Cover

Bis(s) in alle Ewigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Biss in alle Ewigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erstes Buch – Bella Cullen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

VORWORT

 

Wenn man ewig leben kann, hat das Leben dann noch einen Sinn? Wenn man ihn immer lieben kann, wann und wie man will? Hat man dann wirklich noch eine Seele?

Ach, Schluss damit, ich will leben und nicht sinnlos denken! Dennoch gibt es vieles zu bedenken, sodass ich mich korrigieren muss: Es ist die Zeit Entscheidungen zu treffen, die mein Leben und mein Umfeld für immer beeinflussen werden. Entscheidungen über Freundschaft und Hass, Liebe und Missachtung und das schlimmste, über Leben und Tod.

Ich habe den Tod- mehrmals – ins Auge geblickt und weiß nun was es bedeutet, in einer Welt voller Tod und Verdammnis, aber auch Liebe und Leben klarkommen zu müssen. Jedoch muss ich daran denken, dass die Entscheidungen für meinen kleinen, aber für mich wichtigen Teil der Ewigkeit, noch nicht getroffen sind. Vieles kann sich noch verändern. Deshalb ist es umso wichtiger jetzt anzufangen alles zu überdenken, damit meine kleine Ewigkeit mit Freude, Liebe und Leben erfüllt sein wird.

 

 

 

 

 

 

VISIONEN

 

Seit der Auseinandersetzung mit den Volturi war ein Jahr vergangen.

In dieser Zeit danach war ich der glücklichste Vampir, den es je gab, denn meine Tochter und auch Edward waren immer bei mir. Meine Tochter sah mittlerweile wie ein Teenager aus.

Gerade waren wir auf der Jagd. Edward war tiefer in den Wald hineingegangen um Pumas zu jagen, doch Nessi und ich vergnügten uns mit Wapitis.

Nachdem wir mehrere Tiere ausgesaugt hatten, kam Edward plötzlich aus dem Gebüsch gerannt und kam zu mir.

>> Bist du fertig? Wir müssen nach Hause, denn dort ist etwas los! <<

>>Was? <<, wollte ich ihm auf seine Aussage fragen, aber er antwortete mir nicht. Er nahm Nessi bei der Hand, ergriff auch meine und rannte los.

Ich konnte immer noch mühelos mit ihm Schritt halten. Zusammen sprangen wir über den Fluss und gingen schließlich durch die gläserne Hintertür rein.

Ich sah Alice als erstes, die von den anderen meiner Familie umringt war und ins Leere starrte.

Ich schob mich zwischen meinen reglosen Familienmitgliedern vorbei und ging schnell zu ihr. Denn ich musste einfach wissen, was mit meiner Lieblingsschwägerin und Schwester los war.

Als sie mich kommen sah, wurde ihr Blick wieder warm.

>>Was hast du gesehen? <<, fragte ich sie, wohl wissend, dass sie etwas gesehen hatte. Das war ihr durchaus anzusehen.

>>Nichts Besonderes.<<

>>Was ist Nichts Besonderes? <<

Sie verdrehte die Augen. >>Du willst es ja unbedingt wissen, Bella. Also, das erste ist, dass die Volturi aus einen wichtigen Grund wiederkommen werden, doch da sie den richtigen Grund noch nicht wissen, kann ich es dir noch nicht sagen. Und<<, sie hielt kurz inne, >>das zweite ist, dass wir bald vielleicht noch ein weiteres Mitglied in unsere Familie aufnehmen werden. <<

>>Wen? <<, fragte diesmal Edward, der jetzt neben mir stand und mich besorgt ansah.

Als Alice die Antwort anfing auszusprechen, die Edward ja bereits aus ihren Gedanken kannte, nahm er meine Hand.

>>Charlie! <<, sagte Alice bedrückt.

Ich wurde zu einer Statue und starrte sie ungläubig an.

>>Es ist nur eine Vision! <<, sagte Alice.

Immer noch starrte ich fassungslos in ihr schönes Gesicht.

Nach einer Weile konnte ich dann doch wieder etwas sagen: >>Aber wieso sollte Charlie zu einem…Vampir werden? <<

Meine Glockenstimme ging mindestens drei Oktaven höher.

>>Er wird einen Herzinfarkt kriegen, weil er dich in einem blutverschmierten Kleid sehen wird, Bella. <<, antwortete Alice vorsichtig.

Jetzt schaute auch der Rest meiner Familie zu ihr, die ganz unschuldig aussah, so, als wäre sie nicht mit daran schuld, dass meine Stimmung sich auf den Tiefpunkt zu bewegte.

Esme stieß einen angewiderten laut aus.

>>Bella, es ist nur eine Vision! <<, wiederholte Alice ruhig, was bestimmt eine Antwort auf meinen Gesichtsausdruck war.

Edward drückte mich noch fester als sonst als er sagte: >>Wir werden alle auf Charlie aufpassen, Bella. Versprochen. Wir lassen es nicht so weit kommen. <<

Damit musste ich wohl in diesem Augenblick zufrieden geben. Ich wollte jetzt auch nicht mehr an die Zukunft denken. Alles was jetzt zählte, war die Gegenwart.

Ich schmiegte mich noch enger an Edward und küsste ihn.

Damit war alles Schreckliche für jetzt ein Bisschen überschattet, denn es gab nur noch Edward und mich in diesem Moment.

Wir verabschiedeten uns und liefen zurück zu unseren Haus.

Da angekommen, machten wir den Kamin an und setzten uns aufs Sofa.

Dann begann Edward mich zu küssen.

Völlig benebelt dachte ich noch mal daran, ob wir uns jemals aufhören würden zu lieben, aber ich verbannte den Gedanken schnell wieder aus meinen Kopf und gab mich voll und ganz Edwards Küssen hin.

 

 

Es war eine wundervolle Nacht mit Edward, doch als die Sonne durch die Wolkendecke brach, ihre Sonnenstrahlen unsere Haut zum reflektieren und den Tau auf den Blättern der Bäume zum glitzern brachte, wurde mir bewusst, dass eine weitere Nacht in meinem Dasein zu Ende war.

Seufzend trennten wir unsere Lippen voneinander, doch wir hielten uns weiter fest in den Armen.

Edward legte seine Lippen an mein rechtes Ohr und flüsterte: >>Herzlichen Glückwunsch, Liebste Bella! <<

>>Was? Wofür? <<, fragte ich verwirrt.

Er verdrehte die Augen. >>Vor einem Jahr bist du von mir in einen Vampir verwandelt worden! Hast du das etwa schon vergessen? <<, fragte er gespielt beleidigt.

>>Nein, nein, hab ich nicht. Aber ist es wirklich schon ein Jahr her? Die Zeit ging so schnell vorbei! <<, antwortete ich ihm.

>>Ich empfand es genauso, Bella<<, sagte Edward, >>aber die eigentliche Frage ist doch, was du zur Feier des Tages machen willst! <<

>>Vielleicht ein paar Pumas jagen oder so. Nichts Aufwendiges. <<, sagte ich.

>>Hmmh, ich dachte eigentlich an etwas anderes, nichts so Alltägliches. <<

>>An was hattest du denn gedacht? <<

>>An eine Tour durch Olympia, weil du ja jetzt wieder vorzeigbar bist<<, er deute auf meine Augen und lachte, >>und weil es von den Wetter auch gut passt. Es scheint zwar die Sonne, aber es ist bewölkt. Aber wenn du so großen Durst hast, werde ich Alice wohl sagen müssen, dass wir die ganze Sache abblasen…<<

>>So groß ist mein Durst nun auch wieder nicht. Aber bevor wir nach Olympia fahren, will ich, aus Sicherheitsgründen natürlich, noch mal jagen gehen. Ich bin ja schon so einiges gewöhnt, aber das heute wird eine Herausforderung für alle Beteiligten <<, sagte ich.

Er schaute mich begeistert an. >>Dann brauch ich Alice also doch nicht absagen? <<

Ich schüttelte den Kopf.

>>Dann komm! <<

Er zog mich vom Sofa.

 

 

>>Das wird bestimmt toll! <<, sagte ich.

>>Warum freust du dich denn so? Ich dachte immer, dass Shoppen Alice` Lieblingshobby ist und nicht deins. <<, sagte Edward süffisant.

Doch ich antwortete erst mal nichts und ging mit Edward jagen.

Wir waren nach kurzer Zeit schon satt, so dass unsere Augen jetzt wie flüssiges Gold waren. Ich freute mich, dass ich jetzt nicht mehr dieses abscheuliche Rot in den Augen haben musste.

Glücklich gesellte ich mich mit Edward zu Alice.

>>Können wir los? <<, fragte ich. Edward nickte und wiederholte dann seine Frage von vorhin.

>>Obwohl ich meine Abneigung gegen Mode noch nicht ganz überwunden habe, freue ich mich auf den Ausflug. <<, antwortete ich schlicht und lächelte vergnügt.

Dann nickte Alice und sagte ungeduldig: >>Gut, Bella. Dann lass uns endlich los. <<

Kurz darauf stiegen wir in Alice` gelben Porsche, auf dessen Beifahrersitz Jasper saß. Natürlich kam er mit, wenn Alice etwas unternahm.

Diese saß nun am Steuer und fuhr schnell los.

Es störte mich nicht, dass die Nadel der Anzeigearmatur bei hundertdreißig Meilen pro Stunde stand, denn ich war anderweitig beschäftigt, denn ich hatte meine Hände mit Edwards verschränkt und wir unterhielten uns mit Jasper.

Als wir nicht mehr wussten, worüber wir reden sollten, schwiegen wir auf der restlichen Strecke. Nur manchmal wurde die Stille durch das Beschleunigen des Motors unterbrochen.

Als wir ankamen und die Türen aufmachten, zog mir der süße Duft von Menschenblut in die Nase. Sofort fing meine Kehle an zu brennen und ich versuchte anzuhalten.

Edward wusste, was mit mir los war und fasste mich an beiden Armen.

Ich versuchte mich nicht zu befreien, weil ich niemanden hier wehtun wollte, weder einem Menschen, noch einem Vampir.

Wir stiegen aus dem Auto, so dass ich nun auch die Leute sah, die ich roch, und ihre Herzen pochen hörte.

Ich schmiegte mich noch enger an Edward und sah dann, dass Alice sich neben uns gesellte um im Ernstfall eingreifen zu können. Doch dieser trat nicht ein, weil ich mich jetzt im Griff hatte.

Wir gingen in den nächsten Stunden durch viele Einkaufszentren. Alice war voll und ganz in ihrem Element und kaufte eine ganze Boutique mit der edelsten Mode leer.

Edward und ich blieben bei Alice, Jasper stand in der hintersten Ecke und sah gelangweilt zu uns hinüber.

Als Alice sich zu uns auf die Bank setzte, zeigte sie uns einige Stücke aus einer Tüte von mindestens fünfzig aus einer Boutique und fragte: >>Sind die nicht schön? >>

Sie sah ein Bisschen beleidigt aus, da wir nicht die beste Begeisterung zeigten und nur gleichzeitig >>Hmmh! << machten.

Wir hatten nämlich Besseres zu tun, als Alice Sachen anzuschauen.

Edward beugte sich vor und flüsterte mir >>Ich liebe dich! << zu, dann küsste er mich.

>>So wie ich dich liebe! <<, antwortete ich im an seinen Lippen.

Er öffnete seine Lippen und sein Atem glitt sanft über mein Gesicht und schmeckte süßlich auf meiner Zunge, als ich ihn einatmete.

 

 

Wir hatten den Nachmittag mit vielen Küssen in der hintersten Ecke des Kaufhauses verbracht, während Alice ihre eigene Modenschau veranstaltete und Jasper sich in einen noblen Uhrengeschäft umguckte.

Doch nachdem sich Alice um die hundert Tüten neue Kleider zugelegt hatte, fanden wir alle, dass es nun Zeit wäre, nach Hause zu fahren.

Als wir dort ankamen ging ich zu Alice.

>>Danke, Schwesterchen. <<, sagte ich. >>Es hat sehr großen Spaß gemacht! <<

>>Bitte, bitte! Ich habe für dich auch ein paar Kleider gekauft. Doch ich bin natürlich vor allem sehr beeindruckt, dass du keinen einzigen Menschen umgebracht hast, obwohl ich dir es durchaus zugetraut hätte. <<, sagte sie und ich wusste, dass sie das letzte natürlich ironisch gemeint hatte, denn ich hatte dazu ja genügend Selbstbeherrschung.

>>Danke, Alice, dass du mir so vertraust! <<, sagte ich gespielt böse.

Wir gingen ins Haus, wo Nessi auf dem Sofa schlief.

Um sie nicht zu stören, gingen Edward und ich zum Flügel und Edward spielte mir darauf etwas vor.

Ich fragte ihn, ob er mir nicht ein Bisschen Klavier spielen beibringen könne. Er lächelte mein geliebtes schiefes Lächeln. >>Wenn du willst, Liebste. Wir fangen mit etwas leichtem an. <<

Er spielte mir mein Schlaflied vor und ich versuchte es nachzuspielen, was mir auch gelang. Nach einer Stunde konnte ich es fehlerfrei spielen.

>>Mache ich das gut? <<, wollte ich wissen.

Doch die Antwort kam nicht von Edward, wie ich es erwartet hatte, sondern von Alice.

>>Sehr gut, Bella. <<, sagte sie und kam auf uns zu, ein silbernes Päckchen in den Händen. >>Alles Gute zum ersten Jahrestag. Hier dein Geschenk. << Sie überreichte mir das Päckchen.

>>Danke, Alice! Aber das wäre doch nicht nötig gewesen…<<

>>Es war sehr wohl nötig, und jetzt pack endlich aus. <<, unterbrach sie mich ungeduldig.

Ich gab ihr ihren Willen und riss das Papier auf, dann sah ich mir den Gegenstand, der zum Vorschein kam, genau an.

>>Es ist wunderschön! <<, sagte ich und küsste Alice auf die Wange.

Ich hielt ein Armband in der Hand, dessen edle Steine im Licht des Kronleuchters über dem Flügel-Podest in allen Regenbogenfarben schimmerten.

>>Soll ich es dir dran machen? << Alice Augen leuchteten.

>>Bitte!<<

Ich hielt ihr mein linkes Handgelenk hin, damit sie mir das teure Stück anlegen konnte.

Es sah wunderschön auf meiner Marmorhaut aus.

Es klopfte unerwartet an der Tür. Carlisle, der in dieser Sekunde von seinem Arbeitszimmer her die Treppe runterkam, ging zu der Geräuschquelle hin und ließ unseren Besuch rein.

Vier Vampire standen im Eingang, allesamt Frauen. Carlisle begrüßte sie herzlich, dann sprach er zu uns: >>Das sind Sophia und Wiebke, << er deute auf die beiden Blonden, >>und die beiden Brünetten sind Sara und Marlin. Sie lebten, wie ich, eine Weile bei den Volturi, aber als sie erkannten, dass dieses Leben, weil Aro sie nur wegen ihrer exzellenten Gaben verehrte, ein falsches Schicksal für sie war, und als ich ihnen von meiner Idee erzählte, vegetarisch zu leben, zogen sie mit mir friedlich aus Volterra ab und nach Deutschland weiter, wo sie in einer Villa nun immer noch leben.<<

>>So, wie du es erzählt hast, stimmt es haargenau. Wir sind jetzt hier um deine Familie zu besuchen, die, wie ich sehe, sich sehr stark vergrößert hat, Carlisle. Willst du sie uns nicht vorstellen? <<, fragte Sophia.

>>Oh, natürlich, liebe Freundin. <<, sagte er und stellte uns den Deutschen vor.

Dann kam Nessi, die bis eben noch geschlafen hatte, auf mich zu gerannt und umarmte mich. Sie legte mir ihre heiße Hand an die Wange und fragte mich, wer diese Frauen waren. Ich erzählte es ihr in kurzen Sätzen.

Marlin sah unsere Unterhaltung mit an und hier Gesicht verzog sich zu einer Maske aus Angst, Entsetzen und Enttäuschung, dann schnappte sie ärgerlich nach Luft und schrie los.

>>Carlisle, ich dachte immer, dass du ein ordnungsgemäßer Vampir bist, der auf die Gesetze unserer Art hört. Aber was muss ich hier mit angucken… Ich kenne die Gesetze gut genug, um zu wissen, dass es ein Verstoß ist, ein Kind, wie dieses hier, zu erschaffen. Ich möchte nichts damit zu tun haben, aber trotzdem werde ich sofort zu den Volturi gehen und ihnen dieses Verbrechen melden…<< Sie wollte sich umdrehen und zur Tür rausgehen, aber Carlisle hielt sie fest.

>>Warte einen Augenblick. Wir sollten nichts überstürzen, denn selbst wenn du nach Volterra gehst, wirst du nicht erreichen. Aro, Caius und Marcus wissen über Bellas Tochter Bescheid. Wir hatten bereits einen Kampf mit ihnen deswegen und unfreiwillig ist bei diesem eine Vampirin aus dem Denali-Clan getötet worden. Ich möchte nicht, dass dich das gleiche Schicksal trifft. Also möchte ich euch gerne über Renesmée aufklären:

Bella gebar sie durch die biologische Art und sie hat auch meinen Sohn Edward als ihren biologischen Vater. Sie war schon vor Bellas Verwandlung geboren und ist deshalb, weil sie auch ein vampirisches Elternteil hat, logischerweise ein Halbvampir.

Ich weiß, dass dies sehr schwer zu verstehen ist, weil ihr euch bestimmt nicht vorstellen könnt, wie das möglich sein soll, aber es ist wahr. Dadurch trifft uns keine Schuld und gibt keinen Grund, uns so überstürzt zu verlassen. <<

>>Das lässt den Anblick des Mädchens schon anders aussehen, Carlisle. Gut, dass du so ehrlich warst und uns keine Lüge aufgetischt hast. Natürlich bleiben wir unter diesen Umständen noch eine Weile da. <<, sagte Sara, doch ich verstand nicht, wie sie wissen konnte, dass Carlisle die Wahrheit sagte, aber wahrscheinlich würde ich es bald erfahren.

Edward und ich begaben uns wieder zum Flügel, um uns allein zu unterhalten.

>>Was haben sie denn für Gaben, dass Aro sie nicht töten wollte, als sie weggingen? <<

>>Gute Frage, Bella, << antwortete mir Edward. >>Ich habe, während wir mit ihnen sprachen, ein Bisschen in ihren Gedanken herumgestöbert und in Erfahrung gebracht, dass Wiebke so etwas wie kleine Blitze aus den Augen senden kann und Sophia Leute mit ihrer Willenskraft dazu bringen kann, dass sie ihren eigenen Heer Leid zufügen müssen. Daher sind sie sehr gute Kämpferinnen. Sara kann, wie Aro und ich, Gedanken lesen, aber nur von demjenigen, mit dem sie gerade spricht. Und auch Marlin hat eine gute Gabe, die meiner Meinung nach die beste ist, denn sie kann ihre Angreifer ablenken, indem sie ihnen ein Bild eines beliebigen Tieres in den Kopf setzt, dass sie dann statt Marlin sehen.

Sie alle haben sehr gute Gaben, die nur von deinem Schutzschild übertroffen werden können. Denn nur du kannst all ihre Gaben abwehren. Es war sehr belustigend, als Sara versuchte deine Gedanken zu lesen, als sie vorhin kurz mit dir sprach, um dich zu begrüßen. <<

>>Ich wusste ja schon, dass ich eine mächtige Gabe habe, << freute ich mich. >>Ich hätte da noch eine Frage: Leben sie eigentlich nur zu viert, oder gibt es in ihrem Clan noch mehr Vampire, sowohl männliche, als auch weibliche? Denn ohne einen Mann an meiner Seite würde ich mich total schrecklich fühlen! <<, sagte ich lachend und beugte mich zu ihm rüber um ihn zu küssen.

Er erwiderte meinen Kuss sofort und drückte seine Lippen fest auf meine. Sein Atem ging jetzt schneller und er öffnete sanft den Mund.

Erst als sich hinter uns jemand räusperte, lösten wir unsere Lippen voneinander und drehten uns zur Geräuschquelle.

Sara stand unschlüssig vor uns und sah uns entschuldigend an, dann sagte sie: >> Entschuldigung, aber ich bin nur zu euch hinüber gekommen, um Bellas Frage zu unserer Gemeinschaft zu beantworten. Ich wollte euch wirklich nicht stören. <<

>>Schon gut, Sara. Willst du uns immer noch antworten? <<, fragte Edward höflich.

>>Na sicher. Also Männer gibt es in unseren Zirkel zwar nicht, aber es gibt noch eine weitere Frau, die Anna heißt und in Deutschland blieb, weil sie neugeboren und daher noch sehr unbeherrscht ist. Sie ist aus Sicherheitsgründen nicht mitgekommen, weil sie niemanden gefährden will. Sie ist so ein anständiges Mädchen. Wir fanden sie verletzt im Wald und verwandelten sie. <<

Nun gingen wir mit ihr ins Esszimmer, um mit ihr noch ein Bisschen allein zu reden.

Erst jetzt viel mir auf, dass sie sehr verstört dreinblickte.

>>Was ist mit dir, Sara? <<, fragte ich sie.

>>Ich denke die ganze Zeit über dich und meine Versuche deine Gedanken zu lesen nach, Bella. Es macht mich ganz fertig, dass ich keine Erklärung finde, warum ich deine Gedankengänge nicht hören kann, wenn ich mit dir spreche. <<

Edward und ich mussten lachen. Als ich mich endlich wieder beruhigt hatte – was einige Zeit dauerte- sagte ich lachend: >>Ach, Sara. Ich hab die Gabe, jedes seelische Talent von Vampiren abzuwehren. Ich bin ein Schutzschild. Deswegen können du, Edward und sogar Aro meine Gedanken auch nicht lesen. Und auch Jane und Alec können mir nichts anhaben. <<

>>Ich glaube, dass es manchmal ganz nützlich wäre an deiner Stelle, wenn Edward nicht deine Gedanken kennt. Ich meine, zum Beispiel in peinlichen Momenten. Aber wünscht du dir nicht auch mal, dass Edward deine Gedanken kennt? <<, fragte Sara.

Ich lächelte bei ihren Worten, denn Sara hatte vollkommen Recht.

>>Es ist manchmal sehr blöd, du hast Recht. Zum Beispiel, als Edward mir nicht glauben wollte, dass es mir gut ging, war es sehr frustrierend. <<, sagte ich.

>>Das glaub ich dir<<, sie nickte. >>Aber was ist bei Nessi? Carlisle hat gesagt, dass sie auch eine Gabe hat… Funktioniert diese bei dir? <<

Edward antwortete für mich. >>Ja, und wir haben auch eine Theorie, warum das so ist. Es könnte daran liegen, dass sie Bellas Tochter und deshalb sehr stark mit ihr verbunden ist. Aber genau wissen wir es nicht. <<

Danach fragte Sara Edward noch ein paar Dinge.

Nach ein paar Minuten kam Rosalie zu uns ins Zimmer und setzte sich neben mich auf einen Stuhl.

Ich sah sie verwundert an.

>>Mir wurde Langweilig, << gab sie mir als Erklärung. >>Habt ihr heute noch was vor? <<

>>Ich wollte eigentlich jetzt aufbrechen, denn Nessi ist sicher müde und es ist besser für sie, wenn sie in einem Bett schläft. <<

>>Wohin aufbrechen? <<, fragte Sara jetzt, die sich wieder mir zu gewendet hatte.

>> Wir haben ein eigene Haus, Edward und ich. Dort schläft auch Nessi. <<, klärte ich sie auf. >>Willst du nicht kommen und es dir mal anschauen? Esme hat es restauriert und es ist wunderschön...<<

Sara lächelte. >>Wenn ich darf? <<

Sie sah Edward an.

>>Ich hätte nichts dagegen! <<, sagte er und zuckte mit den Schultern, dann nahm er mich und auch Nessi bei der Hand und zog uns zur Hintertür, wohin uns Sara folgte.

Bevor ich, an unserem Haus angekommen, hineingehen konnte, hatte Edward mich schnell auf seine Arme genommen und trat mit mir über die Schwelle.

Sara hinter uns kicherte, aber das hielt Edward nicht davon ab, mich weiter zu tragen bis ich schließlich hinunter sprang und zu ihm sagte: >>Du kannst ja Sara alles zeigen, während ich mal eben Nessi zu Bett bringe. Lass dich auch nicht davon abhalten, ihr unseren Kleiderschrank zu zeigen, denn sie soll einen Eindruck von Alice` Geschmack bekommen. <<

Lachend ging ich mit Nessi aus dem Wohnzimmer.

Nach einer Weile kam ich wieder und sah als erste Sara, die dicht neben Edward auf dem Sofa saß und leise mit samtweicher auf ihn einredete, doch er blieb von ihren Flirtversuchen völlig ungerührt und sah mich nur an.

Und auch ich war von Saras Anspielungen gegenüber Edward wenig begeistert.

Ein leises Knurren entfuhr mir, während ich in geduckter Angriffshaltung auf Sara zu ging, die aufstand und langsam und beschwichtigend die Hände erhob.

Nun ging ich nicht mehr, ich raste zu ihr hin und jagte sie bis zur Tür.

Sara machte sie mit solcher Wucht auf, dass sie sie aus den Angeln riss und sie zerschmetterte.

Dann sah sie mich noch einen Moment an und lief darauf in den Wald davon. Ich sah ihr noch nach bis ich sicher war, dass sie nicht sie nicht zurück kam.

Danach ging ich zu Edward, der immer noch mit schreckgeweiteten Augen dasaß.

>>Hab ich dich zu heftig verteidigt? <<, fragte ich ihn.

Seine Augen gingen wieder in eine normalere Öffnungsweite über. >>Nein, Bella. Du hast völlig richtig gehandelt. Es hat mich sehr genervt, dass Sara dachte, sie hätte eine Chance bei mir. Du weißt gar nicht, wie lästig das war.

Aber ich glaube, Sara hat ihre Lektion gelernt. Sie wird es nicht mehr wagen, mir so nahe zu sein, weil sie jetzt einen großen Respekt vor dir hat. << Er lächelte sein schönstes Lächeln.

>>Gut, denn ich dachte schon, du würdest es mir übel nehmen...<<

>>Warum sollte ich das bitte schön tun? <<, fragte er vorwurfvoll.

Ich konnte nicht antworten, weil er mich aus der Fassung brachte, als er mit gierigen Küssen meinen Hals hinab ging, mit seinen Lippen über mein Schlüsselbein strich, bis er schließlich an meiner Hüfte angekommen war. Dann ging er wieder mit dem Kopf hoch und presste seine Lippen auf meine.

Irgendwann, ich wusste fast nicht mehr wo ich war, räusperte sich jemand hinter uns.

Wir drehten uns gleichzeitig um. Marlin stand in der kaputten Tür.

>>Entschuldigung, dass ich störe. Aber ich wollte euch mal besuchen. Darf ich rein kommen, oder wollt ihr mich im Moment nicht hier haben? << Sie sah mich fragend an.

>>Doch, doch, komm ruhig rein und setzt dich zu uns. <<, antwortete Edward für mich, denn ich war nicht ganz bei der Sache, was er spürte. Ich war im Gedanken immer noch bei seinen Lippen, die für mich wie eine Droge waren, der man sich einfach nicht entziehen konnte.

>>Ich muss mich für Sara entschuldigen. Sie flirtet sehr gerne, das ist sozusagen ihre zweite Gabe. Sie konnte ja nicht wissen, dass Bella...<<

>>Schon gut! <<, unterbrach ich Marlin, die sich mittlerweile zu uns gesetzt hatte.

Über dieses Thema wollte ich erst gar nicht mehr sprechen. Es war passiert, was schon schlimm genug war.

Edward aber wurde ärgerlich: >>Du kannst allen aus deinem Clan sagen, dass wenn es noch einmal jemand versucht, ich ihn eigenhändig rausschmeißen und ihm draußen ganz gehörig die Leviten lesen werde. Ich bin glücklich verheiratet und habe die wundervollste Frau, die es gibt! <<, sagte er, beruhigte sich langsam wieder und grinste mich an.

Ich grinste zurück.

Es freute mich, dass er es so formuliert hatte, denn so hatte er es noch nicht ausgedrückt.

Bis Marlin ging, unterhielten wir uns noch mit ihr, doch als sie sich schließlich verabschiedete, zogen wir uns in unser Schlafzimmer zurück und achteten erstmals, seit meiner Verwandlung, auf das weiße, überdimensionale Bett.

 

 

 

 

 

SCHLIMMES SCHICKSAL

 

>>Das war die schönste Nacht meines Daseins! <<

>>Wir können das gerne nächste Nacht wiederholen...<<

>>Hmmh! <<, stimmte ich ihm zu. >>Aber ich möchte jetzt erst mal jagen gehen, denn ich habe schrecklichen Durst! <<

>>Okay, << sagte Edward. >>In höchstens zehn Sekunden sind wir schon im Wald. <<

Wir zogen uns neue Sachen an, liefen dann Hand in Hand raus in den Wald um eine Herde Maultierhirsche aufzuscheuchen (denn das machte Spaß) und danach zu jagen.

Ich trank in gieriger Hast und als ich fertig war, sah ich, dass Edward neben mir stand und mich anschaute.

Automatisch richtete ich mich auf und sah an mir herunter: Mein Kleid war über und über mit Blut beschmiert. Würde ich denn nie lernen, wie man so gepflegt, wie Edward es tat, speist?

>>Oh, nein! <<, sagte ich und Edward lachte auf.

>>Komm, wir sind nah am großen Haus. Alice kann dir bestimmt ein Kleid leihen. <<

>>Wir können auch zurück zu unserem...<<

Edward unterbrach mich. >>Bella, ich würde dich zu gerne mal in eins von Alice` Kleidern sehen. Willst du mir diesen kleinen Wunsch nicht erfüllen? <<

Er fesselte mich mit seinen Blick, der es mir unmöglich machte, seinen Wunsch nichtnachzukommen.

>>Natürlich, das mache ich doch gerne, Liebster! <<, sagte ich und nahm seine Hand.

Doch als wir ein Stück gelaufen waren, ließ ich seine Hand wieder los, damit wir den Rest des Weges ein Wettrennen machen konnten. Wir lachten beide auf, als wir gleichzeitig im Gras am Ufer landeten.

Rosalie fing uns draußen ab.

>>Guten Morgen, ihr zwei, << sagte sie. >> Bella, dein Vater ist da. Oh Gott, wie sie sieht den dein Kleid aus... Hier nimm das... Es wird zwar nicht viel nützen, aber vielleicht achtet Charlie ja nicht auf dein Kleid. <<

Sie zog ihre Strickjacke aus und reichte sie mir. Tatsächlich nützte sie nicht viel, wie ich sah, als ich sie anzog, denn die meisten Flecken waren unterhalb der Jacke.

Jetzt wurde mir die ganze Situation erst bewusst: Mein Dad würde mich jetzt und hier in einem Kleid sehen, dass von der Jagd voller Blut war. Zum umziehen war jetzt keine Zeit mehr.

Was sollte ich Charlie sagen? Wie würde er reagieren? Sollte Alice` Vision, die sie vor einiger Zeit hatte, wahrhaftig Wirklichkeit werden?

Ich erinnerte mich wieder an ihre Worte: >Er wird einen Herzinfarkt kriegen, weil er dich in einem blutverschmierten Kleid sehen wird, Bella. <

Nein! Charlies Leben darf nicht zerstört werden, dachte ich verzweifelt.

>>Es tut mir leid, Bella, doch du musst zu Charlie gehen. Da er dich schon von weiten gesehen hat, wartet er darauf, dass du zu ihm kommst. <<, sagte Edward mit samtweicher Stimme.

>>Aber...<<

>>Nun komm! Es muss kein schlechtes Ende nehmen! <<, unterbrach mich Edward. Er nahm mich am Arm und zog mich ins Haus. Ich ging widerwillig mit.

Ich sah Charlie auf dem Sofa sitzen. Und als er mich sah, wurden seine Augen vor Schreck ganz groß. Ich sah, wie er von seiner aufrechten Sitzhaltung nach hinten kippte und ich war mir sicher, dass gerade Alice` Vision, vor deren Erfüllung ich mich so gefürchtet hatte, wahrhaftig Wirklichkeit wurde…

 

 

>>Wird er durchkommen? <<, fragte ich Carlisle, der gerade aus seinem Arbeitszimmer kam, wo Charlie auf einer Liege lag.

Ich schritt im Wohnzimmer auf und ab. Edward folgte vom Sofa aus jede meiner Bewegungen mit den Augen.

>>Darüber wollte ich mit dir sprechen, Bella! Wenn es Charlie nicht schaffen könnte... Würdest du eine Verwandlung von Charlie zulassen? <<, fragte Carlisle mich als Antwort.

>>Wenn es keine andere Möglichkeit gäbe- ja. Ich wollte ihm aber eigentlich die Qualen, die ich selber gespürt habe, ersparen, aber ein Bisschen opfern muss Charlie für seine Rettung ja können. <<

Als mich Carlisle und Edward fragend ansahen, wurde mir bewusst, dass ich mich verplappert hatte.

>>Ich dachte, du hättest gar keine Schmerzen gespürt? <<, fragte Edward mich verdutzt.

Ich hielt in der Bewegung inne und schilderte ich ihm und Carlisle kurz, dass ich bei meiner Verwandlung sehr wohl Schmerzen hatte.

Edwards Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. >>Wenn ich gewusst hätte, dass du Höllenqualen ausgesetzt warst, weil das Morphium gar nicht brachte, hätte ich dich anderweitig gerettet. Es hätte bestimmt noch eine andere Möglichkeit gegeben. Ich hätte dir nie wehtun können. Ach Bella, warum hast du mir nichts gesagt, als du nach gebrannt hast? <<

>>Wenn ich den Mund aufgemacht hätte, hätte ich geschrien und du hättest dir dann zu viele Sorgen gemacht. <<, erklärte ich.

>>Na gut! Das ist passiert und wir können es nicht mehr ändern, Edward. Bella hat es überlebt, also ist alles in der besten Ordnung. <<, sagte er zu Edward, der traurig den Kopf hin und her bewegte, mich zu ihn ran zog und, als seine Stimmung sich aufgehellt hatte, auf seinen Schoß hob.

Carlisle sprach dann zu mir: >>Wenn es zu Charlies Verwandlung kommen sollte, werde ich ihm diesmal so viel Morphium verabreichen, dass gar nicht schief gehen kann, Bella. Versprochen. <<

>>Ich danke dir schon mal im Voraus, Carlisle. Aber wann würden wir ihn dann verwandeln und wie viel Morphium würden wir ihm geben? <<, fragte ich.

>>Die erste Sache musst du mit Alice absprechen und die andere klären wir dann. Ich muss jetzt wieder hoch zu Charlie, kannst du nach kommen, wenn du etwas in Erfahrung gebracht hast? Ich möchte mit dir zu Charlie sprechen...<<

>>Sicher, Carlisle. <<, sagte ich und sprang von Edwards Schoß.

Ich ging zu Jasper hinüber und fragte: >>Jasper, weißt du wo Alice ist? <<

Jasper, der träge an der Treppe lehnte, sah mich mit wissenden Augen an.

>>Ja klar, Bella. Alice, Emmett, Esme und der Deutschland-Clan sind jagen. Sie kommen erst später zurück. <<

Ich ärgerte mich: Warum musste Alice immer weg sein, wenn man sie brauchte?

Dann fiel mir etwas ein: >>Aber Alice müsste doch gesehen haben, was Charlie ergangen ist und müsste hier...<<

>>Nein, das konnte sie nicht, weil sie wegen Jacob, der heute Morgen noch da war. <<, unter brach Jasper mich.

>>Und wo ist er jetzt? <<, fragte ich.

>>Er ist gegangen, als die anderen zur Jagd aufgebrochen sind. Vielleicht wollte er zu seinem Rudel... mir ist es recht egal. <<

Edward kam zu uns hinüber. >>Was hat er angestellt? <<

Jaspers Gedanken mussten also noch mehr zu bieten haben, als seine Worte.

Er zuckte die Schultern. >>Er ist freiwillig gegangen, das war bevor ihn Rosalie hätte rausschmeißen können, als ihr seine Blondinenwitze auf die Nerven gingen. <<

Im Moment mussten mir diese Informationen genügen, denn Alice war ja nicht da.

Ich beschloss trotzdem hoch zu Carlisle und Charlie zu gehen.

Edward ging nicht mit, denn er hatte von Carlisle erfahren, dass es nicht so gut sei, wenn viele Leute bei einem Kranken wären und sagte mir, dass er völlig genüge, wenn Rose, Carlisle und ich bei Charlie wären. Das war für mich sehr einleuchtend.

Also gab ich Edward einen Kuss zum Abschied und sprang mit zwei Sprüngen die Treppe hoch.

Vor der Tür hielt ich noch mal inne und lauschte. Ich war froh, als ich ein Herz pochen hörte. Gott sei Dank er lebte.

Dann klopfte ich und trat ein.

Carlisles Arbeitszimmer hatte sich in eine Intensivstation verwandelt, wo überall Monitore zur Überwachung standen und mittendrin lag Charlie an Geräten auf einer Liege.

Ich hatte meinen Vater noch nie so schlapp gesehen: Er sah noch schlimmer aus, als ich hatte ausgesehen, als ich noch Nessi in mir trug, und war fast so blass wie ich.

Er war wach und als er mich sah, breitete sich ein gequältes Lächeln auf seinem Gesicht aus.

>>Hallo Bella! <<, hauchte er.

>>Dad wie geht es dir? <<

>>Mir geht es den Umständen entsprechend. Carlisle und Rosalie meinten, dass sie etwas mit dir zusammen mit mir besprechen wollten. Ist das richtig? <<

Ich nickte.

>>Charlie. <<, sagte Carlisle. >>Da du nie wieder gesund werden wirst, müssen wir uns bald entscheiden. Ich bin mir sicher, dass du nicht sterben willst, und so hast du nur noch eine Chance: Wie wir zu leben. Charlie, wir, die Cullens, sind schon seit langer Zeit keine Menschen mehr. Wir sind alle schon über hundert Jahre alt. Nur Bella ist nach ihrer Hochzeit mit Edward und der Geburt von Nessi so wie wir geworden.

Und weil Bella zugestimmt hat, dich zu einem von uns zu machen, wollen wir dir, wenn du willst, so ein Leben als Chance geben. <<

Er ließ Charlie einen Moment Zeit, das Gesprochene zu verarbeiten.

>>Wenn ihr keine Menschen seid, was seid ihr dann? Ihr seid doch keine Werw... Ihr seid doch nicht wie Jacob? <<, fragte er.

>>Nein Dad! Was hast du dir heute gedacht, als du mich in einem blutbefleckten Kleid gesehen hast? <<

Ich wollte nicht direkt sagen was wir waren.

>>Ich habe gedacht, du wärst schlimm gestürzt... Aber so war es nicht, hab ich recht? <<

>>Du hast recht, Charlie. Ich habe Maultierhirsche gejagt und ihr Blut getrunken. Wir sind Monster, Dad! <<, sagte ich.

>>Seid ihr nicht, sonst hättet ihr mich wahrscheinlich schon längst aufgegessen... Aber, na gut! Wir nehmen mal an, ihr wäret Monster, << er dehnte das Wort. >>Was seid ihr denn für welche? <<

Rose verdrehte die Augen.

>>Welche Monster trinken normalerweise Blut, Charlie? <<, wollte sie von ihm wissen.

Endlich begriff er. >>Ihr seid Vampire? <<

>>Ja. Wir sind alle Vampire. Aber keine Sorge, denn wir trinken nur Tierblut. Wir wollen keine Monster sein. <<, sagte Carlisle.

Jetzt kam Rose zu Wort: >>Wir sind eigentlich schon alle tot, denn in unseren Adern fließt kein Blut mehr, unser Herz schlägt nicht und wir brauchen keine Luft, denn unsere Lunge wartet nicht darauf. <<

Obwohl Charlie nun sehr überfordert aus sah, fragte er doch weiter: >>Und ihr wollt mich zu einem Vampir machen? <<

>>Genau, Dad. Denn ich will dich nicht verlieren. Ich wollte dir eigentlich die Qualen und Schmerzen, die das Vampirgift verursachen, ersparen, aber du kannst nur, wenn du diese aushältst, weiterleben. Willst du? <<

Charlie starrte mich nur mit großen Augen an, statt mir zu antworten.

Wir warteten, bis er sich beruhigt hatte und wieder etwas sagen konnte.

>>Wie kommt denn dieses Vampirgift in meinen Körper? <<, wollte er dann wissen.

>>Das Gift kommt durch einen Biss in deinen Körper. Das Gift wird sich in deinem Körper verteilen und dir große Schmerzen bereiten. Es wird sich so anfühlen, als ob du aus deinen Inneren heraus verbrennen würdest. Aber wir können dieses Feuer ein Bisschen lindern, indem wir dir Morphium verabreichen. <<, erklärte Carlisle.

>>Und wer wird mich beißen? <<, fragte Charlie.

>>Ich oder Carlisle. Du musst es wissen, denn du bist derjenige, der gebissen wird. Aber wenn du von mir gebissen werden willst, muss ich dich warnen: Meine Selbstbeherrschung ist zwar gut, doch es könnte sein, dass ich nicht aufhören kann, dass ich dich selber töten werde. Es wäre vielleicht besser für dich, wenn Carlisle es tut...<<

>>Nein, ich möchte von dir gebissen werden. Wenn ich dabei umkomme, bin ich nicht um sonst gestorben, sondern konnte meine Tochter noch nähren. <<, unterbrach Charlie mich scherzhaft und lachte auf, als ich leise zu knurren begann. >>Aber jetzt mal im Ernst, ich möchte von dir gebissen werden, weil ich genau weiß, dass du mich nicht töten wirst. <<

>>Ich stimme deinen Vater zu, Bella. Du wirst es schaffen. Und nun lasst uns Charlie alleine lassen, damit er seine Entscheidung noch mal überdenken kann. Außerdem kommt Alice in ein paar Minuten zurück, ich will sie um Rat fragen. <<, Carlisle winkte Rose und mich zur Tür.

Wir gingen zur Treppe hinunter und ließen meinen Vater zurück.

Edward saß auf dem Sofa und breitete, als ich zu ihm kam, die Arme nach mir aus.

>>Wie geht es ihm? <<, fragte er, als ich mich neben ihm in seine Arme kuschelte. Er liebkoste mit seinen weichen Fingern mein Gesicht.

>>Gut soweit. Doch Carlisle sagt, dass er nie wieder gesund werden wird. Also haben wir ihn in unser Geheimnis eingeweiht, unter dem Vorwand, dass er ja sowieso verwandelt wird. Er hat es vergleichsweise gut aufgenommen, was ganz untypisch für ihn ist, und hat mir gesagt, dass ich in verwandeln soll. <<

Abrupt setzte Edward sich auf und sah mir tief in die Augen. >>Traust du dir das denn zu? Ich meine, du bist zwar sehr beherrscht, aber es besteht immer noch die Gefahr, dass du es nicht schaffst, dass du nicht aufhören kannst... Vor allem weil er doch fast so gut riechst wie du als Mensch...<<

>>Das weiß ich doch und ich hab es ihm auch gesagt. Aber Charlie hatte keine Zweifel daran, dass ich es nicht schaffe. Er hat volles Vertrauen, das ich ja überhaupt nicht verdiene, in mich. <<

>>Ich bin auch seiner Meinung, denn er hat vollkommen recht mit seiner Ansicht. <<

Er gab mir einen Kuss aufs Haar und lehnte sich wieder entspannt zurück.

Alice und die anderen kamen zur Hintertür herein und meine Lieblingsschwester kam sofort zu mir.

Sie wirkte aufgebracht und besorgt.

>>Ach Bella, es ist meine Schuld. Wenn dieser blöde Hund heute Morgen nicht dagewesen wäre, hätte ich Charlies Reaktion vorhersehen können und hätte dich aufgehalten Es wäre nicht zu dieser Situation gekommen. Es tut mir so leid. <<

>>Du bist nicht schuld, Alice. Wir hätten nicht reingehen sollen. Aber mein Egoismus machte mich so sicher, dass sich alles zum Guten entwickeln würde...<<, sagte Edward.

>>Hört auf. <<, sagte ich. Es war so lästig, dass sie sich immer die Schuld gaben. >>Alice, ich möchte nicht wissen, wer Schuld hat an Charlies Zustand, sondern ob es so noch Hoffnung für ihn gibt, dass er als Mensch weiterleben kann. <<

>>Gib mir einen Augenblick! <<, sagte sie und wurde still. Während sie in die Zukunft blickte, starrte ins Leere und wippte langsam vor und zurück.

Als sie antwortete, klang sie wieder bedrückt. >>Nein , Bella. Du musst ihn verwandeln, denn das einzige, was ich von Charlie sehe ist, dass er ein Vampir wird. Nach meinem Wissen, gibt es keine andere Möglichkeit! <<

Carlisle, der alles aus einiger Entfernung mitgehört hatte, kam nun zu uns und fragte: >>Sollen wir ihn dann sofort verwandeln? <<

Ich nickte.

>>Ich gehe schon mal hoch und gebe ihm das Morphium! << Er ging zur Treppe hoch.

Edward zog mich vom Sofa. >>Komm, Bella. Charlie wartet und er soll doch nicht leiden, oder? <<

Ich antwortete nicht, aber ging neben Edward die Wendeltreppe hoch. Rose und Alice folgten uns.

Carlisle Arbeitszimmertür stand offen, also gingen wir direkt hinein.

Charlie hielt gerade Carlisle einen Arm hin, damit dieser im das Morphium spritzen konnte.

Ich ging zu ihm hinüber.

>>Bist du dir immer noch sicher, Dad, dass ich dich verwandeln soll? <<

Er verdrehte die Augen. >>Ach Bella. Natürlich bin ich mir sicher. Wir haben das doch schon besprochen und ich habe nichts an meiner Entscheidung geändert. Nun komm, gib dir einen Ruck und umarm deinen Vater noch mal. <<

Ich schlang einen Arm um seine warme Mitte, was meine Kehle zum brennen brachte. Doch in diesem Moment war es für mich eine Leichtigkeit nicht darauf zu achten.

Als er zu zittern begann ließ ich ihn los und wich ein Stück zurück.

Dann sagte Carlisle ich solle noch ein wenig warten und wenn das Morphium wirkte sollte ich es versuchen.

Ich setzte mich auf einen der Stühle an der Tür neben Edward und wartete eine viertel Stunde.

>>Bella du kannst jetzt. Beiß zu und hör sofort wieder auf, okay? Ich weiß, dass du das kannst- wir alle glauben an dich! <<

Ich nickte Carlisle zu und ging wieder zu Charlie, dieser lächelte zaghaft.

>>Bist du soweit? <<, flüsterte ich. >>Hast du es dir auch gut überlegt, denn du weißt ja, dass wen ich mich jetzt nicht zurückhalten kann, dass dein Leben sehr schnell vorbei sein kann. Soll es nicht doch lieber Carlisle machen? <<

Charlie schüttelte nur den Kopf.

Ich lief das letzte Stück auf ihn zu, legte die Lippen an seine Kehle und biss dann zu...

 

 

 

Es war sehr schwer aufzuhören, denn Charlies Blut schmeckte noch tausend Mal besser, als es roch.

Doch ich schaffte es, indem ich mir immer wieder im Gedanken sagte, dass ich ihn ja verwandeln und nicht töten wollte.

Ich hatte aufgehört, worüber ich sehr stolz war.

Charlie war bei meinem Biss in Ohnmacht gefallen und war das jetzt immer noch, während mein Gift in ihm wütete.

Edward und ich waren nun schon zweieinhalb Tage tagsüber und nachts jede Sekunde bei ihm.

Doch nun ergriff Edward meine Hand. >>Willst du mit mir jagen gehen? <<, fragte er.

>>Nein, Liebster. Ich möchte bei ihm bleiben, denn ich will nichts verpassen wenn er aufwacht. Und du bleibst bitte auch bei mir, ja? <<, sagte ich flehend. >> Wenn du im Gegensatz zu mir durstig bist, kannst du ja jemanden fragen, ob er dir was von der Jagd mitbringen kann...<<

>>Das macht zwar keinen Spaß, weil man es nicht selber jagt, aber wenn mein Durst zu unerträglich wird, werde ich deinen Vorschlag in Betracht nehmen. Ich bleibe natürlich bei dir. Wie könnte ich auch eine Bitte von dir ablehnen? <<

Er beugte sich von seinem Stuhl zu mir rüber und küsste mich auf die Stirn.

Als ich >>Danke! << sagte, wanderte er mit gierigen Küssen von meiner Stirn herab, küsste mir beide Augenlieder, ging weiter, um meine Nasenspitze zu küssen und hielt schließlich inne, als er an meinen Mundwinkel angekommen war.

>>Gern geschehen. Für dich würde ich doch alles tun, wie du ja auch weißt. <<

Ich nickte kurz, bevor er seine Lippen fest auf meine presste.

Nach einer Weile klopfte es.

>>Komm doch rein, Sophia. <<, sagte Edward und hob mich von meinem Stuhl auf seinen Schoß.

>>Wann wird Charlies Verwandlung abgeschlossen sein? <<

>>Ich weiß es nicht, Sophia! <<, sagte ich und drehte mich zu Edwards Gesicht nach hinten um.

>>Vielleicht morgen. Ich weiß es nicht genau. <<, sagte er.

>>So lange noch? <<, fragte Sophia zurück und raubte mir damit meine eigenen Worte.

Edward zuckte die Schultern. >>Bei Bella dauerte es auch so lange. Aber es kann sein, dass es bei Charlie anders ist und es nur noch Stunden, Minuten, oder sogar nur noch Sekunden dauert...<<

>>So! <<, sagte Carlisle, als er in Nessis Begleitung den Raum betrat. >>Es wird bald vollendet sein. Es dauert nur noch Minuten... Horcht auf sein Herz, welches sehr schnell schlägt und...<<

>>Ja? Es wird nicht mehr lange dauern? <<, unterbrach Nessi ihn.

>>Genau, meine Kleine. Charlie wird vielleicht in weniger als einer halben Stunde aufwachen.<<, antwortete Carlisle ihr und lachte kurz auf, als Nessi, die bereits auch als Teenager stark voran geschritten war und nun knapp als Sechzehnjährige durchgehen könnte, bei meine Kleine das Gesicht verzog und kurz leise knurrte.

>>Für genaueres muss ich allerdings erst Alice fragen. <<, sagte er nach kurzen Schweigen und wendete sich ihr kurz zu.

Nun erinnerte ich mich an etwas, was weniger gut war, als alles andere: >>Was ist mit den Wölfen und was ist mit den ganzen Quileuten? Wir dürften doch nach ihrer Meinung keine neuen Vampire erschaffen...<<

>>Keine Sorge, Bella. Es ist alles geklärt. Der Stamm wollte nicht, dass Charlie stirbt, sodass ich mit Sam und den Ältesten des Stammes, also Billy Black, endlich ein Abkommen geschlossen habe: Das alte Gesetz wurde aufgelöst, sodass wir wieder sowohl nach LaPush dürfen, als auch Vampire erschaffen, vorausgesetzt, der betroffene liegt im Sterben.<<, verkündete uns Carlisle feierlich. >>Ich finde, dass wir dieser Bedingung sehr leicht folgen können, hab ich recht? <<

Wir stimmten ihm alle zu.

Da klingelte Carlisles Handy. Er nahm mit einem >>Dr. Cullen, guten Tag! << ab.

Am anderen Ende der Leitung fing leise jemand zu reden an, den wir mit unserem guten Gehör alle hören konnten.

>>Hallo, hier spricht Hilfssheriff Marks. Ich rufe wegen Chif Swan an, der gestern zu ihnen gefahren ist, um seine Tochter zu besuchen. Heute Morgen ist er nicht zur Arbeit gekommen. Ist ihm irgendetwas passiert? <<

>>Ach so, natürlich. Entschuldige, dass ich sie nicht benachrichtigt habe. Mr Swan ist gestern Abend, als er zurück zu seinem Wagen gehen wollte auf der Treppe ausgerutscht und hat sich den Rücken verrenkt. Machen sie sich keine Sorgen, denn es ist nicht annähernd so schlimm wie es klingt. Aber trotzdem möchte ich ihn ein Bisschen bei mir behalten, bis es ihm besser geht, denn schließlich bin ich nicht umsonst Arzt. <<, sagte Carlisle schmunzelt. Ich beneidete ihn dafür, dass er so überzeugend lügen konnte. Hätte ich nicht die Wahrheit gewusst, würde ich ihm wahrhaftig glauben.

>>Ich schicke ihnen ein Krankschreiben zu, okay? <<, fügte Carlisle hinzu.

>>In Ordnung. Dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Tag. <<, sagte Marks und legte auf.

>>Gut, dass wir das schon mal geklärt hätten! <<, murmelte Carlisle erleichtert und ließ sein Telefon zurück in seine Hosentasche gleiten.

>>Carlisle? <<, rief Edward, der Charlie die ganze Zeit konzentriert anschaute.

>>Was ist denn, mein Sohn? <<

>>Horche! <<, sagte er und zeigte auf Charlie.

Alle wurden still und hörten einen Augenblick auf Charlies unregelmäßigem Herzschlag. Charlies Herz schlug sehr schnell; fast zu schnell, sodass ich wusste, dass es bald vorbei sein würde.

>>Nessi, geh runter und hol die anderen. Dein Opa wird bald aufwachen. <<, sagte ich zu ihr.

Sie sprang auf und rannte im schnellen Tempo die Treppe hinunter.

Edward und ich saßen noch immer bei Charlie. Edward schlang die Arme um meine Mitte.

>>Ich bin so stolz auf dich, denn du konntest dich so gut beherrschen. Ich kann bis jetzt immer noch nicht glauben, dass du erst ein Jahr lang in dieser Existenz lebst. Ich liebe dich so sehr, du bist mein Leben, Liebste! <<

>>Ich liebe dich noch mehr. <<, sagte ich grinsend.

>>Stimmt gar nicht! <<, gab er zurück und fing an zu lachen.

Ich zuckte die Schultern. >>Wenn du meist!<<

Dann musste ich ebenfalls lachen.

Ich schloss die Augen und lauschte Edwards melodisches Lachen, doch als er plötzlich verstummte, sah ich ihn verwundert an.

Er zeigte wieder Mal auf Charlie. Und automatisch lauschte ich wieder seinen Herzen: Es schlug unmöglich aber war noch schneller als gerade.

Doch jetzt hörte ich nur noch einen einzigen schwachen Schlag, dann verstummte sein Herz vollkommen.

Im Raum befanden sich solange nur Statuen, bis Edward mich an meinem Ärmel vom Stuhl und zum hinteren Teil des Raumes zog, wo meine Familie und die Deutschen versammelt waren.

Ich stellte mich zu den anderen an die Wand und Edward baute sich mit dem Rücken zu mir vor mir auf. Ich wusste sehr wohl, warum er das tat, denn von Charlie ging wohl oder übel Gefahr aus, selbst für uns. Edward wollte mich vor ihm schützen.

Doch es gab einige Sachen, über die wir uns alle nicht in Klaren sein konnten, noch nicht. Zum Beispiel, ob Charlie genauso sein würde wie ich. Wie ich mit meinem tollen Selbstbeherrschung. Oder ob er ganz anders werden würde, nämlich eine neugeborene Tötungsmaschine, die jeden Menschen in einen Umkreis von zehn Meilen anfiel.

>>Es ist so weit. <<, trällerte Alice nun. >>Er wird in zwei Sekunden die Augen öffnen. <<

Sie hatte recht: Charlie wachte endlich auf. Fast drei lange Tage hatte ich bei ihm gesessen, nur um auf diesen Moment zu warten.

Nun richtete er sich auf, sah sich eine Achtelsekunde verwirrt um und sprang mit einer geschmeidigen Bewegung auf, die ich so an Charlie noch nie gesehen hatte. Dann stand er unruhig an der Wand gegenüber von uns.

>>Charlie<<, sagte Carlisle beruhigend und machte einen Schritt auf ihn zu. >>Wie geht es dir? <<

Charlie zog seine Augenbrauen verwundert nach oben. >>Mir geht es ausgezeichnet, außer dass ich etwas verunsichert bin. Ich habe von den Qualen, die ihr mir prophezeit habt, überhaupt nichts mitbekommen. <<

>>Sehr gut! Ich glaube, wir haben diesmal wirklich alles richtig gemacht. Und du leugnest nicht, dass du keine Schmerzen hattest? <<

>>Nein, wieso sollte ich auch lügen? <<, fragte Charlie mehr zu sich selbst.

Carlisle überlegte kurz. >>Du bist so beherrscht... Noch beherrschter als Bella es am Anfang war. Das muss an der Familie liegen...<<

Es kam nun Leben in mich: Mein Vater lebte- zumindest auf eine Art. Ich hatte ihn nicht verloren, sondern ihm eine zweite Chance auf ein Leben gegeben, und er hatte diese genutzt.

Ich zwängte mich an Edward vorbei, der das geschehen ließ und mir zu Charlie folgte. Wir blieben neben Carlisle stehen und ich streckte zögert eine Hand in Richtung Charlie aus.

Mein Vater legte seine Hand in meine und sagte: >>Danke, Bella. Danke, dass du den Mut hattest mich zu retten. Ich bin dir etwas schuldig. <<

>>Naja, Charlie<<, sagte Edward herausfordert. >>Vielleicht kannst du deine Schuld begleichen, wenn du dazu bereit bist dir den Spaß des Jagens nicht entgehen zu lassen...<<

>> Jagen? Bella, was meint Edward damit? <<

Ich lachte auf. >>Ach Charlie! Du bist durstig, wie ich am Anfang. Du musst deinen Durst stillen, indem du Blut zu dir nimmst. Es ist ganz einfach, da du ja jetzt ein Vampir bist. Wir zeigen es dir! Vielmehr aber wird dich dein Instinkt leiten. Komm...<<

Ich ging zur Treppe hinunter und zog Edward mit. Charlie lief uns voller Verwirrung hinterher.

Edward hatte die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen gepresst um nicht über meinen verwirrten Vater zu lachen. Zusammen mit Charlie und mir verließ er das Haus durch die Hintertür und blieb am Flussufer stehen.

>>Nun gut, Dad! <<, sagte ich. >>Wir werden jetzt jagen! Guck uns einfach zu uns versuch es dann auch, okay? <<

Charlie nickt kurz.

>>Sehr schön<<, sagte Edward lachend. >>Dann versuch uns mal zu folgen. <<

Als wäre ein Startschuss gefallen, raste Edward los und zog mich mit. Er lief so schnell, als gäbe es etwas zu gewinnen, doch dann verstand ich, was er wollte: Er testete Charlie auf Schnelligkeit.

Dann aber hörte er plötzlich etwas und wurde langsamer und auch ich konnte es hören. Es rannte jemand auf uns zu.

Wir blieben stehen und, noch bevor Charlie uns eingeholt hatte, war schon eine Vampirin vor uns.

>>Wer bist du, Fremde? Stell dich vor! <<, forderte Edward auf.

>>Ich heiße Annika. Ich komme in Frieden. Aber falls ihr mich angreifen wollt, lasst es lieber, denn ihr würdet sowieso nicht gegen mich gewinnen können...<<

>>Warum das denn nicht? << Fragte ich.

>>Das ist meine Gabe: Sie macht mich unbesiegbar! <<, sagte Annika. >>Na auf jeden Fall bin ich auf der Flucht vor de Volturi, denn Aro will mich wegen meiner Gabe unbedingt haben. Darf ich bei euch bleiben, bis ich wieder sicher bin? <<

>>Dieses Problem kennen wir schon<<, meinte Edward. >>Natürlich könntest du bei uns bleiben, aber dafür müsstest du ein paar Regeln befolgen und erst mit Carlisle sprechen. <<

>>Okay, aber wer seid ihr überhaupt und wer ist Carlisle? <<

>>Oh tut mir leid, dass wir so unhöflich waren. Das sind meine Frau Bella und ihr Vater Charlie. Aber nun gut, geh und folge unserem Geruch bis zu unserem Haus. Wir müssen nun jagen! Frag bei uns nach Carlisle und sprich mit ihm über deine Bitte, in Ordnung? <<

Annika nickte zustimmend und lief in die Richtung aus der wir gekommen waren.

>>Nettes Mädchen<<, sagte Charlie, als Annika außer Sicht war.

>>Alles klar, Dad, aber bedenke, dass sie viel zu jung für dich ist...<<, erwiderte ich und schlug ihm leicht auf den Rücken.

 

 

Als wir mit Charlie vom Jagen zurück kamen, gingen Edward und ich zu Annika, die sich fortgehend mit Carlisle unterhielt.

>>Du solltest auch mal Tierblut probieren, meine Teuerste<<, sagte Carlisle gerade, worauf Annika leicht das Gesicht verzog. >>Es schmeckt, kommt drauf an welches Tier es ist, fast genauso wie menschliches Blut. <<

Doch Annika ließ sich so schnell nicht überreden: >> Ich kann mir aber vorstellen, dass es nicht so gut sättig und außerdem denk ich mal, dass ich dadurch das schöne Rot meiner Augen verliere. <<

Carlisle lachte auf. >>Du stellst dir aber was vor. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst dass deine Augen von einmal Tierblut so Goldbraun werden wie unsere. Ich kann dir sagen, dass sie ein wenig aufhellen werden, aber die Farbe verlieren sie erst nach, sogar für uns, unzähligen Malen.

>>Na gut! Unter diesen Umständen werde ich es ein einziges Mal probieren. <<

>>Sehr vernünftig, junge Dame. <<, sagte Emmett und tauchte hinter uns auf. >>Ich will aber mal dem Gerücht nachgehen, dass du unbesiegbar bist! <<

Annika lächelte vergnügt. >>Was schlägst du vor? <<

>>Ich fordere einen Zweikampf: Armdrücken! <<

>>Wenn du auf Niederlagen stehst... Aber ich tröste dich nachher nicht, wenn du vor Verzweiflung trockene Tränen heulst! <<

Annika folgte Emmett zu einem Granitbrocken am Fluss.

>>Ich werde dich auch nicht trösten, du Witzfigur...<<, brummte Emmett und wir sahen alle von etwas Entfernung zu, wie er seinen Ellenbogen auf den Stein schlug, was einen lauten Knall erzeugte, und wie Annika seine Pranke nahm.

Edward neben mir grinste, denn er wusste wie Alice sowieso schon, wie es ausging.

Dann gab er das Startsignal und nicht eine hundertstel Sekunde später ertönte schon ein Krachen, dass Emmetts Arm beim Aufprall erzeugte.

Annikas Blick war voller Triumph und Emmett aber grunzte ärgerlich, worauf wir alle lachten.

>>Emmett, ärgere dich nicht<<, sagte Edward beschwichtigend. >>Ich glaube ganz fest daran, dass du hättest besiegen können, hätte sie nicht diese erschreckend erstaunliche Gabe. Alle hier wissen, dass du der stärkste Vampir weit und breit bist. <<

Doch Edwards kichern deutete darauf hin, dass er es genauso witzig fand, wie wir anderen auch, dass Emmett sich so ärgerte.

Es wurde langsam dunkel, und ich dachte daran, dass die Nacht eigentlich nur Edward und mir gehörte.

Nessi war heute bei Jake, wie fast jede Nacht, also hatten wie das Häuschen eigentlich für uns- Fast...

>>Sollen wir aufbrechen? <<, fragte Edward verführerisch.

>>Ja, aber was ist mit Charlie? Soll er mitkommen? <<

>>Warum nicht? Ich frag ihn mal...<<

Er rief Charlie zu uns und fragte ihn, was er davon hielt, etwas Abstand von der Großfamilie hier zu bekommen. Er wusste genauso wie ich, dass er ein überzeugter Einzelgänger war.

Er fand die Idee großartig und so machen wir uns zu dritt auf den Weg.

>>Wo kann ich mich zurückziehen und über die ganze verrückte Situation nachdenken? <<, fragte Charlie uns, als wir mit ihm im Wohnzimmer standen.

>>Bleib ruhig hier, Charlie. Wir sind sowieso im Schlafzimmer und werden unsere Ruhe genießen. Fühl dich hier wie zu Hause<<, sagte Edward und zog mich hinter sich her ins Schlafzimmer. Dann schloss er die Tür hinter uns, nachdem er einen letzten Blick auf Dad geworfen hatte.

>>Charlie hat sich auf unsere Couch gesetzt und sieht sich jetzt ein Baseballspiel an. Der ist beschäftigt. << So erklärte Edward mir die Lage.

Ich ging zur Terrassentür und sah hinaus auf den kleinen Teich, der im Mondlicht glitzerte wie wir im Sonnenlicht.

Er stand hinter mir und liebkoste meinen Nacken. Als ich mich zu ihm umdrehte, ging es sehr schnell, dass seine Lippen auf meinen lagen. Ich schloss die Augen und genoss seine atemberaubenden Küssen, die eine solche Leidenschaft besaßen, dass sie ein Haus damit hätten zertrümmern können. Es wäre ja erst unser erstes im Gegensatz zu Rose und Emmett... Das erzählte der bärenhafte Vampir jedenfalls.

 

 

Es wurde langsam hell, als es klopfte. Ein unpassender Moment, doch Edward setzte mich schnell auf seinen Schoß, bevor Marlin und Sara hereinkamen.

Sara sah unsere Umarmung einen Augenblick an, dann war ihr Blickkontakt zu uns auch schon wieder beendet.

Auf jeden Fall wusste ich warum die beiden hier waren: Jeder konnte mal Platzangst kriegen, wenn ungefähr fünfzehn Vampire im großen Haus waren.

>>Hallo, ihr zwei. Ich hoffe, wir stören nicht! <<, sagte Sara.

>>Nein, überhaupt nicht<<, sagte Edward hörbar ironisch.

Sara lächelte entschuldigend. >>Charlie will dich sprechen, Bella! <<

Es begann wieder in mir zu kochen: >>Oh, nein! Nein Sara, ich werde nicht zulassen, dass Edward nur eine Millisekunde mit dir alleine ist... Vor allem nicht in diesen Zimmer! Edward kommt mit mir und ihr... das ist mir eigentlich total egal...<<

Ich stand auf und zog Edward mit mir zum Wohnzimmer, während Sara und Marlin in den Garten gingen.

>>Dad, du wolltest mit mir sprechen? <<, sagte ich und setzte mich mit Edward auf die Couch.

>>Ja, ich hab die Tür ersetzt. Mir war Langweilig...<< Das war mal was ganz anderes für jemanden wie Charlie.

>>Dad, lüg mich nicht an. Ich weiß genau, dass du so was, auch in deiner neuen Existenz, nie freiwillig machen würdest. <<, stellte ich klar und schaute zur Bestätigung zu Edward, der mir liebevoll zunickte.

>>Trotzdem war es aber doch sehr nett von Charlie, dass er es getan hat, oder? <<, fragte er.

Ich nickte. >> Natürlich! Aber doch muss du zugeben, Dad, das das nicht der eigentliche Grund war weshalb du mit mir reden wolltest und du die Tür repariert hastet. <<, schlussfolgerte ich.

>>Stimmt! Ich möchte gerne die Sache mit deinem Menschenleben mit Edward klären, denn so langsam glaube ich die Geschichten und Ausreden nicht mehr. <<, sagte Charlie bestimmend. >>Bella, als du einmal nach Volterra, dass, wie ich jetzt weiß, in Italien liegt, geflogen bist, hast du es nicht getan, nur um Edward davon zu überzeugen, wieder zurück zu kommen, hab ich recht?<<

>>Nein, Charlie! Das war eines der vielen Male, in denen Vampire vorkamen. Müssen wir diese dir denn haarklein nacherzählen? <<, fragte Edward höflich, doch auch ein wenig genervt.

Doch ob wir das mussten oder nicht, würden wir so schnell nicht erfahren, denn plötzlich stand Alice, die so besorgt aussah, dass ich sofort aufsprang, in unserem Wohnzimmer.

>>Bella, es ist keine gute Idee, heute feiern zu gehen! <<, sagte sie.

>>Feiern? Wieso feiern? <<, fragte ich verblüfft.

>>Ja doch! Du willst heute Nessis Geburtstag nachfeiern, auch wenn du es nicht weißt... Auf jeden Fall, tu es nicht. <<, sagte sie bestimmend.

>>Alice hat etwas Beunruhigendes gesehen<<, erklärte Edward, bevor ich hätte >warum? < fragen können. >>Bitte erzähl es uns, Alice! Deine Gedanken sind nur ein einziges Wirrwarr, ich kann nichts Produktives erkennen...<<

>>Kein Wunder, bei den Informationen, die meine Vision beinhaltet! <<, sagte sie gewitzt, dann erzählte sie endlich: >>Aro und Caius sind zu dem Hotel gekommen, in dem wir feiern hätten sollen. Sie waren ohne Wachen und Leibwächter, schienen jedoch nicht so friedlich zu sein. An sie dran geheftet spürte ich eine sehr negative Energie, konnte aber sonst nichts erkennen.

Sie traten auf unser Hotel zu und dann sah ich nichts mehr...

Die Vision war damit beendet. <<

>>Was hat das zu bedeuten? <<, fragte ich.

>>Auf jeden Fall, dass wir nicht feiern gehen sollten. Die Volturi würden wissen, wo wir uns aufhalten. <<, sagte Alice schlicht.

>>Ja, aber wieso waren sie nur zu zweit ohne Leibwächter oder gar Gefolgschaft? <<, fragte sich Edward. >>Bedeutet es, dass es keine mehr gibt oder ist es ein Hinterlist, um uns im Glauben zu halten, sie wären ungefährlich und kämen in Frieden. <<

>>Wenn aber das Erstere deiner Theorie der Fall ist, was ist dann mit der negativen Energie, die an ihnen haftete? <<, mischte ich mich in seinen Glauben ein.

>>Wenn ich das wüsste, Schwesterchen, dann wäre die ganze Sache hier einfacher. <<, sagte Alice und seufzte. >> Lasst uns zu Carlisle und den anderen gehen und einen Familienrat abhalten. Mal sehen, was sie zu unseren Schlussfolgerungen sagen. <<

Da wir all den Vorschlag in Ordnung fanden, holten wir Marlin und Sara aus dem Garten und hasteten zu unseren Clan-Hauptsitz.

Dort angekommen riefen wir alle zusammen und erzählten ihnen von Alice´ Gesehenem.

>>Wir sollten uns darauf vorbereiten, dass, aus welchen Grund auch immer, zumindest Aro und Caius in den nächsten Stunden oder Tagen hier auftauchen werden. Da wir vorerst nicht wissen, was sie von uns wollen, müssen wir uns auch auf einen Kampf vorbereiten. <<, rief Carlisle in unsere Runde von knapp zwanzig Vampiren. >> Außerdem will ich- das ist mein einziger Befehl an euch, liebe Freunde-, dass die Deutschen mit Annika zusammen sofort das Weite suchen. <<

Die Angesprochenen sahen ihn verwundert an.

>>Carlisle hat Recht. Wir wollen niemanden Außenstehenden in einen Kampf verwickeln und riskieren, dass einer davon getötet wird. An Annika haben die Volturi Interesse, was bedeutet, dass sie von hier schleunigst verschwinden muss, noch bevor die Volturi hier aufkreuzen. <<, bestärkte Edward die Ansage seines Vaters.

Und die Betroffenen folgten diesen Rat und machten sich auf den Heimweg, während wir unsere Kampftechniken ausbauten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

BESUCHE

 

Wir alle, die gesamten Cullens, standen auf der Wiese hinter dem Haus.

Alice hatte gesagt, dass sie (genauer konnte man es noch nicht beschreiben, denn wir wussten ja nicht genau, wer es alles war) kommen würden und, sollte es zu einem Kampf kommen, waren wir dazu bereit.

Jasper tat mir ein wenig leid, denn er musste die große Anspannung spüren, die in uns allen gerade vorging. Und diese würde sich auch nicht legen, bis hier alles vorbei war.

Wir warteten sehr lange, doch dann war es auch soweit: Als mir zwei Gerüche, die von Aro und Caius, in die Nase zogen, standen die Verursacher auch schon vor uns.

Doch auch wenn nur Aro und Caius zu sehen waren, breitete ich mein Schild um meine Familie aus, denn es hätte immer noch ein Hinterhalt seien können.

Aro hob zur Begrüßung eine Hand und sagte: >>Caius und ich, wir kommen in Frieden. Es gibt für euch keinerlei Grund zur Besorgnis, denn wir sind gekommen, um euch um etwas zu bitten...<<

Carlisle rückte ein Stück aus unserer Formation vor und gleichzeitig vergrößerte ich mein Schild, um ihn wieder schützen zu können.

>>Bella<<, flüsterte Edward mir zu und drückte leicht meine Hand. >>Du kannst aufhören, dich anzustrengen. Ich kenne ihre Gedanken und weiß, wieso sie hier sind. Bemühe dich nicht um dein Schild und zieh es wieder ein. <<

Ich befolgte seinen Rat natürlich.

>>Also, mein guter Freund, warum habt ihr den langen Weg zu uns gemacht, wenn nicht, um zu kämpfen? <<, fragte Carlisle.

>>Wir haben ein großes Problem! Wir, Oberhäupter der Volturi, werden unseren Clan aufgeben müssen, Carlisle. Es wird uns nicht mehr geben. Denn es war so: Als wir aus euren Gebiet nach der Auseinandersetzung wieder zurück nach Volterra kamen... Ja, ab diesem Zeitpunkt verließ uns nach und nach unsere Gefolgschaft. Nach ein paar Wochen waren wir nur noch zu viert: Jane, Alec und unsere Wenigkeit. Unser eigener Bruder Marcus selbst hatte die Flucht ergriffen, weil er, wie er mir sagte, keinen Tag länger ertragen könne, was wir waren...<<

>>Nun? Was können wir jetzt tun, um euch zu helfen? <<, fragte Carlisle weiter.

>>Caius, Alec, seine Schwester und ich haben lange nachgedacht, was nun zu tun ist, und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass man zu viert keine Gesetzeshütung mehr betreiben kann.

Deshalb kamen wir zu euch: Ihr seid jetzt die mächtigste Familie unserer Existenz und seid wie wir in der Lage Gerechtigkeit auszuüben. Allerdings sind wir uns einig, dass ihr einige Gesetzte verändern oder sogar auslöschen solltet. Wir sind davon überzeugt, dass ihr das alles besser hinbekommen könntet als wir in unserer Blütezeit. Wir waren ein mörderisches und egoistisches Volk, ihr hingegen seid fair und setzt euch auch für andere ein- egal, was sie sind.

Carlisle, diese Frage geht an dich als deines Clans Oberhaupt: Glaubst du, ihr könntet unser Amt übernehmen? <<

Es blieb lange still und ich nutze die Zeit, um das alles noch mal zu durchdenken. Er würde uns sein Amt überlassen, das Amt der Volturi. Es würde keine unnötigen Kriegszüge, die für die Gegner in zwei von drei Fällen immer tödlich geendet hatten, mehr geben.

War das hier alles wahr?

>>Lieber Aro! Wenn es das einzige ist, was ich in deiner Lage für dich tun kann, dann werde ich zusammen mit meiner Familie dein Amt weiterführen, wenn auch etwas anders- gerechter für alle...<<, sagte Carlisle schließlich nach langen Überlegen.

Noch nie hatte er so lange für etwas überlegen müssen, aber es war verständlich, denn es war kein so einfacheres Thema.

>>Ich danke dir, mein Freund! Du darfst alles so einrichten, wie du es für richtig hältst. Wie gesagt, du darfst auch Gesetze verändern oder aufheben. <<, sagte Caius.

>>Genau das werde ich tun, Caius! <<, erwiderte Carlisle schlicht.

Und so wurden wir die neuen Volturi, die Oberhauptsfamilie der gesamten Vampire.

Der Tag endete so gut wie nie und wir waren in Hochstimmung, als Edward, Charlie und ich zu unserem Haus zurück liefen. Aro kam mit uns und ich war nicht misstrauisch, denn er schickte Caius weg, weil er mit uns alleine reden wollte. Wie wollte er auch gegen drei hochbegabte Vampire etwas ausrichten, ohne ein großes Risiko eingehen zu müssen?

So gestatteten wir, dass er eintreten durfte und wir setzten uns alle auf das Sofa in unserem Wohnzimmer.

>>Was ist mit Jane und Alec, Aro? Warum sind sie nicht mitgekommen? <<, wollte ich von dem alten Vampir wissen.

Dieser seufzte: >>Ach, es hat mit der Besiegung von ihnen zu tun, denn sie sind sauer auf euch, da sie nichts gegen euch Cullens ausrichten konnten. Dazu war deine Gabe, Bella, natürlich zu mächtig! Deshalb wollten sie auch nicht mitkommen, wenn wir unsere Macht auf euch übertragen. <<

>>Sag ihnen einen schönen Gruß von mir, wenn du zurück nach Volterra gehst. Sie sollen mir verzeihen, denn für meine Gabe kann ich ja nichts. <<, sagte ich nett, und das gelang mir sehr gut, denn ich konnte langsam eine neue, gute Seite an Aro erkennen.

>>Wenn ich das könnte, würde ich dir gerne diesen Gefallen tun<<, antwortete mir Aro und seufzte wieder. >>Doch leider gibt es für uns beide keinen Grund mehr in unsere schöne Heimat zurück zu gehen, denn alles was uns dort hielt ist nicht mehr dort. Selbst Jane und Alec stehen nicht mehr zu uns, denn sie zogen nach etlichen Diskusionen als Nomaden ab.

Seitdem beschäftigt uns die Frage, wo wir jetzt wohnen könnten und deshalb frage euch jetzt bittend um Unterkunft in euren mächtigen Clan. Caius und ich wollen in Forks bleiben und uns euch anschließen. Wir werden alle eure Regeln pflegen und uns mit Tierblut begnügen, um die Menschen mit euch zu schützen. Dürfen wir das tun? <<

>>So gern ich es würde, ich kann das nicht entscheiden. Geh zu Carlisle und sprech das mit ihm ab! <<, sagte Edward, und Aro befolgte seinen Rat. Er ging zur Tür hinaus.

Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche. Ich sah auf den Display und reichte es Edward, damit er mit Carlisle sprechen konnte.

Ich hörte aufmerksam mit: >>Hallo Edward, ich wollte euch fragen ob ihr noch für deinen Flügel in euren Haus einen Platz habt. Ich habe gerade mit Aro darüber gesprochen, worüber ihr auch schon mit ihm gesprochen habt, und ich war damit einverstanden, dass die zwei bleiben können. Da Aro nun ein Zimmer für seine Habseligkeiten, die er so gerne sammelt, braucht, habe ich ihm dein Klavierzimmer angeboten, wo er auf dem Podest auch seinen alles geliebten Thron aufstellen kann. Würdest du diesen Raum hergeben? <<, fragte Carlisles Stimme durch das Handy.

>>Natürlich! Wir werden ihn sofort abholen kommen, bis gleich. <<

>>Danke, mein Sohn! <<

Carlisle legte auf, wir liefen sofort los.

 

 

Ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde, denn ich hatte keine Chance Alice darüber auszufragen, was passieren würde, noch hatte sie es mir gesagt.

Als ich an Edwards Seite ins Haus kam, wusste ich sofort, dass etwas anders war, denn meine Familie verhielt sich so menschlich.

Ich sah mich genauer um und sah schließlich den Auslöser ihres Verhaltens: Renée saß auf dem großen Sofa und unterhielt sich mit Esme.

Ich nahm Edwards Hand und ging mit ihm zusammen zu meiner Mutter hinüber.

>>Bella<<, sagte Mum, als sie mich kommen sah. >>Meine Liebe wie geht es dir? Du siehst gut aus! << Sie versuchte mich zu umarmen, doch ich hielt sie unter dem Vorwand zurück, dass ich sie erst richtig sehen wollte und sagte: >>Danke Renée! Mir geht es hervorragend, denn ich führe hier so ein schönes Leben. Aber was suchst du denn hier, Mum? <<

>>Ich fand einen Besuch zu dieser Zeit angemessenen. Und außerdem war ich so lange nicht mehr in eurem reizenden Heim und musste dies jetzt unbedingt nachholen. Ist das ein Problem für dich? <<, sagte sie und sah mich schmollend an. Als ich den Kopf schüttelte, fragte sie weiter: >>Ist in der Zwischenzeit, etwas passiert, was ich unbedingt wissen muss? <<

>>Ja, wie du siehst, wohnt Charlie jetzt auch hier! <<

>>Warum das? <<, fragte Renée und lächelte.

Charlie kam zu mir und Renée um ihr irgendeine Lüge zu erzählen, denn die Wahrheit sollte sie natürlich nicht erfahren.

Also war ich aus dem Spiel und ging zu Edward, der während meinem Gespräch mit meiner Mum zum Flügel gegangen war und leise nur für sich spielte. Eigentlich wollten wir ja das Klavier, Edwards Schmuckstück, rüber holen, aber nun hatte uns ja das Schicksal mit Renée einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Als ich im Menschentempo, was mir sehr langsam vorkam, zum Flügel gegangen war, setzte ich mich hin und lernte ein paar neue Klavierstücke von Edward. Danach spielten wir uns gegenseitig etwas vor.

Doch nach einiger Zeit, als Edward mir mein Schlaflied vorspielte und ich ganz vertieft in die schöne Komposition war, brach Edwards Klavierspiel plötzlich abrupt ab. Stattdessen saß Edward nur da und horchte auf etwas, was mir verborgen war. Gedanken!

Genau in dem Moment, als Edward aufsprang, geschahen mehrere Dinge gleichzeitig: Mir stockte der Atem, als Jasper >>Charlie! Nein! << schrie und ich automatisch zu Charlie sah, der so wie Edward aufgesprungen war, jedoch aus einem anderen Grund. Während Edward und Jasper zu ihm liefen, sah ich nun in Charlies Gesicht- pechschwarze Augen verbargen sich unter den Kontaktlinsen, die sich in diesen Augenblick auflösten und sie glänzten vor Durst.

Sein Opfer Renée sah nur verstört zu, als drei Vampire (Edward, Jasper und Emmett) Charlie von ihr wegschleifend in unmenschlichem Tempo aus dem Zimmer liefen. Ich wusste nicht genau was sie dachte, aber wie hätte ich reagiert bei solch einen Angriff?

Ich überlegte ganz kurz, wie oft ich in Gefahr wegen eines Vampires gewesen war und wie ich mich gefühlt hatte. Ich hatte wenigstens eine Ahnung gehabt, was mich angriff und was mir blühen würde, wenn der Vampir seinen Vorhaben in die Tat umsetzte. Aber Mum war noch hilfloser als ich, wie sie dasaß dorthin guckend, wo Charlie mit den drei anderen verschwunden war.

Esme tauchte neben ihr auf und setzte sich an ihre Seite. Sie redete auf Renée ein, während sie mir - für meine Mum unhörbar- auftrug, dass ich den Schlüssel du Charlies Haus holen sollte.

Das wollte ich gerade tun, aber Mum hielt mich am Arm fest, als ich bei ihr vorbei war und hysterisch fragte: >>Bella, was ist hier los? <<

Ich ignorierte ihre Frage wiederwillig und ging aus dem Wohnraum hinaus, um Esmes Bitte nachzugehen.

Als ich wiederkam, war Edward wieder an meiner Seite und hielt meine Hand. >>Charlie ist oben! <<, flüsterte er. Ich nickte schlicht und ging mit ihm zu Renée.

>>Hier hast du Charlies Haustürschlüssel, Mum! Es ist besser wenn du jetzt gehst! <<, sagte ich und überreichte ihr den Schlüsselbund. >> Es ist nur gut für dich, wenn du nicht hier bleibst- und gut für uns. Du darfst das nicht falsch verstehen: Ich liebe dich, aber du bist hier nicht sicher. Um es dir zu erklären, ist die Sache zu kompliziert, also ist es gut wenn du schon weißt, dass mein Leben nichts mehr für dich ist. Morgen buchen wir deinen Flug zurück nach Florida, okay? <<

Renée schüttelte den Kopf.

>>Bella <<, sagte Edward leise auf mich einredend. >>Deine Mum will erst mal nicht mehr nach Jacksonville zurück; sie hat Streit mit Phil! <<

Ich reagierte sofort: >>Renée, was ist? Was ist passiert? Warum bist du wirklich gekommen? <<

>>Ich hatte einen kleinen Streit mit Phil, sonst ist alles okay…<<

Als ich sah, dass sie anfing zu weinen, unterbrach ich sie. >> Nein Mum, nicht weinen! Ich fahr dich jetzt zu Charlies Haus! Dort kannst du dich erholen, ja? Morgen kommst du wieder her und wir reden über deine Probleme. <<

Meine Mutter nickte. >>Gut <<, sagte sie und wischte sich eine Träne von der Wange. >>Lass uns fahren! <<

 

 

Ich taxierte Mum in meinen Ferrari und stieg dann selbst ins Auto ein. Ich sah Renées Verwunderung darüber, dass ich so ein Auto fuhr, verschwinden, weil ihr wieder bewusst wurde, dass ich zu den Cullens gehörte.

>>Wow! <<, sagte sie. >>Du fährst ein tolles Auto! Hat Edward dir das geschenkt? <<

Ich nickte und dann lachte ich auf. >>Ja, er ist wirklich sehr großzügig! Und niemand kann ihn stoppen! Er liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. <<

Ich erwartete, dass sie sich fragen würde, warum Phil nicht so war, aber stattdessen schrie sie plötzlich auf, dass ich von der Fahrbahn neben mich auf sie sah. >>Was ist los? <<

>>Schatz! <<, keuchte sie. >>Bist du immer schon so Auto gefahren? Dein Fahrstil ist sehr abgefahren weißt du? Auwei, wenn dein Vater wüsste, wie du fährst… Oh Gott!.. Bella, pass auf das Auto vor uns auf, du fährst gleich zu dicht dran! Bist du wahnsinnig, dass du uns beide umbringen willst? <<

Ich lachte nur und sah wieder auf die Fahrbahn.

Während meine Mum schrie, keuchte und stöhnte, ihr würde gleich schlecht werden, brauste ich nur so über den Highway, bis ich in die Straße einbog, wo sich Charlies Haus befand. Dann glitt ich geschmeidig in die Einfahrt ein und blieb genau in der richtigen Position stehen.

Meine Mutter schnappte nach Luft, sagte dennoch nichts. Meine Fahrkunst hatte ihr wohl auf den Magen geschlagen. Grinsend ging ich neben ihr her zum Haus, immer darauf bedacht sie aufzufangen, falls sie einen größeren Schaden von der Fahrt davongetragen hatte und wohlmöglich fiel. Ich wusste ja, wie schnell Menschen das Gleichgewicht verloren, wenn sie etwas aus der Fassung warf.

Mein Blick fiel auf Charlies Klingelschild, irgendwas stimmte hier nicht. Aber ich ließ mir nichts anmerken und ging mit meiner Mum nach drinnen. Ich konnte genauer nachgucken, wenn sie schlief.

Drinnen setzte sie sich auf einen Küchenstuhl und atmete tief durch. Ich nahm den köstlichen Geruch ihrer Haut nun mehr war als vorhin. Er war sehr intensiv und so süß wie das Aroma einer Erdbeere. Meine Kehle brannte wie Hölle.

Aber es war noch etwas anderes in der Luft, der Geruch eines Vampirs, den ich nicht kannte. Ich wurde innerlich nervös, denn der Duft war noch sehr frisch.

Renée setzte sich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Dann starrte sie desinteressiert auf den Bildschirm, während ich schon wieder sah, wie Tränen über ihre Wange liefen.

Ich traute meiner Selbstbeherrschung nicht so sehr, dass ich zu ihr hin gehen und sie trösten hätte können, stattdessen stand ich nur unschlüssig ein paar Schritten vom Sofa entfernt und sah sie mitfühlend an. Gleichzeitig schaute ich mich unauffällig im Raum um, vielleicht entdeckte ich etwas Auffälliges. Als ich auf dem Tisch vor Renée ein Durcheinander an verschiedenen Dingen sah, erkannte ich meine erste Spur. Aber ich musste warten, bis meine Mutter nicht mehr dort hinsah, also schlief, um mich zu vergewissern, dass mein Verdacht richtig war: Ich war mir sicher, dass das Chaos nämlich mal ein geordneter Stapel gewesen war.

Eine Weile vernahm ich nur die Laute des Fernsehers, Renées Schluchzen und ihren verlockenden Herzschlag. Schließlich hörte Mum auf zu weinen und- ich wusste nicht wie lange ich da so stand, voller Ungeduld, das Brennen in meiner Kehle mochte endlich aufhören und ich könnte endlich zu dem Wohnzimmertisch hingehen- schlief schließlich ein.

Nun wartete ich noch ein paar lange Minuten, bevor ich den ich den Fernseher ausmachte und mir die verschiedenen Dinge auf dem Tisch ansah: Waren da nicht mehr Sachen dabei gewesen? Ich konnte meinen Erinnerungen trauen, ich wusste, dass außer Charlies Polizei-Autoschlüssel und der verwelkten Blume von meiner Hochzeit noch seine Hochzeitseinladung und seine Lieblingsfotos von dieser Feierlichkeit hier gelegen hatten. Was konnte der Vampir, dessen Duft hier so intensiv war, mit den verschwundenen Sachen wollen?

Ich ließ von dem Tisch ab und folgte der Spur des Vampirs erst in die Küche und dann nach oben in mein altes Zimmer. Hier vermischte sich der Geruch mit dem von Edward, was natürlich kein allzu großes Wunder war, denn er hatte bis vor Kurzem jede Nacht hier verbracht. Ich ging zum Schreibtisch und schaute in den Schubladen nach, die der Vampir auch geöffnet hatte, aber es fehlte nichts. Dann hatte der Vampir den Kleiderschrank geöffnet, und ich brachte nicht nachsehen um zu wissen, dass er noch voller Kleidung aus meinem alten Leben war. Mein Blick viel auf die Kommode mit meinen Fotos mit Edward und denen von meiner Mum. Sie sah so glücklich darauf aus.

Mein Bett roch nach Edward und meinem eigenem menschlichem Geruch, und war so abstoßend gut, dass ich schnell das Zimmer verließ und der Spur wieder nach unten folgte. Der Vampir war noch in Charlies Zimmer gewesen, doch wenn er auch hier etwas mitgehen gelassen hatte, war es nichts von Belang. Charlie hatte nur noch seine Kleidung und unnütze Dinge dort. Der Geruch führte anschließend wieder nach draußen.

Ich beschloss mich auf den Heimweg zu machen, um wenigstens von dem unerwünschten Besuch in Charlies Haus zu erzählen. Ich schrieb noch eine Nachricht an meine Mutter, dass ich sie morgen Nachmittag hier abholen würde, und hinterließ sie auf dem Wohnzimmertisch neben dem Chaos. Dann ging ich leise und schnell aus dem Haus und durch die Abenddämmerung zum Wagen.

 

 

Edward hatte bereits den Flügel ins Wohnzimmer neben den Kamin gestellt, während ich weg gewesen war. Wie alles in diesem Haus passte sich das Klavier genau dem Charme der Architektur an, die unser kleines Haus so besonders machte.

Als ich reinkam, saßen Aro und Edward (Nessi war wie immer bei Jake) auf der Couch. Ich kam zu ihnen hinüber und setzte mich auf Edwards Schoß.

Nach einer halben Stunde voller Gerede verabschiedete sich Aro, weil Edward sagte, dass er noch etwas mit mir zu bereden habe. Der ehemalige Volturi fand, dass es ein guter Grund war um zu gehen, weswegen er sich sofort auf den Weg zum großen Haus machte. Das kam mir nur gerade Recht, weil ich ihm von meinen Entdeckungen erzählen wollte. Ich schilderte ihm, was in Charlies Haus los war und dann fragte er mich, ob der Vampir noch im Haus war.

Ich schüttelte den Kopf. >>Der Duft war zwar noch relativ frisch, aber ich hätte bemerkt, wenn er noch da gewesen wäre. <<

Er war erleichtert. >>Wir werden sehen, ob der Vampir sich nochmal blicken lässt. Bis dahin können wir beruhigt unsere Probleme besprechen. <<, sagte er verführerisch und wechselte so das Thema.

>>Was wolltest du denn mit mir besprechen? <<, fragte ich lächelnd.

>>Tja! <<, antwortete er und zog mich an sich ran. >>Das wüsstest du jetzt gerne was? Na gut, ich wollte mit dir… besprechen, dass ich mal wieder ein wenig Zärtlichkeit gebrauchen könnte, meinst du nicht auch? <<

>>Das muss ich noch mal überdenken! <<, sagte ich, lehnte mich in seinen Armen zurück und lächelte.

Edward wartete. Nach einer Sekunde jedoch wurde er ungeduldig und zog mich wieder fest an ihn ran. >>Genug überlegt! <<, sagte er und küsste mich sanft, unwiderstehlich.

Während er mich so küsste konnte ich weder richtig nicken noch mich dagegen wehren, also ließ ich es geschehen und küsste ihn ebenso zurück, wie er es tat. Als meine Zunge an seine perfekten Lippen stieß und seufzte, flüsterte er mir >>Das habe ich vermisst! << zu.

>>Ich auch! Du hattest recht damit, dass du und ich mehr Zärtlichkeit brauchen. Genau jetzt in diesem Moment! <<, gab ich mit verlangenden Drängens zurück.

Dann war das einzige, was wir taten, küssen und kuscheln- zumindest bis es klopfte.

>>Nein, geht im Moment nicht! Bleib draußen, du Nervensäge. <<, sagte Edward und presste dann wieder seine Lippen auf meine.

Jemand draußen grummelte: >>Jetzt darf die eigene Schwester schon nicht mehr reinkommen! <<

Alice! Ich verdrehte die Augen, dann lachte ich auf, während ich mich von Edward löste. Wie ich sie doch so nervig fand, aber gleichzeitig doch so liebte.

>>Komm rein Alice! <<, sagte ich und stand auf, um ihr entgegen zukommen.

Meine Schwägerin und Lieblingsschwester tanzte durch das Zimmer, um mich –mit Küsschen rechts, Küsschen links- zu begrüßen. Dann ging sie zu Edward, der sie vorwurfsvoll ansah.

>>Nur weil ich Neuigkeiten habe, brauchst du jetzt nicht so gucken. Ich bin nicht gekommen, um euch zu stören, sondern zu sagen, dass ich gesehen habe, dass Alec und Jane uns besuchen werden, aber nicht friedlich- mit einer Armee! <<

>>Warum das? <<

>>Aus welchen Grund auch immer, Bella! Wir müssen uns darauf vorbereiten. <<, sagte Edward. >>Los, lass uns zu den anderen gehen! <<

Alice, Edward und ich rannten wie gejagt durch den Wald und kamen vor allen anderen auf der Wiese hinterm Haus zusammen, wo wir schon sooft trainiert hatten. Denn wenn man trainiert war, war es umso besser für uns. Alice hatte die anderen schon vor uns benachrichtigt und ihnen gesagt, wo wir uns treffen würden.

Als erstes kamen Aro und Caius zu uns. Bald danach kamen Carlisle und Esme, dicht gefolgt von Jasper und, weil er von Carlisle den Auftrag bekommen hatte, Charlie Tag und Nacht zu bewachen, damit er ja nicht Renée aufsuchte, da er noch unberechenbar war, war Charlie auch bei ihm.

Jetzt fehlten nur noch Rose und Emmett. Und so lang wir auch warteten, sie tauchten nicht auf.

Carlisle wählte Emmetts Handynummer und zog sich ein Stück abseits zurück, Edward und ich folgten ihm. Wir versuchten zweimal Emmett zu erreichen, vergebens. Dann probierten wir es bei Rose, doch auch sie nahm nicht ab. Nach dem vierten Mal hinterließen wir ihr eine Nachricht und gingen zurück zu den anderen.

Esme, die besorgt in unsere Runde starrte, zog fragend eine Augenbraue hoch und wollte wissen, ob wir mit ihnen gesprochen hatten. Ich schüttelte den Kopf, worauf ein Schluchzer von ihr zu hören war. Dann ging sie zu Carlisle hinüber und lehnte sich an seine Brust.

Nach einer Weile wurden wir unruhig. Wo konnten sie sein? Und warum gingen sie nicht ans Handy?

Esme war noch verzweifelter als gerade und drehte sich nun in Carlisles Armen zu seinem Gesicht um. >>Wir sollten sie suchen, Carlisle! <<, sagte sich unruhig. >>Sie sind sonst nie unpünktlich und immer erreichbar. Bestimmt ist ihnen beim Jagen was passiert! <<

>>Ich glaube zwar nicht, dass Emmett und Rose etwas wiederfahren könnte, aber Esme hat recht! Bella, Edward, Jasper, Alice, ihr zieht nach Norden los; die anderen kommen mir nach. Wenn wir in zwei Stunden noch nicht von ihnen gehört haben, treffen wir uns wieder hier. Edward, hast du ein Handy? <<, fragte Carlisle.

Edward nickte und ergriff dann meine Hand. Zusammen mit unseren Begleitern liefen wir nordwärts, während Aro, Caius, Charlie, Esme und Carlisle nach Süden hin verschwanden.

Und plötzlich konnte ich den Duft des Vampirs aus Charlies Haus wieder riechen. Wir folgten genau seiner Route. Ich formte Unbekannter schweigend mit den Lippen. Edward schloss die Augen, sog den Geruch ein und nickte mir zu.

Ich merkte, dass Alice neben mir zu fluchen begann und fragte sich beiläufig, warum sie das tat.

>>Was würdest du tun, wenn deine Gabe seit heute Mittag nicht mehr funktioniert? Wenn du genauso wie ich blind durch die Welt laufen müsstest? << Ich verkniff mir den Kommentar, dass ich das immer tun musste und ließ sie weiter erzählen. >>Anfangs dachte ich, diese dummen Hunde wären Schuld- ich dachte, sie durchkreuzen das, was ich brauchte, um den Überblick zu behalten.

Doch nun muss ich mir bedauerlicherweise eingestehen, dass sie zu weit von mir entfernt sind, um die Funktion meiner Gabe zu beeinflussen. Nun ist es so, als würde jemand meine Visionen abschirmen! Alles ist schwarz! <<

>> Das ist ja komisch! <<, sagte Edward.

Lange Zeit schwiegen wir und liefen nur nebeneinander her. Dann vernahm ich, gleichzeitig mit den anderen, Gerüche und wir folgten ihnen, während Edward Carlisle anrief, um ihm unsere Entdeckung mitzuteilen und ihn zu uns zu holen. Denn die Gerüche stammten von niemand sonst als Rosalie und Emmett.

Auf einer Lichtung blieben wir stehen und ich war verblüfft, weil sich hier weitere Gerüche mit unseren verfolgten Duft vermischten. Auch der des Unbekannten war dabei.

>>Riecht ihr das auch? <<, fragte Edward. >>Rose und Emmett haben hier Rast gemacht und etwas gejagt. << Er warf einen Seitenblick auf zwei tote und ausgesaugte Hirsche, die in der Nähe im Gras lagen. >>Dann müssen Alec und Jane dazugekommen sein, darum treffen all diese Gerüche hier aufeinander. <<, schlussfolgerte er.

Ich schloss die Augen und zog Luft durch die Nase ein. >>Die Gerüche sind sehr intensiv, frisch; es ist noch nicht lange her, dass Jane und Alec auf die beiden gestoßen sind. <<, führte ich seinen Gedanken weiter.

>>Sehr gut bemerkt! <<, sagte Jasper an mich gewendet, dann fragte er Edward: >> Und was machen wir jetzt? Hast du Carlisle gesagt, dass sie hierherkommen sollen, um zu besprechen, was jetzt zutun ist und ob wir der Spur folgen? <<

Edward nickte und sagte >>Wir warten nun auf sie! << in unsere Runde.

Während wir warteten, lehnte ich mich an Edwards Brust und schloss die Augen, als er mich mit seinen Fingern liebkoste.

>>Der Unbekannte war auch hier. <<, flüsterte ihm schnell zu. Er nickte unauffällig. Doch Jasper hatte es trotzdem gehört.

>>Welcher Unbekannte? <<, fragte er scheinbar beiläufig.

Alice tauchte hinter ihm auf. >>Ich weiß, wer sie ist. <<, trällerte sie. >>Sie ist ein blondes Mädchen, das mit dir Ähnlichkeit hat, Bella. Sie war in Charlies Haus, nicht wahr? <<

>>Ein blondes Mädchen, das Bella ähnelt? Bist du dir sicher, Alice? <<

Alice nickte heftig. >>Aber ja, Edward. Ich habe in einer Vision gesehen, wie dieses Mädchen in Charlies Haus ging. Sie hat dort etwas gesucht. Aber ich sagte mir, dass das nicht so wichtig wäre, weil sie Charlie und Bella ähnlich sieht, Edward. Ich dachte, sie wäre eine Verwandte, die nur nach dem Rechten sieht. <<

>>Sie ist ein Vampir, Alice. Sie hat Fotos und eine Hochzeitseinladung von uns mitgehen lassen. Ich weiß nicht, was sie damit will. Hast du versucht, sie weiterhin zu verfolgen? <<

Sie schüttelte den Kopf. Ich wollte noch etwas fragen, aber Carlisle, Esme, Charlie, Aro und Caius erschienen auf der Lichtung. Unser Gespräch musste warten.

Wir liefen alle zusammen dem eigentlichen Geruch ein Stück hinterher, bis sich wir auf eine weitere Lichtung kamen; Edwards und meine Lichtung.

Dort standen uns nun aber mit Jane und Alec noch weitere zehn Vampire gegenüber, zum Teil kampfbereit und blutrünstig. In der Mitte neben den zwei Ex-Volturi standen allerdings Emmett und Rosalie mit bedrückten Gesichtern. Auch der Geruch der Unbekannten war wahrzunehmen.

Edward neben mir fing leise an knurren und sah hasserfüllt zu Jane hinüber.

>>Was ist, Edward? Was hast du gehört? <<, fragte Carlisle nach dem verborgenen Gedanken.

>>Sie hat Rose und Emmett mit ihrer Gabe dazu gezwungen, sich an ihre Seite zu heften, damit wir auch einen Grund haben, mit Alec und ihr eine Auseinandersetzung zu beginnen. <<, sagte Edward mit zusammengebissenen Zähnen.

Carlisle sagte an Jane gerichtet: >>Eure Feindseligkeit lässt sich auch anders lösen, nicht nur mit einem Kampf. Ich weiß, ihr habt es so bei dem Volturi gelernt, denn dort lebtet ihr so. Aber ihr müsst einsehen, dass es auch mit einem Gespräch oder Abkommen zu der Klärung eures Problems kommt, oder nicht? <<

Jane lachte auf. >>Du Carlisle, der perfekte Vampir und der neue Befehlshaber aller Vampire, glaubst also, dass dein Ideal auf uns überspringt. Du selbst hast doch gesagt, dass wir es so gelernt haben, feindselig zu sein. Wir sind Raubtiere, es ist unsere Natur so zu sein und wir kämpfen um unser Recht. Und das lassen wir uns nicht von euch friedlichen Cullens kaputt machen. <<

>>Ich habe keine Lust, mit euch zu Diskutieren, Jane. Aber denkst du wirklich, unschuldige Menschen mit unserem Fluch zu belegen, wäre euer Recht? Selbst, als die Volturi noch existierten, war es verboten eine Armee wie diese zu erschaffen. Ihr seid das komplette Gegenteil zu eurem alten Leben bei Aro, Marcus und Caius geworden. <<

Mit seinen Worten traf er voll ins Schwarze, denn Jane kam auf ihn zu und flüsterte: >>Du hast Recht! Wir liegen falsch mit unserer Ansicht, ihr wäret schlecht als Nachfolger von uns. Ihr zeig uns, wie wir hätten sein können.

Lasst uns in Frieden abziehen; wir gehen zurück ins verlassene Volterra und wollen euch von da aus dienen! Und ich bitte darum, dass Aro und Caius mit uns kommen… <<, ihre Stimme brach ab.

Aro und Caius sahen sich an. Dann nickten sie. >>Carlisle, in Volterra wird ab jetzt ein Stützpunkt euer Familie sein. Wir werden weiterhin für euch da sein und eure Lebensweise unterstützen. Wir werden dafür sorgen, dass Alec und Jane euch Folge leisten werden. Lass uns zusammen nach Volterra zurück kehren. <<

>> Aber natürlich, Aro. Wir werden niemanden zwingen bei uns zu bleiben. Ihr habt das von mir erteilte Recht, in Frieden abzuziehen, wenn ihr das Versprechen, das ihr mir gegeben habt, unter jeder Bedingung einhaltet. <<

Caius verbeugte sich leicht. >>Du hast unser Wort, guter Freund. <<

Carlisle entließ die vier mit einer gönnerhaften Handbewegung. Aro, Caius, Jane und Alec, die letzten ursprünglichen Volturi, liefen gemeinsam davon, zurück in ihre Heimat.

Doch nun war da noch ein Problem: Die Armee aus acht Neugeborenen, die uns nun verunsichert an starrten.

Emmett hatte sich aus reiner Reaktion schon einen geschnappt und riss ihm den Kopf ab, während Rose zu uns lief.

Auch Jasper kam nun zu Emmett herbei und half ihm, die Vampire zu zerstückeln und zu verbrennen. Ihnen dabei zuzugucken, war einerseits schlimm, aber andererseits schön anzusehen, da sie offensichtlich Spaß dabei hatten. Doch für mich war es nun abscheulich, sodass ich mich weg drehte und nur das Geräusch zerreißender Gliedmaßen hörte.

Edward beteiligte sich ebenfalls nicht an dem Gemetzel, gesellte sich zu mir und legte einen Arm um mich.

>>Halt, nicht sie! <<, hörte ich Edward Stimme neben mir rufen, als er sich ein paar Minuten später umdrehte. Ich tat es ihm nun nach.

Emmett hielt in seiner Bewegung- er wollte sich gerade auf den letzten Vampir (ein Mädchen mit blonden Haaren und goldenen Augen; mir stockte der Atem) stürzen- inne und sah Edward entrüstet an. >>Warum sollte ich nicht Carlisles Befehl ausführen und sie töten? <<

>>Sie ist nicht neugeboren und auch nicht blutrünstig. Sie wurde vor mehreren Jahren verwandelt und es wäre nicht fair, sie zu vernichten. Sie ist das Mädchen, dass Alice in ihren Visionen sah und welches in Charlies Haus von Bella aufgespürt wurde. Das Mädchen mit dem unbekannten Geruch. <<

Emmett ließ verwirrt und beleidigt von dem Mädchen ab und Carlisle, Edward und ich gingen ein Stück auf sie zu.

>>Wie heißt du, Mädchen? <<, fragte Carlisle.

>>Di… Ich meine, ich bin Diana Swan… <<, sagte sie schüchtern.

Ich sah sie verwundert an: >>Was? Wie ist dein Nachname? <<

>>Sie heißt Swan, Bella! << Charlie trat zu uns. Er sah noch bleicher aus, als er ohnehin schon war. >>Sie ist deine tote Cousine! Jedenfalls dachte ich, sie sei tot… <<

>>Cousine? Charlie, ich habe keine Cousine! Du warst ein Einzelkind, genau wie ich es bin! <<

Ich erfuhr nun, dass ich eine Tante gehabt hatte, jedoch war sie vor vielen Jahren, als Diana sieben gewesen war, an Krebs und dessen Nachfolgen gestorben.

Und so hatte ich plötzlich eine Cousine, die zwar so alt wie ich war, doch auch nicht, weil sie mit sechszehn verwandelt wurde. Ich hatte sie niemals kennengelernt, doch ich fühlte mich, als ob ich es schon immer gewusst hätte.

Wir liefen, während Aro, Caius, Jane und Alec in die andere Richtung zogen, zu unserem Haus zurück.

Ich lief neben meiner Cousine. >>Was hast du in Charlies Haus gewollt? <<, fragte ich freundlich.

Sie zuckte die Achseln. >>Ich wurde von Alecs und Janes Geruch dort hingeführt. Und ich konnte der Versuchung einfach nicht wiederstehen, zu sehen was sie dort wollten. Und dann hab ich Antworten gesucht, bis mir klar wurde, wie du lebst. Und ich wollte herausfinden, wo Charlie war. Was ich entdeckte, war für mich ein Rätsel. Du und der Vampir. Da wollte ich wissen, ob du eine meiner Art geworden bist, nachdem ihr geheiratet habt. <<

>>Aber wie wurdest du zu einem von uns? <<, fragte Carlisle Diana dann.

>>Ich war bei meinem Ex-Freund das erste Mal zu Besuch. Ich liebte ihn wirklich. Dann, als wir auf der Couch saßen, biss er mich und fing an mein Blut zu trinken. Doch mein bester Freund kam herein und plötzlich war mein er verschwunden und ich wurde ins Krankenhaus eingeliefert! Dort war ich vier Tage im künstlichen Koma, bis meine Verwandlung abgeschlossen war und mein Körper das Koma nicht mehr ertrug. Ich wachte von dem Piepen des Herzmonitors auf und mir wurde bewusst, dass mein Herz nicht mehr schlug. <<, erklärte Diana. >>Danach ging ich in den Wald und lebte dort von Tierblut. Ich habe nie jemanden gesprochen oder gesehen außer ein paar Wanderern, bis ich Alec und Jane begegnete. <<

Carlisle blieb stehen. Ich konnte die Erkenntnis förmlich in seinen Augen aufblitzen sehen. >>Wie konntest du nur aus meinem Gedächtnis entschwinden, Diana Swan. Ich selbst hatte dich doch damals behandelt, vor fünf Jahren. Ich gab dir den Rat dich versteckt zu halten und dich niemanden zu zeigen; Ich selbst gab dir das Spederblut. Ich inszenierte deinen Tod und ließ dich aus dem Leben verschwinden.

Wie konnte ich mich bloß nicht erinnern, als ich dich sah? <<

Wir anderen waren hinter ihm ebenfalls stehen geblieben.

>>Zerbreche deinen Kopf darüber nicht <<, sagte Edward neben mir. >>Wichtig ist doch nur, dass sie wieder da ist und, dass wir wissen, dass sie sich richtig verhalten und nicht entdeckt wurde. Es war Zufall oder Schicksal, dass wir sie heute hier antrafen. <<

>>Kluge Worte, mein Sohn! Du hast recht. Lass uns weiter laufen und ihr unser Haus zeigen und wenn sie es möchte, darf sie dann bei uns bleiben. <<

 

 

Diana wollte bleiben.

Sie bekam Edwards altes Zimmer, weil er es nicht mehr brauchte, und ich half ihr, es so einzurichten, wie sie es wollte. Wir führten dabei ein lockeres Gespräch, aber ich merkte die Vertrautheit zwischen uns.

>>Wie habt ihr es fertig gebracht, eine Beziehung zu führen, wenn du doch ein Mensch gewesen bist? <<, fragte sie mit Bewunderung in der Stimme. >>Ich stelle mir das schwierig vor, denn wenn ich an den Blutdurst denke, den man nur schwer ignorieren kann. Außerdem ist so eine Beziehung wie diese der Grund, warum ich jetzt so bin wie ich bin. Dass ihr das geschafft habt, zeigt mir, wie es auch enden kann. Ich empfinde großen Respekt für euch. <<

Ich lächelte. >>Diana, das ist lieb von dir. Diese Frage ist berechtigt, aber ich kann nicht genau erklären, wie das alles gekommen ist. Edward hat sich irgendwann entschieden, nicht mehr mein Blut sondern mich zu lieben. Du weiß ja gar nicht, wie toll es ist, als er mich sagte, dass er mich nie wieder verlieren will. << All darüber zu reden, brachte schon Wärme in mein stummes Herz. Ich sah zu ihm hinüber. Edward lehnte an der Wand, an der einmal seine Musiksammlung gestanden hatte, und beäugte genau, wie wir seine Sachen ausräumten, Möbel umstellten alles neu dekorierten und uns dabei zu amüsieren, denn er hing an diesem Raum, er hatte viele Jahre hier verbracht. Man sah ihm an, dass ihn das bedrückte.

Ich sah Diana an. >>Kannst du alleine weitermachen? Ist ja nicht mehr so viel zu tun. << Sie nickte.

>>Du magst diesen Raum, stimmt’s? <<, fragte ich, als ich Diana allein weitermachen ließ und zu Edward trat. >>Hier hast du gewohnt und viele Stunden verbracht. <<

Er zog mich an sich ran. >>Das ist nicht der eigentliche Grund. Es geht darum, was wir hier drin schon erlebt haben. Die Erinnerungen sind noch ganz klar: Hier sind wir zusammengekommen, haben unsere Liebe entdeckt. In meinem Zimmer stand das Bett, welches ich dir kaufte, als du es zum schlafen brauchtest. An diesem Ort in jener Nacht versprachst du mir, dass du mich heiratest.

Diesen Raum, an dem so viele Erinnerungen hängen, nun an Diana weiterzugeben, macht mich zwar traurig, doch ich weiß, dass bald noch mehr Erinnerungen hängenbleiben werden, wie bei einem Tagebuch, wo täglich ein paar Sätze reingeschrieben werden. Mein Zimmer war die letzten Wochen ungenutzt, weil wir ausschließlich in unserem Häuschen sind. Deswegen bin ich überwiegend erleichtert, dass Diana hier Platz findet, um hier genauso viel erleben zu können, wie wir es einst erleben konnten. Verstehst du das? <<

Ich nickte und küsste ihn sanft. >>Diana wird schon angemessen für diesem Raum sein! Sie wird ihn sicherlich mit weiteren Details unseres Lebens füllen. <<, sagte ich lächelnd.

>>Davon bin ich überzeugt! <<, stimmte Edward mir zu und hob einen der Kartons, der voll mit seinen Sachen war, auf. >>Lass uns meine Sachen rüberbringen und sei bloß vorsichtig mit meiner Stereoanlage. <<

Ich verdrehte die Augen und schulterte das teure Gerät. >>Ich helfe dir, wenn du nachher mitkommst, um meine Mutter abzuholen. <<

>>Okay! Das ist ein guter Kompromiss! <<, sagte er und nahm meine Hand.

 

 

Wenig später klingelten wir an der Tür von Charlies altem Haus, doch lange Zeit blieb es still. Wie schnell ich doch ungeduldig wurde. Dann waren endlich Schritte zu hören. Edward strich über meinen Arm. >>Kannst du das auch riechen? Es ist ein Vampir hier. << Ich nickte stumm. >>Ich weiß, wer es ist. Ich kann es dir später erklären. Bitte, geh schon mal ohne mich rein und kümmere dich um deine Mutter. Ich rufe Diana an. Sie muss uns helfen. <<

Er drehte sich um, aber ich hielt ihn zurück als er losrennen wollte. >>Edward, was ist los? <<

>>Später! << zischte er und verschwand.

Renée öffnete die Tür. >>Hallo Bella! <<, sagte meine Mutter noch ganz verschlafen und ließ mich eintreten.

>>Hast du gut geschlafen Mum? <<, fragte ich und trat ins Wohnzimmer. Ich sah mich flüchtig um und richtete meine Aufmerksamkeit nur halb meiner Mutter zu.

>>Ja! <<, sagte sie glücklich. >>Ich habe gestern noch mit Phil telefoniert und alles geklärt. Er hat gesagt, dass er überreagiert hätte und sich freuen würde, wenn ich schnellstmöglich zurück käme. <<

Ich lächelte. >>Dann tu es doch, Mum! <<

Sie lachte triumphierend auf. >>Ja das ist es! Ach apropos Mann, wo ist Edward? Ich dachte, ihr wolltet zusammen kommen? <<

>>Ähm… Ja, er kommt gleich. Er musste noch etwas klären. <<

Wie aufs Stichwort trat Edward ins Haus, gefolgt von meiner Cousine. Sie wirkte sehr aufgebracht. Meiner Mutter fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie sah, wer hinter Edward ins Zimmer trat.

>>Diana? Oh mein Gott… Du bist tot! Wie kannst du dort stehen? Ich habe deine Beerdigung mit organisiert. Ich hab dich im Sarg gesehen. <<

Diana lachte genervt. >>Es war eine Puppe, vermutlich. Ich denke, dass Carlisle weder Kosten noch Mühen gescheut hat, damit mein Tod möglichst gut vorgetäuscht wird. << Sie redete so schnell, dass Mum fast nicht mehr mitkam. >>Aber Tante, die Wahrheit ist zwar schockierend, aber wir sind Vampire. Geht’s dir jetzt besser, weil du es weißt? Wenn ja tut es mir leid, dass du das alles nachher vergessen musst, aber wir können dir nicht vertrauen. Wir werden nicht riskieren, dass du alles weiter erzählst. Freu dich lieber, denn du weißt für ein paar Minuten, dass all die Mythen über Vampire und anderen übernatürlichen Lebensformen der Wirklichkeit entsprechen. Renée, wir schlafen nicht, unsere Augen wechseln die Farbe, wir haben, wie du sahst, übernatürliche Kräfte und würdest du uns nach unserer Ernährung fragen, würden wir dir sagen: >Blut! Aber nur von Tieren, denn wir sind Vegetarier. < Deine Tochter würde nicht mehr vor dir stehen, wenn es Vampire nicht wirklich gäbe, weil sie dann letztes Jahr nach der Hochzeit schon tot gewesen wäre.

Und jetzt sei bitte still und bewegt dich kein bisschen mehr. Das ist zu deinen Besten. <<

Ich war so aufgebracht wie lange nicht mehr, während Mum tat, was Diana ihr gesagt hatte. Es war echt gruselig, wie sie da wie tot stand. >>Was soll das? Warum erzählst du das alles? <<

Edward nahm meine Hand. Ich starrte Diana an, aber er zwang mich, ihn anzusehen. >>Du wirst es verstehen, Liebste. Dianas Talent ist sehr mächtig. Und jetzt komm, der Vampir ist in Charlies Schlafzimmer. <<

Wir folgten Diana in das Zimmer. Drinnen roch es streng nach einem typischen Vampirduft. Ich sah mich schnell um und entdeckte eine Gestalt, die hinter dem Bett hockte.

Ein Junge, ich schätzte ihn auf etwa sechzehn Jahre, saß dort, seine Augen waren geschlossen. Ich wusste nicht, ob er uns wirklich nicht bemerkte (was natürlich sehr unwahrscheinlich war) oder uns einfach ignorierte.

Diana ging auf den Vampir zu und kniete sich vor ihm hin. Dann sprach sie mit ruhiger Stimme auf ihn ein. >>Jordan, es ist Zeit, meinen Bann wieder zu brechen. Steh auf und sei wieder du selbst. <<

Ich sah erst Diana und dann Edward entgeistert an, während der Vampir, den meine Cousine Jordan genannt hatte, langsam aufstand und seine Arme um Diana schlang.

>>Diana kann Gedanken manipulieren. Sie wird Renée alles vergessen lassen, was sie bei ihrem Besuch hier erlebt hat. Zumindest das, was mit uns zu tun hat. Du wirst noch verstehen, wie perfekt diese Gabe ist. Auch dieser Junge, Jordan, wurde durch Dianas Willenskraft von der Lichtung der Armee der Engelszwillinge zu Charlies Haus geschickt. Ich habe es zufällig in Dianas Gedanken entdeckt. <<, sagte Edward ruhig.

Ich sah zu den beiden Teenagern, die immer noch dort standen. Dann hörte ich Diana flüstern: >>Es habt geklappt, Jordan. Aber es tut mir Leid, dass ich dir das angetan habe. Glaub mir, ich habe das getan, damit du nicht getötet wirst. <<

>>Schon okay, Diana. Ich bin froh, dass du das getan hast, es auch immer es war. Aber willst du mir nicht jemanden vorstellen? << Ich hörte zum ersten Mal die Stimme des Jungen.

Nachdem wir uns bekannt gemacht hatten, entschieden wir, dass es Zeit war, meine Mutter aus ihrer Starre zu lösen. Diana benutze dazu ihr unglaubliches Talent und ließ sie auch das vergessen, was sie nicht mehr wissen durfte.

Dann entschieden wir, dass Diana Jordan zu uns nach Hause brachte, und wir meine Mutter am Flughafen in Seattle absetzten und dann nachkamen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MANIPULATIONEN

 

Renée sprach kein Wort mit uns, während wir fuhren und ihr schließlich ein Flugticket kauften. Sie war schließlich manipuliert; vielleicht war das eine der Nebenwirkungen. Aber es war wirklich besser so, das musste man sich ehrlich eingestehen. Sie wäre eine Gefahr, wenn sie wüsste, was wir waren und wozu wir fähig waren.

Als der Abschied da war und sie in die Wartehalle gehen musste, rief sie uns nur ein flüchtiges >>Tschüss! << zu und war weg, und ich war mir ganz sicher, dass sie sobald nicht wiederkommen würde, um uns ein weiteres Mal zu besuchen. Nun hatten wir ein Problem weniger, auch wenn es mir leid tat, dass Renée durch eine Manipulation gegangen war.

>>Los, lass uns zurückfahren! <<, sagte Edward sanft an meinem Ohr, als Renées Schritte auch für unser Gehör verklungen waren. >>Es ist besser für sie, das weißt du. Sie wird damit klarkommen. Und es besteht nicht die Gefahr, dass sie uns verrät. <<

Ich nickte und ging mit ihm zurück zum Wagen. Edward öffnete mir die Beifahrertür, aber ich schüttelte den Kopf. >>Nein, << sagte ich lächelnd, >>meinen Ferrari will ich noch selber fahren. <<

Edward stieg also statt mir ein und ich ließ mir bei all den Leuten in Parkhaus Zeit, bis ich zu meiner Seite des Wagens herumgegangen war.

Die ganze Fahrt über verließ ich mich auf meine Instinkte und schaute nie auf die Fahrbahn, sondern in Edwards wunderschönes Gesicht, und er erwiderte meinen Blick und zeigte mir das schiefe Lächeln, wovon er wusste, dass ich es liebte. Eine Hand hatte ich am Lenkrad, in der anderen hielt ich seine, mit der er mit den Daumen sanft über meinen Handrücken strich.

>>Edward, glaubst du, Diana konnte mich manipulieren? Wir könnten sie doch testen, indem sie mir sagt, ich soll dich zehn Minuten nicht küssen. Tue ich es, wissen wir, dass ihr Talent eine Schwäche hat. Was hälst du davon? <<

Er lächelte verschmitzt. >>Würdest du es denn ertragen, wenn es klappen würde? <<

>>Die Frage ist doch, ob du es kannst… <<, ich lachte auf, als er leise knurrte. >>Hast denn eine Theorie, wie Dianas Gabe funktioniert? <<

Er zuckte die Schultern. >>Sie wird wahrscheinlich zum vergessen lassen mental ein paar Verbindungen im Gedächtnis kappen, und anders herum neue erstellen, wenn sie will, dass jemand das tun soll, was sie zu manipulieren versucht. Das ist eigentlich ganz logisch. <<

Wir waren nun zurück am Haupthaus und ich fuhr mein Auto in die riesige Garage.

Dann fragte ich: >>Was machen wir jetzt, Edward? Ich habe Durst. Der Duft von Renées Blut hat mich wahnsinnig gemacht. << Edward lächelte schief und nickte. >>Komm, wir machen mal wieder ein bisschen was Verrücktes! <<

Ich wollte ihn fragen, er genau unter etwas Verrücktes verstand, aber er ließ mich keine Möglichkeit mehr dazu: Er lief los und zog mich mit sich hinauf in die Berge hinter unserem Häuschen.

 

 

 

 

Grizzlybären! So etwas hatte ich noch nie gejagt, weil ich ja eher das Blut des Pumas bevorzugte. Aber ich verstand endlich, was Jasper und Emmett so toll daran fanden, diese großen Tiere zu jagen: Der Bär, den ich jagte, war unheimlich reizbar und es machte riesig Spaß, ihn immer mehr auf die Palme zu bringen. Anschließend, wenn der Bär unausstehlich von meinen Reizen wurde, erlöste ich ihn mit einem heftigen Biss in die Kehle.

Edward beobachtete mich von ein paar Meter entfernt mit einer Mischung aus Entsetzen und pure Freunde, während ich genüsslich meinen Bären aussaugte, was ich nun konnte, ohne mich mit Blut zu beschmutzen.

Ich ließ nun von meiner Beute ab und ging zu Edward. >>Was ist? <<, fragte ich.

>>Es gefällt mir nicht zuzugucken, wie du mit einer solchen Kreatur kämpfst, Bella. Nicht, weil du dann wie ein Monster erscheinst, sondern, weil ich dabei das Gefühl habe, dass du zu zierlich und zu feminin bist, um so etwas zu tun. Ich habe das Bedürfnis dich zu beschützen, auch wenn das durch deine Erfahrungen im ersten Jahr dieser Existenz eigentlich total unnötig ist. Aber ich kann dieses Gefühl einfach nicht abstellen. << Er schloss mich in seine Arme und vergrub das Gesicht in meinen Haaren.

>>Das musst du auch nicht, << erwiderte ich flüsternd. >>Das ist ein Teil deiner Liebe zu mir, Edward. Du brauchst dich deswegen nicht schlecht fühlen. <<

Ich hörte ihn durch meine Haare hindurch >>ich liebe dich! << sagen.

Als Antwort darauf drehte ich mich mit dem Kopf zu ihm und küsste ihn leidenschaftlich.

Edwards Handy vibrierte. Eine SMS von Alice: Egal, bei was ich euch jetzt auch gerade störe, es tut mir Leid, aber Charlie wird immer ungeduldiger. Er will mit euch etwas klären, es ist ihm sehr sehr ernst. Wir warten, er möchte, dass ihr es gleichzeitig mit uns erfahrt. Naja ich weiß es ja schon. Es geht um Sue und seine Zukunft. Aber wie auch immer, kommt bitte nach Hause. Er nervt.

Wir seufzten gleichzeitig und machten uns auf den Weg. Das war es dann wohl mit unserem halbwegs normalen Tag Erholung.

 

 

 

 

Charlie erwartete uns mit meiner Familie und Dianas Freund Jordan, der in einem Sessel am Fenster saß.

>>Was gibt’s Charlie? <<, fragte ich, als Edward und ich halbwegs unter dem ungeduldigen Blick von meinem Vater im Wohnzimmer angekommen waren. Was war so wichtig? Er hatte die Ewigkeit vor sich. Konnte er noch nicht mal Rücksicht darauf nehmen, dass wir auch mal eine Auszeit brauchen konnten?

Charlie war sehr aufgeregt und ihm lag etwas Wichtiges auf dem Herzen: >>Sue Clearwater, << sagte er. >>Ich möchte sie wiedersehen. Seit ich nicht mehr etwas mit ihr mache, fehlt mir etwas. Sie hat immer für mich gekocht und wir sind oft abends ausgegangen, seit du nicht mehr da warst. Sie war ein wichtiger Teil meines Lebens, doch ich weiß nicht ob ich sie jetzt noch sehen kann und darf, weil ich jetzt anders bin, und ob sie es überhaupt noch will. << Ich kicherte unbewusst. Aber es war einfach zu amüsierend: Mein Vater war verliebt… Das war irgendwie total ungewohnt für mich. Klar, Charlie hatte mal Renée gehabt und war glücklich gewesen, doch seit sie fort war, war er sozusagen ein ewiger Junggeselle…

>>Dad, ich verstehe dich gut. In deiner Lage möchte ich nicht sein. <<, sagte ich halb genervt aber ehrlich. >>Aber… du hast recht, du bist jetzt anders, und es ist nicht gut für deine Selbstbeherrschung, wenn du sie siehst. <<

Charlie verzog das Gesicht. >>Ich werde sie also niemals sehen können? <<

>>Oh doch natürlich und das schon bald, Charlie. Wir haben eine Möglichkeit, deinen Blutdurst für immer zu unterbinden, wenn du dafür offen bist. << sagte Edward und ich lächelte. Klar, es gab ja Diana. Sie konnte ihn so manipulieren, dass er Menschenblut sogar abstoßend finden würde. Es war wirklich zu perfekt.

>>Der Schrei nach Sue in deinen Gedanken war schon gestern unüberhörbar. Würdest du alles machen, damit du sie wiedersehen kannst? Wenn ja, wende dich an Diana. Sie könnte dir mit ihrem unglaublichen Talent der Manipulation helfen. <<

Alle Augen richteten sich erst auf Edward, dann auf meine Cousine, von der Edward ja gesprochen hatte. Ich sah, wie Diana sich überfordert im Raum umsah und versuchte, den Blicken meiner Familie auszuweichen.

Carlisle fand als erstes seine Sprache wieder und wendete sich jetzt auch mit Worten an Diana, statt sie wie die übrigen im Raum nur anzustarren.

>>Das ist deine Gabe, Diana? <<, fragte er sanft. >>Der Eingriff in die Gedanken, Gefühle und Tätigkeiten von Personen mit dem Ziel, Dinge daran zu verändern? Was für eine herausragende Begabung. Ich wüsste zu gerne, ob es bei Charlie wirklich funktioniert… <<

Diana nickte mit trauriger Mine. Es war nicht einfach für sie, einzusehen, wie wichtig sie für uns war. >>Aber meine Gabe hat so ihre Tücken. Ich habe sie auch nur zufällig entdeckt, als ich einmal einen Wanderer manipulierte, der an meinem bevorzugten Lager im Wald vorbei kam. Ich sagte ihm schlicht und ergreifend, dass er von hier verschwinden sollte, nachdem er sich dreimal im Kreis gedreht hätte und dabei einen Affen nachmachte. Es war wirklich sehr unterhaltsam. <<, sagte sie und lachte bitter. Ihr Blick fiel auf ihren Freund Jordan und erregte so wieder seine Aufmerksamkeit. Sie ging leichtfüßig zu ihm hinüber. >>Doch die eigentliche Macht meiner Gabe lernte ich bei der Manipulation von Jordan kennen, denn er war wie in Trance und das machte mir wirklich Angst. Ich hätte nicht gewusst, was ich hätte tun sollen, wenn er da nicht mehr rausgekommen wäre.

Die gleiche Gefahr besteht, wenn ich Charlie dazu bringe, menschliches Blut zu verabscheuen. Es gibt keine Garantie, dass es überhaupt klappt… <<

Charlie trat entschlossen neben seine Nichte. >>Das würde ich in Kauf nehmen. Ich gebe alles dafür, damit dieser grauenhafte Durst aufhört. Selbst wenn ich an Sue denke, brennt meine Kehle, was mich rasend macht. Ich bin bereit für den Vorteil deines Talents, Diana. Bitte versuche es. <<

Gedankenverloren drehte sie sich zu Charlie um und sah ihm tief in die Augen. Dann hörte ich ihre hypnotische Stimme: >>Charlie, du wirst von nun an nie wieder Durst auf menschliches Blut haben, das gilt sowohl für Spenderblut als auch für frisches Blut, dass in den Adern der Menschen fließt. Ich verlange von dir, dass du dich ab jetzt nur noch von allerhand tierischem Blut ernährst; Menschenblut aller Art wirst du jedoch mehr als abstoßend finden. Selbst der Geruch wird für dich nie mehr verlockend sein und du wirst nie wieder versuchen, einen Menschen zu beißen. <<

Ich sah etwas in Charlies Augen aufblitzen, so als wenn sich ein Computer umprogrammiert. Dann aber schien er wieder geistig und seelisch mit uns im gleichen Raum zu sein. Diana wandte sich mit unergründlichem Blick wieder Jordan zu und redete leise mit ihm.

Carlisle hatte eine wissensbegierige Mine aufgesetzt und murmelte etwas von Spenderblut als Test, während er aus dem Zimmer lief. Es war eine geniale Idee gleich testen zu wollen, ob Diana Erfolg gehabt hatte. Einen Augenblick später kam er eine Tasse mit Deckel haltend wieder. Er reichte das Gefäß mit der köstlichen Flüssigkeit zusammen mit Strohhalm wortlos an Charlie weiter. Dieser rümpfte die Nase.

Während Esme Charlie dazu ermutigte, einen Schluck aus der Tasse zu nehmen, damit wir wussten, ob es geklappt hat, schob Alice Jasper zu Tür hinaus. Ich seufzte tonlos- Der arme Jasper hatte immer noch Probleme mit der Selbstbeherrschung.

Charlie hatte unterdessen skeptisch die Lippen am Strohhalm angesetzt und zog damit einen Schluck Spenderblut aus der Tasse. Im nächsten Moment stand er schon mit angeekelter Mine am Spülbecken in der Küche und wusch sich den Mund mit Wasser aus, um den Geschmack daraus zu bekommen.

Carlisle folgte ihm und sprach ihn nun in seinem wissenschaftlichen Ton an: >>Wie war es für dich, das Blut zu schmecken? Wie fühlte sich es an, wie schmeckte es? <<

Mein Vater brauchte nicht lange nachdenken. >>Es war abscheulich, einfach widerlich. Ich habe nie etwas Scheußlicheres wie diese rote Flüssigkeit geschmeckt. Wie konntet ihr mir nur so etwas Derartiges anbieten? <<

Statt auf seine Frage einzugehen, stieß Carlisle einen freudigen Laut aus, wie ein Wissenschaftler, der gerade eine Entdeckung zum besseren Wohl der Menschheit gemacht hatte.

>>Carlisle?! <<, fragte Charlie aufgeregt und halb knurrend. >>Bin ich nun bereit Sue zu sehen? Meinst du, dass Dianas Gabe funktioniert hat? <<

Carlisle nickte zufrieden und ging Richtung Tür, es klingelte einen Augenblick später. >>Ich hoffe doch, Zeit es auszutesten? <<, sagte er und öffnete mit übertrieben freundlicher Miene die Tür.

Seth, der mit seiner Mutter hinter der Tür auftauchte, trat vor Sue ein und kam breit grinsend auf Edward und mich zu.

>>Hey, Mann! Danke, dass uns zum Baseball eingeladen hast! Echt total cool! << Er umarmte Edward und mich freundschaftlich. Dann drehte er sich zu seiner Mutter um, die immer noch unschlüssig in unseren Türrahmen stand. >>Mum, komm doch rein! Die Cullens beißen schon nicht! << Er lachte herzhaft.

>>Baseball? <<, fragte ich Edward leise. Er nickte: >>Alice sagte vorhin, dass es noch heute Gewittern wird. Ich dachte es wäre eine gute Gelegenheit dich mal in unsere Familientradition einzuführen und Seth und Sue hierher einzuladen, zumal es ja jetzt so wichtig ist. << Ich nickte hölzern. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, dass ich gleich Baseball spielen sollte.

Sue war inzwischen etwas näher gekommen und nun wurde ich Zeuge einer filmreifen Szene: Charlie, der sich erst eher in Hintergrund gehalten hatte, erblickte jetzt Sue und es sah so aus, als müsste er sich sehr zurück halten nicht loszustürzen, als er übertrieben langsam auf sie zuschritt und dann in seine Arme zog.

Edward warf einen Blick in die Runde aus zehn Vampiren und immerhin einem Werwolf, die meinen Vater und Sue beobachteten, und machte eine Kopfbewegung zur Hintertür. Automatisch bewegten wir uns zur Tür, damit das ungleiche Paar, das sich immer noch stumm im Arm hielt, alleine sein konnte. Bevor ich als letzte aus dem Haus ging, drehte ich mich noch einmal zu ihnen um und ein breites Lächeln erschien auf meinem Gesicht. Dann trat ich mit Edward nach draußen.

Die anderem hatten sich auf der Wiese hinter dem Haus versammelt: Esme, Carlisle, Jasper und Rose standen zusammen, aber Diana und Jordan standen mit Alice und Seth etwas abseits und ich gesellten uns zu ihnen.

Jordan wirkte sehr deprimiert und sah auf den Boden. Diana hatte seine Hand genommen und redete leise auf ihn ein.

>>Was ist los, Jordan? <<, fragte Edward.

Jordan hob langsam den Kopf. Er sagte: >>Baseball war mein Leben! Ich möchte euch gerne meine Geschichte erzählen! << Er räusperte sich, dann begann er:

>>Ich war auf der Seattle High-School –Home of Romans- sehr beliebt und genoss ein sehr hohes Ansehen, da mein Baseball-Couch mir den Posten als Mannschaftskapitän zugewiesen hatte. Die Mädchen standen Schlange für mich, was mir zugegeben sehr gefiel. Doch ich hatte nur Mal zu Mal Dates, und das auch nur wenn mir ein Mädchen herausragend aufgefallen war, da ich wusste, dass es besser für mein Image war, wenn ich Single blieb. Aber ich muss zugeben, dass ich keine Jungfrau mehr bin. Im Großem und Ganzen genoss ich das Leben, das mir der Baseball bot, sehr.

Gut… An dem Tag, an dem mein altes Leben als beliebtester Junge der Schule für immer endete, hatte mein Team ein wichtiges Spiel gewonnen, und nachdem wir nachmittags ausgiebig gefeiert hatten, teilte sich die Gruppe am Abend und ich machte mich alleine auf dem Weg nach Hause. Ich begegnete dabei scheinbar zufällig einem Mädchen, und einem sehr Hübschen dazu. Sie stellte sich mir als Jane vor und sagte, dass sie neu auf der Schule sei und mich ganz toll fände. Ich hatte zwar keine Ahnung, was ich von ihrer Anmache halten sollte, aber ich konnte mich ihren Engelslocken und ihrer zierlichen Gestalt nicht entziehen. Also ließ ich mich auf sie ein: Zuerst wollte sie bloß ein Autogramm von mir, was für mich durch meinen Status in der Schule Routine war. Ich fand also nichts Ungewöhnliches daran. Doch dann fragte sie mich, ob sie mich zu einem Drink in dem neuen Pub ihres Vaters einladen konnte und hingerissen von ihrem Charme willigte ich ein. Und das war dann die Sekunde in der sich mein altes Leben für immer von mir verabschiedet hatte.

Ich wusste nicht, wie lange Zeit vergangen war, als ich erwachte. Aber noch weniger wusste ich wo ich war und vor allem was ich war. Ich lag in einen Zelt. Meine ersten Wahrnehmungen waren mein verbessertes Gehör, die Sonne, die durch die Ritzen des Zeltes in einer nie dagewesenen Farbe und Intensivität schien, aber von allen Wahrnehmungen war die stärkste und zugleich schmerzlichste der brennende Durst in meiner Kehle. Ich wusste nicht, was ich dagegen tun konnte, zumindest noch nicht.

Als ich aus dem Zelt heraustrat, empfing mich dieses goldgelockte Monster, das mir mein altes, geliebtes Leben genommen hatte –denn auch wenn ich noch nicht wusste, was ich war, war mir dennoch bewusst, dass mit mir etwas passiert war-, mit vollem Entzücken: Jane. Neben ihr stand ein braunhaariger Junge, dessen Gesichtszüge denen von Jane glichen. Es war nicht schwer zu erkennen, dass er ihr Zwilling war. Er stellte sich mir als Alec vor und bot mir ein Mädchen zu Trinken an, dass ein Paar Meter von mir auf dem Boden lag und leise wimmerte. Obwohl ich durchaus verwirrt durch die gegebene Situation war, ging ich meinem Instinkt folgend zu diesem hin, um dem Mädchen einen Moment später die Zähne in den Hals zu rammen.

Die nächsten Tage erfuhr ich, was es bedeutete ein Vampir zu sein. Jane und Alec, mit denen ich mich eigentlich ganz gut verstand, gaben mir Regeln und Freiheiten, um mein neues Ich kontrollieren und bestmöglich nutzen zu können: Ich durfte gehen, wohin ich wollte, wenn ich Menschen mied, die nicht meine Beute waren, und zu geregelten Zeiten wieder zu ihnen zurück kam. Ich half ihnen, neue Mitglieder für ihren kleinen Clan zu beschaffen und suchte mir dann bei meinen Streifen durch die Stadt junge Leute aus, die ich dann zu den Zwillingen brachte. Als Gegenleitung für meine Hilfe bekam ich, bevor Jane oder Alec sie verwandelte, immer die Hälfte des Blutes unserer Mitglieder in spe ab. Das fand ich auch zu nächst ein guten Deal. So wuchs unsere Zahl von Tag zu Tag meistens um einen Vampir. Jane schickte uns in Zweierteams auf die Jagd, trichterte uns eine einzige Regel ein: Goldäugige Vampire sind gefährlich; sie töten Ihresgleichen und verfügen über besondere Fähigkeiten, die uns alle vernichten können. Wir sollten uns von ihnen fernhalten.

Aus unseren Clan glaubten die meisten dies, aber ich gehörte zu denjenigen, die Janes Behauptung äußerst fragwürdig fanden.

Vier Tage bevor ihr mich in Charlies Haus finden würdet, bekam ich von Alec einen besonderen Auftrag: Ich sollte Diana finden und zum Mitglied unseres Clans machen. Erst, als ich sie das erste Mal sah, wusste ich, warum es für ihn so wichtig war. Sie war goldäugig und dadurch ein seinen Augen eine Bedrohung.

Doch ich war vom ersten Augenblick an fasziniert von ihr, und statt sie zu Alec zu bringen, verbrachte ich den Tag mit ihr zusammen. Sie zeigte mir, warum ihre Augen Gold waren. Sie erzählte mir von einer noch besseren Welt im Leben eines Vampirs. Natürlich war ich, um Alec und Jane nicht zu verärgern, weiterhin zu den abgemachten Zeiten zusammen mit Diana im Lager. Aber ich war immer wohl darauf bedacht, dass weder Jane noch Alec noch irgendein anderer Vampir, der an die Boshaftigkeit von goldäugigen glaubte, mit ihr alleine war.

Dann kam der Tag, an dem das Lager in Alarmbereitschaft höchster Stufe war. Emmett und Rose waren ja zu diesem Zeitpunkt in unserer Gewalt und es war nur eine Frage der Zeit, bis ihr kommen würdet. Als Diana in all der großen Aufruhr zu mir kam, schaltete ich ihre Gabe nicht aus, als sie mich manipulierte –ja, ich besitze die Fähigkeit, Gaben anderer Vampire zu erkennen und im Notfall zu blockieren, weshalb Alice auch keine Visionen mehr gehabt hat-. Manipuliert zu sein war für mich eine ganz andere Situation. Ich sah Charlies Haus vor mir und wusste, dass ich dort um jeden Preis hin musste. Das ist mir, wie ihr sicherlich bemerkt habt, auch gelungen. Aber immer wieder musste ich an Diana denken und hoffen, dass sie noch am Leben war. Als sie zusammen mit Edward und Bella bei mir auftauchte, war das ein besseres Gefühl, als alles, was ich zuvor verspürt hatte. <<

Diana, Edward und ich waren still geworden, jeder in Jordans Geschichte vertieft. Auch die anderen meiner Familie waren näher getreten und gespannt zugehört. Einzig und allein Alice war es, die wütend wirkte und leise knurrte.

>>Alice! Hörst du wohl auf damit! Er hat es doch nicht extra gemacht, Er wurde dazu gezwungen, nicht wahr Jordan? <<, sagte Edward, die genau wusste, was meine Schwester beschäftigte. Klar, Jordan hatte mit seiner so unglaublichen Gabe ihre Visionen in einem entscheidenden Augenblick abgeschaltet.

Jordan nickte heftig. >>Aber ja, Jane hat es mir aufgetragen. Sie sagte mir, welche Fähigkeiten ihr besitzt und ich hätte mir auch Edwards oder Jaspers Gabe aussuchen können, wenn Alec nicht seine persönliche Botschaft an Alice hätte vermitteln wollen. <<

Emmett trat neben Jordan. >>Kumpel, ich glaube wir können dich ungehindert in die Cullen Familie aufnehmen! <<, sagte er, um die Stimmung zu lockern. >>Du bist für uns in zweierlei Hinsicht unentbehrlich: Ersten, du hast eine sehr nützliche Gabe, die wahrscheinlich von vielen zu ihrem eigenen Zweck genutzt werden wird, –sagen wir einfach, es wäre für Bella und Edward schön, Sachen mental übermitteln zu können- und zweitens, was ich noch viel wichtiger finde, bist du ein Baseballprofi… Und ich möchte dich jetzt gleich spielen sehen. <<

Alle sahen zu Alice, die sich wieder beruhigt hatte. Sie nickte und sah zufrieden zum Himmel, der mittlerweile mit schwarzen Wolken bedeckt war. Im nächsten Moment donnerte es grollend.

Wir brachen voller Vorfreude auf ein gutes Spiel zur Lichtung auf. Beim Laufen fiel mir jedoch etwas Entschiedenes ein: >>Edward, << sagte ich entsetztet. >>Ich konnte doch noch nie Baseball spielen. Ich bin in Sport –vor allem in Ballsportarten – eine absolute Niete. <<

Aber Edward lachte nur, nahm meine Hand fester und meinte: >>Mach dir keine Sorgen! << Der hatte gut reden. Er war ein Mann mit sportlicher Veranlagung und hatte außerdem schon über hundert Jahre Zeit gehabt, alles perfekt zu lernen. Ich dagegen hatte zwei linke Füße; ich konnte nur hoffen, dass keiner durch mein nicht vorhandenes Talent verletzt wurde.

Auf der Lichtung, die uns als riesiges Spielfeld diente, teilten wir uns in Mannschaften ein. Mein Team bestand aus Alice, Emmett, Diana und Edward, während Jordan, der Baseballprofi, mit Carlisle, Rosalie, Jasper und Seth das andere Team bildete. Esme war wie immer der Schiedsrichter.

Wie waren zuerst mit Schlagen dran. Ich war nicht schlecht verblüfft, als Edward mir den Baseballschläger in die Hand drückte. Er flüsterte mir >>Trau deinen Instinkt. Dein Körper und Geist wissen was zu tun ist. << zu. Na schön, einen Versuch war es wehrt.

Ich sah den Ball kommen und mein Gehirn schaltete schneller als ich wollte, ich wusste auf ein Mal genau was zu tun war. Mit einer geschmeidigen Bewegung schwang ich den Schläger und traf den Ball perfekt mit dem Maß an Kraft, sodass der Ball mit einer grollenden Wucht von mir weggeschleudert wurde.

Ich lachte entzückt auf, als ich merkte, dass niemand aus dem gegnerischen Team meinen Ball fing. Und plötzlich hatte ich einen riesen Spaß an Baseball.

Wir spielten und spielten, aber irgendwann zog das Gewitter weiter und nahm uns den Hörschutz, den wir als Übernatürliche mit ungehinderter Stärke brauchten. Es war ein gutes und faires Spiel gewesen; wir hatten mit einem Punkt mehr gewonnen. Und das wollten wir jetzt auch feiern.

Dass daraus nichts werden würde, wurde klar, als Carlisles Handy klingelte. Er nahm mit einem lauten Seufzen ab. >>Jacob, was ist los? <<, sagte er ins Telefon. >>Jetzt mal ganz langsam, damit ich auch mitbekomme, was du von mir willst. <<

Ein Dutzend Emotionen liefen über sein Gesicht während er gebannt Jacobs Worten lauschte. Wir anderen standen um ihn herum und versuchten vergeblich Jacobs Stimme zu hören, denn er sprach extra leise. Was konnte Carlisle so aus der Bahn werfen und gleichzeitig so wichtig sein, dass wir es noch nicht einmal wissen durften?

Carlisles Mine war vollkommen ausdruckslos, als er Jacob >>Aber natürlich mein Freund, du hast mein Wort. Ich werde so schnell wie möglich da sein! << antwortete, und schließlich auflegte. Dann sah er uns einer nach dem anderen an, so als versuche er etwas an uns zu finden. Es war totenstill, keiner wagte es zu atmen oder sich zu bewegen.

Schließlich brach Carlisle die Stille: >>Ich möchte, dass ihr dies als einen dieser Befehle seht, die ich nicht oft an euch richten werde, und weiß, dass es euch nicht gefallen wird: Ich will, dass alle außer Seth, Bella, Edward, Emmett und Alice jetzt sofort zurück nach Hause gehen. Ihr werdet noch früh genug erfahren, was Jacob mir mitgeteilt hat. <<

>>Hört mir jetzt ganz genau zu! <<, sagte Carlisle, als die anderen gehorsam gegangen waren. >>Wir müssen so schnell wie möglich nach LaPush. Bevor ich nicht mit eigenen Augen sehe, was Jacob mit geschildert hat, kann ich euch nur bitten mir zu vertrauen. Ich habe euch gebeten bei mir zu bleiben, da ich erstens seelischen Beistand brauche und zweitens finde, dass ihr es mit mir erfahren solltet. Könnt ihr mir einfach zu Jacob folgen? << Nun war ihm Entsetzten ins Gesicht geschrieben.

Wir nickten in Eintracht; dann waren wir auch schon Carlisle gefolgt.

 

 

 

 

Carlisle führte uns zu Emily und Sams Haus. Ich konnte förmlich die Anspannung spüren, die von Jacob ausging, als er uns vor der Tür abfing. >>Carlisle! Gut, dass ihr so schnell kommen konntet…ich wusste nicht, was… was ich sonst hätte machen sollen… <<

Ich sah Edward an, der seinerseits Jake durchdringend anstarrte. Mir fiel erst jetzt auf, dass er ja schon längst seine Gabe dazu einsetzte, um das ganze hier zu verstehen. Dieser schüttelte nur den Kopf, strich mir sanft über den Arm und sagte: >>Glaub mir, Liebste. Es ist besser, wenn uns Jake das Problem vor Augen führt, als dass ich dir jetzt versuche, aus dem Chaos von Gedanken eine Antwort zu finden. << Edward sieht Jake an. >>Jacob?<<

Es schien als hätte Edward Jake aus einer anderen Welt gezogen; Er wechselte plötzlich von geistesabwesend zu verwirrt, während er uns hinein ließ. Was brachte nicht nur Carlisle sondern auch meinen unerschrockenen Werwolfsfreund so aus der Bahn?

>>Alice? <<, fragte ich, als wir Jacob ins Haus folgten. Sie zuckte die Achseln und deutet auf Seth und Jacob. Ihre Gabe funktionierte nicht in Anwesenheit der Wölfe.

Dann endlich kam ich mit den anderen ins Wohnzimmer. Was uns dort erwartete, hätte meine Herz zum Stillstand bringen können, wenn es das nicht schon täte:

Sam, oder bessergesagt was von ihm noch nach ihm aussah, lag umringt von Emily und den ältesten Rudelmitgliedern auf der Couch. Seine Glieder waren völlig verzerrt, sein Blick in merkwürdiger Art nach oben gerichtet. Seine Haut hatte einen Rot Stich, der zu einem bestimmten Punkt an seinem Hals immer dunkler wurde. Mir stockte der Atem – dieser Punkt war ein großer, ausgeprägter Biss genau in die Halsschlagader.

>>Jacob! Ist es das was ich glaube? <<, fragte Alice, die als erste ihre Stimme wiedergefunden hatte.

Mein bester Freund nickte schweigend.

Carlisle näherte sich langsam Sams scheinbar leblosen Körper und wurde dabei von allen Anwesenden angestarrt. Emily machte nur zögerlich Platz, als er sich schließlich über ihren Geliebten beugte, um seine nicht zu übersehene Wunde zu begutachten.

>>Wer, um Himmelswillen, ist das gewesen? Und wann ist das passiert? <<

>>Das wissen wir nicht, Carlisle. <<, erwiderte Paul leise. >>Als wir ihn fanden, lag er in einem Waldstück nicht weit von diesem Haus entfernt. Und er hatte zwar diese Wunde, aber wer hätte ahnen können, dass sie sich erst hier als Vampirbiss entpuppen würde. <<

Erneut blieb die Luft weg. Paul war der erste, der aussprach, was mit Sam passiert war. Der Biss sah so aus, weil Vampirgift für Werwölfe buchstäblich tödlich war. Aber ich habe nie daran gedacht, wie es sein würde, jemanden wie Sam und Jacob bei den damit verbundenen Qualen und Schmerzen zugucken zu müssen.

>>Sein Puls ist schwach… Ich weiß nicht, wie lange sein Herz der Wirkung des Gifts noch standhalten kann. <<, sagte Carlisle in seinem beherrschten ärztlichen Tonfall, aber ganz konnte selbst er seine Bestürzung nicht verbergen. >>Ich kann nur versuchen seine Schmerzen ein wenig zu lindern bis… <<

>>NEIN!!! <<, hallte es schrill durch den Raum. Emily, die die ganze Zeit über Sams Hand gehalten hatte, sprang mit einem Gesicht voller Qual auf, den Blick starr auf Carlisle gerichtet. >>Carlisle, ihr seid Vampire und einer aus eurer großen Reihe von Monstern tötet durch sein Gift meinen Ehemann. Ihr müsst doch irgendein Mittel gegen solche Fälle haben… <<

Carlisle schüttelte bekümmert den Kopf. >>Wir sind Vampire, oder auch von mir aus Monster, und keine Magier. Genauso wie Sam mit seinen Waffen als Gestaltswandler viele unserer Art getötet hat, können wir mit unserem Gift auch sie außer Gefecht setzten. Konnte Sam jemals rückgängig machen, dass er einen Vampir getötet hat? Wo eher nicht. Emily, auch wenn wir Cullens Verbündete der Quileute sind, gilt das nicht für alle Clans unserer Art. Wir sind nicht durch Zufall eigentlich natürliche Feinde, sondern aufgrund unserer Waffen und dem Drang, uns gegenseitig zu bekämpfen.

Ich kann bezeugen, dass keiner meiner Familie es jemals gewagt hätte, Sam auf irgendeine Weise Leid zuzufügen, aus bekannten Gründen. Ich kann verstehen und mitfühlen, dass es abscheulich ist, was hier gerade passiert, aber ich kann für Sam nichts mehr tun. Ich bin Arzt und kein Wunderheiler, bitte versuch das zu verstehen. <<

Ich sah, wie Emily unter Tränen nickt. Natürlich verstand sie Carlisle. Wie würde ich mich an ihrer Stelle benehmen? Wahrscheinlich ähnlich.

>>Emmett! <<, brach Emily die Stille. >>Es ist mein letzter Wille, dass du etwas für Sam tust. <<

Der bärenhafte Vampir sah verwirrt zu ihr hinüber. >>Alles! <<

Emily nickt und dann stößt sie schließlich hervor, was keiner von ihr erwartet hätte. Die zurückhaltenden Frau, die so herzensgut für das ganze Rudel sorgte, sagte: >>Sein Leid hat mit einem von euch angefangen. Ich rede nicht von dem Gift, nein von seiner Verwandlung in seine wahre Natur an wurde er von dem Kampf zwischen den Kreaturen beherrscht. Ich möchte, dass du dieses Leid jetzt gleich beendest, ihn die letzten Qualen ersparst. Töte Sam, Emmett, brech ihm jetzt sofort das Genick oder reiz ihm sein liebevolles Herz heraus. Mach nur etwas, das möglichst schnell geht… << Bei ihren letzten Worten brach sie schmerzerfüllt zusammen und verlor das Bewusstsein.

Ich stand schon instinktiv neben ihr und fing ihre leblose Gestalt auf. Wenn ich nicht mit eigenen Ohren gehört hätte, um was sie Emmett gerade gebeten hatte… ich hätte es einfach nicht für möglich gehalten, dass sie so etwas Derartiges verlangen hätte können. Auch die anderen im Raum waren erstarrt und hatten nur drei Ziele für ihre Blicke: Emmett, Sam, Emily… Emmett, Sam, Emily…

Wieder einmal war es Carlisle, der seine Fassung als ersten wiederfand und uns nun klare Anweisungen gab: Er schickte Alice und mich mit Emily zu uns nach Hause, um sie von Diana manipulieren zu lassen und sie so zu beruhigen, während Edward bei ihm und Emmett blieb. Die Werwölfe sollten zu Billy gehen und Kriesenrat halten.

Als ich das Haus des Leitwolfes verließ und mit Alice die bewusstlose Emily zum Wagen trug, fragte ich mich, was Carlisle jetzt mit Sam machen würde… Aber wollte ich es wirklich wissen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zweites Buch – Edward Cullen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DAS RICHTIGE TUN

 

Ich sah aus dem Fenster und beobachtete sorgsam, wie meine Liebste Bella und Alice Emily in den Wagen legten. Es war richtig von Carlisle zu verlangen, dass sie durch Diana den Vorfall, oder wie man es sonst nennen sollte, vergessen musste. Sonst würden die Erinnerungen sie nach und nach zerbrechen, und mich gleich mit, wenn ich sie treffen würde. Meine Gabe ließ mich nämlich seit neusten nicht nur die Gedanken meines Gegenüber wissen, sondern auch dessen Gefühle, welches eines dieser Weiterentwicklungen der besonderen Vampir-Talente waren, die ich schon so oft bei anderen meiner Art bemerkt hatte. Bloß die Gedanken von Toten konnte ich nicht hören…

>>Edward… Ist er schon tot? <<, fragte Carlisle mich über seine Gedanken. Ich schüttelte den Kopf, auch wenn Sam Gedanken nur noch ein einziges, nicht erkennbares Wirrwarr waren.

Mein Vater trat mit einer Spritze in der Hand zu Emmett, der wie versteinert vor der Couch stand, auf dem Sam lag. Für den sonst so mordlustigen Vampir war es etwas völlig anderes unschuldige zu töten und ich wusste, dass er es nicht über sich bringen würde, Emilys Apell nachzukommen. Schließlich hatten auch die Stärksten ihre schwachen Momente.

Letztlich würde Carlisle das jetzt übernehmen, denn um die Flüssigkeit, die er Sam injizierte, handelte es sich um das Mittel zum einschläfern von Tieren. Es wirkte noch im selben Moment, da das Vampirgift gute Vorarbeit geleistet hatte. Bewegungslos und ohne zu atmen hörten wir deutlich, wie Sams Herz, das Herz eines guten Freundes, Leitwolfs, Mannes, Sohnes, Verbündeten…, den Kampf gegen den Einfluss zweierlei Gifte verlor.

>>So geht es nicht mehr weiter, Carlisle. <<, sagte ich schließlich entschieden. >>Wir können nicht mehr zulassen, dass durch unseren Einfluss solche Dinge in Forks geschehen. Ich rede nicht nur von heute… Was ist mit Charlie, Renée, der ahnungslosen Bevölkerungen? Und letztens in Olympia habe ich die Gedanken von ein paar Mädchen aus Bellas und meinem Schuljahrgang beobachtet, als sie Alice über den Weg liefen. So langsam fällt es auf, dass sie nicht ihre übriggebliebene Jugendlichkeit verliert. Außerdem arbeitest du auch schon zu lange im Forks Hospital. Die Menschen beginnen zum Nachteil für uns über uns nachzudenken.

Zweifelsohne war Forks das Beste was mir passieren konnte, denn ohne hierher zu kommen hätte ich wohl nie Bella finden können, aber ich denke wirklich, dass es Zeit ist weiterzuziehen. Das wäre sicherlich auch im Sinne der Werwölfe, da dann ein paar jüngere vielleicht noch eine Chance hätten, wieder ein normales Leben zu führen… Was denkst du darüber Carlisle? <<

Carlisle sah mich an und nickte mir zu. >>Ich denke du hast recht, es ist das Beste! <<, hörte ich ihn denken. Und Emmett fragte aus dem Fenster sehend: >>Nur wohin denkst du zu gehen, Bruderherz? <<

Ich brauchte nicht lange überlegen. Ich wollte diesen Satz schon so lange aussprechen. >>Zurück zum Anfang, Em! <<, sagte ich leise aber mit Stolz in der Stimme.

Emmett und Carlisle verstanden sofort.

 

41

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.04.2013

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /