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Als ich das Gebäude verlasse, ist es bereits dunkel. Ich war wohl mal wieder so in meine Arbeit vertieft, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie spät es geworden ist. Ein Blick auf die Uhr bestätigt mir, dass ich mich beeilen muss, um noch rechtzeitig vor Ladenschluss etwas einkaufen zu können. Kurz nach sieben. Freitagabend!
Draußen regnet es. Ein dünner, nieseliger Sommerregen. Ein Regen, wie ich ihn gerne mag. Trotzdem ziehe ich den Reisverschluss meiner Jacke zu. Nur um nicht zu nass zu werden. Dann schlendere ich durch die Straßen.
Obwohl es regnet, begegne ich vielen Menschen. Fremden. Gesichter, die ich nicht erkenne und für die auch ich nur ein nichtssagender Fremder bin. Ich bin umgeben von Menschen. Menschen in Feierlaune, fröhlich lachende Menschen, Menschen, die sich auf ihren Feierabend freuen. Und doch fühle ich mich einsam.
Ich bin gerade erst in die Stadt gezogen und habe noch keine Freunde hier. Mit meinen Arbeitskollegen verstehe ich mich nicht besonders. Sie haben ihre eigenen Sorgen und sind offensichtlich nicht daran interessiert, mich kennen zu lernen. Mich, den Streber, der immer länger bleibt. Der bis spät in den Abend arbeitet. Dabei tue ich das nur, um den Moment hinauszuzögern, an dem ich zurück in meine leere Wohnung komme. Den Moment, an dem mir meine Einsamkeit bewusst wird. Nicht mal ein Hund bellt zu meiner Begrüßung. So wird es auch heute sein. Während die Menschen in dieser Stadt feiern und sich auf ihr Wochenende freuen, werde ich zu Hause sitzen. Vor dem Fernseher, nur mit einer Tüte Chips als Gesellschaft. Wie so oft.
Eine Frau rempelt mich an, hastet an mir vorbei, ehe sie es bemerkt. Im Gehen dreht sie sich nochmal um. „Entschuldigung!“ Sie lächelt mich an. Dann dreht sie sich erneut um und läuft weiter. Wie ein Wassertropfen in der Wüste. Bevor ich mich über das Lächeln freuen kann, ist es verdunstet.
Als der Regen stärker wird, beeilen sich die Leute noch mehr nach Hause zu kommen. Ich bleibe bei meinem Tempo, beobachte die Anderen. So nah, ich könnte mit ihnen sprechen. Und doch kann ich sie nicht erreichen. Sind sie nicht das Wasser, dass mich am Verdursten hindert. Nur eine Fata Morgana.

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Tag der Veröffentlichung: 22.03.2011

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