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Schnell, schnell zurück ins Lager. Sie sind ihr dicht auf den Fersen, nur nicht erwischen lassen. Während der Jagd geriet sie zu weit in ihr Gebiet und nun wurde sie gejagd. 'Beeil dich, hinter der Lichtung die Baumreihe, dann bist du in Sicherheit. Weiter gehen sie nie, verlassen nie ihr Gebiet. Nur noch ein paar Meter, ich spüre ihr Pfeile an mir vorbeifliegen. Oh sie dürfen mich nicht treffen, nicht erlegen wie ein Tier.' Jaaa, sie riess die Arme in die Luft, geschafft, sie halten und fluchen, aber sie haben sie nicht gefangen. Erleichtert lehnte sie sich zurück und purzelte prompt mit dem Stuhl um. Der Schmerz war nicht stark, reichte aber um, sie aus ihrem Traum, aus dem wilden Westen zurück zuholen. Was eine Jagd. "Was hast du nun schon wieder angestellt? Musst du immer solchen Lärm machen? Hör auf ständig auf den Stühlen herum zu toben. Räum lieber auf und benimm dich wie ein Mädchen." " ich war auf Jagd und dann waren da die Rothäute. Mama, sie haben mich gejagd, aber ich bin entkommen. Oh das hättest du..." "Schluss mit dem Unsinn. Wie oft soll ich dir das noch sagen? Du spinnst doch, hier so eine Unordnung zu machen." "Aber das ist doch mein Lager und..." "Ich will davon nichts hören. Räum sofort auf und benehme dich normal!" NORMAL...was ist den nicht normal an ihrem Benehmen. Sie tat niemadem weh, naja ausser den Bösen, den Schurken, den Hexen, den Räubern und bösen Drachen. Das ist doch gut, oder? Sie träumte weniger, ging seltener auf Jagd. Irgendwann hatte sie es ganz verlernt auf einem Stuhl durch die Prärie zu reiten, einen Hasen zu fangen, die Indianer zu überlisten. Sie benahm sich normal.

"Was hast du nun schon wieder an? Es ist doch jedesmal das Gleiche. Zieh dir etwas Vernünftiges an, wir gehen nicht aufs Feld. Es werden alle da sein, also kleide dich wie ein Mädchen. Ständig deine Hosen, du bist kein Junge. Zieh das geblümte Kleid an!" "Mama, ich mag das nicht. Ich will kein Kleid anziehen." "Du ziehst jetzt das Kleid an. So kommst du nicht mit. Da muss ich mich ja schämen für dich." "Mama, ich fühle mich nicht richtig angezogen in einem Kleid. Es ist mir unangenehm und..." "Schluss! Du gehst dich jetzt umziehen und das ein bischen zackig. Du bist meine Tochter, jetzt benehme dich auch so. Kleid an und basta!" Ein Kleid, sie hasste Kleider. Sie waren bequem, ja, aber ständig musste sie darauf achten wie sie sass, wie sie sich bewegte. Immer hatte sie das Gefühl nackt zu sein, angestarrt zu werden. Das Gefühl, wenn sie ihre Beine anstarrten, darauf warteten, das der Rock verrutschte. Hosen gaben Sicherheit, sie fühlten sich richtig an, gehörten zu ihr. Sie trug immer seltener Hosen, bis sie fast ganz aus ihrem Schrank verschwanden. Sie lernte, das unangenehme Gefühl zu ignorieren und hielt sich daran fest, wie andere sie sahen. 

Sie lachten und kiecherten. "Es war so toll. Tat überhaupt nicht weh." "Wie ist er so im Bett? Hast du ihn auch da unten geküsst?" "Na klar, ist doch nichts dabei. Jede macht das. Gehört halt dazu." "Ja klar, hab ich ja auch schon gemacht. Ist wie mit einem Lolli." "Hast du es nun endlich mal getan? In deinem Alter noch Jungfrau. Er wird nie mit dir zusammen sein wollen, wenn du nicht die Jungs ranlässt. ist doch nichts dabei." "Oh nein, ich hab darauf keine Lust. Ich will mich richtig verlieben und es soll der Richtige sein. Es ist doch was besonderes." "Quatsch, da ist nichts besonders dran. Und ausserdem wird er dich nie beachten, wenn du noch Jungfrau bist." "Ich will nicht. Ich hab Angst und ich will nicht, dass mich jeder nackt sieht." "Ohhh, du bist ein richtiges Kind." Sie schämte sich und wollte weinen, warum verstand sie keiner. Sie wollte keinen Sex, wollte keinen Jungen küssen. Sie war nicht bereit dafür, fand es schrecklich nur darüber nachzudenken. Die anderen Mädels lachten sie aus und drehten sich weg. Gespäche gab es kaum noch, niemand wollte sich mit einem Kind abgeben. War sie wirklich ein Kind? Hatten die anderen Recht? Sie scheinen alle glücklich zu sein, keine fühlte sich schlecht. Vielleicht war ja doch nicht soviel dran. Sie beachtete ihre Gefühle nicht, ignorierte ihre Angst. Sie liess es über sich ergehen und zwang sich, jetzt erwachsen, reif zu fühlen. Irgendwann vergass sie ganz ihre Gefühle und benahm sich erwachsen.

"Schatz, bitte ich finde es aufregend. Lass es uns doch probieren. Vielleicht gefällt es uns ja." "Hast du einen Knall? Wie krank muss man sein, um das geil zu finden. Ernsthaft, lass dich mal untersuchen." "Schatz, das ist nicht krank. Jeder hat doch Fantasien und vielleicht auch Neigungen, daran ist nichts Falsches. Wir können doch aufhören..." "Ja, wir hören sofort damit auf. Den kranken Scheiss mach ich nicht mit. Ausserdem weisst du gar nicht, wovon du da redest. Du willst das überhaupt nicht. Ich weiss genau was du brauchst, also halt jetzt den Mund. Ich will mit so einem Mist nichts zu tun haben. Krank, einfach nur krank!" Sie schwieg und alles war wieder gut. 'Bin ich wirklich krank? Ich wollte doch nur mal was probieren, wie es sich anfühlt. Sollten nicht beide glücklich sein?' Mit der Zeit vergass sie ihre Bedürfnisse, ihre Vorlieben verschwanden in einem dunklen Abgrund. Sie lächelte ihn immer wieder an und sagte ihm, was er hören wollte.

Sie verschwand und wurde zu der Frau, die ihr Gegenüber haben wollte. Glücklich wurde sie nie. Sie hat sich selbst nicht wiedergefunden

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Tag der Veröffentlichung: 10.12.2021

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