Grüne Augen
Teplice, ehemals Bad Teplitz, in der Tschechei. Ein Kurort, lauter alte Leute im Hotel Bethoven. Ich bin in einem Altersheim gelandet. Alle sind so freundlich. Ständig kann man einem warmen Lächeln begegnen, gute Laune kostenlos.
Heute habe ich mich zur Pediküre angemeldet. Die Kosmetikerin sieht umwerfend schön aus. Alles wird feierlich in Ruhe zelebriert. Meine Fußnägel sind nun grün, ich finde sie wundervoll, zumal ich begeistert für Füße schwärme. Als ich den passenden Nagellack für die Fingernägel kaufen will, muss meine Schönheit passen. Leider unverkäuflich. Nun sind die Fußnägel grün, viel Zeit und den Gedanken, die Fingernägel sollen die gleiche Farbe haben.
In Teplice gibt es viele Lädchen, hauptsächlich von Vietnamesen betrieben. Einige kenne ich schon, habe hier Andenken für die Neffen erstanden. Seltsamer, ungewöhnlicher Unsinn. Superkitsch, den ich schön finde. Überraschung, Überraschung. Beim Stöbern in einem dieser Läden sehe ich ihn. Den passenden grünen Nagellack. Die beiden jungen Verkäuferinnen sprechen kein Deutsch. Sie haben ein merkwürdiges Interesse an mir, als ich mit dem Nagellack und noch einigen kleinen unnützen Dinge zur Kasse komme.
In meinem Hotelzimmer beginne ich gleich mit dem Auftragen. Irgendwie schwer. Das Grün will nicht, also wiederhole ich den Vorgang mehrmals. So, nun schön dick drauf bin ich zufrieden. Hände und Füße passend, total super.
Fußreflexzonenmassage, köstlich entspannend. Die grünen Nägel fallen auf, mir gefällt das. Ist ja auch ein besonderes Grün.
In der Nacht die Überraschung. Was ist das? Ich bekomme einen Schreck, ja, im Moment sogar ein wenig Angst. Fünf grüne Augen sehen mich an, bewegen sich. Aber jetzt begreife ich es. Der Nagellack leuchtet im Dunkeln, jetzt sind es schon Zehn leuchtende Augen und am nächsten Tag kein Ausweg. Die Leuchtfarbe weicht keinem Entferner.
Die grüne Leuchtfarbe begleitet mich noch Wochen in der Heimat. Selbst unter herkömmlichen Lack, nun in dunkellila leuchtet es nachts. Verwirrt meinen Lover und lenkt ihn ab. Ich habe zum Schluss zur Feile gegriffen.
Tag der Veröffentlichung: 04.10.2011
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