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Marie liebte es, noch nicht ganz wach, dem Morgengesang der Vögel zu lauschen. Dann wuchsen ihrer Seele Flügel und sie flog hinaus in die Frühlingsluft. Leicht schwebte sie über Wiesen und Felder, nahm ihre Farben an, lichtblau grün. Dann ließ sie sich auf der betauten Wiese nieder, streifte durch das feuchte abperlende Gras und betastete die Blüten, dann tauchte sie hinein. Schmiegte sich zärtlich in die Kelche, passte sich weich an. Der kleine Teich lockte sie, dort mit den Fischen zu spielen, sie durch ihre Hände gleiten zu lassen. Sie fühlte den Herzschlag der Frösche in ihren Händen, sie zitternd umschließend. Dann flog sie zusammen mit der blauen Libelle mit den Silberflügeln zurück in ihr Bett, um ganz zu erwachen. Marie, die zauberhafte Marie war liebenswert. Ich liebte sie sehr. Marie.
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R. W. – 2012Marie

Als sie den Raum betritt, die Tür ins Schloss fällt, weiß sie, er ist hier. Finsternis lässt nichts erkennen, nicht die Größe, keine Möbel. Nur ganz entfernt sein Atem. Sie wird Eins mit der Dunkelheit. Trug sie noch vorher das rote Kleid, ist sie jetzt farblos, ihre helle Haut im Nachtschwarzem. Vorsichtig tastet sie sich auf den Atem zu. Erregt von der Angst und dem Wunsch ihn zu berühren, dem Unbekannten zu begegnen. In der absoluten dunklen Tiefe verwischt sich das Gefühl auf festem Boden zu stehen, ein Gefühl der Schwerelosigkeit, Unsicherheit. Nichts kommt ihr entgegen und sie weiß nicht mehr, ob sie vor – oder rückwärts gehen muss. Sie wird nur noch zu dieser Lust, die sie ganz ausfüllt, beherrscht, die sie treibt, und das Knistern ihrer Schenkel, die sich aneinander reiben. Dann endlich spürt sie etwas Warmes, Weiches und etwas Hartes. Spürt den Atem eines Mundes, Hände, einen sonderbaren Geruch, ihre zitternde Hand sucht seine Schulter und drückt sie nieder.... Ich beobachte Marie. Wenn sie schläft, spricht sie in Lauten, die ich nicht entziffern kann. Wie pralle Früchte verbreiten sie sich und Marie lässt ihre Süße fließen. Marie wird zur Musik. Ihre Lider flattern heftig, als sie erwacht und mich von weit her eigentümlich staunend ansieht. Die Pupillen riesig. Für einen Augenblick verlangsamt sich die Zeit ....... jetzt tauche ich in meinen Schatten, öffne das Fenster, spüre den frischen, kühlen Morgen. Der Rasen ist nass vom Tau. Moos. Ein Eichhörnchen turnt in der Zeder. .
R.W. –

Nein Marie, ich gebe dich nicht frei
Noch bist du eins mit mir
Langhaarmädchen mit dem kurzen Haar
Höre nicht die Melodie der Sinne
Ich habe dich verhüllt, eingesponnen
Deine Lider leichte Flügelschläge
verhängen deine Augen
Dein Herz pocht, erwartet
Marie ich halte dich fest
Mache dir den Schnitt
Der Schmerz schreckt dich
Ein roter Faden tropft
Noch nicht Marie
Noch bist du in Eisen
Die drängende Lust gekerkert
Glut tiefgekühlt verwahrt
Aufgetaut wird nicht
Nein, Marie und nochmals nein
Schreist du, weinst du
Schlägst du mit deinen kleinen Fäusten
Schlag mein Vögelchen
Noch nur wir beide
Meine weichen Lippen küssen dich
Lass meine Arme dich wiegen Marie
Wenn ich schlafe darfst du träumen
meinSchatten
n R.W. –
n
n Kleines Cafe, Tische in der Frühlingssonne. Jan erklärt mir die Technik, ist schon längst darin verloren gegangen. Am Nebentisch ein Kind. Augen blicken ohne Scheu in Augen. Lächeln fächelt die Luft, helle Farbklänge schweben wabernd hin und her. Intensiv ohne Worte.
Farblose Fantasie verwandelt sich in Sternenstaub. Als das Kind geht, folge ich ihm, bewege mich nicht. Seine kleine Gestalt nur noch verschwommen sichtbar auf der Straße, die
jetzt mit unsichtbaren Blüten bedeckt ist, verwandelt sich, wird zu einem kleinen Hund. Läuft davon und mir entgegen, schwanzwedelnd. Ich streiche dem Hündchen über die Stirn, weich und sanft. Fühle die Wärme. Als er mir die Hand leckt, halte ich ihm mein Gesicht hin und schließe die Augen. Jan berührt mein Bein, komm zurück Marie, wo warst du? Ich war wieder bei den Fischen. Keusche Zärtlichkeit, wo wird sie gebraucht in dieser kalten Welt, nur eine Berührung, weiter nichts. Überlebenstraining, zurück zu den Quellen der Liebe, ein begehbarer Weg.

-- R.W. --


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.05.2012

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