinn.

Wie jeden Tag schaute Anna in ihren kleinen Spiegel und versuchte fest zu stellen, ob sie gewachsen war. Sie hatte sich angewöhnt, mit einem Bleistift Striche an den Türrahmen zu malen, da wo ihr Kopf aufhörte, aber sie hatte den Verdacht, dass es nicht so gut funktionierte wenn man das selber machte, wenn doch, war sie hin und wieder ein bisschen kleiner, als am Tag zuvor. Sie aß jeden Tag so wenig wie möglich, damit sie nicht noch schwerer wurde. Manchmal war gar nichts im Haus was man essen konnte. Dann knurrte ihr Magen so laut, dass sie Angst hatte, Mama damit beim Fernsehen zu stören. Daher fiel es ihr nicht schwer wenig zu essen. Manchmal erlaubte Mama ihr, einkaufen zu gehen. Dann gab sie Anna Geld und diese spazierte zu dem kleinen Kaufladen. Anna wusste, dass Kinder eigentlich keine Flaschen für ihre Eltern kaufen durften, aber die nette Frau Babel kannte sie und wusste, dass sie Ärger bekam, wenn sie ohne nach Hause käme, also bekam Anna immer die Flaschen für Mama. Von dem Restgeld durfte sich Anna dann etwas zu Essen kaufen. Sie schlenderte durch die Gänge und bewunderte all die lecker aussehenden Sachen, an die meisten kam sie noch gar nicht heran, weil sie so hoch in den Regalen standen und Anna konnte eh nicht einfach kaufen, was sie wollte, immerhin musste sie selber kochen und das konnte sie noch nicht so gut. Aber Nudeln und Pizza gelangen ihr schon ganz prima.
Also, zu schwer würde sie wohl nur werden, wenn sie nicht endlich aufhörte zu wachsen. Es machte sie ganz wütend, dass sie nichts dagegen tun konnte. Sie hatte ein paar Ideen gehabt, wie man das Wachsen vielleicht verhindern konnte, aber geklappt hatte es nicht. Einmal war sie die ganze Zeit gebückt gegangen, aber dann war ihr eingefallen, dass sie dadurch zwar nicht mehr so in die Höhe ragte, aber genau genommen war sie ja immer noch gleich groß und würde bestimmt trotzdem weiter wachsen. Außerdem bekam sie furchtbare Rückenschmerzen. Sie hatte irgendwann einsehen müssen, dass sie nichts tun konnte.

Bald würde es soweit sein. Bald würde Papa nach Hause kommen. Dann musste sie nur noch ein bisschen durchhalten, aber so bald es dunkel wird, werden sie kommen.
Die letzte Stunde des Tages zog sich wie ein Kaugummi, das man vorsichtig auseinander zog. Einmal hatte Anna es geschafft, ein Ende vom Kaugummi mit den Zähnen fest zu halten und dann so langsam zu ziehen, das sie das andere Ende in den Fingern, am ausgestreckten Arm hielt.
Anna hörte den Schlüssel in der Tür, sie schaute in den Spiegel und atmete einmal ganz tief ein.
‚Nicht mehr lange, bald kommen sie mich holen.’
Sie hatte festgestellt, dass es ihr half, wenn sie sich das immer wieder selber vorsagte. Sie wusste, dass Papa erwartete, dass sie ihn begrüßt, also ging sie aus ihrem Zimmer ins Wohnzimmer.
„Hallo Papa, wie war dein Tag?“
„Wie mein Tag war fragst du?“
Es war fast tröstlich, dass es jeden Abend das Gleiche war. Wie jeden Abend setzte Papa sich gerade mit einer Bierflasche in der, von der Arbeit auf dem Bau, schmutzigen Hand auf das Sofa. Die Frage nach seinem Tag regte ihn jeden Abend auf, aber sie hatte schmerzlich lernen müssen, dass es ihn noch viel mehr aufregte, wenn sie ihn nicht danach fragte.
„Wie soll mein Tag schon gewesen sein? Ich hab geschuftet, damit deine versoffene Mutter, den ganzen Tag auf dem Sofa vergammeln kann.“
Sie kannte das schon. Sie wusste, dass es wie jeden Abend seinen üblichen Lauf nehmen würde.
‚Nicht mehr lange. Sie kommen dich bald holen.’
„Was soll das denn heißen? Woher willst du wissen, was ich den ganzen Tag getan habe?“
„Hör doch auf Maria. Du kannst ja schon nicht mal mehr vernünftig sprechen. Wahrscheinlich ist es gut, dass du immer nur auf deinem fettem Hintern sitzt, ansonsten würdest du bei deinem Getorkel unsere Wohnung demolieren.“
Es würde noch schlimmer werden, spätestens nach Papas dritter Bierflasche.
Früher verkroch sich Anna immer in ihrem Kleiderschrank, ihren Bello, ein Kuscheltierhund, ganz fest umklammernd und leise vor sich hinsummend.
Aber seit einem halben Jahr brauchte sie das nicht mehr. Seit einem halben Jahr, kamen ihre Freunde jeden Abend um sie abzuholen. Sie wusste, dass sie sich gleich in ihr Zimmer schleichen konnte. Ihre Eltern würden nicht mehr nach ihr schauen. Sie hatten schon jetzt vergessen, dass es Anna überhaupt gab.
Leise schloss sie ihre Zimmertür hinter sich. Sie war wie jeden Abend aufgeregt, sie konnte es nicht abwarten geholt zu werden. Oft hatte sie darum gebettelt, nicht wieder nach Hause zu müssen, für immer bei ihren Freunden bleiben zu können, aber das ging nicht. Nur nachts konnten ihre Freunde mit ihr zusammen sein, wenn die Sonne aufging, durften sich keine Menschen mehr in dem fremden wunderbaren Land aufhalten. Warum das so war, wusste Anna nicht. Es war einfach so. Leider.
Nervös lief sie in ihrem kleinen Zimmer auf und ab. Sobald die Sonne ganz untergegangen war, stürmte sie an ihr Fenster und starrte nach draußen. Es dauerte nicht lange, da sah sie es. Ein kleines leichtes Leuchten. Sie wusste, sobald die Lichter nur noch zwanzig Meter von ihrem Zuhause entfernt waren, konnte man erkennen, dass es zwei Lichter waren. Eines aus einem wunderschönen hellgrün und das andere ein strahlendes gelb. Sie öffnete ihr Fenster und die kleinen Elfen flogen in Annas Zimmer und landeten auf ihrem Bett.
„Puh, ich sollte wirklich häufiger fliegen, meine Kondition ist nicht mehr das, was sie mal war.“ Das war Momme, der kleine etwas dickliche hellgrüne Elf. Anna lachte, sie kannte das schon. Es dauerte immer ein paar Minuten, bis sich Mommes Atmung wieder beruhigt hatte. Zunächst ließ sich Molle erst einmal auf ihr Bett plumpsen und wischte sich mit dem Zipfel der Bettdecke die winzig kleinen Schweißperlen von der Stirn.
„Naja, das sag ich dir ja immer wieder, aber du hast dir ja abgewöhnt auf mich zu hören.“
Das war Lille, Mommes Frau. Das Ehepaar war in Menschenalter uralt, für Elfen aber waren sie noch sehr jung. Anna konnte den beiden stundenlang zuhören, wie sie sich neckten.
Momme knuffte seiner Frau in die Seite.
„Komm schon Lille. Ich habe noch nie auf jemand anderen als auf dich gehört meine Liebste. Noch nicht einmal auf mich selber.“
Lille rümpfte ihr kleines Näschen.
„Na, ich weiß ja nicht. Dein kleiner sturriger Dickkopf hat schon immer nur das gemacht, was nur er wollte.“
Molle lächelte seine Frau an. Anna liebte es, wenn Molle lächelte, dann lächelte sein ganzes Gesicht. Sogar seine Ohren lächelten. Auf jeden Fall wackelten dann immer die kleinen Zipfel, die bei Elfen oben auf den Ohren saßen.
„Sturriger Dickkopf? Ich glaube, dass Wort gibt es nicht meine Liebste.“
Lille hob ihr kleines Köpfchen.
„Und ob es das gibt, sonst könnte ich es doch nicht sagen oder? Und nun sei schon still, du langweilst unser kleines Mädchen.“
Lille hüpfte auf Annas Schultern.
„Wie geht’s dir mein Herzchen? Wir sind so schnell geflogen wie wir konnten.“
„Jetzt geht es mir gut. Ich bin so froh das ihr da seit!“
Alle drei schreckten zusammen, als vermutlich Papa eine seiner Bierflaschen gegen die Wand schleuderte, wo sie laut klirrend zersprang.
Momme räusperte sich.
„Nun, ich denke, wir sollten aufbrechen.“
Noch immer schien er ganz schön aus der Puste zu sein.Anna machte sich Sorgen, dass Momme den Rückweg vielleicht nicht schaffen würde,
„Bist du dir sicher? Wir können auch noch warten.“
Momme stütze seine Händchen auf die Knie und stemmte sich stöhnen zum Stehen.
„Nein nein, ich bin fit wie, wie, ach ich kann mir so etwas nie merken. Auf jeden Fall bin ich so fit, wie etwas, das sehr fit ist.“
„Ein Turnschuh.“
„Was ist mit einem Turnschuh?“ Momme guckte seine Frau irritiert an.
„Fit wie ein Turnschuh. So geht das Sprichwort.“
„Das versteh ich nicht. Meine Turnschuhe scheinen mir doch sehr unfit zu sein. Ich habe sie nie etwas tun sehen, was man als fit bezeichnen könnte.“
Lille schüttelte ungeduldig ihren Kopf
„Das liegt aber nicht an den Turnschuhen, sondern daran, dass es deine Turnschuhe sind. Und jetzt Schluss. Wir müssen.“
Anna kletterte aus ihrem Zimmerfenster. Der Rasen auf dem sie, ohne Schuhe an den Füßen landete, war feucht. Aber das machte Anna nichts. Wenn ihre Elfenfreunde da waren, machte ihr nichts etwas aus.
Das Elfenpärchen pustete Anna ins Gesicht. Das kitzelte jedes Mal und Anna konnte sich ein Kichern nie verkneifen. Dann fassten die kleinen Elfen Anna an den Händen. Lille rechts, Momme links.
„Bist du bereit Herzchen?“
Sie nickte und strahlte Momme an. Sie war noch nie nicht bereit gewesen.
Anna spürte, wie sie an den Händen nach oben gezogen wurde. Das Gefühl im Bauch war toll. Sie wusste, dass einige es nicht mögen würden, aber sie schon. Es fühlte sich an, als wäre ihr Magen ein bisschen langsamer als der Rest des Körpers. Der Elfenatem in ihrem Gesicht und die beiden Elfen an ihren Händen, hoben sie immer höher in die Lüfte.
Die kleinen Elfen hatte Flügel, die klingelten wenn sie flogen. Sie hatten winzige Händchen und Füßchen und ihre Haut sah aus wie Knete. Momme war von Kopf bis Fuß grün, Lille gelb. Nur wenn sie flogen leuchteten sie.
Es dauerte nicht lange bis sie angekommen waren. Wie jedes Mal fühlte Anna sich gleich leichter, sobald sie das verzauberte Land betrat. Sie vergaß ihre Sorgen, sie vergaß ihre Eltern, sie vergaß Max und die anderen Kinder die sie immer ärgerten. Wenn die wüssten, was Anna jede Nacht erlebte, dann würden sie sie bestimmt in Ruhe lassen. Aber es war ein Geheimnis. Nur Lille, Momme und sie wussten davon.

Auch wenn es Nacht war, im Zauberland schien immer die Sonne.
Kaum waren sie angekommen, konnte Anna das leckere Essen riechen. Jeden Abend hatten die Elfen ein unwiderstehlich leckeres Essen für ihre Menschenfreundin vorbereitet. Sie hatten Anna versprochen, dass das Essen verzaubert war und sie dadurch nicht ein kleines bisschen schwerer werden würde, egal wie viel sie davon aß. Also aß sie. Alles was sie liebte. Milchreis und Pfannkuchen, Eis und Erdbeeren und viel viel mehr. Dazu trank sie Limo und Kakao.
Erst wenn sie das Gefühl hatte gleich platzen zu müssen, hörte Anna wieder auf zu essen. Egal wie lange sie am Tisch saß und aß, Lille und Momme warteten die ganze Zeit geduldig. Nicht einmal drängten sie Anna, nicht einmal schimpften sie, wenn sie kleckerte. Sie plauderten einfach. Sie erzählte von ihrem Leben als Elfen und neuen Flugkünsten, die sie einübten. Und immer wenn Anna gerade nicht den Mund voll mit leckerem Essen hatte, fragten sie das Mädchen, wie ihr Tag gewesen war, was sie in der Schule gelernt hatte und was sie sonst noch so erlebt hatte. Und Anna erzählte, sie schimpfte über Max und die anderen, sprach über ihre Eltern und erzählte von ihren Sorgen. Die Elfen hörten ihr zu und nahmen Teil an allem, was Anna ihnen erzählte. Manchmal sprachen Momme und Lille mit Anna über ihr echtes Zuhause und ihre echten Eltern. Am Anfang schämte Anna sich, für ihre Eltern und auch für sich selbst, aber inzwischen erzählte sie alles was ihr auf dem Herzen lag. Und es half ihr. Ihr Herz fühlte sich gleich ein bisschen leichter an, wenn sie über ihre Sorgen sprach. Hin und wieder weinte Anna. Dann holte Momme sein besticktes Taschentuch aus seiner Brusttasche und Lille wischte Anna damit die Tränen von der Wange. Momme tätschelte etwas unbeholfen Annas Schultern und Lille schloss sie fest in die Arme und streichelte ihr über das Haar. Das brachte Anna jedes Mal wieder zum schmunzeln, denn immerhin war Lille gerade mal so groß wie Annas Hand. Also saß die kleine Elfe auf Annas Schulter und versuchte ihre kleinen Ärmchen um Annas Hals zu schlingen und Anna könnte wetten, dass Lille am nächsten Morgen Muskelkater hatte, nachdem sie mit vollem Körpereinsatz versuchte Anna überm Kopf zu streicheln.
Sie konnte jeden Abend aufs Neue ihr Glück kaum fassen. Sie liebte es zu erzählen und sie liebte das Gefühl, wenn jemand ihr zuhörte.

Die Zeit in der Zauberwelt war immer wunderschön. Manchmal ging Anna mit Momme und Lille spazieren und Annas Augen wurden immer größer vor Staunen. Hier war einfach alles anders als in der normalen Welt. Die Wiesen schienen unendlich und waren leuchtend Rot. Oft lief Anna barfuss über die Wiesen und es fühlte sich an, als würde sie auf Samt laufen. Die Blumen hatten die schönsten Farben und manche rochen nach Bonbons und Zuckerwatte. Die Bäume mit ihren lila Blättern waren so groß, dass Anna nicht mehr ihre Baumkronen erkennen konnte. Anna konnte ganz toll darauf klettern und manchmal erschreckte sie dabei einen kleinen Elf, der in seiner Baumhöhle nicht mit einem vorbeikletternden Menschenkind gerechnet hatte. Auch die Tiere waren hier anders als gewöhnlich, so hatte hier ein Hund zum Beispiel vier Ohren. Zwei am Kopf und zwei am Po. Kühe hatten keine schwarz-weißen Flecke, sondern waren rot mit blauen Punkten. Mäuse waren ein bisschen größer als normal und so reichten sie Anna bis zu den Schultern. Solche und andere Absonderlichkeiten entdeckte Anna auf ihren Streifzügen und Momme und Lille beantworteten ihr gerne jede einzelne Frage die sie ihnen stellte und sie stellte ihnen viele Fragen. Manchmal trafen sie andere Elfen und sprachen ein wenig mit ihnen, aber die meiste Zeit blieben sie unter sich. Genauso wollte Anna es. Momme und Lille waren ihre Zauberwelt Eltern und Anna wollte sie mit niemandem teilen.
Wenn Anna keine Lust mehr hatte durch die Zauberwelt zu laufen, dann spielte sie zum Beispiel Spiele mit Momme und Lille.
Sie durfte sich jedes Mal aussuchen, welches sie spielten. Mal waren es Karten, mal würfelten sie und oft dachten sie sich einfach Spiele aus. Sie gewann nicht immer, aber das war überhaupt nicht schlimm. Sie brauchte nicht immer gewinnen. Sie genoss es einfach nur, nicht mehr alleine spielen zu müssen. Sie lachten viel und ärgerten Momme, der Schwierigkeiten mit dem Zählen hatte und dadurch seine Spielfiguren ständig auf die falschen Felder stellte. Am Anfang hatte Anna sich noch nicht getraut Momme ein bisschen aufzuziehen oder zu lachen, wenn Lille das tat. Aber inzwischen wusste sie, dass sie das durfte, denn Momme wurde nie böse. Manchmal tat er ein bisschen so und grummelte, dass er nie wieder mit ihnen spielen würde, aber es war immer nur Spaß, denn egal wie laut er grummelte, sie konnte immer seine Ohrenzipfel wackeln sehen.
Anna hoffte jede Nacht, das die Sonne dieses Mal vergaß aufzugehen, das sie beschloss zu streiken und sich vielleicht einen neuen Job suchte, aber Anna wurde jedes Mal wieder enttäuscht. Jeden Morgen musste sie in ihre Welt zurückkehren. Sie wusste, dass es auch Momme und Lille schwer fiel, aber so waren ganz einfach die Regeln, so musste es sein.
Anna verstand nicht, woher die Zauberwelt kam, warum sie hier sein durfte und warum sie nicht bleiben konnte. Momme und Lille hatte ihr einmal erklärt, dass die Zauberwelt für jedes Kind was hierher kam, anders war. In der Zauberwelt erfüllte sich alles, was die Kinder sich in ihrem echten Leben wünschten, was sie in der echten Welt vermissten. Hier bekamen sie, was sie brauchten. Anna fand, dass es nicht genug Zauberwelten geben konnte.
Wie immer musste Anna auch dieses Mal wieder nach Hause.
Nachdem sie Anna erneut mit ihrem Atem im Gesicht gekitzelt hatten, nahmen die kleinen Elfen Anna an den Händen und ihre kleinen Flügelchen klingelten, als sie das Mädchen in die Lüfte hoben. Schon nach viel zu kurzer Zeit landeten die drei auf der Wiese vor Annas Zimmer.
Lille drückte Anna einen Kuss auf die Nasenspitze,
„Mein Herzchen, wir werden dich vermissen, aber sobald es dunkel wird, kommen wir wieder.“
„Versprochen?“
„Versprochen!“
Sie versprachen es Anna jeden Morgen und sie hielten ihr Versprechen jeden Abend.
Trotzdem fiel es Anna immer schwer sich von ihren beiden Freunden zu verabschieden.
„Kleines, versuch nicht traurig zu sein. Wir sehen uns ja heute Abend schon wieder.“
Momme schmiegte sich an Annas Wange, dann hoben sich die Elfen in die Lüfte. Sie winkten Anna, bis sie so weit weg waren, dass man nur noch ein schwaches Leuchten sehen konnte.
Anna kletterte durchs Fenster und setzte sich seufzend auf ihr Bett. Bald musste sie zur Schule. Bald würden Max und die anderen sie wieder ärgern. Der Tag hatte noch nicht einmal richtig angefangen, schon wünschte sie sich, dass er vorbei sein würde. Und er würde vorbei gehen. Jeder Tag und war er noch so schlimm würde vorbei gehen und die Nacht würde sie wieder zu ihren Freunden und in ihre Zauberwelt führen.

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Tag der Veröffentlichung: 05.10.2011

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