Cover


Iris Heerdegen
Schottland
Auf den Spuren
Von Robert Louis Stevenson






Karte des Weges, den David Balfour und Alan Breck nahmen


VORWORT

CULLODEN

DER WALD VON LETTERMORE 14.MAI 1752

DIE ENTSTEHUNG VON »ENTFÜHRT, DIE ABENTEUER DES DAVID BALFOUR«

EARRAID UND MULL

MORVERN

DER WALD VON LETTERMORE

DUROR

GLEN COE

CORRYNAKIEGH

RANNOCH MOOR

LOCH RANNOCH

VON RANNOCH NACH STIRLING

VON EDINBURGH ZUM BASS ROCK

NICHTS WIRD DIE DINGE ÄNDERN

DANKSAGUNG

BILDNACHWEISE

QUELLEN VERZEICHNIS




Vorwort

Ich weiß nicht wie alt ich war, als ich das erste Mal ein Buch von Stevenson in der Hand hielt und fasziniert davon war.
Ich glaube es war die Schatzinsel, die jedenfalls zur Pflichtlektüre in der Schule gehörte, in der ehemaligen DDR.
Natürlich habe ich auch die faszinierende Verfilmung des Stoffes im Fernsehen gesehen, im Rahmen der Adventsvierteiler, die um die Weihnachtszeit immer liefen. Diese Filme, die von 1964 bis 1983 gezeigt wurden, waren dann der Grund weitere Bücher von Stevenson zu lesen und zwar »Entführt, die Abenteuer des David Balfour« und »Catriona«.
Diese beiden Bücher faszinierten mich so, dass ich unbedingt einmal nach Schottland wollte, was zu jener Zeit ein bizarrer, ferner Traum war. Ich war eingesperrt in meinem eigenen Land und konnte nur in Büchern und Filmen dorthin gehen.
Doch dann kam die Wende und 1992 erfüllte ich mir, trotz nicht unbedingt rosiger finanzieller Verhältnisse, diesen Traum.
Als ich an frühen Morgen mit dem Bus von London kommend, Arthurs Seat in der Julisonne sah, konnte ich es kaum fassen.
Seither bin ich fast jährlich dort und habe die Orte besucht, die Stevenson in seinen Romanen beschrieb und mich mit den, in den Büchern aus der Schulbücherei, nur am Rande erwähnten historischen Hintergrund dieser Geschichte befasst.
Am Ende hat mich der Stoff so fasziniert, das ich selbst ein Buch schreiben wollte, eine Zeitreisegeschichte, die erzählt wie ein Mensch sich fühlen würde, der aus dem 20. Jahrhundert in diese verworrene Zeit vor über 200 Jahren gerät und dort auf Alan Breck Stewart, James of the Glen oder Colin Campbell trifft, die es ja wirklich gegeben hat.
Ich möchte in diesem Buch etwas über die historischen Ereignisse von damals schreiben und meine Wanderungen auf den Spuren von David Balfour und Robert Louis Stevenson.




Culloden
‚Als die Clansmänner bei Culloden unterlagen und die Pferde bis über die Fesseln in bestem Nordmannsblut wateten, da musste Ardshiel wie ein gehetztes Wild über die Berge flüchten – er, seine Frau und seine Kinder. Das war ein saures Stück Arbeit für uns bevor wir ihn endlich auf ein Schiff gebracht hatten. Und als er sich noch in der Heide versteckte, betrogen ihn die englischen Schurken, die ihm nicht ans Leder konnten, um seine Rechte. Sie raubten ihm seine Herrschaft, sie raubten ihm seine Ländereien; den Händen seiner Clansmänner entwanden sie die Waffen, die sie drei Jahrhunderte getragen hatten, ja, sie zerrten ihnen sogar die Kleider vom Leibe – und nun gilt es als Verbrechen einen Kilt zu tragen, und ein Mann wandert womöglich ins Gefängnis. Doch eines konnten sie nicht ausrotten die Liebe der Clansmänner zu ihrem Oberhaupt. ‘ »Entführt«, Robert Louis
Stevenson


Abbildung 1
Culloden Moor an einem sonnigen Frühsommertag


Stevensons Roman schickt seine Leser in die Zeit sieben Jahre nach der Niederlage der Clans auf dem Moor von Culloden. Eine Zeit der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Umbrüche. Die Helden seines Buches, wie Alan Breck Stewarts, James of the Glens und Colin Campbell hat es wirklich gegebenen. Der Mord in den sie alle drei verwickelt waren, der Rote Fuchs Colin Campbell als Mordopfer, Alan Breck und James of the Glens als Mörder und Komplize, ist bis heute ein heiß umstrittenes Thema unter Historikern und Buchautoren.
Um die geschichtlichen Hintergründe deutlich zu machen, will ich in diesem ersten Kapitel ein wenig über die Ereignisse schreiben, die zu der blutigen Niederlage der Clans auf dem Moor von Culloden geführt haben und damit einen Grundbaustein für Stevensons Buch »Entführt« legten.
Viele die Schottland lieben, sehen in den Ereignissen an jenem trüben Aprilmorgen stets den Kampf der Schotten gegen die Engländer. Sie haben da wohl Mel Gibsons Darstellung von Braveheart, William Wallace im Kopf und denken an heroisch kämpfende Männer in Kilts gegen böse Rotröcke!
Doch die Geschichte ist nicht so eindeutig, so schwarz - weiß. Diese letzte Schlacht auf britischen Boden war eine Kampfhandlung in einem Bürgerkrieg.
Zuerst ein wenig Geschichtsunterricht: Jakobiten oder Jakobiter (von engl. Jacobites, abgeleitet von James II. von England- in Latein Jacobus)wurden die englischen, schottischen und irischen Anhänger der im Exil lebenden Thronprätendenten aus dem Haus Stuart genannt (v.a. 1688–1766).
König James II. verspielte durch seine prokatholische Politik in wenigen Jahren (1685–1688) die relativ starke politische Position der Stuarts, die ihm sein Bruder Charles II. hinterlassen hatte. Gerade die anglikanisch geprägten traditionellen Eliten Englands gingen auf Distanz zur Krone. Als darüber hinaus eine katholische Thronfolge durch einen im Juni 1688 geborenen Sohn drohte, wurde Jakob II. im Rahmen der sogenannten Glorious Revolution vom englischen Thron vertrieben und durch seine Tochter Maria II. und ihren Ehemann William von Oranien ersetzt.
Die Anhänger James II., die Jakobiten, opponierten zwischen 1689 und 1760 mehrfach gegen die neue Herrschaftsordnung und die protestantische Thronfolge. Sie versuchten in den 1690er Jahren James II. selbst, später dann seinem Sohn James Francis Edward Stuart (oder James III.), die Rückkehr auf den englischen Thron zu ermöglichen. Letzterer wurde daher The Old Pretender (der alte Prätendent) genannt, er hielt sich wie sein Vater zunächst in Frankreich, ab 1719 aber in Italien auf.
Die katholischen Anhänger waren allerdings nur eine der zahlreichen Gruppierungen, die sich unter dem Banner der Stuarts sammelten. Die Mehrzahl der Jakobiten auf den britischen Inseln war sogar protestantisch. Meist war es eine Mischung aus patriotischer Einstellung (in Schottland), religiöser Überzeugung Scottish Episcopal Church und englische Non - Juror, d.h. strenggläubige Anglikaner), wirtschaftlicher Not (in Schottland bzw. Nordengland) und Loyalität gegenüber den Stuarts, die Menschen ins jakobitische Lager wechseln ließ. Um einen harten Kern ideologisch überzeugter Stuartanhänger formierten sich so Jakobiten unterschiedlichster Herkunft. Dies verlieh der jakobitischen Bewegung eine gewisse Dynamik, trug aber auch dazu bei, dass militärische Planungen und die Aufstände in den Jahren 1689, 1708, 1715, 1719 und 1745 durch interne Streitigkeiten immer wieder behindert wurden. Die heterogene Zusammensetzung erklärt somit sowohl das Überleben des Jakobitismus bis in die 1750er Jahre hinein, als auch die letztlich erfolglosen Versuche, den britischen Thron wieder zu erlangen.
Der Aufstand von 1745 war nicht spontan. Er kam aus zwei Gründen zustande: erstens durch die diplomatische Situation in Westeuropa und zweitens aufgrund der Persönlichkeit des jungen Charles Edward Stuart, Bonnie Prince Charlie. Der erste Sohn von James Francis Edward Stewart und der polnischen Prinzessin Maria Clementina Sobieski wurde 1720 in Rom geboren und sprach fließend Latein, Italienisch, Französisch, Englisch und Gälisch. Aus Frankreich kommend, hisste er am 19. August 1745, wenige Tage nach seiner Landung bei Glenfinnan, im Zeichen der Rebellion seine Standarte.
Zuerst folgten ihm nur wenigen Clans. Die meisten, unter ihnen die Mac Leods und Mac Donalds aus Skye verweigerten sich ihm wortwörtlich. Sie hielten diesen Aufstand für absoluten Irrsinn und waren nicht bereit das Leben ihrer Männer und ihren Besitz für einen jungen Mann aufs Spiel zu setzten, der nie einen Fuß in die Highlands gesetzt hatte.
Zuerst schlossen sich ihnen die Mac Donalds of Keppoch und Clanranald und die McDonnells of Glengarry an, wilde verwegene Chiefs und in den Augen der Briten nichts als Mörder und Diebe.
Das änderte sich jedoch als sich den Prinzen der wohl berühmteste Clanchief anschloss, Donald Cameron of Lochiel, ein Clanchief der die Zeichen der Zeit verstanden hatte und als sehr modern galt. Er war zuerst auch sehr skeptisch und ablehnend, doch der Prinz konnte ihn überreden.
In Appin, der Heimat der Appiner Stewarts, hatte Bonnie Charlie zuerst auch nicht den großen Erfolg. Dougal der Chief der Appiner Stewarts, wollte sich ihm nicht anschließen. Er liebte das gute, luxuriöse Leben in Edinburgh zu sehr, um das für eine fixe Idee zu riskieren.
Doch seine Untergebenen, die Lairds der verschiedenen Satelliten Familien, waren da anderer Meinung. Unter Führung von Charles Stewart of Ardshiel brachten auch sie ihre Männer unter die Fahne des Prinzen.
Mit etwa 3000 Hochländern verschiedener Clans marschierte er auf Edinburgh zu und konnte die Stadt – nicht jedoch die Burg – am 17. September 1745 ohne nennenswerten Widerstand einnehmen. Die Garnison floh überstürzt. Die zur Rückeroberung Edinburghs anrückenden Regierungstruppen unter Sir John Cope wurden von Charles' Hochländern am 21. September in der Schlacht bei Prestonpans vernichtend geschlagen.
Auch hier standen sich schon Schotten und Hochländer in feindlichen Lagern gegenüber. Unter ihnen war Allan Breck, der als Soldat bei den Rotröcken diente und nach der Schlacht, die er wohl nur mit großem Glück überlebte, die Seiten wechselte. Er hatte an diesem Tag seinem Ziehvater James of the Glen gegenüber gestanden.


Abbildung 2
Holyrood House Edinburgh


Nennenswerten Widerstand gab es danach in Schottland nicht mehr, lediglich die Festungen von Edinburgh und Stirling wurden von Regierungstruppen gehalten. Gut sechs Wochen lang residierte der Prinz sogar im Palast von Holyrood House und gab dort auch noch einen großen Ball, auf dem er, so heißt es, die Damen nur so verzaubert habe.
Doch die Kontrolle über Schottland reichte ihm nicht aus. Mit seiner auf 5000 Mann angewachsenen Hochlandarmee marschiert Charles Edward bald danach in England ein, wo er sich noch größeren Zulauf von den englischen und irischen Jakobiten erhoffte. Diese Erwartung aber wurde enttäuscht. Die englische Seite war vorsichtiger. In schnellen Aktionen wurden jedoch die Städte Lancaster und Manchester eingenommen. Im Dezember stand er schon vor Derby, nur knappe 150 km von dem völlig unvorbereiteten London entfernt. Das schnelle Vordringen der Jakobitenarmee löste bei Hof und in der ganzen Stadt Panik aus. König Georg II. wurde neben der Jakobitenarmee auch noch fälschlicherweise die Landung von 10.000 Soldaten aus Frankreich an der englischen Südküste angekündigt.
Genau zu diesem Zeitpunkt beging jedoch - so zumindest behauptet die jakobitische Mythologie - Charles den strategisch entscheidenden Fehler. Anstatt weiter auf das völlig überraschte London vorzurücken, wurde er von seinen Offizieren zum Rückzug nach Schottland gezwungen, um dort die Truppen erneut aufzubauen. Jetzt erst schickte die Regierung den Sohn König Georgs II. – William Augustus, Duke of Cumberland – hinter ihm her. Von da an war die Sache der Stuarts verloren. Die jakobitische Armee schlug in der Schlacht bei Falkirk am 17. Januar 1746 noch einmal britische Truppen unter Generalleutnant Henry Hawley, zog sich aber tatsächlich bis hinauf nach Inverness zurück.
Am 16. April 1746 wurde diese total erschöpfte, hungernde und schlecht ausgerüstete Armee von knapp 5.000 Mann vor den Toren der Stadt in der Schlacht bei Culloden vernichtend geschlagen. Ihr stand eine gut ausgerüstete, disziplinierte und trainierte Armee in Stärke von 9.000 Mann unter dem Kommando von Cumberland gegenüber. Cumberland hatte nie zuvor eine Schlacht gewonnen. Mit seiner fast doppelt so starken Übermacht aus regulärer Armee und zusätzlich ausgehobenen Truppen unter besserer und stärkerer Bewaffnung brauchte er aber nur knapp 25 Minuten, um die Clanarmee zu vernichten, und er kannte dabei keine Gnade. In England wurde Cumberland nach seinem Sieg in Culloden als großer Retter gefeiert. In Schottland schimpfte man ihn fortan nicht ohne Grund den »Schlächter«. Der Prinz entkam. Auf seiner Flucht irrte er fünf Monate lang kreuz und quer durch das Hochland und über die Inseln. Trotz und nach allem, was die Menschen des Hochlands mit ihm und durch ihn erlitten hatten und trotz der unglaublichen Belohnung von £30.000, die auf seinen Kopf ausgesetzt war, halfen sie ihm während dieser Flucht, denn sie waren dem alten Königshaus noch immer treu ergeben. Er wurde versteckt und entkam mit Hilfe der im Hochland auch heute noch als Heldin gefeierten Flora Mac Donald in Frauenkleidern. Als Zofe Betty Burke verkleidet, ruderte er zusammen mit Flora in einer höchst abenteuerlichen Fahrt über das Meer zu der Insel Skye.
Am 20. September 1746 schaffte Bonnie Prince Charlie es endlich, sich heimlich im Gebiet von Moidart, wo seine Expedition etwas über ein Jahr zuvor begonnen hatte, einzuschiffen und nach Frankreich zu segeln. Die Menschen, die ihm geholfen hatten und an ihn glaubten, ließ er zurück – um sie »kümmerten« sich, in berüchtigt brutaler Manier, Cumberland und die Regierungsarmee. Charles Edward Stuart ging zurück auf den Kontinent und irrte die nächsten 15 Jahre kreuz und quer durch Europa. Zwar bemühte er sich an zahlreichen Höfen, weitere Unterstützung für die jakobitische Sache zu erhalten, aber sein zunehmender Alkoholismus und die gefestigte Position Großbritanniens auf den Weltmeeren (ab spätestens 1760) erschwerten jede diplomatische Initiative und ließen auch die Anzahl der eigenen Anhänger deutlich schrumpfen.
Die britische Regierung reagierte auf den Aufstand von 1745 sehr entschieden und mit drakonischen Maßnahmen. Über das bereits in den 1730er Jahren ausgebaute Wege- und Straßennetz wurden Truppen ins Hochland gebracht und dort an strategisch wichtigen Punkten in Festungen postiert.
Die am Aufstand beteiligten Clanchiefs und oft auch die Clanmitglieder mussten ins Ausland fliehen oder wurden nach Schauprozessen hingerichtet. Im Disarming Act von 1747 wurde den Hochländern das Tragen von Waffen und ihrer traditionellen Hochlandkleidung verboten. Ein Großteil des alten gälischen Kulturgutes versiegte für immer. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur im Hochland wurde drastisch geändert. Was blieb, war aber die romantische Erinnerung an den letzten Stuart – Bonnie Prince Charlie.


Abbildung 3
Gedenkstein, der an die toten Männer aus Appin erinnert




Der Wald von Lettermore 14.Mai 1752
‚Aber eben als er sich umdrehte, krachte von weiter oberhalb ein Schuss und mit seinem Knallen stürzte Glenure zu Boden.
»Oh, ich sterbe!«, rief er mehrmals hintereinander.‘ »Entführt« Robert Louis Stevenson.
Und das geschah, laut der Gerichtsakten des Prozesses gegen James Stewart, wirklich an diesem 14. Mai 1752, gegen fünf Uhr abends.
Es war ein friedlicher Frühsommertag. Eine Gruppe Männer war in einem Waldstück am südlichen Ufer des Loch Linnhe unterwegs, der sich hier zum Loch Leven hin verengte. Sie waren zu viert, drei von ihnen zu Pferde, der vierte zu Fuß.


Abbildung 4
Waldgebiet in der Nähe von Ballachulish


Sie hatten gerade mit einer Fähre, einem kleinen Ruderboot, die Meerenge nahe bei dem Ort Ballachulish überquert. Der Fährmann Archibald Mac Innes hatte sie herüber gebracht und zweimal hin und zurück rudern müssen, um zuerst die Pferde und dann die Männer herüber zu bringen. Eine nicht ungefährliche Angelegenheit, denn die Meerenge war durch ihre Gezeitenströmung tückisch. Doch Mac Innes, der einäugige Fährmann beherrschte sein Handwerk, genauso wie man ihm das zweite Gesicht nachsagte.
So verwunderte es keinen der Mitreisenden, als er einen gut gekleideten Mann, der um die vierzig sein mochte und dessen rotes Haar in der Sonne auffällig leuchtete, beiseite nahm und mit ihm sprach.
»Nehmt nicht den Weg durch den Wald von Lettermore Glenure, geht einen anderen über Laroch. Es wäre besser für Euch und Eure Gesundheit!«, warnte der Fährmann.
Doch Colin Campbell of Glenure winkte ab. Seit er sich auf dem Südufer befand, fühlte er sich sicher, war er heraus aus dem Land seiner Mutter, die eine Cameron war. Den ganzen Weg von Fort William nach Callert hatte er das Gefühl gehabt, als ob ein Gewehrlauf auf seinen Rücken gerichtet sei und der kalte Schweiß war ihm ausgebrochen vor Angst. Auch war ihm nicht verborgen geblieben, dass sein treuer Diener der achtzehnjährige John Mackenzie sich immer wieder zwischen ihn und das Gebüsch am Wegesrand gebracht hatte, um ihn vor den tödlichen Schüssen zu bewahren.
Colin Campbell war der Königliche Verwalter, des nach dem Jakobitenaufstand 1745/46 an die Krone gefallenen Besitzes der Camerons in Mamore und Callert und dem von Charles Stewart of Ardshiel in Appin, einem der Rädelsführer. Er wurde von den Leuten üblicherweise Cailin Ruaidh genannt, der rote Colin, wegen seines Haares.
Seine Aufgabe war das einsammeln der Pachten und die alljährliche Neuaufteilung des Pachtlandes, das oft genug die Vertreibung der vorherigen Pächter zur Folge hatte, was aber keineswegs unüblich war.
In Appin, dem Gebiet das einst Charles Stewart gehörte war das bisher gut gegangen, aber in Mamore standen ihm die Leute offen feindlich gegenüber, so dass er schon darüber nachgedacht hatte, dem Vorschlag des Kommandanten von Fort William zu folgen, der ihm eine Eskorte Soldaten zum Schutz angeboten hatte.
Doch Colin verlegte sich lieber darauf, Recht und Gesetz seiner Majestät König Georg II. mit legalen Mitteln durchzusetzen, deshalb begleitet ihn auch sein Neffe Mungo Campbell, ein junger Rechtsanwalt aus Edinburgh und ein Vertreter des Sheriffs, Donald Kennedy.
Dennoch war das ganze Gebiet in Aufruhr, denn die Tatsache, dass Glenure begonnen hatte Stewart Besitz an Freunde und Familienangehörige zu verpachten, sorgte für böses Blut. Es waren einige Vertreibungen geplant in Appin und die Betroffenen sahen das als eine Willkürmaßnahme an. Ärger und Wut machten sich breit. Es war nicht gut gelaufen in Callert und Mamore, aber die Konfrontation mit den nächsten Pächtern war erst in 24 Stunden fällig.
Als der kleine Trupp am Ufer des Loch Linnhe entlang ging, trafen sie einen älteren Herrn, der Colin Campbell freundlich grüßte. Es war der alte Laird von Ballachulish, Alexander Stewart, eine Veteran, der bereits während zweier Stuart Rebellionen gekämpft hatte. Etwas, was ihn aber nicht davon abhielt Colin Campbell freundlich zu begrüßen und diesen, ein Gespräch mit dem Laird anzufangen. Glenure war von Pferd abgestiegen, während die anderen voraus ritten, um ihn Ruhe und respektvoll mit Alexander Stewart zu plaudern, wobei sie beide allerdings vermieden, die bevorstehenden Enteignungen in Appin zu erwähnen. Der alte Herr begleitete sie ein Stück den schmalen Reitweg entlang, bis dieser in den Wald von Lettermore mündete.
Donald Kennedy, der ebenfalls zu Fuß ging, hatte wegen der Wärme des Tages seinen Mantel ausgezogen und ihn dem jungen Mackenzie gegeben, der ihn über den Sattel von Glenures Pferd gehängt hatte.
Schließlich bemerkte Alexander Stewart, dass er zu Boden gefallen war und er machte den Diener darauf aufmerksam, der nun zurücklief, um ihn wieder aufzusammeln.
Colin Campbell verabschiedete sich schließlich freundlich von dem alten Herrn, als der Weg beschwerlicher wurde.
Als der kleine Trupp nun dem Wald von Lettermore erreichte, waren sie weit auseinander gezogen. Zuerst ritt nun Kennedy, dann Glenure und sein Neffe Mungo und der junge Mackenzie war etwas zurück gefallen.
Keiner dachte im Geringsten, dass hier irgendeine Gefahr lauern konnte. Die Sonne schien, in den Bäumen und Büschen des Waldes lärmten die Vögel. Man konnte den blau schimmernden Spiegel der Meeresbucht unter ihnen durch das Grün schimmern sehen.
Über ihnen, in den klaren Frühsommer Himmel reckten sich die Zwillingsgipfel den Ben a Bhethir. Zwischen den Büschen am Wegesrand blühten verschwenderisch Hasenglocken und wilde Primeln und der Farn begann seine Blätter auszurollen.
Schwer zu sagen, ob Colin Campbell oder sein Neffe das alles wirklich sahen. Sie ritten nebeneinander und unterhielten sich angespannt, was sie wohl erwarten würde am kommenden Tag. Vielleicht trifteten ihre Gedanken auch schon voraus zum Gasthof in Kentallen, wo ein gutes Abendbrot und ein kräftiger Schluck auf sie wartete.
Doch schließlich wurde der Weg schwieriger und enger, schraubte sich weiter den Hügel hinauf, über ihnen ein steiler felsiger Überhang voller Büsche und Bäume, die sich vom Wind zerzaust hier festklammerten.
Mungo Campbell ritt nun voraus und sein Onkel folgte ihm in etwas größerem Abstand.


Abbildung 5
Blick von der Stelle wo der Mörder saß


Plötzlich zerriss der Knall eines Schusses den friedlichen Klang des Frühsommerabends. Glenure sackte im Sattel zusammen.
»Oh, ich bin tot... er wird Euch auch erschießen, passt auf Euch auf...«, oder ähnliche Worte rief er aus.
Mungo Campbell riss sein Pferd herum und eilte zu seinem Onkel, um ihm aus dem Sattel zu helfen.
Nur ein Schuss war gefallen, doch der Königliche Verwalter blutete aus zwei Wunden. Die Kugeln waren in seinen Rücken eingedrungen und am Bauch wider ausgetreten.
Immer wieder verlor Colin Campbell das Bewusstsein und sein von tödlicher Furcht erfasster Neffe konnte ihm nicht helfen.
Auch die anderen Weggenossen kamen zu ihnen geeilt, sich duckend, da sie weiter Schüsse erwarteten. Doch nichts geschah.
Schließlich schickte der junge Anwalt Glenures Diener John Mackenzie mit ihrem besten Pferd in Richtung Kentallen, um Hilfe zu holen.
Sie waren alle unter Schock, was am Ende auch zu der widersprüchlichen Aussage Mungos führte, er hätte einen Mann am Berghang gesehen, in dunkler Kleidung, eine Waffe in der Hand. Allerdings sei dieser zu weit weg gewesen, um als Schütze in Frage zu kommen. Außerdem konnte er sich nicht erinnern, zu welchem Zeitpunkt er den Hang ein Stück hinaufgelaufen war, bevor der seinem Onkel vom Pferd geholfen hatte oder danach. Weder Kennedy noch Mackenzie hatten irgendetwas oder irgendjemanden gesehen.
Die Stelle im Wald von Lettermore war ein idealer Hinterhalt, der dem Schützen alle Vorzüge für einen perfekten Schuss geliefert hatte. Genug Deckung, einen sicheren Halt beim Schuss und einen schnellen, von keinem bemerkten Rückzug nach der Tat.
Sicher waren die Verschwörer dieses Mordkomplottes nicht darauf vorbereitete, was dieser Schuss an einem sonnigen Abend, gegen halb fünf Uhr abends, an einem einsamen Berghang in Appin auslösen würde.
Was als ein simpler Racheakt unter Clans begann, versetzte eine ganze Nation in Schock.
Der König brach seinen Urlaub ab, weil man das Ganze als Signal zu einem weiteren Aufstand der Jakobiten sah. Einer der größten Menschenjagden in der Geschichte Großbritanniens wurde ausgerufen und ein Kriminalfall geboren, den selbst Agatha Christie oder Arthur Canon Doyle nicht hätten erfinden können.
Bis zum heutigen Tage streiten sich Experten und Hobbyhistoriker darum, wer den fatalen Schuss abgefeuert hat.
Es geht das Gerücht, das die führenden Köpfe der Stewarts of Appin den Namen von Generation zu Generation weiterreichen. Doch keiner hat dieses Geheimnis je preisgegeben.


Die Entstehung von »Entführt, die Abenteuer des David Balfour«


‚Dies ist kein Band für eine Gelehrtenbibliothek, sondern eine Buch für Winterabende im Schulzimmer, wenn die Aufgaben gemacht sind und die Schlafenszeit näher rückt; und der aufrichtige Alan, der seinerzeit ein grimmiger Raufbold war, hegt in dieser neuen Gestalt keine üblere Absicht als solche, die Aufmerksamkeit eines jungen Herren von seinem Ovid abzuziehen, ihn auf eine Weile ins Hochland und in das vergangene Jahrhundert zu entführen, um ihn dann mit reizvollen Vorstellungen, die Eingang in seinen Träume finden, ins Bett zu schicken.‘ » Entführt«, Robert Louis Stevenson.


Abbildung 6
Robert Louis Stevenson


Die Inspiration zu einem Roman, kommt nicht immer wie ein Blitz aus heiterem Himmel, oftmals muss eine Idee wachsen, vertieft man sich in einen Stoff und findet heraus, dass sich daraus eine gute Geschichte spinnen lässt.
Zu den Zeiten in denen Stevenson lebte, fand sich so etwas in Bibliotheken, oftmals auch auf der Straße oder in den Pubs von Edinburgh, oder gar an noch verruchteren Orten, in denen sich der Schriftsteller aufhielt, während er in Edinburgh studierte. Die Inspiration für Catriona, die große Liebe David Balfours in der Fortsetzung von Entführt war zum Beispiel eine junge Prostituierte, die Stevenson kannte.
Heutzutage bekommt man seine Informationen eher im Internet, was eine reichhaltige Fundgrube sein kann, besonders wenn man über Themen schreiben will, dessen Quellen man nicht unbedingt in der örtlichen Bibliothek findet. Ich bin da auch auf einiges gestoßen, das mir viel geholfen hat, doch auch der Zufall spielte eine Rolle. So sicher auch bei Robert Louis Stevenson.
Als Stevenson 1880 aus den Vereinigten Staaten zurückkam, wollte er ein Buch über die Geschichte der Highlands schreiben, eher ein wissenschaftliches Werk, als einen Roman. Das war nicht nur ein Projekt, das ihn als seriösen Schriftsteller etablieren sollte, sondern es würde ihm auch die Gelegenheit geben in ein Gebiet Schottlands zu kommen, das ihn schon immer fasziniert hatte. Es würde ihm auch die finanzielle Unabhängigkeit geben, die er brauchte, um nicht weiter von seinem Vater abhängig zu sein. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt für eine Professur für Geschichte und Staatsrecht beworben. Aber er wurde nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
Er war mit seinem Vater im Norden unterwegs, die »Geschichte der Highlands« immer im Hinterkopf. Auf dem Heimweg hielten sie in Inverness an, wo Thomas Stevenson seinem Sohn die Kopie eines Gerichtsprozesses, aus der Zeit kurz nach den Aufstand der Jakobiten im Jahr 1745/46 kaufte. Das schien für ihn exakt das Buch zu sein, welches sein Sohn brauchte, um über die Geschichte der Highlands zu schreiben.
Das unscheinbare, kleine Buch, das Stevenson nun in der Hand hielt, war betitelt »Der Prozess gegen James Stewart«. Der Schriftsatz auf dem braunen Lederrücken war altmodisch gesetzt, mit verschnörkelten Goldgefassten Buchstaben.
Auf der Titelseite las Stevenson folgendes:
Der Prozess gegen James Stewart aus Aucharn in Duror, Appin, wegen des Mordes an Colin Campbell of Glenure, Esquire; Verwalter seiner Majestät für den beschlagnahmten Besitz von Ardshiel; vor dem Gerichtshof , gehalten in Inveraray am Donnerstag, den 21, Freitag, den 22, Samstag, den 23 und Montag, den 25 September, von seiner Hoheit, den Duke of Argyll, Lord General Staatsanwalt und den Lords Elchies und Kilkerran, Justitzministerium.
Das Wort »Prozess« stand in Großbuchstaben auf einer Linie allein und auch »James Stewart«, nur in schräg gestellt. Der Buchstabe »s« sah wie ein »f« aus und am Ende der Seite stand in kleinen Buchstaben: »Edinburgh, gedruckt für G. Hamilton und J. Balfour, 1753«.
Auf der Vorderseite war eine gefaltete Karte und als er sie öffnete, machte Stevensons Herz einen Satz. Er liebte Karten! Seit seiner Kindheit hatte er immer wieder selbst Karten gezeichnet, Abenteuer darum herum erfunden, seltsamen Namen und teilweise Skizzen von den Plätzen und Szenen. Nun war hier eine Karte, die all das ebenfalls enthielt und seine Phantasie begann sofort zu arbeiten.
Die Karte zeigte Berggebiete, Bäche, Flüsse, einen großen Meeresarm und kleinere Seen. Orte waren markierte, mit exotisch klingenden hochländischen Namen versehen, wie Ballachulish und Corrynakeich, Carnoch, Auchindarrach und Aucharn. Diese waren alle eng und kleingedruckt, aber was noch aufregender war, die Karte war überschrieben mit Tinte, in einer kleinen engen, gut leserlichen Handschrift. Manchmal war die Schrift recht verschnörkelt und Stevenson bemerkte, dass bei der Konzentration auf das saubere Schreiben, die richtige Schreibweise Schaden nahm. Besonders der Name Appin litt darunter. Appin war klar der Name des Gebietes, aber wie nun, Appin oder Appine, fragte sich der Autor. Er fand beide Schreibweisen auf der Karte.
In der oberen Ecke sagte deutlich einen Notiz, Eine Karte des Landes Appine und seiner Nachbarschaft für den Prozess gegen James Stewart’.
An der gegenüberliegenden linken oberen Seite waren sechs Zahlen, vertikal geschrieben und Notizen hinter jeder.
Hinter der Nummer eins stand: Das Haus James Stewarts, des Angeklagten oder Gefangenen.’
Stevenson las die Aufzählung weiter: , Der Platz an dem man Glenure erm.’, war da unter Nummer vier zu lesen, das letzte Wort war abgekürzt aus Platzmangel. Dann bei Nummer sechs: ,Der Platz an dem sich Breck Stewart verst. nach dem Mord’ erneut zusammengedrängt und gekürzt, weil die Notiz Gefahr lief in den Loch Leven zu fließen.
Stevenson war wie in Trance. Wer war der arme Colin Campbell of Glenure wirklich, der ermordete Mann? Wie war er als Person? Und James Stewart, der Angeklagte oder Gefangene? War er unschuldig oder bis über beide Ohren verstrickt in der Mittäterschaft? Klar war, dass er nicht den Schuss abfeuerte. Und Breck Stewart musste sicher Allan Breck sein? Als Stevenson durch das Buch blätterte, begann er für sich selbst die Charaktere ins Leben zu rufen und die Geschehnisse in Farbe und Ton zu sehen.
Hier lag die ganze offizielle Akte des Prozesses vor ihm. Die Anklagepunkte, die Zeugenaussagen, und auch die 102 Namen der Zeugen für den Angeklagten. Die Ansprachen der Anklage und der Verteidigung, die Urteilsverkündung, James Stewarts Reaktion darauf und auch seine Vergebung für die, die falsch gegen ihn aussagten. Einfach Alles! Als er las, konnte Stevenson förmlich ihre Stimmen hören – und das Geräusch von James Körper, der am Galgen baumelte.
Jahre später, in einem Brief an des Essayisten und Kunst Kritiker Sir Sidney Colvin, als darum ging die Schreibweise von Simon Fraser, dem Untersuchungsrichter der Krone zu klären, schrieb Stevenson: Ich stimme ihnen zu in Bezug auf Simon. Aber es ist Symon, in dem kleinen gesegneten Buch das mir mein Vater in Inverness im Jahre 81 kaufte, dieses Prozess gegen James Stewart, mit den Jakobitischen Pamphlets und der letzten Ansprache des Verurteilten im Anhang – aus dem sich die ganze Geschichte um Davie heraus entwickelt hat und der ich aus einem Gefühl der Loyalität folgen muss. Ich wünschte mir wirklich, ich hätte es in Samt und Gold gebunden....., und das Beste daran ist, dass der Name von David Balfour nirgendwo darin zu finden ist: es ist schon ein wirklich seltsames Sache, die Geburt eines Romans....
Stevensons Mutter hatte da eine andere Geschichte über die Entstehung von »Entführt« zu erzählen, doch Fakt ist, das »Der Prozess gegen James Stewart« einen gewaltigen Eindruck auf Robert Louis Stevenson gemacht hatte.
David Balfour aber, der Name seines Helden in »Entführt«, kam von ihr. Er war der Sohn eines Pfarrhauses, dessen Zuhause tief in den Hügeln der Borders, der Grenzregion zu England lag, eine Herkunft, die ihn nicht wirklich auf die kommenden Abenteuer vorbereitete.
Wie andere Schriftsteller vor ihm, arbeitet Stevenson mit dem Trick, Unschuldige in seltsame, aussichtslose Situationen zu bringen, in die Rolle des kindlichen Erzählers zu schlüpfen und mit seinen Lesern die beängstigenden Erfahrungen zu teilen.
Stevenson nahm den Namen Balfour von seiner Mutter, es war ihr Mädchennahme. Auch sie war eine Pfarrerstochter und vielleicht sein größter Verehrer.
Aber mit dem Buch über den Prozess gegen James Stewart in der Hand, setzte sich Stevenson nicht sofort an den Schreibtisch und begann zu schreiben. Situationen, Bilder und Charaktere flüsterten unbewusst über Jahre zu ihm und der Schriftstelle in ihm speicherte sie, um es modern auszudrücken. Gespeicherte Gedanken, die vielleicht einmal den Weg auf ein Blatt Papier finden würden.
Stevenson hatte Recht studiert, aber war nie selbst vor Gericht aufgetreten, doch sein Studium ließ ihn den Prozess gegen James Stewart aus einem anderen Blickwinkel sehen, aus dem des Anwaltes. Die beschämende Behandlung James machte ihn betroffen und wütend. Vom Moment an, an dem er verhaftet wurde, wurde ihm von den Verantwortlichen alles verweigert, der Zugang zu einer legalen Verteidigung genauso, wie zu seiner Familie. Etwas, was nicht einmal im 18. Jahrhundert üblich war.


Abbildung 7
Kidnapped Ausgabe von 1920


Clan Revanche und die Rachsucht der Regierung verletzten Stevensons Sinn für Gerechtigkeit zu tiefst. Das Hängen von James Stewart, dem stimmte Stevenson zu, hatte reichlich wenig mit Gerechtigkeit zu tun, obwohl der Gerichtsprozess im Namen der Gerechtigkeit geführt worden war. In der Einleitung von »Entführt« machte Stevenson auch klar, dass er an die Unschuld Allan Brecks glaubte.
Selbst zu Stevensons Zeiten gab es noch heiße Diskussionen über den Fall. Das Hängen von James Stewart, wurde von der einen Seite als Missbrauch des Rechts gesehen, als Justizmord. Die Gegenpartei meinte, dass er es als Jakobit nicht anders verdient hätte.
Wer den mysteriösen Schuss abfeuerte, erhitzte die Gemüter noch immer, Clanoberhäupter diskutierten darüber, Historiker und einfache Leute fielen ein, Artikel und Briefe häuften sich.
1881 hatte die Idee »Entführt« zu schreiben allmählich Gestalt angenommen und Stevenson bereiste 1882 mit seinem Vater erneut die Highlands, um vor Ort in Appin die Plätze zu besuchen, die in dem Buch über den Prozess erwähnt worden.
Von Anfang an wollte Stevenson einen Roman schreiben, der nicht nur geografisch gesehen korrekt war, sonder einen raren Einblick in die Situation in den Highlands, sechs Jahre nach der Niederlage der Clans in Culloden geben sollte.
Auch wenn seine Fiktion hier und da einmal die Überhand gewinnt, um die Geschichte vorwärts zu bringen, ist sie doch historisch akkurat, bis auf die Tatsache, dass Stevenson sie ein Jahr vordatiert und alles schon 1751 geschehen lässt.


Earraid und Mull
Das Riff, auf das wir aufgelaufen waren, lag nahe der Südwestspitze von Mull, unweit der kleinen Insel Earraid, die jetzt flach und schwarz an der Backbordseite auftauchte. »Entführt«, Robert Louis Stevenson
Stevenson lässt seinen Helden an der Südspitze Mulls, dem sogenannten Ross of Mull stranden und auch ich beginne hier meine Reise auf seinen Spuren.
1992, bei meiner ersten Tour nach Schottland bin ich bei einem Tagesausflug in Richtung Oban und Mull, nur bis Pennyghael gekommen und das nur unter großen Schwierigkeiten. Von Mull habe ich nicht viel gesehen, denn es goss wie aus Kannen. Die Wolken hingen auf den Bergen und Ben More konnte man nicht einmal erahnen.


Abbildung 8
während meines ersten Besuches auf Mull 1992. Die Wolken hängen tief


Ein Jahr später war ich auch nicht viel erfolgreicher, das Wetter war genauso schlecht und wir kamen bei einem kleinen Bootsausflug nur bis Duart Castle, dem Sitz der Macleans, wo wir dem jetzigen Besitzer über den Weg liefen, der einfach mal so mit seinem Ruderboot herumgondelte und dann in den Tea - Room kam. Ich erkannte ihn da allerdings nicht sofort, sondern erst, als wir das Schloss, in dem Sean Connery »Verhängnisvolle Falle« Jahre später drehte, besichtigten und ich dort die Familienfotos sah.
Erst im Oktober 2004 lernte ich Mull richtig kennen und lieben.
Fast eine ganze Woche verbrachte ich auf Iona, als Startpunkt für meine Expedition auf Robert Louis Stevensons Spuren.
An einem etwas trübseligen Herbsttag, machte ich mich dann zu Fuß auf den Weg von Fionnphort zum Sound of Earraid.
Ich hatte schon immer Probleme Karten zu lesen oder besser die Entfernungen richtig zu deuten und so erschien mir der Weg unendlich lang, zumal ich etwas gehandicapt war. Ich hatte mir das Knie angeschlagen, als ich am Fähranleger in Fionnphort, etwas unsanft aus dem Bus gefallen war. Eine äußerst peinliche Angelegenheit, bei der ich um ein Haar in den Hummerkörben am Pier gelandet wäre.
Ich hatte Earraid ja schon von Iona aus gesehen, doch in Fidden angelangt, einer Farm und einem Campingplatz, sah ich zum ersten Mal die Insel näher und wunderte mich damals über die Gebäude darauf. Erst später erfuhr ich, dass dies die ehemaligen Häuser der Leuchtturmwärter Familien waren und jetzt der Findhorn Community gehörten.
Earraid ist zwar von hier zum greifen nah, aber nicht einmal bei Ebbe kommt man hinüber.
Der Sound of Earraid, den David Balfour nach qualvollen Tagen in Regen und Kälte und halbverhungert, dann endlich überqueren konnte, lag noch ein ganzes Stück Wegs entfernt. Erst hinter der Farm Knockvologan kommt man auf einem kleinen Weg dorthin.


Abbildung 9
Sound of Earraid bei Ebbe


Ich hatte Glück und es war gerade Ebbe. Fasziniert stand ich auf dem Sandstreifen, der Mull von der Insel trennte. Rechter Hand konnte ich Wasser sehen und auch linker Hand in der Ferne. Lediglich ein schmales Rinnsal trennte mich von Earraid, dass ich schließlich betrat. Allerdings wagte ich mir nicht sehr lange zu bleiben oder mich umzusehen, da ich fürchtete von der Flut überrascht zu werden.
Auf dem Rückweg, lief ich dann noch einem Mann über den Weg, der in Richtung Earraid ging und der mich auf die Seehunde aufmerksam machte, die uns im flachen Wasser musterten.
Ich beobachtete sie eine Weile, dann sah ich mich um, krampfhaft überlegend, wo ich die Helden meines Romans, Andrea Schwarz und Neil Sutherland mit ihrem kleinen Flugzeug landen lassen konnte.
Der Sound of Earraid war natürlich bei Ebbe ideal, doch ich fand ein Stück weiter eine bessere Stelle. Eine kleine Bucht mit einem Sandstrand, der jeder Karibischen Insel trotzen konnte, eine sanfte Düne darüber und ein kleines Tal mit einem Bach.


Abbildung 10
Blick von einer Anhöhe auf Earraid und Iona


Das war nun mein erster Eindruck von Earraid und Mull, besonders nach dem ich querfeldein gewandert war und feststellen musste, das wohl David Balfour, als auch meine Heldin, ziemliche Probleme mit dem unebenen Gelände hier gehabt haben mussten. Das Ross of Mull ist relativ flach, ein paar Hügel, vor allen Dingen aus Granit, ein wahrer Steingarten aus Eiszeithinterlassenschaften und Moor. Dazwischen ducken sich Bäume, die mehr Büschen ähneln. Selbst Eichen und Birken haben den Wuchs von verkrüppelten Bonsai- Bäumen und die Heide ist völlig flach, vom Wind und den wilden Atlantikstürmen zu Boden gedrückt. Ich selbst hatte zu dem Zeitpunkt noch keinen Sturm erlebt, erst drei Jahre später sammelte ich meine Erfahrungen damit auf Berneray im Juni 2007.
Jene, die versuchen Künstler zu sein, nutzen von Zeit zu Zeit den Inhalt ihres Gedächtnisses, errichten und verändern kleine bunte Erinnerungen an Menschen und Szenarien, takeln (möglicherweise) gute Freunde zu Seeräubern auf, und verfügen Armeen zum Manöver, oder Morde die verübt werden, auf den Spielplatz ihrer Jugend. Erinnerungen sind ein erstaunliches Geschenk, das sich durch vieles Benutzen nicht erschöpft. Nach einem Dutzend Anwendungen in verschiedenen Geschichten, strahlen die kleinen sonnenbeschienenen Bilder der Vergangenheit, erscheinen sie vor dem inneren Auge nicht ein Stückchen entstellt, nicht um eine Schattierung beeinträchtigt. »Glück und Unglück wird Gesang«, wie Goethe es so schön sagte. Selbst nach endlosen Offenbarungen, bleibt das Original, wie es ist.
So dass ein Schriftsteller, sich manchmal wundert über die Unzerstörbarkeit dieser Eindrücke, manchmal sogar denkt, dass er sie schlechter macht wenn er sie mit Fiktion verwebt. Und wenn er zurückblickt auf sie, in wachsender Güte, um sie zuletzt als handfeste, strahlende Juwelen zu sehen.
Ein oder zwei von diesen schönen Erscheinungen hab ich ersonnen. Ich habe sie hin und wieder benutzt; ein kleines, verstecktes Eiland, Flusssand, wo ich einst tief in Dotterblumen watete, erfreut die Melodie des Flusses hörte auf beiden Seiten und mir vorstellte auf einer Insel zu sein. Zwei meiner Figuren lagen da, lauschten den Schnittern bei der Arbeit auf den Feldern ringsherum und dem Rollen der Trommeln von der alten grauen Garnison auf den Hügel nebenan. Das war gut gemacht denke ich, der Platz war gut bevölkert und gehörte nun nicht nur mir, sondern auch meinen Figuren zuletzt, für eine Weile. Zwischenzeitlich sind die Figuren verwischt, und die Originalerinnerung ist klar wie immer. Und wenn ich im Bett liege und sehe das sandige kleine Eiland im Allan Water, wie es wirklich ist und das Kind (das ich einst war) durch die Butterblumen waten und bin erstaunt über die Klarheit und jungfräuliche Frische dieser Erinnerung. Juckt es mir unter den Fingern von Zeit zu Zeit, es in etwas Künstlerisches hineinzuweben.
Da gibt eine andere Insel in meiner Sammlung von Erinnerungen, die mich überwältigt. Ich habe eine ganze Familie dort einquartiert in einer meiner Erzählungen und später habe ich einen anderen Helden an diesen Ufern stranden lassen und zu einigen Tagen im kalten Regen und mit Muscheln an seinen umspülten Steinen verurteilt. Die Tinte ist noch nicht einmal richtig trocken, der Klang der Sätze noch in meinem Ohr und wie unter Zwang muss ich von dieser Insel erneut schreiben.
Die kleine Insel Earraid liegt nahe an der Südwestspitze des Ross of Mull. Der Sound of Iona an einer Seite, wo man gegenüber die Insel und die Kirche des Heiligen Columba sehen kann und auf der anderen die offenen See, von wo aus man an einem klaren Tag das Meer sich brechen sehen kann, an den vielen versunkenen Felsen draußen auf dem offenen Meer.
Ich sah, oder besser kann mich erinnern sie zum ersten Mal gesehen zu haben, von einem Bullauge einer Schiffskabine eingerahmt. Die See rollte sanft an ihre Ufer, wie das Wasser eines Sees; die Farben, das klare Licht des frühen Morgens, ließen deutlich die heidebedeckten Hügel erkennen.
Da stand ein Haus in diesen Tagen, ein einzelnes einfaches Haus, aus unverputzten Steinen, in der Nähe eines Piers aus Treibholz.
Es muss sehr früh gewesen sein, denn es war Sommer und auf diesem Längengrad, wurde es selten dunkel. Doch gerade um diese Zeit, stieg der Geruch von Torfrauch auf und trieb über die Bucht auf mich zu und das barfüßige Mädchen des Pächters, watete neben den Pier ins Wasser.
Am selben Tag, besuchten wir die Küste der Insel, ruderten tief ins »Fiddlers« Hole hinein, das donnerte, als wir es verließen und besetzten alle zur Verfügung stehenden Unterkünfte, verteilt am nördlichen Meeresarm, als Schauplatz für die zukünftigen Aufgaben hier. Denn es war kein Zufall, der den Leuchtturm Dampfer zum Anker lassen gebracht hatte, in der Bucht von Earraid.
Fünfzehn Meilen draußen auf der offenen See, stand ein schwarzer Felsen, der Außenposten des Torran Riffs. Hier sollte ein Turm gebaut werden, und ein Stern entzündet, um die Seeleute sicher zu führen. Aber da der Felsen, sehr schmal war, schwer zu erreichen und weit weg von Land, würde es eine Arbeit von Jahren sein und mein Vater war auf der Suche nach einer Landstation, wo die Steine gebrochen und bearbeitet werden konnten, die Männer mit einer gewissen Sicherheit leben…
Die Leuchtturm Siedlung veränderte die Insel nur innerhalb ihrer Umzäunung, aber über dem Gipfel des ersten Hügels, war nichts als jungfräuliche Wildnis. Hier gab es kein lebendes Wesen, bis auf die Napfschnecken auf den Felsen und dem einen oder anderen, alten, grauen, regenertränkte Widder, der aus den Farnen schoss zischen den Felsbrocken oder den jagenden, schreienden Möwen. Die Insel war älter als die Menschheit, und so wie sie war, fanden sie die Kelten die zuerst hier landeten, die Seefahrenden Nordmänner und Columbas Mönche. Der erdige Geruch der Moorpflanzen, die raue Unordnung der Felsbrocken, die einzigartige Klarheit der Luft, das Salz und das Jod darin, die Wellen, die sich zwischen den von Tang überwuchernden Felsen schaukelten, die die plötzlichen aufspritzende Brandung an der Seeseite der Insel, alles was ich sah und fühlte, mussten auch mein Vorgänger unverändert hier gesehen haben. Wenn ich nach draußen ging, ging ich zugleich in die Vergangenheit.
Reizvoll würde es sein für mich in Ucht Ailium
Auf der Spitze des Felsens,
Das ich oft die See sehen werde
Das Gesicht des Ozeans,
Das ich die Lieder der wundervollen Vögel hören werde,
eine Quelle der Freude,
Dass ich das Donnern hören möge der mächtigen Wellen,
über den Felsen,
beim Arbeiten ohne Zwang –
Das würde reizvoll sein,
während der Zeit, die Algen von den Felsen zu lesen,
während der Zeit des Fischens.
Über die Nachbarinsel Iona sang es so Columba selbst, zwölfhundert Jahre zuvor. Und auch ich würde es von Earraid singen.


Das schrieb Stevenson über seine Erinnerungen an Earraid und wie er sie als Schriftsteller in seinen Geschichten verwendete. So habe auch ich meine Erinnerungen an Earraid und Mull verwendet. Denn auch noch heute ist es so. Einen Schritt weit entfernt von der Zivilisation, umgeben von wilden Bergen, den Elementen ausgesetzt, ist man in der Vergangenheit.
Meine Rückkehr zu Stevensons Insel 2010, sollte mir noch einige Erfahrungen der besonderen Art liefern.
Als ich in Deutschland aufbrach war das Wetter schottischer als in Schottland und zum Glück empfing mich die Heimat Stevensons mit angenehmeren Temperaturen.
Der Winter war nicht nur in Deutschland hart und lang gewesen und so verwunderte es mich nicht, dass noch immer Schneereste auf den Bergen zu sehen waren, als ich auf dem Weg nach Oban die Highlands erreichte.
Doch die Überfahrt mit der Fähre war angenehm und die Sonne schien warm, als ich schließlich mit meinem, für lange Wanderungen mit seinem 13 Kilo doch etwas schweren Rucksack erneut in Fidden ankam.
Der Zeltplatz bei der Farm war gut besucht und auch ich richtete mich ein mit meinem kleinen Zelt.
Als ich schließlich ein wenig an dem felsigen Strand herum lief, hörte ich Singen und Musik, die von Earraid herüber getragen wurden. Es war ja das Pfingstwochenende und die Mitglieder der Findhorn Community feierten dies wohl auf ihre Art.
Am nächsten Morgen und einer nicht gerade angenehmen Nacht im Zelt, machte ich mich auf den Weg zum Sound of Earraid. Es war zwar ein etwas trüber Tag, doch angenehm warm und windstill. Ich erreichte mein Ziel mit einigen Pausen und hatte Glück, das es noch Ebbe war.


Abbildung 11
Ausblick auf Earraid


Beim durchwandern des sandigen Sounds, stellte ich fest das es wohl nicht mehr lange dauern würde bis Earraid keine Insel mehr sein würde. Der Meeresarm der sie vom Festland - dem Ross of Mull – trennt, versandet zunehmend.
Nun setzte ich zum zweitem mal Fuß auf Earraid, die Insel auf der Stevenson seinen Helden David Balfour so leiden ließ und ich hoffte inständig, vor allen Dingen angesichts meines doch sehr mangelhaften Zeltes, dass es mir nicht so ergehen würde.
Ich überquerte einen Hügel und ging hinunter zu einer sandigen Bucht, die vor einem alten Farmhaus lag, das verlassen wirkte. Es war offensichtlich nur ein Ferienhaus. Die Insel Earraid wurde vor Jahren von der Niederländischen Familie Van der Sluis erworben, die hier stets ihre Ferien verbrachten und sie später der Findhorn Community überließ.
Ich erreichte schließlich die Leuchtturmwärter Häuschen, vor der eine hohe Mauer die Gärten abschirmten. Hier war alles schon gut bestellt und blühte, stellte ich fest, als ich einen Blick darüber erhaschen konnte.
Ich ging vorbei am Pier, der von diversen Gebäuden umgeben ist. Eines davon ist das Haus in dem Stevenson damals lebte und das heute von den Leuten der Findhorn Community zum Herstellen von Kerzen benutz wird. Auch Ställe und andere Wirtschaftsgebäude befinden sich hier. Die Findhorn Community versucht halbwegs unabhängig, als Selbstversorger zu leben und dabei im Einklang mit der Natur. Die Gäste, die sie Jahr für Jahr beherbergen, dürfen sich rege an allen Arbeiten hier beteiligen. So wunderte es mich auch nicht weiter, das während ich das Tor öffnete, das zu dem Weg und den Gärten vor den Häusern führt, ruhig und gelassen ein paar Kühe getrottet kamen.
Ich wurde nett empfangen von der Dame, mit der ich schon per Mail kommuniziert hatte. Ich bat sie meinen Rucksack abstellen zu dürfen, damit ich mich etwas umsehen konnte. Ich wollte die Insel und vor allen Dingen Balfour Bay zuerst einmal ohne die 13 Kilo Gewicht erkunden.
Ich antwortete zwar großmütig den Weg zur sandigen Bucht zu kennen, an der Stevenson seinen Helden stranden ließ, aber es stellte sich erneut heraus, das Karten, so genau sie auch sein mochten, nicht alles zeigten.
Vorbei an dem Steinbruch, wo die Granitquader für den Dubh Heartach Leuchtturm gebrochen wurden, ging es steile Pfade hinauf zum Observatorium. Hier stand im 19. Jahrhundert ein gutes Teleskop, das dazu diente die See und das Wetter zu beobachten, während des Baus des fernen Leuchtturms, draußen auf einem Riff im Minch, den Torran Rocks. Man hatte dort nur wenige Wochen in denen wirklich gearbeitet werden konnte und nicht die See das Riff umtoste.
Dann folge ich einem Pfad, der zum höchsten Punkt der Insel führte, von dem aus man eine gute Aussicht hatte.
Deutlich sah ich Balfour Bay vor mir liegen und auch die sandige Bucht, am Ross of Mull, an der meine Helden strandeten. Doch hinunter zu kommen erwies sich als doch etwas kompliziert. Schließlich hatte ich einen Weg gefunden und wanderte durch ein sumpfiges Tal zu der sandigen Bucht.
Es war ein friedlicher, sonniger Tag, aber man konnte sich gut vorstellen, dass David Balfour hier einige Mühe gehabt haben konnte, unverletzt die steinigen Begrenzungen zu überwinden, die die Bucht einschließen.
Es war auf jeden Fall ein guter Platz für mein Zelt, wenn ich ihn auch mit Schafen teilen musste.
Ich holte mein Gepäck von den Leuten der Findhorn Community, nicht ohne dass ich zu einem Tee und einem netten Gespräch eingeladen wurde.
Dabei erzählte man mir von dem »Wishstone« oben auf der höchsten Erhebung von Earraid. Stevenson soll sich dort gewünscht haben Schriftsteller zu werden und man gab mir den Hinweis vorsichtig zu sein mit meinen Wünschen, denn sie würden in Erfüllung gehen. So hatte sich einmal eine Frau, die zu Gast bei den Leuten der Findhorn Community war, gewünscht länger auf Earraid bleiben zu dürfen und brach sich beim Sprung von dem Stein den Fuß! Sie blieb dann wirklich länger.
Nun, ich hatte leider den »Wishstone« nicht wirklich gefunden, aber ich hätte mir wohl dasselbe wie Stevenson gewünscht.
Als ich schließlich wieder zurück an der Balfour Bay war und mich häuslich eingerichtet hatte, erlebte ich ein Wetterphänomen, dass ich nur vom Hören – Sagen kannte... Seenebel!
Es ist wirklich gruselig anzusehen, wenn plötzlich dicker Nebel über dem Wasser heranzieht, als hätte jemand draußen Trockeneis verteilt.
Dieses Phänomen war ja auch die Ursache des Zusammenstoßes der »Covenanter« mit dem Fischerboot, das Alan Breck zu dem Französischen Schiff bringen sollte. Man sah wirklich fast die Hand vor Augen nicht und das bei strahlend blauem Himmel.


Abbildung 12
Seenebel in der Balfour Bay


Balfour Bay ist bei Sonnenschein ein wunderschöner Platz, eine sandige Bucht oder besser gesagt zwei sandige Buchten, geteilt und umgeben von steilen Granitfelsen. Bei Sturm und so wie David Balfour hier strandete, möchte ich den Platz nicht erleben. Dann tost sicher draußen die Brandung gegen die steilen Felsen und der Wind treibt die Gischt herein.
Ich habe einmal einen solchen Sturm in Juni 2006 auf der kleinen Hebriden Insel Berneray erlebt. Das Meer war fast zu Besuch in dem Hostel, einem strohgedeckten traditionellen Black House und der Wind drückte das Wasser durch alle Ritzen und Fugen.
In dem kleinen Tal, das sich der Bucht anschließt, fand ich Hinweise dass hier einmal an einem Felsüberhang eine Art Unterkunft, ein sogenannter
Airigh – eine Sommerweide befunden hat. Auch Spuren von Rigs, den schmalen Handtuchfeldern waren noch auszumachen.
Ich verbrachte eine ruhige, wenn am Morgen auch durch Regen etwas gestörte Nacht an dem wunderschönen Platz. Es war eine herrliche Ruhe hier, nur die allgegenwärtigen Schafe waren zu hören, besonders die Lämmer die lautstark nach ihren Müttern riefen.
Leider ließ mein doch etwas unzureichendes Zelt keinen längeren Aufenthalt auf Earraid zu und ich beschloss noch einmal die Gastlichkeit des kleinen Hostels auf Iona in Anspruch zu nehmen.
Mit meinen, nicht ganz so leichtem Rucksack, ging es dann wieder querfeldein über Erraid, über den gänzlich trockenen Sound, vorbei an Fidden, nach Fionnphort.

Abbildung 13
Rèilig Odhrain Iona


Iona ist auf jeden Fall eine Reise wert. Die Insel hat etwas Magisches, ein ganz besonderes Gefühl bekommt man hier. Nicht umsonst suchte sich der Heilige Columba, jener Irische Mönch der 563 AD hier landete und mit der Christianisierung Schottlands begann, diesen Platz aus. Auf dem Rèilig Odhrain bei der Abtei von Iona ließen sich über Jahrhunderte Schottische, Norwegische und Irische Könige bestatten, unter ihnen der berühmte Macbeth, den William Shakespeare unsterblich machte. Robert Louis Stevenson ließ seinen Helden nur die Häuser der Insel und die damals verfallenen Abtei von seinem Aussichtspunkt auf Erraid sehen und sehnsüchtig den Rauch beobachten, der Wärme und etwas zu Essen für ihn bedeutenden.
Sein weitere Weg, als er dann endlich über den Sound of Erraid kam bei Ebbe, führte ihn auf kaum sichtbaren Pfaden über das Ross of Mull, den allgegenwärtigen Ben More als Wegzeichen.
Ich verlegte mich allerdings auf öffentliche Verkehrsmittel, denn die Pfade, die Stevenson beschrieb gibt es schon lange nicht mehr und querfeldein über das Ross zu laufen, den Ben More als Ziel, das war überaus schwierig.
…Die Gegend Ross auf der Insel Mull, in die ich nun kam, war zerklüftet und weglos wie das Eiland dass ich gerade verlassen hatte: nur Sumpf, Gestrüpp und riesige Felsen…, beschreibt Stevenson es und er hat nicht untertrieben.
Auf der Karte aus seiner Erstveröffentlichung 1886 verläuft der Weg, den Stevenson seinen Helden nehmen lässt nicht unbedingt parallel zu den heute vorhandenen Straßen, schon eher einer alten Viehtreiber Route folgend durch das Glen More, Glen Forsa in Richtung Tobermory, das hier als Torosay angegeben ist. Über diese Route streiten sich die Geister und auch die Autoren, die sich bisher an die Thematik wagten. Aber das Glen Forsa ist wohl eine gute Route gewesen in 18. Jahrhundert und die heutige Fishnish Ferry entspricht wohl eher dem Fähranleger in Richtung Morvern als Torosay, ein kleines Viktorianischen Schloss, mit einen wunderschönen Garten in der Nähe von Graignure gelegen, wo heute die Fähre in Richtung Oban ablegt.
Nun durchs Glen Forsa zu gehen verhindert leider eine der vielen, hässlichen und geradezu sinnlosen Aufforstungen des vergangenen Jahrhunderts, die überall in Schottland die Landschaft verschandeln und nicht gerade der Umwelt zu Gute kommen. Allzu oft sind die Bäume den Atlantikstürmen und den salzigen Winden nicht gewachsen und nach der Abholzung erodiert der Boden meist sehr, ganz zu schweigen von den Forststraßen, die ohne Rücksicht auf Verluste in die Berge gebaggert werden. Zum Glück besinnt man sich langsam eines Besseren und erhält die noch spärlich vorhandenen natürlichen Waldgebiete aus Eichen, den berühmten Kaledonischen Kiefern, Erlen, Birken und anderen Laubbäumen. Es wird sogar mit diesen Bäumen aufgeforstet und die sehr zurückgegangene Schafzucht tut ihr Übriges.
Ich habe mir jedenfalls nicht das Glen Forsa als Weg ausgesucht, sondern einen weiteren Viehtreiberweg, der über einen Pass am Fuße des Ben More zum Loch Bá und weiter entlang einer Straße nach Salen führt.
Zum Glück nahm ich diesen Weg nicht mit meinem Rucksack, sondern als Tagestour von Graignure aus.
Mit dem Bus ging es bis zur sogenannten »Holy Tree Bridge« im Glen More. Der Pfad ist gut zu erkennen und gepflegt, das heißt - es gibt ordentliche Trittsteine über die vielen Wasserläufe und er ist nur mäßig erodiert. Die Erosion ist ein großes Problem in den Highlands, besonders auf Wegen die viel genutzt werden. Unter der oft nur kaum einen Meter hohen Torfschicht kommt meist das blanke Geröll, die Grundmoräne der ehemaligen Gletscher, die Schottland in der letzten Eiszeit bedeckten, zum Vorschein. Auch so sind die Wege nicht mit den gut instandgehaltenen Wanderstrecken in Deutschland zu vergleichen. Man muss immer ordentliches, festes Schuhwerk anhaben und keine Angst vor Schlamm und Pfützen. Allzu oft verdoppelt sich die Wegstrecke, durch die ständigen Umwege auf denen man sumpfigen Abschnitten ausweichen muss.


Abbildung 14
Blick von der Passhöhe auf den Loch Bá

Auch Wanderstöcke sind sehr empfehlenswert, besonders um die Begehbarkeit mancher Moorflächen zu sondieren!
Der Weg ist jedenfalls sehr empfehlenswert, anfänglich etwas steil, doch dann mit mäßigen Anstiegen bis zur Passhöhe am Fuß des Ben More Massives. Herunter geht es allerdings auf einem ziemlich haarigen, mit losem Geröll gefülltem Pfad, auf dem man sehr Acht geben muss.
Im Tal angekommen, hat man dann eine gute Sicht auf den Ben More, seine steile Nordöstliche Flanke. Der Weg wird hier zur Schotterpiste, je näher man dann dem Loch Bá kommt und bis zur Hauptstraße bei Gruline, einer losen Ansammlung von Häusern führt.
Ab hier heißt es dann Teerstraße laufen… nicht unbedingt gut für die Füße. Im Juni 2010 konnte man hier überall die blauen Teppiche der Hyazinthen sehen, ein wirklich überwältigender Anblick.
David brauchte für seinen Weg einige Tage und verirrte sich immer wieder, was ich gut verstehen kann, wenn ich an diese nur kurze Tageswanderung denke und an den Weg. Ganz zu schweigen vom Glen More, das sicher zu Fuß durchwandert auch nicht ohne ist. Viel gemütlicher ist es da schon in einem Bus und die gibt es mittlerweile reichlich.
Als ich 1993 das erste Mal auf Mull war bin ich ein Stück getrampt und rückwärts hatte wir alle Mühe einen Bus zu erwischen, um zurück zur Fähre nach Graignure zu kommen. Doch mittlerweile gibt es Touren die von April bis Oktober Touristen in Bussen über die Insel bringen und hinaus auf Staffa, die berühmte kleine Felseninsel und auf die Treshnish Isles, die man von Fionnphort aus erreichen kann. Ich habe einmal eine solche Tour mitgemacht und gelegentlich kam ich mir doch etwas seltsam vor. Besonders, als der Busfahrer an eine Stelle anhielt wegen eines kapitalen Hirsches. Im Thüringer Wald aufgewachsen ist mir Rotwild nicht unbekannt und ein Sechsender nichts Besonderes.

Abbildung 15
Blick aus den Bus im Glen More auf den Ben More


Über Touristen kann man sich streiten, sie sind sicher für die Leute in den Highlands ein gute, wenn nicht mittlerweile die einzige Einnahmequelle. Die Wirkung auf die Kultur und die Umwelt stehen auf einem anderen Blatt.
Die Gälisch sprechenden Highlander, die David Balfour traf oder die ich meine Heldin Andrea treffen ließ, gibt es schon lange nicht mehr. Anfang des 19. Jahrhunderts trieben die sogenannten Clearences die Menschen aus dem Lande. Die Ökonomie des aufkommenden Kapitalismus zerstörte die althergebrachte Clanstruktur. Die Lairds waren gezwungen Profit zu machen, um ihren ausschweifenden Lebensstil zu finanzieren. Die Pächter wurden vertrieben, um die profitable Schafzucht einzuführen.
Den Rest taten zwei Weltkriege, in denen wie Jahrhunderte zuvor die jungen Männer aus den Highlands ihre Haut zu Markte trugen und teuer für ihre berühmt - berüchtigte Tapferkeit bezahlten und nicht zu vergessen, die ökonomische Zwänge unseres Jahrhunderts. Wie in vielen ländlichen Gebieten auf der Welt, gehen die Jungen und die Alten bleiben.
Noch dazu kommt das viele Leute aus England oder den Industriegebieten Schottlands die Ruhe der Inseln entdeckt haben und hier einen Teil oder ganz ihr Leben verbringen wollen. Wirkliche Muilleachs findet man kaum noch. Was man heute auf Mull sieht, ist eine ganz andere Welt als die die Stevenson kannte oder die sein Held David Balfour erlebte.
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Morvern
‚Zwischen Torosay und Kinlochaline auf dem Festland verkehrt eine regelmäßige Fähre. Beide Küsten des Sundes liegen im Land des mächtigen Clan der Maclean und die Leute, die mit mir die Fähre benutzten gehörten fast ausschließlich zu diesem Clan. ‘ » Entführt«, Robert Louis Stevenson.
David Balfour Route zu folgen ist heute etwas schwierig. 2004 wählte ich Oban als Startpunkt für einen Ausflug nach Morvern, genauer nach Kinlochaline.
Oban gab es 1752 noch nicht und wo die Fähre von Mull ablegte ist auch nicht so recht nachzuvollziehen. Der Ort Torosay am Sound of Mull, wo jetzt der hübscher Garten, der zu einem Viktorianischen Herrenhaus gehört, eine Touristen Attraktion ist, hat wohl nur den Namen gemein mit dem Ort an dem sich David Balfour einschiffte. Mehrere Autoren gehen davon aus, dass es Fishnish Point ist, wo die Fähre den Sound of Mull überquerte. Im 18. Jahrhundert interessierten sich reichlich wenige Leute für diese Gegend, so dass auch nicht viel überliefert ist. Die Menschen die hier wohnten hatten anderer Sorgen. Sie kämpften um ihr nacktes Leben 1752.


Abbildung 16
Eilean Musdile Lighthouse Loch Linnhe, im Hintergrund die Berge von Morvern


Um wenigstens einen Teil der Strecke zu wandern, auf die Stevenson seinen Helden schickte, musste ich früh aufstehen.
Es war noch stockfinster als ich auf der Fähre in Richtung Mull ankam und während der kurzen Überfahrt wurde es allmählich hell. Das Ufer von Morvern lag unter einer Nebeldecke, die ins Meer floss - ein erhebender und zugleich gespenstischer Anblick.
Es ging dann per Bus weiter bis nach Fishnish, wo ich mir doch etwas deplatziert am Fähranleger vorkam, unter all den Einheimischen, die um diese frühe Stunde hier auf das Schiff warteten. So ähnlich wird es wohl auch David Balfour ergangen sein oder gar meiner Heldin, die ja noch mehr deplatziert war.
Das Wetter an diesem Tag war nicht gerade schön, regeschwere Wolken hingen über den Bergen von Mull und Morvern, als wir mit der Fähre schließlich den Sound of Mull überquerten.
Unterhalb der noch immer von Wolken verdeckten Bergformation, die Table of Lorne heißt, erkannte ich die Ruinen einer alten Burg, Ardtornish Castle.
Lochaline ist heute ein kleiner Ort mit Hotel und Kirche und existierte zu David Balfours Zeiten noch nicht. Das Boot mit dem Stevensons Held übersetzte landete sicher tiefer in der, Loch Aline genannte Bucht, die mehrere Kilometer ins Landesinnere schneidet.
Ich folgte am rechten Ufer entlang einem breiten Weg der, nach dem ich das Gelände einer Silizium Mine überquert hatte, in Richtung Kinlochaline führte, was nichts weiter heißt als Ende von Loch Aline.
An jenem Ende überquert man einen Fluss über eine schöne alte Bogenbrücke und hoch über selbiger thront auf der rechten Seite ein altes Schloss, typisch im Stil der Highlands, eher an einen Turm erinnernd. Es ist Kinlochaline Castle, das erst in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts liebevoll von Privatleuten restauriert wurde und es war wohl schon eine Ruine als David Balfour 1751 hier vorbeikam - seit gut 60 Jahren verlassen und der Ort der üblichen blutigen Clanfehden. Es wurde von einem Campbell zerstört, wozu Alan Breck sicher etwas zu sagen gehabt hätte!
Entlang des Flusses den die Brücke überquert, gelangt man zu der Hauptstraße, jetzt eine Single Track Road, die entlang weitere Wasserläufe hinein in die wilden Berge von Morvern führt. Dieser Weg war wohl auch der, den David Balfour und sein Begleiter Mister Henderland nahmen und in meinem Roman Andrea und John Bishop.
Aber es gibt auch noch einen anderen, nämlich weiter am Ufer des Loch Aline entlang, vorbei an Ardtornish House und seinem schönen Garten und am rechten Ufer einem Flusslauf folgend, der Sinnlicher weise River Rannoch heißt.
Der Weg, den ich damals einschlug führt ins Glen Sanda, ein verlassener Ort am Ufer des Loch Linnhe, zu dem man üblicherweise nur mit dem Boot kommt. Doch hier wird jetzt unterirdisch und wie ich vermute und Sattelitenbilder es erscheinen lassen, auch überirdisch Granit abgebaut.


Abbildung 17
Kinlochaline Castle


Die ganze Strecke bis zum Ende des Glen Sanda und von dort aus nach Kingairloch zu laufen, war an einem Tag unmöglich, es sind über 28 Kilometer! Ich musste ja denselben Weg zurück nach Oban den ich gekommen war und die letzte Fähre erreichen. So stellte ich mir das Handy quasi als Timer ein und wenn es klingelte musste ich umkehren, denn sonst würde ich es nicht zurück schaffen.
Das Wetter war nicht besonders gut, wie ich bereits erwähnte. Der Nebel hing wie ein Wattebausch auf den Table of Lorne und ich hörte in den einsamen Tälern, die sich nun vor mir öffneten, die Hirsche röhren. Ein Lied von Runrig, einer schottischen Folkrock Band schwirrt mir im Kopf herum, wenn ich heute die Bilder sehe... and we walked in empty glens...! Einsam und atemberaubend war es hier und auch an dem See, Loch Tearnait genannt, den ich erreichte und auf dem sich ein Crannog, eine kleine Fluchtburg befand. Es war schwer vorstellbar, dass in dieser Einöde Menschen gelebt hatten.


Abbildung 18
Empty Glens....auf dem Weg ins Glen Sanda


Doch weiter kam ich an diesem Tag nicht, denn mein Timer erinnerte mich daran dass es Zeit war umzukehren.
Auf dem Rückweg klarte es schließlich auf und die Gegend erschien doch freundlicher als zuvor.
Leider ist es mir wieder nicht gelungen dieser Spur David Balfours weiter zu folgen, jedenfalls nicht von Kinlochaline aus.
So blieb mir nur der Versuch von Corran aus ein kleines Stück den Weg zu nehmen, doch allzu weit kam ich an diesem Tag auch nicht. Eine zweispurige Fernverkehrsstraße als Weg zu benutzen ist wirklich nicht empfehlenswert. Noch dazu war das Wetter anfänglich sehr gegen mich.
Doch von hier aus hatte man teilweise Atemberaubende Ausblicke auf das Glen Coe und Appin. Ich bin bis zu einer Stelle kurz vor Inversanda gekommen, wo um einen Bergstock herum noch die Reste eines natürlichen Eichenwaldes zu bewundern sind und natürlich unter Naturschutz stehen. Doch weiter wollte ich auf der Straße nicht laufen, denn Randstreifen sind in Schottland zumeist unbegehbar. Für den Rückweg wählte ich dann einen kleinen Abstecher ins Glen Gour, wo ein sogenannter Public Footpath bis nach Strontian führt.


Abbildung 19

Pap of Glen Coe von Ardgour aus


Hier fand ich dann, dank einer Hinweistafel einen Weg, der die Straße mied und mich zum Ardgour House, einem alten Herrenhaus oberhalb von Corran führte. Ein netter Umweg, entlang einer Privat Straße, die man Dank der »Rights of Way« auch als Fußgänger benutzen darf. Am Ende klarte es sogar auf, so dass ich bei strahlendem Sonnenschein wieder an der Corran Ferry ankam.
Die Corran Narrows sind eine Engstelle im Loch Linnhe, einem der Fjorde an er Westküste Schottlands, die sich tief ins Landesinnere hineinziehenden.
Hier steht einer der vielen Stevenson Leuchttürme. Er wurde 1857 von Stevensons Vater und Onkel gebaut.
Hier gibt es auch noch heutzutage eine Fähre. Man hat jedenfalls noch keine Brücke gebaut, dazu ist wohl die Straße zu unbedeutend die nach Strontian führt und in eine der einsamsten Gegenden Schottlands, Ardnamuchran.
Zu der Zeit von David Balfour war das wohl ein jämmerliches Boot, das hier verkehrte und er wurde Dank Mister Henderland von einem seiner ‚Schäfchen’ über den Loch Linnhe direkt nach Appin gerudert, von Camasnacroish aus, was wohl das zu Hause war, das Stevenson für seinen Mister Henderland ausgesucht hatte und gut kannte. Leider bin ich bisher noch nicht dorthin gelangt und auch meine Heldin nahm die Fähre an den Corran Narrows, die ich nun nach dem der Regen sich verzogen hatte bei strahlendem Sonnenschein betrat.
Ich beschloss daher gleich einen Abstecher in Richtung Ballachulish zu machen und zum Wald von Lettermore.



Blick auf die fernen Berge von Rhum von Iona aus


Blick auf das Ross of Mull von Earraid aus




Blick auf die Klippen von Burgh und den Ben More dahinter


Blick den Loch Linnhe hinauf bei Corran und auf ein Stevenson Lighthouse



Blick ins Strath Duror vom Ben a Bhethir aus


Friedhof an der Keil Chapel



Keltisches Kreuz vor der Iona Abbey



Unterhalb des Waldes von Lettermore, Blick auf den Pap of Glen Coe




James Stewarts Geburtsort im Glen Duror



Wasserfälle im Glen Coe



Die Kluft von Corrynakiegh



Der Große Wächter am Eingang zum Glen Coe vom Rannoch Moor aus



Ein alter Viehtreiberweg übers Moor zum Loch Chiarain



Blick über den Loch Ossian, in der Ferne der Ben Alder



Highstreet in Edinburgh mit einem der gemauerten Brunnen



Denkmal von Alan Breck und David Balfour in der Corstophine Road Edinburgh




Auf dem Weg nach Caolasnacon

Blick auf den Loch Leven und die Berge von Mamore von oberhalb der Kluft von Corrynakiegh



Auf dem Moor am Loch Treig


Blick auf die Farm von Ardlarach , den Loch Rannoch und den Schiehallion



Blick über die Ebene von Stirling auf den Ben Lomond und die Trossachs


Blick auf Edinburgh und Arthurs Seat


Danksagung


Hier möchte ich allen danken, die mich bei diesem Buch unterstützt haben.
Allen voran meiner treuen ‚Lektorin‘ Gundula Fischer, die diverse Satzbaufehler und andere Unkorrektheiten fand, die ich überlesen hatte.

Vielen Dank für ihre Fotos an Cornelia Heimer und Andreas Lange.

Dank für die sachliche Unterstützung besonders an Professor James Hunter und an Neill Malcolm von der Appin Historical Society.

Besonderen Dank gebührt auch meinen Freund und Stevenson Kenner Lachlan Munro aus London, dem ich viele interessante Anekdoten und vor allen Dingen die Sicht auf Orte zu verdanken habe, an die ich ohne ihn nie gekommen wäre.

Besonderen Dank an die Menschen, die ich auf meinem Weg auf Stevensons Spuren durch Schottland traf. An Kristi Carsten Stewart vom Glen Coe Folk Museum, an Rab Robertson aus Ardlarach, an Dr. J.D. Stewart Campbell, der mir zeigte das ‚never trust a Campbell‘ nur ein dummer Spruch ist und an Anna M. Robertson und die Gemeinde der St Columba Episcopalien Church in Edinburgh, die mich so herzlich willkommen hießen und mir eine Einführung in den Episkopalischen Glauben gaben.

Dank auch an meine Familie und meine Kinder, die immer an mich glaubten.



Meine gewanderten Teilstrecken auf Mull, in Morvern und Appin

und von Kinlochaline, übers Rannoch Moor und zum Loch Rannoch


Bildnachweise
Titelseite : Castle Stalker im Loch Linnhe/Ursula Ritzmann
Karte des Weges, den David Balfour und Alan Breck nahmen/Ursula Ritzmann
1. Seite 09: Culloden Moor an einem sonnigen Juni Tag /Ursula Ritzmann
2. Seite 12: Holyrood House Edinburgh/ Ursula Ritzmann
3. Seite 14: Gedenkstein auf dem Moor von Culloden/ Ursula Ritzmann
4. Seite 15: Waldgebiet in der Nähe von Ballachulish/ Ursula Ritzmann
5. Seite 18:Blick von der Stelle im Wald von Lettermore an der der Mörder saß/ Ursula Ritzmann
6. Seite 20:Büste von Robert Louis Stevenson im Kelvingrove Museum Glasgow/ Ursula Ritzmann
7. Seite 24:Titelblatt der Kidnapped Ausgabe von 1920/ J.M.Dent&Sons LDT.London
8. Seite 26:Während meines ersten Besuches auf Mull 1992. Die Wolken hängen tief/ Ursula Ritzmann
9. Seite 27: Sound of Earraid bei Ebbe/ Ursula Ritzmann
10. Seite 28: Blick von einer Anhöhe auf Earraid und Iona/ Ursula Ritzmann
11. Seite 32: Ausblick auf Earraid/ Ursula Ritzmann/ Ursula Ritzmann
12. Seite 34: Seenebel in der Balfour Bay/ Ursula Ritzmann
13. Seite 35: Rèilig Odhrain Iona/ Ursula Ritzmann
14. Seite 37: Auf einem alten Viehtreiberpfad, Blick von der Passhöhe auf den Loch Bà/ Ursula Ritzmann
15. Seite 38: Blick aus den Bus im Glen More auf den Ben More/ Ursula Ritzmann
16. Seite 40: Eilean Musdile Lighthouse Loch Linnhe am frühen Morgen/ Ursula Ritzmann
17. Seite 42: Kinlochaline Castle /Ursula Ritzmann
18. Seite 43: Empty Glens, auf dem Weg ins Glen Sanda/ Ursula Ritzmann
19. Seite 44: Pap of Glen Coe von Ardgour aus/ Ursula Ritzmann
20. Seite 46: Appin von Onich aus/ Ursula Ritzmann
21. Seite 47: James of the Glens Memorial Ballachulish Bridge/ Ursula Ritzmann
22. Seite 48: Ballachulish House/ Ursula Ritzmann
23. Seite 50: Bach im Gleann Chaolais/ Ursula Ritzmann
24. Seite 52 Aussicht vom Berghang oberhalb von Ballachulish House auf den Weg, den Colin Campbell nahm, links ist der Wald von Lettermore zu sehen/ Ursula Ritzmann
25. Seite 53: Der Wald von Lettermore heute/ Ursula Ritzmann
26. Seite 54: Lettermore, Blick auf die Stelle am Hang wo der Schütze sich verbarg/ Ursula Ritzmann
27. Seite 57: Strath Duror/ Ursula Ritzmann
28. Seite 59: Zeitungsausschnitt von 1953, der Aucharn zeigt 200 Jahre nach dem fatalen Schuss im Wald von Lettermore/Neill Malcolm Appin Historical Society
29. Seite 60 Blick in Richtung Auchindarroch 1994/ Ursula Ritzmann
30. Seite 62: Bothy an James of the Glen’s Geburtsplatz im Glen Duror/ Ursula Ritzmann
31. Seite 64: Überreste von Rigs auf der Insel Berneray auf den Äußeren Hebriden/ Ursula Ritzmann
32. Seite 65: Überreste des alten Forts in Fort William/ Ursula Ritzmann
33. Seite 67: Glenure House/ Ursula Ritzmann
34. Seite 85: Blick über den Loch Linnhe nach Ardgour von Ardshiel aus/ Ursula Ritzmann
35. Seite 86: Blick auf die Bucht von Cuil/ Ursula Ritzmann
36. Seite 88: Gedenktafel über James Grab auf dem Friedhof der Keil Chapel/ Ursula Ritzmann
37. Seite 89: Wegweiser in Duror zum Geburtsort James Stewarts – The Last Clansman Trail / Ursula Ritzmann
38. Seite 92: Fasnacloich House im Glen Creran / Ursula Ritzmann
39. Seite 93: Blick auf South Ballachulish – Laroch /Ursula Ritzmann
40. Seite 94: Schieferarbeite in Thüringen ca 1940 / Werner Möller
41. Seite 95: Blick ins Glen Coe von einem Hang unterhalb des Pap/UrsulaRitzmann
42. Seite 97: Wasserfall im Glen Coe, wie er Stevensons Beschreiben entsprechen könnte / Ursula Ritzmann
43. Seite 99: Blick auf den Loch Leven von unterhalb des Pap of Glen Coe/Ursula Ritzmann
44. Seite 100: Blick auf den oberen Teil der Schlucht von Corrynakiegh/ Ursula Ritzmann
45. Seite 102: Blick auf das Rannoch Moor nahe der A28/Ursula Ritzmann
46. Seite 104:Blick auf die Berge um Kinlochleven herum und auf den Damm des Pumpspeicherwerkes/ Ursula Ritzmann
47. Seite 107: In der Nähe der Loch Chiarain Bothy/ Ursula Ritzmann
48. Seite 109: Blick über das Rannoch Moor auf den Black Water Stausee und die Berge von Glen Coe/Ursula Ritzmann
49. Seite 110: Wandern auf dem Rannoch Moor, die Autorin selbst/Ursula Ritzmann
50. Seite 111: Blick auf die Rannoch Station vom Loch Laidon aus/Ursula Ritzmann
51. Seite 112:Ardlarach Farm am Loch Rannoch/Ursula Ritzmann
52. Seite 114: Blick auf Bridge of Gaur, den Loch Rannoch und den fernen Ben Alder / Ursula Ritzmann
53. Seite 116: Blick auf die Felder von Invercomrie /Ursula Ritzmann
54. Seite 120: Blick auf die ferne Highland Berge Von den Fintry Hills in der Nähe von Kippen/ Andreas Lange
55. Seite 121: Die alte Brücke von Stirling/ Ursula Ritzmann
56. Seite 123: Blick über Stirling auf die Orchil Hills und das Wallace Denkmal/ Andreas Lange
57. Seite 124: Market Cross von Culross/ Andreas Lange
58. Seite 125: The Hawes Inn South Queensferry/ Ursula Ritzmann
59. Seite127: Blick auf Edinburgh unterhalb von Arthurs Seat aus/ Cornelia Heimer
60. Seite128: Stevensons Geburtshaus in Edinburgh Howard Place 8
61. Seite 128: Herriot Row 17 – hier lebte Stevenson viele Jahre
62. Seite130: Blick auf den Bass Rock von North Berwick aus.

Farbfotos von Seite 69 bis Seite 83- Ursula Ritzmann
Seite 84 - Cornelia Heimer.
Karten Seite 146/147 Ursula Ritzmann

Umschlaggestaltung und Collage Ursula Ritzmann


Impressum

Texte: Fotos und Karten Ursula Ritzmann, Andreas Lange, Cornelia Heimer
Tag der Veröffentlichung: 01.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

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