Als ich noch ein Kind war und mit meinen Eltern lebte, erzählte mein Vater verschiedene Geschichten. Mein Vater war Bäcker und Konditor. Er besaß ein kleines Jagdrevier und spazierte, wenn es möglich war im Wald. Seine besondere Leidenschaft galt den Vögeln, die er gerne beobachtete. Einer war sein Lieblingsvogel, es war der Eichelhäher. Mein Vater hatte mehrere Federn im Wald gesammelt und trug sie an seinem Hut gesteckt. Er erzählte so viele Geschichten über ihn und begann den Vogel zu lieben. Ich lauschte ihm gebannt und betrachtete dabei stets die schönen Federn.
Es sind fast 70 Jahre vergangen und ich habe längst meine Heimat verlassen. Mein Vater ist seit Jahrzehnten tot und ich bin eine alte Frau.
Als ich eines Tages mit meinem Hund spazieren ging sah ich einen Eichelhäher an mir vorbei fliegen. Ich erkannte ihn an der auffallenden Federpracht, die in der Sonne leuchtete. Erstaunt und erfreut erkannte ich, dass ich seit 70 Jahren keinen Eichelhäher gesehen hatte. Meine Gedanken gingen in die Kinderzeit zurück.
Zwei Monate später saß ich mit meinem Mann am Frühstückstisch und plötzlich sagte er
„Schnell, schau mal in die Tanne vor dem Fenster, dort sitzt ein Eichelhäher“.
Und da saß er tatsächlich direkt vor meinem Fenster, ein wunderschöner Eichelhäher. Er flog zum Nachbarn über die Straße und ich holte mein Fernglas, um ihn nicht wieder aus den Augen zu verlieren. Mittlerweile sind es drei Vögel, die uns regelmäßig zwischen neun und zehn Uhr in unserer Tanne besuchen kommen.
Ich habe eine große Freude an den Eichelhähern und hoffe sie bleiben, vermehren sich und erinnern mich stets an schöne Zeiten.
Tag der Veröffentlichung: 25.11.2010
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