Viel mehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen wer wir wirklich sind.
-Joanne K. Rowling
Das ist es also. Das Camp. Langsam ließ ich meine Arme sinken und betrachtete, wie die Jugendlichen eifrig ins Camp eilten. Die acht verschiedenen Wappen der Länder waren zu sehen. Hier würde ich ein Jahr lang hingehen. Hier waren wir alle einfach wir, würden Freunde finden, vielleicht sogar Liebe, nur um dann im Krieg unsere engsten Freunde zu erschießen. Echt klasse. Alle waren so aufgeregt. Sahen sie denn nicht, was sie erwarten würde? Ich hatte es schon immer gehasst, dass ich nicht in der Lage war loszulassen und immer alles hinterfragen musste. "Ihre Koffer.", sagte mein Fahrer knapp und stellte mien Gepäck neben mir ab. "Danke.", sagte ich und wandte mich wieder dem Trubel zu. Eigentlich wollte ich hier nicht hin, aber ich musste. Ich musste in der Lage sein, das was ich liebte zu beschützen. Leider. Ich kramte meinen Mp3Player heraus, steckte mir die Stöpsel ins Ohr und blendete die restliche Welt aus, als ich wortwörtlich in die Hölle lief. Das Camp war riesig und wurde von einer riesigen Betonwand umschlossen, damit wir ungestört trainieren konnten, währen sich die Länder außerhalb weiterhin bekriegten. Es war einfach zum Kotzen. Ich lief zum Eingang und reihte mich in eine endlos scheinende Schlange ein. Vor mir sah ich einen Haufen Leuten, mit verschiedenen Tattoos. Das Tattoo bekam man bei seiner Geburt, als Zeichen seiner Herkunft. Auf meinem rechten Handgelenk prangte ein kleiner Delphin, der bei seinem Sprung in der Abendsonne glänzte. Wir in Neró waren die Herrscher der Meere. Zwei Länder pro Element. Deshalb der Krieg. Nach einer Ewigkeit erreichte ich die Anmeldung. Eine Frau mit langem glatten pechschwarzem Haar sah mich freundlich an. „Name?“, wollte sie wissen. Zum Glück hatte ich die Musik leiser gedreht. „ Amaira Seeley Spera.“, antwortete ich und starrte Löcher in die Luft. Gott, wie ich meinen Namen hasste. „Meine Hoheit! Schön sie zu sehen!“, meinte die Frau erfreut und gab mir meine Papiere. Genau deshalb hasste ich ihn! Ich war eine Spera, eine Königliche. Ich hasste, all diese Sonderbehandlungen. Ich hasste es, nicht normal zu sein. Als ich durch das Tor schritt, spürte ich das plötzliche Gefühl der Sicherheit. Ja, eine Mauer hatte anscheinend nicht gereicht, denn gemeinsam mit der Macht der Elemente hatten die Trainer oder wie wir sie eigentlich nennen sollten raeda, einen Schutzzauber errichtet oder so was ähnliches. Ich stellte meine Koffer ab und versuchte etwas umständlich meine Karte zu öffnen, die mir hoffentlich den Weg zu meiner Hütte zeigen würde. Man lebt immer zu zweit in einer Hütte. Nur selten sind es zwei aus einem Land. Ich habe bis heute noch nicht ganz verstanden warum. „Hier lass mich dir helfen.“, bot ein brünetter Junge mir an und nahm mir die Karte ab. „Äh...ja...danke.“, murmelte ich, als er da dämliche Ding innerhalb zwei Sekunden auseinander gefaltet hatte. Auf seinem Arm sah ich einen Phönix. Fotiá, eines der Länder des Feuers. Super! Der erste der mir half, war ein totaler Erzfeind. „Kein Problem!“, winkte er ab und fuhr sich durch sein braunes strubbliges Haar. Schlecht sah er ja nicht aus. Er war durchschnittlich groß, hatte schöne braune Augen, ein markantes Gesicht, war gut gebaut und hatte die eben erwähnten weich aussehenden Haare. „Also wir sehen uns dann!“, verabschiedete er sich von mir und unterbrach mein peinliches Starren. „Ja, klar.“, sagte ich, dann wand ich mich ab und ohrfeigte mich innerlich. Aber irgendwoher kannte ich dieses Gesicht doch! Ich drehte mich noch einmal schnell um, aber er war weg. Komisch. Ich betrachtete die Karte, aber mit Geografie hatte ich es noch nie so, also drehte ich die Karte in alle erdenklichen Richtungen. „Hier. So rum.“, meinte eine weiche Stimme hinter mir und drehte die Karte richtig. Na prima! Echt. Das war das zweite Mal, das ich mich heute zum Affen gemacht hatte und ich war grade mal eine Stunde hier! „Das wusste ich!“; versuchte ich mich raus zureden, aber an dem Grinsen des Mädchens, erkannte ich, dass sie mir kein Wort abkaufte. Man konnte es ja hin und wieder versuchen. „Hi, ich bin Zahide!“, stellte sie sich vor und reichte mir ihre Hand. Ich schüttelte ihre Hand. „Amaira.“, sagte ich und besah dann wieder diese unnütze Karte. „Du bist auch aus Neró?“, fragte sie mich und betrachte mich neugierig. Sie erkannte mich nicht?! „Ja. Du etwa auch?“, hakte ich nach. Dann sah ich den Delphin auf ihrem Handgelenk. „Ja.“, lachte sie, als sie meinen Blick bemerkte. „Tut mir leid, hab ich eben nicht gesehen. Du weißt nicht, wer ich bin?“, wollte ich wissen, während ich sie kritisch betrachtete. Sie hatte langes blondes, fast weißes Haar und strahlend blaue Augen. Sie war ungefähr einen Kopf größer als ich und recht schlank. Außerdem trug sie eine dreiviertel Jogginghose, die weiß war, ein rotes Top und darüber eine blaue Sportjacke mit weißen Streifen und weiß-blaue Turnschuhe. Zahide kam recht sehr sportlich rüber. Sie dachte ein paar Minuten lang nach, dann schüttelte sie den Kopf. Ich seufzte und sagte ihr dann meinen ganzen Namen. „Ich habe immer noch keine Ahnung wer du bist.“, flüsterte sie und sah beschämt zu Boden. Fassungslos sah ich sie an. Sogar die, die nicht aus Neró stammten, wussten, wer ich war! „Ehrlich jetzt?! Ich bin die Prinzessin von Neró.“, erläuterte ich ihr verwirrt. Es ist nicht so, dass ich erwarte, dass alle vor mir auf die Knie fallen, aber dass jemand nicht wusste, wer ich war, das war mir wirklich noch nie passiert! Erschrocken sah sie auf und beäugte mich genauer. Ihr Blick wanderte über meine braunen Locken bis zu meinen braunen Sandaletten. „Stimmt.“, meinte sie und sah mich entschuldigend an. „Kein Ding.“, erleichterte ich sie schulterzuckend. „Weißt du, wo Hütte 287 ist?“, fragte ich sie und hielt ihr meinen Schlüssel mit der Nummer drauf hin. „Natürlich! Das ist direkt neben meiner.“, antwortete sie und zerrte mich hinter sich er. Ich konnte grade noch so meine Koffer mit zerren. Wir bogen ein paar mal ab und mussten über eine Brücke gehen, dann noch einmal rechts und da waren wir. Hier lagen ungefähr zehn Häuser in einer netten kleinen Lichtung. Fünf links und fünf rechts. Rechts waren die Jungs und links waren wir. Meine Hütte lag am Ende der Lichtung und war so das letzte in der Reihe. „Danke.“, bedankte ich mich heute zum zweiten Mal. „Ich bin direkt nebenan, wenn du mich brauchst. Wir können ja dann gemeinsam zum Essen gehen!“, schlug Zahide vor und ich stimmte lächelnd zu. Freundin Nummer eins, die ich in einem Jahr umbringen durfte. Das fing echt gut an. Ich ging an den tuschelnden Mädchen vorbei. Schon hatte mich jemand erkannt. Traurig beobachtete ich sie. Es gab so viele Gerüchte über mich und um meine Familie. Ich war die Letzte und keiner wusste, warum ausgerechnet ich überlebt hatte. Ich achtete nicht darauf, wo ich hin lief und stieß mit jemandem zusammen. Peinlicher Moment Nummer drei. „Entschuldigung! Ich habe nicht darauf geachtete, wo ich hin gegangen bin.“, stammelte ich vor mich hin und rieb mir die schmerzende Schläfe. Gegen wen ich auch gelaufen bin, er hatte eine harte Brust. „Kein Problem.“; lachte mein Gegenüber. Der schon wieder. „Die Kleine schmeißt sich aber echt an dich ran!“, kam es hieksend von hinter ihm. „Daciano, halt die Klappe!“, meinte mein Gegenüber schmunzelnd. Okay, der blonde Trottel hieß also Daciano. Gut zu wissen. Er muss vorhin auch dabei gewesen sein. „Ja...ich muss dann..“, murmelte ich und schob mich an den Beiden vorbei. „Ich bin übrigens Joel!“, rief er mir hinterher. Aha. Sehe ich so aus, als ob mich das interessieren würde? „Schön für dich!“, rief ich ihm grinsend zu und stolperte dann die Treppe zu meiner Tür hoch. Ich ließ unversehens alle meine Papiere fallen, als ich versuchte die Tür aufzuschließen. Heute war nicht mein Tag! Ich stieß die Tür auf und sammelte dann alles wieder auf. Sobald ich mich aufgerichtet hatte, sah ich ein blau haariges Mädchen im Raum umher tanzen. Langsam betrat ich den Raum. Erst nachdem ich sie fünf Minuten lang betrachtet hatte, fiel mir auf, dass sie mich nicht bemerkte. Ihre Augen waren geschlossen und sie hörte so laut Musik, dass sogar ich es hören konnte. Ich stupste sie vorsichtig an. Ruckartig zog sie die Stöpsel aus ihren Ohren und lächelte mich an. „Sorry. Hi, ich bin Ricarda, aber die meisten nennen mich Carda.“, begrüßte sie mich und lächelte mich an. „Hi. Ich bin Amaira.“, sagte ich und sah mich im Raum um. Es war eine Holzhütte und an der hinteren Wand standen zwei Holzbetten. Es gab einen Tisch in der Mitte des Raums mit vier Stühlen darum, Nachttische, ein Bücherregal, welches die ganze rechte Wand bedeckte und zwei Kleiderschränke. Links von mir waren zwei große Fenster, vor denen rot-weiß karierte Gardinen hingen. „Wo ist das Bad?“, hakte ich nach, was mir einen belustigten Blick einkassierte. „Hinter dem Feuerplatz sind die Gemeinschafts-Baderäume.“, antwortete sie mir belustigt. Na toll. Ich hasste Gemeinschaftsduschen! Ich nickte mit einem aufgesetzten Lächeln. „Ich habe das Bett am Fenster genommen. Ich hoffe das macht dir nichts aus! Ich fühle mich nur so der Erde näher.“, erklärte sie und ich lächelte sie an. „Kein Problem.“; meinte ich und platzierte meine Sachen au f dem anderen Bett. Auf ihrem Handgelenk sah ich den Kopf eines Jaguars. Édafos. Ich muss euch glaube nicht, erklären, auf welches Element diese Leute meistens spezialisiert waren oder? Ich sagte meistens, weil es, wenn auch nur selten, vorkommen kann, dass man sich bei der Geburt auf ein anderes Element spezialisiert. Ich packte meine Sachen in den einen Kleiderschrank und lernte Ricarda näher kennen. Sie war genauso wie ich 18 und recht hibbelig. Sie erinnert mich ein wenig an Zahibe und ich nahm mir vor die Beiden sich einander vorzustellen. Sie war zwar nicht die Prinzessin ihres Landes, aber die Tochter des königlichen Beraters, was doch ganz nah an den Trubel dran kam, aber nicht ganz. „Bist du verlobt?“, fragte Carda mich und ich sah sie erschrocken an. „Niemals!“, schrie ich schon fast. Sie lachte. „Ich wollte es ja nur wissen.“, kicherte sie. Ein Trainer und gleichzeitig Teil der Aufsicht unseres Wohnabschnitts kam herein und sagte uns, dass jetzt eine Versammlung bei der Feuerstelle stattfand. „Wie kommst du auf so was?“, flüsterte ich ihr zu, als wir auf den Platz zu gingen. „Keine Ahnung. Unsere Prinzessin wird zwangsverheiratet.“, erzählte Carda mir und ich sah sie entschuldigend an. Ich konnte in ihren Augen sehen, dass sie sie mochte. Als wir dem Feuer näher kamen, sah ich, wie Zahibe uns hektisch zuwinkte. „Wer ist das?“, fragte Ricarda belustigt. „Das ist Zahibe. Sie kommt auch aus Neró und hat mir vorhin mit meiner Dummheit geholfen.“, sagte ich und wollte grade auf sie zugehen, als ich sah wie noch jemand kurz seine Hand zum Gruß hob. Was wollte der denn schon wieder. Ich zog eine Braue hoch und wand mich dann ab. „Komm.“, sagte ich schnell und zog meine Zimmergenossin hinter mir her. „Z, so nenne ich dich jetzt, das ist Ricarda oder nur Carda. Carda das ist Zahibe oder wie ich sie ab jetzt nennen werde, Z.“, sagte ich und zeigte zwischen den Beiden her. „Hey.“, sagte sie fast eintönig und lächelten sich an. „Da das geklärt wäre, was machen wir hier?“, wollte ich jetzt wissen und versuchte mich zusammenzureißen, damit ich dieses hässliche Feuer nicht löschte. „Weiß ich nicht. Hast du auch diesen Drang das zu löschen?“, brummte Z und deutet mit einem Kopfnicken auf das Feuer. Ich nickte nur uns umschlang meinen Körper mit meinen Armen. Ein Lagerfeuer konnte und zwar nichts anhaben, aber es war halt unangenehm. Im Gegensatz zu uns schien Joel das rote Lichtspektakel zu genießen. Schön für ihn. „Also, alle mal her hören! Ich bin Paleologoas, aber das sich wahrscheinlich nicht einer von euch das merken kann, dürft ihr mich Leo nennen. Ich bin der Leiter eures Wohnabschnitts, den ihr immer unter Elpída findet. Der Weg ist ausgeschildert. Es sollte für euch also nicht so schwer sein. Es werden rund um die Uhr immer zwei von uns Wächtern erreichbar sein. Wenn ihr Fragen habt, habt bloß keine Scheu. Frühstück gibt es um acht Uhr morgens und Abendessen um acht Uhr abends. Wann ihr Mittagessen esst, hängt von eurem Trainingsplan ab. Es kann auch Tage geben, wo ihr keins kriegt. Was ich persönlich nicht so tragisch finde, weil man den Fraß, den sie uns mittags servieren genauso gut mit Dünger verwechseln könnte. Bitte tragt euch vor oder nach dem Essen heute für euer Element ein. Außerdem dürft ihr noch zwischen Theater, Tanz und Gesang oder Kunst, Biologie und Erdkunde wählen. Ich rate euch das zu nehmen, worin ihr Talent habt. Dann wünsche ich noch einen schönen Abend. Ach ja und bevor ich es vergessen! Keine Fortpflanzungsversuche in den Hütten oder generell irgendwo auf dem Gelände. Ihr wisst, was ich meine. Küssen ist erlaubt, aber nicht mehr. Und bitte keine armseligen Kerle, die vor den Fenster der Mädchen sitzen und irgendwelche schlechten Liebeslieder vor sich hin heulen!“, erklärte uns ein muskulöser glatzköpfiger Kerl. Beim letzten Teil mussten alle lachen. Ich fand das nicht so lustig, eher widerlich. Was daran lag, dass ich einmal meine ältere Schwester und ihren Verehrer dabei erwischte. Jetzt hatte ich ein schönes Trauma. „Das kommt nie wieder vor!“; hatte sie am nächsten Morgen gesagt. Es kam auch nie wieder vor, weil sie nicht mehr unter uns weilte. Ihr Verehrer ebenfalls nicht. „Hallo! Jemand zu Hause?“, fragte jemand und fuchtele mit seiner Hand vor meinem Gesicht rum. „Ja klar!“, meinte ich und schreckte aus meiner Starre. „Kommt ihr ich habe Hunger!“; beschwerte sich Z und sah uns anklagend an, während Carda noch immer meine Augen untersuchte. „Siehst normal aus. Lasst uns gehen.“, sagte sie dann schließlich und schritt uns beiden voran. Als wir im großen Speisesaal angekommen waren, stürzte sich Z förmlich auf das Essen und Ricarda folgte ihr lachend. Ich hatte keinen Hunger und nahm deshalb erst mal einfach am Tisch platz. Während ich auf die beiden Mädels wartete, spürte ich, wie ein Blick auf mir lag. Ich sah mich um und bemerkte, dass Joel mich anlächelte. Ich winkte ihm leicht zu, was er mit einem Grinsen quittierte und ignorierte ihn dann wieder. Komischer Kerl.
„Ich bin am Verhungern!“, sagte Zahibe zum zehntausenden Mal und stellte ihr volles Tablett gegenüber von mir ab. „Du wiederholst dich.“; murrte Ricarda und rollte mit den Augen. Ich kicherte leicht und schnappte mir eine Pommes von Carda. „Hey! Nur weil ich es nicht ständig sage, heißt das nicht, dass ich keinen Hunger habe!“, meckerte sie, während sie mich finster anstarrte. Ich grinste sie nur an und nahm mir noch eine. Sie stöhnte nur genervt auf und stellte ihren Teller zwischen uns Beide. „Geht doch.“, lachte ich und aß weiter. Eventuell hatte ich doch ein wenig Hunger. „Geht doch.“, äffte Carda mich nach und reckte ihre Nase in die Höhe. „Ich bin eine Prinzessin und darf deshalb anderen Leuten das Essen klauen!“; näselte sie weiter. „Jetzt übertreibst du aber!“, verteidigte ich mich und versuchte ernst zu bleiben, was nicht so ganz funktionierte. Am Ende saßen wir alle lachend am Tisch. „Ah....ja....“, seufzte Zahibe, als wir uns einigermaßen beruhigt hatten. „Ich glaube, wir werden recht prächtig miteinander klar kommen.“, schmunzelte ich und wir grinsten uns an. Nach dem Essen verabschieden wir uns schweren Herzens für die Nacht von Zahibe und gingen in unsere Hütte. Ich hatte mich für Wasser und Schauspiel, Theater und Gesang eingetragen. Ich hatte meine geografische Schwäche ja schon erwähnt. „Gute Nacht.“; gähnte Carda und knipste ihr Licht aus. „Gute Nacht.“; murmelte ich und drehte ein Foto meiner Familie um. „Hab euch lieb. Ich werde euch stolz machen.“, flüsterte ich. „Das verspreche ich.“
„Aufstehen!“, brüllte eine männliche Stimme in unserer Hütte herum. Murrend öffnete ich meine Augen und erblickte Leo. Nicht. Sein. Ernst. Stöhnend ließ ich meinen Kopf wieder ins Kissen fallen. „Los! Bewegen sie ihren königlichen Hintern aus diesem Bett und gehen sie zum Frühstück!“, schrie er und knallte die Tür hinter sich zu. „Was sollte das denn?“; fragte ich und wand mich Carda zu. Naja jedenfalls wand ich mich ihrem Bett zu, denn sie war nicht mehr da. Anscheinend war sie ohne mich gegangen. Das würde sie noch bereuen! Ich schmiss mich aus dem kuschligen Bett und bemerkte, dass ich noch zehn Minuten zum fertig machen hatte. Warts ab Ricarda! Ich zog mir eine rote verwaschen Hotpants und ein blaues Top an, welches ich in die Hotpants steckte und dann lockerte. Meine dunklen Locken band ich schnell zu einem lockeren Dutt hoch. Schließlich schnappte ich mir noch meine Uhr und ein paar Ohrringe und stürmte aus der Hütte. Ich eilte zum Essensaals und als ich die knarrende Tür öffnete, starrten mich alle an. „Eh...ja...hi.“, sagte ich und versuchte zu lächeln. Ein paar sahen mich fragen an und ein paar kicherten. Als ich Ricarda erblickte, wie sie da versuchte sich ein Lachen zu verkneifen, schenkte ich ihr meinen besten Killerblick. Dann ging ich auf den Tisch zu. „Halt!“, sagte eine streng aussehende Dame und führte mich zu einem anderen Tisch. „Hier ist der Tisch für die Hoheiten.“, erklärte sie. „Kann ich nicht einfach an einem normalen Tisch sitzen?“; fragte ich, aber ich Blick sagte klar und deutlich nein. Toll! Ich hasste es heraus zustechen. Und seht da! Mister Grinsebäckchen saß direkt neben mir. „Dürfte ich wissen, warum du mich so anstarrst?“, zischte ich ihm zu, während eine der unzähligen Reden und Predigten gehalten wurde. „Ich glaube nicht, dass du das wissen willst.“, raunte er mir zu und zwinkerte. „Und was wenn?“, bohrte ich weiter. „Tja, dann ist das nicht mein Problem.“, antwortete er schelmisch. „Du weißt schon, dass du recht abgehoben rüberkommst oder?“, schmunzelte ich. „Mich interessiert es nicht, was Leute von mir denken.“, meinte er leichthin. „Als Prinz sollte es dir aber wichtig sein.“; murmelte ich. „Wieso? Wir sollen doch wir selbst sein. Wie sollen wir das, wenn wir nur versuchen zu sein, was andere von uns sehen wollen?“, sagte er und sah mich ernst an. „Punkt für dich.“; brummte ich, was zur Folge hatte, dass er leise lachte. „Was ist so lustig?“, wollte ich gereizt wissen. Von der Rede würde ich jetzt sowieso nichts mehr verstehen. „Nichts. Nur dein Gesichtsausdruck war süß.“, flüsterte er mir ins Ohr, sodass eine angenehme Gänsehaut auf meinem Nacken entstand. „Ich bin nicht süß.“, erwiderte ich genervt. „Ach nein? Was dann?“, fragte er belustigt. „Ich bin...ich bin...wen interessiert das?!“, antwortete ich ihm. „Mich.“; sagte er und grinste wieder. „Kannst du eigentlich auch was anderes, als grinsen?!“, fuhr ich ihn an. „Ja kann ich, aber willst du das wirklich ausprobieren?“, raunte er mir verführerisch zu, wofür ich ihm einen Ellbogenhieb in den Magen verpasste. „Das tat nicht weh.“, sagte er trocken. Ich funkelte ihn wütend an und sah dann die Wand an. „Oh bist du jetzt beleidigt?“, scherzte er. „Idiot.“; stöhnte ich. „Das Frühstück ist eröffnet!“, verkündete Leo und ich stürmte sofort los. Ich hatte keinen Hunger, aber ich wusste nicht, wie lange ich es neben Joel aushalten konnte, ohne ihn zu ertränken. Wahrscheinlich nicht sehr lange. „Und wie findest du den kleinen Prinzen?“, fragte Zahibe, als ich mir grade einfach einen Apfel schnappte. „Nervtötend.“, murrte ich und sah sie genervt an. „Okay.“, lachte sie und nahm sich drei Brötchen. „Wie kommt es, dass du soviel isst und dennoch so dünn bist?“, fragte ich sie. „Es gibt so was, das nennt sich Sport.“, erklärte sie und machte ein Gesicht, als hätte sie grade das größte Geheimnis des Universums aufgelöst. „Du mich auch.“, brummte ich und ging zu diesem doofen Tisch zurück. „Keinen Hunger?“, fragte die Nervensäge und schmierte sich ein Brötchen. „Nein.“, sagte ich knapp und lächelte gefälscht, bevor ich erbittert von meinem Apfel abbiss. Wir bekamen unsere Pläne und ich durfte erfreut feststellen, dass ich alle meine Kurs außer Theater und Elemententwicklung – Wasser mit Joel hatte. „Prima.“, stöhnte ich. „Komm schon lächeln!“, scherzte er und legte seinen Arm um mich. „Lass das!“; knurrte ich und stieß ihn weg. „Beruhige dich!“, meinte er nur und hob abwehrend die Hände. Ich erzählte Ricarda und Zahibe von meinem 'Glück' und wir machten ab, dass wir uns einfach um vier in Zahibe und meiner Hütte treffen würden, dann ging ich zu meinem ersten Kurs. Kanu fahren. Ich hatte keine Ahnung, wozu dieser Kurs gut war und warum es ein Pflichtkurs war, aber immerhin hatte es was mit Wasser zu tun. Glaubt ihr, es würde auffallen, wenn ich meine Kräfte einsetzten würde, damit das Kanu automtisch sicher nach vorne treiben würde? Ja, wahrscheinlich schon. Wir zogen uns Wasserwesten über, was ich persönlich unnötig fand, aber anscheinend konnten manche hier nicht schwimmen. Wir wurden in zweier Teams eingeteilt und ich drückte mir die Daumen, damit ich nicht mit Joel in einem Boot landete. Aber Glück hatte noch nie Erbarmen mit mir gehabt. „Joel und Amaira.“, verkündete Joahnn, den wir alle Jo nannten. Verzweifelt ließ ich meinen Kopf in die Hände fallen. „Komm Prinzesschen, wie müssen unser Boot holen!“, sagte Joel und zog mich mit. Wer auch immer mein Schicksal bestimmt, ich hasse dich! Zusammen hievten wie das Boot ins Wasser und ich setzt mich nach vorne. „Kannst du Kanu fahren.“, fragte Joel und nahm sein Paddel in die Hand. „Nein. Du?“, meinte ich und ließ meine Hand genießerisch durchs Wasser fahren. „Ja.“, sagte er und zeigte mir, wie man dieses Stockding, ich meine Paddel, zu halten hatte. „Du bist aus Neró.“, staunte er, als er mein Tattoo sah und strich vorsichtig mit seinem Daumen über mein Handgelenk. Was war das für ein Gefühl? „Ja, was dachtest du denn?“, meinte ich verwirrt und entriss mich seinem Griff, wodurch das Boot ein wenig schaukelte. „Wie heißt du?“, fragte er, ohne meine Frage zu beantworten. „Amaira.“, antwortete ich und spürte seinen geschockten Blick in meinem Rücken. „Das tut mir leid.“; murmelte er und sah an mir vorbei aufs Wasser. „Schon okay.“, flüsterte ich und lächelte ihn an. „Also! Wollen wie jetzt das andere Ufer erreichen oder was?“, versuchte ich die Stimmung zu lockern. „Was auch immer die Hoheit wünscht!“; scherzte er und fing an zu paddeln. Mit ein wenig von Joels Hilfe schaffte ich es dann auch irgendwann halbwegs normal zu paddeln. „Was machst du denn da?! Wenn du Panik kriegst kippt das Boot!“, schrie Joel und hielt mein Paddel fest. „Ich habe keine Panik!“, schrie ich zurück. „Und wieso paddelst du dann so hektisch?!“, brüllt er mich an. „Tu ich nicht!“, zischte ich und entriss ihm mein Paddel. Ich drehte mich weg und paddelte weiter. „Du bist hoffnungslos!“, beschwerte er sich. Okay, das ging zu weit! Ich ließ meine Hand ins Wasser sinken und sorgte dafür, dass eine große Menge Wasser ihm ins Gesicht spritzte. „Dein Ernst?!“, hustete er. Tja, hätte er den Mund nicht offen gehabt, wäre er jetzt nicht so am husten! „Das bekommst du wieder!“, rief er und sah mich wütend an. „Wie du meinst. Aber jetzt paddel! Ich habe Hunger!“, meinte ich und fing senkte mein Paddel wieder ins Wasser. Plötzlich erhitzte sich der Stab und ich ließ ihn kreischend fallen. „Das hast du mit Absicht gemacht!“; fuhr ich Joel an. „Natürlich habe ich das mit Absicht gemacht!“, erwiderte er und grinste mich an. „Idiot!“ So landete eine weiter Menge Wasser auf ihm. „Hör auf damit!“, rief er, bevor er abwehrend die Hände hob. „Dann hör du auf zu nerven!“, kreischte ich nun schon fast. „Zicke.“, brummte er und paddelte weiter. Super, er war mein Partner für das ganze Jahr. Ein ganzes Jahr! Als wir endlich am anderen Ufer angekommen waren, empfing uns Jo mit einem tadelnden Blick. „Kein Benutzen der Elemente, um dem anderen zu schaden!“, sagte er und zeigte mit seinem Finger auf uns Beide. „Sie hat angefangen!“, brüllte Joel wie ein Kleinkind und zeigte auf mich. Danke. Ehrlich. „Ich hätte Besseres von ihnen erwartet, meine Hoheit.“, meinte Jo und half uns dann das Kanu wieder weg zustellen. Ich hätte Besseres von ihnen erwartet. Alle hatten Besseres von mir erwartet. Den meisten wäre es lieber, wenn ich tot wäre. Ich übersprang das Mittagessen und zog mich in meine Hütte zurück. Ich packte die restlichen Sachen aus, die noch übrig geblieben waren. Schließlich nahm ich mir meine Gitarre und spielte ein paar Töne. Mein Vater hatte mir das Gitarre-Spielen beigebracht. Als ich an meine Familie dachte, kullerte eine Träne über meine Wange. Wieder erklangen ein paar Töne. Meine Familie. Ich vermisste sie. Sie waren die einzigen, die mich noch nie verurteilt hatten. Das Volk sah in mir nur einen Tollpatsch. Deshalb war es auch so glücklich als Ceairra zur Thronerbin erklärt wurde. Nun gab es nur noch mich. Der tragische Unfall der Speras war zum Hauptthema eines jeden Gespräches geworden. Ein Unfall, wo alle hätten sterben müssen, aber eine überlebte. Leute dachten, mich hätte der Teufel berührt oder so, aber es wurde Zeit, dass mich das nicht mehr interessierte. Aber das tat es leider. Ich konnte die Meinungen anderer noch nie ignorieren. Ein paar weitere Töne durchbrachen die Stille. Wenn wir doch bloß nicht im Krieg wären! Dann wäre alles so viel einfacher und meine Eltern würden noch leben. Menschen dursteten schon immer nach Macht und wenn zwei Mächte aufeinander prallen, stoßen sie sich von einander ab und es entsteht ein Erdbeben. Das eine heftiger als das Vorherige. Ich schloss die Augen und ließ mich fallen. Ein Erdbeben konnte man nicht aufhalten. Man konnte nur dafür sorgen, dass so wenig Menschen wie möglich verletzt werden. Einen Krieg kann man nicht aufhalten, einmal dass er angefangen hat. Man kann nur abwarten und hoffen, dass er nicht zu viele Leben kosten wird. Man konnte nur beschützen, was einem lieb war. Und genau das lernten wir hier. Ich öffnete meine Lieder und betrachtete die Decke. Wie es wohl war zu fliegen? Wenn ich fliegen könnte, würde ich bis nach ganz oben segeln. Bis zu meiner Familie. Ich würde dort oben landen und nie wieder gehen. Dann könnte ich alle meine Sorgen hinter mir lassen und wäre frei. Aber was war ein Land ohne Anführer? Würde Neró ohne die Königsfamilie überleben? Naja sie schienen blendend ohne mich klar zukommen. Momentan sorgte unser königlicher Berater dafür, dass es meinem Volk gut ging. Ich hatte mich noch nie zu irgendetwas verpflichtet. Ich habe nie davon geträumt, mein Land zu regieren. Für es alles aufzuopfern. Ich wollte immer frei sein. Mich haben die Benehmensstunden gelangweilt und das Treffen auf andere Adlige fand ich immer ätzend. Ich war nicht eines dieser Mädchen, das von einem Prinzen träumte und mit ihren Bären Teekränzchen spielte. Ich war ein Mädchen, dass bei Sonnenuntergang von Klippen ins Meer stürzte und mehr Tiere als Menschen als Freunde hatte. Ich liebte es mich hinter Büchern zu verstecken und neue Informationen in mich aufzunehmen. Ich wollte keinen Verehrer, der mich mit Regeln in seinem Haus einschloss, ich wollte nachts durch die Wälder streifen und in hochgelegenen Ästen schlafen oder mit dem Delphinen schwimmen. Und genau das war das Problem. Ich war nicht wie die anderen Adligen. Ich war anders, ein Außenseiter. Niemand wollte mich damals haben, aber das hatte mich nie gekümmert. Meine Eltern und meine Schwester waren für mich da und das reichte mir. Ich weiß noch, wie es einmal einen Ball gegeben hatte und ich nicht wusste, was ich mit meinen Haaren machen sollte. Ceairra hatte stundenlang meine Haare geflochten und sie mit Blüten geschmückt, während sie leise wunderschöne Lieder vor sich hinsummte. Sie war perfekt gewesen. Das komplette Gegenteil von mir. Ich stand auf und stellte die Gitarre zur Seite. Ein Blick auf meinen Plan verriet mir, dass ich jetzt Überlebenskunde hatte. Zum Glück etwas theoretisches. Noch mehr Praktik hätte ich nicht vertragen. Und vor allem nicht mit Joel! Vor einem Spiegel blieb ich stehen. Das war ich. Meine dunklen Locken hingen mir bis zu den Hüften und meine braunen Augen sahen mich stumm an. Meine etwas dunklere Haut stach in einem leichten Kontrast zu meinem Haar hervor. Vorsichtig strich ich mit meiner Hand über mein Spiegelbild. Für einen kurzen Augenblick blitzte ein Bild von meiner Schwester und mir vor meinen Augen auf. Sie hielt mich bei den Schultern und wir sahen lachend in einen Spiegel. Damals, als ich noch wirklich lachen konnte. Ein Stich durchfuhr meine Brust. Damals als noch alles gut war. Ich band meine Haare wieder zu dem Dutt hoch, der sich gelöst hatte und nahm noch eine Sonnenbrille mit, weil es draußen doch ziemlich sonnig war. Als ich aus der Tür trat zog ich sie an und hörte anerkennendes Pfeifen. Ich wand mich dem Geräusch zu und sah Joel. „Ist das dein Ernst?“, keifte ich ihn an. Meine schlechte Laune hatte nun einen Tiefpunkt erreicht. „Ja. Du siehst gut aus.“; lachte er und legte grinsend einen Arm um mich. „Ich dachte die Arm-Sache hätten wir geklärt?“, meinte ich und sah ihn abwertend an. „Theoretisch ja schon, aber ich halte mich nicht gerne an Regeln.“; scherzte er und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Solltest du aber, wenn du nicht ertränkt werden willst!“, zischte ich und löste mich aus seinem Griff. „Du bist heute irgendwie schlecht gelaunt.“; bemerkte Joel nachdenklich. „Und wessen Schuld ist das wohl?“, blaffte ich und stapfte davon. Ich merkte wie Joel hinter mir herlief, aber ich folgte nur den Schildern zu der Hütte, wo ich jetzt hin musste. „Beruhige dich doch mal!“, schrie er mir hinterher. „Darauf habe ich grade keine Lust drauf!“, brüllte ich Wut entzürnt. Wieso?! Wieso ich?!
Ich stapfte einfach weiter und flog fast über sämtliche Wurzeln und Baumstämme, aber das interessierte mich grade überhaupt nicht. Wütend stieß ich die Türen der Hütte auf und alle verstummten. „Was?“, zischte ich und schritt erhobenem Hauptes an alle vorbei, bis ich bei Zahide ankam. Zum Glück waren wir hier im selben Kurs. „Wieso so schlecht gelaunt?“, lachte sie und betrachtete mich schmunzelnd. „Wegen dem Ding da.“, murrte ich nur und bemerkte erst dann, dass ich mein Material vergessen hatte. Stöhnend schlug ich meinen Kopf gegen die Tischplatte. Konnte es schlimmer werden? „Hast du ein Blatt und einen Stift für mich?“, fragte ich Z, aber sie schüttelte nur den Kopf. Ich fragte alle im Raum und wie es das Schicksal so wollte, konnte nur Joel mir helfen. „Könntest du mir ein Blatt und einen Stift geben?“, fragte ich so höflich wie möglich. „Eventuell könnte ich das.“, grinste er. „Eventuell?“, meinte ich und zog eine Augenbraue hoch, während ich die Hände in die Hüften stemmte. „Ja, eventuell.“; wiederholte Joel und grinste anzüglich. Mistkerl. In meinem Blickwinkel konnte ich sehen, wie Daciano ebenfalls grinste. Waren das hier alles Idioten?! „Kannst du mir jetzt helfen oder nicht?“, zickte ich Joel an, bevor ich ihn wütend anfunkelte. „Kommt drauf an.“, raunte er. „Worauf?“, stöhnte ich und massierte meine Schläfe. Der Kerl war anstrengend. „Wir spielen nach dem Unterricht ein wenig Wahl, Wahrheit oder Pflicht in meiner und Daci's Hütte Du und deine Freundinnen spielen mit.“, schlug er vor. „Hör auf mich Daci zu nennen!“, kam es empört von neben ihm, woraufhin Joel nur lachte. Wie viele Mädchen fielen wohl vor ihm auf die Knie. „Gut. Meinetwegen.“; brummte ich. „Aber das ist übrigens Erpressung!“, fügte ich noch hinzu und entriss ihm das Blatt. „Nenne es wie du willst.“; flüsterte er und lehnte sich zu mir nach vorne. „Werde ich.“; wisperte ich und kam ihm so nah, dass sich seine Augen weiteten, dann richtete ich mich böse grinsend auf und ging auf meinen Platz. Hinter mir hörte ich Joel knurren. Tja, die Waffen einer Frau waren wohl immer noch unschlagbar. Der Unterricht war langweilig. Sehr langweilig. Aber besser, als irgendwelches Muskeltraining, denn meine Muskeln schienen unbenutzbar geworden zu sein und mich beschlich die böse Vorahnung, dass ich morgen einen schlimmen Muskelkater haben würde. Während des Unterrichts schrieb ich fleißig mit und versuchte nicht einzuschlafen. Als er dann irgendwann endete, flohen wir fast alle aus dem Raum, weil wir Angst hatten, irgendwer kam auf die dämliche Idee, eine Frage zu stellen, die die ganze Klasse betraf. „Hast du des Prinzen edles Gesicht gesehen, als du ihn so reingelegt hast?“, näselte Z und musste sich echt anstrengen nicht zu lachen. „Natürlich! Was erwartest du von mir? Ich sehe alles.“, ahmte ich meinen besten Adligen-Akzent nach. Kichernd liefen wir zu den Hütten. „Weißt du wann Ricarda Schluss hat?“, fragte ich die Blondine. „Klar. Sie hatte eine halbe Stunde vor uns Schluss.“, antwortete Z und sah Daciano sehnsüchtig nach. „Er ist ein Idiot.“; murmelte ich, während ich mich innerlich darüber beschwerte, das Carda früher Schluss gehabt hatte. „Warum sehen die Idioten immer am Besten aus!“, meckerte Zahibe. „Weil sie innerlich hässlich sind und irgendwo müssen sie ja dann das gute Aussehen hinstecken.“; meinte ich trocken, bevor ich den Schlüssel zu meiner Hütte suchte. „Hinter euch!“, rief eine fröhliche Stimme, von der ich wusste, das es meine Zimmergenossin war. „Hey Ricarda! Es gibt da was, was du wissen solltest.“, fing ich zögerlich an. „Ja?“ „Ja also, wir müssen jetzt da drüben in die Hütte und Wahl, Wahrheit oder Pflicht spielen.“; erklärte ich ihr vorsichtig. „Wieso?“, hakte die Blauhaarige nach. „Weil unsere nette Freundin ihr Material vergessen hatte und nur Joel ihr was geben konnte und er dafür verlangt hat, dass wir alle drei den Nachmittag in seiner Hütte verbringen.“, brummte Z, sichtlich unerfreut über unsere Lage. „Es wird schon nicht so schlimm sein!“, versuchte ich die Beiden aufzuheitern, aber sie sahen mich nur mit einem Ist-das-dein-Ernst-Blick an. Ich verdrehte die Augen und ging ihnen voraus, wie schon so oft in den letzten Tagen und klopfte ungeduldig an die Tür. Als die Tür geöffnet wurde, wäre ich am liebsten wieder gegen eine Wand gerannt. Wer hätte denn auch die Tür öffnen können, außer Joel?! Innerlich verfluchte ich die Götter und wand mich dann dem Jungen vor mir zu. Wieso waren seine Haare so verwuschelt? Seine Haar standen in alle Richtungen ab und er sah mich amüsiert an. „Dürfen wir rein oder sollen wir hier draußen Wurzeln schlagen.“, blaffte ich ihn heute zu mindestens tausendsten Mal an. „Die werten Damen dürfen eintreten.“, scherzte er und machte einen Schritt zur Seite. Ich sags euch, ich war so kurz davor, ihn von innen zu ertränken und dann eine Klippe runter zu schmeißen! So nah! Es war grade mal mein zweiter Tag hier und ich hatte schon Mordpläne für meine Mitmenschen. Oh je... „Setzt euch.“, meinte Daciano und wir setzten uns in den Kreis. Wir waren insgesamt acht Leute. Zahibe, Ricarda, Daciano, Joel, noch ein Kerl mit einer runden Brille, die ihn aber ganz süß aussehen ließ, zwei Mädchen, die eine davon kannte ich leider, denn sie war Fedora und Prinzessin von Aéras. Dazu kam, dass sie eine verfluchte Nervensäge war. Und dann gab es noch mich. Fedora erkannt mich (leider) sofort und stürzte sich auf mich. „Amaira! Ich habe dich vermisst! Wie lange ist es her? Zwei, drei Jahre?“, quiekte sie und hielt mein Gesicht mit ihren manikürten Klauen fest. Nicht lange genug, dachte ich mir und schaffte es sogar sie halbwegs anlächeln. „Fedora setzt dich doch bitte wieder.“, sagte der Brillenkerl und da erkannte ich ihn. Er war ihr Bruder Prinz Kaden. Er hatte genau wie sie helles oranges Haar und eisblaue Augen, die perfekt zu ihren hellen Hautfarben passten. Man könnte sie glatt als Vampire verkaufen, so blass waren die beiden! Fedora war das perfekte Beispiel der Leute, mit denen ich es vor dem Camp zu tun hatte. Solche Treffen forderten eine Menge Schachteln Aspirin, glaubt mir. Nach dem sich die Prinzessin beruhigt hatte setzten wir uns alle wieder und Kaden nickte mir knapp lächelnd zu. Kaden und ich hatte als wir klein waren gerne zusammen im Meer gespielt, dann musste er seinen Pflichten nachkommen. Ja, das königliche Leben kotzte an. Joel stellte schnell alle einander vor und so erfuhr ich, dass das zerbrechlich wirkende Mädchen neben Fedora Pamina hieß und die Tochter von Fedoras Zofe war. „Da sich ja nun alle kennen, können wir anfangen.“, meinte Daciano erfreut, wofür ich ihn in Grund und Boden hätte schlagen können. Okay, vielleicht brauchte ich eine Anti-Aggressions-Therapie. „Wir spielen und dann gucken wir einen Film, aber wir haben nicht so viel Zeit, weil Amaira und ich vor dem Essen noch Bogenschießen haben.“, erläuterte Joel kurz den Ablauf. „Haben wir das?“, fragte ich überrascht. Nicht noch mehr körperliche Anstrengung! „Ja. Weißt du das etwa nicht?“, stellte er verwirrt die Gegenfrage. „Nö. Sollte ich?“, sagte ich schulterzuckend. Joel sah mich eine Sekunde lang entgeistert an, dann holte er einfach kopfschüttelnd eine Flasche. Bevor das Spiel beginnen konnte, musste mich Fedora jedoch leider mit Fragen durchlöchern. „Wie ist es so auf Neró? Ich habe gehört irgendwas verschreckt die Delphine von den Küsten.“; durchbrach Kaden den Redeschwall seiner Schwester über die Jungs und die Mode meines Landes. Besorgt musterte er mich. „Die Lage wird immer schlimmer. Die Delphine erhalten das Meer am Leben. Wenn sie gehen, geht alles und unser Land verliert seine Magie.“, flüsterte Zahibe und ich wand mich ihr überrascht zu. Ich hatte beinahe völlig vergessen, dass sie existierte. „Es ist nicht irgendwas, was die Meeresgeschöpfe vertreibt.“, widersprach ich Kaden ein wenig. „Vor meiner Abreise war ich noch ein letztes Mal tauchen. Mein Vater besaß ein Medaillon, welches die Meere von Neró durch einen Zauber schützte. Nach dem Attentat war es verloren. Es könnte auch gestohlen wurden sein, aber das würde dem Dieb nicht viel bringen, da nur ein Wesen mit dem königlichen Blut von Neró in seinen Adern es verwenden könnte. Wie dem auch sei, dringen nun Kriegsschiffe in die Gewässer ein und ihre Antriebe, verletzten und töten die Lebewesen sogar. Sie tun es mit Absicht! Werfen mit Speeren nach ihnen. Ihr Blut färbt fast alle Meere rot und als ich dort unten war, klebte es mir am ganzen Körper. Ich weiß nicht, welches Land eine solche Straftat begehen würde, aber in einem Punkt bin ich mir sicher. Dieses Land will Neró seiner Magie berauben. Wenn die Meere tot sind, bin ich der letzte Funken Magie, der Neró am Leben hält, deshalb bin ich hier. Hier kann mir keiner was antun.“, erzählte ich ihnen und Fedora klappte der Kiefer bis zum Boden nach unten. „Scheiße.“, fluchte Joel und spielte mit der Flasche in seinen Händen. „So könnte man es gewiss ausdrücken.“, brummte Z und Stille legte sich in den Raum. „Ein Land seiner Magie zu berauben, kann mit dem Tod bestraft werden.“, warf Ricarda ein. „Nicht im Krieg.“; murmelte Daciano. „Nicht im Krieg.“
Tag der Veröffentlichung: 06.07.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An alle meine Leser ♥ Und vor allem an Mara, weil du die erste bist, die ich hier kennen gelernt habe und mir so viel geholfen hast :) Wüsste nicht, was ich jetzt ohne dich wär ♥ Hab dich lieb und Danke ˙·• ♥ •·˙