Cover

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Höher, schneller, weiter. Genießen Sie mit uns den Zauber der Arktis

... so lautet das Motto unserer weltbekannten 'Crooks-Club-Reisen.'


“O, ist das langweilig hier“, jammert Lord Faultleroy und lässt seinen müden Blick über die unendliche, blaue Gletscherlandschaft gleiten.

Auch viele andere Gäste scheinen enttäuscht.
Sie sind hergekommen, um Eisbären zu beobachten. Wollen sie mit gezückter Kamera bei der Liebesbrunst ( ich nenn das mal so ) und beim Robben-Jagen, -Zerreißen und -Verspeisen verewigen. Sie haben sich so darauf gefreut! Aber es wurde - obwohl man ständig Ausschau hielt - auch nicht ein einziges dieser fabelhaften, weißen Ausnahmegeschöpfe gesichtet. Kein Wunder. Hier gibt es keine 'Knuts' und 'Flöckchen'. Weder kleine, süße, noch riesengroße, bösartige.

Ich bin es, der die Leute her gebracht hat. Allmählich wird mir klar: meine Schutzbefohlenen haben da etwas Grundsätzliches n i c h t begriffen.
"Das ist die ANTarktis", sag ich leise, "wir mussten unsere Flugroute kurzfristig ändern."

Da spiegelt sich so etwas wie Erstaunen in den Augen meiner illustren Begleiter. Doch nur sekundenkurz, denn Südpol hin oder Nordpol her ... das ist denen mittlerweile anscheinend egal. Längst hocken sie im gut geheizten Luxus-Container bei Zigaretten und diversen Drinks und gröhlen arktische Gesänge in die nicht mehr so kristallklare Luft:
North to Alaska,
go north the rush is on ...


und so ...

Da kommt plötzlich diese junge Frau zu mir. Ich kenne sie. Sie ist jetzt zum dritten Mal mit von der Partie. Ramona Pool scheint bereits informiert gewesen zu sein, wohin die Reise diesmal wirklich geht. Ein bisschen verrückt ist sie schon und hat jedesmal eine niedliche Überraschung auf Lager.

Sie muss sich soeben umgezogen haben. Trägt jetzt aparte, orangefarbene Badeschlappen aus Hartgummi und einen Bodysuit, der mit lauter Federchen besetzt ist. Vorne, um Brust und Bauch ist die Dame weiß, an Rücken und Hinterteil schwarz gefiedert. Und sie glänzt wie geölt .

„Ich bin ein Pinguin“, zwinkert sie mir zu und sucht traumbefangen das Weite. Anscheinend zieht es sie in Richtung Eiskante zum offenen Meer hin.

Lieber Himmel! Was für ein Wahnsinn, so hier herumzulaufen bei wütendem Nordwind und 45 Grad unter Null!
"Ich bin ein Pinguin!“
Und ... die schwarzbefrackten Vogelmännchen scheinen das auch zu glauben. Wie Paschas watscheln sie im Kollektiv hinter ihr her, umringen sie neugierig, lüstern, zu allem bereit.
Sie kommen immer näher und es werden immer mehr.
- Wenn du so weiter machst, wird das schlimm für dich enden, du kleine Bekloppte - denke ich.
Sie schwankt ein wenig inmitten der riesigen Vogelschar, von den aufgeregten Männchen hektisch umzingelt.

Irgendwie scheint sie jetzt auf einmal blau … vor allem im Gesicht. Ihr muss kalt sein. Mit den Armen schlägt sie wie mit Flügeln um sich und "Hilfe", schreit sie: „Help me!“

Da kann ich nur noch schnell hin rennen und sie mit Gewalt aus der Gefahrenzone herausziehen.

*

Prost! Aus dem Container johlen sie mir jetzt lauthals
- Brennend heißer Wüstensand - entgegen

… und:
Es gibt kein Bier auf Hawaii -


So sind sie eben. Meine Feriengäste. Immer feuchtfröhlich am Feiern ...

Im Container springt Lady Pinguin einem Mr. Brooks auf den Schoß, schiebt seine schon zum Fummeln ansetzende Hand kichernd beiseite und beginnt gleich damit, am Handy zu telefonieren.
Die anderen sind inzwischen zu romantischen Gesängen übergegangen: Leise rieselt der Schnee…


Dann kramt einer aus seiner Reisetasche eine Christkindl-Krippe und eine zusammensteckbare Plastiktanne heraus und macht sich sogleich an die Arbeit, sie - unter den entzückten Ausrufen der Umstehenden - auf dem Schelfeis aufzubauen.

Drinnen prostet man sich schulterklopfend zu und es wird : - Stille Nacht, heilige Nacht -

gesungen, wobei dem einen oder anderen vor Wehmut eine Träne verstohlen aus dem Auge quillt.
Stimmt, heute ist ja Weihnachtsabend!!

Aber wo sind die Geschenke? Und wo ist überhaupt das Gepäck? Die Koffer scheinen leider am falschen Pol gelandet zu sein!

Wirklich… langsam geht mir dieser Trip voll auf den Geist.
Allerhöchste Zeit, meinen Job als Animateur endlich
zu schmeißen .

Und wenn ich dann weg bin, fehlt nur noch eins: dass eine Gletscherlawine kommt und die ganze Meute ins Meer spült!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 22.06.2009

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