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1.

Zwischen Können und Tun liegt ein Meer und auf seinem Grunde gar oft die gescheiterte Willenskraft.

-Marie von Ebner Eschenbach

Gone. (Prolog)

Ich saß hier und büffelten über meinen Matheübungen.

Verzweifelt kaute ich an meinem Bleistift, schließlich gab ich halbwegs auf und ließ meinen Blick durchs Fenster über den Pausenhof gleiten. Es war Sommer und der Asphalt erstrahlte in einem angenehmen Orange.

Entspannt lehnte ich mich ein Stück nach hinten. Warum konnte man nicht einfach alle Lösungen vom Himmel ablesen?

Der Himmel schien in einem sanften blau und keine einzige Wolke war dort obenzu sehen. Es war ein wunderschöner Tag.

Ich verlor mich in meinen Träumen. In meiner Welt.

Dort war ich frei. Keine Sorgen, keine Ängste, keine Tränen.

Nur ich und die Freiheit.

"Frau Mathusek?", riss mich jemand aus meiner Tagträumerei.

Ertappt blickte ich auf.

Nur um meine geschockte Direktorin in der Tür stehen zu sehen.

"Könnte ich Sie kurz sprechen? Unter vier Augen?", stotterte sie.

Was war denn in die Gefahren?

"Natürlich stammelte ich und folgte ihr in den Flur.

"Es geht um Ihren Vater."; fing sie ein.

Ich zog hörbar die Luft ein. Bitte nicht!

 

Okay. Kurz zur Erklärung.

Hi, ich bin Izzy, siebzehn Jahre alt und lebe in Deutschland. Von meiner Nationalität her bin ich auch noch halb britisch. Ich bin klein, habe dunkelbraune Augen und lange dunkelbraune Locken.

Was meinen VAter angeht. Er ist logischer Weise nicht mehr ganz so jung wie ich und leidet an Krebs. Seit meine Mutter uns verlassen hatte, habe ich den Haushalt übernommen. Mein Vater wurde so krank, dass er aufhören musste zu arbeiten und in einer Klinik verweilt. Deshalb jobbe ich auch noch in einem Café und bin sowie so recht auf mich alleine gestellt. Nicht, dass mich das stört! Nein.

Ich komme ganz gut klar. Solange ich mich nicht mit Sorgen um ihn plagen muss, die ich leider täglich habe.

Jedenfalls, immer wenn jemand meinen Vater erwähnte, kroch in mir eine unberschreibliche Angst hoch.

Der Ausdruck, den die Direktorin im Gesicht hatte, half mir nicht sehr.

Eigentlich überhaupt nicht.

Und dann brach meine Welt defnitiv zusammen.

"Ihr Vater...er...er...er ist tod.", flüsterte sie, während Tränen sich einen Weg über meine Wangen bahnten.

Nein. Nein! Verzweiflung breitete sich in mir aus, als ich die kahle Wand hinunter glitt.

Jeden Tag, jede Sekunde stirbt jemand. Irgendwo auf diesem Planeten stirbt die ganze Zeit jemand. So ist es nun mal. Aber wenn es einen selbst oder dessen Umgebung trifft, bemerkt man erst die Ungerechtikeit die mit diem Fakt kommt. Eine Ungerechtigkeit, die mich zerstört hat. Jetzt und hier.

"Sie sind für heute und die restliche Woche entschuldigt.", erklärte die Frau mir und schenkte mir noch einen mitfühlenden Blick, dann reichte sie mir ein Taschentuch und ging. Das war mir recht. Ich wollte jetzt alleine sein. Noch nicht  mal Issy meine beste Freundin wollte ich jetzt sehen. Ich hastete in die Mädchentoilette und warf einen Blick in den Spiegel. Das Bild welches sich mir bot, traf mich wie ein Peitschenhieb. Krampfhaft stützte ich mich auf dem Waschbecken ab.

 Ich hatte schon mal besser ausgesehen, aber unter den Umständen konnte ich mich grade noch so retten. Ich band mein zerknotestes Haar zu einem Zopf zusammen und zog meinen Eyeliner noch mal nach. Mit ein paar Papiertüchern entfernte ich die Spuren meines Make-ups und mit ein wenig Lidschatten und Maskara sahen meine Augen nict mehr ganz so rot aus. Schließlich straffte ich noch mein türkises Oberteil, reckte das Kinn, übte noch kurz ein Fake-Lächeln und stolzierte aus dem Klo in Richtung Klassenzimmer.

In dem tristen Raum angekommen, hastete ich zu meinem Platz, warf meine Sachen unbekümmert in meine Tasche und wollte grade aus dem Raum stürzen, als Ich am Handgelenk gepackt wurde.
 Ich wand mich aus dem eisernen Griif und blickte der Person in die Augen. Issy.

Issy und ich waren seit dem Kindergarten unzertrennlich. Wir zogen hierher, als ich zwei war. Keine Ahnung warum und Issy war die einzige, die auf mich schüchterne kleine Maus zugekommen war. Sie wusste gar nicht, wie dankbar ich ihr dafür war. Ja, ich weiß, was ihr jetzt alle denkt! Haha, Izzy und Issy. Echt komisch. Aber so war es nun mal. Früher, als wir noch jünger gewesen waren, hatten wir davon geträumt, die Weltherrschaft zu erobern. I & I, unschlagbar für immer und ewig. Manchmal wenn ich heute an unsere bizarren Träume zurückdenke, frage ich mich doch, ob in Kinderschokolade nicht irgendwelche unbekannten Drogen drin sind...

Zurück zur Realität. Issy sah mich verwirrt und fragend an. Ihre braunen Haare fielen ihr leicht ins Gesicht und in ihren Augen lag eine undefinierbare Traurigkeit. "Frau Sturm hat es und erzählt.", flüsterte sie. Deswegen sahen mich also alle so traurig an. Interessant. Doch als ich Issy's Blick begegnete, überkamen mich wieder die Emotionen und ich fiel ihr weinend in die Arme. Mein Vater war auch für sie wie ein Vater gewesen. Wir waren eine große Familie gewesen. "Lass mich mit zu dir nach Hause kommen.", schluchzte sie in mein Haar.

"Nein.", meinte ich, nachdem ich mich etwas gefangen hatte. "Nein?", sagte Issy verwirrt. "Ich möchte erst mal alleine sein, ok?", murmelte ich. Issy nickte etwas benommen, um dann abwesend aus dem Fenster zu schauen. Sie tat mir leid. "Issy?", flüsterte ich. Sie gab nur ein trauriges 'mhm' von sich und sah weiterhin stur aus dem Fenster. "Möchtest du heute Abend vorbeikommen?", schlug ich vor, während ich mich an einem misslingenden Lächeln versuchte. Sofort erhellte sich ihr Gesicht ein wenig auf und sie nickt. "Gut. Dann bist heute Abend.", verabschiedete ich mich von ihr. Eine letzt Umarmung unter Tränen, als ob wir uns nie wieder sehen würden und dann floh ich förmlich aus dem Raum. Ich hasste es meine Gefühle zu verstecken. Dieses Leben war die größte Hauptrolle, die ich je gespielt hatte und um ehrlich zu sein, sie war schei*e! Ich wand mich durch von Schülern überfüllte Gänge, bis ich schließlich ins Freie gelang. Tief atmete ich den frischen Sauerstoff ein und schritt den schmalen Weg bis zur Haltestelle entlang. Ich hatte mit 17 zwar meinen Führerschein, aber kein Auto. Dad wollte mir eigentlich eins zum Geburtstag schenken... Aber lieber hätte ich ihn, als irgendein doofes Auto. Und da traf es mich wie ein Blitz. Dad. Ich musste zum Krankenhaus! Ich wollte, ihn noch einmal sehen und das nicht als Grabstein. Ich nahm die Bahnlinie 1 Richtung Wilhelmshöhe und stieg an der Haltestelle 'Rathaus' aus. Nun waren es noch ca. 10 Minuten Fußmarsch bis zum Elizabeth-Krankenhaus. Das war der Ort, an dem mein Dad seinen letzten Atemzug vollendet hatte.

 

Sonntag

Der Himmel war bewölkt und kleine Regentropfen fielen herab. Passend. Heute war die Beerdigung meines Dads. Ich trug ein schwarzes enges Kleid und wartete am Eingang des Friedhofes auf Issy und ihre Familie. Als dann endlich alle da waren, sagten wir unter Tränen unsere Abschiede. Der Sarg wurde in die Erde gelassen und jeder ließ nach einander eine Rose drauf fallen.

Jetzt waren Issy und ich dran. Weinend standen wir dort in der Kälte. Der Rest war schon vorgegangen. Kaffee und Kuchen undso. Unsere Tränen fielen gemeinsam mit dem Regen und tränkten die Erde. Zitternd umklammerten wir die Rosen. Wir wollten nicht los lassen. Noch nicht.

 

"Hey Dad. Ich hoffe du hast vor erst gemütlich da unten. Wenn nicht, tut mir das echt leid, aber du bist ja bald im Himmel. Alle waren total traurig und es regnet auch noch. Ich weiß, du wolltest, dass wir lächeln, wenn du von uns gehst, aber heute war uns allen einfach nicht danach.", ich lachte leise unter Tränen auf.

Issy fuhr fort: "Ja. Liegt wohl am Wetter. Wir vermissen dich jetzt schon. Mit wem sollen wir über unsere Lehrer lästern, wenn du nicht da bist? "  Wir versuchten dieser Situation etwas humorvolles abzugewinnen, aber ich zweifelte daran, dass es uns gelang.

"Dad, wir müssen bald gehen, aber ich werde jeden Tag kommen und dir sagen, was so alles passiert ist. Achja! Und Issy und ich räumen nächste Woche den Dachboden auf. Das wolltest du ja, dass wir das machen. Hast immer von verborgenen Schätzen geredet, die mir ein Leben ermöglichen sollen. Mal sehen, was du gemeint hast. Naja gut. Wir gehen jetzt. Hab dich lieb!"  , sagte ich und gleichzeitig mit Issy ließ ich meine Rose in das Loch fallen.

"Ja, wir haben dich ganz doll lieb und werden dich nie vergessen!", schluchzte Issy.

Plötzlich hörte ich wie in einem Disneyfilm ein aller letztes Mal seine Stimme.

Ich habe euch auch lieb!

Vielleicht war es nur eine Halluzination, vielleicht war es echt, aber es gab mir ein Fundament fürs Leben.

Jeden Tag erinnere ich mich an diesen einen Satz, denn Liebe ist Stärke und Stärke brauchte ich genau da am meisten.

ⓗⓘⓓⓓⓔⓝ ⓣⓡⓔⓐⓢⓤⓡⓔⓢ

Es war nun eine Woche seit er Beerdigung meines Vaters vergangen. Es war alles so schnell gegangen. Viel zu schnell. Manchma habe ich das Gefühl, mein Leben ist eine Reihe von Filmen, die nach einander abgespielt werden und eine ganze Geschichte in maximal 2 Stunden zusammen fassen. Leider hatte ich noch nie ein Happy End. Heute würden Issy und meine Cousine Mara kommen. Wir wollten den Dachboden leer räumen. Momentan war noch nicht klar, wo ich hin gehen würde, nachdem dieses Haus leer geräumt war. Ich war minderjährig und konnte deshalb nicht alleine leben. Wahrscheinlich zu Issy und Mara. Sie waren beide ein Jahr älter als ich -damit 18 oder älter- und wohnten zusammen in einer Wohnung am Stadtrand. Sie verstanden sich ebenfalls prima. Wir wollten mal zu dritt wohnen, wenn ich alt genug war und es meinem Dad besser gegangen wäre. Unser Traum war schneller war geworden, als es mir lieb war.

Die Klingel hallte im ganzen Haus wieder. Ohne meinen Vater war das Haus so klein. Jedes Geräusch schien 100 Mal lauter zu sein. Seufzend erhob ich mich und schlurfte zur Tür. Als sie knarrend aufschwang erblickte ich Mara und Issy. Beide sahen müde und erschöpft aus. Sie hatten wahrscheinlich die ganze Nacht nicht geschlafen, genau wie ich. Es war sein letzter Wunsch gewesen, dass wir den Dachboden aufräumten. Wir grausten uns davor, was uns erwarten könnte. Wahrscheinlich zu viele Erinnerungen, zu viel, was vergessen sein sollte. "kommt rein.", flüsterte ich. Mehr konnte ich nicht sagen, denn meine Stimme versagte. Schweigend traten beide ein. Mara's sonst so lebendiges Haar fiel ihr wirr über die Schultern und ihre blauen Augen blickten trüb umher. "Ich hab Angst.", formten ihre Lippen stumm, als sich unsere Blicke trafen. Ab dann konnte ich nicht mehr. Ich konnte und wollte diese Maske nicht mehr tragen! Ich war keine Puppe, die 24 Stunden lang auf einer Kommode saß und die ganze Welt anlächelte! Ab dann wollte ich die Tränen nicht mehr zurück blinzeln und stürzte mich in Mara's Arme. "Ich will das nicht!", schluchzte ich mit geschlossenen Augen. Issy schlossen wir auch in unser Trauerspiel ein. "Manchmal wünsche ich mir, wir wären wieder kleine Kinder und und unsere einzige Sorge wäre, nicht beim Naschen erwischt zu werden.", gluckste Mara. Schmuzelnd sahen wir sie an. "Was?!", lachte sie und wischte sich ein paar Tränen aus dem Gesicht. "Nichts.", meinte Issy grinsend und putzte sich die Nase. Nachdem wir uns einiger Maßen beruhigt hatten, gingen wir hoch zum Dachboden.

 

 

 

Ich werde einen Link in den Kommentaren posten. Dieses Lied  könnt ihr die nächsten Kapitel und Textabschnitte hören bis ich halt sage, dass es nicht mehr passt^^ ich weiß, momentan passt die länge nicht, aber später geht das schon. Ich habe das Lied während des Schreibens gehört :)

Ihr müsst es JETZT an machen :)

 

Alles war von einer hauchdünnen Staubschicht bedeckt. Hustend schlichen wir die letzten paar Leitersprossen hoch. "Wie lange ist es her, dass hier oben mal geputzt wurde?", keuchte Mara, die fast wegen des Staubs erstickte. "Eine Weile.", hustete ich. Schließlich hatten wir beschlossen zu lüften, um überhaupt noch atmen zu können. "Wo fangen wir an?"; fragte Issy und ließ ihren Blick durch die vielen Räume gleiten. Unser Dachboden bestand aus einem großen Vorraum und acht Nebenräumen. Zwei an jeder Seite. MIt geschlossenen Augen drehte ich mich einmal im Kreis und zeigte willkürlich auf eine der Kisten. "Die da!"; sagte ich und öffnete langsam meine Augen. Wir knieten uns vorsichtig zwischen die Kisten. "Öffne sie.", flüsterte Mara und lächelte mir zu. Behutsam klappte ich die Deckel auf. Ich blickte in die Kiste hinein und erblickte lauter Sachen aus meiner Kindheit. Jeder Gegenstand hatte eine Geschichte. Eine Geschichte, die mich geprägt hat und mein Herz im Eiltempo schlagen ließ. Ganz oben lag ein kaputter und zerissener Teddy. "Mr. Charming.", hauchte Issy ehrfürchtig und strich ein bisschen Staub von dem Stück Stoff in meinen Händen. Ihm fehlte ein Ohr und der rechte Arm war in zwei geteilt. Um seinen Hals befand sich eine alte fransige Schleife. Ich hatte den Bären zu meiner Geburt bekommen und als ich sieben war tauften Issy und ich ihn Mr. Charming, weil er der perfekte Prinz für uns war und wir damals Jungs ja noch ekelig fanden. Ich kicherte und Issy grinste. Einmal haben wir ihn in den Ofen gesteckt, weil er ins Solarium gehen sollte. Er war zwar etwas dunkler geworden, als wir gehofft haben, aber hey, wir waren jung! Wir haben ihn überall mit hin genommen und immer als wir zu dieser alten Dame in den Friseursalon gegangen waren, hatte sie ihn auf unser Flehen und Bitten auch gleich mit gestylt. An seinem noch erhaltenen Ohr prankte sogar noch eine rosane Haarspange. Die Frau war leider vor zwei Jahren verstorben. "Guck mal hier! Wie süß!", quiekte Mara und hielt mir ein Foto hin. Meine Einschulung. Wie stolz ich doch damals gewesen war. Ich war fünf gewesen, als mich die Hölle, namens Schule empfing. Noch unahnend von dem mir bevorstehendem Grauen strahlte ich übers ganze Gesicht. Meine Haare waren zu einem Zopf nach hinten gebunden worden und mit sehr vielen Spangen gebändigt wurden. In meinen Händen befand sich eine rosane und lilane Schultüte, die mit vielen verschidenen Stofffetzten, Perlen und Schleifen aufgepeppt worden war. Vorne drauf war eine lächelnde Fee, mein Name und mein Einschulungsdatum. Ich hatte damals ein Jeanskleid mit Minimaus drauf getragen und mir fehlten die beiden oberen Schneidezähne. "Damals warst du noch so niedlich und still.", scherzte Issy und wir lachten leise. Das hier war kein Dachboden voller Müll und altem Schrott. Das war eine Schatzkammer. Unsere Schatzkammer.

"Was ist das denn?", fragte Mara und hielt mir ein dunkelgrünes Heft hin. Ich legte das Foto beiseite und nahm es entgegen. Vorne prankte in einer etwas schmuddeligen Schrift "Klassenfahrten" drauf. "Das musste ich in der Grundschule immer mit auf Klassennfahrt nehmen. Wie ein Klassenfahrt-Tagebuch sozusagen (Das Ding musste ich wirklich führen und es sieht schrecklich aus^^). ", erklärte ich ihnen. Ich blätterte es ein wenig durch. Zweite Klasse, Hoher Meister, Barfußpfad. Diese Seite hatte ich grade aufgeschlagen. Man sah eine gezackte Linie, die eine Treppe darstellen sollte, ein paar braune Line, für Matsch und Striichmännchen mit Haaren, die siche einen Weg durch die pampige MIschung bahnten. Ich war in meinem ganzen Leben drei Mal auf diesem Barfußpfad gewesen und es war jedesmal genauso schrecklich gewesen, das kann ich euch versichern! Issy blätterte weiter. Dritte Klasse, Gießen, Kissenschlacht. "Ich weiß noch, wie mein Kissen an dir vorbei und aus dem Fenster geflogen ist und dann auf Max' Kopf gelandet ist!", kicherte sie. "Oh! Und wie sie Issy danach als Rache in dem Kleiderschrank in seinem Zimmer eingesperrt haben!", lachte Mara. "Das war schrecklich! Ich habe Sachen gesehen, die kein Mädchen jemals sehen sollte!", fügte Issy hinzu. "Ich weiß noch, wie die Jungs mich und Mara in ihrem Zimmer eingesperrt haben und wir an ihren ganzen Aftershaves fast erstickt sind.", meinte ich trocken und grinste. "Ja genau! Was wollten die in der Dritten mit Aftershave?!", fragte Mara. "Jungs.", sagten wir alle gleichzeitig und mussten lachen. Wir fanden noch mehrere Hefte aus der Grundschule, die jedoch allesamt unlesbar waren, was eventuell an meiner Schrift liegen könnte. Nach zwei Stunden knurrte Issy's Magen. "Ich hab Hunger.", meinte sie knapp. "Hört man!", lachte Mara und Issy äffte sie beleidigt nach. "Ich glaube, wir sollten jetzt Mittagessen kochen, sonst frisst Issy uns noch auf.", schmunzelte ich. Also gingen wir runter, wuschen unsere Hände und entstaubten unsere Klamotten. Als wir dann in der Küche standen, gab ich die Anweisungen. "Issy du machst den Salat, Mara du deckst den Tisch, weil ich weiß, dass es das reinste Disaster werden würde, wenn du kochst und ich koche den Reis und die Steaks. Einverstanden?", sagte ich. Mara schaubte kurz entrüstet, dann nickten beide. "Gut, dann hopp hopp!", befahl ich und wir machten uns ans Werk. Nachdem wir gegessen und uns noch drei Tafeln Schokolade reingestopft hatten, gingen wir wieder hoch und fingen endlich mit Ausräumen-Teil unserer MIssion an. "Wo kommt diese Kist hin?", wollte Mara wissen, während sie  ächzend eine Kiste in der Hand hielt. "Was ist da drinne?", fragte ich. "Kleinkinderspielzeug.", brachte sie grade noch so heraus. "Dahin!", sagte ich und zeigte auf eine hintere Ecke. "Izzy guck mal!", rief Issy mir zu und winkte mich zu ihr. Vor ihr waren um die zwanzig Fotos ausgebreitet. Fotos von Weihnachten. Weihnachten verbrachten wir immer in einem anderen Land. Natürlich kamen Issy und Mara mit ihren Familien immer mit. Auf jedem der Fotos sah man Issy, Mara und mich enng aneinander gedrückt und grinsend. Auf den ältesten war sogar meine Mutter drauf. "Merkst du eine Ähnlichkeit?", hakte Issy nach. "Auf jedem Foto sind wir drauf?", antwortete ich zögerlich. "Guck genauer hin!", forderte sie mich auf. Mara hatte sich auch zu uns gesellt. "Was meinst du Issy?", wollte nun auch Mara wissen. "Im Hintergrund", drängelte Issy. Was meinte sie bloß?! Und da sah ich es! Auf jedem Foto sah man im Hintergund eine Frau mit kurzen hellbraunen Haaren und braunen Augen, die immer ebenfalls in die Kamera sah. Außerdem war bei immer ein kleines Mädchen mit dunkelbraunen welligen Haaren und den gleichen Augen. Das Mädchen sah drei-vier Jahre älter aus, als ich und sah immer desinteresiert weg. Aber diese Frau, die wahrscheinlich ihre Mutter war sah immer traurig in die Kamera und war immer am Tisch hinter uns, egal wo. England, Italien, Frankreich, Spanien, Australien, China, Amerika, einfach überall! Sogar auf den Fotos, die wir im Krankenhaus gemacht hatten, weil dad irgendwann nicht mehr verreisen konnte. Überall! Und immer mit dem Mädchen! Auf dem Bild vom letzten Jahr war auch noch ein Junge zusehen, der die Hand des Mädchens hielt und wahrscheinlich ihr Freund war, aber dieser war sehr unscharf geraten. "Wer ist diese Frau?", flüsterte ich. "Ich weiß es nicht.", antwortete Issy mir. "Das ist gruselig. Wo hast du die Bilder her?", hakte Mara nach. "Da!", sagte Issy und zeigt auf eine Kiste, auf der 'Für Izzy' stand. Ich krabbelt zu der Kiste herüber und nahm einen Zettel heraus, der ganz oben lag. Ich las laut vor:

Mein süße kleine Prinzessin,

ich werde eines Tages nicht mehr auf diesem Planenten weilen. Ich hoffe, es wird nicht allzu bald sein und dass wenn du das hier liest, alt genug bist, um es zu verstehen. Ich möchte, dass du die Wahrheit erfährst und das nicht in der umgeänderten und recht schmerzlichen Version deiner Mutter. Während ich diese Zeilen niederschreibe, frage ich mich, ob du je alt genug sein wirst, um meine Lage, meine Handlungen und meine Reaktionen zu verstehen. Aber wie sagt man so schön? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wenn du dies liest werde ich bereits tot sein und über dir schweben. Ich werde über dich wachen und wenn du diesen Brief liest vielleicht sogar weinen, weil ich zu feige war, es dir ins Gesicht zu sagen. Ich weiß nicht, wie du reagieren wirst, bitte dich aber nicht mit Vorurteilen zu spielen. Ich weiß, dass du ein guter Mensch bist und ein großes Herz hast. Deshalb vertraue ich dir mein größtes Geheimnis an. Außerdem denke ich, wird es dir und auch Issy und Mara gut tun, dies zu wissen. Ihr werdet dieses Wissen brauchen, dennnoch ist es eure Entscheidung, was ihr damit anfangt. Vergesst bloß nicht, dass ich euch lieb habe. Izzy, ich habe das dir zur Liebe getan. Bitte erinner dich daran. Sogar auf Papier bringe ich es nicht auf den Punkt. Schrecklich. Allein die Vorstellung, euch eines Tages alleine lassen zu müssen, schmerzt mich, aber ihr wisst ja, dass ich krank bin. Leider unheilbar krank. Ich werde dir oder euch eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die sich einige Jahre vor euren Geburten ereignid hat. Meine Geschichte. Fünf Jahre bevor du geboren wurdest, mein kleines Engelchen, war ich auf Geschäftsreise in England. Um genauer zu sein in Manchester. Eine recht hibbige Studentin fuhr mir damals eines Morgens mit dem Fahrrad in meinen neuen VW. Erfreut war ich darüber nicht, aber das arme Mädchen stand so unter Schock und war so durcheinander, dass ich sie auf einen Kaffee einlud und ihr versicherte, dass ich die Kosten für den Schaden schon übernehmen würde. Wir verbrachten ein paar nette Stunden zusammen. Irgendwie passierte es dann, dass wir uns immer öfter trafen. Schließlich wurden wir gute Freunde. Ich empfand leider mehr für die, als sie für mich. Sie hatte einen Freund, der Phillip heißt. Im November des selben Jahres waren wir zu viert, das heißt sie, deine Mutter, Phillip und ich feiern. Deine Mutter war wie du weißt eine Kollegin von mir. Wir waren an dem Abend so betrunken gewesen, aber wenn ich ehrlich bin, hätte ich nichts geändert. An dem Abend schlief ich mit diesem Mädchen, das heutzutage mit Philip verheiratet ist. Am nächsten Morgen hatten wir uns geschworen nie wieder von diesem Abend zu sprechen, aber bei dir muss ich wohl eine Ausnahme machen. Ich kam mit deiner MUtter zusammen und zog mit ihr nach Deutschland. Ich wollte soviel Abstand wie nur möglich zwischen mich und die Studentin bringen. Ihr Name ist übrigens Deborah. Du fragst dich bestimmt, warum ich dir das alles schreibe. Am 16. Juli 1992 , ungefähr neun Monate später, erreichte mich dann eine Nachricht. Deborah hatte eine Tochter geboren. Ich hatte keine Ahnung, warum sie wollte, dass ich dies wusste. Ich wurde mit Juliette, deiner Mutter, zu der Taufe des kleinen Mädchens eingeladen. Während der Feier danach zog Deborah mich an den Rand. Sie erzählte mir, dass sie einen DNA-Test durchgeführt hatte und das Kind von mir sei. Nun außer Deborah und mir und nun auch dir oder euch weiß niemand, dass dieses Kind auch meins ist. Ich weiß nicht, ob sie es ihrer Tochter irgendwann erzählt hat oder erzählen wird. Wahrscheinlich erst dann, wenn ich tot bin. Falls sie überhaupt von meinem Tod erfährt.  Als sie es mir erzählt hatte packte ich sofort unsere Sachen und ging zurück nach Deutschland. Ich erzählte deiner Mutter nie, warum wir so kurzfristig abgereist waren. Eines Tages jedoch, nachdem ihr drei schon auf der Welt ward, schickte Deborah einen Brief, in dem sie verlangte, dass sie und ihre Tochter jedes Jahr zu Weihnachten kommen dürften, damit sie ihren echten Vater immerhin ein Mal im Jahr sehen durfte. Leider fing Juliette den Brief vor mir ab. Ich versuchte ihr die Lage zu erklären, doch sie verließ mich. Dich nahm sie gegen meinen Protest nicht mit. Ich wusste damals schon, dass ich krank war und wollte nicht, dass ich alles verlor was ich hatte, nur weil ich an diesem einem Abend betrunken war. Damit es nicht so auffällig war, verreisten wir jedes Jahr an Weihnachten. Deborahs Tochter sah mich zwar, aber sie konnte es nie übers Herz bringen dem Mädchen zu erzählen, wer ich war. So war ich für  sie nur ein Fremder, der zufällig jedes Jahr am gleich Ort Weihnachten feierte. Als es Juliette auffiel, was hier vor sich ging, kam sie zu Weihnachten nicht mehr, das sie es nicht ertrug Deborahs Gesicht zu sehen und schickte dir nur noch diese Karten mit den Geldscheinen drinne. Aber wenn ich nicht mehr da bin, will ich, dass du noch irgendein Familienteil hast, was noch enger durch das Blut mit dir verbunden ist, als Mara. Du dachtest immer mein letzter Wunsch wäre es, dass ihr den Dachboden aufräumt. Das ist er aber nicht. Ich möchte, dass du sie findest. Deine Halbschwester. Leider habe ich ihren Namen vergessen, aber diese Kiste wird voll mit Hinweisen sein. Du musst sie nicht suchen, aber du kannst. Du musst wissen, was du tust. Wenn du sie suchst, nimm Issy und Mara mit. Denk genau drüber nach, wie du handelst. Lass jeden Schritt mit Vorsicht und  Durchdachtheit gesetzt sein. Und lass die Hoffnung nicht verblassen. Achja und Schatz, pass auf, dass das Verlangen dich nicht zerstört.

Ich hab dich lieb. Euch alle.

Langsam ließ ich das Blatt sinken. Fassungslos sahen wir drei uns an. Ich hatte eine Schwester. Eine Halbschwester.

 

Wir hatten den Brief unendlich mal gelesen. Eine Halbschwester. Ich glaube, das war jedoch nicht der Grund, wieso ich so aus der Fassung war. Meine Mutte hatte mich nicht im Stich gelassen. Sie hatte uns nie im Stich gelassen. Sie konnte nicht mehr mit diesem Wissen leben. Plötzlich konnte ich ihr die Schuld nicht mehr in die Schuhe schieben. Hätte ich einfach so weiter machen können, wenn meine große Liebe mir soetwas angetan hätte? Nein. Auf einmal sehnte ich mich nach ihr. Nach dieser einen Person, die ich mein ganzes Leben lang gehasst hatte. "So fühlt es sich also an, wenn man sein ganzes Leben lang belogen wurde.", stellte Mara troken fest. Mara war die Tochter von Mutters Schwester. Hatte meine Tante davon gewusst? Hatte meine Mutter ihr Herz bei ihr ausgeschüttet? "Wusste deine Mutter davon?", durchbrach ich die Stille. Es war kaum mehr als ein Flüstern. "Ich weiß es nicht.", antwortete Mara ehrlich. "Wir können sie fragen.", schlug Issy vor. "Willst du sie finden?", wechselte sie danach aber schnell das Thema. Wollte ich meine Halschwester finden? Ich wollte zwar schon immer eine Schwester, aber nun da ich eine hatte, wollte ich sie finden? "Ich weiß es nicht.", meinte ich. "Aber wir gehen jetzt zu meiner Tante. Ich will sehen, wie viel sie darüber weiß.", erklärte ich, stand auf und klopfte den Staub von meiner Hose.

Wir fuhren direkt zu meiner Tante, aber sprachen nicht viel. Ich weiß nicht, wieso ich noch in der Lage war mich zu bewegen. Der ehrlichste Mensch auf Erden hatte mich belogen. Nein, ich verstand es nicht. Wie war es besser für mich? All diese Jahre hätte ich eine Mutter haben können, aber ich dachte, sie hätte uns grundlos verlassen. All diese Jahre hätte ich eine Schwester haben können, aber ich wusste nicht, dass sie existierte. All diese Jahre hatten mich Leute ausgelacht und gemeint, ich wäre nie gut genug für meine Mutter gewesen und sie wäre deshalb gegangen. All diese Jahre hatte mein eigener Vater mich belogen und ich hatte es nur erfahren, weil er gestorben war. Ich wollte ihm alle möglichen Beleidigungen an den Kopf werfen, aber er war nicht da. Stumm beobachtete ich die Regentropfen, wie sie Wettrennen auf der Scheibe begannen. All diese Jahre, hatte ich mich allein gefühlt, vorallem in letzter Zeit. All diese Jahre hätte ich zwei, vielleicht sogar drei oder vier weitere Leute auf meiner Zeite haben können. Und das erste Mal seit all diesen Jahren verspürte ich Hass auf meinen Vater. Auf den Mann, der mich mein ganzes Leben lang zu einem ehrlichen Mensch erzogen hatte und doch die größte Lüge von allen behüten wollte. Jetzt fühlte ich mich erst recht alleine und verlassen. Plötzlich konnte mich das sanfte Geräusch des Regens auf dem Wagendach nicht mehr beruhigen. Plötzlich verspürte ich nurnoch Wut und Trauer. Plötzlich wusste ich wessen Nummer einzig und allein neben Mutters gesperrt war. Plötzlich wusste ich was ich wollte. Ich würde nach England fahren und Deborah sagen, dass mein Vater tot war. Ich würde dem Mädchen, welches mit mihr durch ihr Blut verbnden war, die Wahrheit sagen. Ich würde ihr sagen, dass mein Vater ihr Vater war. Ich würde mich mit den Lügen meines Vaters konfrontieren und alles wieder richtig biegen. Und dann würde ich Mutter suchen und mich bei ihr entschuldigen. Ich würde für einen Neuanfang sorgen.

Searching for the truth

Isabelle klingelte und zitterte schon am ganzen Leib. Blöder Regen! "Was fragen wir sie dann eigentlich genau?", fragte sie bibbernd. "Das was wir wissen wollen.", meinte Mara schulterzuckend. Eine Frau mittleren Alters öffnete uns die Tür. Meine Tante. Sie hatte ihr hellbraunes Haar locker hochgesteckt. Das blonde Haar hatte meine Cousine übrigens von ihrem Vater. "Kommt rein.", sagte sie, nachdem sie uns begrüßt hatte. Sie gab uns Handtücher und Deken, da wir regelrecht zu dämlich waren, um Jacken anzuziehen. Dann reicht sie uns noch Tee und Kekse. Ich mochte meine Tante. Sie war sehr lieb und in einer Art und Weise meine Ersatzmutter. Großmutter hatte immer gesagt die Beiden, also meine Mutter und meine Tante, wären wie Zwillinge gewesen. Deshalb freute es mich immer, zu denken, meine Mutter ware so wie Rosalie, oder Rosa wie wir sie immer nannten, weil es kürzer war. "Wie kann ich euch denn helfen?", wollte Rosa wissen und sah uns neugierig an. Ich wollte, keine Zeit mit trödeln verbringen, deshalb kam ich direkt auf den Punkt. "Weißt du von meiner Halbschwester?", platzte es mir heraus. An Rosas geschocktem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass sie in der Tat etwas wusste. "Ihr wart also auf dem Dachboden.", bemerkte sie und begann ein Küchentuch zusammen zu falten. Wir nickten alle drei nur synchron und warteten auf eine Antwort. "Ja, ich weiß von Eleanor.", meinte sie dann schließlich, während sie uns in die Augen sah. Eleanor hieß sie also. "Deine Mutter kam an jenem Abend, wo sie deinen Vater verließ zu mir und erzählte mir alles.", erzählte sie weiter. Also hatte ich recht gehabt. Mutter war hier gewesen.

"Weißt du, wo diese Eleanor wohnt?", hakte Issy nach und man konnte ihr die Abenteuerlust aus den Augen lesen. "Alles was ich weiß, ist dass Eleanor in Manchester studiert, aber gleichzeitig noch einen Wohnsitz in London hat, denn dort wohnt auch ihr Freund. Immerhin etwas. "Mama, hast du irgendwas, was uns helfen könnte sie zu finden?", bohrte meine Cousine weiter. "Tut mir leid. Mehr weiß ich nicht, aber deine Mutter müsste noch Kontakt zu Deborah haben.", erklärte Rosa uns. "Wieso sollte meine Mutter noch Kontakt zu dieser Frau haben?", fragte ich und konnte nicht verhindern, dass ich recht zickig klang. "Weil die beiden sehr gut befreundet sind und eins gemeinsam haben. Dein Vater hat Beide im Stich gelassen.", antwortete sie, während ihr Gesicht sich bei den letzten Worten traurig verzog. "Weiß Deborah, dass er tot ist?", fragte ich weiter. All diese Fragen und nur so wenig Zeit. "Nein. Obwohl ich weiß es nicht. Deine Mutter weiß es schließlich auch nicht.", murmelte sie nachdenklich. "Wieso weiß sie es nicht?!", rief Issy erschrocken. "Weil keiner die traurige Nachricht überbringen konnte und ich sehe sie erst in zwei Wochen. Sie liebt ihn noch so sehr.", flüsterte Rosa und ihr Augen fülten sich mit Tränen. "Ich werde es ihr morgen sagen.", bestimmte ich und sah meiner Tante fest in die Augen. "Sie verdient die Wahrheit. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn einem lebensverändernde Sachen verschwiegen werden.", argumentierte ich und fragte Rosa nach der Adresse des Aufenthalts meiner Mutter. "Seid ihr euch sicher?", hakte Rosa nochmal nach, als wir gehen wollten. "Ja. Es wird Zeit mit dem Lügen aufzuhören.", sagte Mara.  "Ihr habt ja recht, aber seid vorsichtig und wenn irgendwas ist, kommt zu mir. Ich weiß nicht viel, von dieser Angelegenheit, aber vielleicht kann ich euch helfen ein paar Hinweise zu entschlüsseln."

Am Abend lag ich noch lange wach im Bett. War ich vielleicht zu voreilig? Morgen würde ich zu meiner Mutter fahren und zusammen würden wir die Sachen in der Kiste entschlüsseln. Ich vernahm Issy und Maras regelmäßigen Atem. Sie übernachteten bei mir. Ich konnte einfach nicht einschlafen. Ich strich mir die dünne Decke vom Leib und tappste zum Balkon. Als ich die großen Türen öffnete wehten die weißen Vorhänge leicht im Wind. Ich ging nach draußen. Die Kälte des Steinbodens umspielte licht meine Füße.   Suefzend stützte ich mich auf dem Gelände ab. Die Sterne funkelten fröhlich um die Wette, der Himmel war klar und eine angenehme Stille umhüllte mich. Genießerisch schloss ich die Augen. So viele Gedanken in meinem Kopf und doch gab es nur eine Lösung. Meine Mutter. Solage war ich vor ihr weggelaufen, hatte mich vor ihr versteckt. Jetzt brauchte ich sie. Die Frage war nur, würde ich Antworten auf all meine Fragen kriegen oder würde ich danach nur noch mehr Fragen haben als davor? Ich zählte auf meine Mutter. Sie war sozusagen die letzte Stütze, die wir hatten. Vielleicht würde auch nur der Nachname von Eleanor reichen, denn dann könnten wir das Internert benutzten. Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand und in die Sterne sah, aber irgendwann war ich dann  so müde, dass ich einschlief.

Am nächsten Morgen hörte ich, wie jemand in der Küche hantierte. Ich ging ins Bad, um mich fertig zu machen und zog mir dann eine rote Hotpants, ein schwarzes Top, darüber einen roten Blazer, schwarze Sneaker und einen roten Hund mit einem schwarzen Band, das in einer Schleife an der seite endete, an. Mein Haar flocht ich in einem Zopf zur Seite. Dazu zo ich mir noch meine weiße Ice watch, ein paar Ohrringe und einen Haufen Armbänder an. Dann ging ich in die Küche, wo Mara stand. Sie trug eine weiße Hotpants, eine hellblaue Rüschenbluse, um die si einen breiten Gürtel geschnallt hatte und weiße Vans. Ihre blonden Haar waren zu einem hohen Zopf gesteckt. "Guten Morgen!", rief sie gut gelaunt. "Morgen.", lächelte ich, dann viel mir etwas auf. Mara kochte. Mara konnte nicht kochen. "Mara du knnst nicht kochen."; sprach ich das eben gedachte aus. Sie wand sich mir zu. "Doch kann ich. Siehst du!", widersprach sie mir und fuchtlete mit einer Kelle in der Luft herum. "Mara die Pfanne brennt.", schmunzelte Issy, die sich nun auch z uns gesellt hatte. Sie trug eine helle Hotpants, in der ein blaues Top locker drinne steckte, darüber eine schwarze Lederjacke und dazu blau-schwarze Ballerinas. Ihr Haar war offen. Zurück zum eigentlichen Thema. Mara war kurz davor mein Haus nieder zubrennen. "Du willst mich doch nur in Panik versetzen!", meckerte mein liebes Cousinchen. "Mara dreh dich mal um.", meinte ich trocken und zeigte auf die Pfanne die rot und orange glühte. Wie in Zeitlupe drehte Mara sich um und fing dann wie ein tollwütiges Huhn durch die Gegend zu laufen und nach irgendwas zu suchen, was den Brand löschen konnte. Issy nahm ganz einfach einen Deckel für die Pfanne und legte ihn drauf. Mit einen Ehrlich?!-Blick sahen wir Mara an, die völlig außer Puste am Küchentisch lehnte. "Hast in Chemie wohl nicht so aufgepasst was?", brummte ich und zog eine Augenbraue hoch. "Lass mich.", zischte sie, musst dann aber doch grinsen. Grinsend schüttelte ich den Kopf. "Wie wäre es, wenn wir was beim Bäcker holen?", schlug Issy lachend vor. "Kling gut.", lachte Mara und legte die Kelle weg, die sie immer noch in der Hand hielt.

"Neu Berechnung im Gang.", kam es zum wiederholten Male aus dem Navi. "Issy! Hörst du dem Ding den gar nicht zu?!", schrie Mara meine beste Freundin an. "Nö.", meinte diese leicht hin. Ich krallte mich an der Autotür fest. "Ich glaub mir ist schlecht.", brachte ich grade noch so heraus. Ich fragte mich, wo Issy ihren verdammten Führerschein bekommen hat. Bei einem Achterbahnenhersteller oder was?! Nach einer halben Stunde dieses Horrors, hielten wir vor einem Hochhaus. "Wir sind da!", verkündete Issy und schnallte sich ab. Langsam folgten Mara und ich ihrem Beispiel und flüchteten aus dem Wagen. "Dein Fahrstil ist zum Kotzen!", zischte meine Cousine und krümmte sich. "Jetzt meckert nicht rum!", beschwerte die Angelagte sich und hievte die Kiste aus dem Kofferraum. "Nichts gegen dich, aber Mara hat recht.", meinte ich und hielt mich kurz an ihr fest, weil mir wieder schlecht wurde. Issy verdrehte nur die Augen und ging weiter. Wir torkelten ihr hinterher. Nachdem wir geklingelt hatten, erklang eine Stimme. "Wer ist da?", hörten wir. "Hier ist deine Tochter.", sagte ich leise. Ich sah meine Mutter seit gestern, in einem anderen Licht. Mehrere Sekunden passierte nichts, dann kam ein dröhnendes Geräusch, welches hieß, dass wir die Tür aufdrücken konnten. Die Wohnung meiner Mutter lag im fünften Stock und da der Fahrstuhl außer Gefecht gesetzt war, mussten wir die Treppe nehmen. Als Strafe für die schlechte Fahrerei musste meine beste Freundin die Kiste schleppen. Die Aufregung sammelte sich in meinem Magen und drohte zu explodieren. Nervös knetete ich meine Hände. Als wir im fünften Stock ankamen, stand meine Mutter schon im Türrahmen. Sie trug eine lockere hellblaue Bluse, die mit Blumen bestickt war und einfache Jeans. Ihre schwarzen Locken umspielten ihr Gesicht. Als sie Issy mit der Kiste sah, entglitten ihre Gesichtszüge für einen kurzen Moment, dann hatte sie sich aber schnell wieder gefangen und war die eiserne Geschäftsfrau, die ich kannte. "Er hat endlich den Dachboden aufgeräumt.", bemerkte sie kalt. "Nicht ganz. Wir müssen mit dir reden.", flüsterte ich. Meine Stimme klang heiser und in meinem Kopf malte ich mir alle möglichen Szenarien aus, die gleich in der Realität passieren könnten. Meine Mutter ließ uns zögernd eintreten. Issy, die mittlerweile ganz schön außer Atem war, stellte die Kiste auf einem Tisch in der Mitte des Raumes an. Die Wohnung war modern und sehr geräumig. Genauso wie meine Mutter es mochte. "Setzt euch.", meinte sie und wir nahmen alle Platz. Ich merkte, wie der traurige Blick meiner Mtter auf der Kiste war. "Mama.", holte ich sie aus ihren Gedanken. "Ja Schatz?", antwortete sie. Sie hatte mich schon lange nicht mehr Schatz genannt. Obwohl es auch schon Ewigkeiten her war, dass ich sie Mama genannt hatte.

Plötzlich schaffte ich es nicht mehr, die Worte über die Lippen zu bringen. Diese Worte, die mir das Herz gebrochen hatten. Also übernahm Mara für mich die Aufgabe. "Ihr Mann, mein Onkel, Izzy's Vater, er ist tot.", wisperte sie und sah meiner Mutter dabei direkt in die Augen. Es schien kein allzu großer Schock für sie zu sein. "Das hatte ich mir schon gedacht. Dein Vater war viel zu faul, um den Dachboden aufzuräumen.", lachte sie, doch ihre Augen glänzten verdächtig. Ich legte meine Hand auf die ihre. "Alles wir gut. Wir schaffen das. Zusammen.", munterte ich sie aus. Mit der anderen Hand wischte sie die ersten Tränen weg. "Entschuldigt mich bitte kurz.", sagte sie und satnd auf, um auf den Balkon zu gehen. Keiner von uns dreien stand auf. Wir wollten ihr etwas raum lassen. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, die meine Mutter da draußen stand. Als sie wieder kam, waren ihre Augen gerötet. Wer konnte ihr das auch verübeln? Sie hatte grade erfahren, dass ihre große Liebe tot war. Es war bereits Mittag, als sie sich zu uns setzte. Ihr Blick schweifte zur Kiste. "Weiß Deborah es?", schluchzte sie. Wir schüttelten die Köpfe. "Wieso seid ihr gekommen?", hakte sie weiter nach. Ihre Stimme klang so zerbrechlich. Sie war so zerbrechlich. Ich konnte nicht sprechen. Dieser Anblick, diese ganze Situation hatten mir die Kehle zugeschnürrt. Auch Mara schien es nicht anders zu gehen. Also ergriff Isabelle das Wort. Sie erzählte alles. "Ihr wollt Eleanor finden?", fragte meine Mutter erstaunt ich nickte. "Ich glaube, dass müsstet ihr sowieso.", flüsterte sie. Ich sah sie verwirrt an. "Wie meinst du das?", wollte ich wissen. Ich hatte miene Stimme auf einmal wieder erlangt. "Du bist nicht volljährig Schatz. Nur ich und Eleanor haben momentan das Sorgerecht. Dein Vater wollte unbedingt, dass Eleanor auch das Sorgerecht hätte, wenn er sterben würde, falls du nicht bei mir wohnen wollen würdest, wovon ich ausgehe.", erklärte sie. "Onkel hat Eleanor das Sorgerecht für Izzy gegeben?", platzte es Mara erschrocken heraus. Meine Mutter nickte stumm. "Dann weißt du, wo sie wohnt?", fragte ich. "Nein. Aber Deborah weiß es und ich weiß wo Debby wohnt. Dienstag feiern sie und Phillip irgendwas. Ich wurde eingeladen. Wenn ihr wollt, könnt ihr drei mitkommen. Eleanor wird dort sein. Du könntest sie ein wenig kennenlernen.", schlug meine Mutter vor, obwohl ich sah, dass sie viel lieber direkt all meine Sachen gepackt hätte und mich bei ihr einquattiert hätte. "Okay.", stimmte ich zu und ignoriert vorerst die geschockten Blicke von Mara und Issy.

 "Und das hier war der Firmenball! Debby und ich haben dem Chef deines Vater Rotwein auf den Kopf gekippt!", kicherte meine Mutter. Wir saßen hier und durchstöberten die Kiste. Meine MUtter sah wirklich glücklich aus, wie sie dort in Erinnerungen schwelgte und ein weiteres Mal wünschte ich mir, Vater wäre hier, um uns zu sehen. Ein kühler Winstoß durchfuhr mich und ein paar Blaääter flogen umher und bedeckten eine Zeitschrift. Nur drei Worte waren sichtbar. Ich bin da.

 

Meet & Greet

Dienstag

Ich fuhr mit meinen Händen nochmal über den dünnen Stoff meines roten Kleides. "Du siehst perfekt aus!", muterte mich meine Cousine auf und schenkte mir ein Lächeln, als sie hinter mir die Autotür zu schlug. Sie hatte leicht reden! In dem dunkelgrünen Kleid und der Perlenkette sah sie umwerfend aus! Issy trug ein violettes Kleid mit einem goldenen Gürtel. "Ihr seht alle fantastisch aus!", lachte meine Mutter. Sie trug eine enge schwarze Hose und eine blutrote Bluse. Kichernd öffneten wir das kleine Tor und gingen in Richtung der Tür.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.03.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich Mara und Issy, weil sie einfach tollig sind und all euch anderen directionern und meinen Lesern, unter anderem die aus der 1D whats app Gruppe, weil ohne euch alle hätte ich niemals ein buch weiter geschrieben, gar angefangen! Ihr seid meine Motivation

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